Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 9 SB 151/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 13 SB 188/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juni 2014 geändert. Der Beklagte wird unter Än-derung des Bescheides vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2013 verpflichtet, bei dem Kläger mit Wirkung ab 23. Juni 2015 einen Grad der Behinderung von 40 festzustellen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens zu einem Viertel zu erstatten. Im Übrigen findet keine Kostenerstattung statt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Auf den Feststellungsantrag des Klägers vom 18. April 2012 stellte der Beklagte bei ihm mit Bescheid vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2013 einen Grad der Behinderung von 30 fest. Dem lag als Funkti-onsbeeinträchtigung ein Diabetes Mellitus zugrunde.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Potsdam hat der Kläger einen Grad der Behinderung von 50 ab Antragstellung begehrt. Mit Urteil vom 12. Juni 2014 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei dem Kläger läge kein höherer GdB als 30 vor.
Mit der Berufung gegen die Entscheidung des Sozialgerichts verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte, des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. I vom 9. Dezember 2014, des Internisten J vom 21. Januar 2015, des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L vom 6. Januar 2015 und Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 18. März 2015, sowie des Gutachtens des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S vom 2. Juli 2015. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers am 23. Juni 2015 folgende GdB-relevante Behinderungen bei dem Kläger ermittelt:
a) durch intensivierte Insulintherapie eingestellte Blutzuckererkrankung (Einzel-GdB von 30), b) Schultergelenkfunktionsstörungen beidseits, operative Behandlung links im Januar und August 2013, rechts im März und Mai 2014 (Einzel-GdB von 20), c) reaktiv depressive Störungen (Einzel-GdB von 10).
Der Gutachter hat vorgeschlagen, bei dem Kläger einen Gesamt-GdB von 40 festzustellen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Arztbrief des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 16. Dezember 2015 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juni 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2013 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab 18. April 2012 einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Festsetzung eines Gesamt-GdB von 40 ab dem 23. Juni 2015.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Die Bewertung des Diabetes mellitus mit einem Einzel-GdB von 30 steht zwischen den Beteiligten – zu Recht – nicht im Streit.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S sind bei dem Kläger im Zeitraum nach Antragstellung zunehmende Beschwerden im Bereich beider Schultergelenke aufgetreten, die der Gutachter mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet hat. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass zwar die Beweglichkeit im Bereich der Schultergelenke nicht relevant eingeschränkt ist, aber auf Grund der erheblichen Schmerzsymptomatik und des chronifizierten protrahierten Verlaufs vom 23. Juni 2015, dem Tag der gutachterlichen Untersuchung, an ein Einzel-GdB in dieser Höhe angemessen ist. Dieser überzeugenden Einschätzung, die den Vorgaben in Teil B Nr. 18.13 der Anlage zu § 2 VersMedV entspricht, schließt der Senat sich an. Ein höherer GdB kommt auch unter Berücksichtigung des Arztbriefs des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 16. Dezember 2015 nicht in Betracht. Eine aktuelle Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers wird nicht mitgeteilt; vielmehr verweist Dr. F auf seinen Befundbericht vom 18. März 2015, der dem Sachverständigen Dr. S vorgelegen hat und von ihm gewürdigt worden ist.
Ferner liegen bei dem Kläger reaktiv depressive Störungen vor, die nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV einen Einzel-GdB von 10 bedingen. Weitere Behinderungen, die einen GdB von mindestens 10 zur Folge haben, sind bei dem Kläger nicht festgestellt worden.
Unter Berücksichtigung der einzelnen Behinderungen des Klägers ist der Gesamt-GdB als Ausdruck der Gesamtbeeinträchtigung mit 40 zu bilden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der anzusetzende Einzel-GdB von 30 für die Blutzuckererkrankung ist entsprechend dem Vorschlag des Sachverständigen mit Rücksicht auf die Schultergelenkfunktionsstörungen, die einen Einzel-GdB von 20 bedingen, anzuheben. Eine weitere Erhöhung mit Rücksicht auf die seelischen Leiden kommt nicht in Betracht. Denn zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen, von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des bei dem Kläger festzustellenden Grades der Behinderung (GdB).
Auf den Feststellungsantrag des Klägers vom 18. April 2012 stellte der Beklagte bei ihm mit Bescheid vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2013 einen Grad der Behinderung von 30 fest. Dem lag als Funkti-onsbeeinträchtigung ein Diabetes Mellitus zugrunde.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Potsdam hat der Kläger einen Grad der Behinderung von 50 ab Antragstellung begehrt. Mit Urteil vom 12. Juni 2014 hat das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, bei dem Kläger läge kein höherer GdB als 30 vor.
Mit der Berufung gegen die Entscheidung des Sozialgerichts verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte, des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. I vom 9. Dezember 2014, des Internisten J vom 21. Januar 2015, des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. L vom 6. Januar 2015 und Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 18. März 2015, sowie des Gutachtens des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. S vom 2. Juli 2015. Der Sachverständige hat nach Untersuchung des Klägers am 23. Juni 2015 folgende GdB-relevante Behinderungen bei dem Kläger ermittelt:
a) durch intensivierte Insulintherapie eingestellte Blutzuckererkrankung (Einzel-GdB von 30), b) Schultergelenkfunktionsstörungen beidseits, operative Behandlung links im Januar und August 2013, rechts im März und Mai 2014 (Einzel-GdB von 20), c) reaktiv depressive Störungen (Einzel-GdB von 10).
Der Gutachter hat vorgeschlagen, bei dem Kläger einen Gesamt-GdB von 40 festzustellen.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung den Arztbrief des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 16. Dezember 2015 vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. Juni 2014 aufzuheben sowie den Beklagten unter Änderung des Bescheides vom 28. November 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Mai 2013 zu verpflichten, bei ihm mit Wirkung ab 18. April 2012 einen Gesamt-GdB von 50 festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze, das Protokoll und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf Festsetzung eines Gesamt-GdB von 40 ab dem 23. Juni 2015.
Nach den §§ 2 Abs. 1, 69 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX) sind die Auswirkungen der länger als sechs Monate anhaltenden Funktionsstörungen nach Zehnergraden abgestuft entsprechend den Maßstäben des § 30 Bundesversorgungsgesetz zu bewerten. Hierbei sind die in der Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412), die am 1. Januar 2009 in Kraft getreten ist, festgelegten "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" heranzuziehen.
Die Bewertung des Diabetes mellitus mit einem Einzel-GdB von 30 steht zwischen den Beteiligten – zu Recht – nicht im Streit.
Nach den Feststellungen des Sachverständigen Dr. S sind bei dem Kläger im Zeitraum nach Antragstellung zunehmende Beschwerden im Bereich beider Schultergelenke aufgetreten, die der Gutachter mit einem Einzel-GdB von 20 bewertet hat. Der Sachverständige hat hierzu ausgeführt, dass zwar die Beweglichkeit im Bereich der Schultergelenke nicht relevant eingeschränkt ist, aber auf Grund der erheblichen Schmerzsymptomatik und des chronifizierten protrahierten Verlaufs vom 23. Juni 2015, dem Tag der gutachterlichen Untersuchung, an ein Einzel-GdB in dieser Höhe angemessen ist. Dieser überzeugenden Einschätzung, die den Vorgaben in Teil B Nr. 18.13 der Anlage zu § 2 VersMedV entspricht, schließt der Senat sich an. Ein höherer GdB kommt auch unter Berücksichtigung des Arztbriefs des den Kläger behandelnden Facharztes für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie und Schmerztherapie Dr. F vom 16. Dezember 2015 nicht in Betracht. Eine aktuelle Verschlimmerung der Erkrankungen des Klägers wird nicht mitgeteilt; vielmehr verweist Dr. F auf seinen Befundbericht vom 18. März 2015, der dem Sachverständigen Dr. S vorgelegen hat und von ihm gewürdigt worden ist.
Ferner liegen bei dem Kläger reaktiv depressive Störungen vor, die nach Teil B Nr. 3.7 der Anlage zu § 2 VersMedV einen Einzel-GdB von 10 bedingen. Weitere Behinderungen, die einen GdB von mindestens 10 zur Folge haben, sind bei dem Kläger nicht festgestellt worden.
Unter Berücksichtigung der einzelnen Behinderungen des Klägers ist der Gesamt-GdB als Ausdruck der Gesamtbeeinträchtigung mit 40 zu bilden.
Liegen mehrere Beeinträchtigungen am Leben in der Gesellschaft vor, ist der GdB gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Nach Teil A Nr. 3c der Anlage zu § 2 VersMedV ist bei der Beurteilung des Gesamt-GdB von der Funktionsstörung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird.
Der anzusetzende Einzel-GdB von 30 für die Blutzuckererkrankung ist entsprechend dem Vorschlag des Sachverständigen mit Rücksicht auf die Schultergelenkfunktionsstörungen, die einen Einzel-GdB von 20 bedingen, anzuheben. Eine weitere Erhöhung mit Rücksicht auf die seelischen Leiden kommt nicht in Betracht. Denn zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, führen, von hier nicht einschlägigen Ausnahmefällen (z. B. hochgradige Schwerhörigkeit eines Ohres bei schwerer beidseitiger Einschränkung der Sehfähigkeit) abgesehen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis der Hauptsache. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
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