Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 63 U 161/09
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 194/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 90/16
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
BSG: Beschwerde verworfen
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer bei ihm vorliegenden Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit Nr. 2108 (BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV – bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der Kläger wurde 1955 in Polen geboren und verzog im Dezember 1988 nach Deutschland, wo er 1990 eingebürgert wurde, vgl. Urkunde vom 19. März 1990. Er arbeitete vom 09. Juli 1979 bis zum 31. März 1984 in den Chemischen Werken "P" als Bediener von Maschinen und Anlagen sowie als Wärter bzw. Laborant; bis zu einem Ereignis auf der Arbeit im Februar 1980, das nach Angaben des Klägers zu plötzlich einschießenden Schmerzen in der LWS führte, musste er fast täglich 200-l-Fässer mit Titanweißgranulat ziehen, anheben und schieben. Ab dem 29. Mai 1984 bis zum 05. Januar 1989 war er bei der "Reifenrunderneuerung P" als Produktionsmeister beschäftigt, vgl. Selbstauskunft vom 11. Dezember 2005. Die Tätigkeiten bestanden im Transport, der Beteiligung an Produktionsprozessen, Reparaturen, manueller Arbeit und Bedienen von Maschinen zur Erneuerung von diversen Kfz-Reifen. Ab 15. Mai 1986 war er als Meister für die Produktion und zusätzlich für die Reparaturen der Reifen eingesetzt.
Der Kläger führte bei ihm andauernde LWS-Beschwerden zunächst auf das im Februar 1980 erlittene Ereignis zurück und zeigte dies bei der Beklagten am 14. Februar 2001 mündlich an. Die Beklagte leitete infolgedessen Ermittlungen ein, in deren Zuge sie vom Kläger unter dem 26. März 2001 einen Fragebogen ausfüllen ließ. Der Kläger legte ärztliche Unterlagen vor, u.a.: - CT-Bericht von Dres. K et al. vom 21. November 1996: sehr großer Bandscheibenvorfall (BSV) L4/L5 mit massivem Sequester nach caudal, dadurch L5-Kompression beidseits (maximal) sowie massive Duralschlauchkompression - Arztbrief des Nervenarztes Dr. L vom 10. Dezember 1996: seit Jahren rezidivierende Lumbalgien, seit drei Monaten Schmerzverstärkung; deutliches Wurzelkompressionssyndrom L5 rechts bei großem BSV bei L4/L5 - Arztbrief des Universitätsklinikums B vom 09. September 1997: Lumbalgien nach BSV L4/L5 rechts - MRT-Bericht vom 26. November 1999: fortgeschrittene Osteochondrosis intervertebralis im Segment L4/L5 sowie L5/S1 sowie ein medio-lateraler BSV L4/L5, ferner eine relative knöcherne Einengung des Spinalkanals aufgrund spondylarthrotischer Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke insbesondere bei L4/L5 - MRT-Bericht von Dres. S et al. vom 08. Juni 2001: fortgeschrittene BS-Degeneration L4/L5 und L5/S1 nach MODIC Typ II, kleiner medialer BSV L4/L5 mit geringer Kompression des Duralsacks; die übrigen lumbalen BS-Räume regelrecht
Die Beklagte leitete nunmehr auch ein BK-Feststellungsverfahren ein. Sie zog medizinische Unterlagen u.a. aus einem beim Sozialgericht Berlin (SG) anhängigen Schwerbehindertenverfahren (S 46 SB 2885/99) bei, darunter einen Röntgenbericht von Dres. K et al. vom 19. Februar 2002 und einen Arztbrief der Neurochirurgin Dr. S vom 28. Februar 2002.
Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten berichtete unter dem 31. Mai 2002 von einem mit dem Kläger über dessen berufliche Belastungen geführtes Gespräch. Von Juli 1979 bis November 1982 seien hierbei täglich durchschnittlich 24 200-l-Fässer von zwei Beschäftigten mit Titanweiß mit einer Schippe zu befüllen gewesen. Infolge des Ereignisses im Frühjahr 1980 sei der Kläger arbeitsunfähig gewesen; es habe ein Arbeitsplatzwechsel mit geringerer körperlicher Belastung stattgefunden. Ab Dezember 1982 sei er im Rahmen der Qualitätsprüfung im Labor tägig gewesen. Infolge der Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall (vgl. hierzu Auszug aus dem Gutachten der polnischen Ärztekommission des Bezirks für Angelegenheiten der Invalidität und Beschäftigung in S vom 15. September 1981 und Bescheid der Ärztekommission vom 15. September 1981) habe er maximal 5 kg heben dürfen. Von April 1984 bis Dezember 1988 habe der Kläger als Meister in einer Reifenrunderneuerungsfirma gearbeitet. Im Wesentlichen habe er dort organisatorische Dinge zu regeln gehabt und nur noch gelegentlich schwer gehoben und getragen. 1989 bis 1990 sei er arbeitslos gewesen. Ab Januar 1991 bis jetzt sei er bei Bosch-Siemens-Hausgeräte GmbH (BSHG) als Monteur beschäftigt. Derzeit arbeite er an einem Montageband. Ihm sei wegen der anhaltenden Beschwerden ein Arbeitsplatz mit sitzender Tätigkeit zugeordnet worden.
Der Praktische Arzt W, Hausarzt des Klägers, bescheinigte diesem unter der Diagnose LWS-Syndrom/ Lumbago diverse Arbeitsunfähigkeitszeiten ab Oktober 1992.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses vom Februar 1980 als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 22. August 2002 ab, weil das willentliche Schieben eines 200-l-Fasses kein Unfallereignis i.S.d. gesetzlichen Unfallversicherung sei. Der Kläger erhob am 19. September 2002 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2002 als unbegründet zurückwies. Der Kläger erhob daraufhin zum Sozialgericht (SG) Berlin am 05. Dezember 2002 eine auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage (S 25 U 786/02), welche das SG mit Urteil vom 17. März 2005 abwies, weil die anhaltenden Beschwerden nicht auf das Ereignis vom Februar 1980 zurückzuführen seien. Im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 74/05 wurde auf Antrag des Klägers u.a. das schriftliche Sachverständigengutachten des Neurochirurgen Prof. Dr. Z vom 06. August 2007 eingeholt, wonach die Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf das als Unfall angeschuldigte Ereignis zurückzuführen seien und – abgesehen von den vom TAD ermittelten fehlenden arbeitstechnischen Voraussetzungen – auch die durch den Gesetzgeber erstellten Bedingungen bzgl. des Zeitraums und der Regelmäßigkeit der die Wirbelsäule schädigenden Tätigkeiten für eine BK 2108 nicht erfüllt seien. Das Landessozialgericht (LSG) wies mit Urteil vom 22. Juli 2008 die Berufung des Klägers zurück, weil sich die Gesundheitsstörungen, unter denen der Kläger leide, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 19. Februar 1980 zurückführen ließen, wie es sich aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Z ergebe. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) blieb ohne Erfolg, vgl. Beschluss des BSG vom 17. Dezember 2008 – B 2 U 240/08 B. Zwischenzeitlich stellte der Kläger bzgl. der Anerkennung des Arbeitsunfalls einen Überprüfungsantrag, welcher Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens S 67 U 546/15 ist.
Der TAD führte eine persönliche Befragung des Klägers durch und hielt diese unter dem 03. Juli 2006 schriftlich fest. Von Juli 1979 bis November 1982 sei der Kläger als Bediener und Instandhalter einer Titanweißanlage beschäftigt gewesen. Dabei habe er täglich ca. zwölf 200-l-Fässer mit ausgetretenem Titanweiß befüllt und wieder in die Anlage zurückbefördert, das Titanweiß mittels 10 bis 12 kg schwerer Schippe in die 200-l-Fässer geschippt, die Fässer auf Sackkarren gestellt, wofür sie seitlich hätten gekippt werden müssen, mittels Sackkarre die Fässer zum 20 bis 30 m entfernten Aufzug und dann vom Aufzug zur 30 m entfernten Abkippstelle geschoben und dann die Fässer umgekippt, von hinten angehoben, um sie auf einem ebenerdigen Sieb auszuschütten. Hinzu sei die Anlagenüberwachung gekommen, dabei habe u.a. er mit einer 4 bis 5 m langen, 8 bis 10 kg schweren Stange 30 min./ Schicht hantiert. Nach dem unfallartigen Ereignis im Frühjahr 1980 sei er im Dezember 1982 in einen anderen Arbeitsbereich umgesetzt worden, wo er ebenfalls Heben und Tragen ausgesetzt gewesen sei. In der Zeit von April 1984 bis Dezember 1988 habe er als Meister in einer Reifenrunderneuerungsfirma gearbeitet und ca. ein Drittel seiner Arbeitszeit im Büro verbracht. Die restliche Arbeitszeit sei er direkt im Produktionsbereich an den einzelnen Arbeitsplätzen eingesetzt gewesen. Es seien Pkw-, Lkw- und Kleintransporterreifen runderneuert worden. Dazu seien die Laufstreifen der Reifen vollständig heruntergeschliffen und danach neue Laufstreifen aufgelegt und in Vulkanisationspressen vulkanisiert worden. Hierbei seien Lastgewichte von 8 kg (Pkw-Reifen), 15 kg (Kleintransporterreifen) und 50 kg (Lkw-Reifen) aufgetreten. Laut dem Kläger seien von 1984 bis 1986 hauptsächlich Lkw- und Transporterreifen erneuert worden. Pro Schicht seien jeweils 60 Pkw-Reifen, 30 Kleintransporterreifen und 40 Lkw-Reifen bearbeitet worden. Die Reifen hätten angehoben, auf die entsprechende Maschine aufgespannt und nach dem Bearbeiten wieder herunter und in ein fahrbares Gestell eingehängt werden müssen. Hieraus leitete der TAD 120 Hebevorgänge pro Mitarbeiter täglich ab und legte für den Kläger zwei Drittel der Arbeitszeit zugrunde und ging davon aus, dass der Kläger etwa 27 Lkw-Reifen mit einem Gewicht von 50 kg mindestens zweimal pro Reifen umsetzte, ohne dass er nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) das Prüfkriterium von 5.500 Nh täglicher Belastung erreicht sah. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17. August 2006 die Anerkennung einer BK 2108 im Fall des Klägers ab, weil bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen. Der Kläger erhob am 21. September 2006 Widerspruch. Er führte u.a. zur Begründung aus, seine LWS-Erkrankung sei als BK 2108 anzusehen, weil die Folge des vorangegangenen Arbeitsunfalls sei und durch spätere versicherte Tätigkeiten (langjähriges schweres Tragen und Heben) verschlimmert worden sei. Der Krankheitsablauf mit chronisch-rezidivierender BS-Symptomatik in den Jahren 1988 und 1999 bis 2004 belege das Vorliegen einer berufsbedingten BS-Degeneration. Die Beklagte habe versäumt, seine Tätigkeitszeiten bei der BSHG zu berücksichtigen. Etwa 40 Tage nach seinem Arbeitsunfall am 19. Februar 1980 habe er wieder die Arbeit in der Titanweißanlage aufgenommen (manuelle Kontrolle des technischen Zustands, Transport von Fässer (ca. zwölfmal je bis 200 kg), Beseitigung von Verstopfungen durch heftige Hiebe (dutzende Male pro Schicht) mit einer Stange. Im Oktober 1982 sei wegen der bis dahin enormen LWS-Belastung seine Versetzung veranlasst worden. Die Beklagte habe die Belastungen am Umsetz-Arbeitsplatz nicht gemessen. Als Wärter im Labor habe er wieder schwere Aufgaben übertragen bekommen: Er habe zweimal pro Woche destilliertes Wasser in Behältern von 20 bis 60 l transportieren müssen, einmal pro Woche Chemikalien und Reinigungsmittel (viele Kartons bis 25 kg) heranschaffen müssen, bevor er von 1984 bis Ende 1988 in einem Reifenrunderneuerungsbetrieb gearbeitet habe, wo er Kfz-Reifen von bis zu 60 kg getragen und gehoben habe. Der Kläger legte eine Bescheinigung der Unöffentlichen Anstalt für Gesundheitsfürsorge POLVITA GmbH, Police vom 18. Juni 2003 vor, wonach der Kläger im August 1988 beim Neurologen mit Mydcalm und Lydcalm aufgrund einer Discopathie behandelt worden und vom 08. bis zum 16. Oktober, 13. bis zum 21. Dezember 1988 sowie vom 23. Dezember 1988 bis zum 05. Januar 1988 krankgeschrieben gewesen sei.
Die Beklagte nahm ergänzende Ermittlungen bzgl. der Arbeitsplatzbelastungen bei der BSHG auf und ließ den Kläger einen Erhebungsbogen zur Ermittlung der Belastung der Wirbelsäule im Belastungszeitraum von 1991 bis 2004 ausfüllen, wonach Gegenstände nicht von Hand gehoben oder getragen worden seien, sondern der Kläger von 1991 bis 2001 als Montierer am Fließband mit dem Verpacken von Waschmaschinen befasst gewesen sei, wobei er mit Kraft Holzleisten in Eckpolster aus Styropor hineingedrückt habe, und danach an eine Kallfassmaschine (wohl eine Verpackungsmaschine des Hersteller Kallfass) umgesetzt worden sei, wobei er sitzend tätig gewesen sei, wodurch seine WS-Beschwerden bis hin zur Arbeitsunfähigkeit und krankheitsbedingten Entlassung verschlimmert worden seien. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft (BG) der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 24. Oktober 2007 ein, wonach bei der BSHG keine gefährdenden Tätigkeiten i.S.d. BK 2108 verrichtet worden seien. Der TAD nahm eine weitere Berechnung der Gesamtbelastungsdosis auf 5,9 x 106 Nh vor, ohne WS-relevante Belastungen bei der Tätigkeit bei der BSHG mit einzubeziehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2009 als unbegründet zurück, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen unter Zugrundelegung des MDD nach wie vor nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 17. März 2009 zum SG erhobenen Klage hinsichtlich der Anerkennung der BK 2108 und der Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt. Er hat unter Vorlage einer modifizierten Tätigkeitsbeschreibung seiner Beschäftigungen, u.a. bzgl. seiner Beschäftigung bei der BSHG, wonach er fertig montierte Waschmaschinenfenster ein Jahr lang 125mal täglich in 16 kg schweren Viererstapeln vom Montagetisch auf die Palette habe heben müssen, im Wesentlichen an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten. Die Beklagte hat hierzu weitere arbeitstechnische Ermittlungen angestellt, auf Widersprüche zum früheren Vorbringen des Klägers hingewiesen und unter Zugrundelegung seiner letzten Angaben eine Gesamtbelastungsdosis von 13,3 x 106 Nh ermittelt (vgl. Stellungnahmen der Präventionsabteilungen der Beklagten vom 18. November 2009 und der BGFE vom 05. Oktober 2009). Das SG hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. R, Dr. K und Dr. Cund das schriftliche Sachverständigengutachten von Dr. W vom 07. März 2011 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, gegen eine berufsbedingte BS-Erkrankung spreche die kurze Expositionszeit von 1979 bis 1989; danach habe der Kläger offenbar nicht mehr wirbelsäulenbelastend gearbeitet. Von 1979 bis 1989 habe eine eher als extensiv zu bezeichnende Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen. Belastungsadaptive Veränderungen wiesen die sechs Jahre nach der Beendigung der rückenbelastenden Tätigkeit erstellten Röntgenaufnahmen nicht auf. Für eine berufsbedingte BS-Schädigung spreche die arbeitstechnische Analyse, obwohl nur der hälftige Wert der Grenzdosis nach dem MDD erreicht werde. Das lumbale Beschwerdebild und die später einsetzenden Kribbelparästhesien entlang des Dermatoms L5 entsprächen der Schadenslokalisation im Zuge der chronischen BS-Degeneration an der unteren LWS. Außerberufliche konkurrierende Ursachen seien nicht zu erkennen. An den übrigen WS-Abschnitten hätten keine altersuntypischen Veränderungen nachgewiesen werden können, welche auf eine allgemeine WS-Erkrankung hätten hinweisen können. Besondere Bedeutungsrelevanz habe bei alldem für die bildmorphologische Betrachtung das – zeitlich am nächsten zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit gefertigte - CT vom 20. November 1996, welches allerdings nicht die gesamte LWS abbilde, so dass keine Aussage über die oberen LWS-Segmente getroffen werden könne. Im Vordergrund stehe hier ein ausgeprägter BSV auf L4/L5. Die kranial positionierte Lage auf der Etage L3/L4 sei unauffällig. Auf der Etage L5/S1 sei zwar kein Prolaps, jedoch eine bereits deutliche Höhenminderung mit Reaktionen der angrenzenden Wirbelkörperdeckplatten im Sinne einer Osteochondrose eingetreten. So hätten sich nach den Konsensempfehlungen altersüberschreitende BS-Schäden per CT identifizieren lassen. Im Jahre 1995 und 1996 gefertigte Röntgenaufnahmen ließen den Schluss auf relevante Begleitspondylosen nicht zu, auch wenn dies der Aufnahmetechnik geschuldet sein könne. Eine Röntgenaufnahme vom 19. Februar 2002 habe auf den Etagen L3/L4 und höher normale Zustände ergeben. Hieraus sei zu folgern, dass die Konstellation B1 der sog. Konsensempfehlungen mangels Begleitspondylose zu verneinen sei. Dr. W hat mithin die Konstellation B2 gemäß den sog. Konsensempfehlungen in Betracht gezogen, weil eine Höhenminderung bzw. ein BSV an mehreren Bandscheiben – hier bisegmental auf L5/S1 und L4/L5 – gegeben sei, wofür die CT von 1996 die einzige verlässliche bildgebende Dokumentation sei, obwohl auch diese erst sieben Jahre nach dem Ende der beruflichen Rückenbelastung gefertigt worden sei. Da sich hieraus nur eine sehr begrenzte Beurteilbarkeit des medizinischen Sachverhalts ergebe, könne nach den Vorgaben der sog. Konsensempfehlungen allenfalls eine wissenschaftliche Empfehlung zur Anerkennung der BK 2108 gegeben werden. Ein Unterlassungszwang sei nicht zu erkennen, weil der Berufswechsel nach Übersiedlung nach Deutschland erfolgt sei. Die berufsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage nur 10 vom Hundert (v.H.).
Das SG hat auf Antrag des Klägers das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. Dr. Z vom 13. Januar 2012 eingeholt, welcher u.a. unter Verweis auf einen die gesamte Wirbelsäule betreffenden, sich aus aktuellen Röntgenuntersuchungen ergebenden Verschleiß eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS i.S.d. BK 2108 ausgeschlossen hat. Dr. Dr. Z ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. April 2012 bei seiner Einschätzung geblieben. Hierauf hat das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr. W vom 20. September 2012 eingeholt.
Nachdem der Kläger einen Befundbericht des Orthopäden M vom 30. Oktober 2012 mit den Diagnosen chronischer Schmerz, BWS-Syndrom, LWS-Syndrom und Lumbales Wurzelkompressionssyndrom vorgelegt hatte, hat Dr. W in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 15. April 2013 noch einmal betont, dass die Zusammenhangsfrage im Wesentlichen anhand der zeitnahen Krankheitsentwicklung und Diagnostiken zu beantworten sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, soweit der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente begehre. Insofern habe die Beklagte mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden noch keine rechtsbehelfsfähige Regelung getroffen. Soweit der Kläger um die Anerkennung der BK 2108 streite, sei die Klage unbegründet. Zwar habe der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt. Die medizinischen Voraussetzungen der BK 2108 lägen ebenfalls vor, ohne dass die beim Kläger bestehende LWS-Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sei. Es ergäben sich zwar aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten von Dr. W Hinweise für eine Kausalitätsbeziehung, wobei der Sachverständige jedoch selbst von einer nur sehr limitierten Beurteilung der Zusammenhangsfrage ausgehe. Jedenfalls scheitere die Anerkennung der BK 2108 daran, dass in zeitlicher Hinsicht der Überleitungstatbestand des § 6 Abs. 4 BKV nicht erfüllt sei. Denn danach sei maßgeblich, dass der Versicherungsfall, d.h. nach § 551 Abs. 3 S. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) das Auftreten der Krankheit, nach dem 31. März 1988 eingetreten sei, wohingegen der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen bereits in der Zeit davor wegen Beschwerden der LWS behandlungsbedürftig gewesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 05. November 2013 zugestellte Urteil am 04. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zunächst einmal sei die Klage auch zulässig, soweit er um die Zahlung einer Verletztenrente streite. Die Beklagte habe, was sich aus dem Schriftwechsel ergebe, auch die Zahlung einer Verletztenrente geprüft; er selbst habe während des Verwaltungsverfahrens insbesondere auch die Zahlung einer Verletztenrente geltend gemacht. Unzutreffenderweise nehme das SG im angefochtenen Urteil die Stichtagsregelung nach § 6 Abs. 4 BKV an, obwohl der von der BK 2108 geforderte Unterlassungszwang vor dem 31. März 1988 beim Kläger nicht erfüllt gewesen sei. Soweit das SG die medizinischen Voraussetzungen der BK 2108 bejahe, sei die LWS-Erkrankung auch berufsbedingt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2009 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt, und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der Berufskrankheit eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
Das gegen den Berichterstatter gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers vom 07. Juli 2015 ist mit Beschluss des Senats vom 14. Juli 2015 als unzulässig verworfen worden.
Der Senat hat das schriftliche Sachverständigengutachten des Radiologen Prof. Dr. M vom 01. September 2015 eingeholt, welches dieser nach Vorlage bildgebender Befunde nach Aktenlage erstellt hat. Darin ist Prof. Dr. M zur Einschätzung gelangt, dass die vorgelegten Befunde von 1997 bis 2013 beim Kläger eine altersvorauseilende drittgradige Chondrose in den Segmenten L4/L5 und L5/S1 mit deutlicher Höhenminderung der Bandscheiben und begleitenden Protrusionen zeigten. Bis 2003 sei im vorgelegten Bildmaterial keine Begleitspondylose i.S.d. Konsensempfehlungen nachweisbar; dies sei erst in den Röntgenaufnahmen der LWS von 2011 und 2013 in den Segmenten L1/L2 und L3/L4 der Fall. Konkurrierende Ursachenfaktoren fänden sich in der vorgelegten Bildgebung nicht. Mithin bestehe beim Kläger eine sog. B-Konstellation, und zwar seit 2011 eine sog. Konstellation B1. Bis 2003 sei nur eine Konstellation B2 oder B3 zu diskutieren. Die Konstellation B2 sei nur bei Vorliegen von mindesten einem der aus den Konsensempfehlungen hervorgehenden Zusatzkriterien zu bestätigen. Eine Höhenminderung oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben habe bildmorphologisch beim Kläger nicht vorgelegen. Ob eine besonders intensive Belastung bzw. ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen vorlägen, sei im Rahmen der klinischen Begutachtung zu klären.
Daraufhin hat der Senat die ergänzende Stellungnahme von Dr. W vom 16. September 2015 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, durch das Fehlen einer ausführlichen Bilddiagnostik i.V.m. Beschwerdeverläufen und mit großem Abstand bis zur eigentlichen beruflichen Exposition (1989 beendet) sei eine gesicherte Wertung nur eingeschränkt bis nicht möglich. Folglich sei seine bisherige Zuordnung zur Konsensempfehlung unter Vorbehalt geschehen. Im Ergebnis der von Prof. Dr. M vorgenommenen Analyse bewende es dabei, dass bis 2003 das vorgelegte Bildmaterial keine Begleitspondylosen i.S.d. Konsensempfehlungen zeige. Anhaltspunkte für die arbeitstechnischen Zusatzkriterien i.S.d. Konstellation B2 bestünden nach wie vor nicht, zumal angesichts des Umstands, dass der Kläger den hälftigen Wert der Gesamtbelastungsdosis des MDD nur geringfügig überschreite, nicht auf einen überragenden beruflichen Einfluss zu schließen sei. Bildmorphologisch lasse sich ohne weitere Black-Disc-Phänomene (1996 seien solche nicht erkennbar gewesen) keine positive Konstellation B2 darstellen. Vielmehr sei von einer B3-Kostellation auszugehen, zu welcher kein Konsens gefunden worden sei.
Nachdem sich der Kläger zwischenzeitlich kritisch mit dem Stellungnahmen von Dr. W und Prof. Dr. M auseinandergesetzt hatte, hat der Senat unter Vorlage des CT-Befunds der LWS vom 21. November 1996 eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M vom 12. November 2015 eingeholt, wonach bereits am 21. November 1996 von einer altersuntypischen bandscheibenbedingten Erkrankung in den Segmenten L4/L5 (Chondrose und Prolaps) und L5/S1 (Chondrose) auszugehen sei.
Im Anschluss hat der Senat vom Präventionszentrum der Beklagten eine weitere Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 10. November 2015 eingeholt, wonach die vom 09. Juli 1979 bis zum 05. Januar 1989 erzielte Gesamtbelastungsdosis 6,1 x 106 Nh betrug. Zu Belastungsspitzen i.S.d. B2-Konstellation sei es nur im Reifenrunderneuerungswerk in der Zeit vom 29. Mai 1984 bis zum 31. Dezember 1986 gekommen, als die Tagesdosen bei mehr als 3 kNh gelegen hätten.
Das gegen den Sachverständigen Prof. Dr. M gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 21. Dezember 2015 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung ist mit Beschluss vom 07. Januar 2016 zurückgewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten zum hiesigen und zum Verfahren S 67 S 546/15 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dies gilt zunächst, soweit das SG die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Die auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage ist in der Tat unzulässig. Zulässiger Gegenstand der Klage ist von Anfang an lediglich die Feststellung des Vorliegens der BK 2108. Nur hierüber traf die Beklagte mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid und im Widerspruchsbescheid eine anfechtbare – verwaltungsaktmäßige – Regelung i.S.v. § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Dementsprechend ist die auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage unzulässig, weil nicht in einem Verwaltungsverfahren darüber vor Klageerhebung befunden worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R -, zitiert nach juris Rn. 10 f.). Am Ende des Bescheids ist zudem lediglich pauschal – und damit als rechtlich unbeachtliche Leerformel – von einem Nichtbestehen von Ansprüchen auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung die Rede. Soweit der Kläger vorbringt, er habe im Verwaltungsverfahren deutlich zum Ausdruck gebracht, es gehe ihm vor allem auch um die Gewährung von Entschädigungsleistungen, spiegelt sich dies gerade nicht im verfahrensgegenständlichen Bescheid in rechtlich bedeutsamer Weise. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger die Anerkennung einer BK 2108 begehrt. Die angefochtenen Bescheide sind insofern rechtmäßig und beschweren ihn nicht.
Es kann dahinstehen, ob sich das Vorliegen der BK 2108 gemäß § 212 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) nach § 551 Abs. 1 der bis zum 31. Dezember 1996 gegoltenen RVO oder nach §§ 7 Abs. 1, 9 SGB VII bemisst. Nach § 212 SGB VII gelten die Vorschriften des SGB VII für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01. Januar 1997 eintreten, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt. Nach § 551 Abs. 1 RVO gelten als Arbeitsunfall auch BKen, also die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 RVO in der Fassung vom 01. Januar 1964). Nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind BKen solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die BK 2108 wurde bereits durch die Zweite Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) eingeführt.
Es kann ferner dahinstehen, ob das Bestehen einer BK auch für die Zeiträume der Berufstätigkeit des Klägers in Polen nach deutschem Recht zu beurteilen bzw. der Kläger einen Feststellungs- bzw. Anerkennungsanspruch nach dem SGB VII hat (vgl. hierzu Art. 7 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09. Oktober 1975 (deutsch-polnisches Sozialversicherungsabkommen 1975, BGBl. 1976 II S. 396) i.V.m. dem Zustimmungsgesetz vom 12. März 1976 (BGBl. 1976 II S. 393, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. 2002 I S. 2167) bzw. § 7 des Fremdrentengesetzes (FRG)), weil selbst dann die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht vorliegen.
Die Anerkennung der BK 2108 im Fall des Klägers scheitert indessen wohl nicht bereits an der Stichtagsregelung gemäß § 6 Abs. 4 BKV, wonach, wenn ein Versicherter am 01. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten hat, die erst aufgrund der zweiten Änderungsverordnung der BKV vom 18. Dezember 1992 als BK anerkannt werden kann, die Krankheit auf Antrag als BK anzuerkennen ist, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. März 1988 eingetreten ist. Soweit es hier nur um die Anerkennung der BK 2108 geht, setzt diese als Versicherungsfall i.S.v. § 551 Abs. 1 S. 1 und 2 RVO bzw. §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII den Tatbestand der BK 2108 voraus, der u.a. auch einen Unterlassungszwang vorsieht. Unstreitig hatte der Kläger jedenfalls bis zum 31. März 1988 die rückenbelastende Tätigkeit noch nicht aufgegeben, sondern arbeitete bis Ende 1988 rückenbelastend weiter, wie sich aus seinen eigenen Angaben und zuletzt aus der Stellungnahme des Präventionszentrums der Beklagten vom 10. November 2015 ergibt, wonach er vom 01. Januar 1987 bis zum 05. Januar 1989 im Reifenrunderneuerungswerk einer Teildosis von 1 MNh ausgesetzt war. Abgesehen davon war bis zum 31. März 1988, was sich ebenfalls aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, dass Vollbild einer – beruflich verursachten - bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung noch nicht gesichert.
Es liegt nach wie vor kein Versicherungsfall i.S.d. BK 2108 vor. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (vgl. § 551 Abs. 1 S. 3 RVO bzw. § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 17 f.). Von der BK 2108 werden "bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können", erfasst. Nach dem Tatbestand der BK 2108 muss also der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen beziehungsweise in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (vgl. BSG Urteile vom 18. November 2008 - B 2 U 14/07 R –, zitiert nach juris Rn. 23 ff.) und ist nicht anzuerkennen.
Es kann dahinstehen, ob vorliegend die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, ob also der Kläger in einem ausreichenden Ausmaß während seiner versicherten Tätigkeit die LWS belastenden Tätigkeiten ausgesetzt war, wie sie die BK 2108 voraussetzt und welche bei Trage- und Hebebelastungen – unter Modifizierung der nach der nach dem MDD zu fordernden Gesamtdosis von 25 x 106 Nh – bereits ab einer Gesamtbelastungsdosis von 12,5 x 106 Nh anzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R –, zitiert nach juris Rn. 25 unter Bezugnahme auf die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS)). Für die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzung spricht zwar die vom SG im ausgangsgerichtlichen Verfahren beigezogene, indes allein auf den Angaben des Klägers beruhende Berechnung des TAD der Beklagten vom 18. November 2009, welche eine Gesamtdosis von 13,3 x 106 Nh ergab, dagegen jedoch die zuletzt vom Senat angeforderte Stellungnahme des Präventionszentrums der Beklagten vom 10. November 2015, wonach die Gesamtdosis nur bei 6,1 x 106 Nh lag.
Der Feststellungsanspruch scheitert jedenfalls an den medizinischen Voraussetzungen. Der Kläger ist hierbei zunächst in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass in der medizinischen Wissenschaft anerkannt ist, dass BS-Schäden und BSVe insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen. Da diese BS-Erkrankungen ebenso in Berufsgruppen vorkommen, die während ihres Arbeitslebens keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, wie in solchen, welche auch schwere körperliche Arbeiten leisteten, kann allein die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne des so genannten MDD, modifiziert durch neuere medizinische Erkenntnisse etwa durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS) bzw. die darauf anhebende höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nochmals BSG a.a.O.) die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhanges nicht begründen (vgl. Merkblatt zur BK 2108, Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, BArbBl. 10/2006, S. 30 ff., abgedruckt bei Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, Stand 2/10, M 2108 vor Rn. 1). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhanges bei der BK 2108 war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind in den medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten BKen der LWS niedergelegt, welche als Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung auf Anregung der vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe anzusehen sind (vgl. Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff.). Da insbesondere der Sachverständige Dr. W-R keinen neueren, von den Konsensempfehlungen abweichenden Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu den bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS aufgezeigt hat, ist davon auszugehen, dass diese nach wie vor den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von LWS-Erkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen darstellen (so zuletzt auch BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 20/14 R -, zitiert nach juris Rn. 33). Zur Gewährleistung einer im Geltungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die befassten Gutachter und die Sozialgerichtsbarkeit diese Konsensempfehlungen anwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 2108 im Fall des Klägers nicht gegeben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen des gesamten Gerichtsverfahrens. Zwar können die beim Kläger festgestellten Veränderungen der Wirbelsäule eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 darstellen. Unabdingbare, aber allein nicht hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist nach den Konsensempfehlungen unter Punkt 1.3 der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens, das heißt einer Höhenminderung der Bandscheibe (Chondrose) beziehungsweise eines BSVs, wobei der bildgebend darstellbare Bandscheibenschaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch (Punkt 1.2 sowie 1.4 der Konsensempfehlungen) sein muss. Hinzutreten muss eine damit korrelierende klinische Symptomatik. Erforderlich ist ein Krankheitsbild, welches über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist, und welches zu Funktionseinschränkungen führt, welche eine Fortsetzung der genannten Tätigkeit unmöglich machen. Erforderlich sind daher ein bestimmtes radiologisches Bild sowie ein damit korrelierendes klinisches Bild (vgl. das aktuelle Merkblatt zur BK 2108 sowie die Konsensempfehlungen Punkt 1.3). Als mögliche sekundäre Folge des Bandscheibenschadens können bildgebend darstellbare Veränderungen wie die Spondylose, die Sklerose der Wirbelkörperabschlussplatten, die Retrospondylose, die Spondylarthrose, die degenerative Spondylolisthesis und eine knöcherne Enge des Spinalkanals auftreten. Teilweise können derartige Veränderungen auch unabhängig von einem Bandscheibenschaden auftreten, wie zum Beispiel bei der primären Spondylarthrose, der Spondylarthrose aufgrund eines Hohlkreuzes oder dem anlagebedingt engen Spinalkanal (vgl. die Konsensempfehlungen Punkt 1.3). Heranzuziehen sind die der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zeitlich nächstliegenden Röntgenbilder (vgl. auch Punkt 1.2 der Konsensempfehlungen).
Dies zugrunde gelegt lassen sich hier zwar in der Tat nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. W-R und Prof. Dr. M in ihren schriftlichen Sachverständigengutachten zumindest anhand der CT-Aufnahmen von 1996 und der MRT-Bilder von 1997, als die berufliche Exposition bereits seit mindestens sieben Jahren beendet war, in den Segmenten L4/L5 und L5/S1 Chondrosen, im Segment L4/L5 zudem ein BSV im Sinne einer altersvorauseilenden Bandscheibendegeneration feststellen. Hiernach kann man beim Kläger in der Tat ab diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass eine so genannte primäre Bandscheibenschädigung und – laut Dr. W - auch ein damit korrelierendes Erkrankungsbild in Form eines lokalen Wirbelsäulensyndroms vorliegen, also eine bandscheibenbedingte Erkrankung als gesichert zu betrachten ist.
Dabei ist eine berufliche Verursachung jedoch nicht wahrscheinlich. Der Senat hat bereits durchgreifende Zweifel, ob die bildgebenden Befunde aus den Jahren 1996 und 1997, welche erstmals eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS bestätigen - frühere haben sich nicht ermitteln lassen –, ausreichen, zeitnah zur letzten LWS-belastenden Tätigkeit eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu sichern. Nach Punkt 1.4 der Konsensempfehlungen nimmt die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs mit der Länge des Zeitraums zwischen Ende der Exposition und erstmalgier Diagnose der Erkrankung ab. Hinzukommt, dass jede nicht unerhebliche Unterschreitung des Beurteilungsrichtwerts von 25 x 106 Nh – hier erreicht der Kläger nach den zwischenzeitlichen arbeitstechnischen Ermittlungen des TAD der Beklagten allenfalls eine Gesamtbelastungsdosis von 13,3 x 106 Nh - für die Gesamtbelastungsdosis im Rahmen der Gesamtabwägung aller relevanten Beurteilungskriterien zumindest zu erhöhten Anforderungen an die Begründbarkeit eines Ursachenzusammenhangs anhand der übrigen Kriterien führt (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, Stand Februar 2015, M 2108 Anm. 6.2.1). Eben hiervon ausgehend steht Dr. Win seiner Stellungnahme vom 16. September 2015 einer kausalen Beziehung zwischen beruflichen Einflüssen und der Erkrankung des Klägers nach wie vor skeptisch gegenüber. Die spätere Tätigkeit bei der BSHG war offensichtlich nicht wirbelsäulenbelastend, vgl. hierzu Stellungnahmen der Präventionsabteilung der BGFE vom 24. Oktober 2007 und 05. Oktober 2009, weil sie nicht mit schwerem Heben und Tragen verbunden war. Wie spätere bildgebende Befunde ergeben, schritt die LWS-Erkrankung des Klägers im Übrigen auch nach Ende der rückenlebastenden Tätigkeiten voran, vgl. hierzu Prof. Dr. M in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 01. September 2015 unter Verweis etwa auf ein CT vom 14. Mai 1999 mit einer geringen, links dorsolateralen BS-Protrusion im Segment LWK 3/4 (Dicke max. 4 mm) ohne relevante Einengung des Spinalkanals gegenüber seinen Feststellungen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. November 2015 unter Hinweis auf die CT vom 19. November 1996 mit einer allenfalls minimalen, links dorsolateralen Protrusion ohne relevante Einengung des Spinalkanals (Dicke max. 2,5 mm). Dies ist ein weiterer Beleg für die nur eingeschränkte Aussagekraft der erst 1996 gefertigten CT, weil so eben nicht auszuschließen ist, dass sich in diesem Zeitpunkt gerade nicht der Zustand der WS abbildete, der bereits bei Aufgabe der LWS-belastenden Tätigkeit vorgelegen hatte. Der Senat weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass sich der berufliche Zusammenhang indes nicht bereits dadurch entkräften lässt, dass das Ausbreitungsmuster der bandscheibenbedingten Schäden – so aber kaum überzeugend Dr. Dr. Z im Ergebnis seiner im ausgangsgerichtlichen Verfahren durchgeführten Begutachtung – gegen eine berufliche Verursachung spreche. Insofern lässt sich insbesondere nicht auf den Befall der BWS verweisen (vgl. Konsensempfehlungen Punkt 1.4), weil dieser – auch hierauf weist Dr. Wzutreffend hin – erst später bildgebend gesichert wurde.
Soweit der Kläger auf ein sehr frühes Auftreten seiner Beschwerden etwa im Zuge des von ihm als Arbeitsunfall angeschuldigten Ereignisses im Februar 1980 hinweist, als er noch nicht einmal 25 Jahre alt war, spräche auch dies gerade gegen eine berufliche Verursachung der chronischen LWS-Erkrankung, weil noch keine für die BK 2108 ausreichende, "langjährige" Belastung in einer versicherten Tätigkeit vorgelegen hätte. Dies gilt insbesondere bei Annahme einer Spondylolisthesis beim Kläger im 25. Lebensjahr, soweit die wenigen vorhandenen polnischen Versicherungsunterlagen (Ärztekommission 1981 etc.) auf eine solche schließen ließen. Eine Spondylolisthesis zu einem derart frühen Zeitpunkt hätte nur anlagebedingt sein können, und zwar abgesehen davon, dass Prof. Dr. M in den Röntgenbildern ab 1995 gar keinen Anhalt für eine Spondylolisthesis gefunden hat.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und ggf. welche B-Konstellation gemäß den Konsensempfehlungen vorliegen würde, für welche ein Konsens bzgl. der Verursachungswahrscheinlichkeit gefunden werden konnte. Diese Konstellationen kommen nämlich erst zum Zuge, wenn u.a. auch – anders als hier - eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung besteht. Es kommt mithin gerade nicht darauf an, ob etwa für die Konstellation B2 ein bi- oder trisegmentaler BS-Befall mit Chondrosen bzw. BSVen vorliegen muss. Des Gleichen kommt es i.S.d. B2-Konstellation nicht darauf an, ob die Gesamtbelastungsdosis in kurzer Zeit oder überwiegend durch besonders hohe Belastungsspitzen erreicht wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer bei ihm vorliegenden Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit Nr. 2108 (BK 2108) der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV – bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können).
Der Kläger wurde 1955 in Polen geboren und verzog im Dezember 1988 nach Deutschland, wo er 1990 eingebürgert wurde, vgl. Urkunde vom 19. März 1990. Er arbeitete vom 09. Juli 1979 bis zum 31. März 1984 in den Chemischen Werken "P" als Bediener von Maschinen und Anlagen sowie als Wärter bzw. Laborant; bis zu einem Ereignis auf der Arbeit im Februar 1980, das nach Angaben des Klägers zu plötzlich einschießenden Schmerzen in der LWS führte, musste er fast täglich 200-l-Fässer mit Titanweißgranulat ziehen, anheben und schieben. Ab dem 29. Mai 1984 bis zum 05. Januar 1989 war er bei der "Reifenrunderneuerung P" als Produktionsmeister beschäftigt, vgl. Selbstauskunft vom 11. Dezember 2005. Die Tätigkeiten bestanden im Transport, der Beteiligung an Produktionsprozessen, Reparaturen, manueller Arbeit und Bedienen von Maschinen zur Erneuerung von diversen Kfz-Reifen. Ab 15. Mai 1986 war er als Meister für die Produktion und zusätzlich für die Reparaturen der Reifen eingesetzt.
Der Kläger führte bei ihm andauernde LWS-Beschwerden zunächst auf das im Februar 1980 erlittene Ereignis zurück und zeigte dies bei der Beklagten am 14. Februar 2001 mündlich an. Die Beklagte leitete infolgedessen Ermittlungen ein, in deren Zuge sie vom Kläger unter dem 26. März 2001 einen Fragebogen ausfüllen ließ. Der Kläger legte ärztliche Unterlagen vor, u.a.: - CT-Bericht von Dres. K et al. vom 21. November 1996: sehr großer Bandscheibenvorfall (BSV) L4/L5 mit massivem Sequester nach caudal, dadurch L5-Kompression beidseits (maximal) sowie massive Duralschlauchkompression - Arztbrief des Nervenarztes Dr. L vom 10. Dezember 1996: seit Jahren rezidivierende Lumbalgien, seit drei Monaten Schmerzverstärkung; deutliches Wurzelkompressionssyndrom L5 rechts bei großem BSV bei L4/L5 - Arztbrief des Universitätsklinikums B vom 09. September 1997: Lumbalgien nach BSV L4/L5 rechts - MRT-Bericht vom 26. November 1999: fortgeschrittene Osteochondrosis intervertebralis im Segment L4/L5 sowie L5/S1 sowie ein medio-lateraler BSV L4/L5, ferner eine relative knöcherne Einengung des Spinalkanals aufgrund spondylarthrotischer Veränderungen der kleinen Wirbelgelenke insbesondere bei L4/L5 - MRT-Bericht von Dres. S et al. vom 08. Juni 2001: fortgeschrittene BS-Degeneration L4/L5 und L5/S1 nach MODIC Typ II, kleiner medialer BSV L4/L5 mit geringer Kompression des Duralsacks; die übrigen lumbalen BS-Räume regelrecht
Die Beklagte leitete nunmehr auch ein BK-Feststellungsverfahren ein. Sie zog medizinische Unterlagen u.a. aus einem beim Sozialgericht Berlin (SG) anhängigen Schwerbehindertenverfahren (S 46 SB 2885/99) bei, darunter einen Röntgenbericht von Dres. K et al. vom 19. Februar 2002 und einen Arztbrief der Neurochirurgin Dr. S vom 28. Februar 2002.
Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten berichtete unter dem 31. Mai 2002 von einem mit dem Kläger über dessen berufliche Belastungen geführtes Gespräch. Von Juli 1979 bis November 1982 seien hierbei täglich durchschnittlich 24 200-l-Fässer von zwei Beschäftigten mit Titanweiß mit einer Schippe zu befüllen gewesen. Infolge des Ereignisses im Frühjahr 1980 sei der Kläger arbeitsunfähig gewesen; es habe ein Arbeitsplatzwechsel mit geringerer körperlicher Belastung stattgefunden. Ab Dezember 1982 sei er im Rahmen der Qualitätsprüfung im Labor tägig gewesen. Infolge der Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall (vgl. hierzu Auszug aus dem Gutachten der polnischen Ärztekommission des Bezirks für Angelegenheiten der Invalidität und Beschäftigung in S vom 15. September 1981 und Bescheid der Ärztekommission vom 15. September 1981) habe er maximal 5 kg heben dürfen. Von April 1984 bis Dezember 1988 habe der Kläger als Meister in einer Reifenrunderneuerungsfirma gearbeitet. Im Wesentlichen habe er dort organisatorische Dinge zu regeln gehabt und nur noch gelegentlich schwer gehoben und getragen. 1989 bis 1990 sei er arbeitslos gewesen. Ab Januar 1991 bis jetzt sei er bei Bosch-Siemens-Hausgeräte GmbH (BSHG) als Monteur beschäftigt. Derzeit arbeite er an einem Montageband. Ihm sei wegen der anhaltenden Beschwerden ein Arbeitsplatz mit sitzender Tätigkeit zugeordnet worden.
Der Praktische Arzt W, Hausarzt des Klägers, bescheinigte diesem unter der Diagnose LWS-Syndrom/ Lumbago diverse Arbeitsunfähigkeitszeiten ab Oktober 1992.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung des Ereignisses vom Februar 1980 als Arbeitsunfall mit Bescheid vom 22. August 2002 ab, weil das willentliche Schieben eines 200-l-Fasses kein Unfallereignis i.S.d. gesetzlichen Unfallversicherung sei. Der Kläger erhob am 19. September 2002 Widerspruch, welchen die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2002 als unbegründet zurückwies. Der Kläger erhob daraufhin zum Sozialgericht (SG) Berlin am 05. Dezember 2002 eine auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage (S 25 U 786/02), welche das SG mit Urteil vom 17. März 2005 abwies, weil die anhaltenden Beschwerden nicht auf das Ereignis vom Februar 1980 zurückzuführen seien. Im anschließenden Berufungsverfahren L 2 U 74/05 wurde auf Antrag des Klägers u.a. das schriftliche Sachverständigengutachten des Neurochirurgen Prof. Dr. Z vom 06. August 2007 eingeholt, wonach die Beschwerden nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf das als Unfall angeschuldigte Ereignis zurückzuführen seien und – abgesehen von den vom TAD ermittelten fehlenden arbeitstechnischen Voraussetzungen – auch die durch den Gesetzgeber erstellten Bedingungen bzgl. des Zeitraums und der Regelmäßigkeit der die Wirbelsäule schädigenden Tätigkeiten für eine BK 2108 nicht erfüllt seien. Das Landessozialgericht (LSG) wies mit Urteil vom 22. Juli 2008 die Berufung des Klägers zurück, weil sich die Gesundheitsstörungen, unter denen der Kläger leide, nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf das Ereignis vom 19. Februar 1980 zurückführen ließen, wie es sich aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Z ergebe. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundessozialgericht (BSG) blieb ohne Erfolg, vgl. Beschluss des BSG vom 17. Dezember 2008 – B 2 U 240/08 B. Zwischenzeitlich stellte der Kläger bzgl. der Anerkennung des Arbeitsunfalls einen Überprüfungsantrag, welcher Gegenstand des sozialgerichtlichen Verfahrens S 67 U 546/15 ist.
Der TAD führte eine persönliche Befragung des Klägers durch und hielt diese unter dem 03. Juli 2006 schriftlich fest. Von Juli 1979 bis November 1982 sei der Kläger als Bediener und Instandhalter einer Titanweißanlage beschäftigt gewesen. Dabei habe er täglich ca. zwölf 200-l-Fässer mit ausgetretenem Titanweiß befüllt und wieder in die Anlage zurückbefördert, das Titanweiß mittels 10 bis 12 kg schwerer Schippe in die 200-l-Fässer geschippt, die Fässer auf Sackkarren gestellt, wofür sie seitlich hätten gekippt werden müssen, mittels Sackkarre die Fässer zum 20 bis 30 m entfernten Aufzug und dann vom Aufzug zur 30 m entfernten Abkippstelle geschoben und dann die Fässer umgekippt, von hinten angehoben, um sie auf einem ebenerdigen Sieb auszuschütten. Hinzu sei die Anlagenüberwachung gekommen, dabei habe u.a. er mit einer 4 bis 5 m langen, 8 bis 10 kg schweren Stange 30 min./ Schicht hantiert. Nach dem unfallartigen Ereignis im Frühjahr 1980 sei er im Dezember 1982 in einen anderen Arbeitsbereich umgesetzt worden, wo er ebenfalls Heben und Tragen ausgesetzt gewesen sei. In der Zeit von April 1984 bis Dezember 1988 habe er als Meister in einer Reifenrunderneuerungsfirma gearbeitet und ca. ein Drittel seiner Arbeitszeit im Büro verbracht. Die restliche Arbeitszeit sei er direkt im Produktionsbereich an den einzelnen Arbeitsplätzen eingesetzt gewesen. Es seien Pkw-, Lkw- und Kleintransporterreifen runderneuert worden. Dazu seien die Laufstreifen der Reifen vollständig heruntergeschliffen und danach neue Laufstreifen aufgelegt und in Vulkanisationspressen vulkanisiert worden. Hierbei seien Lastgewichte von 8 kg (Pkw-Reifen), 15 kg (Kleintransporterreifen) und 50 kg (Lkw-Reifen) aufgetreten. Laut dem Kläger seien von 1984 bis 1986 hauptsächlich Lkw- und Transporterreifen erneuert worden. Pro Schicht seien jeweils 60 Pkw-Reifen, 30 Kleintransporterreifen und 40 Lkw-Reifen bearbeitet worden. Die Reifen hätten angehoben, auf die entsprechende Maschine aufgespannt und nach dem Bearbeiten wieder herunter und in ein fahrbares Gestell eingehängt werden müssen. Hieraus leitete der TAD 120 Hebevorgänge pro Mitarbeiter täglich ab und legte für den Kläger zwei Drittel der Arbeitszeit zugrunde und ging davon aus, dass der Kläger etwa 27 Lkw-Reifen mit einem Gewicht von 50 kg mindestens zweimal pro Reifen umsetzte, ohne dass er nach dem Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) das Prüfkriterium von 5.500 Nh täglicher Belastung erreicht sah. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 17. August 2006 die Anerkennung einer BK 2108 im Fall des Klägers ab, weil bereits die arbeitstechnischen Voraussetzungen nicht vorlägen. Der Kläger erhob am 21. September 2006 Widerspruch. Er führte u.a. zur Begründung aus, seine LWS-Erkrankung sei als BK 2108 anzusehen, weil die Folge des vorangegangenen Arbeitsunfalls sei und durch spätere versicherte Tätigkeiten (langjähriges schweres Tragen und Heben) verschlimmert worden sei. Der Krankheitsablauf mit chronisch-rezidivierender BS-Symptomatik in den Jahren 1988 und 1999 bis 2004 belege das Vorliegen einer berufsbedingten BS-Degeneration. Die Beklagte habe versäumt, seine Tätigkeitszeiten bei der BSHG zu berücksichtigen. Etwa 40 Tage nach seinem Arbeitsunfall am 19. Februar 1980 habe er wieder die Arbeit in der Titanweißanlage aufgenommen (manuelle Kontrolle des technischen Zustands, Transport von Fässer (ca. zwölfmal je bis 200 kg), Beseitigung von Verstopfungen durch heftige Hiebe (dutzende Male pro Schicht) mit einer Stange. Im Oktober 1982 sei wegen der bis dahin enormen LWS-Belastung seine Versetzung veranlasst worden. Die Beklagte habe die Belastungen am Umsetz-Arbeitsplatz nicht gemessen. Als Wärter im Labor habe er wieder schwere Aufgaben übertragen bekommen: Er habe zweimal pro Woche destilliertes Wasser in Behältern von 20 bis 60 l transportieren müssen, einmal pro Woche Chemikalien und Reinigungsmittel (viele Kartons bis 25 kg) heranschaffen müssen, bevor er von 1984 bis Ende 1988 in einem Reifenrunderneuerungsbetrieb gearbeitet habe, wo er Kfz-Reifen von bis zu 60 kg getragen und gehoben habe. Der Kläger legte eine Bescheinigung der Unöffentlichen Anstalt für Gesundheitsfürsorge POLVITA GmbH, Police vom 18. Juni 2003 vor, wonach der Kläger im August 1988 beim Neurologen mit Mydcalm und Lydcalm aufgrund einer Discopathie behandelt worden und vom 08. bis zum 16. Oktober, 13. bis zum 21. Dezember 1988 sowie vom 23. Dezember 1988 bis zum 05. Januar 1988 krankgeschrieben gewesen sei.
Die Beklagte nahm ergänzende Ermittlungen bzgl. der Arbeitsplatzbelastungen bei der BSHG auf und ließ den Kläger einen Erhebungsbogen zur Ermittlung der Belastung der Wirbelsäule im Belastungszeitraum von 1991 bis 2004 ausfüllen, wonach Gegenstände nicht von Hand gehoben oder getragen worden seien, sondern der Kläger von 1991 bis 2001 als Montierer am Fließband mit dem Verpacken von Waschmaschinen befasst gewesen sei, wobei er mit Kraft Holzleisten in Eckpolster aus Styropor hineingedrückt habe, und danach an eine Kallfassmaschine (wohl eine Verpackungsmaschine des Hersteller Kallfass) umgesetzt worden sei, wobei er sitzend tätig gewesen sei, wodurch seine WS-Beschwerden bis hin zur Arbeitsunfähigkeit und krankheitsbedingten Entlassung verschlimmert worden seien. Die Beklagte holte eine Stellungnahme der Präventionsabteilung der Berufsgenossenschaft (BG) der Feinmechanik und Elektrotechnik (BGFE) vom 24. Oktober 2007 ein, wonach bei der BSHG keine gefährdenden Tätigkeiten i.S.d. BK 2108 verrichtet worden seien. Der TAD nahm eine weitere Berechnung der Gesamtbelastungsdosis auf 5,9 x 106 Nh vor, ohne WS-relevante Belastungen bei der Tätigkeit bei der BSHG mit einzubeziehen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2009 als unbegründet zurück, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen unter Zugrundelegung des MDD nach wie vor nicht erfüllt seien.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 17. März 2009 zum SG erhobenen Klage hinsichtlich der Anerkennung der BK 2108 und der Gewährung einer Verletztenrente weiterverfolgt. Er hat unter Vorlage einer modifizierten Tätigkeitsbeschreibung seiner Beschäftigungen, u.a. bzgl. seiner Beschäftigung bei der BSHG, wonach er fertig montierte Waschmaschinenfenster ein Jahr lang 125mal täglich in 16 kg schweren Viererstapeln vom Montagetisch auf die Palette habe heben müssen, im Wesentlichen an seinem bisherigen Vorbringen festgehalten. Die Beklagte hat hierzu weitere arbeitstechnische Ermittlungen angestellt, auf Widersprüche zum früheren Vorbringen des Klägers hingewiesen und unter Zugrundelegung seiner letzten Angaben eine Gesamtbelastungsdosis von 13,3 x 106 Nh ermittelt (vgl. Stellungnahmen der Präventionsabteilungen der Beklagten vom 18. November 2009 und der BGFE vom 05. Oktober 2009). Das SG hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte Dr. R, Dr. K und Dr. Cund das schriftliche Sachverständigengutachten von Dr. W vom 07. März 2011 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, gegen eine berufsbedingte BS-Erkrankung spreche die kurze Expositionszeit von 1979 bis 1989; danach habe der Kläger offenbar nicht mehr wirbelsäulenbelastend gearbeitet. Von 1979 bis 1989 habe eine eher als extensiv zu bezeichnende Behandlungsbedürftigkeit vorgelegen. Belastungsadaptive Veränderungen wiesen die sechs Jahre nach der Beendigung der rückenbelastenden Tätigkeit erstellten Röntgenaufnahmen nicht auf. Für eine berufsbedingte BS-Schädigung spreche die arbeitstechnische Analyse, obwohl nur der hälftige Wert der Grenzdosis nach dem MDD erreicht werde. Das lumbale Beschwerdebild und die später einsetzenden Kribbelparästhesien entlang des Dermatoms L5 entsprächen der Schadenslokalisation im Zuge der chronischen BS-Degeneration an der unteren LWS. Außerberufliche konkurrierende Ursachen seien nicht zu erkennen. An den übrigen WS-Abschnitten hätten keine altersuntypischen Veränderungen nachgewiesen werden können, welche auf eine allgemeine WS-Erkrankung hätten hinweisen können. Besondere Bedeutungsrelevanz habe bei alldem für die bildmorphologische Betrachtung das – zeitlich am nächsten zur Aufgabe der belastenden Tätigkeit gefertigte - CT vom 20. November 1996, welches allerdings nicht die gesamte LWS abbilde, so dass keine Aussage über die oberen LWS-Segmente getroffen werden könne. Im Vordergrund stehe hier ein ausgeprägter BSV auf L4/L5. Die kranial positionierte Lage auf der Etage L3/L4 sei unauffällig. Auf der Etage L5/S1 sei zwar kein Prolaps, jedoch eine bereits deutliche Höhenminderung mit Reaktionen der angrenzenden Wirbelkörperdeckplatten im Sinne einer Osteochondrose eingetreten. So hätten sich nach den Konsensempfehlungen altersüberschreitende BS-Schäden per CT identifizieren lassen. Im Jahre 1995 und 1996 gefertigte Röntgenaufnahmen ließen den Schluss auf relevante Begleitspondylosen nicht zu, auch wenn dies der Aufnahmetechnik geschuldet sein könne. Eine Röntgenaufnahme vom 19. Februar 2002 habe auf den Etagen L3/L4 und höher normale Zustände ergeben. Hieraus sei zu folgern, dass die Konstellation B1 der sog. Konsensempfehlungen mangels Begleitspondylose zu verneinen sei. Dr. W hat mithin die Konstellation B2 gemäß den sog. Konsensempfehlungen in Betracht gezogen, weil eine Höhenminderung bzw. ein BSV an mehreren Bandscheiben – hier bisegmental auf L5/S1 und L4/L5 – gegeben sei, wofür die CT von 1996 die einzige verlässliche bildgebende Dokumentation sei, obwohl auch diese erst sieben Jahre nach dem Ende der beruflichen Rückenbelastung gefertigt worden sei. Da sich hieraus nur eine sehr begrenzte Beurteilbarkeit des medizinischen Sachverhalts ergebe, könne nach den Vorgaben der sog. Konsensempfehlungen allenfalls eine wissenschaftliche Empfehlung zur Anerkennung der BK 2108 gegeben werden. Ein Unterlassungszwang sei nicht zu erkennen, weil der Berufswechsel nach Übersiedlung nach Deutschland erfolgt sei. Die berufsbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage nur 10 vom Hundert (v.H.).
Das SG hat auf Antrag des Klägers das schriftliche Sachverständigengutachten des Orthopäden Dr. Dr. Z vom 13. Januar 2012 eingeholt, welcher u.a. unter Verweis auf einen die gesamte Wirbelsäule betreffenden, sich aus aktuellen Röntgenuntersuchungen ergebenden Verschleiß eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS i.S.d. BK 2108 ausgeschlossen hat. Dr. Dr. Z ist in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 23. April 2012 bei seiner Einschätzung geblieben. Hierauf hat das SG eine ergänzende Stellungnahme von Dr. W vom 20. September 2012 eingeholt.
Nachdem der Kläger einen Befundbericht des Orthopäden M vom 30. Oktober 2012 mit den Diagnosen chronischer Schmerz, BWS-Syndrom, LWS-Syndrom und Lumbales Wurzelkompressionssyndrom vorgelegt hatte, hat Dr. W in einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 15. April 2013 noch einmal betont, dass die Zusammenhangsfrage im Wesentlichen anhand der zeitnahen Krankheitsentwicklung und Diagnostiken zu beantworten sei.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 22. Oktober 2013 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klage sei bereits unzulässig, soweit der Kläger die Gewährung einer Verletztenrente begehre. Insofern habe die Beklagte mit den verfahrensgegenständlichen Bescheiden noch keine rechtsbehelfsfähige Regelung getroffen. Soweit der Kläger um die Anerkennung der BK 2108 streite, sei die Klage unbegründet. Zwar habe der Kläger die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt. Die medizinischen Voraussetzungen der BK 2108 lägen ebenfalls vor, ohne dass die beim Kläger bestehende LWS-Erkrankung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit im Wesentlichen auf berufliche Einwirkungen zurückzuführen sei. Es ergäben sich zwar aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten von Dr. W Hinweise für eine Kausalitätsbeziehung, wobei der Sachverständige jedoch selbst von einer nur sehr limitierten Beurteilung der Zusammenhangsfrage ausgehe. Jedenfalls scheitere die Anerkennung der BK 2108 daran, dass in zeitlicher Hinsicht der Überleitungstatbestand des § 6 Abs. 4 BKV nicht erfüllt sei. Denn danach sei maßgeblich, dass der Versicherungsfall, d.h. nach § 551 Abs. 3 S. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) das Auftreten der Krankheit, nach dem 31. März 1988 eingetreten sei, wohingegen der Kläger nach seinem eigenen Vorbringen bereits in der Zeit davor wegen Beschwerden der LWS behandlungsbedürftig gewesen sei.
Der Kläger hat gegen das ihm am 05. November 2013 zugestellte Urteil am 04. Dezember 2013 Berufung eingelegt. Zunächst einmal sei die Klage auch zulässig, soweit er um die Zahlung einer Verletztenrente streite. Die Beklagte habe, was sich aus dem Schriftwechsel ergebe, auch die Zahlung einer Verletztenrente geprüft; er selbst habe während des Verwaltungsverfahrens insbesondere auch die Zahlung einer Verletztenrente geltend gemacht. Unzutreffenderweise nehme das SG im angefochtenen Urteil die Stichtagsregelung nach § 6 Abs. 4 BKV an, obwohl der von der BK 2108 geforderte Unterlassungszwang vor dem 31. März 1988 beim Kläger nicht erfüllt gewesen sei. Soweit das SG die medizinischen Voraussetzungen der BK 2108 bejahe, sei die LWS-Erkrankung auch berufsbedingt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Oktober 2013 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. August 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2009 aufzuheben, festzustellen, dass bei ihm die Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung vorliegt, und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen der Berufskrankheit eine Verletztenrente zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
Das gegen den Berichterstatter gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers vom 07. Juli 2015 ist mit Beschluss des Senats vom 14. Juli 2015 als unzulässig verworfen worden.
Der Senat hat das schriftliche Sachverständigengutachten des Radiologen Prof. Dr. M vom 01. September 2015 eingeholt, welches dieser nach Vorlage bildgebender Befunde nach Aktenlage erstellt hat. Darin ist Prof. Dr. M zur Einschätzung gelangt, dass die vorgelegten Befunde von 1997 bis 2013 beim Kläger eine altersvorauseilende drittgradige Chondrose in den Segmenten L4/L5 und L5/S1 mit deutlicher Höhenminderung der Bandscheiben und begleitenden Protrusionen zeigten. Bis 2003 sei im vorgelegten Bildmaterial keine Begleitspondylose i.S.d. Konsensempfehlungen nachweisbar; dies sei erst in den Röntgenaufnahmen der LWS von 2011 und 2013 in den Segmenten L1/L2 und L3/L4 der Fall. Konkurrierende Ursachenfaktoren fänden sich in der vorgelegten Bildgebung nicht. Mithin bestehe beim Kläger eine sog. B-Konstellation, und zwar seit 2011 eine sog. Konstellation B1. Bis 2003 sei nur eine Konstellation B2 oder B3 zu diskutieren. Die Konstellation B2 sei nur bei Vorliegen von mindesten einem der aus den Konsensempfehlungen hervorgehenden Zusatzkriterien zu bestätigen. Eine Höhenminderung oder ein Prolaps an mehreren Bandscheiben habe bildmorphologisch beim Kläger nicht vorgelegen. Ob eine besonders intensive Belastung bzw. ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen vorlägen, sei im Rahmen der klinischen Begutachtung zu klären.
Daraufhin hat der Senat die ergänzende Stellungnahme von Dr. W vom 16. September 2015 eingeholt. Dieser hat ausgeführt, durch das Fehlen einer ausführlichen Bilddiagnostik i.V.m. Beschwerdeverläufen und mit großem Abstand bis zur eigentlichen beruflichen Exposition (1989 beendet) sei eine gesicherte Wertung nur eingeschränkt bis nicht möglich. Folglich sei seine bisherige Zuordnung zur Konsensempfehlung unter Vorbehalt geschehen. Im Ergebnis der von Prof. Dr. M vorgenommenen Analyse bewende es dabei, dass bis 2003 das vorgelegte Bildmaterial keine Begleitspondylosen i.S.d. Konsensempfehlungen zeige. Anhaltspunkte für die arbeitstechnischen Zusatzkriterien i.S.d. Konstellation B2 bestünden nach wie vor nicht, zumal angesichts des Umstands, dass der Kläger den hälftigen Wert der Gesamtbelastungsdosis des MDD nur geringfügig überschreite, nicht auf einen überragenden beruflichen Einfluss zu schließen sei. Bildmorphologisch lasse sich ohne weitere Black-Disc-Phänomene (1996 seien solche nicht erkennbar gewesen) keine positive Konstellation B2 darstellen. Vielmehr sei von einer B3-Kostellation auszugehen, zu welcher kein Konsens gefunden worden sei.
Nachdem sich der Kläger zwischenzeitlich kritisch mit dem Stellungnahmen von Dr. W und Prof. Dr. M auseinandergesetzt hatte, hat der Senat unter Vorlage des CT-Befunds der LWS vom 21. November 1996 eine ergänzende Stellungnahme von Prof. Dr. M vom 12. November 2015 eingeholt, wonach bereits am 21. November 1996 von einer altersuntypischen bandscheibenbedingten Erkrankung in den Segmenten L4/L5 (Chondrose und Prolaps) und L5/S1 (Chondrose) auszugehen sei.
Im Anschluss hat der Senat vom Präventionszentrum der Beklagten eine weitere Stellungnahme zur Arbeitsplatzexposition vom 10. November 2015 eingeholt, wonach die vom 09. Juli 1979 bis zum 05. Januar 1989 erzielte Gesamtbelastungsdosis 6,1 x 106 Nh betrug. Zu Belastungsspitzen i.S.d. B2-Konstellation sei es nur im Reifenrunderneuerungswerk in der Zeit vom 29. Mai 1984 bis zum 31. Dezember 1986 gekommen, als die Tagesdosen bei mehr als 3 kNh gelegen hätten.
Das gegen den Sachverständigen Prof. Dr. M gerichtete Ablehnungsgesuch des Klägers hat der Berichterstatter mit Beschluss vom 21. Dezember 2015 zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Gegenvorstellung ist mit Beschluss vom 07. Januar 2016 zurückgewiesen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten zum hiesigen und zum Verfahren S 67 S 546/15 verwiesen und inhaltlich Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Dies gilt zunächst, soweit das SG die Klage als unzulässig abgewiesen hat. Die auf die Gewährung einer Verletztenrente gerichtete Klage ist in der Tat unzulässig. Zulässiger Gegenstand der Klage ist von Anfang an lediglich die Feststellung des Vorliegens der BK 2108. Nur hierüber traf die Beklagte mit dem verfahrensgegenständlichen Bescheid und im Widerspruchsbescheid eine anfechtbare – verwaltungsaktmäßige – Regelung i.S.v. § 31 S. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Dementsprechend ist die auf die Gewährung von Verletztenrente gerichtete Klage unzulässig, weil nicht in einem Verwaltungsverfahren darüber vor Klageerhebung befunden worden ist (vgl. etwa BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R -, zitiert nach juris Rn. 10 f.). Am Ende des Bescheids ist zudem lediglich pauschal – und damit als rechtlich unbeachtliche Leerformel – von einem Nichtbestehen von Ansprüchen auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung die Rede. Soweit der Kläger vorbringt, er habe im Verwaltungsverfahren deutlich zum Ausdruck gebracht, es gehe ihm vor allem auch um die Gewährung von Entschädigungsleistungen, spiegelt sich dies gerade nicht im verfahrensgegenständlichen Bescheid in rechtlich bedeutsamer Weise. Das SG hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger die Anerkennung einer BK 2108 begehrt. Die angefochtenen Bescheide sind insofern rechtmäßig und beschweren ihn nicht.
Es kann dahinstehen, ob sich das Vorliegen der BK 2108 gemäß § 212 des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII) nach § 551 Abs. 1 der bis zum 31. Dezember 1996 gegoltenen RVO oder nach §§ 7 Abs. 1, 9 SGB VII bemisst. Nach § 212 SGB VII gelten die Vorschriften des SGB VII für Versicherungsfälle, die nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01. Januar 1997 eintreten, soweit sich aus den folgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt. Nach § 551 Abs. 1 RVO gelten als Arbeitsunfall auch BKen, also die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet (§ 551 RVO in der Fassung vom 01. Januar 1964). Nach § 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind BKen solche Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden. Die BK 2108 wurde bereits durch die Zweite Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) eingeführt.
Es kann ferner dahinstehen, ob das Bestehen einer BK auch für die Zeiträume der Berufstätigkeit des Klägers in Polen nach deutschem Recht zu beurteilen bzw. der Kläger einen Feststellungs- bzw. Anerkennungsanspruch nach dem SGB VII hat (vgl. hierzu Art. 7 Abs. 1 und 2 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 09. Oktober 1975 (deutsch-polnisches Sozialversicherungsabkommen 1975, BGBl. 1976 II S. 396) i.V.m. dem Zustimmungsgesetz vom 12. März 1976 (BGBl. 1976 II S. 393, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juni 2002 (BGBl. 2002 I S. 2167) bzw. § 7 des Fremdrentengesetzes (FRG)), weil selbst dann die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2108, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht vorliegen.
Die Anerkennung der BK 2108 im Fall des Klägers scheitert indessen wohl nicht bereits an der Stichtagsregelung gemäß § 6 Abs. 4 BKV, wonach, wenn ein Versicherter am 01. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten hat, die erst aufgrund der zweiten Änderungsverordnung der BKV vom 18. Dezember 1992 als BK anerkannt werden kann, die Krankheit auf Antrag als BK anzuerkennen ist, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. März 1988 eingetreten ist. Soweit es hier nur um die Anerkennung der BK 2108 geht, setzt diese als Versicherungsfall i.S.v. § 551 Abs. 1 S. 1 und 2 RVO bzw. §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1 S. 1 SGB VII den Tatbestand der BK 2108 voraus, der u.a. auch einen Unterlassungszwang vorsieht. Unstreitig hatte der Kläger jedenfalls bis zum 31. März 1988 die rückenbelastende Tätigkeit noch nicht aufgegeben, sondern arbeitete bis Ende 1988 rückenbelastend weiter, wie sich aus seinen eigenen Angaben und zuletzt aus der Stellungnahme des Präventionszentrums der Beklagten vom 10. November 2015 ergibt, wonach er vom 01. Januar 1987 bis zum 05. Januar 1989 im Reifenrunderneuerungswerk einer Teildosis von 1 MNh ausgesetzt war. Abgesehen davon war bis zum 31. März 1988, was sich ebenfalls aus den folgenden Ausführungen ergeben wird, dass Vollbild einer – beruflich verursachten - bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung noch nicht gesichert.
Es liegt nach wie vor kein Versicherungsfall i.S.d. BK 2108 vor. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann BKen auf bestimmte Gefährdungsbereiche beschränken oder mit dem Zwang zur Unterlassung aller gefährdenden Tätigkeiten versehen (vgl. § 551 Abs. 1 S. 3 RVO bzw. § 9 Abs. 1 S. 2 SGB VII). Gemäß diesen Vorgaben lassen sich bei einer Listen-BK im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale ableiten, die gegebenenfalls bei einzelnen Listen-BKen einer Modifikation bedürfen: Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen. Für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 27. Juni 2006 – B 2 U 20/04 R -, zitiert nach juris Rn. 15). Ein Zusammenhang ist hinreichend wahrscheinlich, wenn nach herrschender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht und ernste Zweifel an einer anderen Ursache ausscheiden (BSG, Urteil vom 09. Mai 2006 – B 2 U 1/05 R -, zitiert nach juris Rn. 17 f.). Von der BK 2108 werden "bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben ursächlich waren oder sein können", erfasst. Nach dem Tatbestand der BK 2108 muss also der Versicherte aufgrund einer versicherten Tätigkeit langjährig schwer gehoben und getragen beziehungsweise in extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet haben. Durch die spezifischen, der versicherten Tätigkeit zuzurechnenden besonderen Einwirkungen muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS entstanden sein und noch bestehen. Zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen muss ein sachlicher Zusammenhang und zwischen diesen Einwirkungen und der Erkrankung bestehen. Der Versicherte muss darüber hinaus gezwungen gewesen sein, alle gefährdenden Tätigkeiten aufzugeben. Als Folge dieses Zwangs muss die Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit tatsächlich erfolgt sein. Fehlt eine dieser Voraussetzungen, liegt eine BK 2108 nicht vor (vgl. BSG Urteile vom 18. November 2008 - B 2 U 14/07 R –, zitiert nach juris Rn. 23 ff.) und ist nicht anzuerkennen.
Es kann dahinstehen, ob vorliegend die arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, ob also der Kläger in einem ausreichenden Ausmaß während seiner versicherten Tätigkeit die LWS belastenden Tätigkeiten ausgesetzt war, wie sie die BK 2108 voraussetzt und welche bei Trage- und Hebebelastungen – unter Modifizierung der nach der nach dem MDD zu fordernden Gesamtdosis von 25 x 106 Nh – bereits ab einer Gesamtbelastungsdosis von 12,5 x 106 Nh anzunehmen sind (vgl. BSG, Urteil vom 30. Oktober 2007 – B 2 U 4/06 R –, zitiert nach juris Rn. 25 unter Bezugnahme auf die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS)). Für die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzung spricht zwar die vom SG im ausgangsgerichtlichen Verfahren beigezogene, indes allein auf den Angaben des Klägers beruhende Berechnung des TAD der Beklagten vom 18. November 2009, welche eine Gesamtdosis von 13,3 x 106 Nh ergab, dagegen jedoch die zuletzt vom Senat angeforderte Stellungnahme des Präventionszentrums der Beklagten vom 10. November 2015, wonach die Gesamtdosis nur bei 6,1 x 106 Nh lag.
Der Feststellungsanspruch scheitert jedenfalls an den medizinischen Voraussetzungen. Der Kläger ist hierbei zunächst in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass in der medizinischen Wissenschaft anerkannt ist, dass BS-Schäden und BSVe insbesondere der unteren LWS in allen Altersgruppen, sozialen Schichten und Berufsgruppen vorkommen. Da diese BS-Erkrankungen ebenso in Berufsgruppen vorkommen, die während ihres Arbeitslebens keiner schweren körperlichen Belastung ausgesetzt waren, wie in solchen, welche auch schwere körperliche Arbeiten leisteten, kann allein die Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne des so genannten MDD, modifiziert durch neuere medizinische Erkenntnisse etwa durch die Deutsche Wirbelsäulenstudie (DWS) bzw. die darauf anhebende höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. nochmals BSG a.a.O.) die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines wesentlichen Kausalzusammenhanges nicht begründen (vgl. Merkblatt zur BK 2108, Bekanntmachung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, BArbBl. 10/2006, S. 30 ff., abgedruckt bei Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, Stand 2/10, M 2108 vor Rn. 1). Im Hinblick auf die Schwierigkeiten der Beurteilung des Ursachenzusammenhanges bei der BK 2108 war die medizinische Wissenschaft gezwungen, weitere Kriterien zu erarbeiten, die zumindest in ihrer Gesamtschau für oder gegen eine berufliche Verursachung sprechen. Diese sind in den medizinischen Beurteilungskriterien zu bandscheibenbedingten BKen der LWS niedergelegt, welche als Konsensempfehlungen zur Zusammenhangsbegutachtung auf Anregung der vom Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften eingerichteten interdisziplinären Arbeitsgruppe anzusehen sind (vgl. Trauma und Berufskrankheit Heft 3/2005, Springer Medizin Verlag, S. 211 ff.). Da insbesondere der Sachverständige Dr. W-R keinen neueren, von den Konsensempfehlungen abweichenden Stand der wissenschaftlichen Diskussion zu den bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS aufgezeigt hat, ist davon auszugehen, dass diese nach wie vor den aktuellen Stand der nationalen und internationalen Diskussion zur Verursachung von LWS-Erkrankungen durch körperliche berufliche Belastungen darstellen (so zuletzt auch BSG, Urteil vom 23. April 2015 – B 2 U 20/14 R -, zitiert nach juris Rn. 33). Zur Gewährleistung einer im Geltungsbereich der gesetzlichen Unfallversicherung gleichen und gerechten Behandlung aller Versicherten begegnet es daher keinen Bedenken, wenn die befassten Gutachter und die Sozialgerichtsbarkeit diese Konsensempfehlungen anwenden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sind die medizinischen Voraussetzungen für das Vorliegen der BK 2108 im Fall des Klägers nicht gegeben. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus dem Ergebnis der arbeitstechnischen und medizinischen Ermittlungen des gesamten Gerichtsverfahrens. Zwar können die beim Kläger festgestellten Veränderungen der Wirbelsäule eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 darstellen. Unabdingbare, aber allein nicht hinreichende Voraussetzung für den Nachweis einer bandscheibenbedingten Erkrankung ist nach den Konsensempfehlungen unter Punkt 1.3 der bildgebende Nachweis eines Bandscheibenschadens, das heißt einer Höhenminderung der Bandscheibe (Chondrose) beziehungsweise eines BSVs, wobei der bildgebend darstellbare Bandscheibenschaden seiner Ausprägung nach altersuntypisch (Punkt 1.2 sowie 1.4 der Konsensempfehlungen) sein muss. Hinzutreten muss eine damit korrelierende klinische Symptomatik. Erforderlich ist ein Krankheitsbild, welches über einen längeren Zeitraum andauert, also chronisch oder zumindest chronisch wiederkehrend ist, und welches zu Funktionseinschränkungen führt, welche eine Fortsetzung der genannten Tätigkeit unmöglich machen. Erforderlich sind daher ein bestimmtes radiologisches Bild sowie ein damit korrelierendes klinisches Bild (vgl. das aktuelle Merkblatt zur BK 2108 sowie die Konsensempfehlungen Punkt 1.3). Als mögliche sekundäre Folge des Bandscheibenschadens können bildgebend darstellbare Veränderungen wie die Spondylose, die Sklerose der Wirbelkörperabschlussplatten, die Retrospondylose, die Spondylarthrose, die degenerative Spondylolisthesis und eine knöcherne Enge des Spinalkanals auftreten. Teilweise können derartige Veränderungen auch unabhängig von einem Bandscheibenschaden auftreten, wie zum Beispiel bei der primären Spondylarthrose, der Spondylarthrose aufgrund eines Hohlkreuzes oder dem anlagebedingt engen Spinalkanal (vgl. die Konsensempfehlungen Punkt 1.3). Heranzuziehen sind die der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zeitlich nächstliegenden Röntgenbilder (vgl. auch Punkt 1.2 der Konsensempfehlungen).
Dies zugrunde gelegt lassen sich hier zwar in der Tat nach den Feststellungen der Sachverständigen Dr. W-R und Prof. Dr. M in ihren schriftlichen Sachverständigengutachten zumindest anhand der CT-Aufnahmen von 1996 und der MRT-Bilder von 1997, als die berufliche Exposition bereits seit mindestens sieben Jahren beendet war, in den Segmenten L4/L5 und L5/S1 Chondrosen, im Segment L4/L5 zudem ein BSV im Sinne einer altersvorauseilenden Bandscheibendegeneration feststellen. Hiernach kann man beim Kläger in der Tat ab diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass eine so genannte primäre Bandscheibenschädigung und – laut Dr. W - auch ein damit korrelierendes Erkrankungsbild in Form eines lokalen Wirbelsäulensyndroms vorliegen, also eine bandscheibenbedingte Erkrankung als gesichert zu betrachten ist.
Dabei ist eine berufliche Verursachung jedoch nicht wahrscheinlich. Der Senat hat bereits durchgreifende Zweifel, ob die bildgebenden Befunde aus den Jahren 1996 und 1997, welche erstmals eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS bestätigen - frühere haben sich nicht ermitteln lassen –, ausreichen, zeitnah zur letzten LWS-belastenden Tätigkeit eine bandscheibenbedingte Erkrankung zu sichern. Nach Punkt 1.4 der Konsensempfehlungen nimmt die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhangs mit der Länge des Zeitraums zwischen Ende der Exposition und erstmalgier Diagnose der Erkrankung ab. Hinzukommt, dass jede nicht unerhebliche Unterschreitung des Beurteilungsrichtwerts von 25 x 106 Nh – hier erreicht der Kläger nach den zwischenzeitlichen arbeitstechnischen Ermittlungen des TAD der Beklagten allenfalls eine Gesamtbelastungsdosis von 13,3 x 106 Nh - für die Gesamtbelastungsdosis im Rahmen der Gesamtabwägung aller relevanten Beurteilungskriterien zumindest zu erhöhten Anforderungen an die Begründbarkeit eines Ursachenzusammenhangs anhand der übrigen Kriterien führt (vgl. Mehrtens/ Brandenburg, BKV – Kommentar, Stand Februar 2015, M 2108 Anm. 6.2.1). Eben hiervon ausgehend steht Dr. Win seiner Stellungnahme vom 16. September 2015 einer kausalen Beziehung zwischen beruflichen Einflüssen und der Erkrankung des Klägers nach wie vor skeptisch gegenüber. Die spätere Tätigkeit bei der BSHG war offensichtlich nicht wirbelsäulenbelastend, vgl. hierzu Stellungnahmen der Präventionsabteilung der BGFE vom 24. Oktober 2007 und 05. Oktober 2009, weil sie nicht mit schwerem Heben und Tragen verbunden war. Wie spätere bildgebende Befunde ergeben, schritt die LWS-Erkrankung des Klägers im Übrigen auch nach Ende der rückenlebastenden Tätigkeiten voran, vgl. hierzu Prof. Dr. M in seinem schriftlichen Sachverständigengutachten vom 01. September 2015 unter Verweis etwa auf ein CT vom 14. Mai 1999 mit einer geringen, links dorsolateralen BS-Protrusion im Segment LWK 3/4 (Dicke max. 4 mm) ohne relevante Einengung des Spinalkanals gegenüber seinen Feststellungen in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12. November 2015 unter Hinweis auf die CT vom 19. November 1996 mit einer allenfalls minimalen, links dorsolateralen Protrusion ohne relevante Einengung des Spinalkanals (Dicke max. 2,5 mm). Dies ist ein weiterer Beleg für die nur eingeschränkte Aussagekraft der erst 1996 gefertigten CT, weil so eben nicht auszuschließen ist, dass sich in diesem Zeitpunkt gerade nicht der Zustand der WS abbildete, der bereits bei Aufgabe der LWS-belastenden Tätigkeit vorgelegen hatte. Der Senat weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass sich der berufliche Zusammenhang indes nicht bereits dadurch entkräften lässt, dass das Ausbreitungsmuster der bandscheibenbedingten Schäden – so aber kaum überzeugend Dr. Dr. Z im Ergebnis seiner im ausgangsgerichtlichen Verfahren durchgeführten Begutachtung – gegen eine berufliche Verursachung spreche. Insofern lässt sich insbesondere nicht auf den Befall der BWS verweisen (vgl. Konsensempfehlungen Punkt 1.4), weil dieser – auch hierauf weist Dr. Wzutreffend hin – erst später bildgebend gesichert wurde.
Soweit der Kläger auf ein sehr frühes Auftreten seiner Beschwerden etwa im Zuge des von ihm als Arbeitsunfall angeschuldigten Ereignisses im Februar 1980 hinweist, als er noch nicht einmal 25 Jahre alt war, spräche auch dies gerade gegen eine berufliche Verursachung der chronischen LWS-Erkrankung, weil noch keine für die BK 2108 ausreichende, "langjährige" Belastung in einer versicherten Tätigkeit vorgelegen hätte. Dies gilt insbesondere bei Annahme einer Spondylolisthesis beim Kläger im 25. Lebensjahr, soweit die wenigen vorhandenen polnischen Versicherungsunterlagen (Ärztekommission 1981 etc.) auf eine solche schließen ließen. Eine Spondylolisthesis zu einem derart frühen Zeitpunkt hätte nur anlagebedingt sein können, und zwar abgesehen davon, dass Prof. Dr. M in den Röntgenbildern ab 1995 gar keinen Anhalt für eine Spondylolisthesis gefunden hat.
Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob und ggf. welche B-Konstellation gemäß den Konsensempfehlungen vorliegen würde, für welche ein Konsens bzgl. der Verursachungswahrscheinlichkeit gefunden werden konnte. Diese Konstellationen kommen nämlich erst zum Zuge, wenn u.a. auch – anders als hier - eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung besteht. Es kommt mithin gerade nicht darauf an, ob etwa für die Konstellation B2 ein bi- oder trisegmentaler BS-Befall mit Chondrosen bzw. BSVen vorliegen muss. Des Gleichen kommt es i.S.d. B2-Konstellation nicht darauf an, ob die Gesamtbelastungsdosis in kurzer Zeit oder überwiegend durch besonders hohe Belastungsspitzen erreicht wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Revisionsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
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