Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 68 U 258/16 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 116/16 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2016 wird zurückgewiesen. Die Antragstellerin trägt auch die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens Der Streitwert wird fürs Beschwerdeverfahren auf 28.456,80 EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, ein Bauunternehmen und als solches Mitglied der Antragsgegnerin, begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Beitragsänderungsbescheide und Bescheide über Säumniszuschläge der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin setzte mit Bescheiden vom 25. April 2008, 24. April 2009, 23. April 2010 und 21. April 2011 die von der Antragstellerin zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung fest. Sie legte hierbei für das Errichten von Bauwerken des Hoch- und Tiefbaus von der Antragstellerin gemeldete Arbeitsentgelte von 39.051 EUR (2007), 42.066 EUR (2008), 61.693 EUR (2009) bzw. 56.805 EUR (2010) zugrunde und errechnete hieraus Beiträge von 2.742,25 EUR (2007), 3.786,96 EUR (2008), 4.428,38 EUR (2009) und 4.245,52 EUR (2010).
Das Hauptzollamt Berlin (HZA) setzte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Juli 2011 davon in Kenntnis, dass eine Baustellenkontrolle am 08. Juni 2010 und eine Geschäftsunterlagenprüfung vom 08. September 2010 sowie Hausdurchsuchungen im anschließenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ergeben hätten, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin der Antragsgegnerin gegenüber geringere Lohnsummen angegeben hätte, als tatsächlich erzielt worden seien. Hierzu wurde ausgeführt, Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin sei die Durchführung von Betonstahlarmierungen. Für die Ermittlung der mindestens benötigten Arbeitszeit seien zugunsten des Geschäftsführers der Antragstellerin nur die Verlegung von Betonstahl und Betonstahlmatten sowie die Leistung von Regiestunden berücksichtigt worden. Unberücksichtigt geblieben seien in gefundenen Ausgangsrechnungen ausgewiesene Positionen wie "Mattenschneiden", "Abriss herunterbiegen", "Rückbiegen von Bewehrungsanschlüssen", Einbau von Abstandhaltern, "Filigranzuschlag". Die von den Arbeitnehmern der Antragstellerin verlegten Mengen Betonstahl für die Jahre 2007 bis Januar 2011 in Höhe von insgesamt 5.732,373 t seien durch das anhand der Ausgangsrechnungen verlegte Material (5.796,199 t) abzüglich der Verlegeleistung von Subunternehmern (63,826 t) errechnet worden. Zur Ermittlung der hierfür benötigten Arbeitszeit sei auf das Fachbuch "Plümecke, Preisermittlung für Bauarbeiten", 26. Aufl. 2008 zurückgegriffen worden. Darin werde zwischen der Verlegung von Bewehrungen in senkrechten bzw. waagerechten flächigen oder stabförmigen Bauteilen und zwischen der Verlegung von Bewehrungen in Fundamentplatten unterschieden. Beide gingen von einer Verlegung von geschnittenem und gebogen angeliefertem Betonstahl aus, wobei die hierfür angesetzte benötigte Arbeitszeit für Betonstahl desselben Durchmessers um ca. 50 % variiere, weshalb zugunsten des Geschäftsführers von der einfacheren Verlegeart, der Verlegung in Fundamentplatten, ausgegangen werde. Je nach Durchmesser des Betonstahls (zwischen 8 und 28 mm) betrage die dafür benötigte Verlegezeit zwischen 6,5 und 25,5 Stunden pro Tonne Betonstahl. Zugunsten des Geschäftsführers werde von zehn Stunden je Tonne Betonstahl ausgegangen. Dieser Wert liege deutlich unter dem Durchschnitt von 13,93 Stunden pro Tonne. Bei der Verlegung von weiteren 1.410,275 t Betonstahlmatten würden 11 Stunden pro Tonne angesetzt. Hinzukämen 8.989,5 Regiestunden. Abgezogen würden die gemeldeten Arbeitsstunden. Die Antragsgegnerin errechnete hieraus zusätzliche Lohnsummen für 2007 von 227.555 EUR, für 2008 von 187.984 EUR, für 2009 von 172.883 und für 2010 von 242.498 EUR. Dies teilte sie dem HZA mit Schreiben vom 29. August 2011 mit und bezifferte die offenen Beiträge für 2007 auf 15.666,03 EUR, für 2008 auf 16.031,25 EUR, für 2009 auf 12.077,76 EUR und für 2010 auf 17.531,68 EUR. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) ermittelte bei einer Betriebsprüfung zu wenig gemeldete Entgelte für 2009 i.H.v. 212.521,00 EUR und für 2010 i.H.v. 237.685,00 EUR.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin zur beabsichtigten Nachberechnung der Beiträge für 2007 bis 2010 mit Schreiben vom 28. November 2012 an und setzte mit Bescheiden vom 20. Dezember 2012, 27. November 2013 und 19. November 2014 unter Zugrundelegung von Gesamtlohnsummen für 2007 von 266.606,00 EUR, für 2008 von 230.050,00 EUR, für 2009 von 217.175,00 EUR und für 2010 von 294.490,00 EUR unter Verrechnung der zu den von der Antragstellerin angegebenen Lohnsummen entrichteten Beiträge nachzuzahlende Beiträge in Höhe von 15.480,14 EUR (2007), 11.632,31 EUR (2008), 10.903,56 EUR (2009) und 17.283,58 EUR (2010) fest.
Nach Einstellung des Verfahrens zu den Anklagepunkten betreffend das Jahr 2007 gemäß § 154 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) verurteilte das Amtsgericht Tiergarten den Geschäftsführer der Antragstellerin, der vom Bevollmächtigten der Antragstellerin verteidigt wurde, mit Urteil vom 18. November 2014 wegen Betruges in 37 Fällen und wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 40 Fällen – darunter in drei Fällen für die Jahre 2008 bis 2010 mit der Antragsgegnerin als Geschädigter – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus. Die Verurteilung beruhte u.a. auf den Ermittlungen der HZA und der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin. Das Amtsgericht ging in seiner Verurteilung u.a. aufgrund der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin von nicht mitgeteilten Lohnsummen für 2008 i.H.v. 187.984,00 EUR, für 2009 i.H.v. 172.883,00 EUR und für 2010 von 242.498,00 EUR aus.
Mit drei Bescheiden vom 24. April 2015 setzte die Antragsgegnerin für die Zeit ab Februar 2013 Säumniszuschläge von 1.597,00 EUR (2013), 3.418,00 EUR (2014) und 1.614,00 EUR (Januar bis März 2015) fest, nur gegen letzteren Bescheid erhob die Antragstellerin Widerspruch. Die gegen diesen und die Beitragsänderungsbescheide gerichteten Aussetzungsanträge lehnte die Antragsgegnerin im Ergebnis ab und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2016 als unbegründet zurück.
Die Antragstellerin hat, nachdem das Sozialgericht Berlin (SG) zwischenzeitlich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die o.g. Bescheide gerichteten Widersprüche im Verfahren S 98 U 99/15 ER abgelehnt und die Antragstellerin die hiergegen gerichtete Beschwerde im Verfahren L 3 U 64/15 B ER zurückgenommen hatte, am 24. Juni 2016 Klage zum SG im Verfahren S 68 U 259/16 erhoben. Zugleich hat sie beim SG im vorliegenden Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt. Dies hat das SG mit Beschluss vom 15. Juli 2016 abgelehnt. Die angefochtenen Bescheide seien nicht offensichtlich rechtswidrig. Die auf den Ermittlungen des HZA beruhende Lohnsummenermittlung bzw. nachberechnung der Antragsgegnerin lasse keine offenkundigen Fehler erkennen. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass bei der Ermittlung der Lohnsummen bzw. der tatsächlich verrichteten Arbeitszeit auf das o.g. Fachbuch von Plümecke zurückgegriffen worden sei.
Die Antragstellerin macht in ihrer am 25. Juli 2016 eingelegten Beschwerde im Wesentlichen geltend, dass aus dem o.g. Fachbuch von Plümecke die tatsächlich erbrachte Arbeitsstundenzahl nicht abgeleitet werden könne und das SG, indem es gerade dies getan habe, gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoße, nachdem die Antragstellerin schon im ausgangsgerichtlichen Verfahren Einwände gegen diese Vorgehensweise erhoben und darauf hingewiesen habe, dass das Fachbuch von Plümecke von deutlich zu hohen, praxisfernen Verlegezeiten ausgehe. Dies werde u.a. auch ein Sachverständigengutachten von Prof. H von der TU G ergeben, in welchem dargelegt werde, dass für die Verlegung einer Tonne Stahl nicht zehn, sondern nur anderthalb Stunden anzusetzen seien. Zu rügen sei bei alldem auch, dass nicht die tatsächlichen Tonnagemengen für die Schätzung herangezogen würden.
Die Antragstellerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren S 68 U 259/167 des Sozialgerichts Berlin gegen die Beitragsänderungsbescheide der Antragsgegnerin vom 20. Dezember 2012, 27. November 2013 und 19. November 2014 sowie den Säumniszuschlagsbescheid für 2015 vom 24. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2016 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtakten zum vorliegenden Verfahren, zu den Verfahren vor dem SG S 69 U 259/16 und S 98 U 99/15 ER (L 3 U 64/15 B ER), auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Berlin 3 St Js 469/10 (StA-Akte) verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 SGG) der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG im angefochtenen Beschluss vom 15. Juli 2016 den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die o.g. Beitragsänderungsbescheide für die Jahre 2007 bis 2010 sowie den Säumniszuschlagsbescheid für 2015 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG abgelehnt.
Der Antrag ist zulässig. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch – wie hier - bei Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Der Antrag ist unbegründet. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehbarkeit erst einmal angeordnet und damit den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses klargestellt. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht in diesen Fällen entsprechend der Konzeption des Gesetzgebers nach den Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG vorzugehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG – Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12b), wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Vorliegend bestehen zunächst keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsänderungsbescheide. Sie finden ihre rechtliche Grundlage in § 168 SGB VII (vgl. hierzu ausführlich: BSG Urteile vom 27. Mai 2008 – B 2 U 11/07 R und B 2 U 21/07 R -, in juris). Nach § 167 Abs. 1 SGB VII ergibt sich der Beitrag aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß. Nach § 165 Abs. 1 SGB VII haben die Unternehmer zur Berechnung der Umlage innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf eines Kalenderjahres die Arbeitsentgelte der Versicherten und die geleisteten Arbeitsstunden in der vom Unfallversicherungsträger geforderten Aufteilung zu melde (Lohnnachweis). Nach § 165 Abs. 3 SGB VII kann der Unfallversicherungsträger, soweit die Unternehmer die Angaben nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig machen, eine Schätzung vornehmen. Grundsätzlich kann das Ergebnis einer derartigen Schätzung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in vollem Umfang nachgeprüft und durch das Ergebnis einer eigenen Beweiswürdigung ersetzt werden, wobei die Gerichte auch weitere, erst von ihnen ermittelte Tatsachen berücksichtigen können und müssen; hierbei sind auch die nachträglich vom Unternehmer gemachten Angaben nicht unberücksichtigt zu lassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Januar 2008 – L 2 U 1083/05 –, zitiert nach juris Rn. 21).
Dies zugrunde gelegt erweisen sich die angefochtenen Beitragsänderungsbescheide nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen überschlägigen Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin legte ihrer Schätzung, welche die Antragstellerin nur in den Berechnungsgrundlagen, im Übrigen rechnerisch aber nicht angreift, die Ermittlungsergebnisse des HZA einschließlich der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin im gegen ihn geführten Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten (330) 3 St Js 469/10 Ls (7/12) zugrunde und gelangte so zu deutlich höheren als den bisher von der Antragstellerin gemeldeten Entgelten für die Jahre 2007 bis 2010, so dass eine Neufestsetzung geboten war. Die Schätzungen selbst gehen von gesicherten Tatsachen aus, nämlich von der sich aus den Geschäftsunterlagen der Antragstellerin ergebenden, in den Jahren 2007 bis 2010 verarbeiteten Gesamtmenge von 5.732,373 t Betonstabstahl und 1.410,275 t Stahlmatten. Die Schätzungen beruhen hiervon ausgehend auf den Arbeitszeitangaben zur Verarbeitung dieses Materials im o.g. Fachbuch von Plümecke. Dabei wurden vom HZA in mehrfacher Hinsicht Annahmen zugunsten der Antragstellerin zugrunde gelegt (siehe hierzu: Abschlussbericht vom 08. Mai 2012 Seite 7 ff), z.B. wurde nur die Verlegung von Betonstahl und Betonstahlmatten sowie die Leistung von Regiestunden berücksichtigt, nicht jedoch die sonstigen von der Antragstellerin gegenüber den Auftraggebern abgerechneten Tätigkeiten und die Verlegeleistung der Subunternehmer. Zugrunde gelegt wurde die einfachere Verlegeart (Verlegung in Fundamentplatten) mit dem geringsten Zeitaufwand. Auch wurde nur von zehn Stunden Arbeitszeit je Tonne Betonstahl bzw. 11,5 Stunden je Tonne Stahlmatten ausgegangen, also Werten für die Verlegung von Betonstahl mit einem größeren Durchmesser. (sh. hierzu auch Stellungnahme des HZA vom 18.12.2012 im Ermittlungsverfahren, StA-Akte Band 2, S. 224 ff). Wie begünstigend diese Annahmen für die Antragstellerin waren, zeigt sich anhand der Zeugenaussagen von ehemaligen Arbeitnehmern im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten, die eine häufige (schwierige und arbeitsintensive) Verlegung von dünnem Baustahl bestätigten (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. Mai 2013 Bl. 101 ff StA-Akte Band 3, u.a. Zeuge W C: "wir haben das dünnste an Matten verlegt, was es auf dem Markt gibt"). Von daher sind keine Anhaltspunkte für eine Schätzung ersichtlich, welche die Antragstellerin der Höhe nach rechtswidrig beschwert.
Soweit die Antragstellerin im Kern ihres Vorbringens lediglich die Zugrundelegung des Fachbuchs von Plümecke rügt, welches jedenfalls nach der Internetdarstellung bei www.baufachmedien.de eben auch Orientierungswerte zum Arbeitszeit-, Materialmengen- und Gerätebedarf sowie zu den Einzelkosten der Teilleistungen für Rohbau- und Ausbauarbeiten als Grundlage für die betriebliche Kalkulation und für Nachtragsverhandlungen enthält, verhilft dies der Beschwerde im vorliegenden, wie gesagt nur auf summarischer Prüfung gründenden Eilverfahren nicht zum Erfolg. Die Antragstellerin selbst hat es in der Hand, der Schätzung mit aussagekräftigen, in eine andere Richtung weisenden Betriebsunterlagen entgegenzutreten, aus welchen sich die wirklichen Arbeitsstunden bei der Verlegung von Baustahlbewehrungen in ihrem Betrieb ergeben oder zumindest ableiten lassen, zumal bereits jetzt u.a. unter Einbeziehung der geständigen, zur strafrechtlichen Verurteilung führenden Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten und auch der Ermittlungen der DRV im Rahmen der von ihr vorgenommenen Betriebsprüfung nun einmal außer Frage steht, dass für die Antragstellerin deutlich unvollständige und unrichtige Lohnsummen angegeben wurden. Dass im Hauptsacheverfahren ggf. durch Einholung eines Bausachverständigengutachtens Beweis über die tatsächlichen Schätzungsgrundlagen bzw. die tatsächlich gezahlten Lohnsummen Beweis zu erheben wäre, stellt die Richtigkeit der angefochtenen, auf einer überschlägigen Prüfung beruhenden Eilentscheidung des SG gerade nicht in Frage; gleichsam liegt auch nichts für einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 SGG) vor. Insbesondere sieht sich der Senat jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht gehalten, den von der Antragstellerin gegen die Verwendung des o.g. Fachbuchs erhobenen Einwendungen etwa durch Einvernahme des von ihr benannten Prof. H von der TU G nachzugehen, solange die Antragstellerin nicht selbst vollständige und widerspruchsfreie Angaben zum tatsächlichen Arbeitsstundenanfall in ihrem Betrieb macht und hierfür konkret prüffähige Unterlagen (zutreffende Stundenzettel, Lohnabrechnungen etc.) vorlegt, sondern letztlich nur auf eine andere allgemeine, d.h. gerade nicht auf ihren konkreten Betrieb bezogene fachliche Schätzung der pro Tonne Stahlbewehrungen typischerweise zu veranschlagenden Arbeitsstundenzahl verweist, ohne die Anwendung der im o.g. Fachbuch enthaltenen Berechnungsgrundlagen rechnerisch in Frage zu stellen.
Auch ist die Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht offensichtlich rechtswidrig. Nach dem zuvor Gesagten war die Antragsgegnerin gemäß § 24 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) ausgehend von der zuvor erörterten Lohnentgeltschätzung und der daraus folgenden Neufestsetzung der für 2007 bis 2010 noch offenen Beiträge dem Grunde nach berechtigt, Säumniszuschläge festzusetzen, welche die Antragstellerin der Höhe nach bzw. rechnerisch ebenfalls nicht in Frage gestellt hat.
Für eine Verjährung der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Forderungen ist nichts ersichtlich, weil es hier um vorsätzlich vorenthaltene Beiträge geht, welche der dreißigjährigen Verjährung unterliegen, vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV.
Auch liegt nichts für eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte vor. Dass die Antragstellerin durch die Inanspruchnahme durch die Antragsgegnerin auf noch ausstehende Beiträge in (noch größere) finanzielle Schwierigkeiten gerät oder die Forderungen aktuell nicht begleichen kann, reicht für die Annahme einer unbilligen Härte nicht aus, sondern entspricht der Typik von Fällen wie dem vorliegenden, in welchen über Jahre hinweg viel zu wenig Arbeitgeberbeiträge abgeführt wurden.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Der Streitwert ergibt sich dementsprechend aus der Hälfte der Beitragsnachforderung für 2007 bis 2010 (55.299,59: 2 = 27.649,80 EUR) und der Hälfte der streitigen Säumniszuschläge (1.614,00: 2 = 807,00 EUR).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Antragstellerin, ein Bauunternehmen und als solches Mitglied der Antragsgegnerin, begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Herstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Beitragsänderungsbescheide und Bescheide über Säumniszuschläge der Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin setzte mit Bescheiden vom 25. April 2008, 24. April 2009, 23. April 2010 und 21. April 2011 die von der Antragstellerin zu entrichtenden Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung fest. Sie legte hierbei für das Errichten von Bauwerken des Hoch- und Tiefbaus von der Antragstellerin gemeldete Arbeitsentgelte von 39.051 EUR (2007), 42.066 EUR (2008), 61.693 EUR (2009) bzw. 56.805 EUR (2010) zugrunde und errechnete hieraus Beiträge von 2.742,25 EUR (2007), 3.786,96 EUR (2008), 4.428,38 EUR (2009) und 4.245,52 EUR (2010).
Das Hauptzollamt Berlin (HZA) setzte die Antragstellerin mit Schreiben vom 29. Juli 2011 davon in Kenntnis, dass eine Baustellenkontrolle am 08. Juni 2010 und eine Geschäftsunterlagenprüfung vom 08. September 2010 sowie Hausdurchsuchungen im anschließenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ergeben hätten, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin der Antragsgegnerin gegenüber geringere Lohnsummen angegeben hätte, als tatsächlich erzielt worden seien. Hierzu wurde ausgeführt, Gegenstand des Unternehmens der Antragstellerin sei die Durchführung von Betonstahlarmierungen. Für die Ermittlung der mindestens benötigten Arbeitszeit seien zugunsten des Geschäftsführers der Antragstellerin nur die Verlegung von Betonstahl und Betonstahlmatten sowie die Leistung von Regiestunden berücksichtigt worden. Unberücksichtigt geblieben seien in gefundenen Ausgangsrechnungen ausgewiesene Positionen wie "Mattenschneiden", "Abriss herunterbiegen", "Rückbiegen von Bewehrungsanschlüssen", Einbau von Abstandhaltern, "Filigranzuschlag". Die von den Arbeitnehmern der Antragstellerin verlegten Mengen Betonstahl für die Jahre 2007 bis Januar 2011 in Höhe von insgesamt 5.732,373 t seien durch das anhand der Ausgangsrechnungen verlegte Material (5.796,199 t) abzüglich der Verlegeleistung von Subunternehmern (63,826 t) errechnet worden. Zur Ermittlung der hierfür benötigten Arbeitszeit sei auf das Fachbuch "Plümecke, Preisermittlung für Bauarbeiten", 26. Aufl. 2008 zurückgegriffen worden. Darin werde zwischen der Verlegung von Bewehrungen in senkrechten bzw. waagerechten flächigen oder stabförmigen Bauteilen und zwischen der Verlegung von Bewehrungen in Fundamentplatten unterschieden. Beide gingen von einer Verlegung von geschnittenem und gebogen angeliefertem Betonstahl aus, wobei die hierfür angesetzte benötigte Arbeitszeit für Betonstahl desselben Durchmessers um ca. 50 % variiere, weshalb zugunsten des Geschäftsführers von der einfacheren Verlegeart, der Verlegung in Fundamentplatten, ausgegangen werde. Je nach Durchmesser des Betonstahls (zwischen 8 und 28 mm) betrage die dafür benötigte Verlegezeit zwischen 6,5 und 25,5 Stunden pro Tonne Betonstahl. Zugunsten des Geschäftsführers werde von zehn Stunden je Tonne Betonstahl ausgegangen. Dieser Wert liege deutlich unter dem Durchschnitt von 13,93 Stunden pro Tonne. Bei der Verlegung von weiteren 1.410,275 t Betonstahlmatten würden 11 Stunden pro Tonne angesetzt. Hinzukämen 8.989,5 Regiestunden. Abgezogen würden die gemeldeten Arbeitsstunden. Die Antragsgegnerin errechnete hieraus zusätzliche Lohnsummen für 2007 von 227.555 EUR, für 2008 von 187.984 EUR, für 2009 von 172.883 und für 2010 von 242.498 EUR. Dies teilte sie dem HZA mit Schreiben vom 29. August 2011 mit und bezifferte die offenen Beiträge für 2007 auf 15.666,03 EUR, für 2008 auf 16.031,25 EUR, für 2009 auf 12.077,76 EUR und für 2010 auf 17.531,68 EUR. Die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV) ermittelte bei einer Betriebsprüfung zu wenig gemeldete Entgelte für 2009 i.H.v. 212.521,00 EUR und für 2010 i.H.v. 237.685,00 EUR.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin zur beabsichtigten Nachberechnung der Beiträge für 2007 bis 2010 mit Schreiben vom 28. November 2012 an und setzte mit Bescheiden vom 20. Dezember 2012, 27. November 2013 und 19. November 2014 unter Zugrundelegung von Gesamtlohnsummen für 2007 von 266.606,00 EUR, für 2008 von 230.050,00 EUR, für 2009 von 217.175,00 EUR und für 2010 von 294.490,00 EUR unter Verrechnung der zu den von der Antragstellerin angegebenen Lohnsummen entrichteten Beiträge nachzuzahlende Beiträge in Höhe von 15.480,14 EUR (2007), 11.632,31 EUR (2008), 10.903,56 EUR (2009) und 17.283,58 EUR (2010) fest.
Nach Einstellung des Verfahrens zu den Anklagepunkten betreffend das Jahr 2007 gemäß § 154 Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) verurteilte das Amtsgericht Tiergarten den Geschäftsführer der Antragstellerin, der vom Bevollmächtigten der Antragstellerin verteidigt wurde, mit Urteil vom 18. November 2014 wegen Betruges in 37 Fällen und wegen Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 40 Fällen – darunter in drei Fällen für die Jahre 2008 bis 2010 mit der Antragsgegnerin als Geschädigter – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und setzte die Vollstreckung zur Bewährung aus. Die Verurteilung beruhte u.a. auf den Ermittlungen der HZA und der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin. Das Amtsgericht ging in seiner Verurteilung u.a. aufgrund der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin von nicht mitgeteilten Lohnsummen für 2008 i.H.v. 187.984,00 EUR, für 2009 i.H.v. 172.883,00 EUR und für 2010 von 242.498,00 EUR aus.
Mit drei Bescheiden vom 24. April 2015 setzte die Antragsgegnerin für die Zeit ab Februar 2013 Säumniszuschläge von 1.597,00 EUR (2013), 3.418,00 EUR (2014) und 1.614,00 EUR (Januar bis März 2015) fest, nur gegen letzteren Bescheid erhob die Antragstellerin Widerspruch. Die gegen diesen und die Beitragsänderungsbescheide gerichteten Aussetzungsanträge lehnte die Antragsgegnerin im Ergebnis ab und wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 26. Mai 2016 als unbegründet zurück.
Die Antragstellerin hat, nachdem das Sozialgericht Berlin (SG) zwischenzeitlich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen die o.g. Bescheide gerichteten Widersprüche im Verfahren S 98 U 99/15 ER abgelehnt und die Antragstellerin die hiergegen gerichtete Beschwerde im Verfahren L 3 U 64/15 B ER zurückgenommen hatte, am 24. Juni 2016 Klage zum SG im Verfahren S 68 U 259/16 erhoben. Zugleich hat sie beim SG im vorliegenden Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage beantragt. Dies hat das SG mit Beschluss vom 15. Juli 2016 abgelehnt. Die angefochtenen Bescheide seien nicht offensichtlich rechtswidrig. Die auf den Ermittlungen des HZA beruhende Lohnsummenermittlung bzw. nachberechnung der Antragsgegnerin lasse keine offenkundigen Fehler erkennen. Insbesondere sei nicht zu beanstanden, dass bei der Ermittlung der Lohnsummen bzw. der tatsächlich verrichteten Arbeitszeit auf das o.g. Fachbuch von Plümecke zurückgegriffen worden sei.
Die Antragstellerin macht in ihrer am 25. Juli 2016 eingelegten Beschwerde im Wesentlichen geltend, dass aus dem o.g. Fachbuch von Plümecke die tatsächlich erbrachte Arbeitsstundenzahl nicht abgeleitet werden könne und das SG, indem es gerade dies getan habe, gegen das Gebot rechtlichen Gehörs verstoße, nachdem die Antragstellerin schon im ausgangsgerichtlichen Verfahren Einwände gegen diese Vorgehensweise erhoben und darauf hingewiesen habe, dass das Fachbuch von Plümecke von deutlich zu hohen, praxisfernen Verlegezeiten ausgehe. Dies werde u.a. auch ein Sachverständigengutachten von Prof. H von der TU G ergeben, in welchem dargelegt werde, dass für die Verlegung einer Tonne Stahl nicht zehn, sondern nur anderthalb Stunden anzusetzen seien. Zu rügen sei bei alldem auch, dass nicht die tatsächlichen Tonnagemengen für die Schätzung herangezogen würden.
Die Antragstellerin beantragt (sachdienlich gefasst),
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Juli 2016 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren S 68 U 259/167 des Sozialgerichts Berlin gegen die Beitragsänderungsbescheide der Antragsgegnerin vom 20. Dezember 2012, 27. November 2013 und 19. November 2014 sowie den Säumniszuschlagsbescheid für 2015 vom 24. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2016 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Beschluss für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtakten zum vorliegenden Verfahren, zu den Verfahren vor dem SG S 69 U 259/16 und S 98 U 99/15 ER (L 3 U 64/15 B ER), auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin sowie auf die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Berlin 3 St Js 469/10 (StA-Akte) verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
II.
Die nach § 172 Abs. 1 und 3 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) i.V.m. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde (§ 173 SGG) der Antragstellerin ist zulässig, aber unbegründet. Zu Recht hat das SG im angefochtenen Beschluss vom 15. Juli 2016 den Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die o.g. Beitragsänderungsbescheide für die Jahre 2007 bis 2010 sowie den Säumniszuschlagsbescheid für 2015 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG abgelehnt.
Der Antrag ist zulässig. Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Zwar haben Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 86a Abs. 1 S. 1 SGG grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gemäß Abs. 2 Nr. 1 der genannten Vorschrift entfällt die aufschiebende Wirkung jedoch – wie hier - bei Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten.
Der Antrag ist unbegründet. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG hat der Gesetzgeber die sofortige Vollziehbarkeit erst einmal angeordnet und damit den grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses klargestellt. Bei der Entscheidung nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG hat das Gericht in diesen Fällen entsprechend der Konzeption des Gesetzgebers nach den Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG vorzugehen (Keller, in: Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG – Kommentar, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 12b), wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Vorliegend bestehen zunächst keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitragsänderungsbescheide. Sie finden ihre rechtliche Grundlage in § 168 SGB VII (vgl. hierzu ausführlich: BSG Urteile vom 27. Mai 2008 – B 2 U 11/07 R und B 2 U 21/07 R -, in juris). Nach § 167 Abs. 1 SGB VII ergibt sich der Beitrag aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß. Nach § 165 Abs. 1 SGB VII haben die Unternehmer zur Berechnung der Umlage innerhalb von sechs Wochen nach Ablauf eines Kalenderjahres die Arbeitsentgelte der Versicherten und die geleisteten Arbeitsstunden in der vom Unfallversicherungsträger geforderten Aufteilung zu melde (Lohnnachweis). Nach § 165 Abs. 3 SGB VII kann der Unfallversicherungsträger, soweit die Unternehmer die Angaben nicht, nicht rechtzeitig, falsch oder unvollständig machen, eine Schätzung vornehmen. Grundsätzlich kann das Ergebnis einer derartigen Schätzung von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit in vollem Umfang nachgeprüft und durch das Ergebnis einer eigenen Beweiswürdigung ersetzt werden, wobei die Gerichte auch weitere, erst von ihnen ermittelte Tatsachen berücksichtigen können und müssen; hierbei sind auch die nachträglich vom Unternehmer gemachten Angaben nicht unberücksichtigt zu lassen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Januar 2008 – L 2 U 1083/05 –, zitiert nach juris Rn. 21).
Dies zugrunde gelegt erweisen sich die angefochtenen Beitragsänderungsbescheide nach der im vorliegenden Eilverfahren gebotenen und auch nur möglichen überschlägigen Prüfung nicht als offensichtlich rechtswidrig. Die Antragsgegnerin legte ihrer Schätzung, welche die Antragstellerin nur in den Berechnungsgrundlagen, im Übrigen rechnerisch aber nicht angreift, die Ermittlungsergebnisse des HZA einschließlich der geständigen Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin im gegen ihn geführten Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten (330) 3 St Js 469/10 Ls (7/12) zugrunde und gelangte so zu deutlich höheren als den bisher von der Antragstellerin gemeldeten Entgelten für die Jahre 2007 bis 2010, so dass eine Neufestsetzung geboten war. Die Schätzungen selbst gehen von gesicherten Tatsachen aus, nämlich von der sich aus den Geschäftsunterlagen der Antragstellerin ergebenden, in den Jahren 2007 bis 2010 verarbeiteten Gesamtmenge von 5.732,373 t Betonstabstahl und 1.410,275 t Stahlmatten. Die Schätzungen beruhen hiervon ausgehend auf den Arbeitszeitangaben zur Verarbeitung dieses Materials im o.g. Fachbuch von Plümecke. Dabei wurden vom HZA in mehrfacher Hinsicht Annahmen zugunsten der Antragstellerin zugrunde gelegt (siehe hierzu: Abschlussbericht vom 08. Mai 2012 Seite 7 ff), z.B. wurde nur die Verlegung von Betonstahl und Betonstahlmatten sowie die Leistung von Regiestunden berücksichtigt, nicht jedoch die sonstigen von der Antragstellerin gegenüber den Auftraggebern abgerechneten Tätigkeiten und die Verlegeleistung der Subunternehmer. Zugrunde gelegt wurde die einfachere Verlegeart (Verlegung in Fundamentplatten) mit dem geringsten Zeitaufwand. Auch wurde nur von zehn Stunden Arbeitszeit je Tonne Betonstahl bzw. 11,5 Stunden je Tonne Stahlmatten ausgegangen, also Werten für die Verlegung von Betonstahl mit einem größeren Durchmesser. (sh. hierzu auch Stellungnahme des HZA vom 18.12.2012 im Ermittlungsverfahren, StA-Akte Band 2, S. 224 ff). Wie begünstigend diese Annahmen für die Antragstellerin waren, zeigt sich anhand der Zeugenaussagen von ehemaligen Arbeitnehmern im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten, die eine häufige (schwierige und arbeitsintensive) Verlegung von dünnem Baustahl bestätigten (vgl. Niederschrift über die öffentliche Sitzung vom 21. Mai 2013 Bl. 101 ff StA-Akte Band 3, u.a. Zeuge W C: "wir haben das dünnste an Matten verlegt, was es auf dem Markt gibt"). Von daher sind keine Anhaltspunkte für eine Schätzung ersichtlich, welche die Antragstellerin der Höhe nach rechtswidrig beschwert.
Soweit die Antragstellerin im Kern ihres Vorbringens lediglich die Zugrundelegung des Fachbuchs von Plümecke rügt, welches jedenfalls nach der Internetdarstellung bei www.baufachmedien.de eben auch Orientierungswerte zum Arbeitszeit-, Materialmengen- und Gerätebedarf sowie zu den Einzelkosten der Teilleistungen für Rohbau- und Ausbauarbeiten als Grundlage für die betriebliche Kalkulation und für Nachtragsverhandlungen enthält, verhilft dies der Beschwerde im vorliegenden, wie gesagt nur auf summarischer Prüfung gründenden Eilverfahren nicht zum Erfolg. Die Antragstellerin selbst hat es in der Hand, der Schätzung mit aussagekräftigen, in eine andere Richtung weisenden Betriebsunterlagen entgegenzutreten, aus welchen sich die wirklichen Arbeitsstunden bei der Verlegung von Baustahlbewehrungen in ihrem Betrieb ergeben oder zumindest ableiten lassen, zumal bereits jetzt u.a. unter Einbeziehung der geständigen, zur strafrechtlichen Verurteilung führenden Einlassung des Geschäftsführers der Antragstellerin im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Tiergarten und auch der Ermittlungen der DRV im Rahmen der von ihr vorgenommenen Betriebsprüfung nun einmal außer Frage steht, dass für die Antragstellerin deutlich unvollständige und unrichtige Lohnsummen angegeben wurden. Dass im Hauptsacheverfahren ggf. durch Einholung eines Bausachverständigengutachtens Beweis über die tatsächlichen Schätzungsgrundlagen bzw. die tatsächlich gezahlten Lohnsummen Beweis zu erheben wäre, stellt die Richtigkeit der angefochtenen, auf einer überschlägigen Prüfung beruhenden Eilentscheidung des SG gerade nicht in Frage; gleichsam liegt auch nichts für einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör (§ 62 SGG) vor. Insbesondere sieht sich der Senat jedenfalls im vorliegenden Eilverfahren nicht gehalten, den von der Antragstellerin gegen die Verwendung des o.g. Fachbuchs erhobenen Einwendungen etwa durch Einvernahme des von ihr benannten Prof. H von der TU G nachzugehen, solange die Antragstellerin nicht selbst vollständige und widerspruchsfreie Angaben zum tatsächlichen Arbeitsstundenanfall in ihrem Betrieb macht und hierfür konkret prüffähige Unterlagen (zutreffende Stundenzettel, Lohnabrechnungen etc.) vorlegt, sondern letztlich nur auf eine andere allgemeine, d.h. gerade nicht auf ihren konkreten Betrieb bezogene fachliche Schätzung der pro Tonne Stahlbewehrungen typischerweise zu veranschlagenden Arbeitsstundenzahl verweist, ohne die Anwendung der im o.g. Fachbuch enthaltenen Berechnungsgrundlagen rechnerisch in Frage zu stellen.
Auch ist die Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht offensichtlich rechtswidrig. Nach dem zuvor Gesagten war die Antragsgegnerin gemäß § 24 des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV) ausgehend von der zuvor erörterten Lohnentgeltschätzung und der daraus folgenden Neufestsetzung der für 2007 bis 2010 noch offenen Beiträge dem Grunde nach berechtigt, Säumniszuschläge festzusetzen, welche die Antragstellerin der Höhe nach bzw. rechnerisch ebenfalls nicht in Frage gestellt hat.
Für eine Verjährung der von der Antragsgegnerin geltend gemachten Forderungen ist nichts ersichtlich, weil es hier um vorsätzlich vorenthaltene Beiträge geht, welche der dreißigjährigen Verjährung unterliegen, vgl. § 25 Abs. 1 S. 2 SGB IV.
Auch liegt nichts für eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte vor. Dass die Antragstellerin durch die Inanspruchnahme durch die Antragsgegnerin auf noch ausstehende Beiträge in (noch größere) finanzielle Schwierigkeiten gerät oder die Forderungen aktuell nicht begleichen kann, reicht für die Annahme einer unbilligen Härte nicht aus, sondern entspricht der Typik von Fällen wie dem vorliegenden, in welchen über Jahre hinweg viel zu wenig Arbeitgeberbeiträge abgeführt wurden.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung von § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung bestimmt sich nach § 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 47, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist. Der Streitwert ergibt sich dementsprechend aus der Hälfte der Beitragsnachforderung für 2007 bis 2010 (55.299,59: 2 = 27.649,80 EUR) und der Hälfte der streitigen Säumniszuschläge (1.614,00: 2 = 807,00 EUR).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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