L 9 KR 4/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 419/13
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 9 KR 4/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 1/17 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch nach der Änderung des Hochschulrechts im Zusammenhang mit dem sog. Bologna-Prozess unterfallen Promotionsstudierende nicht der Krankenversicherung der Studierenden.
2. Die beitragsrechtliche Gleichstellung von im Ausland studierenden freiwillig Versicherten mit pflichtversicherten Studierenden (§ 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V) reicht nicht weiter als die diesem Versicherungspflichttatbestand immanenten Grenzen.
Bemerkung
BSG: Revision
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Versicherungspflicht während eines Promotionsstudiums sowie die Beitragspflicht eines Promotionsstipendiums im Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2012.

Die 1984 geborene Klägerin schloss ihr Studium der Politikwissenschaft an der Freien Universität B (FUB) in der Zeit von Oktober 2003 bis September 2010 nach 14 Hochschulsemestern (13 Fachsemester, 1 Urlaubssemester) mit dem Hochschulgrad Diplom-Politologin (Verleihungsurkunde vom 24. Juni 2010) ab. Von Oktober 2010 bis März 2011 studierte sie an der Europa-Universität V in F/ Europäische Kulturgeschichte mit dem Studienziel Master. Seit April 2011 absolviert sie wiederum an der FUB im Studiengang Politikwissenschaft ein Promotionsstudium. Im Sommersemester 2016 befand sie sich ausweislich der Immatrikulations-Bescheinigung vom 21. September 2016 im 26. Hochschul- und 11. Fachsemester.

Nach den Regelungen des Berliner Gesetzes zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (Nachwuchsförderungsgesetz - NaFöG -) und der Berliner Verordnung zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (Nachwuchsförderungsverordnung - NaFöVO -) gewährte die bei der FUB eingerichtete Kommission zur Vergabe von Promotionsstipendien der Klägerin ab dem 1. April 2012 ein monatliches Stipendium in Höhe von 1.103.- EUR, welches sich aus einem Grundbetrag von 1.000.- EUR und einer Sachkostenpauschale von 103.- EUR zusammensetzt.

Für die Klägerin, die vom 1. April 2011 bis zum 30. September 2012 bei der Beklagten freiwillig krankenversichert war, setzte diese für die Zeit ab dem 1. April 2012 monatliche Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) i.H.v. 164,35 EUR und zur sozialen Pflegeversicherung (SPV) i.H.v. 24,27 EUR fest (Bescheid vom 16. März 2012, Widerspruchsbescheid vom 6. Februar 2013). Die Beklagte legte hierbei das monatliche Stipendium der Klägerin in voller Höhe sowie einen Beitragssatz zur GKV von 14,9 % zugrunde. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 23. November 2015 abgewiesen, weil eine Pflichtversicherung nach § 5 Nr. 9 Sozialgesetzbuch / Fünftes Buch (SGB V) für Doktoranten oder sogenannte Promotionsstudenten, die nach Abschluss ihres Hochschulstudiums nur noch zum Zwecke der Promotion eingeschrieben seien, nicht mehr zum Kreis der versicherungspflichtigen Studenten zählten. Auch eine Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestehe nicht. Zu Recht habe die Beklagte das Promotionsstipendium in voller Höhe der Beitragsberechnung zugrunde gelegt.

Gegen dieses am 1. Dezember 2015 zugestellte Urteil richtet sich die am 4. Januar 2016 (Montag) eingelegte Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie vorträgt: Die Krankenversicherung der Studenten (KVdS) sei auch für Promotionsstudierende durchzuführen. Die bisherige sozialversicherungsrechtliche Differenzierung, wonach Studierende im Sinne des SGB V nur solche "im engeren Sinne" seien, die noch keinen berufsqualifizierenden Abschluss erlangt hätten, sei nicht mehr sachgerecht. Zum einen könne nicht den Hochschulen die ihnen durch Landesrecht zugestandene Satzungsautonomie versagt werden, eigenständig den Status der Studierenden festzulegen, wenn sich unstrittig der im SGB V verwendete Begriff der Hochschule nach dem Landeshochschulrecht richte. Zum anderen sei spätestens seit den sogenannten Bologna-Reformen anerkannt, dass die akademische (Berufs-)Ausbildung in 3 Zyklen erfolge: Bachelor- und Masterstudium sowie Promotion. Jeder Zyklus führe zu einem berufsqualifizierenden Abschluss, wobei die Anerkennung des Bachelor als berufsqualifizierender Abschluss außerhalb technischer und wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge in Deutschland noch immer nicht die Regel sei. Das Masterstudium werde in sonstigen natur-, sozial- und geisteswissenschaftlichen Fächern in der Regel als erster berufsqualifizierender Abschluss anerkannt, wenn nicht erst die erfolgreiche Promotion Einstellungsvoraussetzung sei. Der Zyklus der Promotion ende mit dem zu akademischer Lehre und zur Forschung teils zwingenden, teils obligatorischen berufsqualifizierenden Abschluss, dem Nachweis, dass der Promovierende in seinem Promotionsstudium zu selbständiger, vertiefter wissenschaftlicher Arbeit befähigt worden sei. Dies alles seien aufeinander aufbauende Ausbildungseinheiten, die ein einheitliches Studium darstellten, das auf verschiedenen Etappen sowohl beendet als auch unterbrochen und später fortgesetzt sowie gleichfalls in einem durchlaufen werden könne. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 2 SGB V decke bereits ein etappenweises Studium im Sinne der Bologna-Reformen. Die Begrenzung der Privilegierung in der KVdS durch den Abschluss des 14. Fachsemesters könne für Promotionsstudierende nicht einschlägig sein, da sie sich nicht mehr in ihrem Fachstudium befänden, sondern im Promotionsstudium, für das im Fachstudium die Grundlagen gelegt worden seien. Die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen hätten sich seit der Einführung der Begrenzung der KVdS 1989 so gravierend geändert, dass die Anwendung dieser Grenzen an die Gegenwart angepasst wer-den müsse. Zumindest unterfalle die Klägerin der Auffangversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Beendigungstatbestand der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung sei gemäß § 191 Nr. 2 SGB V der Beginn einer Pflichtmitgliedschaft, somit solle die Rückkehr in die Pflichtversicherung automatisch erfolgen. Dadurch werde die Nachrangigkeit der freiwilligen gegenüber der Pflichtversicherung deutlich. Die Kündigung gemäß § 191 Nr. 3 SGB V müsse in die Auffangpflichtversicherung gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V führen. Die Verfahrensweise der Krankenkassen sei es, entgegen der seit 2007 geltenden Rechtslage Versicherten, deren bisher durchgeführte Versicherungspflicht ende, per Anschreiben mitzuteilen, ihr Versicherungsschutz würde dem-nächst enden und sei lediglich durch Beitritt zur freiwilligen Versicherung aufrechtzuerhalten. Die Versicherten sähen sich so in einer Zwangslage, da ihnen die Information vorenthalten werde, dass die Auffangversicherungspflicht Vorrang habe, solange sie nicht eine der Voraussetzungen des § 6 SGB V erfüllten. Mithin hätten sie einen sozial-rechtlichen Herstellungsanspruch gegen ihre Krankenkasse auf Beseitigung des von letzterer verursachten Schadens (Ausschluss aus der Auffangversicherungspflicht) durch rückwirkende Durchführung derselben. Werde eine Versicherungspflicht verneint, so lasse eine verfassungskonforme Auslegung des § 240 SGB V dennoch keinen anderen Schluss zu, als dass Promotionsstudierende und im Inland Studierende jenseits der Altersgrenze des § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V nicht im Sinne des § 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V mit versicherungspflichtig Beschäftigten vergleichbar seien, sondern vielmehr mit im Ausland studierenden freiwilligen Mitgliedern jeden Alters und im Inland studierenden Pflichtversicherten unterhalb der Altersgrenze. § 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V sei daher analog anzuwenden, sodass die Beitragsbemessung nach §§ 236, 245 SGB V erfolgen müsse. Durch Einfügung von § 240 Abs. 4 Satz 4 SGB V (heute Satz 7) im Jahre 1998 habe der Gesetzgeber anerkannt, dass Fachschüler und Berufsfachschüler versicherungsrechtlich privilegiert bleiben sollten, auch wenn sie nach der da-maligen Rechtslage nur freiwillig versichert werden könnten. 2004 habe er der Situation von Wandergesellen Rechnung getragen, indem er die Regelung auch auf diese aus-gedehnt habe. Schließlich habe er 2007 anerkannt, dass die Regelung auch auf im Ausland Studierende ausgedehnt werden müsse, ohne eine Altersbeschränkung zu bestimmen. Die gleichsam notwendige besondere Berücksichtigung von Promotions-studierenden sei dem Gesetzgeber ebenso entgangen wie die Problematik, die mit der ebenfalls 2007 eingeführten Auffangversicherungspflicht einhergehe. Dieses Versäumnis stelle sich als planwidrige Regelungslücke dar, da der Gesetzgeber offensichtlich den veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen habe Rechnung tragen wollen, und lediglich die schutzwürdige Personengruppe der in ihrer beruflichen Aus- und Weiterbildung befindlichen Versicherten nicht vollständig erkannt habe. Lehne man auch dies ab, so dürfe zumindest das Stipendium der Klägerin nicht als beitragspflichtige Einnahme gewertet werden. Es sei anerkannt, dass Stipendien bei der Hinterbliebenenrente gemäß § 18a Sozialgesetzbuch / Viertes Buch (SGB IV) nicht zu berücksichtigen seien. Das von der Klägerin bezogene Stipendium diene nicht nur der akademischen Förderung, sondern auch vor allem der ideellen Begabtenförderung der engagierten Stipendiatinnen, wodurch ihnen die Freiheit geboten werde, sich gesellschaftspolitisch zu engagieren, woran auch ihre jährliche oder anderthalbjährlich zu beantragende Weiterförderung geknüpft sei. Zudem werde durch die Förderung ihrer Wissenschaftsfreiheit gesichert, sodass sie unabhängig von eigennützigen Geldgebern keinen fremden Interessen entsprechen müssten. Die hinreichende Bestimmtheit von § 3 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BvGsSz) werde im Hinblick auf die pauschale, undifferenzierte Nennung von Stipendien bezweifelt. Wenigstens dürften Aufwendungspauschalen, die ohnehin nur bei einigen Krankenkassen im Rahmen der Beitragsberechnung nach § 240 SGB V Berücksichtigung fänden, nicht als beitragspflichtige Einnahme gelten. Das Sozialgericht hätte entgegen den Vorgaben des Bundessozialgerichts (BSG) die Privilegierung ermitteln und berücksichtigen müssen, die in den der Leistung (Aufwendungspauschale) jeweils zugrunde liegenden gesetzlichen Regelungen angelegt sei. Zweckentfremden (zum Beispiel in der Spielbank) lasse sich jede Geldleistung. Entscheidend sei, ob der Lebensunterhalt des Versicherten ausreichend anderweitig gesichert sei, was vorliegend mit dem monatlichen Grundbetrag der Fall sei, und ob die Sachkostenpauschale "unentdeckt" zweckentfremdend verbraucht werden könnte. Letzteres würde der Klägerin nicht gelingen, weil sie fortlaufend über die Fortschritte beim Promotionsvorhaben dem Stipendiumsgeber zu berichten habe und solche Fortschritte nicht erreichbar wären, wenn sie nicht in die Finanzierung der erforderlichen Sachkosten investiert hätte. Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 23. November 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16. März 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Februar 2013 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, die monatlichen Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung i.H.v. 77,90 EUR, hilfsweise 150,50 EUR, höchsthilfsweise 171,00 EUR festzusetzen und die zwischen dem 1. April 2012 und dem 31. Oktober 2012 überzahlten Beiträge zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die dem Senat vorgelegen hat, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat durfte gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage ab-gewiesen. Für den streitigen Zeitraum (hierzu unter I.) ist die Beklagte zutreffend von einer freiwilligen Krankenversicherung der Klägerin ausgegangen, weil diese weder von der KVdS (hierzu unter II.) noch der sog. Auffangpflichtversicherung erfasst wird (hierzu unter III.). Die Beklagte hat auch zutreffend bei der Beitragsberechnung auf das gesamte monatlich bezogene Stipendium abgestellt (hierzu unter IV. und V.).

I. Streitgegenstand ist nur der Zeitraum vom 1. April bis 31. Oktober 2012. Die Klägerin erhielt das Stipendium erst ab dem 1. April 2012. Ihre freiwillige Krankenversicherung endete am 31. Oktober 2012, weil sie am 1. November 2012 eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnahm. Diese endete zwar nach den Angaben der Klägerin am 30. April 2013. Bescheide der Beklagte, die sie ggf. für die Zeit ab dem 1. Mai 2013 er-lassen hat, sind jedoch nicht Gegenstand dieses Rechtsstreits. § 96 SGG wäre insoweit nicht anwendbar, da solche Bescheide die hier streitgegenständlichen nicht änderten.

II. Rechtsfehlerfrei ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 2012 nicht der Versicherungspflicht in der KVdS unterlag. Die Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V sind nicht erfüllt. Nach dieser Vorschrift sind Studenten versicherungspflichtig, die an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eingeschrieben sind, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, wenn für sie auf Grund über- oder zwischenstaatlichen Rechts kein Anspruch auf Sachleistungen besteht, bis zum Abschluß des vierzehnten Fachsemesters, längstens bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres; Studenten nach Abschluß des vierzehnten Fachsemesters oder nach Vollendung des dreißigsten Lebensjahres sind nur versicherungspflichtig, wenn die Art der Ausbildung oder familiäre sowie persönliche Gründe, insbesondere der Erwerb der Zugangsvoraussetzungen in einer Ausbildungsstätte des Zweiten Bildungswegs, die Überschreitung der Altersgrenze oder eine längere Fachstudienzeit rechtfertigen. Die Klägerin war im streitigen Zeitraum zwar an einer staatlichen Hochschule eingeschrieben und hatte das dreißigste Lebensjahr noch nicht vollendet. Promotionsstudenten zählen indes nicht zu den Studenten im Sinne dieser Vorschrift.

1. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 23. März 1993 – 12 RK 45/92 –; ebenso Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. April 2014 – L 1 KR 400/12 – und Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24. April 2015 – L 4 KR 2691/14 – (Revision beim BSG anhängig unter B 12 KR 15/16 R); jeweils juris) besteht keine Versicherungspflicht für Personen, die nicht als Student, sondern als Doktorand eingeschrieben sind. Das BSG hat dies im Falle eines Doktoranden entschieden, der sein Studium mit der Diplomprüfung erfolgreich abgeschlossen hatte und während der Anfertigung der Dissertation nur eingeschrieben war, um die Universitätseinrichtungen benutzen zu können. Es hat ferner darauf abgestellt, dass im konkreten Fall die Promotion nicht Teil des Studiengangs war, sondern ein erfolgreich abgeschlossenes Studium voraussetzte. Die Promotion war auch kein – Versicherungspflicht u.U. be-gründendes – Aufbau- oder Erweiterungsstudium (BSG, Urteil vom 29. September 1992 – 12 RK 31/91 –, und vom 30. September 1992 – 12 RK 8/91 –, jeweils juris), sondern diente der wissenschaftlichen Qualifikation nach Abschluss des Studiums. Dass diese Doktoranden nicht zu den Studenten i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 9 Halbsatz 1 SGB V gehörten, lasse auch Halbsatz 2 der Vorschrift erkennen, wo von "Fachsemestern" und der "Fachstudienzeit" die Rede ist.

Der Gesetzgeber hat es – wie sich aus der Entwicklung der Versicherung von Studenten in der GKV und der Begründung zum Entwurf des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) ergibt – bei dessen Verabschiedung im Jahre 1988 für erforderlich gehalten, die beitragsgünstige Versicherung von Studenten zu begrenzen. Dabei hat der Gedanke der Missbrauchsabwehr zwar den Anstoß für die Begrenzung der kostengünstigen Versicherungspflicht als Student gegeben. Diese Begrenzung ist aber nicht auf die Abwehr einer missbräuchlichen Begründung der Versicherung beschränkt, sondern durch die Einführung allgemeiner Schranken in Bezug auf die Höchstdauer der Fachstudienzeit und das Alter des Studenten vorgenommen worden. Zugleich ist die gesetzliche Neuregelung im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zu sehen, mit denen die GKV wie-der mehr auf ihren Kern als Beschäftigtenversicherung zurückgeführt worden ist. Die Neugestaltung des Versicherungspflichttatbestandes für Studenten im Zuge der Schaffung des GRG diente folglich gerade dazu, die zuvor unabhängig vom Alter bestehende Versicherungspflicht eingeschriebener Studenten der staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen nach § 165 Abs. 1 Nr. 5 RVO hinsichtlich der Studiendauer und des Alters zu begrenzen. Die beitragsgünstige Versicherung als Student sollte damit ab dem 1. Januar 1989 nicht mehr allen Studenten offenstehen. Stattdessen wurde diese Versicherungspflicht nur noch für einen Zeitraum beibehalten, in dem ein Studium regelmäßig durchgeführt werden kann und typischerweise entweder erfolgreich abgeschlossen oder endgültig aufgegeben wird, nämlich innerhalb von 14 Fachsemestern, längstens bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres. Eine weite Auslegung von § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V wäre unvereinbar mit der Absicht des Gesetzgebers, die GKV wieder mehr auf ihren Kern der Beschäftigtenversicherung zurückzuführen (BSG, Urteil vom 15. Oktober 2014 – B 12 KR 17/12 R –, juris, m.w.N.).

Die Ansicht der Klägerin, dass jede – zumindest jede promotionsbedingte – Einschreibung an einer Universität ausreiche, um die Versicherungspflicht in der KVdS herbeizuführen, trifft daher nicht zu. Sie beachtet nicht hinreichend, dass noch oder zumindest auch noch studiert werden muss und das Studieren nicht bereits vollständig abgeschlossen sein darf, wenn weiterhin Versicherungspflicht bestehen soll. Teilnehmer an studienvorbereitenden Sprachkursen und Studienkollegiaten, die an einer Universität ein Eignungsverfahren für den Hochschulzugang durchlaufen, gehören deshalb trotz Einschreibung nicht zu den krankenversicherungspflichtigen Studenten (BSG, Urteile vom 29. September 1992 – 12 RK 15/92 und – 12 RK 16/92 –, juris). Zwar können die Länder in ihrer Hochschulgesetzgebung und die Universitäten im Rahmen ihrer Rechtsetzungsbefugnis regeln, wer (als Student) eingeschrieben wird. Damit können sie je-doch die Entscheidung über die Versicherungspflicht in der KVdS nicht ausnahmslos präjudizieren. Dazu hat vielmehr der Bundesgesetzgeber im Rahmen seiner Gesetzgebungskompetenz für die Sozialversicherung (Art. 74 Nr. 12 Grundgesetz (GG)) in § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V eine Regelung getroffen, über deren Auslegung die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden. Bei Anwendung dieser Vorschrift ist ihr soeben dar-gestellter krankenversicherungsrechtlicher Charakter und Zusammenhang von Bedeutung. Damit sind die Gründe nicht identisch, die hochschulrechtlich Anlass sein mögen, auch für solche Personen an den Universitäten, die nicht zu den Studenten im engeren Sinne gehören, eine Einschreibung vorzusehen, um sie in die Universitäten einzugliedern und sie hochschulrechtlich zu erfassen (BSG, Urteil vom 23. März 1993 – 12 RK 45/92 –, juris).

2. Auch das Berliner Hochschulrecht rechtfertigt nicht das von der Klägerin gewünschte Ergebnis. Allerdings liegt auch diesem – wie von der Klägerin dargestellt – als Folge des sog. Bologna-Prozesses die Unterteilung in Bachelor- und Masterstudiengänge zugrunde. Im Einzelnen sieht das Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) in der seit dem 2. Juni 2011 geltenden Fassung u.a. vor:

§ 23 Bachelor- und Masterstudiengänge, Regelstudienzeit

(1) Die Hochschule stellt mit ihren Bachelorstudiengängen, in denen entsprechend dem Profil der Hochschule und des Studiengangs wissenschaftliche oder künstlerische Grundlagen, Methodenkompetenz und berufsfeldbezogene Qualifikationen vermittelt werden, eine breite wissenschaftliche oder künstlerische Qualifizierung sicher.

(2) Ein Bachelorstudiengang führt zu einem ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss (Bachelorgrad) und hat eine Regelstudienzeit von mindestens drei, höchstens vier Jahren. [ ]

(3) Masterstudiengänge sind so auszugestalten, dass sie

1. a) als vertiefende, verbreiternde oder fachübergreifende Studiengänge auf einem Bachelorstudiengang aufbauen oder

b) einen berufsqualifizierenden Hochschulabschluss voraussetzen, jedoch nicht auf bestimmten Bachelorstudiengängen aufbauen

(konsekutive Masterstudiengänge) oder

2. Studieninhalte vermitteln, die in der Regel einen ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss und anschließende qualifizierte berufspraktische Erfahrung von in der Regel nicht unter einem Jahr voraussetzen (weiterbildende Masterstudiengänge).

Ein Masterstudiengang führt zu einem weiteren berufsqualifizierenden Hochschulabschluss (Mastergrad) und hat eine Regelstudienzeit von mindestens einem Jahr, höchstens zwei Jahren. [ ]

(4) Die Gesamtregelstudienzeit eines Bachelorstudiengangs und eines konsekuti-ven Masterstudiengangs nach Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a beträgt höchstens fünf, in den künstlerischen Kernfächern höchstens sechs Jahre.

§ 25 Promotionskollegs und Studiengänge zur Heranbildung des künstlerischen Nachwuchses

(1) Um die Bearbeitung fächerübergreifender wissenschaftlicher Fragestellungen sowie die Betreuung von Promotionsvorhaben zu fördern, sollen die Hochschulen Promotionskollegs einrichten.

(2) Doktoranden und Doktorandinnen sind Mitglieder der Universität, an der sie zur Promotion zugelassen wurden. Sie sind, soweit sie nicht bereits auf Grund eines Beschäftigungsverhältnisses Mitglieder der Hochschule sind, als Studierende zur Promotion einzuschreiben.

§ 35 Promotion

(1) Die Promotion dient dem Nachweis der Befähigung zu vertiefter wissenschaftlicher Arbeit.

(2) Die Zulassung zur Promotion setzt den erfolgreichen Abschluss eines Masterstudiengangs einer Universität oder einer Fachhochschule oder einen vom Niveau vergleichbaren Hochschulabschluss voraus. Die Promotionsordnungen unter-scheiden dabei nicht zwischen den Hochschulabschlüssen der beiden Hochschul-arten. Inhaber und Inhaberinnen eines Bachelorgrades können nach einem Eignungsfeststellungsverfahren unmittelbar zur Promotion zugelassen werden. So-weit einem Masterabschluss nicht ein grundständiges Studium vorausgegangen ist, ist die Zulassung zur Promotion ebenfalls nur zulässig, wenn in einem solchen Verfahren die erforderliche Eignung nachgewiesen wurde. Die Universitäten sollen für ihre Doktoranden und Doktorandinnen Promotionsstudien von regelmäßig drei-jähriger Dauer anbieten.

(3) Die Promotionsordnungen müssen Bestimmungen enthalten, wonach entsprechend befähigten Fachhochschulabsolventen und Fachhochschulabsolventinnen mit einem Diplomabschluss der unmittelbare Zugang zur Promotion ermöglicht wird. Der Nachweis der entsprechenden Befähigung darf nicht an den Erwerb eines universitären Abschlusses gekoppelt werden.

Auch wenn diese Regelungen und die neue Differenzierung in Bachelor- und Masterstudiengänge von der dem Urteil des BSG vom 23. März 1992 zugrunde liegenden hochschulrechtlichen Systematik abweichen, geben sie aus Sicht des Senats keinen Anlass, nunmehr auch Promotionsstudenten der Krankenversicherungspflicht zu unter-werfen. Zum einen stellen sich Bachelor- und Masterstudium einerseits und Promotion (-sstudium) andererseits nicht als Einheit dar (zu diesem Kriterium im Zusammenhang mit einem Aufbaustudium: BSG, Urteil vom 30. September 1992 – 12 RK 8/91 –, juris), weil sowohl jeder Bachelor- als auch jeder Masterstudiengang zu einem eigenen berufsqualifizierenden Abschluss führt (§ 23 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BerlHG), ohne dass eine Promotion erforderlich wäre. Zum anderen dient die Einschreibungspflicht für Promovierende (§ 25 Abs. 2 Satz 2 BerlHG) offenkundig nur dazu, auch diesen – soweit sie nicht bereits aufgrund einer Beschäftigung den hochschulinternen Regeln unterworfen sind – den allgemeinen Status aller Studierenden zu vermitteln, insbesondere das Recht, die Einrichtungen der Hochschule nach den hierfür geltenden Vorschriften zu benutzen (§ 9 Abs. 1 BerlHG).

Unerheblich muss die konkrete Ausgestaltung des Promotionsstudiums an den einzelnen Hochschulen und in den einzelnen Studiengängen sein. Es ist nach dem o.G. nicht erkennbar, dass der Bundesgesetzgeber die Versicherungspflicht von Studierenden von den Promotionsordnungen einzelner Fachbereich abhängen lassen wollte. Dass allerdings nach der eingereichten Immatrikulationsbescheinigung die Promotionssemester als "Fachsemester" gesondert gezählt werden, kann als Indiz gewertet werden, dass die Promotion gerade nicht den dritten Teil eines einheitlichen Hochschulstudiums darstellt.

3. Unabhängig von der Einordnung eines Promotionsstudiums scheitert die Versicherungspflicht der Klägerin aber auch daran, dass sie am 1. April 2012 schon das 14. Fachsemester abgeschlossen hatte. Dass nach den klägerseitig eingereichten Unterlagen die Hochschule offensichtlich bei Beginn des Promotionsstudiums die Semesterzählung wieder neu begann, ist unerheblich. Eine Rechtsgrundlage hierfür ist dem BerlHG nicht zu entnehmen. Auf die Regeln der konkreten Promotionsordnung kann es nach dem o.G. nicht ankommen.

III. Auch eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bestand für die Klägerin im streitigen Zeitraum nicht.

1. Nach dieser Vorschrift sind Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Die Voraussetzungen dieses Tatbestandes sind schon deshalb nicht erfüllt, weil die freiwillige Versicherung der Klägerin einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall darstellt. Darüber hinaus schließt § 5 Abs. 8a Satz 1 SGB V eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V für freiwillige Mitglieder ausdrücklich aus. Angesichts dessen mag der (sinngemäße) Einwand der Klägerseite, der Vorrang einer freiwilligen vor einer Pflichtversicherung sei systemwidrig, nachvollziehbar sein. Er verkennt indes, dass die Systemwidrigkeit auf den Gesetzgeber selbst zurückgeht.

2. Die Klägerin ist auch nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als wäre sie versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Es trifft zwar zu, dass die Klägerin nach dem Ende ihrer Mitgliedschaft in der KVdS diesen Tat-bestand erfüllen würde, wenn sie sich nicht freiwillig krankenversichert hätte. Es mag darüber hinaus zutreffen, dass die Krankenkassen pflichtwidrig auf diesen Umstand nicht hinweisen, sondern die freiwillige Krankenversicherung als einzige Möglichkeit darstellen, nach dem Auslaufen einer Pflichtversicherung (z.B. in der KVdS) gesetzlich krankenversichert zu bleiben. Dies alles wäre aber im vorliegenden Fall nur relevant, wenn die Klägerin konkret vorgetragen hätte, dass auch sie von der Beklagten fehlerhaft informiert worden sei. Hieran fehlt es.

Unabhängig hiervon stünde die Klägerin auch mit einer Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beitragsrechtlich nicht besser als mit einer freiwilligen Versicherung. Denn gemäß § 227 SGB V gilt für die Versicherungspflichtigen § 240 SGB V entsprechend.

IV. Vergeblich wendet sich die Klägerseite gegen beitragsrechtliche Differenzierungen bei freiwillig versicherten Studierenden. Die Privilegierung der im Ausland Studierenden durch § 240 Abs. 4 Satz 7 SGB V, wonach u.a. für diese Personengruppe die für pflichtversicherte Studierende vorgesehenen beitragsrechtlichen Vorteile durch § 236 und § 245 SGB V gelten, hat der Gesetzgeber damit begründet, dass die "immer weiter fortschreitende internationale Verflechtung der Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen und die zunehmende Mobilität der Studenten [ ] eine beitragsrechtliche Gleichstellung des letztgenannten Personenkreises mit Studenten an deutschen Hochschulen erforderlich" (BT-Drs. 16/4247 S. 77) mache. Mit dieser Gruppe von Studierenden sind im Inland studierende freiwillig Versicherte nicht vergleichbar. Zum einen fehlt es ihnen an der o.g. Mobilität. Zum zweiten spricht nichts dafür, die beitragsrechtliche Gleichstellung weiter reichen zu lassen als die dem Versicherungspflichttatbestand (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V) immanenten Grenzen. Wenn somit Studierende, die während ihres Bachelor- oder Masterstudiums an einer inländischen Hochschule immatrikuliert sind, nur bis zum Ende des 14. Fachsemesters bzw. des 30. Lebensjahres pflichtversichert und beitrags-rechtlich privilegiert sind, können auch im Ausland Studierende die beitragsrechtliche Privilegierung nicht länger beanspruchen. Nichts anderes kann für Beschränkungen durch den Begriff des Studiums (s.o.) gelten. Ob der Gesetzgeber mit der genannten Ausnahme von der Mindestbeitragsbemessungsgrundlage des § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V die bestmögliche Regelung getroffen hat, unterliegt nicht der gerichtlichen Prüfung, sondern ist Sache des gesetzgeberischen Ermessens (BSG, Beschluss vom 30. März 2000 – B 12 KR 2/00 B –, juris).

V. Soweit das Sozialgericht das Vorgehen der Beklagten gebilligt hat, das gesamte Stipendium der Klägerin als beitragspflichtige Einnahmen anzusehen, teilt der Senat diese Auffassung und verweist gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die klägerseitig geforderte Berücksichtigung der besonderen Zwecke von Stipendien nach dem NaFöG führt zu keinem anderen Ergebnis. So belegt nicht nur die Möglichkeit eines Familienzuschlags (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 NaFöG), dass das Stipendium auch zur Deckung des – bei Familien erhöhten – Lebensunterhalts dient, sondern ebenso die Regelungen zur Begrenzung dieses Zuschlags (wenn beide Eltern gefördert werden, § 2 Abs. 1 Sätze 2 bis 4 NaFöVO) sowie zur begrenzten Anrechnung anderer Einkünfte (§ 4 Abs. 2 NaFöVO).

VI. Die Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung folgt aus § 20 Abs. 3 Sozialgesetzbuch / Elftes Buch (SGB XI). Hinsichtlich der Beitragsbemessung gelten gemäß § 57 Abs. 3 SGB XI die Regelungen des § 240 SGB V entsprechend.

VII. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG) zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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