Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
14
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 2 AS 3848/15 WA
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AS 744/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
In Verfahren, die zunächst auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs 2 S 1 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes nach dem Gegenstandswert des beendeten Verfahrens.
Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 3. Februar 2016 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Verfahren auf Grund einer fiktiven Klagerücknahme erledigt ist.
In dem Verfahren S 42 AS 4707/13 haben die Klägerinnen am 10. September 2013 bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus Klage erhoben gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 (W), der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Juni 2013 betraf, und im Wesentlichen " eine fehlerhafte Einkommensanrechnung " geltend gemacht (Schriftsatz vom 15. August 2015).
Auf die Aufforderung des Kammervorsitzenden des SG mit Schreiben vom 8. Januar 2015, die mit einer Betreibensaufforderung versehen war, näher darzulegen, warum die Einkommensberechnung fehlerhaft sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen erwidert (Schriftsatz vom 13. April 2015; Zugang am selben Tag beim SG), dass ihr Rechtsschutzinteresse nicht entfallen sei. Das Verfahren werde im Rahmen der Möglichkeiten des Prozessbevollmächtigten gefördert. Die Einstellung weiteren Personals sei unter Berücksichtigung "der schwachsinnigen Kostenrechtsprechung" des Sozialgerichtes Cottbus nicht möglich." Vor dem Hintergrund offener PKH-Vergütungen aus den Jahren 2010 bis 2013 dürfe sich das SG gern wieder mit einer Betreibensaufforderung an den Prozessbevollmächtigten wenden, wenn die Forderungen ausgeglichen worden seien. "Bis dann würden die Verfahren nach deren Alter und Dringlichkeit "(sic!; vermutlich: bearbeitet werden). Der Richterbrief vom 8. Januar 2015 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen per Postzustellungsurkunde am 12. Januar 2015 zugegangen.
Unter dem 17. April 2015 hat der Vorsitzende der zweiten Kammer des SG die Erledigung des Rechtsstreits wegen "Rücknahme" (§ 102 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG) verfügt.
Am 20. September 2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger zur Begründung der Klage ergänzend mitgeteilt, dass vom Einkommen der Klägerin zu 2. eine Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR abzusetzen sei und die Klägerinnen zu 1. für ihre Tochter Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung (in Höhe von 41,76 EUR Jahresnettobeitrag) aufzuwenden habe.
Dem Hinweis des Kammervorsitzenden, dass das Verfahren erledigt sei, haben die Klägerinnen widersprechen lassen.
Das Sozialgericht hat unter dem sodann neu registrierten Verfahren S 2 AS 3848/15 WA durch Urteil vom 3. Februar 2016 festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Mit dem Schreiben vom 13. April 2013 sei nicht substantiiert dargelegt worden, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen sei. Die Berufung ist vom Sozialgericht nicht zugelassen worden.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten am 16. Februar 2016 zugestellte Urteil hat er am 11. März 2016 Nichtzulassungsbeschwerde nur für die Klägerin zu 1.) eingelegt, mit dem Begehren die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zuzulassen. Das Urteil des SG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Das Rechtsschutzbedürfnis sei nicht entfallen, hiervon könne angesichts des Schreibens vom 13. April 2013 nicht ausgegangen werden. Weiterer Vortrag sei im September 2015 erfolgt. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg gehabt (Beschluss vom 2. Juni 2016).
Am 11. März 2016 hat der Prozessbevollmächtigte für beide Klägerinnen (Kurzrubrum, Name der Klägerin zu 1. "u.a.") die zum Az. L 14 AS 744/16 registrierte Berufung vor dem hiesigen Gericht eingelegt.
Die Klägerinnen beantragen (sinngemäß),
das Urteil des SG Cottbus vom 3. Februar 2016 aufzuheben sowie den Änderungsbescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 (W ) zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, "Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe und die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens" zu gewähren,
hilfsweise das Urteil des SG Cottbus vom 3. Februar 2016 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Richterbrief vom 8. Juni 2016 ist den Beteiligten u.a. mitgeteilt worden, dass ursprünglich im Verfahren ein Zwölftel von 41,76 Euro in der privaten Unfallversicherung bzw. eine Versicherungspauschale von 30 EUR geltend gemacht worden und deswegen die Berufung nicht statthaft sein dürfte; § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass das SG festgestellt habe, dass die Klage als zurückgenommen gelte.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die beigezogene Gerichtsakte Bezug genommen. Die Akte hat vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Berufung der Klägerinnen ist gemäß § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist. Diese Entscheidung trifft der Senat durch Beschluss (§ 158 Satz 2 SGG), da er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung bedarf der Zulassung, weil der in § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG genannte Wert der Beschwer von 750 Euro nicht überschritten wird und die Klageforderung auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Der Wert des Streitgegenstands richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinem Berufungsantrag weiterverfolgt (statt aller: BSGE, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B, juris). Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Hiervon ausgehend erreicht der Wert des Streitgegenstandes nicht mehr als 750 Euro. Bei verständiger Würdigung (§ 123 SGG) geht es den Klägerinnen um die Berücksichtigung von 30 Euro Versicherungspauschale bzw. von einem Zwölftel von 41,76 Euro für eine private Unfallversicherung. Hieraus errechnet sich kein Streitgegenstand von mehr als 750 Euro. Allein diese Berechnungselemente hätten nach Ansicht der Klägerinnen im Monat Juni 2011 Berücksichtigung finden und zu höheren Leistungen führen müssen. Insoweit liegt auch kein Fall von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vor. Soweit den Ausführungen der Klägerinnen auch entnommen werden kann, dass "die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens" streitgegenständlich sei, so führt dies nicht zur Erhöhung des Gegenstandswerts. Rechtliche und wirtschaftliche Folgenwirkungen bleiben bei der Berechnung des Gegenstandswerts außer Betracht; vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, zu § 144 Rn. 15 m.w.N.). So läge es hier mit den geltend gemachten Kosten zum Widerspruchsverfahren. In der Sache geht es den Klägerinnen um höhere Leistungen nach dem SGB II. Ein Verfahren nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) ist nicht streitgegenständlich. Würde der Rechtsstreit vollen Erfolg haben, würde die Kosten des gesamten Rechtsstreits nach § 193 SGG grundsätzlich der Beklagte zu tragen haben. Hierzu gehörten dann auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens, da das Klageverfahren unmittelbar dem Widerspruchsverfahren gefolgt ist (vgl. zu alledem Leitherer, a.a.O., zu § 193 Rn. 5a mit etlichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das SG über die Erledigung des Rechtsstreits nach § 102 Abs. 2 SGG entschieden hat, denn auch bei Verfahren, die zunächst auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – L 7 AS 524/09 –, Rn.22, juris). Soweit anderes vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. August 2012 – L 2 AS 132/12 – und Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. August 2012 – L 3 AS 133/12 – beide juris) entschieden worden ist, folgt dem der Senat nicht. Der Umstand, dass ein Rechtsuchender ein Verfahren mit einer zulassungsbedürftigen Berufung vor den Sozialgerichten nicht betreibt, kann ihn verfahrensrechtlich nicht besser stellen als denjenigen, der ein solches Verfahren betreibt. Beiden steht das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bei einem Misserfolg ihrer Klagen zur Verfügung, wovon hier die Klägerin zu 1. – wenn auch erfolglos – Gebrauch gemacht hat. Auf diese Weise wird das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutz (Art. 19 des Grundgesetzes – GG) gleichermaßen gewährleistet. In der Regel dürfte bei Verkennung der Voraussetzungen für eine fiktive Klagerücknahme nach § 102 Abs. 2, 3 SGG regelmäßig ein Verfahrensfehler iSd § 144 Abs. 2 Nr. 3 vorliegen. Denn hierunter wird ein Verstoß gegen die sozialgerichtlichen Vorschriften verstanden (vgl. Leitherer, a.a.O., zu § 144 Rn. 32 m.w.N.). Die rechtsirrtümlich angenommene Erledigung eines Rechtsstreits aufgrund einer fiktiven Klagerücknahme dürfte daher auch ein Mangel im prozessualen Vorgehen sein. Hierauf kommt es indessen für das streitgegenständliche Berufungsverfahren entscheidend nicht an.
Die Entscheidung über die Erstattung von Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen gewesen, weil die Voraussetzungen von § 160 abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorgelegen haben.
Gegen diesen Beschluss steht nach § 158 Abs.1 Satz 3 SGG den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob das Verfahren auf Grund einer fiktiven Klagerücknahme erledigt ist.
In dem Verfahren S 42 AS 4707/13 haben die Klägerinnen am 10. September 2013 bei dem Sozialgericht (SG) Cottbus Klage erhoben gegen den Änderungsbescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 (W), der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat Juni 2013 betraf, und im Wesentlichen " eine fehlerhafte Einkommensanrechnung " geltend gemacht (Schriftsatz vom 15. August 2015).
Auf die Aufforderung des Kammervorsitzenden des SG mit Schreiben vom 8. Januar 2015, die mit einer Betreibensaufforderung versehen war, näher darzulegen, warum die Einkommensberechnung fehlerhaft sei, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen erwidert (Schriftsatz vom 13. April 2015; Zugang am selben Tag beim SG), dass ihr Rechtsschutzinteresse nicht entfallen sei. Das Verfahren werde im Rahmen der Möglichkeiten des Prozessbevollmächtigten gefördert. Die Einstellung weiteren Personals sei unter Berücksichtigung "der schwachsinnigen Kostenrechtsprechung" des Sozialgerichtes Cottbus nicht möglich." Vor dem Hintergrund offener PKH-Vergütungen aus den Jahren 2010 bis 2013 dürfe sich das SG gern wieder mit einer Betreibensaufforderung an den Prozessbevollmächtigten wenden, wenn die Forderungen ausgeglichen worden seien. "Bis dann würden die Verfahren nach deren Alter und Dringlichkeit "(sic!; vermutlich: bearbeitet werden). Der Richterbrief vom 8. Januar 2015 ist dem Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen per Postzustellungsurkunde am 12. Januar 2015 zugegangen.
Unter dem 17. April 2015 hat der Vorsitzende der zweiten Kammer des SG die Erledigung des Rechtsstreits wegen "Rücknahme" (§ 102 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG) verfügt.
Am 20. September 2015 hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger zur Begründung der Klage ergänzend mitgeteilt, dass vom Einkommen der Klägerin zu 2. eine Versicherungspauschale i.H.v. 30 EUR abzusetzen sei und die Klägerinnen zu 1. für ihre Tochter Beiträge zu einer privaten Unfallversicherung (in Höhe von 41,76 EUR Jahresnettobeitrag) aufzuwenden habe.
Dem Hinweis des Kammervorsitzenden, dass das Verfahren erledigt sei, haben die Klägerinnen widersprechen lassen.
Das Sozialgericht hat unter dem sodann neu registrierten Verfahren S 2 AS 3848/15 WA durch Urteil vom 3. Februar 2016 festgestellt, dass die Klage als zurückgenommen gelte. Mit dem Schreiben vom 13. April 2013 sei nicht substantiiert dargelegt worden, dass und warum das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen sei. Die Berufung ist vom Sozialgericht nicht zugelassen worden.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten am 16. Februar 2016 zugestellte Urteil hat er am 11. März 2016 Nichtzulassungsbeschwerde nur für die Klägerin zu 1.) eingelegt, mit dem Begehren die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts zuzulassen. Das Urteil des SG beruhe auf einem Verfahrensfehler. Das Rechtsschutzbedürfnis sei nicht entfallen, hiervon könne angesichts des Schreibens vom 13. April 2013 nicht ausgegangen werden. Weiterer Vortrag sei im September 2015 erfolgt. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat keinen Erfolg gehabt (Beschluss vom 2. Juni 2016).
Am 11. März 2016 hat der Prozessbevollmächtigte für beide Klägerinnen (Kurzrubrum, Name der Klägerin zu 1. "u.a.") die zum Az. L 14 AS 744/16 registrierte Berufung vor dem hiesigen Gericht eingelegt.
Die Klägerinnen beantragen (sinngemäß),
das Urteil des SG Cottbus vom 3. Februar 2016 aufzuheben sowie den Änderungsbescheid des Beklagten vom 10. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. August 2013 (W ) zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, "Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe und die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens" zu gewähren,
hilfsweise das Urteil des SG Cottbus vom 3. Februar 2016 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das SG zurückzuweisen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit Richterbrief vom 8. Juni 2016 ist den Beteiligten u.a. mitgeteilt worden, dass ursprünglich im Verfahren ein Zwölftel von 41,76 Euro in der privaten Unfallversicherung bzw. eine Versicherungspauschale von 30 EUR geltend gemacht worden und deswegen die Berufung nicht statthaft sein dürfte; § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Etwas anderes dürfte sich auch nicht aus dem Umstand ergeben, dass das SG festgestellt habe, dass die Klage als zurückgenommen gelte.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Vorbringen der Beteiligten wegen des Verfahrens wird auf die beigezogene Gerichtsakte Bezug genommen. Die Akte hat vorgelegen und ist Gegenstand der Beratung gewesen.
II.
Die Berufung der Klägerinnen ist gemäß § 158 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht statthaft ist. Diese Entscheidung trifft der Senat durch Beschluss (§ 158 Satz 2 SGG), da er eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Die Berufung bedarf der Zulassung, weil der in § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG genannte Wert der Beschwer von 750 Euro nicht überschritten wird und die Klageforderung auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 S. 2 SGG).
Der Wert des Streitgegenstands richtet sich danach, was das SG dem Rechtsmittelkläger versagt hat und was er davon mit seinem Berufungsantrag weiterverfolgt (statt aller: BSGE, Beschluss vom 13. Juni 2013 – B 13 R 437/12 B, juris). Bei einer Geldleistung ist daher der Wert des Streitgegenstandes für das Berufungsverfahren nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Hiervon ausgehend erreicht der Wert des Streitgegenstandes nicht mehr als 750 Euro. Bei verständiger Würdigung (§ 123 SGG) geht es den Klägerinnen um die Berücksichtigung von 30 Euro Versicherungspauschale bzw. von einem Zwölftel von 41,76 Euro für eine private Unfallversicherung. Hieraus errechnet sich kein Streitgegenstand von mehr als 750 Euro. Allein diese Berechnungselemente hätten nach Ansicht der Klägerinnen im Monat Juni 2011 Berücksichtigung finden und zu höheren Leistungen führen müssen. Insoweit liegt auch kein Fall von § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG vor. Soweit den Ausführungen der Klägerinnen auch entnommen werden kann, dass "die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens" streitgegenständlich sei, so führt dies nicht zur Erhöhung des Gegenstandswerts. Rechtliche und wirtschaftliche Folgenwirkungen bleiben bei der Berechnung des Gegenstandswerts außer Betracht; vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig, Keller, Leitherer, SGG, 11. Aufl., 2014, zu § 144 Rn. 15 m.w.N.). So läge es hier mit den geltend gemachten Kosten zum Widerspruchsverfahren. In der Sache geht es den Klägerinnen um höhere Leistungen nach dem SGB II. Ein Verfahren nach § 63 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch (SGB X) ist nicht streitgegenständlich. Würde der Rechtsstreit vollen Erfolg haben, würde die Kosten des gesamten Rechtsstreits nach § 193 SGG grundsätzlich der Beklagte zu tragen haben. Hierzu gehörten dann auch die Kosten des Widerspruchsverfahrens, da das Klageverfahren unmittelbar dem Widerspruchsverfahren gefolgt ist (vgl. zu alledem Leitherer, a.a.O., zu § 193 Rn. 5a mit etlichen Nachweisen zur Rechtsprechung).
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass das SG über die Erledigung des Rechtsstreits nach § 102 Abs. 2 SGG entschieden hat, denn auch bei Verfahren, die zunächst auf die Fortsetzung eines infolge einer Klagerücknahmefiktion nach § 102 Abs. 2 Satz 1 SGG beendeten Verfahrens gerichtet sind, bestimmt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes im Sinne des § 144 Abs. 1 SGG nach dem Streitgegenstand des ursprünglichen Klageverfahrens (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 1. Dezember 2010 – L 7 AS 524/09 –, Rn.22, juris). Soweit anderes vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 30. August 2012 – L 2 AS 132/12 – und Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. August 2012 – L 3 AS 133/12 – beide juris) entschieden worden ist, folgt dem der Senat nicht. Der Umstand, dass ein Rechtsuchender ein Verfahren mit einer zulassungsbedürftigen Berufung vor den Sozialgerichten nicht betreibt, kann ihn verfahrensrechtlich nicht besser stellen als denjenigen, der ein solches Verfahren betreibt. Beiden steht das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde bei einem Misserfolg ihrer Klagen zur Verfügung, wovon hier die Klägerin zu 1. – wenn auch erfolglos – Gebrauch gemacht hat. Auf diese Weise wird das Grundrecht auf Gewährung effektiven Rechtsschutz (Art. 19 des Grundgesetzes – GG) gleichermaßen gewährleistet. In der Regel dürfte bei Verkennung der Voraussetzungen für eine fiktive Klagerücknahme nach § 102 Abs. 2, 3 SGG regelmäßig ein Verfahrensfehler iSd § 144 Abs. 2 Nr. 3 vorliegen. Denn hierunter wird ein Verstoß gegen die sozialgerichtlichen Vorschriften verstanden (vgl. Leitherer, a.a.O., zu § 144 Rn. 32 m.w.N.). Die rechtsirrtümlich angenommene Erledigung eines Rechtsstreits aufgrund einer fiktiven Klagerücknahme dürfte daher auch ein Mangel im prozessualen Vorgehen sein. Hierauf kommt es indessen für das streitgegenständliche Berufungsverfahren entscheidend nicht an.
Die Entscheidung über die Erstattung von Kosten beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen gewesen, weil die Voraussetzungen von § 160 abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht vorgelegen haben.
Gegen diesen Beschluss steht nach § 158 Abs.1 Satz 3 SGG den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte.
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