L 1 KR 395/15

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 211 KR 2192/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 395/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. August 2015 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht der Sache nach der sozialversicherungsrechtliche Status der Beschäftigung des Klägers als Pflegekraft bei verschiedenen Kliniken, den Beigeladenen zu 1) bis 4) sowie einem Pflegedienst, dem Beigeladenen zu 7) im zweiten Halbjahr 2010.

Der 1986 geborene Kläger ist ausgebildeter Gesundheits- und Krankenpfleger. Er war zunächst als Pflegekraft auf der Intensivstation für Viszeral- und Transplantationschirurgie an der C B tätig. Er zeigte mit Schreiben vom 25. Mai 2010 dem zuständigen Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin gemäß § 14 des Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst an, ab dem 1. Juli 2010 eine selbständige Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger aufzunehmen. Ab dem 19. Juli 2010 war er für die Beigeladene zu 1) bis 4) und den Beigeladenen zu 7) als Gesundheits- und Krankenpfleger tätig. Bei den Beigeladenen zu 1) bis 4) übte er seine Tätigkeit im Krankenhaus auf Stationen aus, bei dem Beigeladenen zu 7) war er im ambulanten Krankenpflegedienst tätig. Den Tätigkeiten lagen jeweils ein Honorarvertrag und Dienstleistungsvereinbarungen zugrunde, in denen der Kläger als "freiberufliche medizinische Fachkraft" oder "freiberufliche Pflegekraft" bezeichnet wurde. Ab dem 1. Oktober 2010 stellte der Kläger eine Bürokraft für monatlich 410,- EUR an, die zum Beispiel die Reisen organisierte und Rechnungen bearbeitete.

Der Kläger beantragte am 5. November 2010 die Feststellung seines Status für die Zeit ab dem 1. August 2010. Er gab als Auftraggeber die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 7) an und nannte "beispielhafte Einsatzzeiten" bei den einzelnen Auftragnehmern zwischen dem 19. Juli 2010 und dem 30. Dezember 2010. Seine Tätigkeit beschrieb er als "eigenständige und eigenverantwortliche Planung, Durchführung, Dokumentation und Überprüfung von häuslicher und/oder stationärer Krankenpflege und/oder Altenpflege der zu pflegenden Personen". Weisungen würden ihm nicht erteilt. Er habe als Auftragnehmer lediglich nach Verordnung für häusliche Krankenpflege sowie der behandelnden Ärzte oder Patienten/Personen zu handeln. Dem Antrag war eine "Dienstleistungsvereinbarung" zwischen dem Beigeladenen zu 7) - Sozialstation R vom 19. Juli 2010 beigefügt sowie eine "Dienstleistungsvereinbarung" zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger vom 28. September 2010 für den Einsatzzeitraum "2. November 2010 bis einschließlich 14. November 2010 an mindestens 12 Tagen" sowie vom "24. Dezember 2010 bis einschließlich 30. Dezember 2010 an mindestens 6 Tagen". Die letztgenannte Vereinbarung beruht ausweislich der eingereichten Kopie auf einem vom Kläger vorgegebenen Muster.

Ein entsprechender Vertrag nach dem Formular des Klägers wurde auch mit der Beigeladenen zu 4) am 2. September 2010 abgeschlossen. Die Tätigkeit für die Beigeladene zu 2) fußte auf einem "Honorar zwischen Einrichtung und freiberuflicher Pflegekraft" vom 23. August 2010 auf einem Formular einer Vermittlungsagentur für freiberufliches medizinisches Personal.

Der Kläger führte ergänzend aus: Seine Arbeitsmittel seien Blutzuckermessgerät inklusive Zubehör, Blutdruckmessgerät, Desinfektionsmittel, Handschuhe. Er trage eigene Dienstkleidung mit einem Namensschild, auf dem eindeutig für den Kunden/Patienten ersichtlich sei, dass er im Auftrag seines Auftraggebers tätig sei. Er hafte im Falle unerwarteter Verhinderung für die zusätzlichen Kosten, die dem Auftraggeber entstünden, um die frei gewordenen Kapazitäten zu decken. Es sei ihm freigestellt, den Auftrag durch eine andere Pflegekraft ausführen zu lassen. Organisation und Finanzierung fielen dabei in seine Pflicht. Er selbst hafte für entstehende Schäden sowohl bei der Durchführung der Maßnahmen als auch am Eigentum der Patienten und bestimme seine Arbeit selbst nach den betrieblichen Erfordernissen, unabhängig von einem Direktionsrecht bzgl. Zeit, Ort und Art der Tätigkeit. Er sei an die Dienstpläne seiner Auftraggeber nicht gebunden und bestimme den zeitlichen Umfang seiner Dienstleistung selbst. So habe er beispielsweise bei der Beigeladenen zu 1) am 26. Dezember 2010 über einen ununterbrochenen Zeitraum von 17 Stunden Dienstleistungen erbracht. Dies entspreche in keiner Weise den Dienstplangegebenheiten seiner Auftraggeberin. Arbeitnehmer hätten im Gegensatz zu ihm vorgegebene Dienstzeiten, Arbeitsschutzrichtlinien sowie Ruhe- bzw. Pausenzeiten zwingend einzuhalten. Ferner nehme er nachweislich nicht an Dienst- bzw. Teambesprechungen, Betriebsausflügen und Veranstaltungen der Auftraggeber teil. Ganz allgemein führten medizinische Fachkräfte und Pflegefachkräfte als Glieder zwischen Ärzten, Therapeuten und Angehörigen und Patienten im Rahmen der Behandlungspflege ärztliche Anordnungen selbständig aus, bereiteten die Patienten auf therapeutische und diagnostische Maßnahmen vor und führten angeordnete erforderliche medizinische Behandlungen durch. Im Rahmen der Patientenbeobachtung ermittelten und dokumentierten Krankenpfleger die für die Therapie erforderlichen Daten wie Blutdruck, Puls und Temperatur und beurteilten Atmung und Verhalten der Patienten. Soweit er Tätigkeiten ausgeführt habe, sei er zu den vereinbarten Einsatzzeiten auf der vertraglich vereinbarten Pflegestation erschienen, habe am Empfang der Station die Akte des Patienten sowie die Information von der Schichtleitung erhalten, wo sich der zu pflegende Patient aufhalte. Er habe dann anschließend eigenverantwortlich die Kontrolle ausgeübt. Es sei während seiner Einsatzzeit zu keiner Kontrolle durch die diensthabende Stationsschwester gekommen. Nach Beendigung des Dienstes übergebe er den Patienten selbständig an den nachfolgenden Dienst. Eine Abnahme durch die diensthabende Stationsschwester sei zu keinem Zeitpunkt erfolgt. Sofern er gemäß der Verordnungen oder Anordnungen der behandelnden Ärzte tätig sei bzw. werde, schließe dies eine selbständige Tätigkeit nicht aus. Hierfür spreche bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI).

Der Kläger reichte Beschreibungen des Auftragsverhältnisses durch die Beigeladenen zu 1) bis 4) und 7) ein sowie Kopie der Rechnungen.

Die Beklagte stellte mit Bescheid vom 21. November 2011 fest, dass die Tätigkeit des Klägers als Gesundheits- und Krankenpfleger bei der Beigeladenen zu 2) seit dem 23. August 2010 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Die Versicherungspflicht beginne am 23. August 2010. Maßgeblich für die Beurteilung als abhängige Beschäftigung sei, dass die Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger in der intensivmedizinischen Pflege an die Gegebenheit der entsprechenden Einrichtung gebunden sei. Eine Bindung eines Krankenpflegers in der stationären Pflege an die Weisungen von Ärzten und Stationsleitung zu negieren erscheine lebensfremd. Weitere entsprechende Bescheide ergingen unter diesem Datum gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 3), der Beigeladenen zu 1) und der Beigeladenen zu 7).

Der Kläger erhob hiergegen am 14. Dezember 2011 jeweils Widerspruch. Am 22. Dezember 2011 erhob auch die Beigeladene zu 3) Widerspruch.

Mit weiterem Bescheid vom 2. Januar 2012 stellte die Beklagte fest, dass auch die Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 4) abhängig gewesen sei und entsprechend Versicherungspflicht bei den einzelnen Sozialversicherungen bestehe.

Am 30. Januar 2012 legte der Kläger auch hiergegen Widerspruch ein. Zur Begründung trug er ergänzend vor, er entscheide unter anderem selbständig und eigenverantwortlich über die Darreichungsform der Medikamente. Auch obliege ihm die Entscheidung, wann und wo und in welcher Dosierung Spritzen verabreicht würden, ebenso wie die über die Aufziehung von Infusionslösungen. Auch der behandelnde Arzt habe sich beispielsweise an die Anordnungen der Wundschwester zur Versorgung einer Wunde zu halten. Die Anordnungen und Verordnungen des behandelnden Arztes dienten lediglich als Basis der Dienstleistung des Klägers. Ferner trage der Kläger ein Unternehmerrisiko dahingehend, dass er auch bei Forderungsausfällen weiterhin seine monatlichen Belastungen alleine zu tragen habe.

Die Beigeladene zu 3) hat unter anderem ausgeführt, die Zusammenarbeit des Klägers mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern und Ärzten habe sich auf ein absolutes Minimum beschränkt. Er sei nicht in den Krankenhausbetrieb eingegliedert gewesen. Es habe weder ein Weisungsrecht bestanden, noch habe der Kläger einen Vorgesetzten gehabt.

Mit Widerspruchsbescheiden vom 31. Oktober 2012 wies die Beklagte die Widersprüche zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 28. November 2012 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Er hat im Klagebegründungsschriftsatz im Einzelnen aufgelistet, an welchen Tagen er für die Tätigkeit bei welchen Beigeladenen jeweils Umsätze erzielt hat. Zur Klagebegründung hat er zusätzlich ausgeführt, die zu betreuten Personen würden ihm gerade nicht zugeordnet, sondern von ihm entsprechend seiner Qualifikation ausgewählt. So lehne er die Betreuung von zu pflegenden Personen mit bestimmten Krankheitsbildern ab. Ferner begrenze er selbst die Anzahl der zu betreuten Personen. Die Auswahl treffe er auch nach ganz praktischen Erwägungen, zum Beispiel ob die Zimmer nahe beieinander lägen. Er sei fachlich alleine zuständig. Er übernehme auch nicht im Falle eines Personalausfalles der Auftraggeber die Verpflichtungen des abwesenden/verhinderten Beschäftigten der Beigeladenen. Er habe ein Schild getragen, das ihn als externen Mitarbeiter ausgewiesen habe. So habe er immer schnell auf andere Mitarbeiter verweisen können, wenn er nicht zuständig gewesen sei. Er führe regelmäßig kleinere Eingriffe an den zu betreuten und zu pflegenden Personen durch, beurteile Akutsituationen selbständig und eigenverantwortlich und handele entsprechend. Er sei nicht in die Organisationsstruktur der Beigeladenen eingegliedert und besitze keine Zugangsrechte zu den EDV-Systemen. Soweit die Pflegedokumentation IT-basiert gewesen sei, habe er fest angestellte Mitarbeiter bitten müssen, sich unter ihrem Namen einzuloggen, damit er die Pflege im System – dann manuell unter seinem Namen – habe dokumentieren können.

Die Beigeladene zu 3) hat vorgebracht, die einzigen Vorgaben, die dem Kläger von ihr gemacht seien, seien Verordnungen der Ärzte. Die Verwendung der Vertragstexte durch den Kläger, bei welchen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auszugehen sei, spreche regelmäßig für die Selbständigkeit des Verwenders.

Das SG hat mit Urteil vom 3. August 2015 (Zustellung: 31. August 2015) die Bescheide der Beklagten vom 21. November 2012 und vom 2. Januar 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Oktober 2012 aufgehoben. Es hat festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Gesundheits- und Krankenpfleger für den Beigeladenen zu 7) ab dem 19. Juli 2010, die Beigeladene zu 3) ab dem 5. August 2010, die Beigeladene zu 2) ab dem 23. August 2010, die Beigeladene zu 4) ab dem 9. September 2010 und die Beigeladene zu 1) ab dem 2. November 2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlegen habe. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit sprechenden Umstände überwögen. Entscheidend sei für das SG insbesondere, dass der Kläger die Arbeit nach Übergabe der Patienten eigenständig durchgeführt und nur in Sondersituationen mit fest angestellten Mitarbeitern zusammengewirkt habe. Hinsichtlich der Pflegeleistungen für den Beigeladenen zu 7) überwögen die für Selbständigkeit sprechenden Umstände noch stärker.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten vom 28. September 2015. Zu deren Begründung führt sie aus, das SG argumentiere in sich widersprüchlich. Maßgeblich für die betriebliche Eingliederung sei es, dass sich die Tätigkeit nach Annahme eines Auftrages inhaltlich nicht in nennenswerter Weise von den Tätigkeiten der (normal) beschäftigten Krankenpfleger unterschieden habe. Maßgeblich seien alleine die Verhältnisse nach Auftragsannahme. Der Kläger sei im Schichtdienst eingesetzt worden wie die Angestellten der Beigeladenen auch. Auch hinsichtlich der Art seiner Tätigkeit sei er strikt in die arbeitsteiligen Abläufe der Pflegestation eingebunden gewesen. Seine eigene Tätigkeitsbeschreibung treffe auch auf jeden fest angestellten Krankenpfleger zu. Auch hinsichtlich der ambulanten Pflegetätigkeit für den Beigeladenen zu 7) seien keine relevanten Unterschiede gegenüber den Angestellten in gleicher Tätigkeit ersichtlich.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 3. September 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Er hat sein Vorbringen wiederholt und ergänzend ausgeführt, die Eingliederung in Dienstpläne könne nicht relevant sein, sondern folge bereits aus den besonderen Anforderungen der Pflege. Soweit sich die Beklagte auf ein Urteil des Sozialgerichts Niedersachsen-Bremen berufe, sei darauf hinzuweisen, dass dort über die Tätigkeit einer OP-Fachkraft entschieden worden sei. Diese sei bereits nach den vertraglichen Vereinbarungen weisungsabhängig gewesen. Die Tätigkeiten seien nicht gleichsetzbar.

Die Beigeladene zu 3) beantragt,

die Berufung zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Revision zuzulassen.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze samt Anlagen sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat Erfolg. Zu Recht hat die Beklagte festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit als Pfleger für die Beigeladenen zu 1) bis 4) und dem Beigeladenen zu 7) in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig war.

Die Klage ist abzuweisen, da die streitgegenständlichen Bescheide vom 21. November 2011 und vom 2. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Oktober 2012 rechtmäßig sind und den Kläger nicht in seien Rechten verletzen. Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch. Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung sowie der Kranken-, Renten- und sozialen Pflegeversicherung danach erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV näher definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (vgl. zum Ganzen BSG Urt. v. 28. November 2011 -B 12 R 17/09 R juris-Rdnr. 16 und vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – juris-Rdnr. 16).

Ausgangspunkt der Prüfung, ob der Kläger bei den beigeladenen Krankenhäusern bzw. der Beigeladenen zu 7) im Rahmen einer Beschäftigung oder als Selbständige tätig wurde, sind die für seine Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Hier ist zwar mit dem SG davon auszugehen, dass die Klägerin und die Beigeladene eine Beschäftigung auf freier Basis vereinbaren wollten. Allerdings ist bereits nach den Verträgen der Status der Tätigkeit etwas unklar. So ist in dem vom Kläger selbst vorgegebenen Vertrag jeweils in § 3 Weisungsfreiheit vereinbart. Allerdings verpflichtetet er sich nach dem jeweiligen § 2 zur Krankenpflege "ggf. in Kooperation mit den angestellten Pflegedienstmitarbeitern/-innen" und gemäß der Verordnungen der behandelnden Ärzte. Indessen ergibt sich das Entstehen von Versicherungspflicht ohnehin aus dem Gesetz. Entsprechend kann sie nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen sein. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (BSG Urt. v. 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris-Rdnr. 17; Urt. v. 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris-Rdnr. 17).

Dass der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI selbst anerkennt, dass Pflegepersonen selbständig sein können, führt nicht dazu, die normalen Grundsätze für die Abgrenzung für diesen Berufskreis nicht anzuwenden. Die Regelung soll lediglich klarstellen, dass eine Selbständigkeit von Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflegern, möglich ist, obgleich sie regelmäßig nur auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig werden und insoweit von Weisungsabhängigkeit vom verordnenden Arzt ausgegangen werden könnte (LSG Hamburg, Urteil vom 10. Dezember 2012 – L 2 R 13/09 – juris Rdnr. 35 mit Bezugnahme auf Gürtner in: Kassler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, § 2 SGB VI Rdnr. 12).

Der Kläger beruft sich fruchtlos auf das Urteil des BSG vom 18. September 2011 – B 12 R 17/09 –. Im Gegensatz zu der dortigen Pflegekraft, die beim Patienten zu Hause dem klassischen Berufsbild entsprechend, das auch § 2 SGB VI zugrunde liegt, tätig war, steht hier die Eingliederung des Klägers in den Krankenhaus- bzw. Pflegebetrieb bei den Beigeladenen zu 1) bis 4) und 7) entgegen. Erbringt eine Person – wie Krankenpfleger in einem Krankenhaus – keine abgrenzbare und im Vorfeld definierbare Leistung, sondern ist Mitglied eines Teams, das eine Gesamtleistung erbringt, ist von einer Eingliederung in einer von fremder Seite vorgegebene Arbeitsorganisation (des Krankenhauses) auszugehen. Der Kläger ist in den Stationsbetrieb der Beigeladenen zu 1) bis 4) eingebunden gewesen. Ihm sind keine nennenswerten Gestaltungsspielräume in der Art der Ausführung seiner Tätigkeit verblieben. Seine Tätigkeit hat im Wesentlichen mit der der normal beschäftigten Pflegeperson übereingestimmt, auch wenn er -als kurzfristig eingesetzter Springer bzw. Urlaubsvertretung- sich die zu betreuenden Patienten selbst ausgesucht haben mag.

Soweit das Bayerische Landessozialgericht im Urteil vom 22. März 2011 (L 5 R 627/09), auf welches sich der Kläger bezogen hat, keine entscheidende Einbindung der dortigen Klägerin als Krankenschwester in die Betriebsorganisation des beigeladenen Krankenhauses erkennen konnte, folgt dem der Senat nicht. Von tragender Relevanz ist nicht, ob die Pflegekraft an Dienstbesprechungen teilzunehmen hat und/oder sich mit anderen Pflegekräften abstimmen muss oder nicht. Entscheidend ist vielmehr, dass eine Eingliederung in den Arbeitsprozess erfolgt. Dass ein Betrieb reibungslos funktioniert, weil jeder Beschäftigte seine Tätigkeit eigenständig und verantwortungsvoll wahrnimmt, und nur deshalb kein Bedarf für Dienstbesprechungen und Abstimmungen besteht, führt nicht dazu, nicht (mehr) von einer geordneten Betriebsorganisation auszugehen. Der Kläger selbst hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG erklärt, dass es Ausnahmesituationen wie Reanimationen gebe, bei denen mehrere Kräfte zusammenarbeiten müssten. Vorliegend ist zudem entscheidend, dass sich im Zweifel – zum Beispiel bei unerwarteten Not- oder Ausnahmesituationen – der Pfleger den Weisungen der Stationsleitung oder des Arztes nicht verweigern dürfte.

Für die Frage einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV kommt es nur auf die rechtliche Möglichkeit im (gedachten) Konfliktfall an. Eine "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist nämlich mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar und nicht anzuerkennen (BSG, Urteil vom 19. August 2015 – B 12 KR 9/14 R –, Rdnr. 35 mit Bezugnahme u. a. auf BSGE 111, 257). Zudem ist auch für den normalen Arbeitsalltag von einer Eingliederung des Klägers in die Unternehmen der Beigeladenen auszugehen. Auf die Nachfrage des Vorsitzenden, ob er Dienste von ausfallenden Pflegekräften übernehme, hat er sinngemäß geantwortet, dass er -trotz an sich fehlender Verpflichtung-, Dienste übernommen habe, soweit ihm kommuniziert worden sei, dass Bedarf bestehe. Er müsse seinen Lebensunterhalt verdienen. Es haben normale Übergaben stattgefunden. Die Pflegedienste sind dokumentiert worden.

Ganz allgemein ist bei der Tätigkeit eines Krankenpflegers im Krankenhaus bereits strukturell eine für ein Arbeitsverhältnis typische Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation verbunden. Die Krankenhausbehandlung umfasst gemäß § 39 Abs. 1 Satz 3 SGB V im Rahmen des Versorgungsauftrags des Krankenhauses alle Leistungen, die im Einzelfall nach Art und Schwere der Krankheit für die medizinische Versorgung der Versicherten im Krankenhaus notwendig sind, insbesondere ärztliche Behandlung. Diese erfolgt in der Regel durch angestellte oder beamtete Ärzte des Krankenhauses. Der angestellte Arzt in Krankenhäusern (bzw. Kliniken) ist ein in Rechtstradition und allgemeiner gesellschaftlicher Anschauung durch eine hierarchische Struktur geprägter, typischer ärztlicher Beruf. Die hierarchische Struktur ist nicht nur traditionell gewachsen, sondern ist auch im Interesse der Volksgesundheit bedeutsam, wobei ein hohes Maß ärztlicher Eigenverantwortung auf Grund der Leitung durch einen ärztlichen Direktor, der fachlich vom Betreiber unabhängig ist, gewährleistet wird (Hessisches LSG, Urteil vom 07. Juli 2016 – L 8 KR 297/15 –, juris-Rdnr. 41). Dieser ärztliche Leitungsvorbehalt (§ 107 Abs. 1 Nr. 2 SGB V) ist maßgeblich für die Organisation und Weisungsstruktur des Krankenhauses. Die Organisation der gesamten Betriebsabläufe in fachlich-medizinischer Hinsicht sowie die im Krankenhaus erbrachten Leistungen müssen ärztlich gesteuert werden (Hessisches LSG, a. a. O. mit Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 22. April 2009 - B 3 P 14/07 R -, BSGE 103, 78-91). Dies schließt die ständige ärztliche Verantwortung eines im Krankenhaus tätigen Arztes für jede einzelne Behandlung ein, die nach einem ärztlichen Behandlungsplan durchgeführt werden muss.

Für die Tätigkeit bei einem ambulanten Pflegedienst fehlt es zwar regelmäßig an der Kontrolle durch einen Arzt des Pflegedienstes. Auch hier gilt jedoch, dass sich die Tätigkeit kaum von der der Festangestellten unterscheidet und eine Einbindung in den Betrieb durch die Erfordernisse der Organisation und der Leistungsdokumentation ergibt.

Dass der Tätigkeit des Klägers für einen Großteil der Beigeladenen eine Vereinbarung zugrunde lag, welche der Kläger formularmäßig verwendet hat, ist aus Sicht des Senats kein entscheidendes Kriterium für die Einordnung die Tätigkeit als selbständig oder nicht. Auch ein nur tageweise tätiger Arbeitnehmer kann dem Arbeitgeber seine Vertragsbedingungen vorgeben. Je dringlicher der Arbeitgeber auf einen bestimmten Arbeitnehmer angewiesen ist, desto eher ist auch in einem Arbeitsverhältnis als von einem Verhältnis "auf Augenhöhe" auszugehen, bei welchem im Prinzip beide Seiten ihre AGB durchsetzen können.

Dem Umstand, dass dem Kläger in einem Teil der Dienstleistungsvereinbarungen die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Aufträge durch Dritte auf Ermittlung einer bestimmten Agentur ausführen zu lassen, ist kein relevantes Indiz, da der Kläger hiervon rein praktisch kaum Gebrauch hätte machen können (ähnlich: SG Berlin, Urteil vom 26. April 2016 – S 208 KR 2366/14), da der Kläger nicht über eigenes Pflegepersonal verfügt hat. Im Falle der kurzfristigen eigenen Verhinderung – etwa wegen Krankheit – erscheint es nicht realistisch, dass bei Einschaltung der Vermittlungsagentur die vermittelte Fachkraft "nur" als Subunternehmer des Klägers aufgetreten wäre.

Nicht von Relevanz ist nach Auffassung des Senats die Frage, ob der Kläger den Patienten gegenüber als (angestellter) Mitarbeiter der Krankenhäuser bzw. des Pflegedienstes aufgetreten ist. Auch Leiharbeitnehmer und Mitarbeiter ausgelagerter ("outgesourceter") Tätigkeitsbereiche (in Krankenhäusern insbesondere Reinigungs- und Küchenpersonal) stellen sich aus Sicht des Patienten nicht als unmittelbare Mitarbeiter des Krankenhauses dar, jedoch – ebenso wie der Kläger – als Personal, welches auf Veranlassung des Krankenhauses dort tätig ist.

Die angefochtenen Bescheide sind auch nicht rechtswidrig, weil die Versicherungspflicht zeitlich unbestimmt festgestellt wurde. Eine ausdrückliche Beschränkung auf die einzelnen Beschäftigungstage im Jahr 2010 änderte nichts am Regelungsinhalt, sondern würde sich lediglich als – wünschenswerte – Klarstellung darstellen. Anders wäre dies nur, wenn der Kläger zu anderen Zeiträumen und/oder aktuell für eine der Beigeladen tätig wäre. Dies ist aber unstreitig nicht der Fall. Ob sogenannte unständige Beschäftigung im Sinne des § 163 SGB VI vorgelegen hat, ist für die von der Beklagten als Clearingstelle zu treffende Entscheidung nach § 7a SGB IV nicht von Relevanz (vgl. hierzu für ein Rechtsstreit gegen die Einzugsstelle, welche auch konkrete Beiträge zur Rentenversicherung einzuziehen hat: BSG, Beschluss vom 27. April 2016 -B 12 KR 16/14 R Rdnr. 36ff und Urteil vom 12. April 2017 -B 12 KR 16/14 R- [ausweislich Pressebericht]).

Erweisen sich die streitgegenständlichen Bescheide danach als rechtmäßig, scheidet die begehrte Feststellung der fehlenden Versicherungspflicht per se aus.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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