Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 25 U 549/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 U 156/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die 1986 geborene Klägerin ist Mutter der 2011 geborenen L. In die Geburtsurkunde vom 26. Mai 2011 ist M S als Vater eingetragen. Im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses war die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter in der Nstraße, als wohnhaft gemeldet.
Sie erlitt laut Unfallanzeige vom 04. Juli 2014 am 02. Juli 2014 gegen 12.45 Uhr auf der Kreuzung Mdamm/ Ostraße als Motorradfahrerin einen Verkehrsunfall, als sie auf ein Auto prallte, das ihr die Vorfahrt genommen hatte. Hierbei zog sich die Kläge-rin eine HWS-Distorsion und eine Schulterprellung zu; sie wurde mit dem Rettungsdienst ins Bkrankenhaus gebracht, vgl. Durchgangsarztbericht (DAB) vom 02. Juli 2014, in welchem die Klägerin als arbeitsuchend vermerkt und der Unfallzeitpunkt mit 13:10 Uhr angegeben wurde.
Nach Eingang der Unfallanzeige, in welcher die Klägerin als arbeitsuchend bzw. in Weiterbildung bezeichnet wurde, trat die Beklagte in Ermittlungen ein. Diese ergaben, dass die Klägerin im Anschluss an ein bis zum 10. Januar 2014 befristet gewe-senes Arbeitsverhältnis mit der EGmbH ab dem 11. Januar 2014 Arbeitslosengeld I bezog und sich auf Vermittlung der Bundesagentur für Arbeit in einer Fortbildung zur Assistentin für Büro und Buchhaltung beim F e.V., Cstraße, B befand, vgl. dessen Auskunft vom 10. Juli 2014.
In einem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Fragebogen gab die Klägerin an, dass sich der Unfall "Mdamm Ecke Ostr. Richtung Gstr." ereignet habe. Sie sei um 11:45 Uhr vom F e.V. in der Cstraße aufgebrochen; offizielles Ende sei um 14.00 Uhr gewesen. Sie habe sich auf den Weg zu einem Vorstellungsgespräch gemacht. Der Unfall sei ca. 12:00 Uhr passiert. In einer e-mail vom 05. Oktober 2014 gab sie gegenüber der Beklagten ergänzend an, dass das Vorstellungsgespräch im S Hotel & Ressorts, A Straße, B habe stattfinden sollen und sie sich die Stelle selbst ge-sucht habe. Daraufhin fragte die Beklagte beim S telefonisch nach und erfuhr, dass ein Vorstellungsgespräch durchschnittlich zwischen 30 und 60 Minuten dauere, vgl. Telefonvermerk vom 20. April 2015.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. April 2015 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin nicht auf ihrer üblichen Wegstrecke verunfallt und der Unfall deshalb nicht als Wegeunfall ver-sichert sei. Zwar bestimme das Gesetz nicht, dass der Weg zum Ort der Tätigkeit von der eigenen Wohnung aus angetreten oder dorthin zurückführen müsse. Wähle der Versicherte für seinen Weg nach und von der Arbeitsstätte einen Ausgangs- und Zielpunkt, der nicht mit seinem Wohnbereich identisch sei, so sei der Versicherungs-schutz unter dem Gesichtspunkt des Weges von und zu einem sog. dritten Ort zu prüfen. Hierbei müsse der Aufenthalt an diesem Ort so erheblich lang sein, dass dem nachfolgenden Weg vom dritten Ort zur Wohnung eine selbständige Bedeutung im privaten Bereich zukomme. Der zeitliche Umfang müsse mindestens zwei Stunden betragen. Demgegenüber sei es nach der Auskunft von S nicht wahrscheinlich, dass der Aufenthalt dort eine Dauer von wenigstens zwei Stunden in Anspruch genommen hätte, so dass ein dritter Ort nicht vorliege. Davon abgesehen seien die private Arbeitsplatzsuche und die damit verbundenen Verhandlungen über den Abschuss eines Arbeitsvertrags dem eigenwirtschaftlichen Handlungsbereich des Versicherten zuzuordnen. Daher bestehe auch auf Wegen zum Vorstellungsgespräch kein Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung.
Die Kläger erhob unter dem 11. Mai 2015 Widerspruch. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Missverständnis vorliege. Sie habe die Weiterbildungsstätte des F e.V. zwei Stunden vor dem offiziellen Ende der Fortbildung verlassen, um ihre Tochter von der Kindertagesstätte (Kita) A, Astraße, B abzuholen und zu ihrem Zweitwohn-sitz Sstraße, B zu bringen. Nur so habe ausreichende Betreuung für ihre Tochter gewährleistet werden können, da sie nur einen Betreuungszeitraum von fünf bis höchsten sieben Stunden vom Bezirksamt R zugesprochen erhalten habe. Nachdem sie ihre Tochter am Zweitwohnsitz habe absetzen wollen, habe sie vorgehabt, zum Vorstellungsgespräch zu fahren, weil sie es sonst zeitlich nicht geschafft hätte. Diese Fahrt vom Zweitwohnsitz zum Vorstellungsgespräch habe keinerlei Einfluss auf die versicherten Wege gehabt. Der Unfall sei auf dem Weg von der Weiterbildungsstätte über die Kindertagesstätte zu ihrem Zweitwohnsitz geschehen. Mit Schreiben vom 10. August 2015 trug die Klägerin auf weitere Nachfrage der Beklagten vor, dass der Unfall um 12:55 Uhr geschehen sei. Kurz zuvor sei sie gegen 12:45 Uhr vom Bil-dungsträger aufgebrochen. Die Unfallstelle sei etwa 1,6 km hiervon entfernt gewesen. Am Unfalltag habe ihre Tochter nach der Abholung in der Kita von ihrem damaligen Partner betreut werden sollen, und zwar in dessen Wohnung in der Sstraße.
Die Beklagte holte nun weitere Erkundigungen ein und fragte u.a. bei der Kindertagestätte nach, wer am 02. Juli 2014 die Tochter der Klägerin abgeholt habe, ohne dass hierzu Auskunft erteilt werden konnte. Die Beklagte zog die polizeilichen Ermittlungsakten betreffend den Verkehrsunfall vom 02. Juli 2014 bei, in denen auf dem dortigen Verkehrsunfallbogen die Uhrzeit des Unfalls mit 12:55 Uhr vermerkt ist. Fer-ner holte die Beklagte beim F e.V. die Auskunft vom 04. August 2015 ein, wonach der Unterricht mit der Klägerin am Unfalltag um 08:30 Uhr begonnen habe und bis 13.30 Uhr habe laufen sollen. Die Klägerin sei anwesend gewesen, bis wann genau, könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Die Beklagte gab der Klägerin mit Schreiben vom 23. September 2015 noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme, wonach sie den zum Unfall führenden Weg aus Gründen zurück-gelegt habe, die ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien. Die Notwendigkeit, ihre Tochter eher von der Kita abzuholen und zu ihrem damaligen Partner/ Zweitwohnsitz zu bringen, habe keinerlei Bezug zu ihrer beruflichen Tätigkeit und sei daher ausschließlich als eigenwirtschaftlich zu beurteilen. Die Beklagte wies den Wi-derspruch mit Widerspruchbescheid vom 07. Oktober 2015 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 14. Oktober 2015 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat u.a. vorgetragen, dass ihre Tochter am Unfalltag von ihrem früheren Partner in dessen Wohnung habe betreut werden sollen, damit sie zum Vorstellungsgespräch habe fahren können. Der Unfall habe sich auf einer Wegstrecke ereignet, welche die Klägerin damals immer und regelmäßig zurückgelegt habe, um von der Bildungsstätte kommend ihre Tochter in der Kita abzuholen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. Juli 2016 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Versicherungsschutz ergebe sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), weil der von der Klägerin zurückgelegte, der Tagesbetreuung ihrer Tochter dienende Weg nicht vom unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abgewichen sei. Denn die Klägerin sei von der Bildungsmaßnahme vorzeitig in der Absicht aufgebrochen, ein Vorstellungsgespräch wahrzunehmen. Dieser Weg, in den sie dann die Abholung ihres Kindes und dessen Verbringen in die Wohnung des ehemaligen Lebensgefährten habe einschieben wollen, sei somit auf ein privates und damit unversichertes Ziel gerichtet gewesen. Da für diesen konkreten Weg mithin Versicherungsschutz schon von seinem Beginn an nicht bestanden habe, komme es auch nicht darauf an, dass das Teilstück bis zum Unfallereignis identisch mit dem im Regelfall als Heimweg genutzten Weg gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. August 2016 zugestellte Urteil am 29. August 2016 Berufung eingelegt. Das SG verkenne in der angefochtenen Entscheidung, dass es der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls zunächst darum gegangen sei, ihr Kind in der Kita abzuholen und es nach Hause bzw. zu ihrem Lebensgefährten zu bringen. Sie habe als von ihrem Tätigkeitsort aus über die Kita nach Hause fahren wollen. Eben hieraus folge ihr Versicherungsschutz.
Auf schriftliches Befragen des Berichterstatters trägt die Klägerin weiter vor: Die Wohnung in der Sstraße habe sie als ihre Zweitwohnung bezeichnet, weil sie sich in der Wohnung ihres damaligen Lebenspartners, des Herrn S, fast jeden zweiten Tag aufgehalten und dort übernachtet habe. Ihre Tochter habe dort ein eigenes Zimmer gehabt, sie selbst einen Schlüssel zur Wohnung. Sie habe sich um beide Haushalte gekümmert und in beiden Wohnungen zu Hause gefühlt. Vor dem Vorstellungstermin habe sie sich ca. 30 Minuten in der Sstraße aufhalten wollen, um dort ihre Tochter zu versorgen und dann zum Vorstellungsgespräch weiterzufahren, welches für 14.30 Uhr geplant gewesen sei. Über den Ablauf des Vorstellungsgesprächs im Einzelnen habe sie keine Kenntnis gehabt. Nach dem Vorstellungsgespräch habe sie zur Sstraße zurückfahren und dort bleiben wollen, um dort mit ihrem Lebenspartner den restlichen Tag zu verbringen.
Im vom Berichterstatter durchgeführten vorgenannten Erörterungstermin hat die Klägerin weiter vorgetragen: Sie habe am Unfalltag mit dem Motorrad von der Bildungs-stätte zur Kita fahren wollen, um dort ihre Tochter abzuholen. Geplant gewesen sei, ihr Motorrad dort stehen zu lassen und mit dem dort geparkten Auto ihre Tochter in die Sstraße zu befördern. Das Auto habe ihr Vater zur Verfügung gestellt. Es sei ein Leasingwagen gewesen, ihrer Erinnerung nach ein Renault Captur. Nach dem Unfall habe ihre Mutter aus Reinickendorf kommen und ihre Tochter abholen müssen. Die Wohnung in der Sstraße habe sie im Wechsel mit der Wohnung in der Nstraße genutzt. Der Zeuge S sei bei einem Umzugsunternehmen beschäftigt gewesen. So hätten sie eher ihre Wohnung im Norden Bs genutzt, wenn er im Norden Bs tätig gewe-sen sei, ansonsten auch die Wohnung in der Sstraße. Diese habe zwei Zimmer gehabt. Das ehemalige Schlafzimmer von Herrn S sei dann zum Kinderzimmer ihrer Tochter geworden. Die Wohnung in der Nstraße habe drei Zimmer gehabt. Ihr sei es sehr wichtig gewesen, dass ihre Tochter die Kita trotz der damit verbundenen Um-stände in der Astraße in L besucht habe. Sie habe bilingual (deutsch/ englisch) betreut werden sollen. Hierbei sei zu betonen, dass sie ihre Tochter nach wie vor bilingual erziehe. Heute sehe es so aus, dass sie im P wohne und ihre Tochter in S zur Schule gehe. Sie habe damals mit Herrn Seine Familie geplant. Sie seien damals etwa ein dreiviertel Jahr zusammen gewesen. Die Wohnungen in der Nstraße und in der Sstraße seien voll ausgestattete Wohnungen gewesen, die sie ihren Bedürfnissen entsprechend hätten anpassen müssen. Sie könne nicht mehr genau sagen, wie viele Tage pro Woche sie in welcher Wohnung gewesen seien. Sie hätten sich je nach Arbeitsanfall von Herrn S abgewechselt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juli 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2015 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02. Juli 2014 ein unter die gesetzliche Unfallversicherung fallender Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Berichterstatter hat die Leistungsakten des JobCenters R beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil von 07. Juli 2016 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 02. Juli 2014 ein der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallender Arbeitsunfall war.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz u.a. nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (Lernende wäh-rend der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schu-lungskursen und ähnlichen Einrichtungen) begründenden Tätigkeit. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erstreckt diesen Schutz auch auf das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Da diese Vorschriften inhaltlich im Wesentlichen mit den früheren Regelungen des § 548 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 550 Abs. 1 RVO übereinstimmen (vgl. Begründung zu Art. 1, 2 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 der Regierungsvorlage eines Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, BT-Drucks. 13/2204 S. 74 und S. 77), können zu ihrer Auslegung die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den genannten Regelungen der RVO grundsätzlich her-angezogen werden. Danach ist Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, in einem inneren (sachlichen) Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist gegeben, wenn die Zurücklegung des Weges der Aufnahme der versicherten Tätigkeit bzw. nach Beendigung dieser Tätigkeit dem Erreichen der Woh-nung oder eines dritten Ortes dient. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten betrieblichen Tätigkeit bzw. - wie hier - zum Weg zur oder von der Arbeitsstätte gehört. Maßgeblich ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Fehlt es an einem inneren Zusammenhang in diesem Sinne, scheidet der Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 40/02 R -, zitiert nach juris Rn. 12). § 8 Abs. 2 Nr. 1 nennt als Ausgangspunkt und Ziel nur den Ort der (versicherten) Tätigkeit, lässt also den Ausgangspunkt beim Hinweg und das Ziel beim Rückweg sowie damit die zurückzulegende Strecke offen. Dafür kommt grundsätzlich nicht nur die Wohnung in Betracht, sondern unabhängig von den Gründen eines Aufenthalts dort auch jeder andere Ort (st. Rspr., vgl. etwa zuletzt BSG Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 16/14 R -, zitiert nach juris Rn. 23). Die Wohnung als sozusagen natürlicher Bezugsort ist indes stets ein problemloser Ausgangs- oder Zielpunkt. Wege von oder zu persönlich bedingten unterschiedlichen wohnungsähnlichen Aufenthaltsorten stehen dem gleich (Ricke, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 97. Erg.-Lfg. Dezember 2017, § 8 SGB VII, Rn. 207 f. unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, SozR 3 – 2200 § 550 Nr. 10, wonach entscheidend ist, dass die wechselnden Ausgangspunkte aus der familiären Situation resultierten und deshalb als erweiterter häuslicher Bereich anzusehen sind, so dass die Wege aus diesem Bereich zum Ort der Tätigkeit den üblichen Wegen von der Wohnung zur Arbeitsstätte gleichzusetzen sind).
Hiervon ausgehend kommt ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII von vornherein nicht in Betracht. Die Klägerin befand sich ihrem eigenen Vorbringen zu Folge gerade nicht auf dem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg zu den von ihr eigenen Angaben zufolge genutzten Wohnungen in der Sstraße oder Nstraße, sondern steuerte die Kita ihrer Tochter an, um sie dort abzuholen, als der Unfall geschah. Anhaltspunkte dafür, dass die Kita als versicherungsbegründender sog. dritter Ort angesehen werden könnte, bestehen nicht. Ein anderer Ort als die Wohnung wird erst dann zu einem sog. dritten Ort, von dem aus ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte angetreten werden kann, wenn der Versicherte sich dort zwei Stunden oder länger aufhält (vgl. BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 16/14 R –, zitiert nach juris Rn. 25), ohne dass hier Anhaltspunkte für eine auch nur annähernd zwei Stunden erreichende Verweildauer der Klägerin bei der Kita bestehen. Vielmehr wollte die Klägerin ihren Angaben zufolge ihre Tochter möglichst rasch in der Kita abholen, um noch rechtzeitig zum Vorstellungsgespräch zu kommen.
Es kommt insbesondere auch kein Versicherungsschutz der Klägerin nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII in Betracht, wonach das Zurücklegen des von einem unmittelba-ren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges erfasst ist, um Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I)), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. Obhutsgrund muss die "berufliche Tätigkeit" der Versicherten oder ihrer Ehegatten oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartner sein. Letzteres ergibt sich aus § 33b SGB I, wonach Lebenspartnerschaften im Sinne die-ses Gesetzbuches nur Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsge-setz sind. Versicherte, die zusammen mit ihrem eigenen Kind in anderen Partnerschaften leben, sind als Alleinstehende zu sehen. Nur wenn das Kind auch dem anderen Partner nach § 56 SGB I zuzurechnen ist (z.B. bei unverheirateten Eltern), stehen sie faktisch in derselben Situation wie Ehegatten und sind analog zu behandeln (Ricke, a.a.O., Rn. 224).
Hiervon ausgehend lag im Zeitpunkt des Unfalls kein tauglicher, d.h. versicherungsbegründender Obhutsgrund vor. Zunächst stand die Klägerin selbst damals in keiner beruflichen Tätigkeit. Berufliche Tätigkeit ist eine im Allgemeinen auf Dauer angelegte, dem Lebensunterhalt dienende Erwerbstätigkeit jeden Umfangs (Vollzeit, Teilzeit, Saisonarbeit etc.); erfasst sind im Wesentlichen also Beschäftigte, Beamte und Selbständige. Noch vertretbar ist die Gleichstellung beruflicher Aus- und Fortbildung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII im betrieblichem Rahmen, weil sie häufig, wenn nicht typi-scherweise bereits im Erwerbsleben stattfindet. Normzweck war nach der Gesetzes-begründung (BT-Drs. VI/ 1333, S. 5), zur Erleichterung der Berufstätigkeit von Frau-en, auch im Interesse des Arbeitskräftebedarfs der Wirtschaft, Wegeteile in den Ver-sicherungsschutz einzubeziehen, die für Versicherte mit Kindern in ihrer Obhutspflicht im Allgemeinen unvermeidbar sind, um einer Berufstätigkeit nachzugehen. Die in letzter Zeit verstärkte Diskussion, Frauen nicht nur im Interesse der Wirtschaft, sondern im Interesse verstärkter Gleichbehandlung und Selbstverwirklichung im Ar-beitsleben zu unterstützen, sowie weiter der Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie im weitesten Sinn und Arbeit, hat der Regelung jedoch jedenfalls einen erweiterten Sinn ergeben. Wegen des ausdrücklichen Bezugs der Gesetzesbegründung auf die berufliche Tätigkeit müssen die in Obhut bringenden versicherten Personen den Weg zu einer beruflichen Tätigkeit zurücklegen. Nicht dazu gehören schon nach allgemeinem Sprachgebrauch etwa der Besuch berufsbildender Schulen (wohl schon tatbestandlich kaum denkbare Obhutsfälle) und Studium (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 8 lit. a und c SGB VII); sie sind vom Normzweck nicht unmittelbar betroffen und unterliegen typischerweise nicht den Zwängen der Arbeitswelt, sondern freierer Gestaltung der versicherten Tätigkeit (Ricke, a.a.O., Rn. 222, 224a). Eine nicht betriebliche Ausbildung, d.h. eine Ausbildung, die nicht im Betrieb oder in einer dem Betrieb angegliederten Bildungseinrichtung durchgeführt wird, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer beruflichen Tätigkeit i.S.d. Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a; eine entsprechende Anwendung der Vorschrift wird vom Zweck des Gesetzes nicht gefordert (Keller, in: Hauck/ Noftz, SGB, 05/ 15, § 8 SGB VII, Rn. 260; so i.W. wohl auch Wagner, in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK - SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 SGB VII, Rn. 226, und Krasney/ Richter/ Udsching, in: Wege zur Sozialversicherung (WzS, Zeitschrift) 2013, 67, 71, jeweils unter Verweis auf Keller, a.a.O.). Mit § 8 Abs. 2 SGB VII, insbesondere mit der Einbeziehung von Wegen, hat der Gesetzgeber bestimmte typische Vorbereitungshandlungen selbst dem Versicherungsschutz unterstellt, weil er insoweit ein über die eigentliche berufliche Tätigkeit hinausgehendes soziales Schutzbedürfnis angenommen hat. Dabei ist er davon ausgegangen, dass etwa das Zurücklegen des Weges vom und zum Ort der Tätigkeit als die der betrieblichen Tätigkeit sachlich, zeitlich oder örtlich besonders nahe klassische Vorbereitungshandlung nicht schon nach der Grundnorm des § 8 Abs. 1 SGB VII versichert ist, sondern es vielmehr für ihre Einbeziehung einer besonderen Regelung bedurft hat. Diese Konzeption lässt erkennen, dass der Versicherungsschutz für vorbereitende Tätigkeiten grundsätzlich auf diejenigen Verrichtungen beschränkt ist, die das Gesetz selbst ausdrücklich nennt, und dass Ausnahmen hiervon nur in Betracht kommen, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung (Wegezurücklegung) so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 62/90 -, zitiert nach juris Rn. 19; Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 26/03 R -, zitiert nach juris Rn. 13).
Hiervon ausgehend lässt sich ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversiche-rung stehender Unfall im Ereignis vom 02. Juli 2014 auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII nicht erkennen. Die Klägerin vertraute ihre Tochter nicht wegen ihrer eige-nen beruflichen Tätigkeit fremder Obhut an. Vielmehr war sie mit dem Bezug von Arbeitslosengeld I arbeitslos bzw. durchlief daneben nur noch eine Fort- bzw. Weiterbildung, ohne dass etwas für einen betrieblichen Bezug erkennbar ist. Soweit es sich bei der Weiterbildung beim F e.V. nach dessen Auskunft vom 10. Juli 2014 nur um eine Fortbildung zur Assistentin für Büro und Buchhaltung handelte, welche durch die Agentur für Arbeit Berlin N vermittelt wurde, liegt nichts für eine auf Dauer angelegte, dem Lebensunterhalt dienende Erwerbstätigkeit vor. Bei alldem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 03. Mai 2018 klargestellt, dass sie im Zeitpunkt des Unfalls neben der Fortbildung unter dem Bezug von Arbeitslosengeld I tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit nachging, derentwegen sie ihre Tochter hätte betreuen lassen müssen. Dies steht im Einklang mit dem Umstand, dass die Klägerin in einem ab dem 11. Januar 2013 bis zum 10. Januar 2014 befristeten Arbeitsverhältnis bei der EGmbH stand. Die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses passt zu den Angaben der Klägerin im hiesigen Verwaltungsverfahren, wonach sie ab dem 11. Januar 2014 Arbeitslosengeld I bezog. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII auf Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen wie die vorliegende kommt nach den vorstehend formulierten Grundsätzen und der gebotenen engen Auslegung des die Beschäftigung bzw. Ausbildung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1/ 2 SGB VII) nur vorbereitenden Versicherungstatbestands nicht in Betracht (vgl. zur Problematik einer analogen Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII auch BSG, Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 R -, zitiert nach juris Rn. 17 ff.).
Die berufliche Tätigkeit ihres damaligen Lebensgefährten, des Herrn S, lässt sich ebenfalls nicht als Obhutsgrund für ihre Tochter heranziehen. Er ist nicht der Vater ihrer Tochter, wohingegen der Versicherungstatbestand eine Zurechnung der Erwerbstätigkeit nur des Ehegatten oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartners i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes oder – in entsprechender Anwendung – des leiblichen, mit der Versicherten in einem Haushalt zusammenlebenden Vaters zugelassen hätte.
Da sich nur unter der Prämisse, dass ihre Tochter tatsächlich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit betreut wurde, ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII hätte begründen lassen, kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich – aufgrund der besonderen, in der Beziehung zu Herrn S liegenden Lebensumstände – bei der Wohnung in der Sstraße 51 um den erweiterten Wohnbereich der Klägerin handelte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein hierfür in Frage kommender Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt gegenüber der Beklagten die Anerkennung eines Ereignisses als Arbeitsunfall.
Die 1986 geborene Klägerin ist Mutter der 2011 geborenen L. In die Geburtsurkunde vom 26. Mai 2011 ist M S als Vater eingetragen. Im Zeitpunkt des angeschuldigten Ereignisses war die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter in der Nstraße, als wohnhaft gemeldet.
Sie erlitt laut Unfallanzeige vom 04. Juli 2014 am 02. Juli 2014 gegen 12.45 Uhr auf der Kreuzung Mdamm/ Ostraße als Motorradfahrerin einen Verkehrsunfall, als sie auf ein Auto prallte, das ihr die Vorfahrt genommen hatte. Hierbei zog sich die Kläge-rin eine HWS-Distorsion und eine Schulterprellung zu; sie wurde mit dem Rettungsdienst ins Bkrankenhaus gebracht, vgl. Durchgangsarztbericht (DAB) vom 02. Juli 2014, in welchem die Klägerin als arbeitsuchend vermerkt und der Unfallzeitpunkt mit 13:10 Uhr angegeben wurde.
Nach Eingang der Unfallanzeige, in welcher die Klägerin als arbeitsuchend bzw. in Weiterbildung bezeichnet wurde, trat die Beklagte in Ermittlungen ein. Diese ergaben, dass die Klägerin im Anschluss an ein bis zum 10. Januar 2014 befristet gewe-senes Arbeitsverhältnis mit der EGmbH ab dem 11. Januar 2014 Arbeitslosengeld I bezog und sich auf Vermittlung der Bundesagentur für Arbeit in einer Fortbildung zur Assistentin für Büro und Buchhaltung beim F e.V., Cstraße, B befand, vgl. dessen Auskunft vom 10. Juli 2014.
In einem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Fragebogen gab die Klägerin an, dass sich der Unfall "Mdamm Ecke Ostr. Richtung Gstr." ereignet habe. Sie sei um 11:45 Uhr vom F e.V. in der Cstraße aufgebrochen; offizielles Ende sei um 14.00 Uhr gewesen. Sie habe sich auf den Weg zu einem Vorstellungsgespräch gemacht. Der Unfall sei ca. 12:00 Uhr passiert. In einer e-mail vom 05. Oktober 2014 gab sie gegenüber der Beklagten ergänzend an, dass das Vorstellungsgespräch im S Hotel & Ressorts, A Straße, B habe stattfinden sollen und sie sich die Stelle selbst ge-sucht habe. Daraufhin fragte die Beklagte beim S telefonisch nach und erfuhr, dass ein Vorstellungsgespräch durchschnittlich zwischen 30 und 60 Minuten dauere, vgl. Telefonvermerk vom 20. April 2015.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 20. April 2015 die Anerkennung des Ereignisses als Arbeitsunfall ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die Klägerin nicht auf ihrer üblichen Wegstrecke verunfallt und der Unfall deshalb nicht als Wegeunfall ver-sichert sei. Zwar bestimme das Gesetz nicht, dass der Weg zum Ort der Tätigkeit von der eigenen Wohnung aus angetreten oder dorthin zurückführen müsse. Wähle der Versicherte für seinen Weg nach und von der Arbeitsstätte einen Ausgangs- und Zielpunkt, der nicht mit seinem Wohnbereich identisch sei, so sei der Versicherungs-schutz unter dem Gesichtspunkt des Weges von und zu einem sog. dritten Ort zu prüfen. Hierbei müsse der Aufenthalt an diesem Ort so erheblich lang sein, dass dem nachfolgenden Weg vom dritten Ort zur Wohnung eine selbständige Bedeutung im privaten Bereich zukomme. Der zeitliche Umfang müsse mindestens zwei Stunden betragen. Demgegenüber sei es nach der Auskunft von S nicht wahrscheinlich, dass der Aufenthalt dort eine Dauer von wenigstens zwei Stunden in Anspruch genommen hätte, so dass ein dritter Ort nicht vorliege. Davon abgesehen seien die private Arbeitsplatzsuche und die damit verbundenen Verhandlungen über den Abschuss eines Arbeitsvertrags dem eigenwirtschaftlichen Handlungsbereich des Versicherten zuzuordnen. Daher bestehe auch auf Wegen zum Vorstellungsgespräch kein Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung.
Die Kläger erhob unter dem 11. Mai 2015 Widerspruch. Sie führte zur Begründung aus, dass ein Missverständnis vorliege. Sie habe die Weiterbildungsstätte des F e.V. zwei Stunden vor dem offiziellen Ende der Fortbildung verlassen, um ihre Tochter von der Kindertagesstätte (Kita) A, Astraße, B abzuholen und zu ihrem Zweitwohn-sitz Sstraße, B zu bringen. Nur so habe ausreichende Betreuung für ihre Tochter gewährleistet werden können, da sie nur einen Betreuungszeitraum von fünf bis höchsten sieben Stunden vom Bezirksamt R zugesprochen erhalten habe. Nachdem sie ihre Tochter am Zweitwohnsitz habe absetzen wollen, habe sie vorgehabt, zum Vorstellungsgespräch zu fahren, weil sie es sonst zeitlich nicht geschafft hätte. Diese Fahrt vom Zweitwohnsitz zum Vorstellungsgespräch habe keinerlei Einfluss auf die versicherten Wege gehabt. Der Unfall sei auf dem Weg von der Weiterbildungsstätte über die Kindertagesstätte zu ihrem Zweitwohnsitz geschehen. Mit Schreiben vom 10. August 2015 trug die Klägerin auf weitere Nachfrage der Beklagten vor, dass der Unfall um 12:55 Uhr geschehen sei. Kurz zuvor sei sie gegen 12:45 Uhr vom Bil-dungsträger aufgebrochen. Die Unfallstelle sei etwa 1,6 km hiervon entfernt gewesen. Am Unfalltag habe ihre Tochter nach der Abholung in der Kita von ihrem damaligen Partner betreut werden sollen, und zwar in dessen Wohnung in der Sstraße.
Die Beklagte holte nun weitere Erkundigungen ein und fragte u.a. bei der Kindertagestätte nach, wer am 02. Juli 2014 die Tochter der Klägerin abgeholt habe, ohne dass hierzu Auskunft erteilt werden konnte. Die Beklagte zog die polizeilichen Ermittlungsakten betreffend den Verkehrsunfall vom 02. Juli 2014 bei, in denen auf dem dortigen Verkehrsunfallbogen die Uhrzeit des Unfalls mit 12:55 Uhr vermerkt ist. Fer-ner holte die Beklagte beim F e.V. die Auskunft vom 04. August 2015 ein, wonach der Unterricht mit der Klägerin am Unfalltag um 08:30 Uhr begonnen habe und bis 13.30 Uhr habe laufen sollen. Die Klägerin sei anwesend gewesen, bis wann genau, könne anhand der vorliegenden Unterlagen nicht nachvollzogen werden. Die Beklagte gab der Klägerin mit Schreiben vom 23. September 2015 noch einmal Gelegenheit zur Stellungnahme, wonach sie den zum Unfall führenden Weg aus Gründen zurück-gelegt habe, die ihrem privaten Lebensbereich zuzurechnen seien. Die Notwendigkeit, ihre Tochter eher von der Kita abzuholen und zu ihrem damaligen Partner/ Zweitwohnsitz zu bringen, habe keinerlei Bezug zu ihrer beruflichen Tätigkeit und sei daher ausschließlich als eigenwirtschaftlich zu beurteilen. Die Beklagte wies den Wi-derspruch mit Widerspruchbescheid vom 07. Oktober 2015 als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat ihr Begehren mit der am 14. Oktober 2015 zum Sozialgericht Berlin (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Sie hat u.a. vorgetragen, dass ihre Tochter am Unfalltag von ihrem früheren Partner in dessen Wohnung habe betreut werden sollen, damit sie zum Vorstellungsgespräch habe fahren können. Der Unfall habe sich auf einer Wegstrecke ereignet, welche die Klägerin damals immer und regelmäßig zurückgelegt habe, um von der Bildungsstätte kommend ihre Tochter in der Kita abzuholen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 07. Juli 2016 abgewiesen. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe im Unfallzeitpunkt nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden. Versicherungsschutz ergebe sich insbesondere nicht aus § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a des Siebten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VII), weil der von der Klägerin zurückgelegte, der Tagesbetreuung ihrer Tochter dienende Weg nicht vom unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abgewichen sei. Denn die Klägerin sei von der Bildungsmaßnahme vorzeitig in der Absicht aufgebrochen, ein Vorstellungsgespräch wahrzunehmen. Dieser Weg, in den sie dann die Abholung ihres Kindes und dessen Verbringen in die Wohnung des ehemaligen Lebensgefährten habe einschieben wollen, sei somit auf ein privates und damit unversichertes Ziel gerichtet gewesen. Da für diesen konkreten Weg mithin Versicherungsschutz schon von seinem Beginn an nicht bestanden habe, komme es auch nicht darauf an, dass das Teilstück bis zum Unfallereignis identisch mit dem im Regelfall als Heimweg genutzten Weg gewesen sei.
Die Klägerin hat gegen das ihr am 15. August 2016 zugestellte Urteil am 29. August 2016 Berufung eingelegt. Das SG verkenne in der angefochtenen Entscheidung, dass es der Klägerin im Zeitpunkt des Unfalls zunächst darum gegangen sei, ihr Kind in der Kita abzuholen und es nach Hause bzw. zu ihrem Lebensgefährten zu bringen. Sie habe als von ihrem Tätigkeitsort aus über die Kita nach Hause fahren wollen. Eben hieraus folge ihr Versicherungsschutz.
Auf schriftliches Befragen des Berichterstatters trägt die Klägerin weiter vor: Die Wohnung in der Sstraße habe sie als ihre Zweitwohnung bezeichnet, weil sie sich in der Wohnung ihres damaligen Lebenspartners, des Herrn S, fast jeden zweiten Tag aufgehalten und dort übernachtet habe. Ihre Tochter habe dort ein eigenes Zimmer gehabt, sie selbst einen Schlüssel zur Wohnung. Sie habe sich um beide Haushalte gekümmert und in beiden Wohnungen zu Hause gefühlt. Vor dem Vorstellungstermin habe sie sich ca. 30 Minuten in der Sstraße aufhalten wollen, um dort ihre Tochter zu versorgen und dann zum Vorstellungsgespräch weiterzufahren, welches für 14.30 Uhr geplant gewesen sei. Über den Ablauf des Vorstellungsgesprächs im Einzelnen habe sie keine Kenntnis gehabt. Nach dem Vorstellungsgespräch habe sie zur Sstraße zurückfahren und dort bleiben wollen, um dort mit ihrem Lebenspartner den restlichen Tag zu verbringen.
Im vom Berichterstatter durchgeführten vorgenannten Erörterungstermin hat die Klägerin weiter vorgetragen: Sie habe am Unfalltag mit dem Motorrad von der Bildungs-stätte zur Kita fahren wollen, um dort ihre Tochter abzuholen. Geplant gewesen sei, ihr Motorrad dort stehen zu lassen und mit dem dort geparkten Auto ihre Tochter in die Sstraße zu befördern. Das Auto habe ihr Vater zur Verfügung gestellt. Es sei ein Leasingwagen gewesen, ihrer Erinnerung nach ein Renault Captur. Nach dem Unfall habe ihre Mutter aus Reinickendorf kommen und ihre Tochter abholen müssen. Die Wohnung in der Sstraße habe sie im Wechsel mit der Wohnung in der Nstraße genutzt. Der Zeuge S sei bei einem Umzugsunternehmen beschäftigt gewesen. So hätten sie eher ihre Wohnung im Norden Bs genutzt, wenn er im Norden Bs tätig gewe-sen sei, ansonsten auch die Wohnung in der Sstraße. Diese habe zwei Zimmer gehabt. Das ehemalige Schlafzimmer von Herrn S sei dann zum Kinderzimmer ihrer Tochter geworden. Die Wohnung in der Nstraße habe drei Zimmer gehabt. Ihr sei es sehr wichtig gewesen, dass ihre Tochter die Kita trotz der damit verbundenen Um-stände in der Astraße in L besucht habe. Sie habe bilingual (deutsch/ englisch) betreut werden sollen. Hierbei sei zu betonen, dass sie ihre Tochter nach wie vor bilingual erziehe. Heute sehe es so aus, dass sie im P wohne und ihre Tochter in S zur Schule gehe. Sie habe damals mit Herrn Seine Familie geplant. Sie seien damals etwa ein dreiviertel Jahr zusammen gewesen. Die Wohnungen in der Nstraße und in der Sstraße seien voll ausgestattete Wohnungen gewesen, die sie ihren Bedürfnissen entsprechend hätten anpassen müssen. Sie könne nicht mehr genau sagen, wie viele Tage pro Woche sie in welcher Wohnung gewesen seien. Sie hätten sich je nach Arbeitsanfall von Herrn S abgewechselt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 07. Juli 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2015 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 02. Juli 2014 ein unter die gesetzliche Unfallversicherung fallender Arbeitsunfall war.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Berichterstatter hat die Leistungsakten des JobCenters R beigezogen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen und inhaltlich Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage mit dem angefochtenen Urteil von 07. Juli 2016 im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 07. Oktober 2015 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass das Ereignis vom 02. Juli 2014 ein der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallender Arbeitsunfall war.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz u.a. nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII (Lernende wäh-rend der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schu-lungskursen und ähnlichen Einrichtungen) begründenden Tätigkeit. § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII erstreckt diesen Schutz auch auf das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Da diese Vorschriften inhaltlich im Wesentlichen mit den früheren Regelungen des § 548 Abs. 1 Satz 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 550 Abs. 1 RVO übereinstimmen (vgl. Begründung zu Art. 1, 2 Abs. 1 und § 8 Abs. 2 der Regierungsvorlage eines Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, BT-Drucks. 13/2204 S. 74 und S. 77), können zu ihrer Auslegung die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zu den genannten Regelungen der RVO grundsätzlich her-angezogen werden. Danach ist Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalles, dass das Verhalten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, in einem inneren (sachlichen) Zusammenhang mit der Betriebstätigkeit steht, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der versicherten Tätigkeit zuzurechnen. Der innere Zusammenhang ist gegeben, wenn die Zurücklegung des Weges der Aufnahme der versicherten Tätigkeit bzw. nach Beendigung dieser Tätigkeit dem Erreichen der Woh-nung oder eines dritten Ortes dient. Bei der Feststellung des inneren Zusammenhangs zwischen dem zum Unfall führenden Verhalten und der Betriebstätigkeit geht es um die Ermittlung der Grenze, bis zu welcher der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung reicht. Es ist daher wertend zu entscheiden, ob das Handeln des Versicherten zur versicherten betrieblichen Tätigkeit bzw. - wie hier - zum Weg zur oder von der Arbeitsstätte gehört. Maßgeblich ist dabei die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch objektive Umstände des Einzelfalles bestätigt wird. Fehlt es an einem inneren Zusammenhang in diesem Sinne, scheidet der Versicherungsschutz selbst dann aus, wenn sich der Unfall auf derselben Strecke ereignet, die der Versicherte auf dem Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. BSG, Urteil vom 24. Juni 2003 – B 2 U 40/02 R -, zitiert nach juris Rn. 12). § 8 Abs. 2 Nr. 1 nennt als Ausgangspunkt und Ziel nur den Ort der (versicherten) Tätigkeit, lässt also den Ausgangspunkt beim Hinweg und das Ziel beim Rückweg sowie damit die zurückzulegende Strecke offen. Dafür kommt grundsätzlich nicht nur die Wohnung in Betracht, sondern unabhängig von den Gründen eines Aufenthalts dort auch jeder andere Ort (st. Rspr., vgl. etwa zuletzt BSG Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 16/14 R -, zitiert nach juris Rn. 23). Die Wohnung als sozusagen natürlicher Bezugsort ist indes stets ein problemloser Ausgangs- oder Zielpunkt. Wege von oder zu persönlich bedingten unterschiedlichen wohnungsähnlichen Aufenthaltsorten stehen dem gleich (Ricke, in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, 97. Erg.-Lfg. Dezember 2017, § 8 SGB VII, Rn. 207 f. unter Bezugnahme auf BSG, Urteil vom 18. Oktober 1994 – 2 RU 31/93 -, SozR 3 – 2200 § 550 Nr. 10, wonach entscheidend ist, dass die wechselnden Ausgangspunkte aus der familiären Situation resultierten und deshalb als erweiterter häuslicher Bereich anzusehen sind, so dass die Wege aus diesem Bereich zum Ort der Tätigkeit den üblichen Wegen von der Wohnung zur Arbeitsstätte gleichzusetzen sind).
Hiervon ausgehend kommt ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII von vornherein nicht in Betracht. Die Klägerin befand sich ihrem eigenen Vorbringen zu Folge gerade nicht auf dem mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg zu den von ihr eigenen Angaben zufolge genutzten Wohnungen in der Sstraße oder Nstraße, sondern steuerte die Kita ihrer Tochter an, um sie dort abzuholen, als der Unfall geschah. Anhaltspunkte dafür, dass die Kita als versicherungsbegründender sog. dritter Ort angesehen werden könnte, bestehen nicht. Ein anderer Ort als die Wohnung wird erst dann zu einem sog. dritten Ort, von dem aus ein versicherter Weg zur Arbeitsstätte angetreten werden kann, wenn der Versicherte sich dort zwei Stunden oder länger aufhält (vgl. BSG, Urteil vom 05. Juli 2016 – B 2 U 16/14 R –, zitiert nach juris Rn. 25), ohne dass hier Anhaltspunkte für eine auch nur annähernd zwei Stunden erreichende Verweildauer der Klägerin bei der Kita bestehen. Vielmehr wollte die Klägerin ihren Angaben zufolge ihre Tochter möglichst rasch in der Kita abholen, um noch rechtzeitig zum Vorstellungsgespräch zu kommen.
Es kommt insbesondere auch kein Versicherungsschutz der Klägerin nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII in Betracht, wonach das Zurücklegen des von einem unmittelba-ren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges erfasst ist, um Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I)), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen. Obhutsgrund muss die "berufliche Tätigkeit" der Versicherten oder ihrer Ehegatten oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartner sein. Letzteres ergibt sich aus § 33b SGB I, wonach Lebenspartnerschaften im Sinne die-ses Gesetzbuches nur Lebenspartnerschaften nach dem Lebenspartnerschaftsge-setz sind. Versicherte, die zusammen mit ihrem eigenen Kind in anderen Partnerschaften leben, sind als Alleinstehende zu sehen. Nur wenn das Kind auch dem anderen Partner nach § 56 SGB I zuzurechnen ist (z.B. bei unverheirateten Eltern), stehen sie faktisch in derselben Situation wie Ehegatten und sind analog zu behandeln (Ricke, a.a.O., Rn. 224).
Hiervon ausgehend lag im Zeitpunkt des Unfalls kein tauglicher, d.h. versicherungsbegründender Obhutsgrund vor. Zunächst stand die Klägerin selbst damals in keiner beruflichen Tätigkeit. Berufliche Tätigkeit ist eine im Allgemeinen auf Dauer angelegte, dem Lebensunterhalt dienende Erwerbstätigkeit jeden Umfangs (Vollzeit, Teilzeit, Saisonarbeit etc.); erfasst sind im Wesentlichen also Beschäftigte, Beamte und Selbständige. Noch vertretbar ist die Gleichstellung beruflicher Aus- und Fortbildung nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VII im betrieblichem Rahmen, weil sie häufig, wenn nicht typi-scherweise bereits im Erwerbsleben stattfindet. Normzweck war nach der Gesetzes-begründung (BT-Drs. VI/ 1333, S. 5), zur Erleichterung der Berufstätigkeit von Frau-en, auch im Interesse des Arbeitskräftebedarfs der Wirtschaft, Wegeteile in den Ver-sicherungsschutz einzubeziehen, die für Versicherte mit Kindern in ihrer Obhutspflicht im Allgemeinen unvermeidbar sind, um einer Berufstätigkeit nachzugehen. Die in letzter Zeit verstärkte Diskussion, Frauen nicht nur im Interesse der Wirtschaft, sondern im Interesse verstärkter Gleichbehandlung und Selbstverwirklichung im Ar-beitsleben zu unterstützen, sowie weiter der Diskussion um die Vereinbarkeit von Familie im weitesten Sinn und Arbeit, hat der Regelung jedoch jedenfalls einen erweiterten Sinn ergeben. Wegen des ausdrücklichen Bezugs der Gesetzesbegründung auf die berufliche Tätigkeit müssen die in Obhut bringenden versicherten Personen den Weg zu einer beruflichen Tätigkeit zurücklegen. Nicht dazu gehören schon nach allgemeinem Sprachgebrauch etwa der Besuch berufsbildender Schulen (wohl schon tatbestandlich kaum denkbare Obhutsfälle) und Studium (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 8 lit. a und c SGB VII); sie sind vom Normzweck nicht unmittelbar betroffen und unterliegen typischerweise nicht den Zwängen der Arbeitswelt, sondern freierer Gestaltung der versicherten Tätigkeit (Ricke, a.a.O., Rn. 222, 224a). Eine nicht betriebliche Ausbildung, d.h. eine Ausbildung, die nicht im Betrieb oder in einer dem Betrieb angegliederten Bildungseinrichtung durchgeführt wird, erfüllt nicht die Voraussetzungen einer beruflichen Tätigkeit i.S.d. Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a; eine entsprechende Anwendung der Vorschrift wird vom Zweck des Gesetzes nicht gefordert (Keller, in: Hauck/ Noftz, SGB, 05/ 15, § 8 SGB VII, Rn. 260; so i.W. wohl auch Wagner, in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK - SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 SGB VII, Rn. 226, und Krasney/ Richter/ Udsching, in: Wege zur Sozialversicherung (WzS, Zeitschrift) 2013, 67, 71, jeweils unter Verweis auf Keller, a.a.O.). Mit § 8 Abs. 2 SGB VII, insbesondere mit der Einbeziehung von Wegen, hat der Gesetzgeber bestimmte typische Vorbereitungshandlungen selbst dem Versicherungsschutz unterstellt, weil er insoweit ein über die eigentliche berufliche Tätigkeit hinausgehendes soziales Schutzbedürfnis angenommen hat. Dabei ist er davon ausgegangen, dass etwa das Zurücklegen des Weges vom und zum Ort der Tätigkeit als die der betrieblichen Tätigkeit sachlich, zeitlich oder örtlich besonders nahe klassische Vorbereitungshandlung nicht schon nach der Grundnorm des § 8 Abs. 1 SGB VII versichert ist, sondern es vielmehr für ihre Einbeziehung einer besonderen Regelung bedurft hat. Diese Konzeption lässt erkennen, dass der Versicherungsschutz für vorbereitende Tätigkeiten grundsätzlich auf diejenigen Verrichtungen beschränkt ist, die das Gesetz selbst ausdrücklich nennt, und dass Ausnahmen hiervon nur in Betracht kommen, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit oder der kraft Gesetzes versicherten Vorbereitungshandlung (Wegezurücklegung) so eng verbunden ist, dass beide bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bilden (vgl. BSG, Urteil vom 21. August 1991 - 2 RU 62/90 -, zitiert nach juris Rn. 19; Urteil vom 28. April 2004 - B 2 U 26/03 R -, zitiert nach juris Rn. 13).
Hiervon ausgehend lässt sich ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversiche-rung stehender Unfall im Ereignis vom 02. Juli 2014 auch nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII nicht erkennen. Die Klägerin vertraute ihre Tochter nicht wegen ihrer eige-nen beruflichen Tätigkeit fremder Obhut an. Vielmehr war sie mit dem Bezug von Arbeitslosengeld I arbeitslos bzw. durchlief daneben nur noch eine Fort- bzw. Weiterbildung, ohne dass etwas für einen betrieblichen Bezug erkennbar ist. Soweit es sich bei der Weiterbildung beim F e.V. nach dessen Auskunft vom 10. Juli 2014 nur um eine Fortbildung zur Assistentin für Büro und Buchhaltung handelte, welche durch die Agentur für Arbeit Berlin N vermittelt wurde, liegt nichts für eine auf Dauer angelegte, dem Lebensunterhalt dienende Erwerbstätigkeit vor. Bei alldem hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 03. Mai 2018 klargestellt, dass sie im Zeitpunkt des Unfalls neben der Fortbildung unter dem Bezug von Arbeitslosengeld I tatsächlich keiner Erwerbstätigkeit nachging, derentwegen sie ihre Tochter hätte betreuen lassen müssen. Dies steht im Einklang mit dem Umstand, dass die Klägerin in einem ab dem 11. Januar 2013 bis zum 10. Januar 2014 befristeten Arbeitsverhältnis bei der EGmbH stand. Die tatsächliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses passt zu den Angaben der Klägerin im hiesigen Verwaltungsverfahren, wonach sie ab dem 11. Januar 2014 Arbeitslosengeld I bezog. Eine erweiternde Auslegung bzw. analoge Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII auf Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen wie die vorliegende kommt nach den vorstehend formulierten Grundsätzen und der gebotenen engen Auslegung des die Beschäftigung bzw. Ausbildung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1/ 2 SGB VII) nur vorbereitenden Versicherungstatbestands nicht in Betracht (vgl. zur Problematik einer analogen Anwendung von § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII auch BSG, Urteil vom 20. März 2007 – B 2 U 19/06 R -, zitiert nach juris Rn. 17 ff.).
Die berufliche Tätigkeit ihres damaligen Lebensgefährten, des Herrn S, lässt sich ebenfalls nicht als Obhutsgrund für ihre Tochter heranziehen. Er ist nicht der Vater ihrer Tochter, wohingegen der Versicherungstatbestand eine Zurechnung der Erwerbstätigkeit nur des Ehegatten oder gleichgeschlechtlichen Lebenspartners i.S.d. Lebenspartnerschaftsgesetzes oder – in entsprechender Anwendung – des leiblichen, mit der Versicherten in einem Haushalt zusammenlebenden Vaters zugelassen hätte.
Da sich nur unter der Prämisse, dass ihre Tochter tatsächlich wegen ihrer beruflichen Tätigkeit betreut wurde, ein Versicherungsschutz nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 lit. a SGB VII hätte begründen lassen, kommt es nicht mehr darauf an, ob es sich – aufgrund der besonderen, in der Beziehung zu Herrn S liegenden Lebensumstände – bei der Wohnung in der Sstraße 51 um den erweiterten Wohnbereich der Klägerin handelte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Sache selbst.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein hierfür in Frage kommender Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
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BRB
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