L 1 KR 526/16

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 76 KR 926/15
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 526/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2016 wird zurückgewiesen. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen, die diese selbst zu tragen haben. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Streitig ist das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung.

Die 1959 geborene Beigeladene zu 1) ist ausgebildete Krankenschwester. Sie legte der Beklagten im Oktober 2013 mehrere Verträge über eine Tätigkeit als freiberufliche Pflegekraft vor und beantragte die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens. Durch Bescheid vom 17. Februar 2014 entschied die Beklagte, dass das Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werde, da es an Angaben fehle, insbesondere hinsichtlich der Identität der Auftraggeber.

Am 21. Februar 2014 stellte die Beigeladene zu 1) erneut einen Antrag auf Feststellung ihres Status als selbständige Pflegekraft. Sie legte u.a. einen mit der Klägerin geschlossenen "Dienstleistungs-Vertrag" vor, wonach sie als freie Mitarbeiterin im ambulanten Pflegedienst in der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 7. November 2012, vom 12. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 8. Dezember 2012 für einen Stundenlohn von 29,- EUR (werktags) bis 35,- EUR (feiertags) tätig werden sollte. Die Beigeladene zu 1) sei von der privaten Personalvermittlung und Arbeitsvermittlung K S an die Klägerin vermittelt worden. Die Tätigkeit sei tatsächlich vom 1. November 2012 bis zum 7. November 2012, vom 12. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 2. Dezember 2012 verrichtet worden.

Durch Bescheid vom 5. August 2014 entschied die Beklagte nach Anhörung, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit bei der Klägerin in der Zeit vom 1. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 2. Dezember 2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Es bestehe seit dem 1. November 2012 Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für eine abhängige Beschäftigung sei anzuführen, dass der Beigeladenen zu 1) bei der Ausführung ihrer Tätigkeit kein Handlungsspielraum verblieben sei, dass Pflegevorschriften des Auftraggebers beachtet werden mussten, dass eine Arbeitszeit von mindestens 10 Stunden täglich vereinbart worden sei, dass der Ort der Tätigkeit vorgegeben worden sei, ein Stundennachweis geführt werden musste, ein pauschales Stundenhonorar gezahlt wurde, die Beigeladene zu 1) nicht selbst mit Patienten und Krankenkassen abrechnete, die fachliche Verantwortung bei dem Auftraggeber geblieben sei, weder eigenes Kapital noch eigene Betriebsmittel eingesetzt worden seien und auch selbst keine Arbeitnehmer beschäftigt wurden, die Tätigkeit in Zusammenarbeit mit den Pflegebedürftigen und anderen Mitarbeitern des Auftraggebers verrichtet wurde, eine Dokumentationspflicht bestanden habe und die Beigeladene zu 1) eingesetzt worden sei, um vertragliche Verpflichtungen des Auftraggebers zu erfüllen. Dagegen spreche für eine selbständige Tätigkeit nur, dass die Beigeladene zu 1) für mehrere Auftraggeber tätig sein konnte, an der Preisgestaltung beteiligt war, Aufträge ablehnen konnte und eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hatte. Danach würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.

Die Klägerin legte Widerspruch ein. Die Beigeladene zu 1) habe bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gerade keinem Weisungsrecht unterlegen. Sie sei auch frei in der Aufnahme und Beendigung ihrer Tätigkeit gewesen. Die Beklagte verwechsele den Betriebszweck mit der Betriebsorganisation. Die Einbindung der Beigeladenen zu 1) in Ort und Zeit sei allein auf die mit der Tätigkeit einhergehenden sachlichen Notwendigkeiten zurückzuführen. Aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI ergebe sich aber die grundsätzliche Möglichkeit, als Pflegeperson selbständig tätig zu sein. Die Beigeladene zu 1) sei durch ihre Arbeitskleidung und ihr Namensschild nach außen hin als selbständige Pflegekraft zu erkennen gewesen. Der Hinweis auf das Fehlen des Einsatzes eigener Mittel gehe an den Verhältnissen im Pflegebereich vorbei, wo typsicherweise weniger eigenes Kapital eingesetzt werde. Zu beachten sei auch, dass die Beigeladene zu 1) noch weitere Auftraggeber habe. Ein Unternehmerrisiko liege darin, dass die Beigeladene zu 1) im Falle vom Krankheit oder Urlaub kein Entgelt erhalte. Sie sei auch nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Die von ihr erbrachten Dienstleistungen könnten Gegenstand einer selbständigen Tätigkeit sein. Das vereinbarte Stundenhonorar spreche nicht gegen eine Selbständigkeit. Es sei auch kein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag mit der Agentur K S geschlossen worden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das deutsche Recht kenne nicht den Typus des universell Selbständigen. Es fehle ein durch den Einsatz eigenen Kapitals gekennzeichnetes Unternehmerrisiko. Das vereinbarte Stundenhonorar bewirke, dass die Arbeitskraft nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden sei. Die Möglichkeit des Erhalts weitere Aufträge entspreche dem Beschäftigungsrisiko des Arbeitnehmers. Die Verwendung eigener Arbeitskleidung und Hilfsmittel wie Stethoskop, Blutdruckmessgerät sowie Blutzuckermessgerät schließe das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Die Beigeladene habe bezüglich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsleistung einem Direktionsrecht unterlegen.

Mit der am 7. April 2015 (Dienstag nach Ostern) bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Aufhebung der Bescheide der Beklagten und die Feststellung, dass keine Versicherungspflicht infolge der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) für die Klägerin bestanden hat. In der mündlichen Verhandlung vom 4. Oktober 2016 hat das Sozialgericht die Beigeladene zu 1) zu den tatsächlichen Umständen ihrer Tätigkeit befragt. Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom selben Tage abgewiesen. Die Klägerin habe ihre Tätigkeit als Pflegefachkraft im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Auszugehen sei allein von den vertraglich vereinbarten Einsatzzeiträumen. Für eine selbständige Tätigkeit spreche, dass die Klägerin und die Beigeladene zu 1) ausdrücklich kein Beschäftigungsverhältnis begründen wollten. Das BSG habe aber kürzlich nochmals klargestellt, dass dem gegen die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses gerichteten Willen der Beteiligten nur dann indizielle Bedeutung zukomme, wenn er den sonstigen Verhältnissen nicht wiederspreche und durch weitere Aspekte gestützt werde. Vorliegend überwögen die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit, die für ein Beschäftigungsverhältnis sprächen. Das Beispiel der auf Gesetz beruhenden Versicherungspflicht von den Vorstandsmitgliedern eine Aktiengesellschaft zeige, wie weit nach der Vorstellung des Gesetzgebers die Lockerung des Weisungsrechts gehen könne, ohne an dem Vorliegen einer Beschäftigung etwas zu ändern. Eigenverantwortlichkeit und inhaltliche Freiheiten seien erst dann ein Indiz für Selbständigkeit, wenn sie insbesondere auch eigennützig zur Steigerung der Verdienstchancen eingesetzt werden könnten. Das sei regelmäßig nicht der Fall, wenn sich die Vergütung nach dem zeitlichen Umfang der Arbeitsleistung richte. Die Bedeutung einer tatsächlichen Eingliederung in einen fremden Betrieb trete nicht deswegen zurück, weil sie auch in der Eigenart der Leistung begründet sei. Kein erhebliches Gewicht komme der Möglichkeit zu, einzelne Aufträge abzulehnen und an der Dienstzeitplanung mitzuwirken. Die bestehenden Spielräume seien nicht über das Maß des auch bei abhängig Beschäftigten Üblichen hinaus gegangen. Nennenswerte Freiräume bei der Ausgestaltung der Pflegetätigkeit seien der Beigeladenen zu 1) nicht verblieben. Soweit sie vorgetragen habe, im jeweiligen Einzelfall orientiert an den Kundenbedürfnissen gearbeitet zu haben, vernachlässige sie, dass sie die Leistungen erbringen musste, zu denen sich die Klägerin gegenüber dem Patienten verpflichtet hatte. Die Kunden seien auch ausschließlich über die Klägerin gekommen. Die Klägerin habe die Behandlungskontakte herbeigeführt, finanziell abgewickelt und so wesentlich in die Hand genommen. Die benötigten Arbeitsmittel seien überwiegend bei den Patienten schon vorhanden gewesen. Das Tragen eines Namensschildes mit dem Zusatz "freie Mitarbeit" reiche nicht aus. Schließlich habe die Beigeladene zu 1) auch kein Unternehmerrisiko getragen, weil sie im Wesentlichen nur ihre Arbeitskraft eingesetzt habe. Dass sie noch anderen Tätigkeiten nachgehen durfte, sei unerheblich, weil dies auch bei Teilzeitbeschäftigten so sei. Eigenes Personal habe die Beigeladene zu 1) nicht beschäftigt und auch kein Wagniskapital eingesetzt. Den vertraglichen Abreden, wonach die Beigeladene zu 1) keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hatte, ihre Einnahmen selbst versteuern und ihre soziale Absicherung selbst zu organisieren hatte, komme keine eigenständige Bedeutung zu. Die § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) zu entnehmende Anerkennung der Möglichkeit durch den Gesetzgeber, dass eine Pflegeperson selbständig sein könne, habe die für die Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit geltenden Grundsätze nicht verändert.

Gegen das ihr am 19. Oktober 2016 zugegangene Urteil richtet sich die am 21. November 2016 (Montag) bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Klägerin. Das Sozialgericht habe die Aussagekraft des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags übersehen. Dieser sei Ausgangspunkt der Prüfung. Die tatsächlichen Verhältnisse würden nur dann den Ausschlag geben, wenn sie von dem vertragliche Vereinbarten abweichen würden. Der Inhalt der Vereinbarung würde aber eindeutig für eine selbständige Tätigkeit sprechen. Das Sozialgericht habe weiter einen falschen Maßstab für die Prüfung der Weisungsgebundenheit verwendet. Es hätte konkret auf die Umstände der Tätigkeit abhängig beschäftigter Pflegekräfte abstellen müssen. Bei Tätigkeiten, welche nur wenig Raum für Weisungsfreiheit ließen, würden bereits geringe Abweichungen ein verhältnismäßig hohes Maß an Weisungsfreiheit begründen. Die Art und Weise der Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) habe erhebliche Unterschiede zu den abhängig Beschäftigten aufgewiesen. Weder habe die Beigeladene zu 1) einen festen Dienstplan beachten müssen, noch habe ihr die Klägerin gegen ihren Willen Aufgaben übertragen können. Auch die Dauer ihrer Arbeitszeit von täglich 10 Stunden habe ausschließlich auf ihren eigenen Wünschen beruht. Zudem sei die Tätigkeit wegen hohen Schnees früher beendet worden als eigentlich vereinbart gewesen sei. Eine Qualitätskontrolle habe es nicht gegeben. Inhaltliche Vorgaben für die Arbeit seien nicht von ihr – der Klägerin – gemacht worden, sondern hätten sich allein aus Methoden und Standards des Pflegeberufs ergeben. Unerheblich sei, dass die Beigeladene zu 1) über keine eigene Patientenkartei verfüge und der Kontakt zu den Kunden über sie – die Klägerin – hergestellt wurde. Durch die Verwendung eines eigenen Nagelpflegesets und das Tragen eines Namensschildes, das sie als freie Mitarbeiterin auswies, habe sich die Beigeladene zu 1) objektiv von den abhängig beschäftigten Mitarbeitern unterschieden. Das Sozialgericht habe übersehen, dass eine abhängige Beschäftigung nur bei einem umfassenden Weisungsrecht gegeben sei. Ein Unternehmerrisiko habe in der Zurverfügungstellung der eigenen Arbeitskraft gelegen. Wenn keine Pflegeleistungen erforderlich waren, habe die Beigeladene zu 1) diese nicht vorgenommen und damit ihre Arbeitszeit verkürzt. Sie habe auch das Risiko getragen, keine Pflegeleistungen zu erbringen, wenn die Chemie zischen ihr und dem Kunden nicht gestimmt habe. Auch ein stationärer Aufenthalt des Kunden hätte zu einem Gewinnausfall geführt. Zudem habe die Beigeladene zu 1) das Risiko des Kundenrückgangs getragen, da sie dann nicht mehr die beabsichtigten 10 Stunden täglich hätte arbeiten können. Auch habe die Beigeladene zu 1) wegen der weiten Wegstrecke zwischen Wohn- und Tätigkeitsort das Risiko hohe Reisekosten getragen, ohne zu wissen, ob sie auch ihre Tätigkeit werde erbringen können. Da die Entlohnung nach Zeitaufwand gängiger Praxis im Pflegebereich entspreche, könne sie nicht zur Abgrenzung dienen. Die Abwägung ergebe, dass es sich um ein "selbständiges Beschäftigungsverhältnis" gehandelt habe. Das Sozialgericht verneine entgegen gängiger Rechtsprechung und dem Willen des Gesetzgebers die Möglichkeit einer "selbständigen Beschäftigung" in der Personenpflege. Das Sozialgericht habe zudem gegen formelles Recht verstoßen, weil es sein Urteil gefällt habe, ohne den Streitstand mit den Beteiligten gehörig rechtlich zu erörtern. Pflegeleistungen könnten sowohl im Rahmen eines selbständigen wie auch eines unselbständigen Beschäftigungsverhältnisses gegeben, welche dem Willen der Vertragsparteien vorgehen könnten. Pflegekräfte seien notwendigerweise in einem gewissen Umfang in Arbeitsprozesse bzw. Vorgaben der sie beauftragenden Pflegeinrichtung eingebunden. Das Sozialgericht habe die Rahmenbedingungen der stationären Pflege mit einer etwaigen Weisungsgebundenheit verwechselt. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit nur an den Wünschen der Kunden ausrichten müssen. Auch die vorzeitige Beendigung der Tätigkeit weise die Selbstbestimmheit und Weisungsfreiheit der Beigeladenen zu 1) nach. Unerheblich sei, dass die Beigeladene zu 1) nicht in der Lage gewesen sei, ihre Tätigkeit auf mehr als 10 Stunden pro Tag auszudehnen. Ein Unternehmerrisiko könne bei freiberuflichen Dienstleistungen ohne nennenswerte Investitionen ausgeübt werden. Die Beigeladene zu 1) habe eine Bruttovergütung von 29,00 - 35,00 EUR erhalten, wohingegen die festangestellten Pflegekräfte der Klägerin stets eine Bruttovergütung von 12,00 – 15,00 EUR erhalten hätten. In der Rechtsprechung des BSG sei anerkannt, dass in der Höhe der vereinbarten Vergütung ein erheblicher Aussagegehalt liege. Die mehr als doppelt so hohe Vergütung wie für festangestellte Pflegekräfte sei ebenfalls ein Merkmal für die Selbständigkeit. Das Urteil des Sozialgerichts sei geeignet, den Berufszweig der freiberuflichen Pflegekräfte verschwinden zu lassen. In der Rechtsprechung gebe es erhebliche Uneinigkeiten bezüglich der rechtlichen Bewertung von Beschäftigungsverhältnissen mit Pflegekräften.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. Oktober 2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2015 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene zu 1) in der vom 1. November 2012 bis zum 21. November 2012 und vom 26. November 2012 bis zum 2. Dezember 2012 für die Klägerin ausgeübten Beschäftigung als Pflegefachkraft nicht der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, der Krankenversicherung, der Pflegeversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend und überzeugend.

Der Senat hat die Beteiligten zu der Möglichkeit angehört, die Berufung durch Beschluss zurückzuweisen.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die vorgelegen hat und Gegenstand der Beratung gewesen ist.

II.

Der Senat konnte die Berufung nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückweisen. Er hält sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind zu dieser Vorgehensweise angehört worden.

Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 5. August 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides ist § 7a Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach hat die Beklagte im Anfrageverfahren über das Vorliegen einer Versicherungspflicht auslösenden Beschäftigung zu entscheiden. Die Beklagte ist in dem angefochtenen Bescheid zutreffend von Versicherungspflicht der Beigeladenen zu 1) in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen ihrer Tätigkeit für die Klägerin ausgegangen. Der Eintritt von Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung wegen Aufnahme einer abhängigen Tätigkeit bestimmt sich nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, § 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) und § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch. Nach diesen Vorschriften unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht.

Die danach für den Eintritt von Versicherungspflicht erforderliche Beschäftigung wird in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Abzugrenzen ist die eine Versicherungspflicht begründende abhängige Beschäftigung von einer selbständigen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des BSG liegt Beschäftigung vor, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht wird. Dieses Merkmal ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und mit seiner Tätigkeit einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung erfassenden Weisungsrecht unterliegt. Dabei kann sich die Weisungsgebundenheit insbesondere bei Diensten höherer Art zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinern. Dagegen ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freie Gestaltung von Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob eine abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit vorliegt, richtet sich danach, welche der genannten Merkmale bei Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse überwiegen (Urteile des BSG vom 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R – und Urteil vom 12. November 2015 – B 12 KR 10/14 R -).

Die Tage, an denen die Beigeladene zu 1) für die Klägerin tätig geworden ist, ergeben sich aus den entsprechenden Angaben der Beigeladenen zu 1) gegenüber der Beklagten. Die Angaben sind durch die Vorlage von Verträgen und Abrechnungen belegt, ihre inhaltliche Richtigkeit ist von keinem der Beteiligten in Frage gestellt worden.

Auszugehen für die Einordnung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) als selbständige Tätigkeit oder abhängige Beschäftigung ist zunächst von den zwischen den Beteiligten getroffenen vertraglichen Abreden. Maßgebend ist hier der Dienstleistungs-Vertrag über die Übernahme von Tätigkeiten im Ambulanten Pflegedienst. Nach dem Inhalt des Vertrages ist eindeutig, dass der Willen der Beteiligten darauf gerichtet war, keine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung zu begründen. Das ergibt sich aus der Bezeichnung der Beigeladenen zu 1) als freie Mitarbeiterin und der ausdrücklichen Regelung der Rechtsfolgen für den Fall, dass die Beklagte entgegen der übereinstimmenden Auffassung der Parteien ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis feststellen sollte.

Allerdings muss die von den Beteiligten gewollte Einordnung auch vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn das Entstehen von Versicherungspflicht ergibt sich aus dem Gesetz und ist nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarungen. Entscheidend für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist deswegen nicht der auf Vermeidung des Eintritts von Sozialversicherungspflicht gerichtete Willen der Parteien, sondern (auch) die tatsächliche Ausgestaltung der Verhältnisse, welchen gegebenenfalls sogar stärkeres Gewicht als abweichenden vertraglichen Regelungen zukommen kann (Urteil des BSG vom 28. Mai 2008 – B 12 KR 13/07 R – juris Rn 17; Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R – juris Rn 17). Die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, wo der Gesetzgeber selbst anerkennt, dass Pflegepersonen selbständig sein können, führt nicht dazu, die normalen Grundsätze für die Abgrenzung für diesen Berufskreis nicht anzuwenden. Die Regelung soll lediglich klarstellen, dass eine Selbständigkeit von Kranken-, Wochen-, Säuglings- und Kinderpflegern, möglich ist, obgleich sie regelmäßig nur auf ärztliche Anordnung bzw. Verordnung tätig werden und insoweit von einer Weisungsabhängigkeit vom verordnenden Arzt ausgegangen werden könnte (Urteil des Senats vom 27. April 2017 - L 1 KR 395/15 -m. w. Nachw.). Der Selbständigkeit der Beigeladenen zu 1) steht hier aber ihre Eingliederung in den Pflegebetrieb der Klägerin entgegen. Die Pflegekraft eines ambulanten Pflegedienstes erbringt keine abgrenzbare Leistung, sondern ist Mitglied eines Teams, das eine Gesamtleistung erbringt, so dass regelmäßig von einer Eingliederung in den Betrieb des Pflegedienstes auszugehen ist (Urt. des erkennenden Senats v. 27. April 2017 – L 1 KR 395/15 und v. 8. März 2018 – L 1 KR 347/16).

Aus dem Vorbringen der Beigeladenen zu 1) in dem Termin vor dem Sozialgericht ergibt sich, dass sie in den Betrieb der Klägerin eingegliedert worden ist, ohne dass ihr nennenswerte Gestaltungsspielräume in der Art der Ausführung ihrer Tätigkeit verblieben wären. Die Beigeladene zu 1) hat angegeben, dass sie sich zu Beginn ihrer Tätigkeit bei der Pflegedienstleitung gemeldet habe, dort einen "Vorschlag" für den Einsatzablauf bekommen habe und Hinweise, was bei den Patienten zu erledigen sei. Sie habe in den bei den Patienten vorhandenen Leistungsnachweisen die von ihr erbrachten Leistungen dokumentiert und am Ende des Tages die Schlüssel (zu den Wohnungen der Patienten) wieder in das Büro der Klägerin zurückgebracht. Gegenstand der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin war die Teilnahme an der Versorgung und der Pflege der Patienten, zu welcher sich die Klägerin diesen Patienten bzw. den Kranken- und Pflegekassen gegenüber vertraglich verpflichtet hatte. Insbesondere die Einteilung in die Dienstpläne der Klägerin ist ein Indiz für die Eingliederung in eine fremde, von dritter Seite vorgegebene Organisationstruktur, und damit für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Denn der Dienstplan ist ein Instrument der Personaleinsatzplanung in Betrieben und Unternehmen. Er soll sicherstellen, dass der vom Betrieb mittels des Einsatzes von Arbeitskräften verfolgte Zweck erreicht wird und die Leistungen den Qualitätsanforderungen und sonstigen vertraglichen Vorgaben entspricht, die vom Betrieb zu erfüllen sind.

Die Klägerin setzt für die Erfüllung der von ihr übernommenen Verpflichtungen – wie sie selbst einräumt – regelmäßig abhängig beschäftigte Pflegekräfte ein. Inwiefern sich die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) ihrem Gegenstand nach oder in der Art und Weise ihrer Ausführung von der Tätigkeit der Beschäftigten der Klägerin mit der Folge unterschied, dass eine unterschiedliche Statusfeststellung begründbar ist, vermag der Senat nicht zu erkennen. Die Gestaltung der Dienstkleidung und des Namensschildes sind Nebensächlichkeiten. Die Benutzung eigener geringwertiger Arbeitsmittel ist nicht untypisch für Arbeitnehmer. Nichts Substanzielles zu der Frage eines Unterschieds zu den angestellten Pflegekräften ergibt sich aus den Angaben der Beigeladene zu 1), dass sie die Vorschläge der Klägerin (zur Versorgung der Patienten) noch ändern konnte, wenn sie keinen Sinn für sie gemacht hätten oder die Versorgung eines Patienten mehr oder weniger Zeit als vorgegeben brauchte, oder dass sie vor Ort abhängig von den Kundenbedürfnissen selbst entschieden habe, wie genau sie die geforderten Leistungen verrichten bzw. erledigen wollte. Dass die für die Pflege erforderliche Zeit nicht immer genau im Voraus zu bestimmen ist und die Durchführung der einzelnen pflegerischen Maßnahmen unter Beachtung des jeweiligen Zustandes des Patienten zu erfolgen hat, sind Selbstverständlichkeiten, die für die abhängig beschäftigten Pflegekräfte der Klägerin ebenso gelten. Sollte die Beigeladene zu 1) dagegen meinen, dass sie, anders als die (offiziellen) Beschäftigten der Klägerin, frei entscheiden konnte, ob sie die angenommenen Aufträge auch ausführt oder Standards der Grund- und Behandlungspflege nicht einzuhalten hatte, sondern selbst entscheiden konnte, ob sie notwendige pflegerische Maßnahmen ergreift und wie sie die Hygiene- und Patientensicherheit gewährleistet, überschätzt sie die ihr zustehenden Befugnisse. Notwendige und vereinbarte (Pflege-)Maßnahmen sind durchzuführen, Hygiene und Sicherheitsbestimmungen sind einzuhalten. Die Beigeladene zu 1) war mit ihrer Tätigkeit Teil eines fremden Organisationsgefüges. Ihre Einbindung in den Betrieb der Klägerin ergab sich durch die Organisation der Pflege durch die Klägerin. Die Beigeladene zu 1) hat zu keinem Zeitpunkt den Gegenstand ihrer Tätigkeit mit den Patienten und/oder den Krankenkassen verhandelt oder bestimmt. Sie hat die pflegerischen Leistungen vielmehr so ausgeführt, wie sie von der Klägerin vereinbart worden waren.

Angesichts der Einbindung in die im Einzelnen vorgegebenen Arbeitsabläufe reicht es für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit nicht aus, dass die Beigeladenen zu 1) nicht wie andere Pflegekräfte an Dienstbesprechungen teilnehmen musste. Das erklärt sich vielmehr schon daraus, dass die Beigeladene zu 1) nur verhältnismäßig kurze Zeit und eher aushilfsweise für die Klägerin tätig war. Ebenso wenig ist es ein entscheidender Umstand, dass der Beigeladenen zu 1) ein Entgelt gezahlt wurde, dass mit 29,00 bis 35,00 EUR über dem an die Festangestellten gezahlten Bruttolohn in Höhe von 12,00 bis 15,00 EUR lag. Die Klägerin verkennt insoweit, dass die Höhe der Vergütung auch nach der von ihr zitierten Rechtsprechung des BSG (Urt. V. 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R) nur ein Indiz und nicht das entscheidende Kriterium ist. Der Unterschied wird zudem dadurch relativiert, dass zu dem angegeben Vergleichslohn für Arbeitnehmer noch die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung hinzuzurechnen sind und die Beigeladene zu 1) offensichtlich nur kurzfristig zur Abdeckung eines vorübergehenden Bedarfs beschäftigt wurde. Bei nur kurzfristig benötigten qualifizierten Arbeitskräften ist die Zahlung eines höheren Arbeitslohns auch Ausgleich dafür, dass sie sich kurzfristig auf Abruf zur Verfügung stellen, was die Möglichkeit beschäftigungsloser Zeiten einschließt. Zuzugeben ist der Klägerin zwar, dass die Entlohnung nach Zeitaufwand und das Fehlen eigener erheblicher Investitionen im Dienstleistungsbereich noch nicht entscheidend gegen eine selbständige Tätigkeit sprechen. Auf diese Punkte kommt es aber für die Bewertung der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) auch nicht an. Die Klägerin kann schließlich nichts daraus herleiten, dass die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit früher wieder beendet hatte, als vertraglich ursprünglich vorgesehen worden war. Es steht ebenso jedem Arbeitnehmer frei, ob er ein Arbeitsverhältnis eingeht oder nicht, was die Möglichkeit einer einverständlichen Aufhebung zu einem früheren Zeitpunkt beinhaltet.

Als Beschäftigte war die Klägerin versicherungspflichtig. Gründe, welche ausnahmsweise dem Eintritt von Versicherungspflicht entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere liegt keine Zeitgeringfügigkeit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV vor, weil die Beigeladene zu 1) ihre Tätigkeit berufsmäßig ausübte. Ein Beginn der Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten nach § 7a Abs. 6 SGB IV kommt nicht in Betracht, weil der Antrag auf Statusfeststellung nicht innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt worden ist.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
Saved