L 8/14 KR 495/02

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 1240/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8/14 KR 495/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein Großhandelsunternehmen, welches seine Produkte regelmäßig durch Prospekte und Kataloge bewirbt, die es durch selbständige Fotografen und Grafiker erstellen lässt, unterliegt als so genannter Eigenwerber der Abgabepflicht in der Künstlersozialversicherung. Auf die künstlerische Qualität der Werbematerialien kommt es nicht an (Anschluss an BSG, Urteil vom 12.11.2003, B 3 KR 8/03 R).

Wird der Auftrag zur Erstellung der Werbematerialien einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) erteilt, so handelt es sich damit um einen Auftrag an „selbständige Künstler“ im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2002 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Pflicht der Klägerin zur Entrichtung der Künstlersozialabgabe nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG).

Die Klägerin ist ein Großhandelsunternehmen, die in ihren Märkten Nahrungsmittel und Konsumgüter verkauft. Auf ihr Angebot weist sie in regelmäßig (meist wöchentlich) erscheinenden Katalogen und Prospekten hin. Mit der Erstellung dieser Werbematerialien war vom 1. Januar 1997 bis 28. Februar 1997 zunächst die Firma I. GmbH & Co KG beauftragt. Ab März 1997 übernahm diese Tätigkeit die von dem Grafiker D. M. und dem Fotografen S. H. am 7. März 1997 gegründete, im Handelsregister eingetragene Werbeagentur Firma M. & H. OHG, die am 4. August 1998 in eine GmbH umgewandelt wurde.

Aufgrund einer Betriebsprüfung, welche den Zeitraum von 1994 bis 1998 umfasste, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 1999 fest, dass die Klägerin seit dem 1. Januar 1997 als Eigenwerber gemäß § 24 KSVG abgabepflichtig sei. Für das Jahr 1997 setzte sie eine Künstlersozialabgabeschuld in Höhe von 99.064,01 DM fest. Hierbei berücksichtigte die Beklagte für den Bereich der bildenden Kunst von der Klägerin gezahlte Entgelte in Höhe von 1.679.051 DM, welche sich aus Honorarzahlungen an die Firma M. & H. OHG in Höhe von 1.668.213 DM und an ein Fotostudio F. in Höhe von 10.837,00 DM zusammensetzte.

Die Klägerin erhob am 19. November 1999 Widerspruch. Sie machte geltend, nach dem KSVG seien nur Honorarzahlungen an selbständige Künstler abgabepflichtig. Die so genannte "Stillfotografie" sei keine künstlerische Tätigkeit. Zudem seien die Herren M. und H. auch selbst nicht künstlerisch tätig geworden, sondern seien maßgeblich damit beschäftigt gewesen, die OHG zu strukturieren und die Mitarbeiter der früheren I. GmbH & Co KG in ihre Arbeitsabläufe zur Auftragserfüllung gegenüber der Klägerin zu integrieren.

Mit Widerspruchsbescheid vom 16. Februar 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zahlungen für die so genannte "Stillfotografie" seien abgabepflichtig, weil die Tätigkeit eines Werbefotografen dem Bereich der bildenden Kunst zuzuordnen sei. Dabei seien auch Zahlungen an eine OHG als Zahlungen an selbständige Künstler zu qualifizieren, weil die Gesellschafter als Grafiker und Fotograf für die künstlerischen Leistungen zuständig seien.

Die Klägerin hat am 17. März 2000 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben und geltend gemacht, der Abgabetatbestand der so genannten "Eigenwerbung" liege bei ihr nicht vor. Die Erstellung der Werbekataloge sei komplett der Firma M. & H. OHG übertragen worden, weshalb diese als "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" betreibendes Unternehmen im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG anzusehen und damit selbst abgabepflichtig sei, was aber ihre (der Klägerin) Abgabepflicht ausschließe. Sie habe auch keine Aufträge an "selbständige Künstler oder Publizisten" erteilt, sondern an die selbst rechtsfähige Offene Handelsgesellschaft. Sowohl die fotografischen als auch die grafischen Leistungen, die bei der Erstellung von Werbeprospekten erbracht würden, seien zudem keine künstlerischen, sondern handwerkliche Tätigkeiten, weil es bei dieser an engen Vorgaben des Auftraggebers orientierten Tätigkeit an der eigen- schöpferischen Leistung fehle.

Mit Urteil vom 25. März 2002 hat das Sozialgericht die Bescheide der Beklagten insoweit aufgehoben, als auf die von der Klägerin an die Firma M. & H. OHG und an das Fotostudio F. gezahlten Entgelte Künstlersozialabgabe für das Jahr 1997 erhoben worden ist. Sowohl die fotografischen als auch die grafischen Leistungen bei der Erstellung der Werbekataloge für die Klägerin seien keine künstlerische und auch keine publizistische Leistung im Sinne des KSVG. Die Tätigkeit eines Werbefotografen könne nur dann als künstlerisch angesehen werden, wenn seine Arbeit den Charakter einer persönlichen geistigen Schöpfung habe. Daran fehle es bei der Anfertigung der für die Werbekataloge bestimmten "Stillfotografien", weil der Fotograf nicht nur das Objekt, sondern auch die Motivgestaltung durch den Auftraggeber vorgegeben bekomme, ohne hierbei gestalterisch tätig sein zu können. Gleiches gelte für die erbrachten Leistungen im Bereich Grafik-Design und Layout. Die Herstellung der für die Werbekataloge der Klägerin bestimmten Fotos stelle auch keine publizistische Arbeit im Sinne der §§ 2, 25 KSVG dar.

Gegen das ihr am 26. April 2002 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 10. Mai 2002 Berufung eingelegt.

Sie meint, die Klägerin sei zur Künstlersozialabgabe nach § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG verpflichtet, weil sie für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreibe und dabei nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteile. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 12. November 2003, B 3 KR 8/03 R) stehe nunmehr fest, dass Werbefotografie – unabhängig von der Qualität der Fotografie und der Frage einer eigenschöpferischen Leistung – unter das KSVG falle. Bei der Auftragsvergabe an die Firma M. & H. OHG habe es sich auch um einen Auftrag an "selbständige Künstler" gehandelt. Da die OHG im Jahr 1997 ausschließlich Werbematerialien für die Klägerin angefertigt und damit eine künstlerische Tätigkeit ausgeübt habe, handele es sich bei ihr tatsächlich nur dem Schein nach um eine Handelsgesellschaft, weil das Unternehmen nicht auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtet gewesen sei. Unabhängig hiervon sei entscheidend, dass eine OHG keine juristische Person, sondern eine qualifizierte Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei. Die Zahlungen der Klägerin an die OHG seien daher als Zahlungen an selbständige Künstler, nämlich die Herrn M. und H., einzustufen.

Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in seinen Urteilen vom 12. November 2003 sei nicht zu folgen. Es bestünden erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken, die Eigenwerbung betreibende Wirtschaft, welche mit den streitgegenständlichen Werbematerialien lediglich "bebilderte Preislisten" erstelle, der Künstlersozialabgabepflicht zu unterwerfen, obwohl hier ein Bezug zur wirklichen Kunst fehle. Der Abgabepflicht stehe jedenfalls entgegen, dass die Werbematerialien nicht durch "selbständige Künstler", sondern eine Handelsgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit und noch dazu nicht durch deren Gesellschafter, sondern durch angestellte Mitarbeiter erstellt worden seien.

Der Senat hat eine Auskunft des Herrn H. eingeholt, der mitgeteilt hat, dass die Firma M. & H. OHG in der Zeit von März 1997 bis Dezember 1997 zehn Angestellte beschäftigt hat, von denen die Werbematerialien für die Klägerin angefertigt worden sind. Die Klägerin sei 1997 ihr ausschließlicher Auftraggeber gewesen bei einem Gesamtumsatzvolumen von 1,97 Millionen DM.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Im Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat über die Berufung ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§§ 153 Abs.1, 124 Abs.2 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).

Die zulässige Berufung der Beklagten hat auch in der Sache Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts kann nicht aufrecht erhalten bleiben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind, soweit sie für das Jahr 1997 die Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach festgestellt haben, rechtmäßig.

Nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KSVG in der bis zum 30. Juni 2001 geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des KSVG vom 20. Dezember 1988, BGBl. I 2606) sind zur Künstlersozialabgabe Unternehmer verpflichtet, die für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betreiben, wenn diese Werbung nach Art und Umfang der Tätigkeit der in Satz 1 Nr. 5 (jetzt Nr. 7) genannten Unternehmen entspricht und sie nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler oder Publizisten erteilen. Der damit in Bezug genommene § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG betrifft die Abgabepflicht solcher Unternehmen, die Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte betreiben.

Auf der Grundlage dieser Vorschrift hat die Beklagte die Künstlersozialabgabepflicht der Klägerin für das Jahr 1997 zu Recht festgestellt. Die Klägerin hat dadurch, dass sie die zunächst von der Firma I. GmbH und Co. KG und später von der Firma M. & H. OHG hergestellten Werbematerialien (Prospekte, Kataloge usw.) vertrieben hat, für Zwecke ihres eigenen Unternehmens Werbung betrieben. Die Auffassung der Klägerin, bei derartigen Werbematerialen handele es sich lediglich um "bebilderte Preislisten", nicht aber um klassische Werbung, folgt einem zu engen Begriff der Werbung. Denn Werbung liegt auch dann vor, wenn damit – abgesehen vom Erwecken allgemeiner Aufmerksamkeit – auch die Aufforderung zu einem konkreten Kaufangebot verbunden ist, wobei insbesondere Prospekte und Kataloge in diesem Bereich typische Werbeträger sind (BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 3 KR 8/03 R). Nach Art und Umfang hat die von der Klägerin für eigene Zwecke betriebene Werbung auch einem selbständigen Werbeunternehmen entsprochen, was bereits durch die Höhe der an die beauftragten Agenturen gezahlten Honorare deutlich wird; allein an die Firma M. & H. OHG wurden im Jahr 1997 1,97 Millionen DM gezahlt.

Mit der Auftragsvergabe an die Firma M. & H. OHG und das Fotostudio F. hat die Klägerin im Jahr 1997 auch "nicht nur gelegentlich Aufträge an selbständige Künstler" erteilt. Die Künstlereigenschaft der hier tätig gewordenen Fotografen, Grafiker und Layouter kann nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, der sich der Senat anschließt, ohne weitere Feststellungen bejaht werden, insbesondere was den "künstlerischen Wert" der Fotografien und den verbleibenden Gestaltungsspielraum angeht, der den Fotografen und Layoutern im Einzelfall bleibt. Denn die hier angesprochenen Berufsgruppen gehören kraft gesetzlicher Bewertung zu den selbständigen Künstlern im Sinne von § 2 KSVG. Bei Berufstätigkeiten, die nach dem gesetzgeberischen Willen den künstlerischen zuzuordnen sind, kommt es aber nicht entscheidend darauf an, ob ihnen im Einzelfall ein großer oder kleiner Gestaltungsspielraum bei der Auftragsdurchführung verbleibt (BSG a.a.O.). Bei der Fotografie ist es für ihre Einordnung als künstlerisch aber sogar entscheidend, dass sie zu Werbezwecken erfolgt, was sich bereits aus dem Katalog der typischen kunstvermarktenden Unternehmen in § 24 Abs. 1 Satz 1 KSVG ergibt. Denn unter Nr. 7 werden die Werbung betreibenden Unternehmen erfasst. Die Einbeziehung der Werbung betreibenden Unternehmen in den Kreis der Kunstverwerter lässt jedoch darauf schließen, dass gerade die von diesen typischer Weise herangezogenen "kreativen" Selbständigen wie Grafiker, Werbefotografen und Designer zu dem Personenkreis zählen, der in § 2 KSVG mit "bildende Kunst Schaffenden" bezeichnet worden ist. Insoweit kommt es auch auf die Ausbildung eines Werbefotografen zum Fotografenhandwerker nicht an, weil dieser als Werbefotograf das rein handwerkliche Berufsfeld verlässt und einem Pressefotografen vergleichbar ist, der ebenfalls unabhängig von seiner Ausbildung und der künstlerischen Qualität seiner Bilder allein deshalb als Publizist von § 2 KSVG erfasst wird, weil seine Tätigkeit einem bestimmten Zweck (Pressefotografie, Bildjournalismus, Bildberichterstattung) dient, der vom Berufsfeld des Fotografenhandwerks nicht umfasst wird. Entsprechendes gilt für Grafiker/Layouter, die im Rahmen der Herstellung der Werbeprospekte tätig werden (BSG a.a.O.). Die Inanspruchnahme dieser Künstler erfolgte durch die Klägerin auch nicht nur gelegentlich, denn diese brachte 1997 ihre Werbematerialien regelmäßig wöchentlich und in erheblichem Umfang auf den Markt.

Der Abgabepflicht der Klägerin steht schließlich nicht entgegen, dass sie ab März 1997 die Werbematerialien durch die Firma M. & H. OHG erstellen lies. Denn auch in diesem Fall liegt im Sinne von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG eine Auftragserteilung an "selbständige Künstler" vor. In der Rechtsprechung ist entschieden, dass es der Abgabepflicht nicht entgegensteht, wenn Künstler in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts organisiert sind (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1995, 3 RK 15/94 = SozR 3-5425, § 24 Nr. 11). Anders ist dies, wenn der Auftrag an eine von dem Künstler rechtlich zu trennende Kapitalgesellschaft, etwa eine GmbH, erteilt wird (BSG, Urteil vom 30. Januar 2001, B 3 KR 1/00 R = SozR 3-5425, § 2 Nr. 11); denn eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit kann kein Künstler im Sinne von § 2 KSVG sein. Hiervon ist der Fall der Auftragserteilung an eine OHG jedoch zu unterscheiden, weil diese – wie auch die Kommanditgesellschaft (KG) – keine juristische Person, sondern eine Personengesellschaft ist.

Eine nähere Erörterung dieser Frage wäre allerdings entbehrlich, würde man der Auffassung der Beklagten folgen und die Firma M. & H. OHG als "Schein-OHG" qualifizieren, die in Wirklichkeit eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts dargestellt hat. Dem folgt der Senat allerdings nicht. Zwar können nach historisch gewachsener Anschauung Künstler kein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB) betreiben. Das gilt aber nur für den Kernbereich des freien Berufs (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Auflage 2003, § 1 Rdnr. 20). Betreiben Freiberufler, Wissenschaftler und Künstler ihre Tätigkeit so, dass nach außen ein gewerbliches Unternehmen unter Zurücktreten der geistigen oder wissenschaftlichen Betätigung vorliegt, etwa bei Anstalten, größeren Betrieben, Beschäftigung eines ganzen Stabs von Mitarbeitern usw., handelt es sich um ein Handelsgewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 HGB, z.B. bei der Marktwaren- und Serienproduktion durch Künstler (Baumbach/Hopt a.a.O.). Vorliegend ist unter Beachtung dieser Kriterien in Bezug auf die Firma M. & H. OHG von einem Gewerbebetrieb auszugehen, denn auch wenn diese 1997 ihre (im Sinne des KSVG) künstlerische Tätigkeit ausschließlich für die Klägerin ausübte, so erfolgte dies im Rahmen eines Gewerbebetriebs, was darin deutlich wird, dass die Arbeit im Rahmen einer "Serienproduktion" durch eine größere Anzahl von angestellten Mitarbeitern erledigt wurde und nach der Auskunft des Herrn H. die beiden Gesellschafter hierbei nicht selbst mitwirkten, sondern offenbar – wie die Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgetragen hat – mit kaufmännischen Tätigkeiten beschäftigt waren.

Auch eine offene Handelsgesellschaft ist jedoch als "selbständige Künstlerin" zu qualifizieren, wenn sie Werbekataloge für ein Eigenwerbung betreibendes Unternehmen herstellt. Denn hinsichtlich der Künstlereigenschaft ist nicht auf die Gesellschaft, sondern auf die Gesellschafter der OHG abzustellen (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 9. Dezember 2004, L 5 ER 95/04 KR). Zwar sind die Handelsgesellschaften im deutschen Gesellschaftsrecht in bestimmten Bereichen den juristischen Personen angenähert: Sie können selbst Träger von Rechten und Pflichten sein, sind im Prozess parteifähig und insolvenzfähig (hierzu ausführlich LSG Rheinland Pfalz a.a.O.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass OHG und KG als Personenhandelsgesellschaften keine eigenständigen, von den Gesellschaftern unabhängigen Rechtspersönlichkeiten sind. Vielmehr haften die Gesellschafter einer OHG und einer KG für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft den Gläubigern persönlich (§ 128 Satz 1 HGB). Diese persönliche Verantwortung der OHG-Gesellschafter für übernommene vertragliche Verpflichtungen rechtfertigt es jedoch, bei der Anwendung von § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG auf sie (als Künstler) abzustellen. Denn anderenfalls wäre die Klägerin von der Künstlersozialabgabepflicht frei und an ihrer Stelle die mit der Erstellung der Werbematerialien beauftragte Personenhandelsgesellschaft nach § 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 KSVG als "Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit für Dritte" betreibendes Unternehmen zur Künstlersozialabgabe verpflichtet. Bei einer Gleichstellung von OHG und KG mit den juristischen Personen würde es sich bei den Zahlungen der OHG an ihre Gesellschafter nämlich künstlersozialversicherungsrechtlich um Entgeltzahlungen an selbständige Künstler im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG handeln (vergleiche hierzu BSG, Urteil vom 12. November 2003, B 3 KR 10/03 R). Dieses Ergebnis widerspreche jedoch dem Sinn und Zweck der Künstlersozialabgabe, die auf die Abgabepflicht desjenigen zielt, der Ergebnisse des künstlerischen oder publizistischen Schaffens vermarktet. Kunstschaffende, die sich in der Rechtsform einer OHG oder KG organisieren, sind in diesem Sinne jedoch keine Vermarkter, sondern kraft ihrer personalen Verantwortung für das Werk "selbständige Künstler" im Sinne des KSVG, zu deren sozialer Sicherung die kunstvermarkteten Unternehmen durch die Künstlersozialabgabe herangezogen werden. Es ist deshalb nach dem Sinn und Zweck des KSVG gerechtfertigt, dass die Künstlersozialabgabe von der Klägerin auch dann zu entrichten ist, wenn sie ihre Werbematerialien von Personenhandelsgesellschaften produzieren lässt.

Hierbei kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang die Herrn M. und H. selbst an der Erstellung der Werbematerialien erstellt waren. Auch wenn diese ihre Tätigkeit im Jahr 1997 auf die Leitung ihres Unternehmens beschränkten, also selbst nicht bei der Erstellung der Werbematerialien tätig wurden, ist das Ergebnis der Arbeit ihrer Angestellten ihnen als den verantwortlichen Gesellschaftern der OHG als künstlerische Tätigkeit zuzurechnen. Denn es reicht aus, dass sie die Gesamtverantwortung für die erstellten Werke inne hatten, also jedenfalls die Möglichkeit besaßen, jederzeit auf die Realisierung steuernd oder korrigierend Einfluss zu nehmen. Denn unter der von der KSVG vorgegebenen Prämisse, das auch Grafiker und Layouter zu den Künstlern zu rechnen sind, weil es auf die künstlerische Gestaltungshöhe nicht ankommt, ist eine vollständige Delegation der ausführenden Tätigkeiten auf Mitarbeiter denkbar, ohne dass die verbleibende geistige Oberleitung bei niedrigerem Anspruchsniveau die Qualifizierung als künstlerische Leistung dadurch verliert (BSG, Urteil vom 24. Juli 2003, B 3 KR 37/02 R = SozR 4-5425, § 25 Nr. 1). Für eine derart weitere Auslegung des Begriffs der künstlerischen oder publizistischen Leistung spricht nicht zuletzt der Gesichtspunkt einer praktikablen Abgabenerhebung, weil bei der grundsätzlichen gesetzgeberischen Einstufung der zu Werbezwecken erbrachten Leistungen als "abgaberelevant" die genaue Zuordnung der einzelnen Leistung im Rahmen eines komplexen Auftrags als "künstlerisch" oder "publizistisch" weniger von Bedeutung und auch im Einzelfall schwierig ist. Es würde den Abgabepflichtigen im Rahmen seiner Meldepflicht, aber auch die Künstlersozialkasse im Rahmen der Abgabenfestsetzung überfordern, im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang bei der Leistung eines Werbeunternehmens künstlerische oder publizistische Leistungen erbracht worden sind. Für die Eindeutigkeit des Abgabentatbestands bedarf es leicht feststellbarer Kriterien, weshalb es genügen muss, das ein selbständiger Werbeunternehmer im Rahmen seines Unternehmenszwecks ein Werk oder eine Leistung erbracht hat (BSG a.a.O.). Diese Kriterien sind in Bezug auf die von der Firma M. & H. OHG erstellten Werbematerialien erfüllt.

Die von der Klägerin geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Abgabepflicht teilt der Senat nicht. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 75, 108-165) hat die Verfassungsmäßigkeit der Künstlersozialabgabe ausdrücklich bejaht, weil die Belastung der Vermarkter mit der Künstlersozialabgabe zur Finanzierung eines Teils der Kosten der Sozialversicherung selbständiger Künstler und Publizisten in einem besonderen kulturgeschichtlich gewachsenen Verhältnis zwischen selbständigen Künstlern und Publizisten auf der einen sowie den Vermarktern auf der anderen Seite gerechtfertigt sei. Es hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich betont, dass es verfassungsrechtlich geboten sei, auch die Eigenwerbung betreibenden Unternehmen, soweit sie selbständige Künstler oder Publizisten heranziehen, in die Abgabepflicht einzubeziehen. Der Gesetzgeber ist dieser Vorgabe nachgekommen, indem er § 24 Abs. 1 Satz 2 KSVG eingefügt und damit die Abgabepflicht der Eigenwerbung betreibenden Unternehmen normiert hat. Soweit die Klägerin nunmehr einwendet, dass damit eine Abgabepflicht nur für die Heranziehung "wirklicher Künstler" gerechtfertigt sei, also solcher Personen, die eine höchstpersönliche und eigenschöpferische Leistung auf einem höheren Niveau erbringen, fordert sie eine Differenzierung, welche gesetzlich nicht vorgesehen und verfassungsrechtlich nicht begründbar ist. Denn eine derartige Abgrenzung könnte der Gesetzgeber nicht treffen, ohne unüberwindbare Abgrenzungsschwierigkeiten zu schaffen, weil die Höhe der erbrachten künstlerischen Leistung für Außenstehende regelmäßig nicht zu beurteilen ist. Der Begriff der Kunst im KSVG dient aber vorrangig dem Schutz der selbständigen Künstler durch die Künstlersozialversicherung und ist daher zunächst unter Beachtung des Schutzzwecks des KSVG auszulegen (BSG, Urteil vom 25. Oktober 1995, 3 RK 24/94). Der Zielsetzung des KSVG entspricht indes ein formaler, an der Typologie der Ausübungsformen orientierter Kunstbegriff, der bereits erfüllt ist, wenn das zu beurteilende Werk ohne Rücksicht auf sein geistiges Niveau den Gattungsanforderungen eines bestimmten Werktyps der Kunst (z. B. Theater, Gemälde, Tanz) entspricht. Vor diesem Hintergrund unterliegt es aber keinen Bedenken, auch den Bereich der Werbefotografie – unabhängig von der künstlerischen Qualität im Einzelfall – aus den bereits oben dargelegten Gründen dem Bereich der "bildenden Kunst" zuzuordnen.

Mithin ist die Klägerin nach Maßgabe von § 25 Abs. 1 Satz 1 KSVG zur Zahlung der Künstlersozialabgabe verpflichtet. Hiernach sind Bemessungsgrundlage der Künstlersozialabgabe die Entgelte für künstlerische oder publizistische Werke oder Leistungen, die ein nach § 24 Abs. 1 oder 2 KSVG zur Abgabe Verpflichteter im Rahmen der dort aufgeführten Tätigkeiten im Laufe eines Kalenderjahres an selbständige Künstler oder Publizisten zahlt, auch wenn diese selbst nach diesem Gesetz nicht versicherungspflichtig sind. Im Fall der Klägerin waren dies im Jahr 1997 die an die Firma M. & H. OHG gezahlten Honorare in Höhe von 1.668.214,00 DM (netto) und das an das Fotostudio F. gezahlte Entgelt von 10.873,00 DM, woraus sich eine der Abgabepflicht unterliegende Honorarsumme von 1.679.051,00 DM ergibt. Hieraus hat die Beklagte auf der Grundlage des 1997 geltenden Abgabesatzes von 5,9 % für bildende Kunst (§ 26 KSVG) zutreffend eine zu zahlende Abgabe in Höhe von 99.064,01 DM errechnet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden, hier noch anzuwendenden Fassung (vgl. § 197a SGG i.V.m. Art. 17 Abs. 1 Satz 2 Sechstes SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001).

Der Senat hat die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache zugelassen, weil in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ungeklärt ist, ob Personenhandelsgesellschaften als selbständige Künstler im Sinne des KSVG angesehen werden können.
Rechtskraft
Aus
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