Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 1 KR 295/01
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8/14 KR 1261/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein gerätegestütztes Wirbelsäulentraining nach dem vom Forschungs- und Präventionszentrum K. (FPZ) entwickelten Konzept (Denner- oder Kiesertraining) kann eine ergänzende Leistung zur Rehabilitation im Sinne von § 43 SGB V darstellen.
Zur Abgrenzung von Heilmitteln und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation.
Bei der Bewilligung ergänzender Leistungen zur Rehabilitation haben die gesetzlichen Krankenkassen ein weites Ermessen.
Hat eine Krankenkasse ergänzende Leistungen zur Rehabilitation ermessensfehlerhaft abgelehnt und verschafft sich der Versicherte die Leistung daraufhin selbst, kommt eine Verurteilung der Krankenkasse zur Erstattung der entstandenen Kosten nur in Betracht, wenn in Bezug auf die begehrte Leistung keine andere ermessensfehlerfreie Entscheidung als eine Bewilligung denkbar war.
Zur Abgrenzung von Heilmitteln und ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation.
Bei der Bewilligung ergänzender Leistungen zur Rehabilitation haben die gesetzlichen Krankenkassen ein weites Ermessen.
Hat eine Krankenkasse ergänzende Leistungen zur Rehabilitation ermessensfehlerhaft abgelehnt und verschafft sich der Versicherte die Leistung daraufhin selbst, kommt eine Verurteilung der Krankenkasse zur Erstattung der entstandenen Kosten nur in Betracht, wenn in Bezug auf die begehrte Leistung keine andere ermessensfehlerfreie Entscheidung als eine Bewilligung denkbar war.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. August 2002 abgeändert und der Bescheid vom 30. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2001 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, über den Kostenerstattungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für ein vom Forschungs- und Präventionszentrum C-Stadt (FPZ) entwickeltes, gerätegestütztes Wirbelsäulenfunktionstraining nach Dr. D ...
Der 1967 geborene Kläger litt seit November 2000 unter einem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelsäulenbereich mit Lumboischialgien links, was ärztliche und krankengymnastische Behandlung erforderlich machte. Am 22. Januar 2001 beantragte er als "ergänzende Leistung zur Rehabilitation" die Kostenübernahme für eine analysegestützte Wirbelsäulentherapie in dem Therapie- und Trainingszentrum D-Stadt für die Dauer von einem Jahr. Hierzu bezog er sich auf eine Vereinbarung vom 6. Februar 1998 zwischen dem Landesverband Hessen der Betriebskrankenkassen (BKK Landesverband Hessen) und den hessischen FPZ-Einrichtungen über die "Durchführung ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nach dem standardisierten FPZ-Konzept zur Beseitigung somatischer Rückenbeschwerden nach § 43 Nr. 2 SGB V", wonach die hessischen Betriebskrankenkassen die Kosten des FPZ-Trainings unter bestimmten Voraussetzungen zu wesentlichen Teilen übernehmen. Er fügte eine entsprechende Verordnung des Arztes für Orthopädie A. vom 18. Januar 2001 bei, der dem Kläger auch die gesundheitliche Eignung für die medizinische Trainingstherapie bescheinigte.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2001 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Leistungen zur Krankenbehandlung würden übernommen, wenn sie medizinisch notwendig seien und von vertraglich zugelassenen Leistungserbringern durchgeführt würden. Das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt sei kein vertraglich zugelassener Leistungserbringer und das FPZ-Trainingsprogramm keine vertraglich zugelassene Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch als Präventionsmaßnahme könne diese Maßnahme nicht erbracht werden. In einem Schreiben vom 15. Februar 2001 verwies die Beklagte ergänzend darauf, dass sie der Vereinbarung zwischen den FPZ-Zentren und dem BKK Landesverband Hessen nicht beigetreten sei.
Der Kläger erhob am 22. Februar 2001 Widerspruch und verwies darauf, dass er weiterhin Rückenbeschwerden habe. Das begehrte Muskelaufbautraining sei sicherlich wirtschaftlicher als etwa eine Operation oder wiederholte ärztliche Rezepte. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 10. Mai 2001 Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben. Er hat geltend gemacht, das FPZ-Trainingsprogramm sei sehr wohl eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, nämlich ein Heilmittel, auch wenn es nicht in den Heilmittelrichtlinien aufgeführt werde. Das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt sei ein zur Abgabe von Heilmitteln zugelassener Leistungserbringer, dessen Inhaber auch sämtliche Vorbereitungskurse für die Durchführung des FPZ-Trainings durchgeführt habe. Aber auch dann, wenn man das FPZ-Training als medizinische Präventionsmaßnahme oder als Maßnahme der ambulanten Rehabilitation ansehe, habe er einen Anspruch auf diese ärztlich verordnete Leistung.
Demgegenüber hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) das FPZ-Training zwar als präventive eigenverantwortliche Übungsmaßnahme sinnvoll sei, ihm jedoch die grundsätzlichen Eigenschaften einer Krankengymnastik fehlen würden. Eine Pflicht, sich an solchen Maßnahmen zu beteiligen, habe sie nicht. Zudem seien ergänzende Leistungen zur Rehabilitation davon abhängig, dass vorher die im Rahmen der Sachleistung möglichen Therapien (insbesondere die verschiedenen Anwendungsformen der Physiotherapie) ausgeschöpft würden, was im Fall des Klägers nicht zu erkennen sei.
Mit Urteil vom 14. August 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei der durchgeführten Trainingstherapie habe es sich weder um eine Maßnahme der Prävention und Selbsthilfe noch um eine Vorsorgeleistung gehandelt, sondern um ein sehr spezialisiertes, wissenschaftlich begleitetes Programm zur Behandlung der Folgen eines akuten Bandscheibenvorfalls. Es könne dahinstehen, ob es sich damit um ein Heilmittel gemäß § 32 SGB V oder eine ergänzende Leistung zur Rehabilitation im Sinne von § 43 SGB V gehandelt habe, weil nach den gesetzlichen Regeln solche Leistungen nur durch vertraglich zugelassene Leistungserbringer erbracht werden dürften. Zwar habe das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt eine Zulassung für allgemeine physiotherapeutische Leistungen, nicht aber für das spezielle, zusätzliche Qualifikationen und Spezialgeräte erfordernde FPZ-Programm. Auf die Frage, ob Herr H. möglicherweise einen Zulassungsanspruch gegen die gesetzlichen Krankenkassen habe, komme es im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht an.
Gegen dieses ihm am 5. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Dezember 2002 Berufung eingelegt.
Er vertieft seine erstinstanzlichen Ausführungen. Das FPZ-Training habe er aufgrund der Ablehnung durch die Beklagte selbständig durchgeführt und bezahlt. Wenn das FPZ-Training bis heute nicht Gegenstand der Heilmittelrichtlinien sei, so liege ein Systemmangel vor, weil nur die analysegestützte Muskeltrainingsmethode geeignet sei, die bei ihm geschädigten Muskelgruppen erfolgreich zu trainieren. Insoweit gehe es auch um eine Überprüfung der Richtlinienbeschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Heilmittelbereich. Aber selbst bei Anwendung des Heilmittelkatalogs sei die erbrachte Leistung als "Krankengymnastik mit Gerät" erbringbar und abrechenbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. August 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten des FPZ-Trainingsprogramms in Höhe von 637,84 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dem Kläger gehe es offensichtlich hauptsächlich um die Zulassung des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt für die Erbringung von Muskelaufbautraining im Rahmen des FPZ-Programms. Für die Zulassung von Leistungserbringern sei sie jedoch nicht der richtige Ansprechpartner und die vorliegende Klage nicht der richtige Weg. Das FPZ-Training sei kein Heilmittel. Zahlreiche andere Behandlungsalternativen hätten dem Kläger zur Verfügung gestanden. Soweit die Behandlung als ambulante Rehabilitationsmaßnahme zu bewerten sei, sei nicht sie, sondern der Rentenversicherungsträger zuständig.
Der Kläger hat die Rechnung des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt vom 20. Juni 2001 über die Behandlungen ab dem 19. Januar 2001 vorgelegt.
Der Senat hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Unterausschuss Heil- und Hilfsmittel) eingeholt, der mitgeteilt hat, dass das FPZ-Training dort noch nicht auf seine Anerkennungsfähigkeit als neue Behandlungsmethode überprüft worden sei; ein entsprechender Antrag liege auch nicht vor.
Im Erörterungstermin vom 23. Juni 2005 hat der Senat den Kläger persönlich gehört und den Leiter des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt, Herrn H.-H. H., als Zeugen zu dem durchgeführten Trainingsprogramm gehört. Dieser hat angegeben, bei dem FPZ-Training, welches an speziell dafür entwickelten Geräten durchgeführt werde, erfolge ein Training verschiedener Muskulaturgruppen nach einem individuell für den Patienten entwickelten Therapieplan. Dabei finde eine ständige Betreuung durch einen Physiotherapeuten statt, der die an den Maschinen eingesetzten Gewichte bestimme und anpasse. Eine Trainingseinheit dauere ca. 90 – 120 Minuten. Es sei kein Gruppen-, sondern ein Individualtraining.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat im Sinne der Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung des Klägers Erfolg. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, über den Kostenerstattungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Hingegen hat der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Kostenerstattung. Insoweit erweist sich die Berufung als unbegründet.
Als Anspruchsgrundlage für das Kostenerstattungsbegehren des Klägers kommt allein § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (Abs. 1).
Ein auf diese Vorschrift gestützter Anspruch scheitert für die Eingangsuntersuchung am 19. Januar 2001 sowie für die ersten Behandlungstermine am 23., 26. und 30. Januar 2001 bereits daran, dass der Kläger die streitige Behandlung begonnen hat, ohne sich vorher mit der Beklagten ins Benehmen zu setzen. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Kosten müssen dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehlt es regelmäßig, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, SozR 3-2500, § 13 Nrn. 15, 22). So liegt der Fall hier, denn der Kläger hat mit der Wirbelsäulentherapie bereits begonnen, bevor die Beklagte am 30. Januar 2001 über den Leistungsanspruch entschied. Eine unaufschiebbare Situation im Sinne eines Notfalls oder einer entsprechend dringlichen Bedarfslage, die eine vorherige Anfrage bei der Beklagten unmöglich gemacht hätte, lag bei dem Kläger nicht vor.
Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird allerdings die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im Allgemeinen als Zäsur angesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung geschafft wurden; für spätere Leistungen wird der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (vgl. BSG, SozR 3-2500, § 13 Nr. 22; Urteil des LSG Berlin vom 22. September 1998 – L 9 KR 30/98; Urteil des LSG Niedersachsen vom 20. Januar 1999 – L 4 KR 171/98), wenn die nachträglich getroffene Entscheidung der Krankenkasse noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. Hiervon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, denn der Kläger hätte nach dem Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 30. Januar 2001 die weitere Trainingstherapie abbrechen können, so dass die Erstattung der ab dem 2. Februar 2001 entstandenen Kosten nicht an der verspäteten Antragstellung scheitert.
Vorliegend hat die Beklagte im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V eine Leistung zu Unrecht abgelehnt. Das ist dann der Fall, wenn auf eine nach dem SGB V vorgesehene Leistung ein Rechtsanspruch bestand, Ermessen fehlerhaft oder gar nicht ausgeübt wurde (Wagner in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung, § 13 Rdnr. 29). Zwar hatte der Kläger – wie im Folgenden noch näher darzustellen – nach keiner Vorschrift des SGB V einen Anspruch auf Bewilligung des FPZ-Trainings. Jedoch hätte die Beklagte über die Erstattung der Kosten des FPZ-Trainings auf der Grundlage von § 43 SGB V (ergänzende Leistungen zur Rehabilitation) eine Ermessensentscheidung treffen müssen.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers von vorneherein weder auf die Vorschrift des § 20 SGB V, der Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe vorsieht, noch auf § 23 SGB V über medizinische Vorsorgeleistungen gestützt werden. Denn bei dem Kläger ging es nicht um Vorsorge, sondern bei ihm bestand ein Zustand nach vorangegangenem Bandscheibenvorfall, weshalb der Orthopäde A. das FPZ-Training zur Besserung des Beschwerdebildes und zur Vermeidung der Chronifizierung von Rücken- und Nackenleiden verordnete.
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das FPZ-Training auch nicht aus § 32 SGB V herleiten. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Unter diese Definition werden persönliche medizinische Dienstleistungen gefasst, die in Bezug auf eine bestimmte Gesundheitsstörung schädigende Einflüsse vom Körper abhalten und damit die konkrete Erkrankung gezielt bekämpfen (BSG, NZS 1995, S. 45), wie z.B. Krankengymnastik oder Ergotherapie. Im vorliegenden Fall hat der Kläger ein derartiges Heilmittel aber weder beantragt noch ist ihm dies von dem Orthopäden A. gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V verordnet worden. Gegenüber der Beklagten hat der Kläger vielmehr ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§ 43 SGB V) entsprechend der zwischen den Hessischen FPZ-Einrichtungen und dem BKK Landesverband Hessen getroffenen Vereinbarung über die Durchführung ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nach dem standardisierten FPZ-Konzept beantragt. Dementsprechend hat ihm Herr A. auch keine Verordnung über ein Heilmittel ausgestellt, sondern auf den für das Verfahren zwischen den FPZ-Einrichtungen und dem BKK Landesverband Hessen entwickelten Formblättern dem Kläger "Bedarf am ambulanten Rückentraining nach dem FPZ-Konzept" im Umfang von zweimal wöchentlich für ein Jahr bescheinigt, was als krankengymnastische Übungsbehandlung nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in keinem Fall verordnungsfähig gewesen wäre.
Als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation können Heilmittel aber von vornherein nicht verordnet werden. Gemäß § 43 SGB V in der hier maßgeblichen, vom 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, 2626) kann die Krankenkasse als ergänzende Leistungen
1. Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird; dies gilt auch für das Funktionstraining,
2. solche Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern, die unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören,
3. wirksame und effiziente Patientenschulungsmaßnahmen für chronisch Kranke erbringen; wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet.
Bereits aus dem Wortlaut wird deutlich, dass damit Leistungen gemeint sind, die den Erfolg einer rehabilitativen Hauptleistung sichern sollen (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 43 Rdnr. 40 m.w.N.), z.B. als begleitende Hilfen zur Sicherung des Erfolgs der vorangegangenen Krankenbehandlung. Bei der Verordnung von Heilmitteln handelt es sich jedoch um eine Primärleistung im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V) oder im Rahmen ambulanter oder stationärer Rehabilitationsmaßnahmen (§ 40 SGB V). An derartige Leistungen knüpft § 43 SGB V "ergänzend" an, um insbesondere im Bereich der Nachsorge den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, Leistungen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges zu gewähren, sofern diese eine medizinische Ausrichtung haben (Peters a.a.O. Rdnr. 2, 44).
Das FPZ-Training ist jedoch als ergänzende Leistung zur Rehabilitation anzusehen, welche die Beklagte als Ermessensleistung gewähren kann.
Die Anwendung von § 43 Nr. 1 SGB V in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung scheidet allerdings aus, weil sowohl der dort angesprochene Rehabilitationssport als auch das sog. Funktionstraining nur förderungsfähig sind, wenn es in Gruppen ausgeübt wird (vgl. dazu auch die Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining in der seit dem 1. Januar 1994 geltenden Fassung, in: Die Betriebskrankenkasse 11/93, 682). Nach den Darlegungen des Zeugen H. handelt es sich bei dem FPZ-Training aber gerade nicht um eine Gruppenbehandlung, sondern um ein individuell angepasstes und von einem Physiotherapeuten kontrolliertes Einzeltraining.
Das FPZ-Training kann aber im Sinne von § 43 Nr. 2 SGB V alter Fassung (heute: § 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) als (sonstige) ergänzende Leistung zur Rehabilitation angesehen werden, welches unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den berufsfördernden Leistungen oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehört. Der weite Wortlaut entspricht dem Gesetzeszweck, eine Rechtsgrundlage für flankierende Leistungen zu bieten, die sich im Einzelfall als erforderlich erweisen; die Vorschrift soll der Vielgestaltigkeit der Fälle Rechnung tragen können (Peters a.a.O. Rdnr. 47). Es kommt jede Maßnahme in Betracht, die sich im Einzelfall als zur Erreichung oder Sicherung des Rehabilitationserfolges als erforderlich erweist (BSGE 46, 299, 301). Eine restriktive Handhabung der Vorschrift entspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers (Peters a.a.O. Rdnr. 51).
Das FPZ-Training erfüllt diese Voraussetzungen. Es handelt sich um eine Leistung, die im Anschluss an eine vorangegangene Krankenbehandlung mit dem Ziel erbracht wird, durch spezielles Wirbelsäulentraining an dafür entwickelten Geräten neuerlichen Erkrankungen entgegenzuwirken, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen und die körperliche Belastbarkeit zu verbessern. Damit dient es nicht unmittelbar der Krankenbehandlung, sondern verfolgt rehabilitativ - präventive Zwecke, wie sie auch für das Funktionstraining typisch sind. Dieses wird definiert als eine Leistung, die mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie gezielt auf spezielle körperliche Strukturen (Muskeln, Gelenke u.s.w.) des/der Behinderten wirkt; Ziel ist der Erhalt von Funktionen, die Beseitigung oder Verbesserung von Störungen der Funktionen sowie das Hinauszögern von Funktionsverlusten einzelner Organsysteme (§ 3 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung über Rehabilitationssport und Funktionstherapie).
Allerdings lassen sich Abgrenzungsprobleme zu § 32 SGB V nicht vermeiden, weil eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Leistungen der physikalischen Therapie und dem hier streitigen Muskulaturtraining nur schwer möglich ist. Nach Nr. 35.2 der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in der 2001 geltenden Fassung konnte Behandlungsziel der Krankengymnastik auch die Aktivierung und Kräftigung geschwächter Muskulatur sein. Die Anwendung von Geräten im Rahmen einer krankengymnastischen Aufbauübung, die auch bei reinen (sportbetonten) Trainingsmaßnahmen benutzt zu werden pflegen, stand bereits nach der damaligen Rechtslage der Leistungspflicht für Krankengymnastik nicht von vorneherein entgegen, sofern der Bezug zur Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten blieb (BSG, Beschluss vom 14. März 2001, B 6 KA 71/00 B). Seit dem 1. Juli 2001 ist nunmehr gerätegestützte Krankengymnastik mit Sequenztrainingsgeräten und/oder Hebel- oder Seilzugapparaten (KG-Gerät) in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien als Leistung zur Wiederherstellung/Besserung einer gestörten Muskelfunktion sogar ausdrücklich vorgesehen. Dies ist jedoch kein Argument dafür, Maßnahmen der medizinischen Trainingstherapie wie dem FPZ-Training die Anerkennung als ergänzende Rehabilitationsleistung zu versagen, weil es sich sowohl von seiner Zielsetzung (im Sinne einer Nachsorgeleistung) als auch nach seinem Leistungsinhalt (im Wesentlichen eigenständiges Training des Patienten an verschiedenen Geräten über einen Zeitraum von 90 – 120 Minuten einschließlich Aufwärm- und Abklingphase) von krankengymnastischer Übungsbehandlung unterscheidet.
Von der Notwendigkeit eines derartigen Trainings hat sich der verordnende Vertragsarzt bei der Untersuchung des Patienten zu überzeugen und sein Verordnungsverhalten danach auszurichten. Soweit nach dem von ihm festgestellten Befund die Verordnung von Krankengymnastik nicht (mehr) erforderlich ist, hat er die Möglichkeit, das FPZ-Training als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation zu verordnen. Die Gefahr, dass es auf diesem Weg zu einer Finanzierung von Krafttraining oder von der Sache nach krankengymnastischen Leistungen kommt, ist schon deshalb gering, weil die Krankenkasse bei der Bewilligung solcher Leistungen ein weites Ermessen hat (Peters, a.a.O. Rdnr. 64). Sie entscheidet sowohl darüber, ob sie eine derartige Leistung (als Sach- oder Geldleistung) überhaupt für erforderlich hält, als auch über den konkreten Leistungsumfang; so ist sie insbesondere berechtigt, die Leistung nur teilweise zu erbringen oder sich auf eine Förderung zu beschränken (Peters, a.a.O. Rdnr. 65).
Die Voraussetzungen für die Verordnung eines FPZ-Trainings waren im Fall des Klägers erfüllt, denn nach dem Befund, den der Orthopäde A. ausweislich seines Berichts vom 30. März 2001 bei der Eingangsuntersuchung des Klägers (am 19. Februar 2001) erhoben hatte, war der Kläger nach dem vorausgegangenen Bandscheibenvorfall zum damaligen Zeitpunkt "praktisch beschwerdefrei"; gleichwohl bestand ein Bedarf für ein gezieltes Rückentraining, um die körperliche Belastbarkeit des Klägers zu verbessern und einer Chronifizierung des Rückenleidens vorzubeugen. Für diese Leistung war auch gemäß § 43 letzter Halbsatz SGB V die Zuständigkeit der Beklagten gegeben, weil sie dem Kläger im Rahmen der Behandlung seines Bandscheibenleidens zuletzt Krankenbehandlung geleistet hatte.
Von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen hat die Beklagte indes keinen Gebrauch gemacht, was gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide führt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54 Rdnr. 30 m.w.N.). Denn die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden gegebene Begründung für ihre Ablehnung des Begehrens des Klägers zeigt, dass sie sich der Notwendigkeit einer solchen Ermessensentscheidung nicht bewusst war. Ihre Ausführungen beschränken sich darauf, dass es sich bei dem FPZ-Training nicht um eine vertraglich zugelassene Leistung und bei dem Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt nicht um einen vertraglich zugelassenen Leistungserbringer handele, und auf Hinweise zu – hier von vorne herein nicht einschlägigen – Leistungen zur Primärprävention. Auf Zulassungsaspekte kommt es jedoch im Zusammenhang mit ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation nicht an, weil – wie oben bereits dargestellt – § 43 Nr. 2 SGB V a.F. keine Einschränkungen in Bezug auf mögliche Leistungsarten enthält. Ebenso wenig ist die Frage einer vertraglichen Zulassung des vorgesehenen Leistungserbringers von Bedeutung, weil die Krankenkassen bei den hier streitigen Leistungen nicht auf Sachleistungen beschränkt sind, sondern sich auch finanziell beteiligen können (Peters, a.a.O Rdnr. 65).
Die ermessensfehlerhafte Entscheidung der Beklagten führt zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide und zur Verurteilung der Beklagten, den Kostenerstattungsanspruch des Klägers neu zu bescheiden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 131 Rdnr. 12 a). Hingegen hat der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Erstattung der ihm durch das FPZ-Training entstandenen Kosten. Denn gemäß § 13 Abs. 3 SGB V hat der Kläger auch bei unrechtmäßiger Ablehnung seines Leistungsbegehrens einen Kostenerstattungsanspruch nur unter der Voraussetzung, dass die Selbstbeschaffung der Leistung "notwendig war". Über die Frage, ob das FPZ-Training notwendig war, hat die Beklagte aber unter Ausübung des ihr durch § 43 SGB V eingeräumten Ermessen zu entscheiden. Denn bei § 13 Abs. 3 SGB V handelt es sich der Sache nach um einen sozialrechtlichen Schadensersatzanspruch (Krauskopf – Wagner, § 13 Rdnr. 32). Dieser tritt an die Stelle des nicht erfüllten Primäranspruchs. Er kann damit aber nicht weiter gehen als die ursprünglich geschuldete Leistung. Die Selbsthilfe des Betroffenen darf ihm, soweit es um eine Ermessensleistung im Bereich der Rehabilitation handelt, weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen, lässt also den Ermessensspielraum der Behörde unberührt (BSG, SozR 2200, § 1237 Nr. 18). Vorliegend gibt es auch keinen Anhalt dafür, dass die Förderung des FPZ-Trainings als einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung anzusehen, das Ermessen der Beklagten also auf Null reduziert ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klage nur im Sinne der Neubescheidung Erfolg hat.
Der Senat lässt die Revision zu, weil insbesondere die Frage der Abgrenzung von Heilmitteln und ergänzenden Rehabilitationsleistungen höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Kostenübernahme für ein vom Forschungs- und Präventionszentrum C-Stadt (FPZ) entwickeltes, gerätegestütztes Wirbelsäulenfunktionstraining nach Dr. D ...
Der 1967 geborene Kläger litt seit November 2000 unter einem Bandscheibenvorfall im Lendenwirbelsäulenbereich mit Lumboischialgien links, was ärztliche und krankengymnastische Behandlung erforderlich machte. Am 22. Januar 2001 beantragte er als "ergänzende Leistung zur Rehabilitation" die Kostenübernahme für eine analysegestützte Wirbelsäulentherapie in dem Therapie- und Trainingszentrum D-Stadt für die Dauer von einem Jahr. Hierzu bezog er sich auf eine Vereinbarung vom 6. Februar 1998 zwischen dem Landesverband Hessen der Betriebskrankenkassen (BKK Landesverband Hessen) und den hessischen FPZ-Einrichtungen über die "Durchführung ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nach dem standardisierten FPZ-Konzept zur Beseitigung somatischer Rückenbeschwerden nach § 43 Nr. 2 SGB V", wonach die hessischen Betriebskrankenkassen die Kosten des FPZ-Trainings unter bestimmten Voraussetzungen zu wesentlichen Teilen übernehmen. Er fügte eine entsprechende Verordnung des Arztes für Orthopädie A. vom 18. Januar 2001 bei, der dem Kläger auch die gesundheitliche Eignung für die medizinische Trainingstherapie bescheinigte.
Mit Bescheid vom 30. Januar 2001 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Leistungen zur Krankenbehandlung würden übernommen, wenn sie medizinisch notwendig seien und von vertraglich zugelassenen Leistungserbringern durchgeführt würden. Das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt sei kein vertraglich zugelassener Leistungserbringer und das FPZ-Trainingsprogramm keine vertraglich zugelassene Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Auch als Präventionsmaßnahme könne diese Maßnahme nicht erbracht werden. In einem Schreiben vom 15. Februar 2001 verwies die Beklagte ergänzend darauf, dass sie der Vereinbarung zwischen den FPZ-Zentren und dem BKK Landesverband Hessen nicht beigetreten sei.
Der Kläger erhob am 22. Februar 2001 Widerspruch und verwies darauf, dass er weiterhin Rückenbeschwerden habe. Das begehrte Muskelaufbautraining sei sicherlich wirtschaftlicher als etwa eine Operation oder wiederholte ärztliche Rezepte. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. April 2001 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Der Kläger hat am 10. Mai 2001 Klage zum Sozialgericht Fulda erhoben. Er hat geltend gemacht, das FPZ-Trainingsprogramm sei sehr wohl eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, nämlich ein Heilmittel, auch wenn es nicht in den Heilmittelrichtlinien aufgeführt werde. Das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt sei ein zur Abgabe von Heilmitteln zugelassener Leistungserbringer, dessen Inhaber auch sämtliche Vorbereitungskurse für die Durchführung des FPZ-Trainings durchgeführt habe. Aber auch dann, wenn man das FPZ-Training als medizinische Präventionsmaßnahme oder als Maßnahme der ambulanten Rehabilitation ansehe, habe er einen Anspruch auf diese ärztlich verordnete Leistung.
Demgegenüber hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass nach einem Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) das FPZ-Training zwar als präventive eigenverantwortliche Übungsmaßnahme sinnvoll sei, ihm jedoch die grundsätzlichen Eigenschaften einer Krankengymnastik fehlen würden. Eine Pflicht, sich an solchen Maßnahmen zu beteiligen, habe sie nicht. Zudem seien ergänzende Leistungen zur Rehabilitation davon abhängig, dass vorher die im Rahmen der Sachleistung möglichen Therapien (insbesondere die verschiedenen Anwendungsformen der Physiotherapie) ausgeschöpft würden, was im Fall des Klägers nicht zu erkennen sei.
Mit Urteil vom 14. August 2002 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Bei der durchgeführten Trainingstherapie habe es sich weder um eine Maßnahme der Prävention und Selbsthilfe noch um eine Vorsorgeleistung gehandelt, sondern um ein sehr spezialisiertes, wissenschaftlich begleitetes Programm zur Behandlung der Folgen eines akuten Bandscheibenvorfalls. Es könne dahinstehen, ob es sich damit um ein Heilmittel gemäß § 32 SGB V oder eine ergänzende Leistung zur Rehabilitation im Sinne von § 43 SGB V gehandelt habe, weil nach den gesetzlichen Regeln solche Leistungen nur durch vertraglich zugelassene Leistungserbringer erbracht werden dürften. Zwar habe das Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt eine Zulassung für allgemeine physiotherapeutische Leistungen, nicht aber für das spezielle, zusätzliche Qualifikationen und Spezialgeräte erfordernde FPZ-Programm. Auf die Frage, ob Herr H. möglicherweise einen Zulassungsanspruch gegen die gesetzlichen Krankenkassen habe, komme es im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten nicht an.
Gegen dieses ihm am 5. Dezember 2002 zugestellte Urteil hat der Kläger am 9. Dezember 2002 Berufung eingelegt.
Er vertieft seine erstinstanzlichen Ausführungen. Das FPZ-Training habe er aufgrund der Ablehnung durch die Beklagte selbständig durchgeführt und bezahlt. Wenn das FPZ-Training bis heute nicht Gegenstand der Heilmittelrichtlinien sei, so liege ein Systemmangel vor, weil nur die analysegestützte Muskeltrainingsmethode geeignet sei, die bei ihm geschädigten Muskelgruppen erfolgreich zu trainieren. Insoweit gehe es auch um eine Überprüfung der Richtlinienbeschlüsse des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen im Heilmittelbereich. Aber selbst bei Anwendung des Heilmittelkatalogs sei die erbrachte Leistung als "Krankengymnastik mit Gerät" erbringbar und abrechenbar.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 14. August 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten des FPZ-Trainingsprogramms in Höhe von 637,84 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie meint, dem Kläger gehe es offensichtlich hauptsächlich um die Zulassung des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt für die Erbringung von Muskelaufbautraining im Rahmen des FPZ-Programms. Für die Zulassung von Leistungserbringern sei sie jedoch nicht der richtige Ansprechpartner und die vorliegende Klage nicht der richtige Weg. Das FPZ-Training sei kein Heilmittel. Zahlreiche andere Behandlungsalternativen hätten dem Kläger zur Verfügung gestanden. Soweit die Behandlung als ambulante Rehabilitationsmaßnahme zu bewerten sei, sei nicht sie, sondern der Rentenversicherungsträger zuständig.
Der Kläger hat die Rechnung des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt vom 20. Juni 2001 über die Behandlungen ab dem 19. Januar 2001 vorgelegt.
Der Senat hat eine Auskunft des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (Unterausschuss Heil- und Hilfsmittel) eingeholt, der mitgeteilt hat, dass das FPZ-Training dort noch nicht auf seine Anerkennungsfähigkeit als neue Behandlungsmethode überprüft worden sei; ein entsprechender Antrag liege auch nicht vor.
Im Erörterungstermin vom 23. Juni 2005 hat der Senat den Kläger persönlich gehört und den Leiter des Therapie- und Rehabilitationszentrums D-Stadt, Herrn H.-H. H., als Zeugen zu dem durchgeführten Trainingsprogramm gehört. Dieser hat angegeben, bei dem FPZ-Training, welches an speziell dafür entwickelten Geräten durchgeführt werde, erfolge ein Training verschiedener Muskulaturgruppen nach einem individuell für den Patienten entwickelten Therapieplan. Dabei finde eine ständige Betreuung durch einen Physiotherapeuten statt, der die an den Maschinen eingesetzten Gewichte bestimme und anpasse. Eine Trainingseinheit dauere ca. 90 – 120 Minuten. Es sei kein Gruppen-, sondern ein Individualtraining.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat im Sinne der Verurteilung der Beklagten zur Neubescheidung des Klägers Erfolg. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, über den Kostenerstattungsanspruch des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Hingegen hat der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Kostenerstattung. Insoweit erweist sich die Berufung als unbegründet.
Als Anspruchsgrundlage für das Kostenerstattungsbegehren des Klägers kommt allein § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war (Abs. 1).
Ein auf diese Vorschrift gestützter Anspruch scheitert für die Eingangsuntersuchung am 19. Januar 2001 sowie für die ersten Behandlungstermine am 23., 26. und 30. Januar 2001 bereits daran, dass der Kläger die streitige Behandlung begonnen hat, ohne sich vorher mit der Beklagten ins Benehmen zu setzen. § 13 Abs. 3 SGB V gewährt einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung infolge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Kosten müssen dadurch entstanden sein, dass die Krankenkasse entweder eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder dass sie die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat. An dem erforderlichen Kausalzusammenhang fehlt es regelmäßig, wenn die Kasse vor Inanspruchnahme der Behandlung mit dem Leistungsbegehren gar nicht befasst wurde, obwohl dies möglich gewesen wäre (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, SozR 3-2500, § 13 Nrn. 15, 22). So liegt der Fall hier, denn der Kläger hat mit der Wirbelsäulentherapie bereits begonnen, bevor die Beklagte am 30. Januar 2001 über den Leistungsanspruch entschied. Eine unaufschiebbare Situation im Sinne eines Notfalls oder einer entsprechend dringlichen Bedarfslage, die eine vorherige Anfrage bei der Beklagten unmöglich gemacht hätte, lag bei dem Kläger nicht vor.
Bei laufenden oder sich über einen längeren Zeitraum erstreckenden Leistungen wird allerdings die ablehnende Entscheidung der Krankenkasse im Allgemeinen als Zäsur angesehen und die Kostenerstattung nur für diejenigen Leistungen ausgeschlossen, die bis zum Zeitpunkt der Entscheidung auf eigene Rechnung geschafft wurden; für spätere Leistungen wird der erforderliche Kausalzusammenhang dagegen bejaht (vgl. BSG, SozR 3-2500, § 13 Nr. 22; Urteil des LSG Berlin vom 22. September 1998 – L 9 KR 30/98; Urteil des LSG Niedersachsen vom 20. Januar 1999 – L 4 KR 171/98), wenn die nachträglich getroffene Entscheidung der Krankenkasse noch geeignet war, das weitere Leistungsgeschehen zu beeinflussen. Hiervon kann im vorliegenden Fall ausgegangen werden, denn der Kläger hätte nach dem Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 30. Januar 2001 die weitere Trainingstherapie abbrechen können, so dass die Erstattung der ab dem 2. Februar 2001 entstandenen Kosten nicht an der verspäteten Antragstellung scheitert.
Vorliegend hat die Beklagte im Sinne von § 13 Abs. 3 SGB V eine Leistung zu Unrecht abgelehnt. Das ist dann der Fall, wenn auf eine nach dem SGB V vorgesehene Leistung ein Rechtsanspruch bestand, Ermessen fehlerhaft oder gar nicht ausgeübt wurde (Wagner in Krauskopf, Kommentar zur Sozialen Krankenversicherung, § 13 Rdnr. 29). Zwar hatte der Kläger – wie im Folgenden noch näher darzustellen – nach keiner Vorschrift des SGB V einen Anspruch auf Bewilligung des FPZ-Trainings. Jedoch hätte die Beklagte über die Erstattung der Kosten des FPZ-Trainings auf der Grundlage von § 43 SGB V (ergänzende Leistungen zur Rehabilitation) eine Ermessensentscheidung treffen müssen.
Wie das Sozialgericht zutreffend dargelegt hat, kann ein Kostenerstattungsanspruch des Klägers von vorneherein weder auf die Vorschrift des § 20 SGB V, der Leistungen zur Prävention und Selbsthilfe vorsieht, noch auf § 23 SGB V über medizinische Vorsorgeleistungen gestützt werden. Denn bei dem Kläger ging es nicht um Vorsorge, sondern bei ihm bestand ein Zustand nach vorangegangenem Bandscheibenvorfall, weshalb der Orthopäde A. das FPZ-Training zur Besserung des Beschwerdebildes und zur Vermeidung der Chronifizierung von Rücken- und Nackenleiden verordnete.
Entgegen der Ansicht des Klägers lässt sich ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das FPZ-Training auch nicht aus § 32 SGB V herleiten. Nach dieser Vorschrift haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Heilmitteln, soweit sie nicht nach § 34 ausgeschlossen sind. Unter diese Definition werden persönliche medizinische Dienstleistungen gefasst, die in Bezug auf eine bestimmte Gesundheitsstörung schädigende Einflüsse vom Körper abhalten und damit die konkrete Erkrankung gezielt bekämpfen (BSG, NZS 1995, S. 45), wie z.B. Krankengymnastik oder Ergotherapie. Im vorliegenden Fall hat der Kläger ein derartiges Heilmittel aber weder beantragt noch ist ihm dies von dem Orthopäden A. gemäß § 73 Abs. 2 Nr. 7 SGB V verordnet worden. Gegenüber der Beklagten hat der Kläger vielmehr ergänzende Leistungen zur Rehabilitation (§ 43 SGB V) entsprechend der zwischen den Hessischen FPZ-Einrichtungen und dem BKK Landesverband Hessen getroffenen Vereinbarung über die Durchführung ambulanter Rehabilitationsmaßnahmen nach dem standardisierten FPZ-Konzept beantragt. Dementsprechend hat ihm Herr A. auch keine Verordnung über ein Heilmittel ausgestellt, sondern auf den für das Verfahren zwischen den FPZ-Einrichtungen und dem BKK Landesverband Hessen entwickelten Formblättern dem Kläger "Bedarf am ambulanten Rückentraining nach dem FPZ-Konzept" im Umfang von zweimal wöchentlich für ein Jahr bescheinigt, was als krankengymnastische Übungsbehandlung nach den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in keinem Fall verordnungsfähig gewesen wäre.
Als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation können Heilmittel aber von vornherein nicht verordnet werden. Gemäß § 43 SGB V in der hier maßgeblichen, vom 1. Januar 2000 bis 30. Juni 2001 geltenden Fassung durch das Gesetz vom 22. Dezember 1999 (BGBl. I, 2626) kann die Krankenkasse als ergänzende Leistungen
1. Rehabilitationssport fördern, der Versicherten ärztlich verordnet und in Gruppen unter ärztlicher Betreuung ausgeübt wird; dies gilt auch für das Funktionstraining,
2. solche Leistungen zur Rehabilitation ganz oder teilweise erbringen oder fördern, die unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den berufsfördernden Leistungen zur Rehabilitation oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehören,
3. wirksame und effiziente Patientenschulungsmaßnahmen für chronisch Kranke erbringen; wenn zuletzt die Krankenkasse Krankenbehandlung geleistet hat oder leistet.
Bereits aus dem Wortlaut wird deutlich, dass damit Leistungen gemeint sind, die den Erfolg einer rehabilitativen Hauptleistung sichern sollen (Peters, Handbuch der Krankenversicherung, § 43 Rdnr. 40 m.w.N.), z.B. als begleitende Hilfen zur Sicherung des Erfolgs der vorangegangenen Krankenbehandlung. Bei der Verordnung von Heilmitteln handelt es sich jedoch um eine Primärleistung im Rahmen der Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 SGB V) oder im Rahmen ambulanter oder stationärer Rehabilitationsmaßnahmen (§ 40 SGB V). An derartige Leistungen knüpft § 43 SGB V "ergänzend" an, um insbesondere im Bereich der Nachsorge den Krankenkassen die Möglichkeit zu eröffnen, Leistungen zur Sicherung des Rehabilitationserfolges zu gewähren, sofern diese eine medizinische Ausrichtung haben (Peters a.a.O. Rdnr. 2, 44).
Das FPZ-Training ist jedoch als ergänzende Leistung zur Rehabilitation anzusehen, welche die Beklagte als Ermessensleistung gewähren kann.
Die Anwendung von § 43 Nr. 1 SGB V in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung scheidet allerdings aus, weil sowohl der dort angesprochene Rehabilitationssport als auch das sog. Funktionstraining nur förderungsfähig sind, wenn es in Gruppen ausgeübt wird (vgl. dazu auch die Gesamtvereinbarung über den Rehabilitationssport und das Funktionstraining in der seit dem 1. Januar 1994 geltenden Fassung, in: Die Betriebskrankenkasse 11/93, 682). Nach den Darlegungen des Zeugen H. handelt es sich bei dem FPZ-Training aber gerade nicht um eine Gruppenbehandlung, sondern um ein individuell angepasstes und von einem Physiotherapeuten kontrolliertes Einzeltraining.
Das FPZ-Training kann aber im Sinne von § 43 Nr. 2 SGB V alter Fassung (heute: § 43 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) als (sonstige) ergänzende Leistung zur Rehabilitation angesehen werden, welches unter Berücksichtigung von Art oder Schwere der Behinderung erforderlich ist, um das Ziel der Rehabilitation zu erreichen oder zu sichern, aber nicht zu den berufsfördernden Leistungen oder den Leistungen zur allgemeinen sozialen Eingliederung gehört. Der weite Wortlaut entspricht dem Gesetzeszweck, eine Rechtsgrundlage für flankierende Leistungen zu bieten, die sich im Einzelfall als erforderlich erweisen; die Vorschrift soll der Vielgestaltigkeit der Fälle Rechnung tragen können (Peters a.a.O. Rdnr. 47). Es kommt jede Maßnahme in Betracht, die sich im Einzelfall als zur Erreichung oder Sicherung des Rehabilitationserfolges als erforderlich erweist (BSGE 46, 299, 301). Eine restriktive Handhabung der Vorschrift entspricht nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers (Peters a.a.O. Rdnr. 51).
Das FPZ-Training erfüllt diese Voraussetzungen. Es handelt sich um eine Leistung, die im Anschluss an eine vorangegangene Krankenbehandlung mit dem Ziel erbracht wird, durch spezielles Wirbelsäulentraining an dafür entwickelten Geräten neuerlichen Erkrankungen entgegenzuwirken, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen und die körperliche Belastbarkeit zu verbessern. Damit dient es nicht unmittelbar der Krankenbehandlung, sondern verfolgt rehabilitativ - präventive Zwecke, wie sie auch für das Funktionstraining typisch sind. Dieses wird definiert als eine Leistung, die mit den Mitteln der Krankengymnastik und der Ergotherapie gezielt auf spezielle körperliche Strukturen (Muskeln, Gelenke u.s.w.) des/der Behinderten wirkt; Ziel ist der Erhalt von Funktionen, die Beseitigung oder Verbesserung von Störungen der Funktionen sowie das Hinauszögern von Funktionsverlusten einzelner Organsysteme (§ 3 Abs. 1 der Gesamtvereinbarung über Rehabilitationssport und Funktionstherapie).
Allerdings lassen sich Abgrenzungsprobleme zu § 32 SGB V nicht vermeiden, weil eine trennscharfe Unterscheidung zwischen Leistungen der physikalischen Therapie und dem hier streitigen Muskulaturtraining nur schwer möglich ist. Nach Nr. 35.2 der Heil- und Hilfsmittelrichtlinien in der 2001 geltenden Fassung konnte Behandlungsziel der Krankengymnastik auch die Aktivierung und Kräftigung geschwächter Muskulatur sein. Die Anwendung von Geräten im Rahmen einer krankengymnastischen Aufbauübung, die auch bei reinen (sportbetonten) Trainingsmaßnahmen benutzt zu werden pflegen, stand bereits nach der damaligen Rechtslage der Leistungspflicht für Krankengymnastik nicht von vorneherein entgegen, sofern der Bezug zur Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung erhalten blieb (BSG, Beschluss vom 14. März 2001, B 6 KA 71/00 B). Seit dem 1. Juli 2001 ist nunmehr gerätegestützte Krankengymnastik mit Sequenztrainingsgeräten und/oder Hebel- oder Seilzugapparaten (KG-Gerät) in den Heil- und Hilfsmittelrichtlinien als Leistung zur Wiederherstellung/Besserung einer gestörten Muskelfunktion sogar ausdrücklich vorgesehen. Dies ist jedoch kein Argument dafür, Maßnahmen der medizinischen Trainingstherapie wie dem FPZ-Training die Anerkennung als ergänzende Rehabilitationsleistung zu versagen, weil es sich sowohl von seiner Zielsetzung (im Sinne einer Nachsorgeleistung) als auch nach seinem Leistungsinhalt (im Wesentlichen eigenständiges Training des Patienten an verschiedenen Geräten über einen Zeitraum von 90 – 120 Minuten einschließlich Aufwärm- und Abklingphase) von krankengymnastischer Übungsbehandlung unterscheidet.
Von der Notwendigkeit eines derartigen Trainings hat sich der verordnende Vertragsarzt bei der Untersuchung des Patienten zu überzeugen und sein Verordnungsverhalten danach auszurichten. Soweit nach dem von ihm festgestellten Befund die Verordnung von Krankengymnastik nicht (mehr) erforderlich ist, hat er die Möglichkeit, das FPZ-Training als ergänzende Leistungen zur Rehabilitation zu verordnen. Die Gefahr, dass es auf diesem Weg zu einer Finanzierung von Krafttraining oder von der Sache nach krankengymnastischen Leistungen kommt, ist schon deshalb gering, weil die Krankenkasse bei der Bewilligung solcher Leistungen ein weites Ermessen hat (Peters, a.a.O. Rdnr. 64). Sie entscheidet sowohl darüber, ob sie eine derartige Leistung (als Sach- oder Geldleistung) überhaupt für erforderlich hält, als auch über den konkreten Leistungsumfang; so ist sie insbesondere berechtigt, die Leistung nur teilweise zu erbringen oder sich auf eine Förderung zu beschränken (Peters, a.a.O. Rdnr. 65).
Die Voraussetzungen für die Verordnung eines FPZ-Trainings waren im Fall des Klägers erfüllt, denn nach dem Befund, den der Orthopäde A. ausweislich seines Berichts vom 30. März 2001 bei der Eingangsuntersuchung des Klägers (am 19. Februar 2001) erhoben hatte, war der Kläger nach dem vorausgegangenen Bandscheibenvorfall zum damaligen Zeitpunkt "praktisch beschwerdefrei"; gleichwohl bestand ein Bedarf für ein gezieltes Rückentraining, um die körperliche Belastbarkeit des Klägers zu verbessern und einer Chronifizierung des Rückenleidens vorzubeugen. Für diese Leistung war auch gemäß § 43 letzter Halbsatz SGB V die Zuständigkeit der Beklagten gegeben, weil sie dem Kläger im Rahmen der Behandlung seines Bandscheibenleidens zuletzt Krankenbehandlung geleistet hatte.
Von dem ihr gesetzlich eingeräumten Ermessen hat die Beklagte indes keinen Gebrauch gemacht, was gemäß § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide führt (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 54 Rdnr. 30 m.w.N.). Denn die von der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden gegebene Begründung für ihre Ablehnung des Begehrens des Klägers zeigt, dass sie sich der Notwendigkeit einer solchen Ermessensentscheidung nicht bewusst war. Ihre Ausführungen beschränken sich darauf, dass es sich bei dem FPZ-Training nicht um eine vertraglich zugelassene Leistung und bei dem Therapie- und Rehabilitationszentrum D-Stadt nicht um einen vertraglich zugelassenen Leistungserbringer handele, und auf Hinweise zu – hier von vorne herein nicht einschlägigen – Leistungen zur Primärprävention. Auf Zulassungsaspekte kommt es jedoch im Zusammenhang mit ergänzenden Leistungen zur Rehabilitation nicht an, weil – wie oben bereits dargestellt – § 43 Nr. 2 SGB V a.F. keine Einschränkungen in Bezug auf mögliche Leistungsarten enthält. Ebenso wenig ist die Frage einer vertraglichen Zulassung des vorgesehenen Leistungserbringers von Bedeutung, weil die Krankenkassen bei den hier streitigen Leistungen nicht auf Sachleistungen beschränkt sind, sondern sich auch finanziell beteiligen können (Peters, a.a.O Rdnr. 65).
Die ermessensfehlerhafte Entscheidung der Beklagten führt zur Aufhebung der angefochtenen Bescheide und zur Verurteilung der Beklagten, den Kostenerstattungsanspruch des Klägers neu zu bescheiden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 131 Rdnr. 12 a). Hingegen hat der Kläger keinen unmittelbaren Anspruch auf Erstattung der ihm durch das FPZ-Training entstandenen Kosten. Denn gemäß § 13 Abs. 3 SGB V hat der Kläger auch bei unrechtmäßiger Ablehnung seines Leistungsbegehrens einen Kostenerstattungsanspruch nur unter der Voraussetzung, dass die Selbstbeschaffung der Leistung "notwendig war". Über die Frage, ob das FPZ-Training notwendig war, hat die Beklagte aber unter Ausübung des ihr durch § 43 SGB V eingeräumten Ermessen zu entscheiden. Denn bei § 13 Abs. 3 SGB V handelt es sich der Sache nach um einen sozialrechtlichen Schadensersatzanspruch (Krauskopf – Wagner, § 13 Rdnr. 32). Dieser tritt an die Stelle des nicht erfüllten Primäranspruchs. Er kann damit aber nicht weiter gehen als die ursprünglich geschuldete Leistung. Die Selbsthilfe des Betroffenen darf ihm, soweit es um eine Ermessensleistung im Bereich der Rehabilitation handelt, weder zum Vorteil noch zum Nachteil gereichen, lässt also den Ermessensspielraum der Behörde unberührt (BSG, SozR 2200, § 1237 Nr. 18). Vorliegend gibt es auch keinen Anhalt dafür, dass die Förderung des FPZ-Trainings als einzig ermessensfehlerfreie Entscheidung anzusehen, das Ermessen der Beklagten also auf Null reduziert ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass die Klage nur im Sinne der Neubescheidung Erfolg hat.
Der Senat lässt die Revision zu, weil insbesondere die Frage der Abgrenzung von Heilmitteln und ergänzenden Rehabilitationsleistungen höchstrichterlich nicht geklärt ist.
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