L 1 Ar 1497/78

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 Ar 5/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 1497/78
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitslosen ist bereits dann Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gewesen, wenn es in dem Sinne ursächlich für die Kündigung war, daß es nicht hinweggedacht werden kann, ohne daß damit die Kündigung entfiele; nicht erforderlich ist, daß es das unmittelbare oder beherrschende Motiv der Kündigung war.
2. Ein verkehrswidriges schuldhaftes Verhalten eines (Berufs-)Kraftfahrers, das zur Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zur Unmöglichkeit der weiteren Erfüllung des Arbeitsvertrages führte, ist daher auch dann Anlaß für die Kündigung gewesen, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis erst auf Grund der Entziehung der Fahrerlaubnis kündigte und ohne diese Entziehung die Kündigung nicht vorgenommen hätte.
3. Die Arbeitslosigkeit ist bereits dann grobfahrlässig herbeigeführt, wenn diese Herbeiführung auf Grund des Verhaltens des Arbeitslosen nahelag bzw. sehr wahrscheinlich war und der Arbeitslose sie dennoch leichtfertig außer acht gelassen hat; nicht erforderlich ist, daß die Herbeiführung dieser Folge dem Arbeitslosen ohne jede weitere Überlegung schlechthin klar sein mußte.
4. Bei einem (Berufs)Kraftfahrer, der grob fahrlässig durch einen für ihn leicht vermeidbaren Verkehrsunfall einen Menschen tötete, liegen die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit jedenfalls dann vor, wenn auf Grund vorangegangener Verkehrsverstöße und einer vorangegangenen Fahrerlaubnis sperre die Entziehung der Fahrerlaubnis und als ihre Folge die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit nahelag bzw. sehr wahrscheinlich war.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. September 1978 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist das Vorliegen der Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit vom 10. April 1976 bis 7. Mai 1976.

Der im Jahre 1940 geborene Kläger war seit dem Jahre 1965 als Berufskraftfahrer tätig und dabei seit März 1969 bei der Transport-, Speditions- und Baustoffirma K. G. GmbH in H. beschäftigt. Diese Firma hatte nach den eigenen Angaben des Klägers im Frühjahr 1975 zehn Beschäftigte, die alle den Führerschein besaßen und jeweils eines der insgesamt zehn Fahrzeuge des Unternehmens fuhren.

Am 15. April 1975 verursachte der Kläger mit dem von ihm gesteuerten Lastzug der Firma G. in J. einen Verkehrsunfall, bei dem ein elfjähriges Mädchen getötet wurde. Nach den Feststellungen des Bezirksschöffengerichts in Offenbach/Main beachtete der Kläger infolge grober Fahrlässigkeit nicht den Farbenwechsel einer Fußgängerampel von Grün auf Gelb und Rot und erfaßte mit seinem Fahrzeug das Kind, als dieses bei Grün den Fußgängerüberweg überquerte, während die Ampel für den Kläger Rot zeigte. Er hätte, wie das Schöffengericht nach zweitägiger Vehandlung, u.a. unter Vernehmung von zehn Zeugen feststellte, sein Fahrzeug leicht anhalten können, wenn er, wozu er nach Auffassung des Gerichts besonders verpflichtet war, auf die Ampel geachtet hätte; es handelte sich – so das Schöffengericht – um einen leicht vermeidbaren Unfall. In seinem Urteil vom 26. März 1976 verurteilte das Gericht den Kläger daher wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gleichzeitig wurde dem Kläger die Fahrerlaubnis entzogen und sein Führerschein eingezogen. Die Verwaltungsbehörde wurde angewiesen, dem Kläger vor Ablauf eines Jahres keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Bei dieser Entziehung der Fahrerlaubnis ging das Gericht davon aus, daß der Kläger bereits im Jahre 1970 wegen einer im Straßenverkehr begangenen fahrlässigen Körperverletzung und im Jahre 1973 wegen fortgesetzter, vorsätzlich begangener Verkehrsunfallflucht in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit am Steuer verurteilt und im Jahre 1973 eine Fahrerlaubnis sperre angeordnet worden war. Es nahm an, daß der Kläger sich durch den dritten Verkehrsverstoß innerhalb von fünf Jahren als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Die von dem Kläger eingelegte, auf die Überprüfung des Strafmaßes beschränkte Berufung wurde durch die 4. Große Strafkammer des Landgerichts in Darmstadt mit Urteil vom 11. Oktober 1976 verworfen. Ergänzend hob die Strafkammer hervor, daß der Kläger außerdem im Jahre 1973 noch mit einem Bußgeld belegt worden war, weil er in Gießen in eine Kreuzung eingefahren war, obwohl die für seine Fahrtrichtung maßgebende Signalanlage bereits rotes Licht gezeigt hatte. Zusammenfassend kam auch das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, daß der Entzug der Fahrerlaubnis und die Festsetzung einer Sperrfrist für die Wiedererteilung zum Schutz der Allgemeinheit unumgänglich gewesen ist. Im übrigen wird auf den Inhalt der beiden Strafgerichtsurteile Bezug genommen.

Aufgrund des Urteils des Bezirksschöffengerichts in Offenbach/Main vom 26. März 1976 kündigte die Firma G. das Arbeitsverhältnis des Klägers am 27. März 1976 zum 9. April 1976. Am 29. März 1976 meldete sich der Kläger daraufhin beim Arbeitsamt Darmstadt, Dienststelle Dieburg, arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg), das ihm für die Zeit vom 8. Mai 1976 bis 22. Mai 1976 gezahlt wurde. Danach war der Kläger als Hilfsarbeiter im Straßenbau tätig.

Mit Bescheid vom 20. April 1976 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 10. April 1976 bis 7. Mai 1976 fest und begründete dies damit, der Kläger habe gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen und auch voraussehen müssen, daß dieses Verhalten zur Kündigung durch den Arbeitgeber und zur Arbeitslosigkeit führen würde. Am 6. Mai 1976 legte der Kläger Widerspruch ein und machte insbesondere geltend, von einer groben Fahrlässigkeit könne hinsichtlich der Herbeiführung der Arbeitslosigkeit nicht gesprochen werden; insbesondere habe er bei der Verursachung des Verkehrsunfalls nicht unter Alkohol gestanden. Auf Antrage teilte die Firma G. der Beklagten am 25. Juni 1976 mit, sie sei der Meinung, daß dem Kläger der Führerschein zu Unrecht entzogen worden sei; zumindest könne man über die Frage der Entziehung geteilter Meinung sein, wie sich auch daraus ergebe, daß der Führerschein nicht, wie sonst üblich, zunächst vorläufig, sondern erst in der Haupt Verhandlung entzogen worden sei. Sie kenne den Kläger als umsichtigen und zuverlässigen Fahrer, mit dem sie sehr zufrieden gewesen sei, den sie gerne behalten hätte und nur ungern verloren habe. Auf der anderen Seite könne sie selbstverständlich einen Kraftfahrer ohne Führerschein nicht beschäftigen. Bei ihr würden keine Arbeiten anfallen, mit denen sie den Kläger hätte beauftragen können. Sie sei deshalb gezwungen gewesen, statt des Klägers einen anderen Fahrer einzustellen und den Kläger schweren Herzens zu entlassen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 30. November 1976, zugestellt am 6. Dezember 1976, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die Zurückweisung wurde im wesentlichen darauf gestützt, der Kläger habe mit seinem Verhalten die Sorgfaltspflichten eines Kraftfahrers besonders schwerwiegend verletzt und damit grobfahrlässig seine Arbeitslosigkeit herbeigeführt. Er habe damit rechnen können und müssen, daß im Falle der Mißachtung einer Ampel Fußgänger getötet werden konnten und er über eine strafgerichtliche Ahndung und die Entziehung seines Führerscheines seinen Arbeitsplatz verliere.

Am 5. Januar 1977 hat der Kläger durch Einreichen einer Klageschrift bei dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben.

Er hat geltend gemacht, er habe die Arbeitslosigkeit nicht grobfahrlässig herbeigeführt, denn er habe nicht mit der Entziehung der Fahrerlaubnis und damit auch nicht mit dem auf dieser Entziehung beruhenden Verlust des Arbeitsplatzes rechnen müssen. Die von ihm begangene Tat gehöre nicht zu den Delikten, bei deren Begehung der Täter im Sinne des § 69 Abs. 2 Strafgesetzbuch (StGB) in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen sei. Daher sei die Entziehung der Fahrerlaubnis auch für ihn mehr als überraschend gekommen, zumal eine vorläufige Entziehung nicht für erforderlich gehalten worden sei. Im übrigen sei Grund der Kündigung nicht ein im April 1975 begangener Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten, sondern der im März 1976 durch das Gericht vorgenommene Staatsakt der Entziehung der Fahrerlaubnis gewesen. Die Beklagte hat sich demgegenüber auf die Begründung ihrer Bescheide gestützt.

Mit Urteil vom 12. September 1978 hat das Sozialgericht Darmstadt unter gleichzeitiger Zulassung der Berufung den Bescheid der Beklagten vom 20. April 1976 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. November 1976 aufgehoben. Diese Aufhebung ist im wesentlichen darauf gestützt, nicht das dem Kläger vorwerfbare Verhalten im Zusammenhang mit dem Unfall sei Anlaß der Kündigung gewesen, sondern die Entziehung der Fahrerlaubnis; diese Entziehung stelle aber keine Vertragsverletzung des Klägers dar, weil sie außerhalb seiner Einflußmöglichkeit durch Staatsakt erfolgt sei.

Gegen dieses der Beklagten am 6. Dezember 1978 zugestellte Urteil richtet sich ihre Berufung, eingelegt mit einem am 30. Dezember 1978 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangenen Schriftsatz der Beklagten vom 27. Dezember 1978.

Die Beklagte macht geltend, die grobfahrlässige Verursachung eines Unfalles, wie er dem Kläger anzulasten sei, habe regelmäßig den Verlust der Fahrerlaubnis zur Folge. Der Kläger habe sich auch darüber im Klaren sein müssen, daß er dann seinen Arbeitsplatz verliere und mit der Möglichkeit eines Anschlußarbeitsplatzes als Kraftfahrer nicht zu rechnen sei.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. September 1978 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist nochmals darauf hin, ihm sei nicht wegen seines grobfahrlässigen verkehrswidrigen Verhaltens, sondern wegen der Entziehung der Fahrerlaubnis und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, seinen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis nachzukommen, gekündigt worden. Diese Entziehung sei für ihn aber nicht vorhersehbar gewesen.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil erklärt. Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Leistungsakten der Beklagten, Stamm-Nr. xxx, Arbeitsamt X., und der Urteile des Bezirksschöffengerichts in Offenbach/Main vom 26. März 1976 und der 4. Großen Strafkammer des Landgerichts in Darmstadt vom 11. Oktober 1976, die dem Senat bei seiner Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist frist- und formgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG) sowie durch Zulassung statthaft (§ 150 Nr. 2 SGG).

Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht Darmstadt hat in dem von der Beklagten angefochtenen Urteil vom 12. September 1978 zu Unrecht den Bescheid der Beklagten vom 20. April 1976 und den Viderspruchsbescheid vom 30. November 1976 aufgehoben. Die Voraussetzungen für den Eintritt der von der Beklagten festgestellten Sperrzeit sind gegeben. Der Kläger hat durch ein vertragswidriges Verhalten Anlaß für die Kündigung des Arbeitgebers gegeben und dadurch grobfahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben (§ 119 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Arbeitsförderungsgesetz – AFG). Gründe für eine Verminderung der Sperrzeit auf zwei Wochen (§ 119 Abs. 2 AFG) liegen nicht vor.

Ein vertragswidriges Verhalten ist dann gegeben, wenn der Arbeitslose gegen den für das Arbeitsverhältnis geltenden Arbeitsvertrag verstoßen hat. Dieser Verstoß kann durch Schlechtleistung, insbesondere durch Verletztung einer sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Nebenpflicht, oder durch Nichtleistung der vertraglich/geschuldeten Arbeit geschehen (s. Hennig/Kühl/Heuer, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar, § 119 AFG, Anm. 3). Im vorliegenden Falle kann dahinstehen, ob bereits die – schuldhafte – Verursachung des Verkehrsunfalles, der sich während der Arbeitszeit und mit dem Fahrzeug des Arbeitgebers ereignete, eine Verletzung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Nebenpflichten, insbesondere der Fürsorge- und Sorgfaltspflichten, beinhaltet. Zumindest liegt ein Fall der Nichtleistung, nämlich in Form der Unmöglichkeit der Leistung, deshalb vor, weil es dem Kläger durch die Entziehung der Fahrerlaubnis unmöglich geworden ist, seine arbeitsvertraglichen Pflichten als Berufsfahrer weiterhin zu erfüllen (s. Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O.; Schönefelder/Kranz/Wanka, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar, 1. Lieferung, Stand August 1972, § 119 AFG, Randnummer 5). Eine Vertragswidrigkeit ist in diesem Zusammenhang dann zu bejahen, wenn diese Unmöglichkeit der Leistung schuldhaft herbeigeführt worden ist (vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 28. Oktober 1968 – L 1/Ar – 8/68; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19. August 1975 – L 1/Ar – 5/75 – Breithaupt 1976, S. 245; Schönefelder/Kranz/Wanka, a.a.O.). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Falle gegeben. Der Kläger hat, wie er nicht bestreitet, den Verkehrsunfall vom 15. April 1975 schuldhaft verursacht. Er hat dabei auch voraussehen können und müssen, daß diese schuldhafte Verursachung – zumindest möglicherweise – die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit eine Unmöglichkeit zur weiteren Erfüllung der arbeitsvertraglichen Pflichten als Kraftfahrer zur Folge hat.

Dieses vertragswidrige Verhalten des Klägers war auch "Anlaß” für die Kündigung des Arbeitgebers. Allerdings hat der Arbeitgeber unmittelbar nicht das Verhalten des Klägers, das zu dem Verkehrsunfall führte, sondern den Staatsakt der Entziehung der Fahrerlaubnis zum Anlaß der Kündigung genommen; ohne diese Entziehung wäre dem Kläger nicht gekündigt worden. Mit dem Erfordernis des Anlasses für die Kündigung soll jedoch lediglich zum Ausdruck gebracht werden, daß das vertragswidrige Verhalten ursächlich für den Kündigungsentschluß gewesen sein muß (so Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O., Anm. 4); nicht erforderlich ist, daß es das unmittelbare oder beherrschende Motiv der Kündigung war. Andererseits reicht aber nicht aus, wenn zwar ein vertragswidriges Verhalten vorliegt, der Arbeitgeber sich jedoch aus einem anderen Grunde zur Kündigung entschlossen hat (so Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O.). Auf den ersten Blick gesehen scheint angesichts dieser zuletzt getroffenen Einschränkung eine Ursächlichkeit deshalb auszuscheiden, weil sich der Arbeitgeber des Klägers aus dem Grunde der Entziehung der Fahrerlaubnis zur Kündigung entschlossen hat. Dabei wird jedoch übersehen, daß ein innerer Ursachenzusammenhang zwischen dem Verhalten des Klägers bei dem Verkehrsunfall und dem Staatsakt der Entziehung der Fahrerlaubnis besteht. Ohne dieses Verhalten des Klägers wäre ihm die Fahrerlaubnis nicht entzogen worden; es war ursächlich für diese Entziehung. Da diese Entziehung wiederum ursächlich für die Kündigung war, war das Verhalten des Klägers bei dem Verkehrsunfall damit aber auch – mittelbar – ursächlich für die Kündigung. Es kann nicht hinweggedacht werden, ohne daß damit die Kündigung entfiele. Damit ist aber der auf das Vorliegen einer Ursächlichkeit beschränkten Voraussetzung des Gesetzes genügt.

Infolge der Kündigung ist der Kläger arbeitslos geworden. Diese Arbeitslosigkeit hat er auch grobfahrlässig herbeigeführt, wobei sich das Erfordernis der groben Fahrlässigkeit bereits nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Gesetzes allein auf diese Herbeiführung der Arbeitslosigkeit, nicht jedoch auch auf die Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten bezieht (s. dazu Schönefelder/Kranz/Wanka, a.a.O., Randnummer 6; Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O., Anm. 5, mit weiteren Nachweisen zum Streitstand im Schrifttum). Grobfahrlässig ist die Arbeitslosigkeit dann herbeigeführt, wenn diese Folge bei dem Verhalten des Arbeitslosen nahelag und der Arbeitslose sie dennoch leichtfertig außer acht ließ (so Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O.); sein Verhalten muß mit anderen Worten den Eintritt der Arbeitslosigkeit sehr wahrscheinlich zur Folge gehabt haben (so Schönefelder/Kranz/Wanka, a.a.O., Randnummer 6; s. auch Krebs, Arbeitsförderungsgesetz, Kommentar, § 119 AFG, Randnummer 16). Nicht erforderlich ist dagegen, daß dem Arbeitslosen ohne jede weitere Überlegung geradezu schlechthin klar sein mußte, daß sein Verhalten zur Arbeitslosigkeit führen würde (so aber Gagel, Sperrzeitprobleme aus der Sicht des Artikel 12 GG, Arbeit und Beruf 1978, S. 257 ff., 259). Bei dem Begriff der groben Fahrlässigkeit handelt es sich um einen normativen, wertausfüllungsbedürftigen unbestimmten Rechtsbegriff. Zwar kann ganz allgemein, vom Wortsinn und allgemeinen juristischen Sprachgebrauch her, festgestellt werden, daß von einer "groben” Fahrlässigkeit nur dann gesprochen werden kann, wenn die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, wenn nicht das beachtet wird, was im gegebenen Falle jedem einleuchten mußte, wenn schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden (so Palandt-Heinrichs, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 39. Auflage, 1980, § 277 BGB, Anm. 2, mit weiteren Nachweisen). Letztlich läßt sich aber die Grenzziehung zwischen – einfacher – Fahrlässigkeit und "grober” Fahrlässigkeit nur aus dem konkreten normativen Regelungszusammenhang vornehmen. Dies bedeutet, daß auf den Grundgedanken der Sperrzeit abzustellen ist. Dieser besteht darin, daß sich eine Versichertengemeinschaft gegen Risikofälle wehren muß, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat oder an deren Benebung er unbegründet nicht mithilft. Die Sperrzeit soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, daß Anspruchsberechtigte das Risiko der Arbeitslosigkeit manipulieren und ungerechtfertigterweise den Versicherungsfall der Arbeitslosigkeit herbeiführen (BSG, Urteil vom 10.10.1978 – 7 RAr 55/77 – SozR 4100 § 119 Nr. 5; BSG, Urteil vom 11.12.1979 – 7 RAr 10/79, mit weiteren Nachweisen). Geht man von diesem Gedanken des Schutzes der Versichertengemeinschaft aus, so ist es aber, gerade weil die Sperrzeit keine Strafe darstellt (BSG, a.a.O.) geboten, dem Arbeitslosen bereits dann einen Teil der Aufwendungen, die er der Versichertengemeinschaft durch sein Verhalten verursacht, aufzubürden, wenn die Herbeiführung der Arbeitslosigkeit aufgrund dieses Verhaltens nahelag bzw. sehr wahrscheinlich war und der Arbeitslose sich dennoch leichtfertig so verhalten hat, daß die Arbeitslosigkeit herbeigeführt worden ist. Das Erfordernis, daß der Arbeitslose schlechthin mit der Arbeitslosigkeit rechnen mußte, verlagert dagegen das Risiko in einer nicht mehr vertretbaren Weise zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Der Arbeitslose könnte seinen Arbeitsplatz in hohem Maße durch leichtfertiges Verhalten aufs Spiel setzen, ohne mit dem Eintritt einer Sperrzeit rechnen zu müssen.

Im vorliegenden Falle lag aufgrund des zu dem Verkehrsunfall führenden Verhaltens des Klägers die Entziehung der Fahrerlaubnis nahe bzw. war sie sehr wahrscheinlich, auch wenn der Kläger nicht unbedingt schlechthin mit ihr rechnen mußte. Zwar hat der Kläger keines der in § 69 Abs. 2 StGB genannten Delikte begangen, bei denen ohne weitere Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters regelmäßig die Fahrerlaubnis zu entziehen ist. Richtig ist auch, daß die Fahrerlaubnis nicht schon ohne weiteres dann zu entziehen ist, wenn die verkehrswidrige Fahrweise zur fahrlässigen Tötung eines Menschen geführt hat (so Ruth in Strafgesetzbuch, Leipziger Kommentar, 10. Auflage, 1980, § 69 StGB, Randnummer 24). Andererseits kann bei einem Mehrfachtäter schon eine verhältnismäßig geringfügige Tat die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen erweisen und zur Entziehung der Fahrerlaubnis führen (so Dreher/Tröndle, Strafgesetzbuch, Kommentar, 38. Auflage, 1978, §. 69 StGB, Randnummer 9). Hinzu kommt andererseits der Grundsatz, daß umsoweniger das Persönlichkeitsbild des Täters miterwogen zu werden braucht, je gravierender die Tat ist (so Ruth, a.a.O., Randnummer 23).

Die Schwere der Tat allein kann schon die Ungeeignetheit beweisen und eine Würdigung der Gesamtpersönlichkeit des Täters entbehrlich machen (Ruth, a.a.O., Randnummer 25). Nimmt man beides zusammen, so mußte sich der Kläger ohne weiteres sagen, daß angesichts seiner Vorstrafen, insbesondere der erst im Jahre 1973 vorsätzlich begangenen fortgesetzten Unfallflucht in Tateinheit mit fahrlässiger Trunkenheit am Steuer, angesichts der damals angeordneten Fahrerlaubnissperre sowie angesichts des ebenfalls im Jahre 1973 wegen Mißachtung einer Signalanlage festgesetzten Bußgeldes möglicherweise bereits eine verhältnismäßig geringfügige weitere Tat, jedenfalls aber eine so schwerwiegende Tat wie die im Straßenverkehr begangene Tötung eines Menschen, zumal wenn ihm insoweit grobe Fahrlässigkeit anzulasten ist, mit hoher Wahrscheinlichkeit und ganz naheliegend zur Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Ebenso mußte er von vornherein davon ausgehen, daß dieser Entziehung der Verlust des Arbeitsplatzes und eine Arbeitslosigkeit folgen würde und zwar allein schon deshalb, weil das Mindestmaß der Sperre ein Jahr beträgt, wenn gegen den Täter in den letzten drei Jahren vor der Tat bereits einmal eine Sperre angeordnet worden ist (§ 69 a Abs. 3 StGB). Indem er dennoch infolge grober Fahrlässigkeit den für ihn leicht vermeidbaren Unfall mit schwersten Folgen, nämlich dem Tod eines sich verkehrsgerecht verhaltenden Kindes, verursachte, hat er leichtfertig und damit grobfahrlässig die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit die Arbeitslosigkeit herbeigeführt, da er ebenfalls wissen mußte, daß er in einem Unternehmen, das nur Fahrer beschäftigte, nicht anderweitig eingesetzt werden konnte, sondern entlassen werden würde. In diesem Zusammenhang schließt sich der Senat hinsichtlich der Bewertung des Verschuldens des Klägers bei der Herbeiführung des Verkehrsunfalles uneingeschränkt der sehr eingehenden, Für und Wider wohl abwägenden Würdigung der strafgerichtlichen Urteile an, zumal der Kläger selbst, jedenfalls im Berufungsverfahren, das Vorliegen eines grobfahrlässigen verkehrswidrigen Verhaltens nicht (mehr) bestreitet, indem er darauf hinweist, ihm sei nicht wegen seines grobfahrlässigen verkehrswidrigen Verhaltens, sondern wegen der Entziehung der Fahrerlaubnis gekündigt worden.

Gegen die Bejahung einer hohen Wahrscheinlichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis spricht auch nicht die Tatsache, daß dem Kläger diese Fahrerlaubnis nicht vorläufig entzogen worden war. Das Fehlen einer derartigen vorläufigen Entziehung steht der späteren Entziehung im Strafgerichtsurteil nicht entgegen (s. Ruth, a.a.O., Randnummer 31). Es kann gerade dann, wenn keiner der Regelfälle einer Entziehung des § 62 Abs. 2 StGB gegeben ist und wenn, wie bei einem Berufskraftfahrer, die berufliche Existenz berührt wird, mannigfache Ursachen haben; insbesondere kann bei einer fahrlässigen Tötung die Schuldfrage noch nicht hinreichend geklärt sein. Dies ändert aber nichts daran, daß dem Täter bereits im Zeitpunkt der Tat das ihm später nachgewiesene Maß seines Verschuldens bekannt sein muß.

Der Kläger konnte auch nicht annehmen, daß er im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort ein neues Arbeitsverhältnis eingehen würde. Weiterhin steht ihm kein wichtiger Grund für sein Verhalten zur Seite. Schließlich liegt auch keine besondere Härte im Sinne des § 119 Abs. 2 AFG vor, da nur die für den Eintritt der Sperrzeit maßgebenden Tatsachen zur Annahme einer besonderen Härte führen können, nicht dagegen die außerhalb liegenden sozialen Verhältnisse des Arbeitslosen (so Hennig/Kühl/Heuer, a.a.O., Anm. 19; Schönefelder/Kranz/Wanka, a.a.O., Randnummer 24). Daher hat vor allem der Umstand außer acht bleiben müssen, daß der Kläger infolge der Entziehung der Fahrerlaubnis seinen Beruf als Kraftfahrer, jedenfalls zunächst, aufgeben mußte.

Die verbliebenen, zum Eintritt der Sperrzeit führenden Umstände vermögen aber bei Abwägung aller Interessen der Beteiligten keinen Fall besonderer Härte zu begründen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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