Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 5a Ar 132/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 Ar 232/78
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Auch wenn –teilweise– der Erfolg von Leistungen geschuldet wird, liegt bei persönlicher Abhängigkeit des Arbeitnehmers ein abhängigen Beschäftigungsverhältnis (§ 7 SGB IV) vor; dies gilt insbesondere, wenn der Arbeitnehmer keinerlei wirtschaftliches Risiko trägt.
2. Zur Erfüllung der Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld – hier Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bzw. Kurzzeitigkeitsgrenze – können Arbeitsleistungen Dritter, etwa auch des mithelfenden Ehegatten, grundsätzlich nicht hinzugerechnet werden.
2. Zur Erfüllung der Anwartschaft für den Bezug von Arbeitslosengeld – hier Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze bzw. Kurzzeitigkeitsgrenze – können Arbeitsleistungen Dritter, etwa auch des mithelfenden Ehegatten, grundsätzlich nicht hinzugerechnet werden.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Januar 1978 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld –Alg– ab 1. Juli 1976; im Zusammenhang mit der Erfüllung der Anwartschaftszeit ist streitig, ob das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 geringfügig (jetzt: kurzzeitig) gewesen ist (§§ 169 Nr. 6, 102 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetzes –AFG–).
Die im Jahre 1937 geborene Klägerin war seit dem 2. Januar 1970 bei der Beigeladenen, der Firma F., Blechverarbeitung, beschäftigt gewesen. Sie arbeitete zunächst dreimal wöchentlich zwei bis drei Stunden; ihr Ehemann war gleichfalls für die Beigeladene zu 2) tätig und arbeitete auf Anforderung je nach Bedarf. Im Februar 1973 löste die Beigeladene zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin und änderte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin dahingehend ab, daß diese verpflichtet sein sollte, bei einem monatlichen Arbeitslohn in Höhe von 650,00 DM brutto – ab 1. März 1975 monatlich 680,00 DM brutto – zu arbeiten. Die zu verrichtenden Arbeiten sind in einem Arbeitsplan (Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 16. Januar 1976, gerichtet an die Klägerin und ihren Ehemann (Bl. 17–19 Leistungsakte) enthalten; sie umfaßten Arbeiten, wie die Pflege der Betriebsräume des Grundstücks und der Maschinen. Die Klägerin war mit der Beigeladenen zu 2) übereingekommen, daß ihr Ehemann ihr bei der Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben helfen konnte. Der Ehemann übernahm etwa die Hälfte der Arbeiten. Die Beigeladenen zu 2) kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 26. Mai 1976 zum 31. Mai 1976.
Die Klägerin meldete sich am 28. Juni 1976 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In der Arbeitsbescheinigung der Beigeladenen zu 2) vom 18. August 1976 findet sich die Eintragung, daß das Beschäftigungsverhältnis vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 bestanden habe und die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann als Putzhilfen beschäftigt worden seien. Er habe sich um eine Aushilfstätigkeit gehandelt, die jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe gekündigt werden können. Die tägliche Arbeitszeit habe je nach den Belangen des Betriebes 1 bis 3 Stunden betragen.
Mit Bescheid vom 21. September 1976 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg mit der Begründung ab, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) sei geringfügig und daher beitragsfrei gewesen, weil die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragen habe. Während das von der Klägerin veranlaßten Widerspruchsverfahrens gab die Beigeladenen zu 2) an, daß das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht nur zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) bestanden habe, sondern vielmehr zwischen den Beteiligten Einigkeit beanstanden habe, daß etwa die Hälfte der anfallenden Arbeiten von den Ehemann der Klägerin verrichtet werden sollte. Insoweit habe es sich materiell auch um ein Entgelt für den Ehemann der Klägerin gehandelt. Die Beigeladenen zu 1) gab an, aufgrund einer Betriebsprüfung vom 24. Juni 1976 sei die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bei der Klägerin festgestellt worden; es seien Beiträge entsprechend abgeführt worden. Jedoch hätte die Beschäftigung der Klägerin nicht als beitragspflichtig zur beklagten angesehen werden dürfen, wenn bei der Betriebsprüfung bekannt gewesen wäre, daß die Klägerin tatsächlich höchstens drei Stunden täglich tätig werden sollte. Eine Auswertung der zeitweise, nämlich von Januar bis September 1975, benutzten Stempelkarten ergab, daß die Arbeitszeit jeweils weit unter 20 Stunden wöchentlich gelegen hat, wobei im Juli 1975 die höchste durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 17,48 Stunden erreicht worden war.
In einem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) geführten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit (Az.: 2 Ca 248/76 – Arbeitsgericht Wetzlar) schlossen die Beteiligten am 4. Mai 1977 – auszugsweise – folgenden Vergleich: zu 1) Die Parteien sind sich darüber einig, daß zwischen ihnen ab Februar 1973 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, aus den allein die Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet war. zu 2) Die Parteien sind sich ferner darüber einig, daß dieses Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher Kündigung des Beklagten vom 26. Mai 1976 mit Ablauf dem 30. Juni 1976 sein Ende gefunden hat, da den Parteien wegen der Auseinandersetzungen bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses eine längere Zusammenarbeit nicht zumutbar war. zu 3) Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin für den Monat Mai weitere 178,10 DM brutto für den Monat Juni 1976 915,00 DM brutto abzüglich 393,93 DM von der AOK gezahlten Krankengeldes zu zahlen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1977 zurück. Zur Begründung führte sie an, zur Grundlage der Erfüllung der Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist könne nur die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin herangezogen werden, die jedoch unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe (§ 169 Nr. 6, § 102 Abs. 1 AFG).
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 1. Juli 1977 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich folge, daß allein sie vertraglich zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei, weshalb ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.
Das Sozialgericht Gießen hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Ehemannes der Klägerin, E. T. als Zeugen. Es hat mit Urteil vom 10. Januar 1978 die angefochtenen Bescheide der beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin ab 1. Juli 1976 Alg zu bewilligen. Zur Begründung hat es angeführt, es habe zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der Folge bestanden, daß die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt habe (§§ 169 Nr. 6, 102 Abs. 1 AFG). Zwar habe sie die erforderliche Arbeitszeit nicht allein geleistet, da bei ihr lediglich eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von etwa 13 Stunden feststellbar sei. Es stehe jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, daß die Klägerin und ihr Ehemann zusammen mehr als 20 Wochenstunden gearbeitet hätten. Da die Klägerin nach dem Arbeitsverhältnis allein Vertragspartner der Beigeladenen zu 2) gewesen sei und die Lohnabrechnung mit ihr erfolgt sei, habe allein ein Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bestanden. Der Ehemann der Klägerin sei nur ihr Erfüllungsgehilfe gewesen, der mit Einwilligung der Beigeladen zu 2) tätig geworden sei. Wenn die Klägerin danach allein Trägerin aller Rechts und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis gewesen sei, sei es folgerichtig, ihr auch den damit verbundenen sozialen Schutz zu gewähren. Dieser im arbeitsvertraglichen Vergleich getroffenen Regelung müsse auch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung folgen.
Gegen dieses, der Beklagten am 3. Februar 1978 zugestellte Urteil richtet sich ihre mit Schriftsatz vom 24. Februar 1978, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 1. März 1978, eingelegte Berufung.
Sie ist der Auffassung, das zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis sei geringfügig (jetzt: kurzzeitig gewesen, da die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragen habe. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Es sei nicht zulässig, die von dem Ehemann der Klägerin geleistete Arbeitszeit der Klägerin zuzurechnen. Die nach bürgerlichem Recht getroffene Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien könne nicht auf die Beurteilung der Zeitungspflicht in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht übertragen werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, während Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern demgegenüber hinsichtlich ihrer Bedeutung zurückträten. Der maßgebende Faktor "Arbeitszeit” könne im Rahmen der Sozialversicherung nur auf die Person bezogen werden, die die Arbeit auch tatsächlich verrichte. Diese Beurteilung sei auch maßgeblich, wenn festzustellen sei, ob jemand arbeitslos im Sinne des § 101 AFG sei; insoweit sei von Bedeutung, daß die Regelung des § 102 Abs. 1 S. 1 AFG auf § 102 AFG verweise.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Januar 1978 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich inhaltlich dem Urteil des Sozialgerichts an. Tatsächlich habe der "Schwerpunkt” der Arbeit bei der Klägerin gelegen, wenn diese die anfallenden Arbeiten zeitlich auch nur zur Hälfte erledigt habe.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt W., sowie die Akte des Arbeitsgerichts W., Az.: 2 Ca 248/76, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung der Beklagte ist auch begründet, weshalb das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen war. Das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2), aus dem die Klägerin ihre Anwartschaft zum Bezug von Alg herleitet, ist als geringfügig im Sinne der Bestimmung des § 102 Abs. 1 AFG a.F. anzusehen und unterlag deshalb gemäß § 169 Nr. 6 AFG nicht der Beitragspflicht zur Beklagten.
Anspruch auf Alg hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat (§ 100 Abs. 1 AFG). Die Anwartschaftszeit, die hier allein streitbefangen ist, hat erfüllt, war in der Rahmenfrist 180 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat (§ 104 Abs. 1 AFG). War die Beschäftigung der Klägerin nur geringfügig (nach Verfassung des § 102 AFG kurzzeitig), entfällt zugleich auch der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, da bei diesem geringfügige bzw. kurzzeitige Beschäftigungen zur Anspruchsberechtigung nicht ausreichen (§ 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG).
Eine Beschäftigung, die auf weniger als 20 Stunden (bis 31. Dezember 1974 auf nicht mehr als 20 Stunden) wöchentlich nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist, ist als geringfügig und somit beitragsfrei zur Bundesanstalt für Arbeit anzusehen. Damit wird hinsichtlich der Beurteilung der Geringfügigkeit maßgeblich auf die Arbeitszeit während einer Beschäftigung abgestellt.
Die Klägerin stand vorwiegend in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Beigeladenen zu 2). Gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht nicht, daß dem Inhalt der Arbeitsverpflichtung nach – Schreiben des Beigeladenen zu 2) vom 16. Januar 1976 an die Klägerin und deren Ehemann – teilweise auch der Erfolg von Leistungen geschuldet war. Danach waren die Eheleute verpflichtet, den Betrieb zu reinigen, bestimmte Maschinen zu pflegen, das Gras zu mähen, wenn es eine bestimmte Höhe erreicht hatte, einen Zaun zu reparieren usw. Dem gesamten Inhalt nach liegt jedoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, weil wesentliche Merkmale der persönlichen Abhängigkeit bei der Erfüllung des Arbeitsverhältnisses gegeben waren. Ein Direktionsrecht des Arbeitgebers bestand insoweit, als die Arbeiten im einzelnen festgelegt waren und die Klägerin und ihr Ehemann lediglich hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung in bestimmtem Umfange frei waren, auch hinsichtlich des zeitlichen Aufwandes für diese Arbeiten. Für die Beurteilung, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit (§ 7 SGB IV) vorliegen, ist die Gesamtbeurteilung maßgeblich. Die persönliche Abhängigkeit ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und damit zumindest hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers einwirkt (vgl. BSG, Urt. v. 29. August 1963 – 3 RK 86/59 – SozR § 165 RVO Nr. 41 – Golflehrer-Fall; BSG, Urt. v. 21. Februar 1979 – 12 RK 7/77 – SozR 2200 § 165 Nr. 36). Die Gesamtbeurteilung im Sinne einer abhängigen Beschäftigung wird vorliegend auch durch die wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin deutlich. Diesen Merkmalen kommt ein wichtiges Indiz zu, wenn die wirtschaftliche Abhängigkeit auch keine unbedingte Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis ist (vgl. BSG, Urt. v. 30. November 1973 – 7 RAr 2/68 – BSGE 37, S. 1). Die Klägerin war in keiner Weise an dem Erfolg der Arbeit beteiligt und trug auch keinerlei wirtschaftliches Risiko. Vielmehr konnte der Arbeitgeber jederzeit kraft seinen Direktionsrechts Änderungen des Arbeitsplanes vornehmen, wie aus dem Übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten des Rechtsstreites vor dem Arbeitsgericht folgt.
Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin lag jedoch lediglich eine geringfügige Beschäftigung vor, aus der die Anspruchsberechtigung für den Bezug von Alg (§§ 104 AFG i.V.m. § 102 Abs. 1 AFG, 169 Nr. 6 AFG) nicht hergeleitet werden kann. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, daß die Klägerin durch ihre Arbeitszeit allein die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten hat. Zeitweise wurde dies durch die Verwendung einer Stechkarte nachgeprüft, wobei die Klägerin in keinem Monat die 20-Stundengrenze auch nur erreicht hatte. Die maßgebliche Grenze des § 102 Abs. 1 AFG konnte die Klägerin nur überschreiten, wenn die von ihrem Ehemann im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geleisteten Arbeitsstunden ihr zugerechnet würden. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten die Arbeit derart im Einvernehmen mit der Beigeladenen zu 2) aufgeteilt, daß jeder etwa die Hälfte an Arbeitszeit aufbringen mußte. Dies ergibt für die Klägerin als durch die Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) festgelegte Arbeitszeit an zeitlichem Aufwand etwa 13 Stunden wöchentliche. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß das Arbeitsverhältnis zeitweise einen Aufwand von bis zu 17 Stunden wöchentlich erforderte.
Eine höhere wöchentliche Stundenzahl kann die Klägerin auch nicht dadurch nachweisen, daß ihr die Arbeitszeit, die ihr Ehemann aufgewendet hat, zugerechnet wird. Eine solche Zurechnung ist – mit der Folge der Begründung einer Anwartschaft – nach den für das Sozialversicherungsrecht maßgeblichen Grundsätzen der Beitragspflicht nicht zulässig. Insoweit können die arbeitsvertraglichen Regelungen nicht ohne weiteres übernehmen werden, mag dort auch der Grundsatz des Dienstvertragsrechts, nämlich der Höchstpersönlichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung, durchbrochen werden können. Für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse an, so daß die arbeitsvertraglichen Regelungen nur ergänzend heranzuziehen sind (vgl. BSG, Urt. v. 20.12.1960 – 4 RJ 303/59 – BSGE 13, S. 263; BSG, Urt. v. 29. März 1961 – 2 RU 204/57 – BSGE 14, S. 142; BSG, Urt. v. 25. November 1976 – 12/3 RJ 1/75 – USK 76178; BSG, Urt. v. 24. Oktober 1978 – 12 RK 58/76 – SozR 220 § 1227 Nr. 19). Lassen sich aufgrund der tatsächlichen Gestaltung einer Rechtsbeziehung keine eindeutigen Feststellungen treffen, so ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner der Vorrang bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit einzuräumen (BSG, Urt. v. 13. Juli 1978 – 12 RK 14/78 – SozR 2200 § 1227 Nr. 17). Aus dieser Rechtsprechung ist jedoch nicht der Schluß zulässig, in Sozialversicherungsrecht sei die arbeitsvertragliche Vereinbarung bindend, eine bestimmte Arbeitsleistung eines Dritten einem Arbeitnehmer hinsichtlich der Erfüllung und der Anwartschaftszeit zuzurechnen. Insofern kann der arbeitsgerichtliche Vergleich vom 4. Mai 1977 nicht die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung präjudizieren. Zudem kommt in dem arbeitsvertraglichen Vergleich die Unsicherheit der Beteiligten über die vertragliche Ausgestaltung zum Ausdruck als den "Parteien wegen der Auseinandersetzungen bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisse eine längere Zusammenarbeit nicht zumutbar” gewesen sein sollte (arbeitsgerichtlicher Vergleich zu Ziff. 2). Obgleich die Beigeladene zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin im Jahre 1973 gekündigt hatte, sprechen die Gesamtumstände aber für das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses auch mit dem Ehemann der Klägerin, zumal das das Aufgabengebiet enthaltene Schreiben sowohl an die Klägerin als auch an deren Ehemann gerichtet war und sich die Beigeladene zu 2) in ihrem Vertrag während des Vorverfahrens dahin geäußert hatte, daß beide in einem Arbeitsverhältnis zu der Beigeladenen zu 2) gestanden hatten. Letztlich kommt dem jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, weil jedenfalls eine Zurechnung der Arbeitszeit der Ehemannes der Klägerin auf die Arbeitszeit der Klägerin in jedem falle unzulässig ist.
Daß der Faktor "Arbeitszeit” nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen nur auf die Person bezogen werden kann, die die Arbeit auch tatsächlich verrichtet hat, kommt auch darin zum Ausdruck, daß nach der Rechtsauffassung der Klägerin eine Zurechnung der von dessen Anwartschaft ausgeschlossen wäre. Hätte sich dennoch der Ehemann der Klägerin arbeitslos gemeldet und wäre seine Arbeitszeit zur Begründung einer Anwartschaft notwendig gewesen, hätte er darauf verwiesen werden müssen, daß er allein als Erfüllungsgehilfe für seine Ehefrau tätig geworden wäre.
Demgegenüber kann auch nicht an Regelungen für Reinerarbeiter oder Manngewerbetreibende angeknüpft werden, da mit diesen Regelungen (vgl. § 12 SGB IV) allein Sondertatbestände erfaßt sind, bestimmte Personengruppen, zu denen die Klägerin in keinem Falle gerechnet werden kann. Sie wurde weder in eigener Arbeitsstätte noch im Auftrag und Verrechnung von Gewerbetreibenden tätig; auch fehlte es an einer "gewerblichen Arbeit von Hausgewerbetreibenden”. Diese Regelungen sinngemäß auf die Art des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zu übertragen, ist gleichfalls nicht zulässig.
Liegt die beitragspflichtige Beschäftigung, die die Klägerin nachweisen kann, damit erheblich unter 20 Stunden wöchentlich, so war keine anspruchsbegründende Beschäftigung gemäß §§ 100 Abs. 1, 104 AFG gegeben, obgleich Beiträge an die Beklagte abgeführt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Höchstrichterlich ist bisher nicht entschieden, inwieweit zur Erfüllung der Anwartschaft Arbeitsleistungen hinzugerechnet werden dürfen, die von einem Dritten, insbesondere dem Ehegatten des Anspruchsberechtigten, tatsächlich erbracht werden.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld –Alg– ab 1. Juli 1976; im Zusammenhang mit der Erfüllung der Anwartschaftszeit ist streitig, ob das Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) in der Zeit vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 geringfügig (jetzt: kurzzeitig) gewesen ist (§§ 169 Nr. 6, 102 Abs. 1 Arbeitsförderungsgesetzes –AFG–).
Die im Jahre 1937 geborene Klägerin war seit dem 2. Januar 1970 bei der Beigeladenen, der Firma F., Blechverarbeitung, beschäftigt gewesen. Sie arbeitete zunächst dreimal wöchentlich zwei bis drei Stunden; ihr Ehemann war gleichfalls für die Beigeladene zu 2) tätig und arbeitete auf Anforderung je nach Bedarf. Im Februar 1973 löste die Beigeladene zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin und änderte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin dahingehend ab, daß diese verpflichtet sein sollte, bei einem monatlichen Arbeitslohn in Höhe von 650,00 DM brutto – ab 1. März 1975 monatlich 680,00 DM brutto – zu arbeiten. Die zu verrichtenden Arbeiten sind in einem Arbeitsplan (Schreiben der Beigeladenen zu 2) vom 16. Januar 1976, gerichtet an die Klägerin und ihren Ehemann (Bl. 17–19 Leistungsakte) enthalten; sie umfaßten Arbeiten, wie die Pflege der Betriebsräume des Grundstücks und der Maschinen. Die Klägerin war mit der Beigeladenen zu 2) übereingekommen, daß ihr Ehemann ihr bei der Erledigung der ihr übertragenen Aufgaben helfen konnte. Der Ehemann übernahm etwa die Hälfte der Arbeiten. Die Beigeladenen zu 2) kündigte das Arbeitsverhältnis durch Schreiben vom 26. Mai 1976 zum 31. Mai 1976.
Die Klägerin meldete sich am 28. Juni 1976 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Alg. In der Arbeitsbescheinigung der Beigeladenen zu 2) vom 18. August 1976 findet sich die Eintragung, daß das Beschäftigungsverhältnis vom 1. Februar 1973 bis 31. Mai 1976 bestanden habe und die Klägerin gemeinsam mit ihrem Ehemann als Putzhilfen beschäftigt worden seien. Er habe sich um eine Aushilfstätigkeit gehandelt, die jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist habe gekündigt werden können. Die tägliche Arbeitszeit habe je nach den Belangen des Betriebes 1 bis 3 Stunden betragen.
Mit Bescheid vom 21. September 1976 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alg mit der Begründung ab, das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2) sei geringfügig und daher beitragsfrei gewesen, weil die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragen habe. Während das von der Klägerin veranlaßten Widerspruchsverfahrens gab die Beigeladenen zu 2) an, daß das Arbeitsverhältnis tatsächlich nicht nur zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) bestanden habe, sondern vielmehr zwischen den Beteiligten Einigkeit beanstanden habe, daß etwa die Hälfte der anfallenden Arbeiten von den Ehemann der Klägerin verrichtet werden sollte. Insoweit habe es sich materiell auch um ein Entgelt für den Ehemann der Klägerin gehandelt. Die Beigeladenen zu 1) gab an, aufgrund einer Betriebsprüfung vom 24. Juni 1976 sei die Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bei der Klägerin festgestellt worden; es seien Beiträge entsprechend abgeführt worden. Jedoch hätte die Beschäftigung der Klägerin nicht als beitragspflichtig zur beklagten angesehen werden dürfen, wenn bei der Betriebsprüfung bekannt gewesen wäre, daß die Klägerin tatsächlich höchstens drei Stunden täglich tätig werden sollte. Eine Auswertung der zeitweise, nämlich von Januar bis September 1975, benutzten Stempelkarten ergab, daß die Arbeitszeit jeweils weit unter 20 Stunden wöchentlich gelegen hat, wobei im Juli 1975 die höchste durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 17,48 Stunden erreicht worden war.
In einem zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) geführten arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit (Az.: 2 Ca 248/76 – Arbeitsgericht Wetzlar) schlossen die Beteiligten am 4. Mai 1977 – auszugsweise – folgenden Vergleich: zu 1) Die Parteien sind sich darüber einig, daß zwischen ihnen ab Februar 1973 ein Arbeitsverhältnis bestanden hat, aus den allein die Klägerin zur Arbeitsleistung verpflichtet war. zu 2) Die Parteien sind sich ferner darüber einig, daß dieses Arbeitsverhältnis infolge ordentlicher Kündigung des Beklagten vom 26. Mai 1976 mit Ablauf dem 30. Juni 1976 sein Ende gefunden hat, da den Parteien wegen der Auseinandersetzungen bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisses eine längere Zusammenarbeit nicht zumutbar war. zu 3) Der Beklagte verpflichtet sich, an die Klägerin für den Monat Mai weitere 178,10 DM brutto für den Monat Juni 1976 915,00 DM brutto abzüglich 393,93 DM von der AOK gezahlten Krankengeldes zu zahlen. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juni 1977 zurück. Zur Begründung führte sie an, zur Grundlage der Erfüllung der Anwartschaftszeit innerhalb der Rahmenfrist könne nur die tatsächliche Arbeitsleistung der Klägerin herangezogen werden, die jedoch unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze gelegen habe (§ 169 Nr. 6, § 102 Abs. 1 AFG).
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 1. Juli 1977 Klage erhoben. Sie hat vorgetragen, aus dem arbeitsgerichtlichen Vergleich folge, daß allein sie vertraglich zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei, weshalb ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorgelegen habe.
Das Sozialgericht Gießen hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Ehemannes der Klägerin, E. T. als Zeugen. Es hat mit Urteil vom 10. Januar 1978 die angefochtenen Bescheide der beklagten aufgehoben und diese verurteilt, der Klägerin ab 1. Juli 1976 Alg zu bewilligen. Zur Begründung hat es angeführt, es habe zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) ein beitragspflichtiges Beschäftigungsverhältnis mit der Folge bestanden, daß die Klägerin die Anwartschaftszeit erfüllt habe (§§ 169 Nr. 6, 102 Abs. 1 AFG). Zwar habe sie die erforderliche Arbeitszeit nicht allein geleistet, da bei ihr lediglich eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von etwa 13 Stunden feststellbar sei. Es stehe jedoch zur Überzeugung der Kammer fest, daß die Klägerin und ihr Ehemann zusammen mehr als 20 Wochenstunden gearbeitet hätten. Da die Klägerin nach dem Arbeitsverhältnis allein Vertragspartner der Beigeladenen zu 2) gewesen sei und die Lohnabrechnung mit ihr erfolgt sei, habe allein ein Beschäftigungsverhältnis mit der Klägerin bestanden. Der Ehemann der Klägerin sei nur ihr Erfüllungsgehilfe gewesen, der mit Einwilligung der Beigeladen zu 2) tätig geworden sei. Wenn die Klägerin danach allein Trägerin aller Rechts und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis gewesen sei, sei es folgerichtig, ihr auch den damit verbundenen sozialen Schutz zu gewähren. Dieser im arbeitsvertraglichen Vergleich getroffenen Regelung müsse auch die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung folgen.
Gegen dieses, der Beklagten am 3. Februar 1978 zugestellte Urteil richtet sich ihre mit Schriftsatz vom 24. Februar 1978, eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 1. März 1978, eingelegte Berufung.
Sie ist der Auffassung, das zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2) bestehende Arbeitsverhältnis sei geringfügig (jetzt: kurzzeitig gewesen, da die wöchentliche Arbeitszeit weniger als 20 Stunden betragen habe. Aus diesem Grund bestehe auch kein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe. Es sei nicht zulässig, die von dem Ehemann der Klägerin geleistete Arbeitszeit der Klägerin zuzurechnen. Die nach bürgerlichem Recht getroffene Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien könne nicht auf die Beurteilung der Zeitungspflicht in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht übertragen werden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei maßgeblich auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen, während Vereinbarungen zwischen den Vertragspartnern demgegenüber hinsichtlich ihrer Bedeutung zurückträten. Der maßgebende Faktor "Arbeitszeit” könne im Rahmen der Sozialversicherung nur auf die Person bezogen werden, die die Arbeit auch tatsächlich verrichte. Diese Beurteilung sei auch maßgeblich, wenn festzustellen sei, ob jemand arbeitslos im Sinne des § 101 AFG sei; insoweit sei von Bedeutung, daß die Regelung des § 102 Abs. 1 S. 1 AFG auf § 102 AFG verweise.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 10. Januar 1978 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie schließt sich inhaltlich dem Urteil des Sozialgerichts an. Tatsächlich habe der "Schwerpunkt” der Arbeit bei der Klägerin gelegen, wenn diese die anfallenden Arbeiten zeitlich auch nur zur Hälfte erledigt habe.
Die Beigeladenen stellen keinen Antrag.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der beigezogenen Leistungsakte der Beklagten, Stamm-Nr. XXXXX, Arbeitsamt W., sowie die Akte des Arbeitsgerichts W., Az.: 2 Ca 248/76, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).
Die Berufung der Beklagte ist auch begründet, weshalb das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen war. Das Beschäftigungsverhältnis bei der Beigeladenen zu 2), aus dem die Klägerin ihre Anwartschaft zum Bezug von Alg herleitet, ist als geringfügig im Sinne der Bestimmung des § 102 Abs. 1 AFG a.F. anzusehen und unterlag deshalb gemäß § 169 Nr. 6 AFG nicht der Beitragspflicht zur Beklagten.
Anspruch auf Alg hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaft erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat (§ 100 Abs. 1 AFG). Die Anwartschaftszeit, die hier allein streitbefangen ist, hat erfüllt, war in der Rahmenfrist 180 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat (§ 104 Abs. 1 AFG). War die Beschäftigung der Klägerin nur geringfügig (nach Verfassung des § 102 AFG kurzzeitig), entfällt zugleich auch der Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, da bei diesem geringfügige bzw. kurzzeitige Beschäftigungen zur Anspruchsberechtigung nicht ausreichen (§ 134 Abs. 1 Nr. 4 b AFG).
Eine Beschäftigung, die auf weniger als 20 Stunden (bis 31. Dezember 1974 auf nicht mehr als 20 Stunden) wöchentlich nach der Natur der Sache beschränkt zu sein pflegt oder im voraus durch Arbeitsvertrag beschränkt ist, ist als geringfügig und somit beitragsfrei zur Bundesanstalt für Arbeit anzusehen. Damit wird hinsichtlich der Beurteilung der Geringfügigkeit maßgeblich auf die Arbeitszeit während einer Beschäftigung abgestellt.
Die Klägerin stand vorwiegend in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Beigeladenen zu 2). Gegen das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses spricht nicht, daß dem Inhalt der Arbeitsverpflichtung nach – Schreiben des Beigeladenen zu 2) vom 16. Januar 1976 an die Klägerin und deren Ehemann – teilweise auch der Erfolg von Leistungen geschuldet war. Danach waren die Eheleute verpflichtet, den Betrieb zu reinigen, bestimmte Maschinen zu pflegen, das Gras zu mähen, wenn es eine bestimmte Höhe erreicht hatte, einen Zaun zu reparieren usw. Dem gesamten Inhalt nach liegt jedoch ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor, weil wesentliche Merkmale der persönlichen Abhängigkeit bei der Erfüllung des Arbeitsverhältnisses gegeben waren. Ein Direktionsrecht des Arbeitgebers bestand insoweit, als die Arbeiten im einzelnen festgelegt waren und die Klägerin und ihr Ehemann lediglich hinsichtlich der zeitlichen Gestaltung in bestimmtem Umfange frei waren, auch hinsichtlich des zeitlichen Aufwandes für diese Arbeiten. Für die Beurteilung, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit (§ 7 SGB IV) vorliegen, ist die Gesamtbeurteilung maßgeblich. Die persönliche Abhängigkeit ist bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und damit zumindest hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten ein umfassendes Weisungsrecht des Arbeitgebers einwirkt (vgl. BSG, Urt. v. 29. August 1963 – 3 RK 86/59 – SozR § 165 RVO Nr. 41 – Golflehrer-Fall; BSG, Urt. v. 21. Februar 1979 – 12 RK 7/77 – SozR 2200 § 165 Nr. 36). Die Gesamtbeurteilung im Sinne einer abhängigen Beschäftigung wird vorliegend auch durch die wirtschaftliche Abhängigkeit der Klägerin deutlich. Diesen Merkmalen kommt ein wichtiges Indiz zu, wenn die wirtschaftliche Abhängigkeit auch keine unbedingte Voraussetzung für ein Beschäftigungsverhältnis ist (vgl. BSG, Urt. v. 30. November 1973 – 7 RAr 2/68 – BSGE 37, S. 1). Die Klägerin war in keiner Weise an dem Erfolg der Arbeit beteiligt und trug auch keinerlei wirtschaftliches Risiko. Vielmehr konnte der Arbeitgeber jederzeit kraft seinen Direktionsrechts Änderungen des Arbeitsplanes vornehmen, wie aus dem Übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten des Rechtsstreites vor dem Arbeitsgericht folgt.
Im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin lag jedoch lediglich eine geringfügige Beschäftigung vor, aus der die Anspruchsberechtigung für den Bezug von Alg (§§ 104 AFG i.V.m. § 102 Abs. 1 AFG, 169 Nr. 6 AFG) nicht hergeleitet werden kann. In tatsächlicher Hinsicht steht fest, daß die Klägerin durch ihre Arbeitszeit allein die Geringfügigkeitsgrenze nicht überschritten hat. Zeitweise wurde dies durch die Verwendung einer Stechkarte nachgeprüft, wobei die Klägerin in keinem Monat die 20-Stundengrenze auch nur erreicht hatte. Die maßgebliche Grenze des § 102 Abs. 1 AFG konnte die Klägerin nur überschreiten, wenn die von ihrem Ehemann im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber geleisteten Arbeitsstunden ihr zugerechnet würden. Die Klägerin und ihr Ehemann hatten die Arbeit derart im Einvernehmen mit der Beigeladenen zu 2) aufgeteilt, daß jeder etwa die Hälfte an Arbeitszeit aufbringen mußte. Dies ergibt für die Klägerin als durch die Vereinbarung mit der Beigeladenen zu 2) festgelegte Arbeitszeit an zeitlichem Aufwand etwa 13 Stunden wöchentliche. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß das Arbeitsverhältnis zeitweise einen Aufwand von bis zu 17 Stunden wöchentlich erforderte.
Eine höhere wöchentliche Stundenzahl kann die Klägerin auch nicht dadurch nachweisen, daß ihr die Arbeitszeit, die ihr Ehemann aufgewendet hat, zugerechnet wird. Eine solche Zurechnung ist – mit der Folge der Begründung einer Anwartschaft – nach den für das Sozialversicherungsrecht maßgeblichen Grundsätzen der Beitragspflicht nicht zulässig. Insoweit können die arbeitsvertraglichen Regelungen nicht ohne weiteres übernehmen werden, mag dort auch der Grundsatz des Dienstvertragsrechts, nämlich der Höchstpersönlichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung, durchbrochen werden können. Für das Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im sozialversicherungsrechtlichen Sinne kommt es in erster Linie auf die tatsächlichen Verhältnisse an, so daß die arbeitsvertraglichen Regelungen nur ergänzend heranzuziehen sind (vgl. BSG, Urt. v. 20.12.1960 – 4 RJ 303/59 – BSGE 13, S. 263; BSG, Urt. v. 29. März 1961 – 2 RU 204/57 – BSGE 14, S. 142; BSG, Urt. v. 25. November 1976 – 12/3 RJ 1/75 – USK 76178; BSG, Urt. v. 24. Oktober 1978 – 12 RK 58/76 – SozR 220 § 1227 Nr. 19). Lassen sich aufgrund der tatsächlichen Gestaltung einer Rechtsbeziehung keine eindeutigen Feststellungen treffen, so ist dem im Vertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Vertragspartner der Vorrang bei der Beurteilung des Gesamtbildes der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit einzuräumen (BSG, Urt. v. 13. Juli 1978 – 12 RK 14/78 – SozR 2200 § 1227 Nr. 17). Aus dieser Rechtsprechung ist jedoch nicht der Schluß zulässig, in Sozialversicherungsrecht sei die arbeitsvertragliche Vereinbarung bindend, eine bestimmte Arbeitsleistung eines Dritten einem Arbeitnehmer hinsichtlich der Erfüllung und der Anwartschaftszeit zuzurechnen. Insofern kann der arbeitsgerichtliche Vergleich vom 4. Mai 1977 nicht die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung präjudizieren. Zudem kommt in dem arbeitsvertraglichen Vergleich die Unsicherheit der Beteiligten über die vertragliche Ausgestaltung zum Ausdruck als den "Parteien wegen der Auseinandersetzungen bezüglich der rechtlichen Gestaltung des Arbeitsverhältnisse eine längere Zusammenarbeit nicht zumutbar” gewesen sein sollte (arbeitsgerichtlicher Vergleich zu Ziff. 2). Obgleich die Beigeladene zu 2) das Arbeitsverhältnis mit dem Ehemann der Klägerin im Jahre 1973 gekündigt hatte, sprechen die Gesamtumstände aber für das Fortbestehen eines Beschäftigungsverhältnisses auch mit dem Ehemann der Klägerin, zumal das das Aufgabengebiet enthaltene Schreiben sowohl an die Klägerin als auch an deren Ehemann gerichtet war und sich die Beigeladene zu 2) in ihrem Vertrag während des Vorverfahrens dahin geäußert hatte, daß beide in einem Arbeitsverhältnis zu der Beigeladenen zu 2) gestanden hatten. Letztlich kommt dem jedoch keine entscheidende Bedeutung zu, weil jedenfalls eine Zurechnung der Arbeitszeit der Ehemannes der Klägerin auf die Arbeitszeit der Klägerin in jedem falle unzulässig ist.
Daß der Faktor "Arbeitszeit” nach sozialversicherungsrechtlichen Grundsätzen nur auf die Person bezogen werden kann, die die Arbeit auch tatsächlich verrichtet hat, kommt auch darin zum Ausdruck, daß nach der Rechtsauffassung der Klägerin eine Zurechnung der von dessen Anwartschaft ausgeschlossen wäre. Hätte sich dennoch der Ehemann der Klägerin arbeitslos gemeldet und wäre seine Arbeitszeit zur Begründung einer Anwartschaft notwendig gewesen, hätte er darauf verwiesen werden müssen, daß er allein als Erfüllungsgehilfe für seine Ehefrau tätig geworden wäre.
Demgegenüber kann auch nicht an Regelungen für Reinerarbeiter oder Manngewerbetreibende angeknüpft werden, da mit diesen Regelungen (vgl. § 12 SGB IV) allein Sondertatbestände erfaßt sind, bestimmte Personengruppen, zu denen die Klägerin in keinem Falle gerechnet werden kann. Sie wurde weder in eigener Arbeitsstätte noch im Auftrag und Verrechnung von Gewerbetreibenden tätig; auch fehlte es an einer "gewerblichen Arbeit von Hausgewerbetreibenden”. Diese Regelungen sinngemäß auf die Art des Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin zu übertragen, ist gleichfalls nicht zulässig.
Liegt die beitragspflichtige Beschäftigung, die die Klägerin nachweisen kann, damit erheblich unter 20 Stunden wöchentlich, so war keine anspruchsbegründende Beschäftigung gemäß §§ 100 Abs. 1, 104 AFG gegeben, obgleich Beiträge an die Beklagte abgeführt worden sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, weil er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Höchstrichterlich ist bisher nicht entschieden, inwieweit zur Erfüllung der Anwartschaft Arbeitsleistungen hinzugerechnet werden dürfen, die von einem Dritten, insbesondere dem Ehegatten des Anspruchsberechtigten, tatsächlich erbracht werden.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved