Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 528/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1) Ist ein Herzmuskelschaden als Schädigungsfolge anerkannt und tritt der Tod durch Kreislaufversagen infolge eines Herzinfarktes ein, dann greift die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG nicht durch.
2) Ein Herzinfarkt mit Linksherzversagen kann nicht in Kausalzusammenhang mit einer als Schädigungsfolge anerkannten Lungen Tbc gebracht werden, da ein solche nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft nur zu einer Rechtsherzschädigung führt.
2) Ein Herzinfarkt mit Linksherzversagen kann nicht in Kausalzusammenhang mit einer als Schädigungsfolge anerkannten Lungen Tbc gebracht werden, da ein solche nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Wissenschaft nur zu einer Rechtsherzschädigung führt.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 20. Mai 1970 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1993 geborenen und laut Eintragungen im Leichenschauschein am 24. Januar 1967 an Herzversagen verstorbenen E. R., der Teilnehmer des 1. Weltkrieges gewesen war. Dem waren an Krankheiten eine Herzmuskelschwäche, Zuckerkrankheit und eine inaktive Lungen-Tbc vorausgegangen. Als Schädigungsfolge war bei ihm durch Unanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 21. April 1951 ursprünglich "Lungen-Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden” mit einem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50. v.H. anerkannt gewesen. Durch Ausführungsbescheid vom 12. Dezember 1957 war die Bezeichnung zunächst in
1) "beiderseitige incurative-cirrhotische Lungenobergeschosstuberkulose mit beiderseitigen Spitzenschwielen und geringen Zwerchfellverwachsungen,
2) beiderseitige Schwäche der inneren Stimmbandmuskeln und dadurch bedingte Heiserkeit” geändert und erweitert worden, ohne dass der Grad der MdE berührt wurde (Ausführungsbenachrichtigung vom 8.3.1962). Aus Anlaß eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Bayreuth, der einer Berichtigungsbescheid vom 3. Oktober 1961 zum Gegenstand gehabt hatte, durch den der Herzmuskelschaden als Schädigungsfolge aberkannt worden war, wurden die Schädigungsfolgen im Jahre 1964 noch einmal neu in
1) "Lungen-Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden
2) beiderseitige Schwäche der inneren Stimmbandmuskeln und dadurch bedingte Heiserkeit” unbenannt. Es blieb bei einer MdE von 50 v.H., die auf Grund eines Zugunstenbescheides und eines Ergänzungsbescheides vom Juni und Oktober 1966 wegen besonderen beruflichen Betroffenseins auf 60 v.H. erhöht worden war.
Am 3. Februar 1967 beantragte die Klägerin unter Überreichung einer Bescheinigung des Stadtkrankenhauses O. vom 28. Januar 1967 und eines Attestes der prakt. Ärztin Dr. H. beim Versorgungsamt Frankfurt/M. Hinterbliebenenrente. Hierzu nahm Oberregierungs-Medizinalrat Dr. He. am 25. April 1967 dahin Stellung, dass der Ehemann der Klägerin im Alter von 73 Jahren unter den Erscheinungen eines akuten Herzversagens verstorben sei, nachdem er am Morgen des Todestages mit einer Linksinsuffizienz des Herzens und beginnenden Lungenöden in das Krankenhaus O. eingewiesen worden sei. Die Untersuchung habe eine Zuckerkrankheit und das EKG eine schwere Herzmuskelschädigung ergeben. Der zum Tode führende Kreislaufkollaps sei von den Krankenhausärzten als Herzinfarkt gewertet worden. Ein solcher sei für die Todesursache am wahrscheinlichsten. Ursächliche Beziehungen zwischen dem anerkannten Versorgungsleiden und diesem Herztod seien dagegen unwahrscheinlich. Die Tuberkulose sei seit Jahren inaktiv gewesen und habe nur zu einer mäßigen Funktionseinschränkung der Atmungsorgane geführt. Eine Progredienz des anerkannten Herzmuskelschadens sei hiernach auszuschließen.
Hierauf gestützt erliess das Versorgungsamt den ablehnenden Bescheid vom 27. April 1967, der durch Widerspruchsbescheid vom 11. August 1967 bestätigt wurde.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/M. hat sich die Klägerin auf eine weitere Bescheinigung der prakt. Ärztin Dr. H. vom 6. Oktober 1967 sowie auf einen EKG-Befund vom November 1966 berufen. Die Hausärztin führe besonders Atemnet infolge des Schädigungsleidens auf. Eine gezielte Herzbehandlung sei wegen Unverträglichkeit von Medikamenten nicht wirksam gewesen.
Demgegenüber hat der Beklagte auf eine Stellungnahme des Oberregierungs-Medizinalrats W. hingewiesen, der zutreffend darauf aufmerksam mache, dass ein Zusammenhang von Lungen-Tbc mit einem akuten Herztod nur im Sinne eines Rechtsherzversagens denkbar sei. Diesem Zustand müsse aber ein Lungenherz vorausgegangen sein, das bei dem Ehemann der Klägerin nicht vorgelegen habe. In der Klinik sei eindeutig eine Linksherzschädigung nachgewiesen worden, die auf einem jahrelang vorhanden gewesen Bluthochdruck beruht habe.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen Beweis erheben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage, das der Oberarzt der II. Medizinischen Klinik des Stadtkrankenhauses K., Facharzt für innere Medizin Dr. B., am 28. Januar 1970 unter Verwertung sämtlicher vorhandenen ärztlichen Unterlagen, insbesondere eines Gutachtens der Medizinischen Universitätsklinik E. vom 13. Juli 1956 über den Ehemann der Klägerin erstattet hat. Zusammenfassend hat er ausgeführt, ein Kausalzusammenhang der anerkannten Lungen Tbc mit dem zum Tode führenden Herzereignis sei nicht gegeben. Man könne auch nicht annehmen, dass das Schädigungsleiden den Infarkt mit tödlichem Ausgang habe früher eintreten lassen. Eine Unverträglichkeit von herzwirksamen Medikamenten infolge einer Tbc sei nicht bekannt.
Mit Urteil vom 20. Mai 1970 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Hinterbliebenenrente lägen nicht vor, weil die Todesursache in keinem ursächlichen Zusammenhang mit Schädigungsfolgen stehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 18. Juni 1970 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und auf eine Bescheinigung der prakt. Ärztin Dr. H. vom 27. Oktober 1970 verweist.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 20. Mai 1970 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August zu verurteilen, Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Äußerungen des Obermedizinalrats Dr. M.
Die Akten des Versorgungsamtes Frankfurt/M. über den Ehemann der Klägerin (Grdl. Nr. ), die Handakten des Versorgungsamtes Bayreuth und die Witwenakten mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 27. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. August 1967 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 38 Abs. 1 BVG, wonach die Witwe Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Was die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG angeht, so konnte sie deshalb nicht zum Zuge kommen, weil der Ehemann der Klägerin an akutem Herzversagen, mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Herzinfarkts, gestorben ist. Anerkannt als Schädigungsfolgen waren jedoch "Lungen Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden” sowie beiderseitige Stimmbandmuskelschwäche. Diese Schädigungsleiden sind nicht identisch mit der tödlichen Erkrankung und sind ihr auch nicht gleichzustellen. Insofern bezieht sich der Senat auf das Urteil des BSG vom 2. Februar 1966 (Az.: 8 RV 701/64), dem er sich vollinhaltlich anschließt.
Es ist aber auch nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie, dass der Ehemann der Klägerin an einem Leiden verstorben oder dass sein Leben durch ein solches um wenigstens ein Jahr verkürzt worden ist, welches als Schädigungsfolge zu betrachten wäre. Zutreffend hat bereits der Versorgungsarzt Dr. He. ausgeführt, dass ein Zusammenhang zwischen Lungen-Tbc und Herzerkrankung im Sinne eines Herzmuskelschadens mit einem Herztode nur bestehen könne, wenn eine rechtsseitige Herzüberlastung zu beweisen wäre. Das ist aber gerade nicht der Fall. Bei dem Ehemann der Klägerin ist noch am Tage seiner Einlieferung in das Krankenhaus O. vielmehr eine Linksinsuffizienz gefunden werden, die keinesfalls ein Cor pulmonale zur Ursache hatte. Denn eine solche Herzerkrankung hätte sich erfahrungsgemäß stets nur in einer Rechtshofüberlastung zeigen können. Diese überzeugende Meinung ist durch den Gerichtssachverständigen Dr. B., einem auf seinem Fachgebiet besonders erfahrenen Arzt, voll bestätigt worden. Auch er hat insbesondere nach Wertung des E. Gutachtens über den Ehemann der Klägerin aus dem Jahre 1956, das schon die Diagnose in bezug auf ein konstitutionell bedingtes Blutdruckhochleiden enthielt, ausgeführt, dass die Einwirkung einer über lange inaktiven Lungen-Tbc auf das Herz nicht in Form einer infektiös-toxischen Schädigung des Herzmuskels geschehen könne. Eine chronische Belastung des rechten Herzens, die dankbar wäre, hat aber andererseits nicht stattgefunden, wie sich bei den Untersuchungen des Ehemannes der Klägerin immer wieder ergeben hatte, zuletzt nach seiner Einweisung in das Stadtkrankenhaus in O. Das Linksherzversagen, welches zum Tode geführt hat, ist aber wiederum nicht auf die Schädigungsfolge unter Ziffer 1) zurückzuführen. Es war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein schicksalsmäßig eingetretenes Geschehen, das mit dem anlagebedingten Bluthochdruck in Beziehung zu setzen ist.
Bei dem gegebenen Sachverhalt hatte der Senat keinen Anlaß, den Ausführungen von Dr. He. und Dr. B. nicht zu folgen. Da auch keine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Tbc und der anerkannte Herzmuskelschaden den tödlichen Infarkt früher eintreten lassen konnten und ferner eine Unverträglichkeit von herzwirksamen Medikamenten infolge von Lungen-Tbc in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt ist, war der Auffassung der Hausärztin Dr. H. in ihrer Bescheinigung vom 27. Oktober 1970 nicht zu folgen. Soweit sie dort ausgeführt hat, im Jahre 1963 habe eine Behandlung des Ehemannes der Klägerin mit Herzmedikamenten in Form von Spitzen zu einer leichten Lungenblutung mit blutigem Auswurf geführt, läßt sich kein Kausalzusammenhang zwischen Schädigungsleiden und Tod im Januar 1967 herleiten. Hierzu hat sich der Lungenfacharzt Dr. M. überzeugend geäußert. Auch der Gerichtsgutachter ist durch die Hausärztin nicht widerlegt.
Nach alledem konnte das Begehren der Klägerin nicht zum Erfolge führen. Dass sämtliche Zweifel über die akute Todesursache und ihre Beziehung zu Schädigungsfolgen nicht auszuräumen waren, hat sie selbst zu vertreten, da sie laut Arztbrief an Frau Dr. H. den behandelnden Ärzten des Stadtkrankenhauses O. gegenüber ihre Zustimmung zur Sektion verweigert hat.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1993 geborenen und laut Eintragungen im Leichenschauschein am 24. Januar 1967 an Herzversagen verstorbenen E. R., der Teilnehmer des 1. Weltkrieges gewesen war. Dem waren an Krankheiten eine Herzmuskelschwäche, Zuckerkrankheit und eine inaktive Lungen-Tbc vorausgegangen. Als Schädigungsfolge war bei ihm durch Unanerkennungsbescheid nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) vom 21. April 1951 ursprünglich "Lungen-Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden” mit einem Grade der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50. v.H. anerkannt gewesen. Durch Ausführungsbescheid vom 12. Dezember 1957 war die Bezeichnung zunächst in
1) "beiderseitige incurative-cirrhotische Lungenobergeschosstuberkulose mit beiderseitigen Spitzenschwielen und geringen Zwerchfellverwachsungen,
2) beiderseitige Schwäche der inneren Stimmbandmuskeln und dadurch bedingte Heiserkeit” geändert und erweitert worden, ohne dass der Grad der MdE berührt wurde (Ausführungsbenachrichtigung vom 8.3.1962). Aus Anlaß eines Rechtsstreits vor dem Sozialgericht Bayreuth, der einer Berichtigungsbescheid vom 3. Oktober 1961 zum Gegenstand gehabt hatte, durch den der Herzmuskelschaden als Schädigungsfolge aberkannt worden war, wurden die Schädigungsfolgen im Jahre 1964 noch einmal neu in
1) "Lungen-Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden
2) beiderseitige Schwäche der inneren Stimmbandmuskeln und dadurch bedingte Heiserkeit” unbenannt. Es blieb bei einer MdE von 50 v.H., die auf Grund eines Zugunstenbescheides und eines Ergänzungsbescheides vom Juni und Oktober 1966 wegen besonderen beruflichen Betroffenseins auf 60 v.H. erhöht worden war.
Am 3. Februar 1967 beantragte die Klägerin unter Überreichung einer Bescheinigung des Stadtkrankenhauses O. vom 28. Januar 1967 und eines Attestes der prakt. Ärztin Dr. H. beim Versorgungsamt Frankfurt/M. Hinterbliebenenrente. Hierzu nahm Oberregierungs-Medizinalrat Dr. He. am 25. April 1967 dahin Stellung, dass der Ehemann der Klägerin im Alter von 73 Jahren unter den Erscheinungen eines akuten Herzversagens verstorben sei, nachdem er am Morgen des Todestages mit einer Linksinsuffizienz des Herzens und beginnenden Lungenöden in das Krankenhaus O. eingewiesen worden sei. Die Untersuchung habe eine Zuckerkrankheit und das EKG eine schwere Herzmuskelschädigung ergeben. Der zum Tode führende Kreislaufkollaps sei von den Krankenhausärzten als Herzinfarkt gewertet worden. Ein solcher sei für die Todesursache am wahrscheinlichsten. Ursächliche Beziehungen zwischen dem anerkannten Versorgungsleiden und diesem Herztod seien dagegen unwahrscheinlich. Die Tuberkulose sei seit Jahren inaktiv gewesen und habe nur zu einer mäßigen Funktionseinschränkung der Atmungsorgane geführt. Eine Progredienz des anerkannten Herzmuskelschadens sei hiernach auszuschließen.
Hierauf gestützt erliess das Versorgungsamt den ablehnenden Bescheid vom 27. April 1967, der durch Widerspruchsbescheid vom 11. August 1967 bestätigt wurde.
Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt/M. hat sich die Klägerin auf eine weitere Bescheinigung der prakt. Ärztin Dr. H. vom 6. Oktober 1967 sowie auf einen EKG-Befund vom November 1966 berufen. Die Hausärztin führe besonders Atemnet infolge des Schädigungsleidens auf. Eine gezielte Herzbehandlung sei wegen Unverträglichkeit von Medikamenten nicht wirksam gewesen.
Demgegenüber hat der Beklagte auf eine Stellungnahme des Oberregierungs-Medizinalrats W. hingewiesen, der zutreffend darauf aufmerksam mache, dass ein Zusammenhang von Lungen-Tbc mit einem akuten Herztod nur im Sinne eines Rechtsherzversagens denkbar sei. Diesem Zustand müsse aber ein Lungenherz vorausgegangen sein, das bei dem Ehemann der Klägerin nicht vorgelegen habe. In der Klinik sei eindeutig eine Linksherzschädigung nachgewiesen worden, die auf einem jahrelang vorhanden gewesen Bluthochdruck beruht habe.
Das Sozialgericht hat von Amts wegen Beweis erheben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nach Aktenlage, das der Oberarzt der II. Medizinischen Klinik des Stadtkrankenhauses K., Facharzt für innere Medizin Dr. B., am 28. Januar 1970 unter Verwertung sämtlicher vorhandenen ärztlichen Unterlagen, insbesondere eines Gutachtens der Medizinischen Universitätsklinik E. vom 13. Juli 1956 über den Ehemann der Klägerin erstattet hat. Zusammenfassend hat er ausgeführt, ein Kausalzusammenhang der anerkannten Lungen Tbc mit dem zum Tode führenden Herzereignis sei nicht gegeben. Man könne auch nicht annehmen, dass das Schädigungsleiden den Infarkt mit tödlichem Ausgang habe früher eintreten lassen. Eine Unverträglichkeit von herzwirksamen Medikamenten infolge einer Tbc sei nicht bekannt.
Mit Urteil vom 20. Mai 1970 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen zur Gewährung von Hinterbliebenenrente lägen nicht vor, weil die Todesursache in keinem ursächlichen Zusammenhang mit Schädigungsfolgen stehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 18. Juni 1970 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin, zu deren Begründung sie ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und auf eine Bescheinigung der prakt. Ärztin Dr. H. vom 27. Oktober 1970 verweist.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/M. vom 20. Mai 1970 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August zu verurteilen, Hinterbliebenenversorgung zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht er sich auf die Äußerungen des Obermedizinalrats Dr. M.
Die Akten des Versorgungsamtes Frankfurt/M. über den Ehemann der Klägerin (Grdl. Nr. ), die Handakten des Versorgungsamtes Bayreuth und die Witwenakten mit der Archiv-Nr. haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Instanzen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG–). Sie ist jedoch nicht begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 27. April 1967 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 11. August 1967 ist nicht rechtswidrig.
Rechtsgrundlage ist § 38 Abs. 1 BVG, wonach die Witwe Anspruch auf Hinterbliebenenrente hat, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist. Der Tod gilt stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war. Was die Rechtsvermutung des § 38 Abs. 1 Satz 2 BVG angeht, so konnte sie deshalb nicht zum Zuge kommen, weil der Ehemann der Klägerin an akutem Herzversagen, mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgrund eines Herzinfarkts, gestorben ist. Anerkannt als Schädigungsfolgen waren jedoch "Lungen Tbc und als deren Folge Herzmuskelschaden” sowie beiderseitige Stimmbandmuskelschwäche. Diese Schädigungsleiden sind nicht identisch mit der tödlichen Erkrankung und sind ihr auch nicht gleichzustellen. Insofern bezieht sich der Senat auf das Urteil des BSG vom 2. Februar 1966 (Az.: 8 RV 701/64), dem er sich vollinhaltlich anschließt.
Es ist aber auch nicht wahrscheinlich im Sinne der im Versorgungsrecht geltenden Kausaltheorie, dass der Ehemann der Klägerin an einem Leiden verstorben oder dass sein Leben durch ein solches um wenigstens ein Jahr verkürzt worden ist, welches als Schädigungsfolge zu betrachten wäre. Zutreffend hat bereits der Versorgungsarzt Dr. He. ausgeführt, dass ein Zusammenhang zwischen Lungen-Tbc und Herzerkrankung im Sinne eines Herzmuskelschadens mit einem Herztode nur bestehen könne, wenn eine rechtsseitige Herzüberlastung zu beweisen wäre. Das ist aber gerade nicht der Fall. Bei dem Ehemann der Klägerin ist noch am Tage seiner Einlieferung in das Krankenhaus O. vielmehr eine Linksinsuffizienz gefunden werden, die keinesfalls ein Cor pulmonale zur Ursache hatte. Denn eine solche Herzerkrankung hätte sich erfahrungsgemäß stets nur in einer Rechtshofüberlastung zeigen können. Diese überzeugende Meinung ist durch den Gerichtssachverständigen Dr. B., einem auf seinem Fachgebiet besonders erfahrenen Arzt, voll bestätigt worden. Auch er hat insbesondere nach Wertung des E. Gutachtens über den Ehemann der Klägerin aus dem Jahre 1956, das schon die Diagnose in bezug auf ein konstitutionell bedingtes Blutdruckhochleiden enthielt, ausgeführt, dass die Einwirkung einer über lange inaktiven Lungen-Tbc auf das Herz nicht in Form einer infektiös-toxischen Schädigung des Herzmuskels geschehen könne. Eine chronische Belastung des rechten Herzens, die dankbar wäre, hat aber andererseits nicht stattgefunden, wie sich bei den Untersuchungen des Ehemannes der Klägerin immer wieder ergeben hatte, zuletzt nach seiner Einweisung in das Stadtkrankenhaus in O. Das Linksherzversagen, welches zum Tode geführt hat, ist aber wiederum nicht auf die Schädigungsfolge unter Ziffer 1) zurückzuführen. Es war mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein schicksalsmäßig eingetretenes Geschehen, das mit dem anlagebedingten Bluthochdruck in Beziehung zu setzen ist.
Bei dem gegebenen Sachverhalt hatte der Senat keinen Anlaß, den Ausführungen von Dr. He. und Dr. B. nicht zu folgen. Da auch keine Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die Tbc und der anerkannte Herzmuskelschaden den tödlichen Infarkt früher eintreten lassen konnten und ferner eine Unverträglichkeit von herzwirksamen Medikamenten infolge von Lungen-Tbc in der medizinischen Wissenschaft nicht bekannt ist, war der Auffassung der Hausärztin Dr. H. in ihrer Bescheinigung vom 27. Oktober 1970 nicht zu folgen. Soweit sie dort ausgeführt hat, im Jahre 1963 habe eine Behandlung des Ehemannes der Klägerin mit Herzmedikamenten in Form von Spitzen zu einer leichten Lungenblutung mit blutigem Auswurf geführt, läßt sich kein Kausalzusammenhang zwischen Schädigungsleiden und Tod im Januar 1967 herleiten. Hierzu hat sich der Lungenfacharzt Dr. M. überzeugend geäußert. Auch der Gerichtsgutachter ist durch die Hausärztin nicht widerlegt.
Nach alledem konnte das Begehren der Klägerin nicht zum Erfolge führen. Dass sämtliche Zweifel über die akute Todesursache und ihre Beziehung zu Schädigungsfolgen nicht auszuräumen waren, hat sie selbst zu vertreten, da sie laut Arztbrief an Frau Dr. H. den behandelnden Ärzten des Stadtkrankenhauses O. gegenüber ihre Zustimmung zur Sektion verweigert hat.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
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