Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 1227/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 19/05 ZVW
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit (BK).
Der im Jahre 1943 in Italien geborene Kläger wurde von 1954 bis Mitte Mai 1957 zum Schreiner ausgebildet, danach absolvierte er eine Lehre als Weißbinder und arbeitete in diesem Beruf bis Mitte November 1962. In der Bundesrepublik Deutschland war er von Juli 1966 bis Mitte September 1971 bei der Firma Z. AG als Schreiner tätig. Ab dem 20. September 1971 arbeitete er im Krankenpflegebereich des Psychiatrischen Krankenhauses RS. Dort wurde er bis zum 30. April 1972 als Pflegepraktikant eingesetzt. Vom 1. Mai 1972 bis 31. Mai 1973 war er Schüler der Krankenpflegehilfe und vom 1. Juni 1973 bis 31. August 1973 Krankenpflegehelfer. Ab 1. September 1973 bis 31. August 1976 war er Schüler der Krankenpflegeschule. Den Angaben des Klägers vom 2. September 1993 zufolge war er vom 20. September 1971 bis Sommer 1973 im Wechsel im Bereich Olygophrenie, Geriartrie und dem Akut-Bereich der Aufnahme eingesetzt. Während des Besuchs der Krankenpflegeschule arbeitete er zusätzlich seinen Angaben vom 2. September 1993 zufolge im Akut-Bereich der Aufnahme. Nach dem Ende der Ausbildung arbeitete der Kläger vom 1. September 1976 bis 31. Mai 1991 in der Geronto-Psychiatrie und danach erfolgte auf Anraten des Betriebsarztes eine Umsetzung in eine Langzeitsuchtstation. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten bejahte in einer Stellungnahme vom 30. August 1995 für die Beschäftigungszeit in der Gerontopsychiatrie von 1976 bis 1991 das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Für die Beschäftigungszeit auf der Suchtstation wurde das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 verneint. Für die Zeit vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 konnten laut Stellungnahme des TAD vom 6. November 1997 seitens des Psychiatrischen Krankenhaus (PKH) A-Stadt zu den von dem Kläger im einzelnen ausgeführten Tätigkeiten keine Angaben gemacht werden. Arbeitskollegen oder ehemalige Vorgesetzte des Klägers waren nicht mehr dort beschäftigt. Weil sich die Situation in der Psychiatrie seit Anfang der 70er Jahre grundlegend verändert hatte, waren laut TAD keine Aussagen bezüglich der Belastung aufgrund von Erfahrungswerten möglich. Die Firma Z. teilte mit Schreiben vom 19. November 1993 mit, über das Beschäftigungsverhältnis des Klägers lägen keine Unterlagen mehr vor. Die für die Firma Z. zuständige Bau-Berufsgenossenschaft teilte der Beklagten in einer Stellungnahme vom 11. November 1997 mit, im Mitgliedsunternehmen seien Ermittlungen durchgeführt worden, auch der Kläger sei über seine dort ausgeführten Tätigkeiten befragt worden. Aufgrund eigener Erkenntnisse aus Betriebsbegehungen an Vergleichsarbeitsplätzen sei es wahrscheinlich, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Schreiner die üblichen Tätigkeiten ausgeübt und in üblicher Art und Weise belastet worden sei. Hinsichtlich einer Wirbelsäulengefährdung im Sinne der BK-Nrn. 2108/2109 sei nach den allgemeinen Erfahrungen für die Berufsgruppe Schreiner festzustellen, dass die Belastungen durch Heben und Tragen von Lasten mit großer Wahrscheinlichkeit die Grenze einer schädigenden Belastung nicht überschritten hätten. Zwangshaltungen seien bei diesen Tätigkeiten nicht von gravierender Bedeutung.
Am 19. Juli 1993 erstatteten die Dres. AZ. und E., L-Stadt, eine ärztliche Anzeige über eine BK des Klägers, der an Rücken- und Kreuzschmerzen leide. Es bestünden osteochondrotische Veränderungen der Wirbelsäule sowie ein Bandscheibenvorfall L4/5 rechts. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen holte die Beklagte von Dr. N., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGUK) F-Stadt, ein Gutachten vom 10. November 1995 ein. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, dass durch eine 1994 durchgeführte Versteifungsoperation eine evtl. vorher bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS behoben worden sei. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. JN. führte auf Anfrage aus, dass unabhängig von der Frage der Entstehung nach dem Befund vom 10. November 1995 eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei. Demgegenüber empfahl der Landesgewerbearzt im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 1996 die Einholung eines weiteren Gutachtens.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage vom 1. Oktober 1996 stellte Prof. Dr. W., Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus H-Stadt, als bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule eine massive Bandscheibendegeneration und Verschmälerung mit knöcherner Überbauung im Segment L5/S1, eine stabile Spondylodese L4/5 nach Bandscheibenvorfall sowie eine diskrete Bandscheibenprotrusion L2/3 fest. Die daraus resultierende Gesamt-MdE schätzte der Gutachter auf 20 v.H. Er gelangte zu der Beurteilung, der Bandscheibenschaden im Segment L5/S1 sei eindeutig als berufsunabhängig einzustufen. Für die Entstehung des Bandscheibenschadens bei L4/5 sei jedoch die berufliche Belastung wesentlich teilursächlich geworden. Da Vorbefunde fehlten, sei davon auszugehen, dass sich der Bandscheibenschaden 1990 manifestiert habe. Belegbar sei, dass das Bandscheibenfach L4/5 auch 1982 nativ-röntgenologisch noch unauffällig gewesen sei. Für den berufsbedingten Anteil der bandscheibenbedingten Erkrankung schätzte Prof. Dr. W. die MdE auf 10 v.H.
Auf Anregung des Prof. Dr. W. holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. FE., W-Stadt, ein. Nach dem Gutachten vom 16. Dezember 1996 fanden sich geringfügige Schädigungszeichen der L5-Wurzel; die MdE auf neurologischem Gebiet schätzte Dr. FE. auf 15 v.H., die sich allein auf das Segment L5 bezöge. In der von der Beklagten bei Prof. Dr. W. eingeholten abschließenden Stellungnahme vom 8. April 1997 wurde die MdE auf insgesamt 20 v.H. ab 1. September 1994 geschätzt.
Mit seiner Stellungnahme vom 12. Juni 1997 empfahl der Landesgewerbearzt die Anerkennung einer BK-Nr. 2108 mit einer MdE von 20 v.H. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten nach Aktenlage ein, das von Prof. Dr. Y., Y-Stadt, unter dem 15. Januar 1998 erstattet wurde. Der Gutachter stellte anhand der gefertigten Röntgenaufnahmen fest, dass bei dem Kläger sowohl an der Halswirbelsäule (HWS) als auch an der LWS degenerative Veränderungen vorhanden seien. Nach Beiziehung der in der BGUK F-Stadt gefertigten Röntgenaufnahmen gelangte Prof. Dr. Y. in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. März 1998 zu der Beurteilung, dass die HWS auf den Wirbelsäulenganzaufnahmen nur eingeschränkt beurteilbar sei, was technische Gründe habe. Erkennbar sei aber, dass auch an diesem Wirbelsäulenabschnitt spondylotische Veränderungen vorhanden und dass die Bandscheibenräume der unteren HWS deutlich höhengemindert seien mit Hypersklerose der Abschlussplatten. Diese Röntgenaufnahmen ließen den Rückschluss zu, dass sowohl an der HWS als auch an der LWS des Klägers Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose entstanden seien. Das Auftreten gleichartig degenerativer Veränderungen an der HWS und LWS schließe das Vorliegen der BK-Nr. 2108 aus. Hätten nämlich bei der Entwicklung der Veränderungen äußere mechanische Einwirkungen eine wesentliche Rolle gespielt, müssten die Veränderungen ausschließlich an der LWS, also dem belasteten Wirbelsäulenabschnitt entstanden sein oder hier zumindest eine stärkere Ausprägung als an der HWS erfahren haben. Die HWS könne nämlich durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung oder durch das schwere Heben und Tragen von Lasten nicht beeinflusst werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule im Wesentlichen aus inneren Ursachen als systemische Erkrankungen der gesamten Wirbelsäule altersabhängig entwickelt hätten. Zusammenfassend sei festzustellen, dass aufgrund des Verteilungsmusters der sog. degenerativen Veränderungen an der HWS und der zeitlichen Gegebenheiten - die Zehn-Jahres-Frist sei nicht erfüllt - im Falle des Klägers nicht davon auszugehen sei, dass bei ihm eine BK im Sinne der Nr. 2108 bestehe.
Vor Erteilung eines förmlichen Bescheides teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Erkrankung als BK abgelehnt werde. Nachdem der Kläger dagegen Einwände erhoben hatte, holte die Beklagte noch die gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. LT. vom 5. Oktober 1998 ein. Darin führte dieser aus, dem für den Kläger positiven Gutachten des Prof. Dr. W. könne nicht zugestimmt werden, da darin die relative Überlastung des Segments L4/5 und die anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz mit Beteiligung der HWS und Brustwirbelsäule (BWS) nicht berücksichtigt worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte durch förmlichen Bescheid vom 6. November 1998 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der hiergegen vom Kläger am 8. Dezember 1998 erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Dr. LT. vom 3. Februar 1999, der darauf hinwies, dass für die Nichtanerkennung auf medizinischem Gebiet der gleichmäßige Befall aller Wirbelsäulenabschnitte entscheidend gewesen sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1999 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 26. Juli 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat von Amts wegen das Gutachten des Direktors des Instituts für Strahlendiagnostik und Nuklearmedizin des Klinikums B-Stadt, Priv.-Doz. Dr. H., vom 29. Mai 2000 eingeholt. Der Sachverständige führte darin aus, es sei zweifelsfrei, dass die degenerativen Veränderungen an Lendenwirbelkörper (LWK) 5/S1 mit Abstand am fortgeschrittensten seien. Dagegen würden sich die jetzt noch ablesbaren degenerativen Veränderungen an den übrigen LWK nicht in einem Maße von den degenerativen Veränderungen der HWS und BWS unterscheiden, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden könne. Insgesamt sprächen die Röntgenbefunde für einen multisegmentalen degenerativen Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule. Überproportionale degenerative Veränderungen an der LWS bestünden, abgesehen von LWK 5/S1, nicht.
Durch Urteil vom 13. Februar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer langjährigen, die LWS belastenden Hebe- und Tragetätigkeit, die Beklagte habe jedoch die Anerkennung einer BK aus medizinischen Gründen zu Recht abgelehnt. Es genüge nicht, wie Prof. Dr. W. und auch der Landesgewerbearzt meinten, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS ärztlicherseits festgestellt worden sei. Vielmehr müsse darüber hinaus ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS wahrscheinlich sein. Daran fehle es vorliegend. Im Falle des Klägers lägen weder das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreitende Bandscheibenveränderungen vor, noch ein Schadensbild, dessen Art und Lokalisation belastungskonform sei. Bei Beurteilung der Röntgenbilder seien die Gutachter Prof. Dr. Y. und Dr. LT. zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht nur an der LWS, sondern auch an der HWS Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß entstanden seien. Dieser Befund spreche gegen das Vorliegen einer beruflichen Verursachung des Schadens. Die Beweisaufnahme habe die Annahme der Beklagten und der von ihr gehörten Gutachter Y. und LT. be-stätigt. Der Sachverständige habe stärkere krankhafte Veränderungen lediglich im Segment L5/S1 festgestellt. Gerade dieser Schaden könne aber ursächlich nicht auf die berufliche Belastung zurückgeführt werden, wie auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten ausführe: Schon die ältesten, dem Gutachter vorliegenden Aufnahmen von 1981 hätten vier Jahre nach Aufnahme der belastenden Tätigkeiten eine massive Bandscheibenverschmälerung L5/S1 mit reaktiver Osteochondrose und Spondylosis deformans gezeigt. Prof. Dr. W. habe dementsprechend die bandscheibenbedingte Erkrankung dieses Segments eindeutig als berufsunabhängig eingestuft.
Gegen dieses ihm am 13. März 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. März 2001 Berufung eingelegt.
Das Hessische Landessozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. F., Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik G-Stadt. Der Sachverständige gelangt in seinem Gutachten vom 23. November 2002 zu der Beurteilung, die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Wirbelsäule seien wahrscheinlich nicht durch dessen berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger in der Zeit von 1971 bis 1991 verursacht worden. Der zeitliche Verlauf nach dem Ende der beruflichen Belastung weise ebenso wie das frühzeitige Auftreten der Bandscheibenschäden an der unteren LWS darauf hin, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt hätten. Bei Abwägung des Für und Wider spreche mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafter Ursache heraus, als für eine sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte, weil es keine überzeugenden Gründe für die Annahme gebe, dass der Bandscheibenvorfall bei L4/5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen an der darüberliegenden LWS eine andere Ursache hätten, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L5/S1. Zur MdE führte der Sachverständige aus, nachdem sich die von Prof. Dr. W. und Dr. FE. zugrunde gelegte Schädigung der L5-Wurzel nicht mehr feststellen lasse, sei die LWS-bedingte MdE des Klägers eher mit 10 v.H. als mit 20 v.H. einzuschätzen.
Das Hessische Landessozialgericht hat durch Urteil vom 28. März 2003 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108 und leide an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen rechtfertige jedoch keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass damit auch vom Vorliegen des Kausalzusammenhangs zwischen der Einwirkung und der Erkrankung auszugehen sei. Die Verursachung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS sei vielgestaltig und die berufliche Einwirkung nur einer unter vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren. Es bedürfe stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall. Bei dieser Abwägung müssten mehr Gründe für als gegen den Zusammenhang sprechen. Die berufliche Verursachung der LWS-Erkrankung sei nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw. außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden könnten. Der Ursachenzusammenhang sei positiv festzustellen und zu begründen. Bei dem Kläger könne aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens eine wesentlich beruflich verursachte Schädigung der LWS nicht festgestellt werden. Es fehle die zeitliche Belastungskonformität des Schadens, also ein wenigstens zehnjähriges Intervall zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der Bandscheibensymptomatik. Außerdem habe sich die Bandscheibendegeneration kontinuierlich fortgesetzt, obwohl die berufliche Belastung im Jahre 1991 geendet habe. Es spreche mehr für eine degenerative Erkrankung als für eine Erkrankung aufgrund der beruflichen Belastung. Auch wenn man unterstelle, dass der Kläger belastende Tätigkeiten bereits 1971 ausgeübt habe, ändere das nichts an der fehlenden zeitlichen Belastungskonformität. Es stehe außer Frage, dass für das Jahr 1968 im Krankheitsverzeichnis des Krankenversicherungsträgers eine zehntägige Arbeitsunfähigkeit wegen eines Lumbalsyndroms dokumentiert sei und der Kläger den Beginn seiner Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule mit 1977 angegeben habe. Das Erfordernis des Zehn-Jahres-Intervalls sei damit nicht erfüllt.
Auf die Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 7. September 2004 das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. In den Gründen hat das BSG ausgeführt, wie der Senat bereits entschieden habe, gebe es keinen medizinischen Erfahrungssatz des Inhalts, dass schwere körperliche Belastungen am Arbeitsplatz nur dann generell geeignet seien, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS herbeizuführen, wenn sie wenigsten zehn Jahre lang angehalten hätten. Das Hessische Landessozialgericht habe seine abweisende Entscheidung zwar nicht allein mit dem Fehlen eines zehnjährigen Intervalls zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibensymptomatik, sondern auch mit Erwägungen zu einer möglichen inneren Ursache der Bandscheibenschäden sowie mit dem Fortschreiten der Erkrankung nach dem Wegfall der beruflichen Belastungen im Jahr 1991 begründet. Ob diese Überlegungen allein die Entscheidung trügen oder ob sie im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der nach Auffassung des Gerichts gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte nur unterstützend herangezogen worden seien, lasse sich den Urteilsgründen aber nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, so dass der Senat unbeschadet der auch insoweit erhobenen Revisionsrügen über die Klage nicht selbst abschließend entscheiden könne. Vielmehr sei das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung zurückzuweisen, um die noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen. Vor seiner erneuten Entscheidung werde das Hessische Landessozialgericht, wenn es nicht eine Gesamtbetrachtung aller von ihm aufgeführten Kriterien seiner Entscheidung zugrunde legen wolle, zu ermitteln haben, ob es gesicherte medizinische Erkenntnisse darüber gebe, innerhalb welcher Zeit sich eine bandscheibenbedingte Erkrankung aufgrund von körperlichen Belastungen im Sinne der BK 2108 frühestens entwickeln könne und welcher zeitliche Abstand zwischen Arbeitsbeginn und erstmaligem Auftreten von Krankheitssymptomen deshalb für einen Ursachenzusammenhang mindestens gegeben sein müsse. Anschließend sei zu prüfen, ob dieser Mindestzeitraum im Falle des Klägers erreicht sei oder nicht.
Der Kläger hat nochmals vorgetragen, auch zwischen 1971 und 1976 habe er Tätigkeiten als Krankenpfleger verrichtet. Neben der Schule, die in der Regel vormittags stattgefunden habe, sei er nachmittags auf der Station tätig gewesen. Auch habe er während seiner Ausbildung Schichtdienste geleistet. Während der Ausbildung sei er auf der Olygophreniestation, der Aufnahmestation und zum Schluss in der Geriatrie tätig gewesen. Auch in der Aufnahmestation hätten Hebetätigkeiten verrichtet werden müssen, z.B. dann, wenn Suchtpatienten aufgenommen worden seien. Soweit er sich erinnere, habe er im Februar 1997 den Rentenantrag gestellt, die Rente sei dann ab Oktober 1997 bewilligt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1999 zu verurteilen, ihm wegen einer Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich anlässlich eines Erörterungstermins am 5. Dezember 2006 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS als BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.
Zwar erfüllt der Kläger unstreitig die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108, weil er infolge seiner versicherten Tätigkeit in der Krankenpflege langjährig, d.h. von 1976 bis 1991, im Sinne der BKV schwere Lasten gehoben oder getragen hat, auch liegt bei dem Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vor. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen allein genügt jedoch nicht, um den Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung zu bejahen. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang, wie der 11. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2003 von dem BSG unbeanstandet ausgeführt hat, positiv zu begründen. Im Falle des Klägers kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass zwischen der die LWS-belastenden beruflichen Tätigkeit des Klägers und der bei ihm vorliegenden bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn bei einer Gesamtbetrachtung des Entstehens und des Verlaufs der bandscheibenbedingten Erkrankung in den einzelnen LWS-Segmenten sprechen mehr Gründe gegen als für das Vorliegen einer beruflich bedingten Bandscheibenerkrankung der LWS des Klägers.
Bereits im November 1968 war der Kläger wegen schwerer Beschwerden bei Myalgie und Neuralgie beidseits der LWS zehn Tage arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger gab unter dem 2. September 1993 auf Befragen der Beklagten an, seit 1977 seien gelegentlich im Bereich der LWS Beschwerden aufgetreten. In einem Arztbrief vom 4. Februar 1991 erwähnt der Neurologe Dr. K. anamnestisch, "bereits seit 15 Jahren bestehen Rückenschmerzen, zum Teil mit radikulärer Ausstrahlung, früher mehr links, jetzt rechts." Wegen der Rückenschmerzen seien bereits zweimal Kurbehandelungen mit mäßigem Erfolg durchgeführt worden. Diesbezüglich gab der Kläger unter dem 2. Dezember 1993 an, dass wegen der Wirbelsäulenerkrankung Heilbehandlungen in einer Kureinrichtung im Juli/August 1978 in U-Stadt und im Januar/Februar 1980 in M-Stadt stattgefunden hätten. Einem von Dr. M. vorgelegten Bericht über eine Untersuchung des Klägers in der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der KN.Universität in Z-Stadt am 19. November 1984 kann entnommen werden, dass von dem Kläger Auskunft über "seit 1976 ständig mehr oder weniger" bestehender Kreuzschmerzen gegeben wurde. Schon damals wurde - wie dem Bericht zu entnehmen ist - diskutiert, "ob eine operative Maßnahme im LWS-Bereich bezüglich der sehr lange andauernden Beschwerden möglich und sinnvoll sei." Korrespondierend zu den schon seit 1976/1977 angegebenen LWS-Beschwerden fand sich auf Röntgenaufnahmen der LWS aus dem Jahre 1981 bei L5/S1 bereits ein "massiv" höhengemindertes Bandscheibenfach mit reaktiven osteochondrotischen und spondylotischen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans mit ventralen und dorsalen Randkantenanbauten. Nach Auskunft des Dr. F. in seinem Gutachten vom 23. November 2002 benötigt die Entstehung solcher weit fortgeschrittener Segmentdegenerationen sicherlich eine Reihe von Jahren. Dieser Umstand und die bei dem Kläger kontinuierlich seit 1976 bzw. 1977 auftretenden Beschwerden im Bereich der LWS lassen den Schluss zu, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung im Segment L5/S1 schon vor Beginn der die LWS belastenden Tätigkeit vorgelegen hat oder zumindest am Anfang dieser Zeit entstanden ist. Prof. Dr. W. hat unter Bezugnahme auf den schon 1981 bei L5/S1 fortgeschrittenen Degenerationsbefund ausdrücklich festgestellt, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung in diesem Segment L5/S1 eindeutig als berufsunabhängig eingestuft werden muss. Er weist außerdem darauf hin, dass die sich im zeitlichen Verlauf in diesem Segment zeigenden Befundveränderungen dem zu erwartenden Verlauf entsprechen und ein beruflicher negativer Einfluss, d.h. eine Verschlimmerung infolge der beruflichen Tätigkeit, sich hieraus nicht ableiten lässt. Das frühe Auftreten einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Segment L5/S1 und die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung in den oberen drei LWS-Segmenten nach Ende der beruflichen Belastung sprechen nach Aussage des Dr. F. dafür, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt haben. Dr. F., der die im Laufe der Jahre gefertigten Röntgenaufnahmen ausgewertet hat, hat auf den Röntgenaufnahmen vom 1. März 1991 im Bereich von L1/2 bis zu L3/4 unauffällige Zwischenwirbelräume gefunden. Bis zum Jahr 1996 hatten sich auch in diesem Bereich eine Osteochondrose und eine "Bulging disc’s" an den drei oberen Lendenbandscheiben gefunden. Wesentlich ist, dass nach Ende der die LWS belastenden Tätigkeit im Sinne der BK-Nr. 2108 im Bereich der oberen drei LWS-Segmente eine bandscheibenbedingte Erkrankung erst entstanden ist und sich nicht eine bereits während der LWS-belastenden Tätigkeit entstandene bandscheibenbedingte Erkrankung fortentwickelt hat. Darauf weist auch Dr. F. ausdrücklich hin, in dem er betont, dass sich in den anfänglich nicht schadensbetroffenen drei oberen Lumbalsegmenten erst nach dem Ende der beruflichen Belastung Bandscheibendegenerationen entwickelt haben. Dr. F. kommt deshalb zu der überzeugenden Beurteilung, dass bei Abwägung des Für und Wider mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafte Ursache heraus spricht, als für ein sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte, weil es keine überzeugenden Gründe für die Annahme gibt, dass der Bandscheibenvorfall bei L4/5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen noch höher an der LWS, eine andere Ursache haben, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L5/S1. Dr. F. weist zudem darauf hin, dass die Röntgenaufnahmen des Jahres 1981 auch bei L4/5 erste diskrete degenerative Instabilitätszeichen aufweisen. So erwähnt er in seiner Befundbeschreibung eine osteophytäre Ausziehung auch an der Oberkante von L5 und eine angedeutete Rückversetzung von L4 gegenüber L5. Bereits Prof. Dr. W. und Dr. LT. hatten darauf hingewiesen, dass bei zunehmender Einsteifung des Segmentes L5/S1, sich die physiologischen Belastungen vermehrt in der Bandscheibe L4/5 auswirken. Dies führt dann auch dort zu einer vorzeitigen Degeneration. Hinzu kommt der Umstand, dass die frühere Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung im Segment L5/S1 und die Entstehung der bandscheibenbedingten Erkrankung in den drei oberen LWS-Segmenten für eine primär anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz sprechen. Es kann folglich, worauf Dr. LT. überzeugend hinweist, nicht davon ausgegangen werden, dass im Segment L4/5 die berufliche Belastung das ausschlaggebende Moment für die Progredienz des Bandscheibenschadens in diesem Segment darstellt. Zwar ist Prof. Dr. W. zu der Auffassung gelangt, es sei bei den vorliegenden beruflichen Belastungen unwahrscheinlich, dass es zu etwa der gleichen Zeit zu in etwa vergleichbaren Veränderungen in der Bandscheibe zwischen L4/5 auch ohne fortgesetzte berufliche Belastung gekommen wäre. Er ging jedoch bei seiner Beurteilung davon aus, dass vor 1990 bandscheibenbedingte Veränderungen sich im Segment L4/5 nicht manifestiert hätten. Dr. F. hat hingegen dargelegt, dass bereits 1981 in diesem Segment Zeichen für eine Instabilität vorhanden waren. Dies wird bestätigt durch die von dem Orthopäden Dr. IP. mit Bericht vom 1. Dezember 1993 übersandte Beschreibung des Röntgenbefundes vom 2. November 1981, die bei L4/5 eine Chondrose mit leichter Retrolisthesis feststellt.
Der Vortrag des Klägers, er habe bereits in der Zeit vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 als Krankenpfleger gearbeitet und folglich seitdem eine die LWS belastende Tätigkeit im Sinne der BK-Nr. 2108 ausgeübt, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Ob und inwieweit in dieser Zeit die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 vorgelegen haben, konnte nicht festgestellt werden. Die von dem Kläger von 1971 bis 1976 im Einzelnen ausgeführten Tätigkeiten konnten vom Arbeitgeber nicht benannt werden. Auch konnte nicht auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden, weil sich die Situation in der Psychiatrie seit Anfang der 70er Jahre grundlegend verändert hatte. Es kann lediglich davon ausgegangen werden, dass in der Geriatrie häufiger Hebetätigkeiten zu verrichten waren als in dem Bereich Olygophrenie und dem Akut-Bereich der Aufnahme. Aber auch bei Unterstellung, dass der Kläger lendenwirbelsäulenbelastend vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 tätig war, kann das Vorliegen einer BK nach Nr. 2108 nicht positiv festgestellt werden. Denn auch in diesem Fall sprechen mehr Gründe gegen als für den Kausalzusammenhang, weil in klinischer Hinsicht eine erste zehntägige durch LWS-Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit für das Jahr 1968 dokumentiert ist, was für einen früheren Beginn der Erkrankung spricht, und in den oberen drei Segmenten der LWS bandscheibenbedingte Veränderungen erst nach Ende der belastenden Tätigkeit aufgetreten sind.
Da folglich insgesamt mehr Gründe gegen als für den Kausalzusammenhang zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS und der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Krankenpfleger sprechen, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit (BK).
Der im Jahre 1943 in Italien geborene Kläger wurde von 1954 bis Mitte Mai 1957 zum Schreiner ausgebildet, danach absolvierte er eine Lehre als Weißbinder und arbeitete in diesem Beruf bis Mitte November 1962. In der Bundesrepublik Deutschland war er von Juli 1966 bis Mitte September 1971 bei der Firma Z. AG als Schreiner tätig. Ab dem 20. September 1971 arbeitete er im Krankenpflegebereich des Psychiatrischen Krankenhauses RS. Dort wurde er bis zum 30. April 1972 als Pflegepraktikant eingesetzt. Vom 1. Mai 1972 bis 31. Mai 1973 war er Schüler der Krankenpflegehilfe und vom 1. Juni 1973 bis 31. August 1973 Krankenpflegehelfer. Ab 1. September 1973 bis 31. August 1976 war er Schüler der Krankenpflegeschule. Den Angaben des Klägers vom 2. September 1993 zufolge war er vom 20. September 1971 bis Sommer 1973 im Wechsel im Bereich Olygophrenie, Geriartrie und dem Akut-Bereich der Aufnahme eingesetzt. Während des Besuchs der Krankenpflegeschule arbeitete er zusätzlich seinen Angaben vom 2. September 1993 zufolge im Akut-Bereich der Aufnahme. Nach dem Ende der Ausbildung arbeitete der Kläger vom 1. September 1976 bis 31. Mai 1991 in der Geronto-Psychiatrie und danach erfolgte auf Anraten des Betriebsarztes eine Umsetzung in eine Langzeitsuchtstation. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten bejahte in einer Stellungnahme vom 30. August 1995 für die Beschäftigungszeit in der Gerontopsychiatrie von 1976 bis 1991 das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Für die Beschäftigungszeit auf der Suchtstation wurde das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 verneint. Für die Zeit vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 konnten laut Stellungnahme des TAD vom 6. November 1997 seitens des Psychiatrischen Krankenhaus (PKH) A-Stadt zu den von dem Kläger im einzelnen ausgeführten Tätigkeiten keine Angaben gemacht werden. Arbeitskollegen oder ehemalige Vorgesetzte des Klägers waren nicht mehr dort beschäftigt. Weil sich die Situation in der Psychiatrie seit Anfang der 70er Jahre grundlegend verändert hatte, waren laut TAD keine Aussagen bezüglich der Belastung aufgrund von Erfahrungswerten möglich. Die Firma Z. teilte mit Schreiben vom 19. November 1993 mit, über das Beschäftigungsverhältnis des Klägers lägen keine Unterlagen mehr vor. Die für die Firma Z. zuständige Bau-Berufsgenossenschaft teilte der Beklagten in einer Stellungnahme vom 11. November 1997 mit, im Mitgliedsunternehmen seien Ermittlungen durchgeführt worden, auch der Kläger sei über seine dort ausgeführten Tätigkeiten befragt worden. Aufgrund eigener Erkenntnisse aus Betriebsbegehungen an Vergleichsarbeitsplätzen sei es wahrscheinlich, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Schreiner die üblichen Tätigkeiten ausgeübt und in üblicher Art und Weise belastet worden sei. Hinsichtlich einer Wirbelsäulengefährdung im Sinne der BK-Nrn. 2108/2109 sei nach den allgemeinen Erfahrungen für die Berufsgruppe Schreiner festzustellen, dass die Belastungen durch Heben und Tragen von Lasten mit großer Wahrscheinlichkeit die Grenze einer schädigenden Belastung nicht überschritten hätten. Zwangshaltungen seien bei diesen Tätigkeiten nicht von gravierender Bedeutung.
Am 19. Juli 1993 erstatteten die Dres. AZ. und E., L-Stadt, eine ärztliche Anzeige über eine BK des Klägers, der an Rücken- und Kreuzschmerzen leide. Es bestünden osteochondrotische Veränderungen der Wirbelsäule sowie ein Bandscheibenvorfall L4/5 rechts. Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen holte die Beklagte von Dr. N., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik (BGUK) F-Stadt, ein Gutachten vom 10. November 1995 ein. Dieser gelangte zu dem Ergebnis, dass durch eine 1994 durchgeführte Versteifungsoperation eine evtl. vorher bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS behoben worden sei. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. JN. führte auf Anfrage aus, dass unabhängig von der Frage der Entstehung nach dem Befund vom 10. November 1995 eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei. Demgegenüber empfahl der Landesgewerbearzt im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 1996 die Einholung eines weiteren Gutachtens.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage vom 1. Oktober 1996 stellte Prof. Dr. W., Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus H-Stadt, als bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule eine massive Bandscheibendegeneration und Verschmälerung mit knöcherner Überbauung im Segment L5/S1, eine stabile Spondylodese L4/5 nach Bandscheibenvorfall sowie eine diskrete Bandscheibenprotrusion L2/3 fest. Die daraus resultierende Gesamt-MdE schätzte der Gutachter auf 20 v.H. Er gelangte zu der Beurteilung, der Bandscheibenschaden im Segment L5/S1 sei eindeutig als berufsunabhängig einzustufen. Für die Entstehung des Bandscheibenschadens bei L4/5 sei jedoch die berufliche Belastung wesentlich teilursächlich geworden. Da Vorbefunde fehlten, sei davon auszugehen, dass sich der Bandscheibenschaden 1990 manifestiert habe. Belegbar sei, dass das Bandscheibenfach L4/5 auch 1982 nativ-röntgenologisch noch unauffällig gewesen sei. Für den berufsbedingten Anteil der bandscheibenbedingten Erkrankung schätzte Prof. Dr. W. die MdE auf 10 v.H.
Auf Anregung des Prof. Dr. W. holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. FE., W-Stadt, ein. Nach dem Gutachten vom 16. Dezember 1996 fanden sich geringfügige Schädigungszeichen der L5-Wurzel; die MdE auf neurologischem Gebiet schätzte Dr. FE. auf 15 v.H., die sich allein auf das Segment L5 bezöge. In der von der Beklagten bei Prof. Dr. W. eingeholten abschließenden Stellungnahme vom 8. April 1997 wurde die MdE auf insgesamt 20 v.H. ab 1. September 1994 geschätzt.
Mit seiner Stellungnahme vom 12. Juni 1997 empfahl der Landesgewerbearzt die Anerkennung einer BK-Nr. 2108 mit einer MdE von 20 v.H. Die Beklagte holte ein weiteres Gutachten nach Aktenlage ein, das von Prof. Dr. Y., Y-Stadt, unter dem 15. Januar 1998 erstattet wurde. Der Gutachter stellte anhand der gefertigten Röntgenaufnahmen fest, dass bei dem Kläger sowohl an der Halswirbelsäule (HWS) als auch an der LWS degenerative Veränderungen vorhanden seien. Nach Beiziehung der in der BGUK F-Stadt gefertigten Röntgenaufnahmen gelangte Prof. Dr. Y. in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. März 1998 zu der Beurteilung, dass die HWS auf den Wirbelsäulenganzaufnahmen nur eingeschränkt beurteilbar sei, was technische Gründe habe. Erkennbar sei aber, dass auch an diesem Wirbelsäulenabschnitt spondylotische Veränderungen vorhanden und dass die Bandscheibenräume der unteren HWS deutlich höhengemindert seien mit Hypersklerose der Abschlussplatten. Diese Röntgenaufnahmen ließen den Rückschluss zu, dass sowohl an der HWS als auch an der LWS des Klägers Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose entstanden seien. Das Auftreten gleichartig degenerativer Veränderungen an der HWS und LWS schließe das Vorliegen der BK-Nr. 2108 aus. Hätten nämlich bei der Entwicklung der Veränderungen äußere mechanische Einwirkungen eine wesentliche Rolle gespielt, müssten die Veränderungen ausschließlich an der LWS, also dem belasteten Wirbelsäulenabschnitt entstanden sein oder hier zumindest eine stärkere Ausprägung als an der HWS erfahren haben. Die HWS könne nämlich durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung oder durch das schwere Heben und Tragen von Lasten nicht beeinflusst werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule im Wesentlichen aus inneren Ursachen als systemische Erkrankungen der gesamten Wirbelsäule altersabhängig entwickelt hätten. Zusammenfassend sei festzustellen, dass aufgrund des Verteilungsmusters der sog. degenerativen Veränderungen an der HWS und der zeitlichen Gegebenheiten - die Zehn-Jahres-Frist sei nicht erfüllt - im Falle des Klägers nicht davon auszugehen sei, dass bei ihm eine BK im Sinne der Nr. 2108 bestehe.
Vor Erteilung eines förmlichen Bescheides teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Erkrankung als BK abgelehnt werde. Nachdem der Kläger dagegen Einwände erhoben hatte, holte die Beklagte noch die gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. LT. vom 5. Oktober 1998 ein. Darin führte dieser aus, dem für den Kläger positiven Gutachten des Prof. Dr. W. könne nicht zugestimmt werden, da darin die relative Überlastung des Segments L4/5 und die anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz mit Beteiligung der HWS und Brustwirbelsäule (BWS) nicht berücksichtigt worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte durch förmlichen Bescheid vom 6. November 1998 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der hiergegen vom Kläger am 8. Dezember 1998 erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Dr. LT. vom 3. Februar 1999, der darauf hinwies, dass für die Nichtanerkennung auf medizinischem Gebiet der gleichmäßige Befall aller Wirbelsäulenabschnitte entscheidend gewesen sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1999 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 26. Juli 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat von Amts wegen das Gutachten des Direktors des Instituts für Strahlendiagnostik und Nuklearmedizin des Klinikums B-Stadt, Priv.-Doz. Dr. H., vom 29. Mai 2000 eingeholt. Der Sachverständige führte darin aus, es sei zweifelsfrei, dass die degenerativen Veränderungen an Lendenwirbelkörper (LWK) 5/S1 mit Abstand am fortgeschrittensten seien. Dagegen würden sich die jetzt noch ablesbaren degenerativen Veränderungen an den übrigen LWK nicht in einem Maße von den degenerativen Veränderungen der HWS und BWS unterscheiden, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden könne. Insgesamt sprächen die Röntgenbefunde für einen multisegmentalen degenerativen Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule. Überproportionale degenerative Veränderungen an der LWS bestünden, abgesehen von LWK 5/S1, nicht.
Durch Urteil vom 13. Februar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer langjährigen, die LWS belastenden Hebe- und Tragetätigkeit, die Beklagte habe jedoch die Anerkennung einer BK aus medizinischen Gründen zu Recht abgelehnt. Es genüge nicht, wie Prof. Dr. W. und auch der Landesgewerbearzt meinten, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS ärztlicherseits festgestellt worden sei. Vielmehr müsse darüber hinaus ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS wahrscheinlich sein. Daran fehle es vorliegend. Im Falle des Klägers lägen weder das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreitende Bandscheibenveränderungen vor, noch ein Schadensbild, dessen Art und Lokalisation belastungskonform sei. Bei Beurteilung der Röntgenbilder seien die Gutachter Prof. Dr. Y. und Dr. LT. zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht nur an der LWS, sondern auch an der HWS Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß entstanden seien. Dieser Befund spreche gegen das Vorliegen einer beruflichen Verursachung des Schadens. Die Beweisaufnahme habe die Annahme der Beklagten und der von ihr gehörten Gutachter Y. und LT. be-stätigt. Der Sachverständige habe stärkere krankhafte Veränderungen lediglich im Segment L5/S1 festgestellt. Gerade dieser Schaden könne aber ursächlich nicht auf die berufliche Belastung zurückgeführt werden, wie auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten ausführe: Schon die ältesten, dem Gutachter vorliegenden Aufnahmen von 1981 hätten vier Jahre nach Aufnahme der belastenden Tätigkeiten eine massive Bandscheibenverschmälerung L5/S1 mit reaktiver Osteochondrose und Spondylosis deformans gezeigt. Prof. Dr. W. habe dementsprechend die bandscheibenbedingte Erkrankung dieses Segments eindeutig als berufsunabhängig eingestuft.
Gegen dieses ihm am 13. März 2001 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30. März 2001 Berufung eingelegt.
Das Hessische Landessozialgericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. F., Oberarzt der Orthopädischen Universitätsklinik G-Stadt. Der Sachverständige gelangt in seinem Gutachten vom 23. November 2002 zu der Beurteilung, die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Wirbelsäule seien wahrscheinlich nicht durch dessen berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger in der Zeit von 1971 bis 1991 verursacht worden. Der zeitliche Verlauf nach dem Ende der beruflichen Belastung weise ebenso wie das frühzeitige Auftreten der Bandscheibenschäden an der unteren LWS darauf hin, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt hätten. Bei Abwägung des Für und Wider spreche mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafter Ursache heraus, als für eine sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte, weil es keine überzeugenden Gründe für die Annahme gebe, dass der Bandscheibenvorfall bei L4/5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen an der darüberliegenden LWS eine andere Ursache hätten, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L5/S1. Zur MdE führte der Sachverständige aus, nachdem sich die von Prof. Dr. W. und Dr. FE. zugrunde gelegte Schädigung der L5-Wurzel nicht mehr feststellen lasse, sei die LWS-bedingte MdE des Klägers eher mit 10 v.H. als mit 20 v.H. einzuschätzen.
Das Hessische Landessozialgericht hat durch Urteil vom 28. März 2003 die Berufung des Klägers zurückgewiesen und in den Gründen ausgeführt: Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108 und leide an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS. Das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen rechtfertige jedoch keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne, dass damit auch vom Vorliegen des Kausalzusammenhangs zwischen der Einwirkung und der Erkrankung auszugehen sei. Die Verursachung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS sei vielgestaltig und die berufliche Einwirkung nur einer unter vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren. Es bedürfe stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall. Bei dieser Abwägung müssten mehr Gründe für als gegen den Zusammenhang sprechen. Die berufliche Verursachung der LWS-Erkrankung sei nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw. außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden könnten. Der Ursachenzusammenhang sei positiv festzustellen und zu begründen. Bei dem Kläger könne aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens eine wesentlich beruflich verursachte Schädigung der LWS nicht festgestellt werden. Es fehle die zeitliche Belastungskonformität des Schadens, also ein wenigstens zehnjähriges Intervall zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der Bandscheibensymptomatik. Außerdem habe sich die Bandscheibendegeneration kontinuierlich fortgesetzt, obwohl die berufliche Belastung im Jahre 1991 geendet habe. Es spreche mehr für eine degenerative Erkrankung als für eine Erkrankung aufgrund der beruflichen Belastung. Auch wenn man unterstelle, dass der Kläger belastende Tätigkeiten bereits 1971 ausgeübt habe, ändere das nichts an der fehlenden zeitlichen Belastungskonformität. Es stehe außer Frage, dass für das Jahr 1968 im Krankheitsverzeichnis des Krankenversicherungsträgers eine zehntägige Arbeitsunfähigkeit wegen eines Lumbalsyndroms dokumentiert sei und der Kläger den Beginn seiner Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule mit 1977 angegeben habe. Das Erfordernis des Zehn-Jahres-Intervalls sei damit nicht erfüllt.
Auf die Revision des Klägers hat das Bundessozialgericht (BSG) durch Urteil vom 7. September 2004 das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. In den Gründen hat das BSG ausgeführt, wie der Senat bereits entschieden habe, gebe es keinen medizinischen Erfahrungssatz des Inhalts, dass schwere körperliche Belastungen am Arbeitsplatz nur dann generell geeignet seien, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS herbeizuführen, wenn sie wenigsten zehn Jahre lang angehalten hätten. Das Hessische Landessozialgericht habe seine abweisende Entscheidung zwar nicht allein mit dem Fehlen eines zehnjährigen Intervalls zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibensymptomatik, sondern auch mit Erwägungen zu einer möglichen inneren Ursache der Bandscheibenschäden sowie mit dem Fortschreiten der Erkrankung nach dem Wegfall der beruflichen Belastungen im Jahr 1991 begründet. Ob diese Überlegungen allein die Entscheidung trügen oder ob sie im Rahmen einer Gesamtbetrachtung der nach Auffassung des Gerichts gegen einen ursächlichen Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkte nur unterstützend herangezogen worden seien, lasse sich den Urteilsgründen aber nicht mit hinreichender Sicherheit entnehmen, so dass der Senat unbeschadet der auch insoweit erhobenen Revisionsrügen über die Klage nicht selbst abschließend entscheiden könne. Vielmehr sei das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung und Verhandlung zurückzuweisen, um die noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen nachzuholen. Vor seiner erneuten Entscheidung werde das Hessische Landessozialgericht, wenn es nicht eine Gesamtbetrachtung aller von ihm aufgeführten Kriterien seiner Entscheidung zugrunde legen wolle, zu ermitteln haben, ob es gesicherte medizinische Erkenntnisse darüber gebe, innerhalb welcher Zeit sich eine bandscheibenbedingte Erkrankung aufgrund von körperlichen Belastungen im Sinne der BK 2108 frühestens entwickeln könne und welcher zeitliche Abstand zwischen Arbeitsbeginn und erstmaligem Auftreten von Krankheitssymptomen deshalb für einen Ursachenzusammenhang mindestens gegeben sein müsse. Anschließend sei zu prüfen, ob dieser Mindestzeitraum im Falle des Klägers erreicht sei oder nicht.
Der Kläger hat nochmals vorgetragen, auch zwischen 1971 und 1976 habe er Tätigkeiten als Krankenpfleger verrichtet. Neben der Schule, die in der Regel vormittags stattgefunden habe, sei er nachmittags auf der Station tätig gewesen. Auch habe er während seiner Ausbildung Schichtdienste geleistet. Während der Ausbildung sei er auf der Olygophreniestation, der Aufnahmestation und zum Schluss in der Geriatrie tätig gewesen. Auch in der Aufnahmestation hätten Hebetätigkeiten verrichtet werden müssen, z.B. dann, wenn Suchtpatienten aufgenommen worden seien. Soweit er sich erinnere, habe er im Februar 1997 den Rentenantrag gestellt, die Rente sei dann ab Oktober 1997 bewilligt worden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1999 zu verurteilen, ihm wegen einer Berufskrankheit im Sinne der Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich anlässlich eines Erörterungstermins am 5. Dezember 2006 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichtsakten und die zum Verfahren beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der Beratung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung und Entschädigung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS als BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV.
Zwar erfüllt der Kläger unstreitig die arbeitstechnischen Voraussetzungen der BK-Nr. 2108, weil er infolge seiner versicherten Tätigkeit in der Krankenpflege langjährig, d.h. von 1976 bis 1991, im Sinne der BKV schwere Lasten gehoben oder getragen hat, auch liegt bei dem Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vor. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen allein genügt jedoch nicht, um den Kausalzusammenhang zwischen der beruflichen Tätigkeit und der bandscheibenbedingten LWS-Erkrankung zu bejahen. Vielmehr ist der Kausalzusammenhang, wie der 11. Senat des Hessischen Landessozialgerichts in seinem Urteil vom 28. März 2003 von dem BSG unbeanstandet ausgeführt hat, positiv zu begründen. Im Falle des Klägers kann nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass zwischen der die LWS-belastenden beruflichen Tätigkeit des Klägers und der bei ihm vorliegenden bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Denn bei einer Gesamtbetrachtung des Entstehens und des Verlaufs der bandscheibenbedingten Erkrankung in den einzelnen LWS-Segmenten sprechen mehr Gründe gegen als für das Vorliegen einer beruflich bedingten Bandscheibenerkrankung der LWS des Klägers.
Bereits im November 1968 war der Kläger wegen schwerer Beschwerden bei Myalgie und Neuralgie beidseits der LWS zehn Tage arbeitsunfähig erkrankt. Der Kläger gab unter dem 2. September 1993 auf Befragen der Beklagten an, seit 1977 seien gelegentlich im Bereich der LWS Beschwerden aufgetreten. In einem Arztbrief vom 4. Februar 1991 erwähnt der Neurologe Dr. K. anamnestisch, "bereits seit 15 Jahren bestehen Rückenschmerzen, zum Teil mit radikulärer Ausstrahlung, früher mehr links, jetzt rechts." Wegen der Rückenschmerzen seien bereits zweimal Kurbehandelungen mit mäßigem Erfolg durchgeführt worden. Diesbezüglich gab der Kläger unter dem 2. Dezember 1993 an, dass wegen der Wirbelsäulenerkrankung Heilbehandlungen in einer Kureinrichtung im Juli/August 1978 in U-Stadt und im Januar/Februar 1980 in M-Stadt stattgefunden hätten. Einem von Dr. M. vorgelegten Bericht über eine Untersuchung des Klägers in der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der KN.Universität in Z-Stadt am 19. November 1984 kann entnommen werden, dass von dem Kläger Auskunft über "seit 1976 ständig mehr oder weniger" bestehender Kreuzschmerzen gegeben wurde. Schon damals wurde - wie dem Bericht zu entnehmen ist - diskutiert, "ob eine operative Maßnahme im LWS-Bereich bezüglich der sehr lange andauernden Beschwerden möglich und sinnvoll sei." Korrespondierend zu den schon seit 1976/1977 angegebenen LWS-Beschwerden fand sich auf Röntgenaufnahmen der LWS aus dem Jahre 1981 bei L5/S1 bereits ein "massiv" höhengemindertes Bandscheibenfach mit reaktiven osteochondrotischen und spondylotischen Veränderungen im Sinne einer Spondylosis deformans mit ventralen und dorsalen Randkantenanbauten. Nach Auskunft des Dr. F. in seinem Gutachten vom 23. November 2002 benötigt die Entstehung solcher weit fortgeschrittener Segmentdegenerationen sicherlich eine Reihe von Jahren. Dieser Umstand und die bei dem Kläger kontinuierlich seit 1976 bzw. 1977 auftretenden Beschwerden im Bereich der LWS lassen den Schluss zu, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung im Segment L5/S1 schon vor Beginn der die LWS belastenden Tätigkeit vorgelegen hat oder zumindest am Anfang dieser Zeit entstanden ist. Prof. Dr. W. hat unter Bezugnahme auf den schon 1981 bei L5/S1 fortgeschrittenen Degenerationsbefund ausdrücklich festgestellt, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung in diesem Segment L5/S1 eindeutig als berufsunabhängig eingestuft werden muss. Er weist außerdem darauf hin, dass die sich im zeitlichen Verlauf in diesem Segment zeigenden Befundveränderungen dem zu erwartenden Verlauf entsprechen und ein beruflicher negativer Einfluss, d.h. eine Verschlimmerung infolge der beruflichen Tätigkeit, sich hieraus nicht ableiten lässt. Das frühe Auftreten einer bandscheibenbedingten Erkrankung im Segment L5/S1 und die Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung in den oberen drei LWS-Segmenten nach Ende der beruflichen Belastung sprechen nach Aussage des Dr. F. dafür, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt haben. Dr. F., der die im Laufe der Jahre gefertigten Röntgenaufnahmen ausgewertet hat, hat auf den Röntgenaufnahmen vom 1. März 1991 im Bereich von L1/2 bis zu L3/4 unauffällige Zwischenwirbelräume gefunden. Bis zum Jahr 1996 hatten sich auch in diesem Bereich eine Osteochondrose und eine "Bulging disc’s" an den drei oberen Lendenbandscheiben gefunden. Wesentlich ist, dass nach Ende der die LWS belastenden Tätigkeit im Sinne der BK-Nr. 2108 im Bereich der oberen drei LWS-Segmente eine bandscheibenbedingte Erkrankung erst entstanden ist und sich nicht eine bereits während der LWS-belastenden Tätigkeit entstandene bandscheibenbedingte Erkrankung fortentwickelt hat. Darauf weist auch Dr. F. ausdrücklich hin, in dem er betont, dass sich in den anfänglich nicht schadensbetroffenen drei oberen Lumbalsegmenten erst nach dem Ende der beruflichen Belastung Bandscheibendegenerationen entwickelt haben. Dr. F. kommt deshalb zu der überzeugenden Beurteilung, dass bei Abwägung des Für und Wider mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafte Ursache heraus spricht, als für ein sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte, weil es keine überzeugenden Gründe für die Annahme gibt, dass der Bandscheibenvorfall bei L4/5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen noch höher an der LWS, eine andere Ursache haben, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L5/S1. Dr. F. weist zudem darauf hin, dass die Röntgenaufnahmen des Jahres 1981 auch bei L4/5 erste diskrete degenerative Instabilitätszeichen aufweisen. So erwähnt er in seiner Befundbeschreibung eine osteophytäre Ausziehung auch an der Oberkante von L5 und eine angedeutete Rückversetzung von L4 gegenüber L5. Bereits Prof. Dr. W. und Dr. LT. hatten darauf hingewiesen, dass bei zunehmender Einsteifung des Segmentes L5/S1, sich die physiologischen Belastungen vermehrt in der Bandscheibe L4/5 auswirken. Dies führt dann auch dort zu einer vorzeitigen Degeneration. Hinzu kommt der Umstand, dass die frühere Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung im Segment L5/S1 und die Entstehung der bandscheibenbedingten Erkrankung in den drei oberen LWS-Segmenten für eine primär anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz sprechen. Es kann folglich, worauf Dr. LT. überzeugend hinweist, nicht davon ausgegangen werden, dass im Segment L4/5 die berufliche Belastung das ausschlaggebende Moment für die Progredienz des Bandscheibenschadens in diesem Segment darstellt. Zwar ist Prof. Dr. W. zu der Auffassung gelangt, es sei bei den vorliegenden beruflichen Belastungen unwahrscheinlich, dass es zu etwa der gleichen Zeit zu in etwa vergleichbaren Veränderungen in der Bandscheibe zwischen L4/5 auch ohne fortgesetzte berufliche Belastung gekommen wäre. Er ging jedoch bei seiner Beurteilung davon aus, dass vor 1990 bandscheibenbedingte Veränderungen sich im Segment L4/5 nicht manifestiert hätten. Dr. F. hat hingegen dargelegt, dass bereits 1981 in diesem Segment Zeichen für eine Instabilität vorhanden waren. Dies wird bestätigt durch die von dem Orthopäden Dr. IP. mit Bericht vom 1. Dezember 1993 übersandte Beschreibung des Röntgenbefundes vom 2. November 1981, die bei L4/5 eine Chondrose mit leichter Retrolisthesis feststellt.
Der Vortrag des Klägers, er habe bereits in der Zeit vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 als Krankenpfleger gearbeitet und folglich seitdem eine die LWS belastende Tätigkeit im Sinne der BK-Nr. 2108 ausgeübt, kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Ob und inwieweit in dieser Zeit die arbeitstechnischen Voraussetzungen im Sinne der BK-Nr. 2108 vorgelegen haben, konnte nicht festgestellt werden. Die von dem Kläger von 1971 bis 1976 im Einzelnen ausgeführten Tätigkeiten konnten vom Arbeitgeber nicht benannt werden. Auch konnte nicht auf allgemeine Erfahrungswerte zurückgegriffen werden, weil sich die Situation in der Psychiatrie seit Anfang der 70er Jahre grundlegend verändert hatte. Es kann lediglich davon ausgegangen werden, dass in der Geriatrie häufiger Hebetätigkeiten zu verrichten waren als in dem Bereich Olygophrenie und dem Akut-Bereich der Aufnahme. Aber auch bei Unterstellung, dass der Kläger lendenwirbelsäulenbelastend vom 20. September 1971 bis 31. August 1976 tätig war, kann das Vorliegen einer BK nach Nr. 2108 nicht positiv festgestellt werden. Denn auch in diesem Fall sprechen mehr Gründe gegen als für den Kausalzusammenhang, weil in klinischer Hinsicht eine erste zehntägige durch LWS-Krankheit verursachte Arbeitsunfähigkeit für das Jahr 1968 dokumentiert ist, was für einen früheren Beginn der Erkrankung spricht, und in den oberen drei Segmenten der LWS bandscheibenbedingte Veränderungen erst nach Ende der belastenden Tätigkeit aufgetreten sind.
Da folglich insgesamt mehr Gründe gegen als für den Kausalzusammenhang zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS und der beruflichen Tätigkeit des Klägers als Krankenpfleger sprechen, konnte die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG, die über die Nichtzulassung der Revision aus § 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved