Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 6 Kn 1438/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kn 920/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Das Beratungs- und Abstimmungsverbot für ein ehrenamtliches Mitglied im Widerspruchsausschuß eines Selbstverwaltungsorgans als Angehöriger des Betriebs, in dem auch der Arbeitnehmer beschäftigt ist, über dessen Widerspruch zu entscheiden ist, gilt dann nicht, wenn die personenbezogenen Daten des Arbeitnehmers offenkundig sind und seine schutzwürdigen Belange nicht verletzt werden.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für vier Spike-Gamaschen.
Der Kläger beantragte unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Orthopäden Dr. R. und eines Kostenvoranschlages der Firma B. & S. vom 30. November 1994 Eispickel-Krücken-Kapseln und Spike-Gamaschen. Während die Beklagte die Kosten für die Eispickel-Krücken-Kapseln übernahm, lehnte sie mit Bescheid vom 9. Januar 1995 die Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen ab, da das verordnete Mittel als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Die Spike-Gamaschen stellten einen Ausgleich für nicht witterungsangepaßtes Schuhwerk dar und lösten damit keine Leistungspflicht aus. Der Widerspruch des Klägers vom 13. Februar 1995 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 1995 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 6. September 1995 bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und geltend gemacht, daß bei der Entscheidung über seinen Widerspruch unberechtigterweise als Arbeitgebervertreter sein Personalchef mitgewirkt habe. Im übrigen sei bei ihm als gehbehindertem Menschen die absolute Notwendigkeit gegeben, sowohl die Unterarmgehstützen als auch die Beine rutschsicher zu machen. Dies sei nur durch die Spike-Gamaschen gewährleistet.
Mit Urteil vom 11. Juni 1996 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versorgung mit Spike-Gamaschen. In den derzeit gültigen Richtlinien über die Versorgung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung seien die Spike-Gamaschen nicht enthalten. Im übrigen stellten diese ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar. Dies habe die Beklagte zutreffend ausgeführt. Auch sei der Widerspruchsausschuß ordnungsgemäß besetzt gewesen. Die Tatsache, daß der Personalchef des Klägers als Beisitzer teilgenommen habe, sei unbeachtlich. Die Mitglieder des Widerspruchsausschusses seien an Recht, Gesetz und Satzung gebunden und unterlägen der Schweigepflicht.
Das Sozialgericht hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 12. November 1996 die an sich nicht statthafte Berufung zugelassen.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung weder erschienene noch vertretene Kläger, der sein Begehren weiterverfolgt, beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 aufzuheben und diese zu verurteilen, die Kosten für vier Spike-Gamaschen à 29,00 DM zuzüglich 15 v.H. MWSt zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Mit Schreiben vom 9. Dezember 1996 ist ihm mitgeteilt worden, daß er keine erheblichen Gründe vorgetragen hat, die eine Aufhebung des Termins rechtfertigen könnten.
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und durch die Abhilfeentscheidung des Sozialgerichts vom 12. November 1996 statthaft (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist jedoch sachlich unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen.
Dies haben die angefochtenen Bescheide der Beklagten sowie das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 im einzelnen zutreffend dargelegt und begründet. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung und Meinungsbildung den Ausführungen im angefochtenen Urteil an und weist die Berufung aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Darüber hinaus ist auf folgendes hinzuweisen: Die Mitwirkung des Personalleiters des Klägers, Herrn , als Beisitzer im Widerspruchsausschuß ändert nichts an der Wirksamkeit des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995. Zutreffend weist der Kläger auf § 63 Abs. 3 a Sozialgesetzbuch – 4. Buch – (SGB 4) hin, wonach ein Mitglied eines Selbstverwaltungsorgans bei der Beratung und Abstimmung nicht anwesend sein darf, wenn hierbei personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers offengelegt werden, der ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, oder wenn das Mitglied des Selbstverwaltungsorgans Angehöriger der Personalverwaltung des Betriebes ist, dem der Arbeitnehmer angehört. Personenbezogene Daten sind dabei die in § 76 Abs. 1 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) bezeichnete Daten und andere Daten, soweit Grund zur Annahme besteht, daß durch die Kenntnisnahme der genannten Personen schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden. Diese Vorschrift gilt nach § 36 a Abs. 3 SGB 4 auch für die ehrenamtlichen Mitglieder des Widerspruchsausschusses. Besonders schutzwürdige Daten wurden jedoch nicht verletzt. Unter solchen Daten versteht man Geheimnisse des Betroffenen, die insbesondere zu seinem persönlichen Lebensbereich gehören. Zum persönlichen Lebensbereich gehört ein Geheimnis, wenn es die Intim- oder Privatsphäre, d.h. die innere Gedanken- und Gefühlswelt, den Gesundheitszustand, den Bereich des Familien- und sonstigen privaten Lebens betrifft (vgl. Dörr u.a. in SGB 10, Verwaltungsverfahren, § 76 Anm. 2 und Maier in Kasseler Kommentar § 63 SGB 4, Rz. 11). Das Anwesenheits- bzw. Beratungs- und Abstimmungsverbot gilt jedoch dann nicht, wenn beispielsweise die entsprechenden Daten dem Betrieb bereits bekannt sind oder deren Bekanntwerden schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers nicht beeinträchtigen (so u.a. in der amtlichen Begründung zu § 63 Abs. 3 a SGB 4). Daß der Kläger gehbehindert ist, ist offenkundig und dem Betrieb offensichtlich bekannt. Gegenstand der Erörterungen im Widerspruchsausschuß war auch nicht der Gesundheitszustand des Klägers unter Berücksichtigung evtl. ärztlicher Unterlagen, sondern lediglich die Tatsache, daß die Beklagte die vom Kläger beantragte Kostenerstattung für Spike-Gamaschen abgelehnt hatte. Ein solcher Themenkomplex schließt jedoch das Tätigwerden des Herrn H. als Beisitzer nach § 63 Abs. 3 a i.V.m. § 36 a Abs. 3 SGB 4 nicht aus.
In der Sache selbst hat das Sozialgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß die Spike-Gamaschen nicht in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über Heil- und Hilfsmitteln enthalten sind. Diese Richtlinien sind im Streit um Leistungen zur Krankenbehandlung vor den Sozialgerichten für die Sachentscheidung grundsätzlich maßgeblich. Davon abgewichen werden kann nur, wenn die Richtlinien auf einer falschen Auslegung des dem Bundesausschuß als Richtliniengeber bindenden höherrangigen Rechts beruhen. Die Gerichte haben daher im Leistungsstreit nur bei hinreichendem Anlaß den Inhalt der Richtlinien darauf zu überprüfen, ob dieser nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Beachtung des medizinischen Fortschritts schlechthin sachlich unvertretbar ist. Ergibt die Prüfung, daß die Richtlinie rechtlich gültig und der Inhalt zumindest sachlich vertretbar ist, ist dieses Regelwerk für die Sachentscheidung maßgeblich (vgl. hierzu etwa Urteil des BSG vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 m.w.N.). Verstöße gegen höherrangiges Recht sind jedoch nicht erkennbar und werden von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Auch die Auslegung, daß es sich bei den Spike-Gamaschen um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 19. Dezember 1978 – 3 RK 2/78). Zutreffend hat die Beklagte auch unterschieden zwischen den Spike-Gamaschen und den Eispickel-Krücken-Kapseln. Diese zählen als Bestandteil bzw. Zubehör zu den verordneten Gehhilfen (vgl. hierzu DOK 1985, 733). Insgesamt hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig der Anspruch des Klägers auf Kostenerstattung für vier Spike-Gamaschen.
Der Kläger beantragte unter Vorlage einer ärztlichen Verordnung des Orthopäden Dr. R. und eines Kostenvoranschlages der Firma B. & S. vom 30. November 1994 Eispickel-Krücken-Kapseln und Spike-Gamaschen. Während die Beklagte die Kosten für die Eispickel-Krücken-Kapseln übernahm, lehnte sie mit Bescheid vom 9. Januar 1995 die Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen ab, da das verordnete Mittel als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Die Spike-Gamaschen stellten einen Ausgleich für nicht witterungsangepaßtes Schuhwerk dar und lösten damit keine Leistungspflicht aus. Der Widerspruch des Klägers vom 13. Februar 1995 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 1995 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 6. September 1995 bei dem Sozialgericht Gießen Klage erhoben und geltend gemacht, daß bei der Entscheidung über seinen Widerspruch unberechtigterweise als Arbeitgebervertreter sein Personalchef mitgewirkt habe. Im übrigen sei bei ihm als gehbehindertem Menschen die absolute Notwendigkeit gegeben, sowohl die Unterarmgehstützen als auch die Beine rutschsicher zu machen. Dies sei nur durch die Spike-Gamaschen gewährleistet.
Mit Urteil vom 11. Juni 1996 hat das Sozialgericht Gießen die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Der Kläger habe keinen Anspruch auf Versorgung mit Spike-Gamaschen. In den derzeit gültigen Richtlinien über die Versorgung von Heilmitteln und Hilfsmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung seien die Spike-Gamaschen nicht enthalten. Im übrigen stellten diese ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar. Dies habe die Beklagte zutreffend ausgeführt. Auch sei der Widerspruchsausschuß ordnungsgemäß besetzt gewesen. Die Tatsache, daß der Personalchef des Klägers als Beisitzer teilgenommen habe, sei unbeachtlich. Die Mitglieder des Widerspruchsausschusses seien an Recht, Gesetz und Satzung gebunden und unterlägen der Schweigepflicht.
Das Sozialgericht hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 12. November 1996 die an sich nicht statthafte Berufung zugelassen.
Der im Termin zur mündlichen Verhandlung weder erschienene noch vertretene Kläger, der sein Begehren weiterverfolgt, beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 sowie den Bescheid der Beklagten vom 9. Januar 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995 aufzuheben und diese zu verurteilen, die Kosten für vier Spike-Gamaschen à 29,00 DM zuzüglich 15 v.H. MWSt zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt Bezug genommen sowie auf den der Akten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers im Termin aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da in der ordnungsgemäß erfolgten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Sozialgerichtsgesetz – SGG –). Mit Schreiben vom 9. Dezember 1996 ist ihm mitgeteilt worden, daß er keine erheblichen Gründe vorgetragen hat, die eine Aufhebung des Termins rechtfertigen könnten.
Die Berufung ist zulässig, denn sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und durch die Abhilfeentscheidung des Sozialgerichts vom 12. November 1996 statthaft (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –).
Sie ist jedoch sachlich unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen.
Dies haben die angefochtenen Bescheide der Beklagten sowie das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 im einzelnen zutreffend dargelegt und begründet. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung und Meinungsbildung den Ausführungen im angefochtenen Urteil an und weist die Berufung aus den Gründen der Entscheidung des Sozialgerichts Gießen vom 11. Juni 1996 als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Darüber hinaus ist auf folgendes hinzuweisen: Die Mitwirkung des Personalleiters des Klägers, Herrn , als Beisitzer im Widerspruchsausschuß ändert nichts an der Wirksamkeit des Widerspruchsbescheides vom 11. August 1995. Zutreffend weist der Kläger auf § 63 Abs. 3 a Sozialgesetzbuch – 4. Buch – (SGB 4) hin, wonach ein Mitglied eines Selbstverwaltungsorgans bei der Beratung und Abstimmung nicht anwesend sein darf, wenn hierbei personenbezogene Daten eines Arbeitnehmers offengelegt werden, der ihm im Rahmen eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses untergeordnet ist, oder wenn das Mitglied des Selbstverwaltungsorgans Angehöriger der Personalverwaltung des Betriebes ist, dem der Arbeitnehmer angehört. Personenbezogene Daten sind dabei die in § 76 Abs. 1 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) bezeichnete Daten und andere Daten, soweit Grund zur Annahme besteht, daß durch die Kenntnisnahme der genannten Personen schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers beeinträchtigt werden. Diese Vorschrift gilt nach § 36 a Abs. 3 SGB 4 auch für die ehrenamtlichen Mitglieder des Widerspruchsausschusses. Besonders schutzwürdige Daten wurden jedoch nicht verletzt. Unter solchen Daten versteht man Geheimnisse des Betroffenen, die insbesondere zu seinem persönlichen Lebensbereich gehören. Zum persönlichen Lebensbereich gehört ein Geheimnis, wenn es die Intim- oder Privatsphäre, d.h. die innere Gedanken- und Gefühlswelt, den Gesundheitszustand, den Bereich des Familien- und sonstigen privaten Lebens betrifft (vgl. Dörr u.a. in SGB 10, Verwaltungsverfahren, § 76 Anm. 2 und Maier in Kasseler Kommentar § 63 SGB 4, Rz. 11). Das Anwesenheits- bzw. Beratungs- und Abstimmungsverbot gilt jedoch dann nicht, wenn beispielsweise die entsprechenden Daten dem Betrieb bereits bekannt sind oder deren Bekanntwerden schutzwürdige Belange des Arbeitnehmers nicht beeinträchtigen (so u.a. in der amtlichen Begründung zu § 63 Abs. 3 a SGB 4). Daß der Kläger gehbehindert ist, ist offenkundig und dem Betrieb offensichtlich bekannt. Gegenstand der Erörterungen im Widerspruchsausschuß war auch nicht der Gesundheitszustand des Klägers unter Berücksichtigung evtl. ärztlicher Unterlagen, sondern lediglich die Tatsache, daß die Beklagte die vom Kläger beantragte Kostenerstattung für Spike-Gamaschen abgelehnt hatte. Ein solcher Themenkomplex schließt jedoch das Tätigwerden des Herrn H. als Beisitzer nach § 63 Abs. 3 a i.V.m. § 36 a Abs. 3 SGB 4 nicht aus.
In der Sache selbst hat das Sozialgericht bereits zutreffend darauf hingewiesen, daß die Spike-Gamaschen nicht in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über Heil- und Hilfsmitteln enthalten sind. Diese Richtlinien sind im Streit um Leistungen zur Krankenbehandlung vor den Sozialgerichten für die Sachentscheidung grundsätzlich maßgeblich. Davon abgewichen werden kann nur, wenn die Richtlinien auf einer falschen Auslegung des dem Bundesausschuß als Richtliniengeber bindenden höherrangigen Rechts beruhen. Die Gerichte haben daher im Leistungsstreit nur bei hinreichendem Anlaß den Inhalt der Richtlinien darauf zu überprüfen, ob dieser nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Beachtung des medizinischen Fortschritts schlechthin sachlich unvertretbar ist. Ergibt die Prüfung, daß die Richtlinie rechtlich gültig und der Inhalt zumindest sachlich vertretbar ist, ist dieses Regelwerk für die Sachentscheidung maßgeblich (vgl. hierzu etwa Urteil des BSG vom 16. Dezember 1993 – 4 RK 5/92 m.w.N.). Verstöße gegen höherrangiges Recht sind jedoch nicht erkennbar und werden von dem Kläger auch nicht geltend gemacht. Auch die Auslegung, daß es sich bei den Spike-Gamaschen um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, ist nicht zu beanstanden (vgl. hierzu Urteil des BSG vom 19. Dezember 1978 – 3 RK 2/78). Zutreffend hat die Beklagte auch unterschieden zwischen den Spike-Gamaschen und den Eispickel-Krücken-Kapseln. Diese zählen als Bestandteil bzw. Zubehör zu den verordneten Gehhilfen (vgl. hierzu DOK 1985, 733). Insgesamt hat der Kläger daher keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Spike-Gamaschen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen von § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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