Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 Ar 38/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Ar 1355/95
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1995 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 25. April 1994 und insbesondere darüber, ob dem Kläger Arbeitslosengeld ab dieser Zeit nach der Leistungsgruppe C zu zahlen ist.
Der Kläger meldete sich im Dezember 1993 zum 1. Januar 1994 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In seiner Lohnsteuerkarte 1994 war zum 1. Januar 1994 die Steuerklasse IV und ab 1. Februar 1994 die Steuerklasse III eingetragen. Die Ehefrau des Klägers stand bis zum 17. Dezember 1993 in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit einem Bruttolohn in Höhe von 4.698,45 DM. Sie befand sich ab dem 18. Dezember 1993 im Erziehungsurlaub und bezog Erziehungsgeld.
Der Kläger bezog vom 1. Januar bis zum 31. Januar 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe A i.H.v. 340,80 DM wöchentlich (Bescheid vom 14. Januar 1994) und vom 1. Februar bis zum 4. April 1994 nach der Leistungsgruppe C i.H.v. 379,20 DM wöchentlich (Bescheid vom 8. Februar 1994 und Bescheid vom 5. Mai 1994). Dem Leistungsanspruch des Klägers lag ein Bemessungsentgelt in Höhe von 810,00 DM wöchentlich zugrunde.
Der Kläger nahm am 5. April 1994 eine Arbeit auf, meldete sich bereits am 6. April 1994 erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Juni 1994 Arbeitslosengeld vorläufig ab 30. Juni 1994 (Sperrzeit vom 7. April bis 29. Juni 1994) vorläufig nach der Leistungsgruppe D und mit Änderungsbescheid vom 12. Juli 1994 nach der Leistungsgruppe A i.H.v. 340,80 DM wöchentlich. Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch und führte dazu aus, die Ehefrau beziehe seit Herbst 1993 Erziehungsgeld in Höhe von 600,00 DM. Diese Leistung sei einkommensunabhängig. Seine Ehefrau habe im Zeitpunkt der Änderung der Lohnsteuerklassen kein eigenes Einkommen bezogen. Die Änderung sei demgemäß zweckmäßig gewesen. Das Erziehungsgeld stelle eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung dar und könne ihrem früheren Arbeitseinkommen nicht gegenübergestellt werden. Ab Februar 1994 (Abänderung der Lohnsteuerklasse) habe er Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C. Das Bundessozialgericht habe zwar entschieden, daß das Erziehungsgeld jedenfalls dann als eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG anzusehen sei, wenn ein vorher erzieltes Arbeitsentgelt tatsächlich entfallen sei. Dieser Auffassung könne er sich nicht anschließen. Durch das Erziehungsgeld würden tatsächliche Einkommenseinbußen weder konkret ausgeglichen noch der tatsächliche Betreuungsaufwand entschädigt. Insoweit unterscheide sich das Erziehungsgeld von anderen typischen Lohnersatzleistungen wie das Krankengeld, das Verletztengeld oder das Arbeitslosengeld. Das Erziehungsgeld werde für die Betreuung und Erziehung eines Kindes und nicht wegen des Ausfalls von Arbeitsentgelt gewährt. Die Höhe des Erziehungsgeldes orientiere sich auch nicht an der Höhe des ausfallenden Entgeltes und werde einkommensunabhängig in den ersten sechs Monaten gezahlt. Gerade dies spreche gegen den Charakter einer Lohnersatzleistung. § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG gehe nach seinem Wortlaut eindeutig von einem Anspruch wegen Lohnausfall aus. Dies treffe beim Bezug von Erziehungsgeld eindeutig nicht zu. Wenn es dem Willen des Gesetzgebers entsprochen hätte, auch das Erziehungsgeld in die Bestimmung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG mit einzubeziehen, so hätte er spätestens bei Erlaß des Bundeserziehungsgeldgesetzes die Vorschrift des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG grundlegend ändern müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Eine Analogie scheide vorliegend aus, da keine Gesetzeslücke zu schließen sei.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Oktober 1994 für die Zeit vom 25. April bis zum 29. Juni 1994 Arbeitslosengeld i.H.v. 340,80 DM nach der Leistungsgruppe A und einem wöchentlichen Bemessungsentgelt i.H.v. 810,00 DM.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12. Juli 1994 als unbegründet zurück. Dazu führte sie aus, gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AFG sei für den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld die Steuerklasse maßgebend, die zu Beginn des Kalenderjahres auf der Steuerkarte eingetragen sei. Da sein Leistungsanspruch am 25. April 1994 entstanden sei, sei die zu Beginn des Kalenderjahres 1994 eingetragene Lohnsteuerklasse IV maßgebend. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse würden erst mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorgelegen hätten. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 AFG gelte dies auch, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen sei. Da der Kläger die auf seiner Lohnsteuerkarte 1994 eingetragene Lohnsteuerklasse von IV auf III zum 1. Februar 1994 habe ändern lassen, sei die Zweckmäßigkeit des Steuerklassenwechsels zu prüfen. Die monatlichen Bruttoverdienste des Klägers, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von monatlich 3.510,00 DM, sei das monatliche Brutto-Einkommen seiner Ehefrau in Höhe von 4.698,45 DM gegenüberzustellen. Der Vergleich beider Arbeitseinkommen ergebe, daß die Steuerklassenkombination IV/IV zweckdienlich und die spätere Steuerklassenänderung von IV auf III unbeachtlich sei. Soweit der Kläger ausführe, daß nicht das frühere Arbeitseinkommen seiner Ehefrau, sondern das Erziehungsgeld vergleichend heranzuziehen sei, könne im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gefolgt werden.
Die Beklagte setzte mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 1995 das Arbeitslosengeld des Klägers ab 2. Januar 1995 von wöchentlich 340,80 DM auf wöchentlich 333,00 DM herab. Der Leistungsanspruch des Klägers wurde nach der Leistungsgruppe A berechnet.
Die Beklagte hob mit weiterem Änderungsbescheid vom 11. Januar 1995 das Arbeitslosengeld ab 2. Januar 1995 auf wöchentlich 339,60 DM unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A an. Auf der Steuerkarte 1995 des Klägers war eine Steuerklasse III eingetragen.
Gegen den am 5. Januar 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 hat der Kläger am 12. Januar 1995 Klage erhoben.
Das Sozialgericht Kassel hat mit Urteil vom 7. November 1995 die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 12. Juli 1994, vom 26. Oktober 1994, vom 10. Januar 1995 und vom 11. Januar 1995, sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1994 verurteilt, dem Kläger ab 25. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger besitze einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 25. April 1994 unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe C. Dies folge zwar nicht daraus, daß ihm bis zum 4. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zuerkannt worden sei. Vielmehr sei mit der erneuten Arbeitslosmeldung am 6. April 1994 zwar kein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden, jedoch sei ein neuer Leistungsfall eingetreten. Damit sei zu prüfen gewesen, ob alle Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld erfüllt seien. Die Leistungshöhe richte sich nach verschiedenen Leistungsgruppen, die gemäß § 111 Abs. 2 AFG von den Steuerklassen abhängig seien. Die Leistungsgruppe A gelte für Arbeitnehmer, auf deren Steuerkarte die Lohnsteuerklasse I oder IV eingetragen sei. Die günstigere Leistungsklasse C gelte für Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei. Maßgebend für die Lohnsteuerklasse sei die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragene Steuerklasse, in dem der Anspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 AFG entstanden sei. Hätten Ehegatten die Steuerklasse gewechselt, so werde die neueingetragene Lohnsteuerklasse gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 AFG von dem Tage an berücksichtigt, an dem die Änderung wirksam werde. Entspreche jedoch die neu eingetragene Lohnsteuerklasse an diesem Tage offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten, so werde die diesem Verhältnis entsprechende Lohnsteuerklasse für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgeblich gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG. Ein Anspruch auf Arbeitslohn, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung begründe, bleibe bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten außer Betracht (§ 113 Abs. 2 Satz 3 AFG). Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei am 1. Januar 1994 entstanden. Zu Beginn dieses Kalenderjahres sei auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen gewesen. Der Kläger habe jedoch mit Wirkung vom 1. Februar 1992 seine Lohnsteuerklasse von IV in III und die seiner Ehefrau von IV in V geändert. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger Arbeitslosengeld und seine Ehefrau Erziehungsgeld bezogen. Dem Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld habe ein monatlicher Arbeitslohn in Höhe von 3.510,00 DM zugrunde gelegen. Da das Erziehungsgeld weder Lohn- noch eine Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG sei, habe dem Kläger ab 25. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zugestanden. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. April 1992 – Az.: 7 RAr 12/91 entschieden, daß das Erziehungsgeld jedenfalls dann eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG darstelle, wenn ein zuvor erzielter Arbeitslohn tatsächlich entfalle. In diesem Falle wäre die Steuerklassenkombination IV/IV zweckmäßig gewesen. Die Kammer vermöge jedoch nicht diesem Urteil des Bundessozialgerichts zu folgen. Gegen den Charakter des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleitung spreche bereits der Wortlaut des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG. Danach sei erforderlich, daß für einen ausgefallenen Arbeitslohn ein Ersatz geleistet werde. Erziehungsgeld sei jedoch kein Lohnersatz. Es werde ein fester Betrag von monatlich 600,00 DM (§ 5 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz) geleistet und die Zahlung setze keinen Ausfall von Arbeitslohn voraus. Das Erziehungsgeld solle damit nicht entgangenes Arbeitsentgelt ausgleichen. Es handele sich vielmehr um eine familienpolitische Leistung, die ausdrücklich nicht davon abhängig gemacht werde, ob die Mutter oder der Vater vorher in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Dies erkenne auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. April 1992 grundsätzlich an. Es sei jedoch der Auffassung, daß das Erziehungsgeld zumindest auch den Zweck habe, die wirtschaftlichen Nachteile der Kindererziehung auszugleichen.
Gegen das am 21. November 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Dezember 1995 Berufung eingelegt. Dazu führt sie aus, das Urteil des Sozialgerichts Kassel entspreche nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Der Vergleich der Arbeitseinkommen der Eheleute (3.510,00 DM gegenüber 4.698,45 DM) ergebe, daß die Steuerklassenkombination IV/IV im steuerrechtlichen Sinne als zweckmäßig anzusehen sei, so daß die vom Kläger zum 1. Februar 1994 vorgenommene Steuerklassenänderung von der Lohnsteuerklasse IV in die Lohnsteuerklasse III bei der Bemessung der Höhe des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld außer Betracht zu bleiben habe.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Sozialgericht Kassel habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden. Das Einkommen seiner Ehefrau vor dem Erziehungsurlaub sei für die vergleichsweise Betrachtung nach § 112 Abs. 2 AFG nicht relevant, da im Zeitpunkt des Wechsels der Steuerklasse dieses Einkommen tatsächlich nicht mehr erzielt worden sei.
Der Kläger und die Beklagte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1997 bzw. vom 20. Oktober 1997 erklärt.
Der Senat hat die Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. XXXXX) beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Akte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in dem Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da der Kläger und die Beklagte dazu ihr Einverständnis erklärt hatten.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gemäß § 151 Abs. 1; §§ 143, 144 SGG.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1995 war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes ab 25. April 1994.
Der Kläger ist durch den Erlaß der Bescheide vom 28. Juli 1994 vom 12. Juli 1994, den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 und die Bescheide vom 10. und 11. Januar 1995 nicht beschwert. Die Beklagte gewährte dem Kläger rechtmäßig mit Bescheid vom 12. Juli 1994 und mit Bescheid vom 26. Oktober 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1994 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A. Der Kläger besitzt in der streitigen Zeit gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C.
Der Anspruch des Klägers auf Weitergewährung von Arbeitslosengeld entstand aufgrund seiner erneuten Arbeitslosmeldung am 6. April 1994 und belief sich auf 340,80 DM wöchentlich unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von 810,00 DM, der Lohnsteuerklasse IV (Leistungsgruppe A) und einem Kind. Die auf der Steuerkarte 1994 ab Februar 1994 eingetragene Steuerklasse III konnte nicht berücksichtigt werden. Dieser Steuerklassenwechsel konnte gemäß § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG nicht berücksichtigt werden, da er offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau entsprach.
Der Vergleichsberechnung war nicht das Erziehungsgeld der Ehefrau des Klägers zugrunde zu legen, sondern ihr bis zum Beginn des Erziehungsgeldes bezogenes Arbeitsentgelt. Grundlage hierfür ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. April 1992 – Az.: 7 RAr 12/91) die gebotene analoge Anwendung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG. Danach bleibt bei der Beurteilung der Verhältnisse der monatlichen Arbeitslöhne nach § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG ein Ausfall des Arbeitslohns außer Betracht, wenn ein Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung besteht. Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Folge, daß anhand des zuletzt vor Ausfall des Arbeitslohns erzielten monatlichen Arbeitslohnes zu prüfen ist, ob die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechen. Sicherlich sei nach dieser Rechtsprechung das Erziehungsgeld keine typische Lohnersatzleistung, wie etwa das Krankengeld, das Verletztengeld und das Arbeitslosengeld. Gleichwohl könne ihm aber nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden. Das Erziehungsgeld verfolge zumindest auch den Zweck, den in aller Regel eintretenden wirtschaftlichen Nachteil durch die Einschränkung der Erwerbstätigkeit während oder wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes auszugleichen. Dem entspreche es, daß das Erziehungsgeld nur der beanspruchen könne, der in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübe (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz). Die Vorschrift des § 113 Abs. 2 AFG wolle einer ungerechtfertigten Beeinflussung der Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld durch einen willkürlichen Steuerklassenwechsel entgegenwirken. Nach den Motiven des Gesetzgebers solle der Steuerklassenwechsel nur dann berücksichtigt werden, wenn er objektiv geboten sei. Davon sei auszugehen, wenn die bisherige Steuerklassenkombination zu einem zu hohen Lohnsteuerabzug geführt habe. Dazu zähle, wenn sich der Arbeitsverdienst eines Ehegatten nach der Ausstellung der Lohnsteuerkarte erheblich verändert hätten, etwa durch Einschränkung oder Aufgabe der Beschäftigung nach der Geburt eines Kindes. Dagegen solle der Steuerklassenwechsel unbeachtlich sein, wenn er unabhängig von einer steuerrechtlichen Zweckmäßigkeit im Zeitpunkt der Vornahme allein wegen der Arbeitslosigkeit erfolge. Ein Steuerklassenwechsel sei nur zu berücksichtigen, wenn er, auch ohne die Arbeitslosigkeit, objektiv geboten sei. Auch der erkennende Senat geht davon aus, daß nicht die Höhe des Erziehungsgeldes der Vergleichsberechnung zugrunde zu legen ist, sondern das von der Ehefrau der Klägerin vor dem Bezug des Erziehungsgeldes erhaltene Arbeitseinkommen, da das Erziehungsgeld auch im vorliegenden Fall eine Lohnersatzfunktion übernimmt (dazu siehe Beschluss des erkennenden Senats vom 11. März 1997 – Az.: L-6/Ar-51/96).
Soweit das Sozialgericht Kassel seine Entscheidung auf die Meinung von Martens (SGb 1993, 234, 235) stützt, so konnte der erkennende Senat dieser nicht folgen. Danach stelle die Qualifizierung des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleistung eine nicht zulässige richterliche Rechtsfortbildung dar. Der Senat ist zwar ebenfalls der Auffassung, daß die richterliche Rechtsfortbildung nur in engen Grenzen des Verfassungsrechts möglich ist; er ist jedoch zugleich der Auffassung, daß vorliegend diese Grenzen eingehalten werden. Da der Gesetzgeber seit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 28. April 1992 bislang keine andere Regelung eingeführt hat, ist anzunehmen, daß diese richterliche Rechtsfortbildung nicht dem gesetzgeberischen Willen entgegensteht.
Aus den gleichen Gründen konnte der Lohnsteuerklassenwechsel auf der Lohnsteuerkarte 1995 von der Steuerklasse IV zur Steuerklasse III ab 1. Januar 1995 für den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 1. Januar 1995 nicht berücksichtigt werden. Somit sind auch die weiter angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 10. und vom 11. Januar 1995 rechtmäßig.
Der Senat konnte darüber hinaus keine weiteren Anhaltspunkte für einen höheren Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 25. April 1994 und insbesondere darüber, ob dem Kläger Arbeitslosengeld ab dieser Zeit nach der Leistungsgruppe C zu zahlen ist.
Der Kläger meldete sich im Dezember 1993 zum 1. Januar 1994 arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. In seiner Lohnsteuerkarte 1994 war zum 1. Januar 1994 die Steuerklasse IV und ab 1. Februar 1994 die Steuerklasse III eingetragen. Die Ehefrau des Klägers stand bis zum 17. Dezember 1993 in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit einem Bruttolohn in Höhe von 4.698,45 DM. Sie befand sich ab dem 18. Dezember 1993 im Erziehungsurlaub und bezog Erziehungsgeld.
Der Kläger bezog vom 1. Januar bis zum 31. Januar 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe A i.H.v. 340,80 DM wöchentlich (Bescheid vom 14. Januar 1994) und vom 1. Februar bis zum 4. April 1994 nach der Leistungsgruppe C i.H.v. 379,20 DM wöchentlich (Bescheid vom 8. Februar 1994 und Bescheid vom 5. Mai 1994). Dem Leistungsanspruch des Klägers lag ein Bemessungsentgelt in Höhe von 810,00 DM wöchentlich zugrunde.
Der Kläger nahm am 5. April 1994 eine Arbeit auf, meldete sich bereits am 6. April 1994 erneut arbeitslos und beantragte die Weitergewährung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 28. Juni 1994 Arbeitslosengeld vorläufig ab 30. Juni 1994 (Sperrzeit vom 7. April bis 29. Juni 1994) vorläufig nach der Leistungsgruppe D und mit Änderungsbescheid vom 12. Juli 1994 nach der Leistungsgruppe A i.H.v. 340,80 DM wöchentlich. Der Kläger erhob gegen beide Bescheide Widerspruch und führte dazu aus, die Ehefrau beziehe seit Herbst 1993 Erziehungsgeld in Höhe von 600,00 DM. Diese Leistung sei einkommensunabhängig. Seine Ehefrau habe im Zeitpunkt der Änderung der Lohnsteuerklassen kein eigenes Einkommen bezogen. Die Änderung sei demgemäß zweckmäßig gewesen. Das Erziehungsgeld stelle eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung dar und könne ihrem früheren Arbeitseinkommen nicht gegenübergestellt werden. Ab Februar 1994 (Abänderung der Lohnsteuerklasse) habe er Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C. Das Bundessozialgericht habe zwar entschieden, daß das Erziehungsgeld jedenfalls dann als eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG anzusehen sei, wenn ein vorher erzieltes Arbeitsentgelt tatsächlich entfallen sei. Dieser Auffassung könne er sich nicht anschließen. Durch das Erziehungsgeld würden tatsächliche Einkommenseinbußen weder konkret ausgeglichen noch der tatsächliche Betreuungsaufwand entschädigt. Insoweit unterscheide sich das Erziehungsgeld von anderen typischen Lohnersatzleistungen wie das Krankengeld, das Verletztengeld oder das Arbeitslosengeld. Das Erziehungsgeld werde für die Betreuung und Erziehung eines Kindes und nicht wegen des Ausfalls von Arbeitsentgelt gewährt. Die Höhe des Erziehungsgeldes orientiere sich auch nicht an der Höhe des ausfallenden Entgeltes und werde einkommensunabhängig in den ersten sechs Monaten gezahlt. Gerade dies spreche gegen den Charakter einer Lohnersatzleistung. § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG gehe nach seinem Wortlaut eindeutig von einem Anspruch wegen Lohnausfall aus. Dies treffe beim Bezug von Erziehungsgeld eindeutig nicht zu. Wenn es dem Willen des Gesetzgebers entsprochen hätte, auch das Erziehungsgeld in die Bestimmung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG mit einzubeziehen, so hätte er spätestens bei Erlaß des Bundeserziehungsgeldgesetzes die Vorschrift des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG grundlegend ändern müssen. Dies sei jedoch nicht geschehen. Eine Analogie scheide vorliegend aus, da keine Gesetzeslücke zu schließen sei.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Oktober 1994 für die Zeit vom 25. April bis zum 29. Juni 1994 Arbeitslosengeld i.H.v. 340,80 DM nach der Leistungsgruppe A und einem wöchentlichen Bemessungsentgelt i.H.v. 810,00 DM.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 12. Juli 1994 als unbegründet zurück. Dazu führte sie aus, gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 AFG sei für den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld die Steuerklasse maßgebend, die zu Beginn des Kalenderjahres auf der Steuerkarte eingetragen sei. Da sein Leistungsanspruch am 25. April 1994 entstanden sei, sei die zu Beginn des Kalenderjahres 1994 eingetragene Lohnsteuerklasse IV maßgebend. Spätere Änderungen der eingetragenen Lohnsteuerklasse würden erst mit Wirkung des Tages berücksichtigt, an dem erstmals die Voraussetzungen für die Änderung vorgelegen hätten. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 und 3 AFG gelte dies auch, wenn auf der für spätere Kalenderjahre ausgestellten Lohnsteuerkarte eine andere Lohnsteuerklasse eingetragen sei. Da der Kläger die auf seiner Lohnsteuerkarte 1994 eingetragene Lohnsteuerklasse von IV auf III zum 1. Februar 1994 habe ändern lassen, sei die Zweckmäßigkeit des Steuerklassenwechsels zu prüfen. Die monatlichen Bruttoverdienste des Klägers, ausgehend von einem Bemessungsentgelt von monatlich 3.510,00 DM, sei das monatliche Brutto-Einkommen seiner Ehefrau in Höhe von 4.698,45 DM gegenüberzustellen. Der Vergleich beider Arbeitseinkommen ergebe, daß die Steuerklassenkombination IV/IV zweckdienlich und die spätere Steuerklassenänderung von IV auf III unbeachtlich sei. Soweit der Kläger ausführe, daß nicht das frühere Arbeitseinkommen seiner Ehefrau, sondern das Erziehungsgeld vergleichend heranzuziehen sei, könne im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nicht gefolgt werden.
Die Beklagte setzte mit Änderungsbescheid vom 10. Januar 1995 das Arbeitslosengeld des Klägers ab 2. Januar 1995 von wöchentlich 340,80 DM auf wöchentlich 333,00 DM herab. Der Leistungsanspruch des Klägers wurde nach der Leistungsgruppe A berechnet.
Die Beklagte hob mit weiterem Änderungsbescheid vom 11. Januar 1995 das Arbeitslosengeld ab 2. Januar 1995 auf wöchentlich 339,60 DM unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A an. Auf der Steuerkarte 1995 des Klägers war eine Steuerklasse III eingetragen.
Gegen den am 5. Januar 1995 zugestellten Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 hat der Kläger am 12. Januar 1995 Klage erhoben.
Das Sozialgericht Kassel hat mit Urteil vom 7. November 1995 die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 12. Juli 1994, vom 26. Oktober 1994, vom 10. Januar 1995 und vom 11. Januar 1995, sowie unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1994 verurteilt, dem Kläger ab 25. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger besitze einen Anspruch auf Arbeitslosengeld ab 25. April 1994 unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe C. Dies folge zwar nicht daraus, daß ihm bis zum 4. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zuerkannt worden sei. Vielmehr sei mit der erneuten Arbeitslosmeldung am 6. April 1994 zwar kein neuer Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden, jedoch sei ein neuer Leistungsfall eingetreten. Damit sei zu prüfen gewesen, ob alle Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosengeld erfüllt seien. Die Leistungshöhe richte sich nach verschiedenen Leistungsgruppen, die gemäß § 111 Abs. 2 AFG von den Steuerklassen abhängig seien. Die Leistungsgruppe A gelte für Arbeitnehmer, auf deren Steuerkarte die Lohnsteuerklasse I oder IV eingetragen sei. Die günstigere Leistungsklasse C gelte für Arbeitnehmer, auf deren Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse III eingetragen sei. Maßgebend für die Lohnsteuerklasse sei die zu Beginn des Kalenderjahres eingetragene Steuerklasse, in dem der Anspruch gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 AFG entstanden sei. Hätten Ehegatten die Steuerklasse gewechselt, so werde die neueingetragene Lohnsteuerklasse gemäß § 113 Abs. 2 Satz 1 AFG von dem Tage an berücksichtigt, an dem die Änderung wirksam werde. Entspreche jedoch die neu eingetragene Lohnsteuerklasse an diesem Tage offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten, so werde die diesem Verhältnis entsprechende Lohnsteuerklasse für die Höhe des Arbeitslosengeldes maßgeblich gemäß § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG. Ein Anspruch auf Arbeitslohn, der den Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung begründe, bleibe bei der Beurteilung des Verhältnisses der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten außer Betracht (§ 113 Abs. 2 Satz 3 AFG). Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld sei am 1. Januar 1994 entstanden. Zu Beginn dieses Kalenderjahres sei auf der Lohnsteuerkarte die Lohnsteuerklasse IV eingetragen gewesen. Der Kläger habe jedoch mit Wirkung vom 1. Februar 1992 seine Lohnsteuerklasse von IV in III und die seiner Ehefrau von IV in V geändert. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger Arbeitslosengeld und seine Ehefrau Erziehungsgeld bezogen. Dem Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld habe ein monatlicher Arbeitslohn in Höhe von 3.510,00 DM zugrunde gelegen. Da das Erziehungsgeld weder Lohn- noch eine Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG sei, habe dem Kläger ab 25. April 1994 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe C zugestanden. Zwar habe das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. April 1992 – Az.: 7 RAr 12/91 entschieden, daß das Erziehungsgeld jedenfalls dann eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung im Sinne von § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG darstelle, wenn ein zuvor erzielter Arbeitslohn tatsächlich entfalle. In diesem Falle wäre die Steuerklassenkombination IV/IV zweckmäßig gewesen. Die Kammer vermöge jedoch nicht diesem Urteil des Bundessozialgerichts zu folgen. Gegen den Charakter des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleitung spreche bereits der Wortlaut des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG. Danach sei erforderlich, daß für einen ausgefallenen Arbeitslohn ein Ersatz geleistet werde. Erziehungsgeld sei jedoch kein Lohnersatz. Es werde ein fester Betrag von monatlich 600,00 DM (§ 5 Abs. 1 Bundeserziehungsgeldgesetz) geleistet und die Zahlung setze keinen Ausfall von Arbeitslohn voraus. Das Erziehungsgeld solle damit nicht entgangenes Arbeitsentgelt ausgleichen. Es handele sich vielmehr um eine familienpolitische Leistung, die ausdrücklich nicht davon abhängig gemacht werde, ob die Mutter oder der Vater vorher in einem Arbeitsverhältnis gestanden habe. Dies erkenne auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 29. April 1992 grundsätzlich an. Es sei jedoch der Auffassung, daß das Erziehungsgeld zumindest auch den Zweck habe, die wirtschaftlichen Nachteile der Kindererziehung auszugleichen.
Gegen das am 21. November 1995 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 20. Dezember 1995 Berufung eingelegt. Dazu führt sie aus, das Urteil des Sozialgerichts Kassel entspreche nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Der Vergleich der Arbeitseinkommen der Eheleute (3.510,00 DM gegenüber 4.698,45 DM) ergebe, daß die Steuerklassenkombination IV/IV im steuerrechtlichen Sinne als zweckmäßig anzusehen sei, so daß die vom Kläger zum 1. Februar 1994 vorgenommene Steuerklassenänderung von der Lohnsteuerklasse IV in die Lohnsteuerklasse III bei der Bemessung der Höhe des Anspruches des Klägers auf Arbeitslosengeld außer Betracht zu bleiben habe.
Die Beklagte beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1995 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, das Sozialgericht Kassel habe mit dem angefochtenen Urteil zutreffend entschieden. Das Einkommen seiner Ehefrau vor dem Erziehungsurlaub sei für die vergleichsweise Betrachtung nach § 112 Abs. 2 AFG nicht relevant, da im Zeitpunkt des Wechsels der Steuerklasse dieses Einkommen tatsächlich nicht mehr erzielt worden sei.
Der Kläger und die Beklagte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 13. Oktober 1997 bzw. vom 20. Oktober 1997 erklärt.
Der Senat hat die Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr. XXXXX) beigezogen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Akte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in dem Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da der Kläger und die Beklagte dazu ihr Einverständnis erklärt hatten.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und ist statthaft gemäß § 151 Abs. 1; §§ 143, 144 SGG.
Das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1995 war aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger besitzt keinen Anspruch auf die Gewährung eines höheren Arbeitslosengeldes ab 25. April 1994.
Der Kläger ist durch den Erlaß der Bescheide vom 28. Juli 1994 vom 12. Juli 1994, den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994 und die Bescheide vom 10. und 11. Januar 1995 nicht beschwert. Die Beklagte gewährte dem Kläger rechtmäßig mit Bescheid vom 12. Juli 1994 und mit Bescheid vom 26. Oktober 1994 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 1994 Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A. Der Kläger besitzt in der streitigen Zeit gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C.
Der Anspruch des Klägers auf Weitergewährung von Arbeitslosengeld entstand aufgrund seiner erneuten Arbeitslosmeldung am 6. April 1994 und belief sich auf 340,80 DM wöchentlich unter Berücksichtigung eines wöchentlichen Arbeitsentgeltes in Höhe von 810,00 DM, der Lohnsteuerklasse IV (Leistungsgruppe A) und einem Kind. Die auf der Steuerkarte 1994 ab Februar 1994 eingetragene Steuerklasse III konnte nicht berücksichtigt werden. Dieser Steuerklassenwechsel konnte gemäß § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG nicht berücksichtigt werden, da er offensichtlich nicht dem Verhältnis der monatlichen Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau entsprach.
Der Vergleichsberechnung war nicht das Erziehungsgeld der Ehefrau des Klägers zugrunde zu legen, sondern ihr bis zum Beginn des Erziehungsgeldes bezogenes Arbeitsentgelt. Grundlage hierfür ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 29. April 1992 – Az.: 7 RAr 12/91) die gebotene analoge Anwendung des § 113 Abs. 2 Satz 3 AFG. Danach bleibt bei der Beurteilung der Verhältnisse der monatlichen Arbeitslöhne nach § 113 Abs. 2 Satz 2 AFG ein Ausfall des Arbeitslohns außer Betracht, wenn ein Anspruch auf eine lohnsteuerfreie Lohnersatzleistung besteht. Dies hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Folge, daß anhand des zuletzt vor Ausfall des Arbeitslohns erzielten monatlichen Arbeitslohnes zu prüfen ist, ob die neu eingetragenen Lohnsteuerklassen dem Verhältnis der monatlichen Arbeitslöhne beider Ehegatten entsprechen. Sicherlich sei nach dieser Rechtsprechung das Erziehungsgeld keine typische Lohnersatzleistung, wie etwa das Krankengeld, das Verletztengeld und das Arbeitslosengeld. Gleichwohl könne ihm aber nicht jeglicher Lohnersatzcharakter abgesprochen werden. Das Erziehungsgeld verfolge zumindest auch den Zweck, den in aller Regel eintretenden wirtschaftlichen Nachteil durch die Einschränkung der Erwerbstätigkeit während oder wegen der Betreuung und Erziehung eines Kindes auszugleichen. Dem entspreche es, daß das Erziehungsgeld nur der beanspruchen könne, der in der Erziehungszeit keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübe (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 Bundeserziehungsgeldgesetz). Die Vorschrift des § 113 Abs. 2 AFG wolle einer ungerechtfertigten Beeinflussung der Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld durch einen willkürlichen Steuerklassenwechsel entgegenwirken. Nach den Motiven des Gesetzgebers solle der Steuerklassenwechsel nur dann berücksichtigt werden, wenn er objektiv geboten sei. Davon sei auszugehen, wenn die bisherige Steuerklassenkombination zu einem zu hohen Lohnsteuerabzug geführt habe. Dazu zähle, wenn sich der Arbeitsverdienst eines Ehegatten nach der Ausstellung der Lohnsteuerkarte erheblich verändert hätten, etwa durch Einschränkung oder Aufgabe der Beschäftigung nach der Geburt eines Kindes. Dagegen solle der Steuerklassenwechsel unbeachtlich sein, wenn er unabhängig von einer steuerrechtlichen Zweckmäßigkeit im Zeitpunkt der Vornahme allein wegen der Arbeitslosigkeit erfolge. Ein Steuerklassenwechsel sei nur zu berücksichtigen, wenn er, auch ohne die Arbeitslosigkeit, objektiv geboten sei. Auch der erkennende Senat geht davon aus, daß nicht die Höhe des Erziehungsgeldes der Vergleichsberechnung zugrunde zu legen ist, sondern das von der Ehefrau der Klägerin vor dem Bezug des Erziehungsgeldes erhaltene Arbeitseinkommen, da das Erziehungsgeld auch im vorliegenden Fall eine Lohnersatzfunktion übernimmt (dazu siehe Beschluss des erkennenden Senats vom 11. März 1997 – Az.: L-6/Ar-51/96).
Soweit das Sozialgericht Kassel seine Entscheidung auf die Meinung von Martens (SGb 1993, 234, 235) stützt, so konnte der erkennende Senat dieser nicht folgen. Danach stelle die Qualifizierung des Erziehungsgeldes als Lohnersatzleistung eine nicht zulässige richterliche Rechtsfortbildung dar. Der Senat ist zwar ebenfalls der Auffassung, daß die richterliche Rechtsfortbildung nur in engen Grenzen des Verfassungsrechts möglich ist; er ist jedoch zugleich der Auffassung, daß vorliegend diese Grenzen eingehalten werden. Da der Gesetzgeber seit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 28. April 1992 bislang keine andere Regelung eingeführt hat, ist anzunehmen, daß diese richterliche Rechtsfortbildung nicht dem gesetzgeberischen Willen entgegensteht.
Aus den gleichen Gründen konnte der Lohnsteuerklassenwechsel auf der Lohnsteuerkarte 1995 von der Steuerklasse IV zur Steuerklasse III ab 1. Januar 1995 für den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ab 1. Januar 1995 nicht berücksichtigt werden. Somit sind auch die weiter angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 10. und vom 11. Januar 1995 rechtmäßig.
Der Senat konnte darüber hinaus keine weiteren Anhaltspunkte für einen höheren Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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