S 13 AS 11/05 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 13 AS 11/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern ab dem 15.04.2005 bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis zum 30.09.2005, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines monatlichen Einkommens des Antragstellers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.215,74 Euro sowie von monatlichen Heizkosten in Höhe von 75,32 Euro und Mietnebenkosten in Höhe von 140,14 Euro nach den gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern 1/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) und dabei insbesondere um die Frage, welche Beträge von den Einnahmen des Antragstellers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit abzuziehen sind.

Die Antragsteller zu 1) bis 4) bewohnen eine 97 Quadratmeter große Wohnung und entrichten dafür eine Miete in Höhe von monatlich 650,00 Euro. Nach der Nebenkostenabrechnung für 2003 vom 18.06.2004 sind insgesamt Nebenkosten von 2.851,71 Euro angefallen, darunter 903,79 Euro für Heizung und 266,24 Euro für Warmwasser. Der Antragsteller zu 2) ist seit Mai 2004 als selbstfahrender Taxiunternehmer mit einem Fahrzeug selbständig tätig. Nach seinen Angaben erwarb den Pkw für 32.000,00 Euro und musste für die Anschaffung des Fahrzeugs und der Konzession einen Kredit in Höhe von 23.000,00 Euro aufnehmen, welcher mit 3,9 % verzinst wird. Aufgrund einer Selbsteinschätzung des Antragstellers zu 2) wurden die Leistungen nach dem SGB II berechnet und zunächst mit Bescheid vom 18.11.2004 eine Bewilligung mangels Hilfebedürftigkeit abgelehnt. Hiergegen wurde Widerspruch eingelegt und eine weitere Selbsteinschätzung vorgelegt. Mit Änderungsbescheid vom 18.01.2005 wurden monatliche Leistungen in Höhe von 367,04 Euro bewilligt. Der Widerspruch wurde jedoch aufrecht erhalten und unter anderem moniert, dass eine in der Aufstellung enthaltene Kredittilgung von monatlich 1.000,00 Euro nicht berücksichtigt worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2005 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück und darauf hin, als Betriebsausgaben könnten die aufgeführten Kosten für Rückstellungen für Sonderausgaben (200,00 Euro) und für eine 2. Konzession (300,00 Euro) nicht anerkannt werden, da diese dem Vermögensaufbau dienten. Auch ein Betrag von 300,00 Euro für eine Rentenversicherung könne nicht als Betriebsausgaben anerkannt werden, da Kosten für eine solche Rentenversicherung tatsächlich nicht anfielen.

Hiergegen haben die Antragsteller Klage zum erkennenden Gericht erhoben (S 13 AS 3/05).

Mit Bescheid vom 24.03.2005 ist von der Antragsgegnerin im Anschluss an den bisherigen Bewilligungszeitraum nunmehr für die Zeit vom 01.04. bis zum 30.09.2005 eine monatliche Leistung in Höhe von 201,07 Euro bewilligt worden und dabei insbesondere für Kosten der Unterkunft und Heizung statt bisher 862,96 Euro nur noch 825,32 Euro angerechnet und auf der anderen Seite als laufendes Einkommen aus selbständiger Tätigkeit des Antragstellers zu 2) statt bisher 1.253,92 Euro nunmehr 1.382,25 Euro einbezogen worden.

Am 15.04.2005 haben die Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und vorgetragen, bei monatlichen Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit in Höhe von 3.738,96 Euro würden Gesamtkosten von 3.355,32 Euro anfallen. Insbesondere seien Finanzierungskosten für das Kfz in Höhe von 440,18 Euro (Tilgung inklusive Zinsen) anzurechnen. Auch eine Rückstellung für Sonderausgaben in Höhe von monatlich 200,00 Euro sei zu berücksichtigen. Bei diesen Sonderausgaben handele es sich um voraussichtlich anfallende Reparaturen am Fahrzeug, die nicht der Garantie unterfielen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass die übliche Laufdauer eines Taxifahrzeuges lediglich etwa 5 Jahre betrage. Auch aus diesem Grunde erfolgt eine Rückstellung für eine 2. Konzession in Höhe von monatlich 300,00 Euro. Der Erwerb einer 2. Konzession bedeute, dass ein kompletter Betrieb übernommen werde inklusive eines weiteren Fahrzeuges. Eine derartige Betriebsübernahme bedeute Investitionen von etwa 3.000,00 bis 4.000,00 Euro. Müsse ein höherwertiges Fahrzeug übernommen werden, erhöhe sich der Betrag dementsprechend. Der Erwerb einer 2. Konzession sei zudem erforderlich, um den Taxibetrieb wirtschaftlich zu führen. Auch für diesen Erwerb einer 2. Konzession seien deshalb Rückstellungen von monatlich 300,00 Euro anzurechnen.

Ferner müsse pro Monat ein Betrag von 500,00 Euro als Beitrag für eine private Rentenversicherung von den Einnahmen abgezogen werden. Die Antragsteller legen insoweit eine Bescheinigung der T-Versicherung vom 18.03.2005 vor, wonach ein monatlicher Beitrag von 500,00 Euro zu einer versicherten Rente von 544,25 Euro pro Monat bei einem Rentenbeginn vom 01.04.2022 führen würde. Es handele sich um ein in der Branche übliches Angebot. Die Kosten für eine Rentenversicherung seien angemessen. Erst bei einem Versicherungsbeitrag ab 500,00 Euro pro Monat falle die Rentenzahlung mit Eintritt des Rentenalters höher aus als die jeweils geleisteten monatlichen Versicherungsbeiträge. Einzahlungen in die private Rentenversicherung seien zwar bisher nicht vorgenommen worden, dies beruhe aber darauf, dass Unsicherheiten über die Zahlungspraxis durch die Antragsgegnerin entstanden seien. Es sei nicht absehbar, in welcher Höhe solche Einzahlungen in eine private Rentenversicherung als Abzug von seinen Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit berücksichtigt würden.

Ferner ziehen die Antragsteller im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung von den Einnahmen einen Betrag von 1.000,00 Euro für die Tilgung eines Kredits ab. Nach den Angaben des Antragstellers zu 2) handelt es sich dabei um einen Betrag, den er aus seinem Privatvermögen in das Unternehmen gesteckt habe und den er als Kredit für das Unternehmen betrachte, welcher an ihn zurückzuzahlen sei.

Der monatliche Bedarf betrage 1.884,91 Euro. Neben der Höhe der Miete fielen u.a. auch Stromkosten in Höhe von 74,00 Euro an. Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die mit der Antragsschrift vom 11.04.2005 vorgelegten Kostenaufstellungen auf Blatt 7 und 8 der Akte verwiesen.

Die Antragsgegnerin habe zudem mit Bescheid vom 04.05.2005 ohne Begründung die Leistungen ganz eingestellt.

Die Antragsteller haben schriftsätzlich beantragt,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweilige Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern ungekürzte Leistungen nach dem SGB II im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ab sofort zu gewähren.

Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Sie ist der Auffassung, die bisher nicht berücksichtigten Betriebsausgaben seien zu Recht nicht in Ansatz gebracht worden. Beiträge für eine private Rentenversicherung seien nicht zu berücksichtigen, weil diese Kosten gegenwärtig nicht anfielen. Auch Rückstellungen für den möglichen aber keinesfalls gesicherten Erwerb einer 2. Konzession könnten nicht anerkannt werden, weil dies einer Finanzierung des Vermögensaufbaus durch die öffentliche Hand gleich käme. Gleiches gelte für die Rückstellungen für Sonderausgaben und für die Rückführung des Privatkredites. Es werde im übrigen bestritten, dass für einen geringeren Beitrag keine Rentenversicherung für den Antragsteller zu 2) abgeschlossen werden könne. Selbstverständlich könne für jeden beliebigen Betrag auch bei der T eine Rentenversicherung abgeschlossen werden. Der Antragsteller zu 2) versuche allerdings relativ spät eine Altersvorsorge aufzubauen. Es fehle im übrigen auch diesbezüglich an einem Antragsgrund. Die von den Antragstellern geltend gemachten Sonderausgaben seien fiktive Pauschbeträge, die im Rahmen des § 11 Abs. 2 SGB II außer Betracht zu bleiben hätten. Auch ein Beitrag in die private Rentenversicherung in Höhe von 250,00 Euro monatlich sei nicht angemessen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass eine verständig wirtschaftende Partei mit einem Nettoeinkommen von ca. 1.000,00 Euro ein viertel des Einkommens für eine Altersvorsorge aufbringen würde. Es komme höchstens der Mindestbeitrag in der gesetzlichen Rentenversicherung in Betracht. Soweit die Antragsgegnerin die Bewilligung der Leistungen im Bescheid vom 04.05.2005 aufgehoben habe, werde an dieser Auffassung nicht mehr festgehalten. Das mit Bescheid vom 24.03.2005 angerechnete Einkommen beruhe auf anders angesetzten Betriebsausgaben und einer programminternen Nichtannahme der 30,00 Euro Einkommensbereinigung (Pauschale Versicherungsbeiträge). Insoweit werde der Bescheid nicht aufrecht erhalten.

Das Gericht hat sich die Rentenauskünfte für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) vorlegen lassen. Die bislang erreichte Rentenanwartschaft der Antragstellerin zu 1) entspräche zum 65. Lebensjahr einer monatlichen Altersrente von 393,52 Euro und diejenige des Antragstellers zu 2) in Höhe von 489,12 Euro. Ferner hat das Gericht Probeberechnungen der Antragsgegnerin beigezogen. Diesbezüglich wird verwiesen auf Blatt 67 bis 75 der Akte.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig und teilweise begründet.

Nach § 86 b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag einer einstweilige Anordnung in Bezug den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines bestehenden Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Erforderlich ist in beiden Fällen, dass dem Antragsteller ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund zu steht (Meyer-Ladewig/Keller/Leitehrer, SGG, 8. Auflage, § 86 b Rd.Nr. 27).

Nach summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage sind diese Voraussetzungen hier gegeben, denn nach dem Vortrag der Beteiligten und dem Inhalt der Akten ist es unter dem Vorbehalt der Überprüfung im Hauptsacheverfahren ausreichend wahrscheinlich, dass den Antragstellern erheblich höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II) zustehen, als dies von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 24.03.2005 festgestellt wurde. Zwar sind die Leistungen nicht annähernd so hoch, wie gemäß dem Vortrag in diesem Verfahren von den Antragstellern begehrt. Aber es liegt ein erheblicher Nachteil vor, den die Antragsteller nicht bis zur Entscheidung in der Hauptsache hinzunehmen haben.

Umstritten ist hauptsächlich die Höhe des Einkommens des Antragstellers zu 2) aus selbständiger Tätigkeit. Nach § 11 Abs. 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit den dort genannten – hier nicht einschlägigen – Ausnahmen. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung haben die Antragsteller eine Kalkulation für die Einnahmen und Ausgaben aus selbständiger Tätigkeit vorgelegt. Gegen die Glaubhaftigkeit dieser Selbsteinschätzung wurden, wie auch gegen die vorangegangenen Selbsteinschätzungen, keine Einwendungen erhoben und solche sind nach Aktenlage auch nicht ersichtlich. Das Gericht legt daher die mit Schriftsatz vom 11.04.2005 vorgelegte Kalkulation seiner Berechnung zu Grunde. Danach verfügt der Antragsteller zu 2) über monatliche Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 3.738,96 Euro. Von diesem Einkommen sind jedoch nicht alle von ihm aufgeführten Positionen gemäß § 11 Abs. 2 SGB II abzusetzen. Die aufgeführten Kosten betreffen im Wesentlichen die mit der Erzielung des Einkommens verbundene notwendigen Ausgaben im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 b der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II – V) sind als Pauschbetrag bei einem Einkommen aus selbständiger Tätigkeit die mit der Erzielung des Einkommens verbunden Betriebsausgaben in Höhe von 30 % der Betriebseinnahmen anzurechnen, soweit der erwerbsfähige Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist. Da der Antragsteller zu 2) hier höhere Ausgaben als 30 % der Einnahmen geltend macht, sind diese im einzelnen zu prüfen. Bei der Frage, welche Kosten absetzbar sind, kann grundsätzlich von den Regelungen des Einkommenssteuerrechts ausgegangen werden. Als Einkommen ist daher grundsätzlich der dem jeweiligen Zeitraum rechnerisch zuzuordnende Teil des zu versteuernden Jahresgewinns anzusehen. Dabei sind gegenüber dem Steuerrecht allerdings Bereinigungen vorzunehmen. Nicht alle steuerrechtlichen Vorschriften haben die Funktion, notwendige Aufwendungen zur Gewinnermittlung zu berücksichtigen. Einige Sonderabschreibungen dienen vielmehr als Steuerevergünstigungen, die unberücksichtigt bleiben müssen (Gagel, Ebsen, § 194 SGB III a. F.,, Rd.Nr. 40 ff.; Eicher/Spellbrink, Mecke, SGB II, Rd.Nr. 71). Da der Antragsteller zu 2) sich erst im Mai 2004 selbständig gemacht hat, liegen zur Zeit noch keine Steuerbescheide vor. Die vorgelegte Selbsteinschätzung ist deshalb anhand der Vorschriften des Einkommensteurgesetzes (EStG) zu überprüfen.

Die von dem Antragsteller zu 2) angesetzten Finanzierungskosten für das betriebliche Kfz in Höhe von 440,18 Euro sind nicht vollständig von den Einnahmen abzusetzen, denn es handelt sich zu einem großen Teil um Tilgungsleistungen für den Kredit, mit dem das Kfz angeschafft wurde. Insofern gilt auch in der Grundsicherung für Arbeitssuchende der Grundsatz des Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilferechts, dass in aller Regel Tilgungsleitstungen für Schulden nicht als Einkommensminderndberücksichtigt werden (BVerwGE 21, 208 ff.; BSG, Urteil vom 26.10.2004 – B 7 AL 2/04 R; Sächsisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.04.2005 – L 3 B 30/05 AS ER). Zudem ist eine Rückzahlung von Darlehn auch nach den Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechtes bei einer Gewinnermittlung durch Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht als Betriebsausgabe zu werten. Nur die Zinsen einer betrieblichen Darlehnsschuld sind Betriebsausgaben (vgl. Schmidt, Heinicke, Einkommenssteuergesetz, Kommentar, 20. Auflage, § 4 Rd.Nr. 383 ff.). Anzurechnen sind daher nur die vom Antragsteller zu 2) angegebenen Zinsen in Höhe von 3,9 % auf 23.000,00 Euro. Dies ergibt einen Betrag von 897,00 Euro pro Jahr und einen solchen von 74,75 Euro pro Monat.

Nicht anzurechnen sind ferner die Rückstellungen für Sonderausgaben in Höhe von 200,00 Euro. Rückstellungen oder Rücklagen sind in der Regel Passivposten mit Eigenkapital-Charakter. Die Bildung von Rücklagen aus dem Gewinn ist eine Maßnahme der Gewinnverwendung, und nicht der Gewinnermittlung (vgl. Schmidt, Weber-Grellet, Einkommenssteuergesetz, a.a.O. § 5 Rd.Nr. 496). Im Rahmen des § 4 Abs. 3 Einkommenssteuergesetz kommen als Betriebsausgaben nur tatsächlich gezahlte Ausgaben und Wertabgänge ohne Zahlung wie die Abschreibung für Abnutzung (AfA) in Betracht (vgl. Schmidt, Heinicke, a.a.O. § 4 Rd.Nr. 471 ff.). Ausgaben für Reparaturen am Fahrzeug, die nicht der Garantie unterfallen können daher erst angesetzt werden, wenn sie tatsächlich anfallen. Eine Rückstellung hierfür kann nicht gewinnmindernd berücksichtigt werden.

Gleiches gilt für die Position "Rückstellung für eine 2. Konzession". Hier ist schon darauf hinzuweisen, dass mit der 2. Konzession auch eine zweites Fahrzeug erworben werden soll. Durch das Arbeitslosengeld II kann jedoch nicht der Aufbau weiteren Vermögens finanziert werden. Im Übrigen sind auch hier einkommenssteuerrechtlich keine tatsächlichen Betriebsausgaben angefallen. Wie im Rahmen des § 5 Einkommenssteuergesetz können auch hier Rückstellungen für Aufwendungen, die Anschafffungs- oder Herstellungskosten für ein Wirtschaftsgut sind, nicht gebildet werden (vgl. § 5 Abs. 4 b EStG).

Auch eine Rückstellung für die Anschaffung eines neuen Erstfahrzeuges nach Ablauf der Nutzungsdauer des jetzigen betriebseigenen Pkw kommt nicht als Betriebsausgabe in Betracht. Stattdessen kann der Antragsteller zu 2) gemäß § 4 Abs. 3 in Verbindung mit § 7 EStG eine Absetzung für Abnutzung geltend machen. Nach § 7 Abs. 1 EStG sind bei Wirtschaftsgütern, deren Verwendung oder Nutzung durch den Steuerpflichtigen zur Erzielung von Einkünften sich erfahrungsgemäß auf einen Zeitraum von mehr als einem Jahr erstreckt, jeweils für ein Jahr der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten abzusetzen, der bei gleichmäßiger Verteilung dieser Kosten auf die Gesamtdauer der Verwendung oder Nutzung auf ein Jahr entfällt. Entsprechend den Angaben des Antragstellers zu 2) hatte das Taxifahrzeug bei Anschaffung einen Wert von 32.000,00 Euro und es wird ca. 5 Jahre genutzt werden können. Er kann daher monatlich eine AfA in Höhe von 533,33 Euro absetzen (32.000,00 Euro geteilt durch 5 geteilt durch 12).

Beiträge zur privaten Rentenversicherung in Höhe von 500,00 Euro können ebenfalls nicht von dem Einkommen des Antragstellers zu 2) abgezogen werden. Es handelt sich zum einen nicht um geförderte Altersvorsorgebeträge nach § 82 EStG in Höhe des Mindestbeitrages nach § 86 des EStG (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II). Auch die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 Nr. 3 b SGB II liegen nicht vor. Danach sind Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen vom Einkommen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Hierzu gehören Beiträge zur Altesvorsorge von Personen, die von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Der Antragsteller zu 2) ist als Selbständiger nicht versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Da die Beiträge nicht gesetzlich vorgeschrieben sind, käme es darauf an, ob sie nach Grund und Höhe angemessen sind. Absetzbar sind aber nur Beiträge, die auch tatsächlich gezahlt worden sind (Eicher/Spellbrink, Mecke, a.a.O. § 11 Rd.Nr. 64; zur Alhi BSG, SozR 3 – 4100, § 138 Nr. 4). Der Antragsteller zu 2) hat jedoch bisher keine Beiträge entrichtet. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die von ihm in Aussicht genommenen Beiträge in Höhe von 500,00 Euro nicht als angemessen im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II angesehen werden könnten. Nach vorläufiger Überprüfung der Sach- und Rechtslage geht das Gericht davon aus, dass ein vergleichbarer Betrag, wie er nach § 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II in Ansatz gebracht werden könnte, angemessen wäre. Entsprechend § 82 und 86 EStG entspräche dies für das Jahr 2005 2% der Einnahmen, 2006 und 2007 3% und ab 2008 4% der Einnahmen im vorangegangenen Kalenderjahr, oder hilfsweise falls diese nicht vorhanden sind, des laufenden Kalenderjahres. Bei monatlichen anrechnenbaren Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.215,74 Euro wäre dies ein monatlicher Betrag von 24,32 Euro. Insofern wird verwiesen auf den Rechtsprechung zu § 194 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung und § 3 Abs. 2 der Alhi-VO 2002. Wegen Rechtswidrigkeit dieser Norm der Alhi-VO ist von der Rechtsprechung für die Beurteilung der Angemessenheit auf die §§ 82 und 86 des EStG abgestellt worden (LSG NRW, Urteil vom 07.04.2004, L 12 AL 247/03). Das BSG hält eine Beitragshöhe innerhalb der Grenzen des § 86 EStG in Regel ebenfalls für angemessen, hat es aber für die Arbeitslosenhilfe bisher offen gelassen, ob die Beiträge auf die Sätze des Einkommenssteuergesetzes beschränkt werden könnten. Dies im Wesentlichen deshalb, weil im Recht der Arbeitslosenhilfe eine Priviligierung der Beiträge zur sog. Riester-Rente (§ 11 Abs. 2 Nr. 4 SGB II) nicht vorgesehen war und hinsichtlich des im Alhi-Recht geltenden Lebensstandard-Prinzips Bedenken bestünden (BSG, Urteil vom 09.12.2004 – B 7 AL 24/04 R). Diese Bedenken können im Rahmen des SGB II nicht mehr tragen, da nun die Privligierung der Riester-Rente gesetzlich vorgesehen ist und das Lebensstandard-Prinzip hier nicht gilt.

Der Antragsteller zu 2) kann ebenfalls keine Tilgungsleistungen für Kredite in Höhe von 1.000,00 Euro monatlich in Ansatz bringen, die er aus dem Gewinn praktisch an sich selbst zurück zahlt. Fraglich ist dabei bereits, ob es sich überhaupt um ein Kredit handelt, weil das Taxiunternehmen keine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt. Jedenfalls sind aber auch hier die oben bereits allgemein dargestellten Grundsätze anzuwenden wonach Tilgungsleistungen für Schulden nicht als einkommensmindernd berücksichtigt werden können.

Der Antragsteller kann daher insgesamt 2.523,22 Euro an Kosten von den Einnahmen in Höhe von 3.738,96 Euro abziehen. Es verbleibt damit ein anrenchnenbares Einkommen aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 1.215,74 Euro monatlich.

Die anzurechnenden Kosten der Unterkunft und Heizung ergeben sich aus den Angaben der Antragstellerin im Antrag und der vorgelegten Nebenkostenabrechnung für 2003. Bezüglich der Kosten der Heizung ergibt sich danach im Jahre 2003 ein Kostenbetrag von 903,79 Euro. Dies ergibt einen monatlichen Betrag von 75,32 Euro. Neben der Miete in Höhe von 650,00 Euro sind ferner alle in der Nebenkostenabrechnung 2003 enthaltenen Positionen mit Ausnahme der Kosten für Warmwasser anzurechnen. Die Kosten für Warmwasser in Höhe von 266,24 Euro können jedoch nicht berücksichtigt werden, da die Kosten für die Warmwasserzubereitung bereits mit dem Regelsatz abgegolten sind (Eicher/Spellbrink, Lang, a.a.O. § 22 Rd.Nr. 34; Berlit in LPG-SGB II, § 22 Rd.Nr. 49).

Im Gegensatz zur Auffassung der Antragsgegnerin ist aber im Übrigen der Gesamtbetrag einschließlich der Restforderung in Höhe von 451,71 DM zu berücksichtigen denn im Zusammenhang mit den Unterkunfts- und Heizkosten stehende Nachzahlungen bzw. Nachforderungen sind leistungsrechtlich ebenfalls im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II relevant (vgl. Eicher/Spellbirnk, Lang, a.a.O. § 22 Rd.Nr. 37). Dies ist auch nach sachgerecht, denn die Gesamtnebenkosten für das Jahr 2005 dürften bei der derzeitigen Entwicklung auf dem Energiemarkt kaum niedriger ausfallen, als diejenigen des Jahres 2003.

Darüber hinausgehende Kosten sind nicht einzubeziehen. Die weiteren in der "Kostenaufstellung der Familie L" (Blatt 7 der Gerichtsakte) enthaltenen Kosten sind durch die Regelleistung abgedeckt. Dies gilt auch für laufende Leistungen für Kochstrom, Beleuchtung und den Betrieb elektrischer Geräte (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 18.03.2003 - 6 S 21/03 zum BSHG). Von den Gesamtkosten in Höhe von 2.851,71 Euro sind daher die Heizkosten in Höhe von 903,79 Euro und die Warmwasserkosten in Höhe von 266,24 DM abzusetzen. Es verbleibt ein jährlicher Betrag von 1.681,68 Euro und mithin ein monatlicher Nebenkostenbetrag von 140,14 Euro. Die Gesamtleistung ist sodann unter Berücksichtigung der gesetzlichen Bestimmungen und hierbei insbesondere des Freibetrages nach § 30 SGB II zu berechnen.
Rechtskraft
Aus
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