L 14/2 An 1182/86

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 13 An 398/84
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14/2 An 1182/86
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Fristbestimmung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG (§ 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO), wonach ein versicherungsrechtlicher Ausgleich nur für Beitragsausfälle mit einer Mindestdauer von einem vollen Kalendermonat stattfinden soll, bezieht sich nur auf die sogenannte einfache Arbeitslosigkeit, nicht aber auch auf die im folgenden Bedingungssatz verlangten zusätzlichen Voraussetzungen.
2. Die Vormerkung einer Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG (§ 1259 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 RVO) kann ungeachtet dessen grundsätzlich nur für die Dauer des Vorliegens der sogenannten qualifizierten Arbeitslosigkeit erfolgen.
I. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 1986 wird aufgehoben. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheids vom 16. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 1984 verurteilt, im Versicherungsverlauf des Klägers die Zeit vom 2. Juli 1958 bis zum 31. Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG vorzumerken.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die ihm zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Vormerkung einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit.

Der 1927 geborene Kläger war von März 1942 an als pflichtversicherter Arbeitnehmer beschäftigt. In der Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 30. Juni 1958 stand er in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Lederwarenfabrik C. H. & Co. GmbH in S. Er meldete sich sodann am Mittwoch dem 2. Juli 1958, bei dem Arbeitsamt S. arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Nach Ablauf der dreitägigen Wartezeit bis zum Unterstützungsbeginn im Sinne des § 92 Abs. 1 Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) bezog der Kläger vom 5. Juli 1958 bis zum 9. August 1958 Arbeitslosengeld in gesetzlicher Höhe. Ab dem 11. August 1958 stand der Kläger sodann wieder in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.

Die Beklagte lehnte es im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens mit Bescheid vom 16. Februar 1984 und Widerspruchsbescheid vom 4. September 1984 ab, den Monat Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit vorzumerken, weil der Kläger am 1. Juli 1958 nicht arbeitslos gemeldet und damit nicht für einen vollen Kalendermonat arbeitslos im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 10. September 1984 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main. Er behauptete, während des gesamten Monats Juli 1958 unfreiwillig ohne Arbeit, arbeitsfähig und arbeitswillig gewesen zu sein. Am Vormittag des 1. Juli 1958 habe er sich zunächst bei einer Firma vorgestellt und um einen neuen Arbeitsplatz beworben. Da das Arbeitsamt am Nachmittag desselben Tages nicht mehr dienstbereit gewesen sei, habe er sich sodann erst am 2. Juli 1958 arbeitslos melden und Arbeitslosengeld beantragen können. Der Kläger vertrat die Auffassung, daß die für die Vormerkung einer Ausfallzeit erforderliche Dauer der Arbeitslosigkeit von mindestens einem Kalendermonat bei dieser Sachlage als gegeben angesehen werden müsse. Die Beklagte berief sich demgegenüber im wesentlichen auf die Gründe ihres Widerspruchsbescheides.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. Juni 1986 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt, daß die für die Vormerkung einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit geforderte Mindestdauer von einem Kalendermonat sich zwar nicht auf die Dauer der Meldung als Arbeitssuchender beim Arbeitsamt und auf die Dauer des Leistungsbezuges beziehe. Zu fordern sei lediglich, daß der Versicherte (ohne Meldung beim Arbeitsamt und ohne Bezüge) mindestens einen Kalendermonat unfreiwillig ohne Beschäftigung gewesen sei. Dies könne im vorliegenden Fall jedoch nicht bejaht werden, weil der Kläger nicht nachgewiesen habe, daß er trotz fehlender Arbeitslosmeldung auch bereits am 1. Juli 1958, und damit für den vollen Monat Juli 1958, arbeitslos gewesen sei.

Gegen das ihm am 19. August 1986 zugestellte Urteil hat der Kläger am 28. August 1986 Berufung eingelegt. Er trägt ergänzend vor, daß er bereits im Juni 1958 mit verschiedenen Firmen Verhandlungen über einen neuen Arbeitsplatz geführt habe. Am 1. Juli 1958 habe er sich sodann persönlich um einen Arbeitsplatz bei der Firma A. F. in S. beworben. Herr F. senior, mit dem er das Vorstellungsgespräch geführt habe, sei – ebenso wie die Gesprächspartner anläßlich seiner Bewerbungen bei den anderen Firmen – schon vor längerer Zeit verstorben. Daß er auch am 1. Juli 1985 bereits arbeitslos gewesen sei, könne jedoch sein ehemaliger Schulkamerad O. S. bestätigen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 1986 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. September 1984 zu verurteilen, in seinem Versicherungsverlauf die Zeit vom 2. Juli 1958 bis zum 31. Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG vorzumerken.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, daß anders als für den sogenannten Überbrückungstatbestand, der selbst nicht Ausfallzeit sein könne, für die Vormerkung einer Ausfallzeit die sogenannte qualifizierte Arbeitslosigkeit erforderlich sei. Arbeitslosigkeit in diesem Sinne habe bei dem Kläger jedoch erst ab dem 2. Juli 1958 und damit nicht für einen vollen Kalendermonat vorgelegen.

Der Senat hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch Vernehmung des Herrn O. S. als Zeuge. Wegen des Gegenstandes sowie wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift des ersuchten Sozialgerichts Ulm vom 30. März 1988.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im übrigen wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Rentenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

Das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 9. Juni 1987 ist aufzuheben. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 16. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 1984 ist abzuändern, weil der Kläger einen Anspruch darauf hat, daß in seinem Versicherungsverlauf die Zeit vom 2. Juli 1958 bis zum 31. Juli 1958 als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit vorgemerkt wird.

Gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) sind Ausfallzeiten diejenigen Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine mindestens einen Kalendermonat andauernde Arbeitslosigkeit unterbrochen worden ist, wenn der bei einem deutschen Arbeitsamt als Arbeitsuchender gemeldete Arbeitslose bestimmte Leistungen bezogen oder aus bestimmten Gründen nicht bezogen hat.

Der Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne dieser Vorschrift ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSGE 21, 21) ebenso auszulegen wie im Recht der Arbeitslosenversicherung. Danach ist arbeitslos, wer berufsmäßig als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt und vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, obwohl er in objektiver und auch in subjektiver Hinsicht für den allgemeinen Arbeitsmarkt verfügbar ist (vgl. §§ 87, 87 a AVAVG a.F., §§ 75, 76 AVAVG; §§ 101, 103 Arbeitsförderungsgesetz – AFG).

Der Kläger war im Sinne dieser Begriffsbestimmung arbeitslos. Soweit die Zeit vom 2. Juli 1958, dem Tag der Arbeitslosmeldung beim Arbeitsamt, bis zum 31. Juli 1958 in Frage steht, wird dies auch von der Beklagten nicht bestritten. Darüber hinaus war der Kläger aber auch bereits ab dem 1. Juli 1958 und damit unmittelbar im Anschluß an die bis zum 30. Juni 1958 ausgeübte Versicherungspflichtige Beschäftigung für die Dauer von mehr als einem vollen Kalendermonat arbeitslos.

Daß sich der Kläger erst am 2. Juli 1958 beim Arbeitsamt S. als Arbeitsuchender gemeldet und die Gewährung von Arbeitslosengeld beantragt hat, rechtfertigt nicht ohne weiteres die Annahme, daß er am davor liegenden 1. Juli 1958 noch nicht arbeitslos gewesen sei. Ein dementsprechender Umkehrschluß ist unzulässig, denn die Meldung beim Arbeitsamt ist zwar als Anzeige des Eintritts der Arbeitslosigkeit Voraussetzung für den Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, und zwar in dem Sinne, daß vor der Arbeitslosmeldung kein Anspruch begründet ist. Sie ist jedoch kein Tatbestandsmerkmal der Arbeitslosigkeit im Sinne des AVAVG oder des heute geltenden AFG und demzufolge auch kein "zusätzliches Tatbestandsmerkmal” der Arbeitslosigkeit im Sinne des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG.

Der Beklagten ist einzuräumen, daß aus der Arbeitslosmeldung oder ihrem Fehlen vielfach Rückschlüsse auf die Verfügbarkeit des vorübergehend beschäftigungslosen Arbeitnehmers gezogen werden können. Entgegen ihrer Auffassung ist die Arbeitslosmeldung allerdings nur ein – nicht zwingendes – Indiz für die Verfügbarkeit des Beschäftigungslosen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Ebenso wie derjenige, der sich ordnungsgemäß arbeitslos gemeldet hat, unter Umständen gleichwohl nicht verfügbar sein kann, kann die objektive und subjektive Verfügbarkeit für die Aufnahme einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auch beim Fehlen der Arbeitslosmeldung vorliegen; sie kann auch durch andere Umstände dargetan sein (vgl. BSGE 21, 21, 22 f.).

Das Bundessozialgericht (vgl. BSGE 29, 120, 123) hat insoweit den Erfahrungssatz aufgestellt, daß man bei einem Versicherten, der beruflich als pflichtversicherter Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt und seine Beschäftigung nachweislich unfreiwillig verloren hat, regelmäßig davon ausgehen kann, daß objektive und subjektive Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt zunächst einmal vorgelegen haben, sofern sich nicht aus besonderen Umständen etwas anderes ergibt. Die Frage, für wie lange Zeit man eine Fortdauer dieses Zustandes annehmen kann, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts jeweils nach der Lage des Einzelfalles zu beurteilen, wobei sowohl die jeweiligen Zeitverhältnisse als auch die besonderen Verhältnisse des Versicherten zu dieser Zeit berücksichtigt werden müssen; je größer die zu überbrückende Lücke zwischen dem Verlust der Arbeitsstelle und der späteren "arbeitsamtlich anerkannten Arbeitslosigkeit” ist, um so schwerer kann die Überzeugung gewonnen werden, daß der Versicherte für die Dauer dieser Zeit auch ohne Meldung beim Arbeitsamt als Arbeitsloser angesehen werden kann.

Dieser vom Bundessozialgericht im Zusammenhang mit der Rechtsprechung zum sogenannten Überbrückungstatbestand entwickelte Erfahrungssatz ist zur Überzeugung des Senats auch nach dem neuesten Stand der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet, hinsichtlich der Wahrheit der im vorliegenden Fall vom Kläger behaupteten Verfügbarkeit für den allgemeinen Arbeitsmarkt speziell am 1. Juli 1958 die volle Überzeugung des Gerichts zu begründen. Denn insbesondere für kürzere Zeiträume (vgl. BSGE 29, 120, 121), die zwischen längeren Phasen einer beruflichen Tätigkeit als pflichtversicherter Arbeitnehmer liegen, kann einem Versicherten, der sich wie der Kläger nach Verlust seines Arbeitsplatzes sogleich um ein neues Beschäftigungsverhältnis bewirbt und bei der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz nachweislich innerhalb von wenig mehr als einem Monat erfolgreich ist, nicht ohne weiteres – insbesondere nicht ohne Hinzutreten konkreter Anhaltspunkte – die Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgesprochen werden.

Es kommt angesichts dessen im Ergebnis letztlich nicht darauf an, ob die Behauptung des Klägers, er habe sich am Vormittag des 1. Juli 1958 bei der Firma A. F. in S. persönlich um einen neuen Arbeitsplatz beworben, bewiesen ist oder nicht. Denn ausgehend von der allgemeinen Lebenserfahrung ergeben sich im vorliegenden Fall – trotz Beweislosigkeit der vom Kläger zum Nachweis seiner Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit konkret behaupteten Tatsachen – bereits aus den Gesamtumständen zur Überzeugung des Senats keine begründeten Zweifel, die gegen eine Verfügbarkeit des Klägers auch am 1. Juli 1958 sprechen. Daß in diesem Sinne bezogen auf den 1. Juli 1958 jedenfalls von einer "einfachen Arbeitslosigkeit” des Klägers ausgegangen werden könne, hat die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13. März 1987 im übrigen auch selbst eingeräumt.

Da der Kläger im Monat Juli 1958 durchgängig arbeitslos im Sinne der allgemeinen Begriffsbestimmung war, ist im vorliegenden Fall auch die Fristbestimmung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG erfüllt, wonach ein versicherungsrechtlicher Ausgleich nur für Beitragsausfälle mit einer Mindestdauer von einem vollen Kalendermonat stattfinden soll. Denn entgegen der Rechtsmeinung der Beklagten bezieht sich diese Fristbestimmung nur auf die sogenannte einfache Arbeitslosigkeit, nicht aber auch auf die im folgenden Bedingungssatz verlangten zusätzlichen Voraussetzungen. Die Mindestfrist von einem vollen Kalendermonat gilt dem eindeutigen Gesetzeswortlaut zufolge nicht für die sogenannte qualifizierte Arbeitslosigkeit oder den gesamten Ausfallzeittatbestand.

Daß sich die Fristbestimmung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG nur auf das Merkmal der einfachen Arbeitslosigkeit bezieht, hat das Bundessozialgericht bereits in seiner Entscheidung vom 16. April 1964 (BSGE 21, 21) zu erkennen gegeben. In dem seinerzeit entschiedenen Fall ging es zwar vornehmlich um die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine versicherungspflichtige Beschäftigung durch Arbeitslosigkeit "unterbrochen worden ist”. Das Bundessozialgericht hat in seiner damaligen Entscheidung jedoch nicht nur ausgeführt, daß für das Merkmal der Unmittelbarkeit der Unterbrechung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung jedenfalls im Sinne eines Überbrückungstatbestands das Vorliegen der einfachen Arbeitslosigkeit ausreichend sei, sondern im weiteren auch entschieden, daß die Sechs-Wochen-Frist, die die Arbeitslosigkeit gemäß § 36 AVG a.F. erreichen mußte, ab Beginn der (einfachen) Arbeitslosigkeit laufe, auch wenn der Arbeitslose sich erst später beim Arbeitsamt gemeldet habe (vgl. BSGE 21, 21, 23). In der Folgezeit hat das Bundessozialgericht seine Rechtsprechung sowohl zur Frage des Vorliegens sogenannter Überbrückungstatbestände (vgl. BSGE 29, 120; BSG SozR § 1259 RVO Nr. 50) als auch zur Frage der nach neuem Recht geltenden Fristbestimmung von einem Kalendermonat (vgl. BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 7 und Nr. 36) fortgeführt. Während in den vorangegangenen Entscheidungen jeweils (auch) die sogenannte qualifizierte Arbeitslosigkeit die Dauer der in § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG genannten Mindestfrist erreichte, war dies in dem der Entscheidung vom 15. März 1979 (BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 36) zugrunde liegenden Sachverhalt nicht der Fall. Das Bundessozialgericht hat dabei sowohl im Leitsatz als auch in seinen Entscheidungsgründen für die Prüfung der Mindestfrist allein auf das Vorliegen der sogenannten einfachen Arbeitslosigkeit abgestellt.

Diese am Wortlaut des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG orientierte Auslegung hält auch der erkennende Senat für geboten. Denn Sinn und Zweck der Fristbestimmung ist es lediglich, einen versicherungsrechtlichen Ausgleich für Beitragsausfälle von kürzerer Dauer als einem Kalendermonat auszuschließen (vgl. BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 7), und im Hinblick auf diese Zielsetzung muß es genügen, daß der Versicherte mindestens einen Kalendermonat arbeitslos war und infolge dessen während dieses Zeitraums keine Beiträge entrichtet hat. Daß die Mindestdauer von einem Kalendermonat als Bagatellgrenze dem Willen des Gesetzgebers zufolge bei der Berücksichtigung von Ausfallzeiten lediglich bezogen auf die Dauer des tatsächlichen Beitragsausfalls gelten soll, ergibt sich auch aus der Bestimmung des § 36 Abs. 1 Satz 2 AVG. Denn danach können auch Ausfallzeittatbestände von kürzerer Dauer berücksichtigt werden können, sofern die Dauer des – auf verschiedenen Ausfallzeittatsachen beruhenden – Beitragsausfalls insgesamt mindestens einen Kalendermonat beträgt. Daß nach § 36 Abs. 4 AVG bei der späteren Rentenberechnung auch Kalendermonate voll angerechnet werden, die nur teilweise mit Ausfallzeiten belegt sind, gebietet keine andere Sicht der Dinge. Denn die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage auf Vormerkung einer Ausfallzeit betrifft nur die Feststellung der streitigen Zeit als Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 AVG, nicht aber deren spätere Anrechnung auf die Versicherungszeit nach Maßgabe der Absätze 3 und 4 des § 36 AVG (vgl. BSGE 42, 159, 160; 44, 242).

Soweit die Beklagte sich darauf beruft, daß die Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 15. März 1979 (BSG SozR 2200 § 1259 Nr. 36) nicht ohne weiteres auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar sei, weil die Arbeitslosmeldung am ersten des Kalendermonats im damaligen Fall nur deshalb gescheitert sei, weil es sich um einen Feiertag (Neujahrstag) gehandelt habe, wohingegen der im vorliegenden Fall maßgebliche 1. Juli 1958 ein Werktag (Dienstag) gewesen sei, kann ihrem Einwand nur zum Teil eine Bedeutung zukommen. Denn das Bundessozialgericht hat nicht im Rahmen der Fristbestimmung darauf abgestellt, daß der Monatserste ein Feiertag gewesen sei, sondern die Mindestdauer von einem Kalendermonat bereits ungeachtet dessen wegen des Vorliegens der sogenannten einfachen Arbeitslosigkeit bejaht (vgl. BSG a.a.O., 1. Leitsatz) und lediglich bei der weiteren Prüfung des Ausfallzeittatbestands auch das Vorliegen der qualifizierten Arbeitslosigkeit trotz fehlender Meldung beim Arbeitsamt bereits ab dem 1. Januar bejaht, weil dies ein Feiertag war (vgl. BSG a.a.O. 2. Leitsatz). Daß der Ausfallzeittatbestand des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG erst vom Zeitpunkt des Vorliegens der qualifizierten Arbeitslosigkeit an erfüllt ist, wird aber vom Kläger auch gar nicht bestritten.

Im vorliegenden Fall kann der Kläger die Vormerkung einer Ausfallzeit gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG für die Zeit vom 2. Juli 1958, dem Tag der Meldung beim Arbeitsamt, bis zum 31. Juli 1958 verlangen. Er hat zwar in der Zeit vom 2. Juli 1958 bis zum 4. Juli 1958 noch keine der im Gesetz angeführten Leistungen bezogen, doch dieser Umstand muß in erweiternder Auslegung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG unberücksichtigt bleiben. Der Gesetzgeber hat die Zeiten, in denen Leistungen aus anderen als den genannten Gründen (Anrechnung von Einkommen oder Vermögen) nicht bezogen wurden, zwar ursprünglich bewußt nicht als Ausfallzeit berücksichtigen wollen (vgl. BT Sten. Ber. 48. Sitzung v. 7. Oktober 1977, S. 3701 A). Die Neufassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AVG durch das Rentenversicherungsänderungsgesetz bezweckt andererseits jedoch, daß Zeiten der Arbeitslosigkeit von mindestens einem Kalendermonat nicht mehr erst nach Ablauf von sechs Wochen, sondern vom ersten Tage (der qualifizierten Arbeitslosigkeit) an berücksichtigt werden. Dieses Ziel würde in nicht wenigen Fällen verfehlt, wenn Tatbestände, die ähnlich wie die Sechs-Wochen-Frist des § 36 AVG a.F. eine Wartezeit hinsichtlich des Leistungsbezuges normierten, im Bereich der Rentenversicherung fortwirken und trotz Meldung beim Arbeitsamt die Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit verhindern würden. Die dreitägige Wartezeit des § 92 AVAVG steht damit einer Berücksichtigung der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit vom Tage der Meldung beim Arbeitsamt an nicht entgegen (so auch BSG vom 15. März 1979, a.a.O.). Dies hat die Beklagte bei ihren Ausführungen zur Frage des Vorliegens der sogenannten qualifizierten Arbeitslosigkeit offenbar auch bereits stillschweigend vorausgesetzt.

Insgesamt konnte dem Klagebegehren des Berufungsklägers der Erfolg damit nicht versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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