L 5 Vb 390/90

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 15 Vb 793/86
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 Vb 390/90
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine sogenannte „Ausführungsbenachrichtigung” des Versorgungsamtes, mit der ohne Rechtsmittelbelehrung eine weitere Behinderung festgestellt wird, ist ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X.
2. Diese – im Rahmen eines zum Versorgungsamt bestehenden Dauerrechtsverhältnisses – getroffene Regelung zur Frage der Anerkennung weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen wird gemäß § 96 SGG (analog) Gegenstand des rechtshängigen Gerichtsverfahrens.
3. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht insoweit als erste Instanz, d.h. auf Klage und nicht auf Berufung (Anschluß an BSGE 18, 231; 34, 255).
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. März 1990 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 3. Mai 1990 abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von dem Beklagten die Feststellung seines Gesamtgrades der Behinderung (GdB) mit 50.

Auf Antrag des Klägers vom August 1984 stellte das Versorgungsamt Darmstadt durch Bescheid vom 13. Dezember 1984 bei dem Kläger nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) als Behinderungen

1) Rezidivierendes Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleiden (Einzel-GdB 30)
2) Nierenfunktionsstörungen (Einzel-GdB 20)
3) Schwankender Bluthochdruck (Einzel-GdB 10) fest und bewertete den Gesamt-GdB mit 40.

Im August 1985 stellte der Kläger einen Neufeststellungsantrag und machte eine Verschlimmerung der als Behinderungen anerkannten Gesundheitsstörungen sowie eine Gichterkrankung als weitere Behinderung geltend. Das Versorgungsamt Darmstadt lehnte eine Neufeststellung nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB 10) durch Bescheid vom 10. Oktober 1985 ab. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 4. November 1985, eingegangen am 5. November 1985, Widerspruch. Im Verlauf des Widerspruchsverfahrens holte das Versorgungsamt Darmstadt einen Befundbericht des praktischen Arztes GH. vom 16. Januar 1986 ein. Den Widerspruch des Klägers wies das Landesversorgungsamt Hessen durch Bescheid vom 28. Mai 1986 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob der Kläger mit Schriftsatz vom 24. Juni 1986, eingegangen beim Sozialgericht Darmstadt am 25. Juni 1986, Klage und machte geltend, der Beklagte verkenne, daß als weitere Behinderungen eine Kniearthrose, eine Gicht in den Fingergelenken als Folge der Nierenfunktionsstörung und Beschwerden in der Wirbelsäule hinzugekommen seien. Infolge der Kniearthrose könne er nur noch ca. 300 m laufen und müsse alle 5–10 Minuten Pausen einlegen. Das Treppensteigen sei ihm nur noch mit sehr großen Schmerzen möglich. Wegen der Gicht in den Fingergelenken sei das Greifen eines jeden Gegenstandes schmerzhaft. Der GdB sei deshalb mit 50 festzustellen.

Das Sozialgericht Darmstadt hat von Amts wegen ein orthopädisches Gutachten des Dr. K. vom 16. September 1986 und auf Antrag des Klägers ein ebenfalls fachorthopädisches Gutachten des Prof. Dr. H., Direktor der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der Johannes Gutenberg-Universität in XY., eingeholt. Dr. K. diagnostizierte bei dem Kläger ein degeneratives Lumbalsyndrom, eine Gonarthrose beidseits sowie eine leichte Ellenbogenarthrose rechts ohne Funktionsstörung und äußerte die Ansicht, insgesamt bestehe auf orthopädischem Fachgebiet keine meßbare Minderung der Erwerbsfähigkeit. Von Prof. Dr. H. wurden als Diagnosen eine leichte Genua vara beidseits ohne gonarthrotische Veränderungen, eine Chondropathia patellae beidseits mit beginnender Retropatellararthrose, degenerative Meniscopathie rechts außen, links innen und außen, Knick-, Senk-, Spreizfüße beidseits, eine Polyarthrose der Fingermittel- und -endgelenke sowie eine Harnsäure-Diathese (Gichterkrankung) mit schubweise auftretenden Schmerzattacken in verschiedenen Gelenken mitgeteilt. Prof. Dr. H. verneinte eine erhebliche Steh- und Gehbehinderung und führte aus, lediglich die Polyarthrose der Fingergelenke bedinge einen GdB um 10.

Das Sozialgericht Darmstadt hat in seinem Urteil vom 7. März 1990 die Klage mit der Begründung abgewiesen, von den im Bereich des orthopädischen Fachgebietes diagnostizierten Gesundheitsstörungen könne allenfalls die Polyarthrose der Fingergelenke mit einem Einzel-GdB von maximal 10 bewertet werden. Dies führe allerdings nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-Grades der Behinderung.

Mit Schriftsatz vom 19. April 1990, eingegangen am 20. April 1990 beim Hessischen Landessozialgericht, hat der Kläger gegen das seinem Prozeßbevollmächtigten durch Empfangsbekenntnis am 21. März 1990 zugestellte Urteil des Sozialgerichts Darmstadt Berufung eingelegt.

Im Laufe des Berufungsverfahrens teilte der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 3. Mai 1990 mit, als weitere Behinderung werde ab Juli 1989 eine "Polyarthrose der Fingergelenke” festgestellt. Der GdB erhöhe sich dadurch nicht.

Im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 10. Oktober 1990 gab der Kläger an, er wende sich hauptsächlich gegen fehlerhafte Bewertung der Kniearthrose sowie der damit zusammenhängenden Schmerzen. Die Schmerzen in den Knien seien als Folge der Gichterkrankung angesehen worden, hätten aber ihre Ursache in der Kniearthrose.

Das Gericht hat von Amts wegen einen Befundbericht des Hausarztes des Klägers H., vom 26. November 1990 eingeholt. Dieser teilte mit, er habe den Kläger zuletzt am 29. März 1990 behandelt. Es seien bei dem Kläger Blutdruckwerte zwischen 120/80 mm Hg und 150/100 mm Hg gemessen worden. Der Hausarzt fügte einen Entlassungsbericht des E. D. vom 13. April 1988 bei, in dem mitgeteilt wird, daß sich der Kläger im März 1988 dort wegen eines Rezidivs einer akuten oberen gastrointestinalen Blutung in Behandlung hat begeben müssen. Die Kreatininwerte werden mit 1,4 mg/dl angegeben. Hinsichtlich der unter den Diagnosen genannten "chronischen Bronchitis” werden keine Untersuchungsbefunde angegeben. Des weiteren wurde von Amts wegen ein Befundbericht des Internisten Dr. G. – Kreiskrankenhaus N., wo sich der Kläger am 16. und 17. Oktober 1990 in Behandlung befunden hatte – eingeholt. Dr. G. teilt mit, die Hypertonie des Klägers habe sich unter Medikation zur Normotonie entwickelt. Die ventrikulären Rhythmusstörungen seien zufriedenstellend medikamentös eingestellt. Seit 1 1/2 Jahren habe keine Therapie mehr wegen rezidivierender Kniegelenksergüsse bzw. eines Gichtanfalls erfolgen müssen. Es gäbe auch keine Hinweise, daß ähnliche Beschwerden woanders behandelt worden seien. Unter den Erkrankungen des Klägers nennt Dr. G. auch eine spastische Bronchitis im Jahre 1987. Der Internist und Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. N. berichtet über eine am 18. Februar 1988 erfolgte Untersuchung des Klägers und teilt mit, der Kläger habe sich wegen einer anhaltenden obstruktiven Bronchitis vorgestellt. Bei der Lungenfunktionsprüfung seien etwas erniedrigte exspiratorische Flußwerte festgestellt worden. Dr. N äußerte deshalb den Verdacht auf Reizung des Bronchialsystems mit entsprechender Hyperreagibilität und Neigung zu Obstruktion. Das Gericht hat auf Antrag des Klägers ein weiteres orthopädisches Gutachten des Dr. F. vom 10. November 1992 eingeholt. Gegenüber Dr. F. gab der Kläger an, im Jahre 1986 sei erstmals ein Gichtanfall am rechten Großzehengrundgelenk aufgetreten. Es sei deshalb eine Schmerzbehandlung mit Medikamenten durchgeführt worden. Seither sei er aufgrund der Einnahme von Allopurinol sowie durch Einhalten einer entsprechenden Diät beschwerdefrei. Ein Zwölffingerdarmgeschwürsleiden sei 1982 diagnostiziert worden. Auch in den Folgejahren sei es immer wieder zu Magenbeschwerden gekommen. Eine Magenoperation habe jedoch bisher vermieden werden können. Weiterhin gab der Kläger an, er verspüre in beiden Kniegelenken einen Schmerz beim Aufstehen aus der Hocke und beim Treppauf- und -absteigen. Außerdem bestünden Schmerzen im Bereich des Ellenbogengelenkes sowie im Bereich des Rückens. Beschwerden in den Kleinfingergelenken bestanden zum Zeitpunkt der Untersuchung nicht. Dr. F. beschreibt das Gangbild des Klägers als zügig. Als Gesundheitsstörungen werden bei dem Kläger eine Epicondylopathie humeri radialis rechts sowie beginnende Ellenbogengelenksarthrose rechts, eine mediale Gonarthrose beidseits und retropatellares Schmerzsyndrom bei beginnender Patellararthrose rechts, eine Skoliose der Lendenwirbelsäule, eine mäßiggradige Genua vara beidseits, degenerative Meniscopathien des Innenmeniscus beidseits, Knick-, Senk- und Spreizfuß beidseits sowie eine Polyarthrose der Fingermittel- und -endgelenke diagnostiziert. Weiterhin teilt Dr. F. mit, die festgestellten Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet zeigten keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen oder Umfangsdifferenzen der oberen und unteren Extremitäten sowie Bewegungseinschränkungen der Wirbelsäule. Die im Vorgutachten geäußerten Beschwerden im Bereich der Hände seien ebenso wie eine wesentliche Funktionsstörung der Greiffunktion nicht feststellbar gewesen. Dr. F. ist der Auffassung, die Beschwerden im Bereich der Kniegelenke seien als Behinderung anzuerkennen und mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung sein Klagebegehren weiter und macht geltend, entsprechend den gutachterlichen Feststellungen seien die Beschwerden im Bereich der Kniegelenke als Behinderung anzuerkennen und mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten. Des weiteren sei aufgrund des Befundberichtes des Internisten Dr. G. belegt, daß er an einer chronischen Bronchitis leide. Er sei deswegen von Dr. N. – allerdings falsch – behandelt worden. Insgesamt sei der Gesamt-GdB mit 50 festzustellen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. März 1990 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Oktober 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 1986 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 3. Mai 1990 zu verurteilen, als weitere Behinderung unter Ziffer 5 "eine Kniegelenksarthrose beidseits” und unter Ziffer 6 "chronische Bronchitis” anzuerkennen und den Gesamt-GdB mit 50 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. März 1990 zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 3. Mai 1990 abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, hinsichtlich der unter Ziffer 1 bis 3 anerkannten Behinderungen sei eine Verschlechterung seit der Feststellung im Jahr 1984 nicht eingetreten. Vielmehr habe sich die mit Ausführungsbenachrichtigung vom 3. Mai 1990 zusätzlich festgestellte Behinderung "Polyarthrose der Fingergelenke” aufgrund der Befunde im Gutachten des Dr. F. gebessert. Diese festgestellte Behinderung liege nicht mehr vor und falle somit weg. Von selten der Kniegelenke bestehe keine dauernde Funktionsbeeinträchtigung, die einen GdB von mindestens 10 bedingen würde. Die Kniegelenke seien beidseits frei beweglich mit festen Bandverhältnissen und fehlenden Reizerscheinungen, Schmerzen würden lediglich in den Endgraden der Beugung angegeben. Insoweit könne eine weitere Behinderung nicht festgestellt werden. Hinsichtlich der "chronischen Bronchitis” sei eine diesbezügliche Erkrankung nicht durch Befunde belegt. Demzufolge trete hinsichtlich der Höhe des GdB – von bisher insgesamt 40 – keine Änderung ein.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf die Gerichtsakte und die zum Verfahren beigezogene Schwerbehindertenakte des Beklagten, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Die Entscheidung des Sozialgerichts Darmstadt ist ebenso wie die angefochtenen Bescheide des Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Behinderungen und auf Anhebung des Gesamt-GdB von 40 auf 50.

Gegenstand des Berufungsverfahrens wurde gemäß §§ 153 Abs. 1, 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die von dem Beklagten als "Ausführungsbenachrichtigung” bezeichnete Mitteilung an den Kläger vom 3. Mai 1990. Dieses Schreiben enthält zwar keine Rechtsmittelbelehrung und auch keinen Hinweis, daß es sich um einen Bescheid handelt, der Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden sei, jedoch stellt dieses Schreiben einen Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB 10 dar. In dieser als "Ausführungsbenachrichtigung” bezeichneten Mitteilung wird als weitere Behinderung ab Juli 1989 eine "Polyarthrose der Fingergelenke” festgestellt. Weiterhin wird dem Kläger mitgeteilt, "der GdB erhöht sich dadurch nicht”. Es handelt sich hierbei um die Feststellung einer Behinderung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 SchwbG, wonach die zuständige Behörde auf Antrag das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung festzustellen hat. Zwar hat die Bezeichnung der Behinderung als solche keinen Verfügungscharakter (BSG, SozR 3870 § 4 Nr. 3), jedoch ist die Feststellung einer Behinderung eine Regelung auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts und ihrer Rechtsnatur nach ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB 10 (BSG, SozR 3870 § 3 Nr. 21). Obwohl durch diesen Bescheid vom 3. Mai 1990 der bereits angefochtene Bescheid vom 10. Oktober 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Mai 1986 weder ausdrücklich noch inhaltlich ersetzt oder abgeändert wurde – es handelt sich insoweit um einen nachgehenden Bescheid, der im Rahmen des Dauerrechtsverhältnisses ab Juli 1989 eine weitere Regelung trifft –, ist dennoch auch ein solcher Bescheid nach allgemeiner Auffassung (vgl. Meyer-Ladewig, 5. Auflage 1993, § 96 Rdnrn. 4 ff. m.w.N.) analog zu § 96 SGG in das Verfahren einzubeziehen. Im Berufungsverfahren entscheidet das Landessozialgericht über den nachgehenden Bescheid als erste Instanz, d.h. auf Klage und nicht auf Berufung (BSGE 18, 231; 34, 255).

Der Kläger hat im vorliegenden Fall weder einen Anspruch auf Anerkennung weiterer Behinderungen noch auf Höherbewertung seines Grades der Behinderung gemäß § 48 Abs. 1 SGB 10 i.V.m. §§ 3, 4 Abs. 1 und 3 SchwbG.

Nach § 48 SGB 10 ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben bzw. abzuändern, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlaß des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Im Bereich des Schwerbehindertenrechts ist eine wesentliche Änderung der Verhältnisse dann gegeben, wenn eine Verbesserung bzw. Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten ist und sich hierdurch der GdB um mindestens 10 erhöht oder vermindert hat.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 bis 3 SchwbG ist eine Behinderung die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Funktionsbeeinträchtigung, die auf einem regelwidrigen, körperlichen, geistigen oder seelischen Zustand beruht. Regelwidrig ist nur der Zustand, der von dem für das Lebensalter typischen abweicht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen sind als Grad der Behinderung, nach Zehnergraden abgestuft, von 20–100 festzustellen. Für den GdB gelten die im Rahmen des § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz (BVG) festgelegten Maßstäbe entsprechend (§ 3 Abs. 3 SchwbG). Dies ist insbesondere die allgemeine Verwaltungsvorschrift zu § 30 Nr. 5 (BVBl. 1965, Seite 91), die Mindest-Vom-Hundert-Sätze festlegt. Die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz” (Herausgeber: Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Ausgabe 1983), die diese Mindest-Vom-Hundert-Sätze weiter konkretisieren, haben zwar nur verwaltungsinternen Charakter und sind für die Gerichte grundsätzlich nicht bindend, sie sind jedoch auch im Gerichtsverfahren im Interesse der Gleichbehandlung der Kläger und als Ergebnis langer medizinischer Erfahrungen eine zuverlässige und geeignete Hilfe (BSGE 50, 217). Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, so ist der GdB nach den Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander festzustellen (§ 3 Abs. 1 Satz 4, § 4 Abs. 3 Satz 1 SchwbG). Leichtere Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 10 bzw. 20 führen in der Regel nicht zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB (vgl. Anhaltspunkte, Seite 28).

Unter Berücksichtigung dieser Kriterien ist bei dem Kläger eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes von dem Beklagten zu Recht nicht festgestellt worden. Hinsichtlich der im Bescheid vom 13. Dezember 1984 unter Ziffer 1 3 festgestellten Behinderungen ist eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes nicht feststellbar. Das Magen- und Zwölffingerdarmgeschwürsleiden wurde von dem Beklagten intern mit einem GdB von 30 bewertet. Von dem Beklagten wurde demzufolge eine Erkrankung mit häufigeren Rezidiven zugrunde gelegt, die nach den "Anhaltspunkten” mit einem GdB von 20–30 zu bewerten ist. Da eine andauernde erhebliche Minderung des Kräfte- und Ernährungszustandes oder erhebliche Komplikationen ärztlicherseits nicht beschrieben werden, kommt diesbezüglich auch eine höhere Bewertung nicht in Betracht. Auch die bei dem Kläger vorhandene Nierenfunktionsstörung ist mit einem Einzel-GdB von 20 ausreichend bewertet (vgl. Anhaltspunkte Seite 82). Der zuletzt angegebene Kreatininwert war mit 1,4 mg/dl leicht erhöht. Daß sich insoweit eine Funktionsverschlechterung der Nieren mittlerweile eingestellt hat, wird ärztlicherseits nicht mitgeteilt und von dem Kläger auch nicht behauptet. Das Bluthochdruckleiden weist unter Medikation den ärztlichen Berichten zufolge Normalwerte auf. Insoweit kommt eine höhere Bewertung als mit einem Einzel-GdB von 10 ebenfalls nicht in Betracht (vgl. Anhaltspunkte Seite 71). Hinsichtlich der von dem Beklagten durch Bescheid vom 3. Mai 1990 ab Juli 1989 anerkannten "Polyarthrose der Fingergelenke” als weitere Behinderung hat der von dem Kläger benannte Orthopäde Dr. F. in seinem Gutachten mitgeteilt, am Untersuchungstag habe eine beschwerdefreie Beweglichkeit der Fingergelenke bestanden. Dieser Befund würde die Feststellung einer diesbezüglichen Behinderung nicht mehr rechtfertigen. Aber auch wenn für die "Polyarthrose der Fingergelenke” ein Einzel-GdB von 10 zugrunde zu legen wäre, würde sich dadurch der von dem Beklagten im Bescheid vom 13. Dezember 1984 festgestellte Gesamt-GdB von 40 nicht erhöhen, weil es sich sowohl bei dem unter Ziffer 3 als Behinderung anerkannten schwankenden Bluthochdruckleiden als auch bei der Polyarthrose der Fingergelenke um jeweils leichtere Gesundheitsstörungen handelt, die sich zudem im Falle des Klägers nicht wesentlich beeinträchtigend auf den allgemeinen Gesundheitszustand auswirken.

Auch soweit der Kläger die Anerkennung einer "Kniegelenksarthrose beidseits” als weitere Behinderung begehrt und die Auffassung äußert, diesbezüglich sei ein Einzel-GdB von 20 zu veranschlagen, konnte das Gericht dem Antrag des Klägers nicht folgen. Zwar hat auch Dr. F. in seinem orthopädischen Gutachten vorgeschlagen, die Gesundheitsstörung im Bereich der Kniegelenke, d.h. die mediale Gonarthrose beidseits, das retropatellare Schmerzsyndrom bei beginnender Patellararthrose rechts und die degenerative Meniscopathien des Innenmeniscus beidseits, mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten, jedoch tragen die von dem Gutachter Dr. F. erhobenen Befunde diese Bewertung nicht. So konnte bei der Funktionsmessung nach der Neutral-O-Methode eine Bewegungseinschränkung in der Beugung und Streckung der Kniegelenke nicht festgestellt werden. Weiter wird berichtet, die Bandstrukturen seien fest, Kniegelenksergüsse oder Weichteilschwellungen fänden sich nicht, die Gelenke seien am Tag der Untersuchung weder überwärmt noch gerötet gewesen. Es wird lediglich mitgeteilt, es bestünden Schmerzen bei der Beugung endgradig im Bereich des gesamten Kniegelenkes, insbesondere hinter der Kniescheibe. Links seien die Beschwerden stärker als rechts ausgeprägt. Diesem Befund entsprechend werden von dem Kläger selbst Schmerzen in beiden Kniegelenken beim Aufstehen aus der Hocke und beim Treppauf- und Treppabsteigen angegeben. Der Kläger berichtete bei der Untersuchung durch Dr. F. lediglich über eine schmerzhafte Schwellung und Erwärmung des linken Kniegelenkes, die durch Überlastung dieses Kniegelenkes und infolge einer im Bereich des rechten Kniegelenkes im Frühjahr 1991 erlittenen Bänderzerrung aufgetreten seien. Die von Dr. F. als "Anlaufschmerz” bezeichneten Beschwerden des Klägers im Bereich der Kniegelenke können allein, d.h. ohne das Vorliegen von auch nur geringen Bewegungseinschränkungen oder einer Lockerung des Kniebandapparates, die Anerkennung einer Behinderung mit einem GdB von mindestens 10 nicht rechtfertigen. So sehen die "Anhaltspunkte” (Seite 116) einen Einzel-GdB von 10 vor bei einer muskulär kompensierbaren Lockerung des Kniebandapparates und einen GdB von 0–10 bei einer Bewegungseinschränkung im Kniegelenk geringen Grades. Dieser Vergleich mit den Anhaltspunkten zeigt, daß das Gericht der von dem Gutachter vorgeschlagenen Bewertung für die Erkrankung der Kniegelenke nicht folgen konnte, weil die erhobenen Befunde die Feststellung einer Behinderung nicht rechtfertigen.

Soweit der Kläger eine "chronische Bronchitis” als weitere Behinderung geltend macht, konnte der Kläger nicht nachweisen, daß eine solche Erkrankung nach wie vor besteht. Zwar ist aufgrund der ärztlichen Befundberichte belegt, daß der Kläger 1987/1988 an einer anhaltenden obstruktiven Bronchitis erkrankt war. Dr. N. teilt insoweit mit, daß er den Kläger deswegen am 18. Februar 1988 untersucht und behandelt hat und der Kläger über Schnupfen, Niesen, Husten und Atembeschwerden geklagt hat. Jedoch ist aufgrund der ärztlichen Befundberichte nicht belegt, daß eine solche Erkrankung in den Folgejahren nochmals rezidivierend, d.h. mit lediglich symptomfreien Intervallen über mehrere Monate, aufgetreten ist. Von dem Hausarzt des Klägers H. wird eine chronisch rezidivierende Bronchitis nicht bei den bei dem Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen aufgeführt. Der Internist Dr. G., Kreiskrankenhaus N. berichtet lediglich, daß seinen ärztlichen Unterlagen zufolge bei dem Kläger im Jahre 1987 eine spastische Bronchitis aufgetreten sei. Auch der Kläger selbst hat anläßlich der von Dr. F. am 22. Mai 1992 durchgeführten Untersuchung eine "chronische Bronchitis” nicht als Erkrankung angegeben. Es ist deshalb davon auszugehen, daß es sich bei der Erkrankung in den Jahren 1987/1988 um einen nur vorübergehenden Zustand gehandelt hat und die damals diagnostizierte "chronische Bronchitis” mittlerweile ausgeheilt ist. Im übrigen würde sich der Gesamt-Grad der Behinderung des Klägers nicht auf 50 erhöhen, wenn als weitere Behinderung eine "Kniegelenksarthrose beidseits” oder eine "chronische Bronchitis der leichten Form” festzustellen wäre. Denn es würde sich dann allenfalls um die Anerkennung von leichteren Gesundheitsstörungen als Behinderung handeln, die nicht geeignet wären, den Gesamt-GdB zu erhöhen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Rechtskraft
Aus
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