Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 Kg 953/89
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 Kg 1318/90
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch der Besuch einer Hochschule der türkischen Streitkräfte kann, sofern er der Tätigkeit als Berufsoffizier vorgeschaltet ist, eine Berufsausbildung darstellen und damit einen Anspruch auf Kindergeld nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit auslösen
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1990 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß die Kindergeldzahlung für den Sohn E. des Klägers auf die Zeit bis August 1991 begrenzt wird.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für seinen Sohn E. nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit Kindergeld in der Zeit von Oktober 1988 bis August 1991 zusteht. Innerhalb dieser Zeit besuchte E. in der Türkei eine Hochschule für die Ausbildung von Berufsoffizieren der Luftwaffe.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er stand im streitbefangenen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger hat drei Kinder, nämlich E. (geb. 1969), N. (geb. 1977) und S. (geb. 1979). N. und S. lebten im streitbefangenen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland und besuchten hier die Schule. E. wuchs in der Türkei auf. Er war bis zum Ende des Schuljahres 1986/87 Schüler des Militär-Gymnasiums in M. (Türkei).
Am 28. September 1987 wurde E. in die "Kriegsschule der Luftwaffe” (Hawa Harp Okulu) in Y./I. aufgenommen. Bei der Kriegsschule der Luftwaffe handelt es sich um eine von der türkischen Luftwaffe getragene Hochschule für die Ausbildung von Offizieren in dieser Waffengattung. E. wurde als "Militärschüler” Mitglied der türkischen Streitkräfte. Zu Beginn seiner Aufnahme in die Kriegschule der Luftwaffe erhielt E. eine militärische Grundausbildung von einem Monat. Für wehrpflichtige Mannschaften sowie für aktive Mitglieder der türkischen Streitkräfte dauert diese Grundausbildung vier Monate.
E. war während des Besuches der Kriegsschule der Luftwaffe auf dem militärischen Kasernengelände untergebracht, trug die Uniform der Streitkräfte und wurde von den Streitkräften auf deren Kosten verpflegt. Als Militärschüler nahm der Sohn des Klägers weder an militärischen Übungen noch an militärischen Einsätzen teil.
E. O. erhielt während der Dauer des Besuches dieser Kriegsschule monatlich folgende Barbeträge in türkischen Lira (TL) ausbezahlt:
1987 3.672,– TL
1988 6.760,– TL
1989 46.770,– TL
1990–August 1991 111.639,– TL
Innerhalb des Zeitraums zwischen 1987 und 1991 ergaben sich für die türkische Lira aufgrund der Festsetzungen der türkischen Zentralbank folgende Mittelkurse für jeweils 1,– DM:
30.09.1987 507,315 TL
30.09.1988 876,790 TL
30.09.1989 1.197,840 TL
30.09.1990 1.749,750 TL
01.01.1991 1.954,685 TL
30.06.1991 2.392,195 TL
30.08.1991 2.651,515 TL
Mit dem 30. August 1991 schloß E. O. die Ausbildung an der Kriegsschule der Luftwaffe mit Erfolg ab. Er wurde nachfolgend als Offizier der Luftwaffe in die türkischen Streitkräfte übernommen. E ging zu diesem Zeitpunkt eine Dienstverpflichtung von 15 Jahren ein.
Unter Einbeziehung von E. bezog der Kläger bis zur Vollendung von dessen 16. Lebensjahr von der Beklagten Kindergeld.
Am 20. April 1989 beantragte der Kläger, ihm für E. erneut Kindergeld zu gewähren. Durch Bescheid vom 25. April 1989 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, der Besuch der Luftwaffenschule stelle keine Ausbildung im Sinne von § 2 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) dar. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1989 zurückgewiesen.
Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Kassel durch Urteil vom 7. November 1990 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger ab Oktober 1988 Kindergeld für sein Kind E. zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein solcher Anspruch nach Art. 33 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über soziale Sicherheit zu. Seine Ausbildung zum Offizier der türkischen Luftwaffe stelle sich als Berufsausbildung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG dar. Die vom Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 7. September 1988 (10 RKg 5/87) aufgestellten Grundsätze fänden auch vorliegend Anwendung. Gegen eine Ausbildung spreche insbesondere nicht, daß neben theoretischer Ausbildung auch praktische militärische Ausbildung in Form von Übungen stattfinde. Denn jedenfalls könne nach der vom Gericht eingeholten Stellungnahme der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ankara nicht von einer militärischen Dienstleistung ausgegangen werden. Auch § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG stehe der Kindergeldgewährung nicht entgegen, da E. keine Ausbildungsvergütung erhalte, die den Betrag von 750,– DM monatlich überschreite. Dieser Betrag werde selbst dann nicht erreicht, wenn man neben der Ausbildungsvergütung, die mit monatlich etwa 60,– DM anzusetzen sei, noch die unentgeltlich gewährte Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung entsprechend der Sachbezugsverordnung einbeziehe. Die Zahlung von Kindergeld rechtfertige sich im übrigen auch aus dem Gesichtspunkt, daß dem Kläger für seinen Sohn durchaus noch Aufwendungen, etwa für Zivilbekleidung, Urlaub und Freizeit entstünden.
Gegen das der Beklagten am 23. November 1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Dezember 1990 eingegangene Berufung. Die Beklagte ist der Auffassung, der Besuch einer türkischen Militärschule stelle keine Schul- oder Berufsausbildung im Sinne des Bundeskindergeldgesetzes dar. Den Schülern dieser Einrichtungen werde von Staats wegen Unterkunft, Verpflegung und Kleidung (Uniform) gewährt, so daß den Eltern keine Aufwendungen entstünden, die einen Ausgleich durch Kindergeld rechtfertigten. Davon ausgenommen sei lediglich der Besuch einer Gendamerie-Unteroffziers-Vorbereitungsschule (Hinweis auf BSG Urteil vom 07.09.1988 a.a.O.). Auch aus Art. 33 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit lasse sich ein solcher Anspruch nicht ableiten. Art. 33 nehme nach seinem Wortlaut allein eine sog. Gebietsgleichstellung vor, was lediglich bedeute, daß die Leistungseinschränkungen, die das nationale deutsche Recht – wie hier § 2 Abs. 5 BKGG – bei einem Auslandsaufenthalt vorsehe, entfielen. Art. 33 des Abkommens enthalte indes keine Tatbestandsgleichstellung, wonach bestimmte Rechtsfolgevoraussetzungen, die im innerstaatlichen Recht vorgesehen sind, auch durch gleichartige Tatbestände in dem anderen Vertragsstaat als erfüllt anzusehen seien. Art. 33 fordere also nicht eine Gleichbehandlung von Berufsausbildungen, sondern nur eine Behandlung des im Ausland wohnenden Angehörigen so, als ob er im Inland wohnen würde. Die inländischen Verhältnisse seien also der entscheidende Maßstab dafür, was als Berufsausbildung anzusehen sei und was nicht. Da die Ausbildung zum Offizier in der Bundesrepublik Deutschland nicht von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG erfaßt werde, würde die Zuerkennung eines Kindergeldanspruchs an den Kläger bedeuten, daß bei einem vergleichbaren Sachverhalt Ausländer nicht nur gleich, sondern besser gestellt würden als Inländer. Hinzu komme, daß E. als Militärschüler Mitglied der türkischen Streitkräfte geworden sei. Dies schließe einen Anspruch auf Kindergeld für E. aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Kindergeldzahlung für den Sohn E. des Klägers auf die Zeit bis August 1991 begrenzt wird.
Der Kläger hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Daß sein Sohn mit der Aufnahme in die Kriegsschule der Luftwaffe als Militärschüler Mitglied der türkischen Streitkräfte geworden sei, steht seiner Meinung nach einer Kindergeldbewilligung nicht entgegen.
Vom Senat wurde bei der Kriegsschule der Luftwaffe Y. (I.) eine Auskunft zu den Einzelheiten der Ausbildung des Sohnes E. des Klägers eingeholt. Auf den Inhalt dieser Auskunft vom 16. Juni 1992 wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Kindergeldakte der Beklagten (KG Nr.: xxxxx) und die weiterhin beigezogene Akte des Sozialgerichts Kassel S-5/Kg-5/86.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 27 Abs. 2 BKGG, 144 ff. SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Sohn E. des Klägers stand im streitbefangenen Zeitraum in einer Berufsausbildung. Das Sozialgericht hat die Beklagte deshalb zu Recht zur Zahlung von Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit ab Oktober 1988 verurteilt. Dieses Kindergeld steht dem Kläger bis einschließlich August 1991 zu.
Sowohl der Kläger selbst, als auch sein Sohn E., gehören zum Personenkreis des Artikel 33 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. November 1984 (Deutsch-türkisches Abkommen über Soziale Sicherheit). Nach Artikel 33 dieses Abkommens steht einer Person, die im Gebiet einer Vertragspartei beschäftigt ist – dies ist beim Kläger für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland der Fall – nach deren Rechtsvorschriften für Kinder, die sich im Gebiet der anderen Vertragspartei aufhalten – dies gilt vorliegend für den in der Türkei lebenden Sohn E. des Klägers – ein Anspruch auf Kindergeld zu, so als hielten sich die entsprechenden Kinder gewöhnlich im ersten Vertragsstaat, hier also der Bundesrepublik Deutschland, auf. Ein Anspruch auf Kindergeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Bundeskindergeldgesetzes und in der sich aus Art. 33 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens ergebenden Höhe, besteht bei solchen Fallgestaltungen immer dann, wenn hierfür im übrigen die innerstaatlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Dies war beim Sohn E. des Klägers im streitbefangenen Zeitraum der Fall.
E. hatte noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet (§ 2 Abs. 3 BKGG). Er stand im streitbefangenen Zeitraum auch in einer von der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG umfaßten Berufsausbildung.
Der Begriff der Berufsausbildung beinhaltet alle Bildungsmaßnahmen, die dazu dienen, die Fähigkeit zu erlangen, die die Ausübung des zukünftigen, also noch nicht erreichten Berufes ermöglichen (stand. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 10 RKg 12/84 = SozR 5870 § 2 Nr. 39). Auch der Besuch der Kriegsschule der Luftwaffe in I. durch den Sohn des Klägers gehört nach Auffassung des Senats zu einer solchen Bildungsmaßnahme. Mit diesem Besuch strebte der Sohn des Klägers den Beruf des Luftwaffenoffiziers in den türkischen Streitkräften an, den er nach Abschluß des eingeschlagenen Ausbildungsweges auch tatsächlich erlangte.
Die Ausbildung, für ein solches Berufsziel steht der Gewährung von Kindergeld keinesfalls generell entgegen, wie dies von der Beklagten vertreten wird. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, daß das deutsch-türkische Abkommen über Soziale Sicherheit hinsichtlich der vorliegend einschlägigen Regelungen in erster Linie zu einer Gebietsgleichstellung führt, so daß für die Beurteilung von Berufsausbildungen der im Ausland wohnenden Angehörigen die inländischen Maßstäbe zu deren Beurteilung zugrunde zu legen sind. Unzutreffend ist jedoch die Annahme der Beklagten, daß von vorneherein ein Ausbildungsgang, wie ihn der Sohn des Klägers eingeschlagen hat, allein schon wegen des angestrebten Berufszieles im Inland nicht zu einer Kindergeldberechtigung führen könnten. Die Zahlung von Kindergeld an Eltern eines Offiziersanwärters, der etwa an einer Hochschule der Bundeswehr studiert, scheitert nicht an der Art der Ausbildung, sondern weil diese innerhalb eines fortbestehenden Dienstverhältnisses im Wege der Abordnung erfolgt (vgl. hierzu Bonnemann, Das akademische Studium im Rahmen der Offiziersausbildung, RdJB 1986, S. 346–357), bzw. an der Höhe der Dienstbezüge, die einem solchen beamteten Offiziersanwärter in der Bundesrepublik Deutschland bezahlt werden und die jedenfalls für die Beurteilung im Rahmen des Bundeskindergeldgesetzes der Ausbildungsvergütung gleichgestellt werden müssen. Diese Bezüge aber übersteigen bei weitem die in § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG gezogene Grenze von monatlich 750,00 DM und stehen schon deshalb der Zahlung des Kindergeldes entgegen.
Auch wenn die konkrete Gestaltungsform des Studiums an einer Hochschule der Bundeswehr im Wege der Abordnung und im Rahmen eines bereits erreichten Berufes den Regelfall für ein solchermaßen absolviertes Studium darstellt, stehen diese besonderen inländischen Verhältnisse einer anders gestalteten Ausbildung im Partnerland des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit nicht entgegen. Denn bei der Beurteilung von Ausbildungssachverhalten mit Auslandsberührung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Fällen der Gebietsgleichstellung (vgl. insoweit Urteil vom 11. März 1987 – 10 RKg 2/86 = SozR 5870 § 2 Nr. 51 – hier bezogen auf die EWG-VO Nr. 1408/71) den besonderen Gegebenheiten des Berufsbildungswesens in dem betreffenden Wohnsitzland Rechnung zu tragen. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch hinsichtlich der jeweiligen Gestaltungsform. Auch wenn in der Bundesrepublik Deutschland der Beruf des Luftwaffenoffiziers generell auf einem Wege erreicht wird, der hier nicht zu einer Kindergeldbewilligung führen könnte, schließt dies die Zahlung von Kindergeld bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht aus. Denn diese ist maßgeblich gekennzeichnet durch einen staatlich geregelten Ausbildungsgang, der – wie der eingeholten Auskunft der Kriegsschule der Luftwaffe entnommen werden kann – dem künftigen Beruf des Luftwaffenoffiziers ausdrücklich vorgeschaltet ist.
Daß die Ausbildung nicht bereits im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses erfolgt, läßt die erteilte Auskunft unschwer erkennen. Zwar galt E. O. als Mitglied der türkischen Streitkräfte und hatte einen entsprechenden Diensteid abzuleisten. Auch war er auf dem Kasernengelände untergebracht, hatte eine Uniform zu tragen und wurde von den Streitkräften verpflegt. Er blieb in dieser Situation jedoch – auf die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland übertragen – Student und hatte gerade nicht den Status eines im Dienstverhältnis zu den türkischen Streitkräften stehenden aktiven Berufssoldaten.
Diesen Status erlangte er vielmehr erst nach der erfolgreichen Absolvierung der von ihm besuchten Hochschule der türkischen Streitkräfte.
In der erteilten Auskunft wird der Sohn des Klägers deshalb für die Dauer des Besuchs der Kriegsschule der Luftwaffe ausdrücklich als "Militärschüler” bezeichnet, dessen Bindung an die türkischen Streitkräfte sich von derjenigen des aktiven Soldaten maßgeblich unterschied. So beschränkte sich seine militärische Grundausbildung zu Beginn des Hochschulbesuchs auf lediglich einen Monat, während ansonsten nach dieser Auskunft vier Monate Grundwehrdienst absolviert werden müssen. E. O. erhielt auch nicht die für Berufssoldaten ansonsten gezahlte Vergütung, vielmehr Beträge die nach der von der Kriegsschule der Luftwaffe erteilten Auskunft weit unterhalb der Bezüge für aktive Soldaten liegen und die deshalb ausdrücklich lediglich als "Taschengeld” bezeichnet werden. Während der Zeit des Besuches der Kriegsschule hatte E. im übrigen weder an militärischen Übungen noch gar an militärischen Einsätzen teilzunehmen. All dies spricht dafür, daß es sich auch hier – wie bei dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall des Schülers einer Gendarmerie-Unteroffiziers-Vorbereitungsschule (BSG, Urteil vom 7. September 1988 a.a.O.) um die Vorbereitungsphase der Berufsaufnahme als Berufsoffizier in den türkischen Streitkräften handelt, die dem später auszuübenden Beruf vorgeschaltet ist. Als Berufsausbildung i.e.S. löst dies die Zahlung von Kindergeld aus.
Auch die mit 750,00 DM angesetzte Verdienstgrenze des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG steht der Bewilligung des Kindergeldes nicht entgegen.
Nach Wortlaut und Sinn von Artikel 33 Abs. 1 des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit sind auch für die Berechnung der Leistungen des türkischen Staates an E. O. die Rechtsvorschriften und -verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland maßgebend (BSG a.a.O.). Legt man in Anlehnung an § 8 Abs. 2 Satz 3 BKGG den jeweils für den 30. September eines jeden Jahres maßgeblichen Devisenmittelkurs für die türkische Lira zugrunde und für 1991 den Kurs vom 30. Juni dieses Jahres, so beträgt das an den Sohn des Klägers monatlich gezahlte Taschengeld für 1988 7,71 DM, für 1989 39,05 DM, für 1990 63,80 DM und für 1991 46,67 DM. Für Unterkunft und Verpflegung kann unter Zugrundelegung der Sachbezugsverordnung in ihrer jeweiligen Fassung und unter Berücksichtigung eines Abschlags von zumindest 20 v.H. im Hinblick auf die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft entsprechend § 1 Abs. 3 dieser Verordnung, für 1988 ein Wert von 424,00 DM, für 1989 von 428,00 DM, für 1990 in Höhe von 432,00 DM und schließlich für 1991 ein monatlicher Betrag von 440,00 DM angesetzt werden. Beide Werte zusammengerechnet ergeben für
1988 431,71 DM
1989 467,05 DM
1990 495,80 DM
1991 486,67 DM
Zur Ausschöpfung der Grenze von 750,00 DM nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG verbleiben damit im streitbefangenen Zeitraum Beträge von monatlich mindestens 254,20 DM. Selbst wenn man die Zurverfügungstellung der Uniform als Sachleistung mitberücksichtigt – obgleich die Überlassung einer solchen Uniform etwa nach § 3 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei wäre – und man darüber hinaus mögliche Leistungen zur sozialen Sicherung von E. einbeziehen würde, könnten die hierfür allenfalls in Ansatz zu bringenden Leistungen noch in hinreichendem Maße abgedeckt werden.
Da auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen für die Zahlung des Kindergeldes sowohl in der Person des Klägers als auch in derjenigen seines Sohnes E. erfüllt sind, steht dem Kläger bis zum Ende des Besuchs der Kriegsschule der Luftwaffe Kindergeld unter Einbeziehung von E. und in der sich aus Art. 33 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens ergebenden Höhe zu. Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.
Da das Ende der Berufsausbildung im Verlauf des Berufungsverfahrens mit dem 30. August 1991 eingetreten ist, war dies ergänzend im Tenor der vom Senat zu treffenden Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob dem Kläger für seinen Sohn E. nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit Kindergeld in der Zeit von Oktober 1988 bis August 1991 zusteht. Innerhalb dieser Zeit besuchte E. in der Türkei eine Hochschule für die Ausbildung von Berufsoffizieren der Luftwaffe.
Der Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Er stand im streitbefangenen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland in einem Versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Der Kläger hat drei Kinder, nämlich E. (geb. 1969), N. (geb. 1977) und S. (geb. 1979). N. und S. lebten im streitbefangenen Zeitraum in der Bundesrepublik Deutschland und besuchten hier die Schule. E. wuchs in der Türkei auf. Er war bis zum Ende des Schuljahres 1986/87 Schüler des Militär-Gymnasiums in M. (Türkei).
Am 28. September 1987 wurde E. in die "Kriegsschule der Luftwaffe” (Hawa Harp Okulu) in Y./I. aufgenommen. Bei der Kriegsschule der Luftwaffe handelt es sich um eine von der türkischen Luftwaffe getragene Hochschule für die Ausbildung von Offizieren in dieser Waffengattung. E. wurde als "Militärschüler” Mitglied der türkischen Streitkräfte. Zu Beginn seiner Aufnahme in die Kriegschule der Luftwaffe erhielt E. eine militärische Grundausbildung von einem Monat. Für wehrpflichtige Mannschaften sowie für aktive Mitglieder der türkischen Streitkräfte dauert diese Grundausbildung vier Monate.
E. war während des Besuches der Kriegsschule der Luftwaffe auf dem militärischen Kasernengelände untergebracht, trug die Uniform der Streitkräfte und wurde von den Streitkräften auf deren Kosten verpflegt. Als Militärschüler nahm der Sohn des Klägers weder an militärischen Übungen noch an militärischen Einsätzen teil.
E. O. erhielt während der Dauer des Besuches dieser Kriegsschule monatlich folgende Barbeträge in türkischen Lira (TL) ausbezahlt:
1987 3.672,– TL
1988 6.760,– TL
1989 46.770,– TL
1990–August 1991 111.639,– TL
Innerhalb des Zeitraums zwischen 1987 und 1991 ergaben sich für die türkische Lira aufgrund der Festsetzungen der türkischen Zentralbank folgende Mittelkurse für jeweils 1,– DM:
30.09.1987 507,315 TL
30.09.1988 876,790 TL
30.09.1989 1.197,840 TL
30.09.1990 1.749,750 TL
01.01.1991 1.954,685 TL
30.06.1991 2.392,195 TL
30.08.1991 2.651,515 TL
Mit dem 30. August 1991 schloß E. O. die Ausbildung an der Kriegsschule der Luftwaffe mit Erfolg ab. Er wurde nachfolgend als Offizier der Luftwaffe in die türkischen Streitkräfte übernommen. E ging zu diesem Zeitpunkt eine Dienstverpflichtung von 15 Jahren ein.
Unter Einbeziehung von E. bezog der Kläger bis zur Vollendung von dessen 16. Lebensjahr von der Beklagten Kindergeld.
Am 20. April 1989 beantragte der Kläger, ihm für E. erneut Kindergeld zu gewähren. Durch Bescheid vom 25. April 1989 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, der Besuch der Luftwaffenschule stelle keine Ausbildung im Sinne von § 2 Abs. 2 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) dar. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 1989 zurückgewiesen.
Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht Kassel durch Urteil vom 7. November 1990 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte dazu verurteilt, dem Kläger ab Oktober 1988 Kindergeld für sein Kind E. zu zahlen. Das Sozialgericht hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein solcher Anspruch nach Art. 33 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über soziale Sicherheit zu. Seine Ausbildung zum Offizier der türkischen Luftwaffe stelle sich als Berufsausbildung im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG dar. Die vom Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 7. September 1988 (10 RKg 5/87) aufgestellten Grundsätze fänden auch vorliegend Anwendung. Gegen eine Ausbildung spreche insbesondere nicht, daß neben theoretischer Ausbildung auch praktische militärische Ausbildung in Form von Übungen stattfinde. Denn jedenfalls könne nach der vom Gericht eingeholten Stellungnahme der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Ankara nicht von einer militärischen Dienstleistung ausgegangen werden. Auch § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG stehe der Kindergeldgewährung nicht entgegen, da E. keine Ausbildungsvergütung erhalte, die den Betrag von 750,– DM monatlich überschreite. Dieser Betrag werde selbst dann nicht erreicht, wenn man neben der Ausbildungsvergütung, die mit monatlich etwa 60,– DM anzusetzen sei, noch die unentgeltlich gewährte Unterkunft, Verpflegung und Bekleidung entsprechend der Sachbezugsverordnung einbeziehe. Die Zahlung von Kindergeld rechtfertige sich im übrigen auch aus dem Gesichtspunkt, daß dem Kläger für seinen Sohn durchaus noch Aufwendungen, etwa für Zivilbekleidung, Urlaub und Freizeit entstünden.
Gegen das der Beklagten am 23. November 1990 zugestellte Urteil richtet sich die am 19. Dezember 1990 eingegangene Berufung. Die Beklagte ist der Auffassung, der Besuch einer türkischen Militärschule stelle keine Schul- oder Berufsausbildung im Sinne des Bundeskindergeldgesetzes dar. Den Schülern dieser Einrichtungen werde von Staats wegen Unterkunft, Verpflegung und Kleidung (Uniform) gewährt, so daß den Eltern keine Aufwendungen entstünden, die einen Ausgleich durch Kindergeld rechtfertigten. Davon ausgenommen sei lediglich der Besuch einer Gendamerie-Unteroffziers-Vorbereitungsschule (Hinweis auf BSG Urteil vom 07.09.1988 a.a.O.). Auch aus Art. 33 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit lasse sich ein solcher Anspruch nicht ableiten. Art. 33 nehme nach seinem Wortlaut allein eine sog. Gebietsgleichstellung vor, was lediglich bedeute, daß die Leistungseinschränkungen, die das nationale deutsche Recht – wie hier § 2 Abs. 5 BKGG – bei einem Auslandsaufenthalt vorsehe, entfielen. Art. 33 des Abkommens enthalte indes keine Tatbestandsgleichstellung, wonach bestimmte Rechtsfolgevoraussetzungen, die im innerstaatlichen Recht vorgesehen sind, auch durch gleichartige Tatbestände in dem anderen Vertragsstaat als erfüllt anzusehen seien. Art. 33 fordere also nicht eine Gleichbehandlung von Berufsausbildungen, sondern nur eine Behandlung des im Ausland wohnenden Angehörigen so, als ob er im Inland wohnen würde. Die inländischen Verhältnisse seien also der entscheidende Maßstab dafür, was als Berufsausbildung anzusehen sei und was nicht. Da die Ausbildung zum Offizier in der Bundesrepublik Deutschland nicht von § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG erfaßt werde, würde die Zuerkennung eines Kindergeldanspruchs an den Kläger bedeuten, daß bei einem vergleichbaren Sachverhalt Ausländer nicht nur gleich, sondern besser gestellt würden als Inländer. Hinzu komme, daß E. als Militärschüler Mitglied der türkischen Streitkräfte geworden sei. Dies schließe einen Anspruch auf Kindergeld für E. aus.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 7. November 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Kindergeldzahlung für den Sohn E. des Klägers auf die Zeit bis August 1991 begrenzt wird.
Der Kläger hält das sozialgerichtliche Urteil für zutreffend. Daß sein Sohn mit der Aufnahme in die Kriegsschule der Luftwaffe als Militärschüler Mitglied der türkischen Streitkräfte geworden sei, steht seiner Meinung nach einer Kindergeldbewilligung nicht entgegen.
Vom Senat wurde bei der Kriegsschule der Luftwaffe Y. (I.) eine Auskunft zu den Einzelheiten der Ausbildung des Sohnes E. des Klägers eingeholt. Auf den Inhalt dieser Auskunft vom 16. Juni 1992 wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten weiteren Inhalt der Gerichtsakte, die beigezogene Kindergeldakte der Beklagten (KG Nr.: xxxxx) und die weiterhin beigezogene Akte des Sozialgerichts Kassel S-5/Kg-5/86.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz – SGG –) ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §§ 27 Abs. 2 BKGG, 144 ff. SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Sohn E. des Klägers stand im streitbefangenen Zeitraum in einer Berufsausbildung. Das Sozialgericht hat die Beklagte deshalb zu Recht zur Zahlung von Kindergeld in gesetzlicher Höhe für die Zeit ab Oktober 1988 verurteilt. Dieses Kindergeld steht dem Kläger bis einschließlich August 1991 zu.
Sowohl der Kläger selbst, als auch sein Sohn E., gehören zum Personenkreis des Artikel 33 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. November 1984 (Deutsch-türkisches Abkommen über Soziale Sicherheit). Nach Artikel 33 dieses Abkommens steht einer Person, die im Gebiet einer Vertragspartei beschäftigt ist – dies ist beim Kläger für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland der Fall – nach deren Rechtsvorschriften für Kinder, die sich im Gebiet der anderen Vertragspartei aufhalten – dies gilt vorliegend für den in der Türkei lebenden Sohn E. des Klägers – ein Anspruch auf Kindergeld zu, so als hielten sich die entsprechenden Kinder gewöhnlich im ersten Vertragsstaat, hier also der Bundesrepublik Deutschland, auf. Ein Anspruch auf Kindergeld nach Maßgabe der Bestimmungen des Bundeskindergeldgesetzes und in der sich aus Art. 33 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens ergebenden Höhe, besteht bei solchen Fallgestaltungen immer dann, wenn hierfür im übrigen die innerstaatlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind.
Dies war beim Sohn E. des Klägers im streitbefangenen Zeitraum der Fall.
E. hatte noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet (§ 2 Abs. 3 BKGG). Er stand im streitbefangenen Zeitraum auch in einer von der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BKGG umfaßten Berufsausbildung.
Der Begriff der Berufsausbildung beinhaltet alle Bildungsmaßnahmen, die dazu dienen, die Fähigkeit zu erlangen, die die Ausübung des zukünftigen, also noch nicht erreichten Berufes ermöglichen (stand. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 1984 – 10 RKg 12/84 = SozR 5870 § 2 Nr. 39). Auch der Besuch der Kriegsschule der Luftwaffe in I. durch den Sohn des Klägers gehört nach Auffassung des Senats zu einer solchen Bildungsmaßnahme. Mit diesem Besuch strebte der Sohn des Klägers den Beruf des Luftwaffenoffiziers in den türkischen Streitkräften an, den er nach Abschluß des eingeschlagenen Ausbildungsweges auch tatsächlich erlangte.
Die Ausbildung, für ein solches Berufsziel steht der Gewährung von Kindergeld keinesfalls generell entgegen, wie dies von der Beklagten vertreten wird. Zwar ist der Beklagten zuzugestehen, daß das deutsch-türkische Abkommen über Soziale Sicherheit hinsichtlich der vorliegend einschlägigen Regelungen in erster Linie zu einer Gebietsgleichstellung führt, so daß für die Beurteilung von Berufsausbildungen der im Ausland wohnenden Angehörigen die inländischen Maßstäbe zu deren Beurteilung zugrunde zu legen sind. Unzutreffend ist jedoch die Annahme der Beklagten, daß von vorneherein ein Ausbildungsgang, wie ihn der Sohn des Klägers eingeschlagen hat, allein schon wegen des angestrebten Berufszieles im Inland nicht zu einer Kindergeldberechtigung führen könnten. Die Zahlung von Kindergeld an Eltern eines Offiziersanwärters, der etwa an einer Hochschule der Bundeswehr studiert, scheitert nicht an der Art der Ausbildung, sondern weil diese innerhalb eines fortbestehenden Dienstverhältnisses im Wege der Abordnung erfolgt (vgl. hierzu Bonnemann, Das akademische Studium im Rahmen der Offiziersausbildung, RdJB 1986, S. 346–357), bzw. an der Höhe der Dienstbezüge, die einem solchen beamteten Offiziersanwärter in der Bundesrepublik Deutschland bezahlt werden und die jedenfalls für die Beurteilung im Rahmen des Bundeskindergeldgesetzes der Ausbildungsvergütung gleichgestellt werden müssen. Diese Bezüge aber übersteigen bei weitem die in § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG gezogene Grenze von monatlich 750,00 DM und stehen schon deshalb der Zahlung des Kindergeldes entgegen.
Auch wenn die konkrete Gestaltungsform des Studiums an einer Hochschule der Bundeswehr im Wege der Abordnung und im Rahmen eines bereits erreichten Berufes den Regelfall für ein solchermaßen absolviertes Studium darstellt, stehen diese besonderen inländischen Verhältnisse einer anders gestalteten Ausbildung im Partnerland des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit nicht entgegen. Denn bei der Beurteilung von Ausbildungssachverhalten mit Auslandsberührung ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in Fällen der Gebietsgleichstellung (vgl. insoweit Urteil vom 11. März 1987 – 10 RKg 2/86 = SozR 5870 § 2 Nr. 51 – hier bezogen auf die EWG-VO Nr. 1408/71) den besonderen Gegebenheiten des Berufsbildungswesens in dem betreffenden Wohnsitzland Rechnung zu tragen. Dies gilt nach Auffassung des Senats auch hinsichtlich der jeweiligen Gestaltungsform. Auch wenn in der Bundesrepublik Deutschland der Beruf des Luftwaffenoffiziers generell auf einem Wege erreicht wird, der hier nicht zu einer Kindergeldbewilligung führen könnte, schließt dies die Zahlung von Kindergeld bei der vorliegenden Fallgestaltung nicht aus. Denn diese ist maßgeblich gekennzeichnet durch einen staatlich geregelten Ausbildungsgang, der – wie der eingeholten Auskunft der Kriegsschule der Luftwaffe entnommen werden kann – dem künftigen Beruf des Luftwaffenoffiziers ausdrücklich vorgeschaltet ist.
Daß die Ausbildung nicht bereits im Rahmen eines bestehenden Dienstverhältnisses erfolgt, läßt die erteilte Auskunft unschwer erkennen. Zwar galt E. O. als Mitglied der türkischen Streitkräfte und hatte einen entsprechenden Diensteid abzuleisten. Auch war er auf dem Kasernengelände untergebracht, hatte eine Uniform zu tragen und wurde von den Streitkräften verpflegt. Er blieb in dieser Situation jedoch – auf die Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland übertragen – Student und hatte gerade nicht den Status eines im Dienstverhältnis zu den türkischen Streitkräften stehenden aktiven Berufssoldaten.
Diesen Status erlangte er vielmehr erst nach der erfolgreichen Absolvierung der von ihm besuchten Hochschule der türkischen Streitkräfte.
In der erteilten Auskunft wird der Sohn des Klägers deshalb für die Dauer des Besuchs der Kriegsschule der Luftwaffe ausdrücklich als "Militärschüler” bezeichnet, dessen Bindung an die türkischen Streitkräfte sich von derjenigen des aktiven Soldaten maßgeblich unterschied. So beschränkte sich seine militärische Grundausbildung zu Beginn des Hochschulbesuchs auf lediglich einen Monat, während ansonsten nach dieser Auskunft vier Monate Grundwehrdienst absolviert werden müssen. E. O. erhielt auch nicht die für Berufssoldaten ansonsten gezahlte Vergütung, vielmehr Beträge die nach der von der Kriegsschule der Luftwaffe erteilten Auskunft weit unterhalb der Bezüge für aktive Soldaten liegen und die deshalb ausdrücklich lediglich als "Taschengeld” bezeichnet werden. Während der Zeit des Besuches der Kriegsschule hatte E. im übrigen weder an militärischen Übungen noch gar an militärischen Einsätzen teilzunehmen. All dies spricht dafür, daß es sich auch hier – wie bei dem vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall des Schülers einer Gendarmerie-Unteroffiziers-Vorbereitungsschule (BSG, Urteil vom 7. September 1988 a.a.O.) um die Vorbereitungsphase der Berufsaufnahme als Berufsoffizier in den türkischen Streitkräften handelt, die dem später auszuübenden Beruf vorgeschaltet ist. Als Berufsausbildung i.e.S. löst dies die Zahlung von Kindergeld aus.
Auch die mit 750,00 DM angesetzte Verdienstgrenze des § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG steht der Bewilligung des Kindergeldes nicht entgegen.
Nach Wortlaut und Sinn von Artikel 33 Abs. 1 des deutsch-türkischen Abkommens über Soziale Sicherheit sind auch für die Berechnung der Leistungen des türkischen Staates an E. O. die Rechtsvorschriften und -verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland maßgebend (BSG a.a.O.). Legt man in Anlehnung an § 8 Abs. 2 Satz 3 BKGG den jeweils für den 30. September eines jeden Jahres maßgeblichen Devisenmittelkurs für die türkische Lira zugrunde und für 1991 den Kurs vom 30. Juni dieses Jahres, so beträgt das an den Sohn des Klägers monatlich gezahlte Taschengeld für 1988 7,71 DM, für 1989 39,05 DM, für 1990 63,80 DM und für 1991 46,67 DM. Für Unterkunft und Verpflegung kann unter Zugrundelegung der Sachbezugsverordnung in ihrer jeweiligen Fassung und unter Berücksichtigung eines Abschlags von zumindest 20 v.H. im Hinblick auf die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft entsprechend § 1 Abs. 3 dieser Verordnung, für 1988 ein Wert von 424,00 DM, für 1989 von 428,00 DM, für 1990 in Höhe von 432,00 DM und schließlich für 1991 ein monatlicher Betrag von 440,00 DM angesetzt werden. Beide Werte zusammengerechnet ergeben für
1988 431,71 DM
1989 467,05 DM
1990 495,80 DM
1991 486,67 DM
Zur Ausschöpfung der Grenze von 750,00 DM nach § 2 Abs. 2 Satz 2 BKGG verbleiben damit im streitbefangenen Zeitraum Beträge von monatlich mindestens 254,20 DM. Selbst wenn man die Zurverfügungstellung der Uniform als Sachleistung mitberücksichtigt – obgleich die Überlassung einer solchen Uniform etwa nach § 3 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei wäre – und man darüber hinaus mögliche Leistungen zur sozialen Sicherung von E. einbeziehen würde, könnten die hierfür allenfalls in Ansatz zu bringenden Leistungen noch in hinreichendem Maße abgedeckt werden.
Da auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen für die Zahlung des Kindergeldes sowohl in der Person des Klägers als auch in derjenigen seines Sohnes E. erfüllt sind, steht dem Kläger bis zum Ende des Besuchs der Kriegsschule der Luftwaffe Kindergeld unter Einbeziehung von E. und in der sich aus Art. 33 Abs. 2 des deutsch-türkischen Abkommens ergebenden Höhe zu. Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.
Da das Ende der Berufsausbildung im Verlauf des Berufungsverfahrens mit dem 30. August 1991 eingetreten ist, war dies ergänzend im Tenor der vom Senat zu treffenden Entscheidung zum Ausdruck zu bringen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision hat der Senat zugelassen, da er der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimißt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
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