Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 Ka 710/76
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Auch jahrelang fortgesetzte Verstöße gegen administrative Pflichten des Kassenarztes (Nichtbeantwortung von Anfragen der Kassen, verspätete Abrechnungen) trotz Ordnungs- und disziplinärer Maßnahmen stellen eine gröbliche Verletzung kassenärztlicher Pflichten dar und rechtfertigen die Entziehung der Zulassung als Kassenarzt.
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1976 wird zurückgewiesen.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1931 geborene Kläger ist seit dem 21. Februar 1967 als prakt. Arzt in Frankfurt am Main zur Kassenpraxis zugelassen.
Bereits seit dem II. Quartal 1972 reichte er mit erheblicher Verspätung die Kassenabrechnungen bei der Beigeladenen zu 1) ein, so daß es ab dem II. Quartal 1972 gem. Leitzahl 803 der Grundsätze der Honorarverteilung (HVG) zu Honorarabzügen pro Quartal von 1.200,– DM kam. Die Verspätungen beliefen sich von 96 bis zu 192 Tagen. So ist die Kassenabrechnung für das IV. Quartal 1974 für die RVO-Kassen mit einer Verspätung von 110 Tagen und die für die Ersatz- und sonstigen Kassen mit 115 Tagen Verspätung bei der Beigeladenen zu 1) eingegangen. Ebenso sind die Kassenabrechnungen für das I. und II. Quartal 1975 mit 37 und 42 Tagen sowie 34 und 26 Tagen Verspätung eingereicht worden. Mit Bescheid vom 3. März 1976 belegte deshalb der Geschäftsausschuß der Beigeladenen zu 1) dem Kläger mit einem Honorarabzug in Höhe von 1.200,– DM. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. November 1976). Mit Urteil vom 9. März 1977 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die dagegen erhobene Klage abgewiesen und das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 25. Oktober 1978 die Berufung zurückgewiesen.
Wegen Verstoßes gegen kassenärztliche Pflichten hat der Disziplinarausschuß bei der Beigeladenen zu 1) mit Beschluss vom 23. Mai 1973 gegen den Kläger auf eine Geldbuße von 1.000,– DM erkannt, da er nachgewiesenermaßen fortgesetzt gegen seine Pflichten als Kassenarzt verstoßen habe. So habe er es in vier Fällen unterlassen, die angeforderten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und in einem nachgewiesenen Fall die Bescheinigung für das Krankengeld für die Krankenkassen auszustellen. In neun Fällen habe er Anfragen und Erinnerungen durch die Beigeladenen zu 1) bis 5) unerledigt gelassen, mit denen um Angabe der Behandlungstage wegen Unfallfolgen von Versicherten gebeten worden sei. Nach dem Bundesmantel- und Landesmantelvertrag sei er zur Beantwortung derartiger Anfragen verpflichtet. Weiterhin habe sei er zur Beantwortung derartiger Anfragen verpflichtet. Weiterhin habe er seit dem II. Quartal 1969 seine Honorarabrechnungen fortlaufend verspätet eingereicht. Der Kläger habe nachgewiesenermaßen damit fortgesetzt gegen seine Pflichten als Kassenarzt verstoßen. Sein Verhalten wiege um so schwerer, als auch regelmäßige Mahnungen und Erinnerungen sowohl durch die Krankenkassen wie auch die Beigeladene zu 1) nicht vermocht hätten, ihn zur Erledigung der anstehenden Fragen zu veranlassen. Er habe eine erschreckende Unkenntnis seiner Pflichten als Kassenarzt gezeigt und leide außerdem an mangelnder Einsicht. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die Fortsetzung solchen pflichtwidrigen Verhaltens die Frage nach der Entziehung der Zulassung als Kassenarzt aufwerfen werde. Bei dem Ausmaß der Verfehlungen und insbesondere ihrer Folgen für die Versicherten habe es der erkennende Ausschuß für erforderlich gehalten, auf den in § 366 m Abs. 4 Ziff. 1 RVO festgelegten Höchstbetrag einer Geldbuße von 1.000,– DM zu erkennen und den Kläger mit allem Nachdruck davor zu warnen, sein pflichtwidriges Verhalten fortzusetzen.
Die Beigeladene zu 5) beantragte über den Beigeladenen zu 4) am 10. Juli 1974 die Entziehung der Kassenzulassung des Klägers, da er keine Bereitschaft zeige, die den Kassenärzten und den Krankenkassen gemeinsam übertragenen Aufgaben im Sinne des Gesetzgebers anzugehen. Er verstoße laufend gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV) und des § 8 HVG. Wie sich aus den Beispielfällen ergebe, stelle er sogenannte Wunschbescheinigungen über die Arbeitsunfähigkeit aus. Außerdem beantworte er grundsätzlich die Anfragen nicht, die zur Beurteilung leistungsrechtlicher Fragen erforderlich seien. Weiterhin reiche er seine Abrechnungen nicht termingerecht ein. Der Kläger sei zu einer selbständigen Führung einer Kassenpraxis nicht mehr geeignet. Es sei wegen seines Verhaltens auch keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gegeben.
Mit Beschluss vom 12. November 1974 entzog der Zulassungsausschluß für Ärzte in Hessen dem Kläger die Zulassung gem. § 368 a Abs. 6 RVO i.V.m. § 27 ZO wegen gröblicher Verletzung der kassenärztlichen Pflichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beschluss des Beklagten vom 8. Dezember 1975 zurück. Zur Begründung führte er aus, die vorgeworfenen Pflichtverletzungen beträfen Verstöße gegen §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und § 8 HVG. Der Kläger habe sich in vier Arbeitsunfähigkeitsfällen nicht korrekt verhalten und in drei Fällen Anfragen der Krankenkassen nicht beantwortet. Eine weitere Verletzung der kassenärztlichen Pflichten sei in dem ständig verspäteten Einreichen der Abrechnungsunterlagen zu sehen. Diese gröblichen Pflichtverletzungen rechtfertigten die Entziehung der Kassenzulassung, noch dazu der Kläger trotz vielfacher Belehrung durch die Prüfungsinstanzen, durch die Geldbuße und durch hohe Honorarbezüge nicht zu einer Änderung seines Verhaltens veranlaßt worden sei. Besonders seine ablehnende Haltung gegenüber den administrativen Erfordernissen des Kassenarztsystems, die er trotz aller Ermahnungen Jahre hindurch fortgesetzt habe, habe das Vertrauensverhältnis zu den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung so schwer gestört, daß diesen eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar sei. Daß er künftighin zu einer gewissenhaften Erfüllung seiner Pflichten las Kassenarzt bereit sei, sei nicht gewährleistet. Seinen Wohlverhalten während der Dauer des Widerspruchsverfahrens stehe das früher gezeigte Fehlverhalten entgegen. Es habe erst ein Entziehungsbeschluß ergehen müssen, damit der Kläger seinen angeblichen Willen zu künftigem Wohlverhalten zu erkennen gebe. Eine so späte Reaktion sei noch keine ausreichende Gewähr dafür, daß sich bei ihm eine innere Wandlung vollzogen habe und er nunmehr zur gewissenhaften Erfüllung seiner Pflichten als Kassenarzt bereit sei. Umstände, die es ausnahmsweise hätten rechtfertigen können, von der Entziehung der Zulassung trotz fehlender Eignung des Klägers abzusehen, seien nicht erkennbar gewesen.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main, das mit Beschlüssen vom 21. Januar und 23. Juni 1976 die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, den Landesverband der Betriebskrankenkassen in Hessen, den Landesverband der Innungskrankenkassen für das Land Hessen und die Allgemeine Ortskrankenkasse F. zum Verfahren beigeladen hat, hat der Kläger vorgetragen, er habe im Quartal etwa 800 Patienten im Durchschnitt betreut. Das habe zu einer Überarbeitung geführt. Weitere Schwierigkeiten seien in den Jahren 1971 bis 1973 bezüglich seiner Praxisführung durch den Bau einer Eigentumswohnung hinzugetreten. Seine Praxissituation habe sich seit Anfang Januar 1975 grundlegend gebessert. Er beschäftige seitdem 1 1/2 Hilfskräfte, so daß er jetzt in der Lage sei, die Praxis einwandfrei zu führen. Die Abrechnungen seien seit dem I. Quartal 1975 praktisch pünktlich eingereicht worden. Die geringe Verzögerung bei der Abrechnung für das II. Quartal 1975 sei durch Krankheit bedingt gewesen, wofür er sich entschuldigt habe und ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegen könne. Es gäbe noch keine Schwierigkeiten mehr mit der Beantwortung von Anfragen seitens der Krankenkassen. Es dürfe dabei auch nicht übersehen werden, daß dort wiederholt Unterlagen verschlampt worden seien. Das habe dann zu Mahnaktionen geführt. Er sei nicht verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nochmals auszustellen. Im übrigen habe er die Anfragen der Kassen jeweils telefonisch beantwortet und dabei den Eindruck gewonnen, daß die Beamten hiermit zufrieden gewesen seien. Er habe gedacht, die einzelnen Angelegenheiten seien hiermit erledigt gewesen. Wegen ihm vorgehaltenen Verfehlungen, die durch Honorarabzüge oder durch das Disziplinarverfahren abgegolten seien, könne er jetzt nicht noch einmal mit dem Mittel der Entziehung der Zulassung bestraft werden. Der Entzug der Zulassung stehe außerdem in keinem Verhältnis zu der Schwere seiner Verfehlungen.
Dazu hat die Beigeladene zu 1) unter Hinweis auf das Schreiben der Vereinigung der hessischen Arbeitgeberverbände e.V. vom 30. April 1976 ausgeführt, der Kläger habe die Abrechnungen für das IV. Quartal 1975 und I. Quartal 1976 pünktlich eingereicht. In den Jahren 1975/76 habe sie von vier Vorgängen hinsichtlich ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Kenntnis erhalten.
Die Beigeladenen zu 2), 4) und 5) haben vorgetragen, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei ihnen nicht mehr zuzumuten. Aus diesem Grunde sei die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Beklagten anzuordnen.
Mit Urteil vom 23. Juni 1976 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Beklagten vom 8. Dezember 1975 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, zutreffend hätten der Zulassungsausschuß und der Beklagte dem Kläger die Zulassung zur RVO-Kassenpraxis gem. § 27 ZO entzogen. Es handele sich dabei um ermessensfehlerfreie Entscheidungen, wobei der Begriff der gröblichen Verletzung kassenärztlicher Pflichten als Kassenarzt habe der Kläger in einem erheblichen Maße verletzt. Er habe ständig über einen längeren Zeitraum gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG verstoßen. In mehreren Fällen habe er die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, obwohl dieser Tatbestand nicht gegeben gewesen sei. Weiterhin habe er von den Krankenkassen erbetene Auskünfte trotz mehrfacher Erinnerungen nicht erteilt oder mit Verspätung abgegeben. Die Honorarabrechnungen habe er erheblich verspätet, nämlich zwischen 74 und 164 Tagen, eingereicht. Eingeleitete Maßnahmen hätten nicht zu einer Änderung in der verwaltungsmäßigen Führung seiner Praxis geführt. Da alle möglichen Maßnahmen erfolglos geblieben seien, hätte zu dem harten Mittel des Entzugs der Zulassung gegriffen werden müssen. Es sei den Krankenkassen und der Beigeladenen zu 1) nicht zuzumuten, über Jahre hinaus mit einem verwaltungsmäßig unkorrekt arbeitenden Kassenarzt zusammenzuarbeiten, da hierdurch die kassenärztlichen Pflichten nicht gewahrt, so daß ein Wohlverhalten während des Verfahrens nicht so stark zu berücksichtigen sei. Er sei lediglich unter dem Druck des Entziehungsverfahrens bereit gewesen, seine verwaltungsmäßige Praxisführung zu ändern. Dem Antrag der Beigeladenen zu 4) und 5) auf sofortige Anordnung der Vollziehung der Entscheidung des Beklagten habe das Gericht nicht zu entsprechen vermocht. Zwar könne es durch das Verhalten des Klägers insbesondere im Hinblick auf das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden im Verhältnis zu dem starken Mittel des Entzugs der Zulassung für nicht so gravierend gehalten, daß die sofortige Vollziehung hätte angeordnet werden müssen. Auch erscheine es den Krankenkassen und der Beigeladenen zu 1) bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zumutbar, weiter mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, obwohl ihnen das auf unabsehbare Zeit nicht mehr zuzumuten sei.
Gegen das dem Kläger am 14. Juli 1976 zugestellte Urteil hat er am 16. August 1976 (Montag) bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt, zu deren Begründung er verträgt, sein Ausschluß als Kassenarzt könne nicht deshalb verlangt werden, weil ein gereizter Zustand zwischen der Beigeladenen zu 5) und ihm bestehe. Im übrigen läge sein Fehlverhalten über zwei Jahre zurück. Das würde dazu führen, daß er sofort wieder zugelassen werden müßte. Aus diesem Grunde könne ihm auch nicht die Zulassung entzogen werden. Daß ihm die Zulassung nicht sofort entzogen worden sei, zeige bereits, daß das öffentliche Interesse an der Entziehung der Kassenpraxis nicht so groß sein könne. Das gerügte Belastungsverhältnis sei entfallen. Die nach 1975 vorgebrachten Verfehlungen seien nicht geeignet, ein gestörtes Vertrauensverhältnis noch anzunehmen. Im übrigen seien die Vorwürfe nicht gerechtfertigt. Aus gesundheitlichen Gründen habe er nicht rechtzeitig die Abrechnungen erstellen können. Er habe seine Praxis so eingerichtet, daß er den Anforderungen in administrativen Bereich genügen könne. An erster Stelle seines ärztlichen Wirkens stünden jedoch seine Patienten. Wenn ihm nach 1975 Fehler unterlaufen seien, so beruhe das darauf, daß er wegen der drehenden Entziehung der Kassenzulassung seelisch zermürbt sei.
Der Kläger beantragt,
1) das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1976 sowie den Beschluss vom 12. November 1974 in der Gestalt des Beschlusses vom 8. Dezember 1975 aufzuheben,
2) hilfsweise,
die Revision zuzulassen,
3) hilfsweise,
von einer Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit abzusehen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, im I. Quartal 1975 lägen zwei Fälle vor, die vom Kläger ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beträfen. Gleiches gelte auch für das I. und IV. Quartal 1976, in denen er wiederum gegen § 12 Abs. 1 BMV, da er sämtliche von der Krankenkasse durchgeführten Arztanfragen unbeantwortet gelassen habe. Im II. und III. Quartal 1975 habe er jeweils ohne Angabe von Gründen seine Abrechnungen verspätet eingereicht. Mit Beschluss vom 18. Mai 1978 habe ihr Disziplinarausschuß wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten auf eine Geldbuße von 700,– DM erkannt.
Die Beigeladenen zu 4) und 5) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor, das Verhalten des Klägers sei unter Würdigung aller besonderen Umstände als gröblich i.S. von § 368 a Abs. 6 RVO anzusehen.
Unter Hinweis auf das Schreiben der Landwirtschaftlichen Fleischzentrale vom 9. Juni 1978 teilte die Beigeladene zu 5) auf eine gerichtliche Antrage mit, obwohl keine weiteren Aufzeichnungen über vertragswidriges Verhalten des Klägers vorlägen, könne nicht davon ausgegangen werden, daß sich in der Zwischenzeit das Vertragsverhältnis normalisiert habe.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 3) haben keine Anträge gestellt.
Die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Frankfurt am Main S 5/Ka-04/76 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch unbegründet.
Die vom Zulassungsausschuß mit Beschluss vom 12. November 1974 ausgesprochene und vom Beklagten mit Beschluss vom 9. Dezember 1978 bestätige Entziehung der Kassenzulassung des Klägers ist zu Recht erfolgt. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung des Beklagten, die der Senat nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG überprüfen konnte. Daß bereits mit Beschluss vom 23. Mai 1973 der Disziplinarausschuß bei der Beigeladenen zu 1) wegen Verletzung kassenärztlicher Pflichten auf eine Geldbuße von 1.000,– DM erkannt hat, stellt die Entziehung der kassenärztlichen Zulassung nicht in Frage. Das Disziplinarwesen ist nämlich ein Verwaltungsverfahren eigener Art, das getrennt von dem Verfahren über die Entziehung der Zulassung durchzuführen ist. Es ist kein Gerichtsverfahren, wie das Verfahren vor einem ärztlichen Berufsgericht, das ein Gerichtsverfahren eigener Art ist, auf das Art. 101 GG Anwendung findet (vgl. BVerfG 18, 254). Die Disziplinarstrafen sind folglich unabhängig von Verwaltungsmaßnahmen der Zulassungsinstanzen verhängbar. Der Grundsatz "ne bis in idem” kommt demnach hier nicht zum Zuge, weil es sich bei der Entziehung der Zulassung nicht um eine Strafe, sondern um eine Verwaltungsmaßnahme handelt. Denn eine Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung ist nicht Sanktion für strafwürdiges Verhalten, sondern eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der kassenärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten. Wegen dieses objektiven Sicherungszweckes rechtfertigen gröbliche Pflichtverletzungen eine Entziehung der Kassenzulassung (vgl. Heinemann-Liebold, Kassenarztrecht, 4. Aufl. zu § 368 a RVO, Anm. 11). Von einer Doppelbestrafung kann demgemäß keine Rede sein, so daß trotz der verhängten Geldbuße die Entziehung der Kassenzulassung ausgesprochen werden kann. Die Entscheidung ist daher mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vereinbar. Die Zulassungsinstanzen hielten damit zu vereinbar. Die Zulassungsinstanzen hielten damit zu Recht die Entziehung der Zulassung nicht durch die Disziplinarmaßnahme für verbraucht. Die angefochtene Entscheidung unterliegt daher auch unter diesem verfahrensrechtlichen Gerichtspunkt keinen Bedenken.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger ständig und über einen längeren Zeitraum gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG verstoßen und damit seine kassenärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Daß diese Verfehlungen nicht so gravierend wie die Verfälschung der Leistungsabrechnungen sind, die den vom Kläger vorgelegten Urteilen zugrunde lagen, ist nicht entscheidend. Denn auch Pflichtverletzungen, die sich ihrer Zahl oder ihrem Umfang nach nicht als besonders schwerwiegend darstellen, können "gröblich” i.S. des § 368 a Abs. 6 RVO sein, wenn es sich insbesondere um Verfehlungen handelt, die sich über Jahre erstreckt haben und ständig von dem Kassenarzt trotz Ermahnungen, Honorarabzügen und disziplinarischer Ahndungen nicht eingestellt worden sind. Ein individuelles Verschulden i.S. einer persönlichen Vorwerfbarkeit ist dabei nicht erforderlich (BSG in SozR Nr. 24 zu § 368 a RVO). Entscheidend allein ist, ob die Verstöße derart sind, daß er dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen erschüttert, die Ordnung des Kassenarztrechts, der er sich unterworfen hat, dadurch schwer gestört und der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen eine weitere Zusammenarbeit mit diesem Kassenarzt objektiv unzumutbar geworden ist.
Der Senat ist mit den Beklagten und dem Sozialgericht der Ansicht, daß der Kläger durch die ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen seine Eignung als Kassenarzt verloren hat. Diese Voraussetzung für die Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung ist nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30.3.1977, Az.: 6 RKa 4/76) eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der kassenärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten. Voraussetzung dabei ist, daß die begangenen Verstöße den Kassenarzt ungeeignet für die weitere Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung machen. Diese von der Rechtsprechung zum Zulassungsrecht entwickelten Grundsätze, ob nämlich ein Kassenarzt durch eine gröbliche Pflichtverletzung seine Eignung verloren hat, sich vorliegend sowohl von den Verwaltungsinstanzen unter Ausschöpfung des Beurteilungsspielraumes und dabei im ermessensgerechter Weise wie auch von Sozialgericht berücksichtigt worden. Wann man bei den gerügten Verfehlungen davon ausgegangen ist, daß das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen so schwer gestört sei, daß diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zugemutet werden könne, so ist diese Feststellung zutreffend (BSG 15, 183 f.; 34, 252 ff.).
Nicht nur eine peinlich genaue Leistungsabrechnung gehört zu den Grundpflichten des Kassenarztes, sondern auch die Beachtung der Pflichten, die in der RVO, in den Verträgen und autonomen Satzungen geregelt sind. Hier ist es besonders § 5 der Satzung, der gleichzeitig die Verpflichtung beinhaltet, die von der Beigeladenen zu 1) aufgrund ihres gesetzlichen und satzungsmäßigen Auftrags beschlossene Bestimmungen zu beachten. Zu diesen gehören, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, sowohl der BMV wie auch die HVG. Vorliegend sind es insbesondere die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG, gegen die der Kläger notorisch über einen längeren Zeitraum in einer kaum zu überbietenden Gleichgültigkeit verstoßen hat. Diese weitgehend im administrativen Bereich liegenden Pflichtverletzungen, die nicht etwa weniger schwerwiegend sind als die Verletzung sonstiger Pflichten, die auf medizinischem Gebiet liegen, hat den reibungslosen Ablauf der kassenärztlichen Versorgung erheblich beeinträchtigt. Der Senat ist wie vor ihm schon die Verwaltungsinstanzen und das Sozialgericht gleichfalls zu der Ansicht gelangt, daß der Kläger in dem IV. Quartal 1973 bis zum II. Quartal 1974 bei vier Versicherten der Beigeladenen zu 5) den Erfordernissen des § 12 Abs. 1 BMV nicht genügt hat. Diese Vorschrift stellt hinsichtlich der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bestimmte Voraussetzungen auf und führt im Grunde genommen nur das aus, was eigentlich für einen gewissenhaften Kassenarzt eine Selbstverständlichkeit sein muß, nämlich das Waltenlassen einer besonderen Sorgfalt. So darf die Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigt werden. Diesen selbstverständlichen Erfordernissen hat er in den vom Sozialgericht aufgeführten Fällen bezüglich der Patienten M. H. und R. T. nicht genügt, in denen er am 28. Dezember 1973 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat, ohne sie vorher untersucht zu haben. Eine derartige Untersuchung war auch gar nicht möglich, weil sich diese Versicherten zu diesem Zeitpunkt in Jugoslawien befanden. Weiterhin bescheinigte er dem Versicherten P. G., den er am 4. März 1974 arbeitsunfähig geschrieben hatte, am 10. Mai und 5. Juni 1974 Wegeunfähigkeit, obwohl G. am gleichen Tage in der Praxis des Klägers war, um sich einen Auszahlungsschein unterschreiben zu lassen. Im Falle des Versicherten D. Z. bescheinigte er bis zum 28. Juni 1974 ohne Angabe einer neuen Diagnose weiterhin Arbeitsunfähigkeit, obwohl der Durchgangsarzt, Dr. M., ab 25. März 1974 die Arbeitsunfähigkeit attestiert hatte. Zu Recht hat das Sozialgericht unter Würdigung des klägerischen Vorbringens, das im Widerspruch zu den Aktenunterlagen steht, eine Mißachtung des gesetzlichen Gebotes kassenärztlicher Pflichten gesehen, was auch hinsichtlich des § 19 Abs. 1 BMV gilt. Hiernach ist der Kassenarzt verpflichtet, den Krankenkassen ohne besonderes Honorar, aber gegen Erstattung der baren Auslagen, auf Verlangen die Auskünfte und Bescheinigungen zu erteilen, die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen. Diese auferlegte Pflicht ist nicht nur im Interesse der Krankenkassen postuliert, sondern auch im Interesse der Versicherten, was besonders dann gilt, wenn die Gewährung beantragter Leistungen hiervon abhängt. Die von den Beigeladenen zu 4) und 5) diesbezüglich vorgetragenen Beispiele, die das Sozialgericht zutreffend gewürdigt hat, zeigen mit aller Deutlichkeit die Gleichgültigkeit des Klägers gegenüber den ihm nach § 19 Abs. 1 BMV auferlegten Pflichten. Die Krankenkassen haben sich mit dauernden Erinnerungen und Mahnungen unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit der Fälle mit dem Kläger befassen müssen, um erforderliche Auskünfte oder Bescheinigungen zu erhalten. So hat er im Fall P. M. trotz Erinnerungen vom 31. Januar und 29. April 1973 eine Antrage der Beigeladenen zu 5) vom 6. Dezember 1973 unbeantwortet gelassen, ebenso bei dem Versicherten M. J., der seit Oktober 1973 arbeitsunfähig erkrankt war und dessen Einberufung nur Kur durch wiederholte Anfragen und Erinnerungen bis Juni 1974 zunichte gemacht worden ist. Das ist unzumutbar, weil dadurch die Funktionsfähigkeit des Systems der kassenärztlichen Versorgung schlechthin gefährdet wird. Wenn er telefonisch derartige Anfragen beantwortet haben will und wiederum in den gleichen Fällen die Beantwortung angemahnt wird, so mußte er doch erkennen, daß die Beantwortung den Adressaten nicht erreicht hat oder nicht erschöpfend war. Es wäre in diesen Fällen erforderlich gewesen, sofort mit schriftlichen oder erneuten telefonischen Beantwortungen zu reagieren. Soweit das geschehen ist, hat er sich Monate Zeit damit gelassen. Das entspricht nicht den Interessen der Krankenkassen, aber auch nicht denen der Sozialversicherten, denen er gleichfalls verantwortlich ist und die dadurch erheblich geschädigt worden sind.
Die fehlende Eignung des Klägers an der weiteren Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung haben die Zulassungsinstanzen der Honorarabrechnungen gesehen. Hierbei ist es zu Fristüberschreitungen trotz rechtsverbindlichen Disziplinarbeschlusses zwischen 74 und 164 Tagen gekommen, was besonders für das III. Quartal 1973 bis zum IV. Quartal 1974 gilt. Selbst die Abrechnungen für das I. Quartal 1975 reichte er mit einer Überschreitung von 37, die für des II. Quartal 1975 mit einer solchen von 34 Tagen ein. Hinsichtlich dieser Verstöße hat der Kläger eine kaum zu überbietende Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, obwohl er seit dem II. Quartal 1972 nahezu ausnahmslos mit einem Honorarabzug in Höhe von 1.200,– DM wegen verspäteter Einreichung der Abrechnungen belegt worden ist. Das hat er mit einer Selbstverständlichkeit so gehandhabt, die eine Uneinsichtigkeit gegenüber den kassenärztlichen Pflichten besonders deutlich macht. Auch die Disziplinarentscheidung des Jahres 1973 hat an diesem Verhalten nichts geändert, obwohl ihn der Disziplinarausschuß bereits darauf hingewiesen hatte, daß er bei weiterer Nichtbeachtung seiner Pflichten mit dem Entzug der Zulassung rechnen müsse. Dieses Verhalten macht gleichfalls die fehlende Eignung des Klägers für die kassenärztliche Tätigkeit deutlich und führt mit dazu, die Entziehung der Zulassung auszusprechen. Wenn diese ihm zur Last gelegten Verfehlungen im Einzelfalle nicht so gravierend sein mögen, so führen sie aber bei ständigen Wiederholungen zu einer Gefährdung der kassenärztlichen Versorgung. Würde sich jeder Kassenarzt so wie der Kläger verhalten, dann wäre es den kassenärztlichen Vereinigungen nicht möglich, die den Krankenkassen nach § 182 RVO obliegende ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO).
Die vorliegend getroffenen Feststellungen machen deutlich, daß sich nicht nur die Krankenkassen, sondern auch die Kassenärztliche Vereinigung in einem Umfang mit dem Kläger befassen mußten, der unzumutbar ist, weil er die Funktionsfähigkeit des Systems der Kassenärztlichen Versorgung schlechthin gefährdet. Wenn ein Kassenarzt – wie der Kläger – durch sein Verhalten über mehrere Jahre hinweg zu erkennen gibt, daß er nicht bereit ist, sich in das geltende Kassenarztsystem einzufügen, insbesondere nicht die ihm auferlegten Gebote zu beachten gedenkt, so ist er als Kassenarzt ungeeignet (BSG, SozR Nr. 36 zu § 368 a RVO). Die ihm zur Last gelegten Verfehlungen zeigen darüber hinaus, daß er gegenüber den Erfordernissen einer geordneten Abrechnung wie auch hinsichtlich der auferlegten Pflichten, die im BMV geregelt sind, eine solche Gleichgültigkeit gezeigt hat, daß den Beigeladenen bei dem dadurch schwer gestörten Vertrauensverhältnis eine weitere Zusammenarbeit mit ihm wegen der fehlenden Eignung nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist ein Hinderungsgrund für die kassenärztliche Tätigkeit, der regelmäßig zur Entziehung der Zulassung zwingt (BSG, Urt. v. 28.5.1968, Az.: 6 RKa 22/67). Bei diesen vorsätzlichen Verstößen gegen kassenärztliche Pflichten stellt der Entzug der Zulassung kein unverhältnismäßig schweres Mittel dar, noch dazu seine objektive Gefährlichkeit nicht durch andere verwaltungsmäßige Mittel, wie Honorarabzug und Disziplinarmaßnahmen genommen werden konnte.
Die dazu von dem Kläger vorgebrachten Entschuldigungsgründe, die zum großen Teil in seinem persönlichen Bereich liegen, entlasten ihn nicht. Der Senat teilt die vom Sozialgericht dazu angestellten Überlegungen. Er hätte als Großstadtarzt, der sich in einer günstigeren Lage als ein überbeschäftigter Landarzt befindet, unschwer die Überbeanspruchung auf ein erträgliches Maß abbauen oder durch eine zweckmäßigere Organisation seiner Praxis ausgleichen können, wie es nach seinem eigenen Vorbringen jetzt auch geschehen sein soll. Die von ihm vorgebrachten Gründe runden eigentlich nur das Bild ab, daß er nämlich zu den im administrativen Bereich liegenden kassenärztlichen Pflichten keinerlei Beziehungen hat.
Da dem Kläger nach alledem die Eignung zur Ausübung der Kassenpraxis fehlt, war das Ermessen der Zulassungsinstanzen derart eingeschränkt, daß die Zulassung entzogen werden mußte (BSG a.a.O. Nr. 30 u. 36). Umstände, die es rechtfertigen, von der Entziehung der Zulassung abzusehen, sind nicht erkennbar. Wie insbesondere die über Jahre gehenden Verfehlungen des Klägers beweisen, ist er entweder nicht willens oder nicht fähig, die gesetzliche Ordnung des Kassenarztrechts einzuhalten. In Würdigung der gesamten Sach- und Rechtslage ist dem Beklagten vorliegend keine andere Entscheidungsmöglichkeit geblieben, denn das Vertrauensverhältnis zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen und dem Kläger ist schlechthin gestört. In einem solchen Fall scheiden andere Maßnahmen aus. Daran hat auch sein Verhalten während des Rechtsstreits nichts geändert. Trotzdem hat das Sozialgericht geprüft, ob sich der Kläger von seinem früheren Fehlverhalten gelöst hat und sich in der Zukunft wohl verhalten wird. Wenn es solche Änderungen der Sachlage während des Rechtsstreits, die grundsätzlich zu berücksichtigen sind, was besonders dann gilt, wenn die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung nicht angeordnet worden ist, nicht festgestellt hat, so ist das nicht zu beanstanden. Dabei hat es richtig erkannt, daß ein Wohlverhalten während des Prozesses weniger Gewicht als das vorwerfbare Verhalten in der Zeit vor der Zulassungsentziehung hat (BSG 33, 161 ff.). Wie das Sozialgericht hat der erkennende Senat ebenfalls die Frage geprüft, ob die Gründe, die im Verwaltungsverfahren zur Entziehung der Kassenzulassung des Klägers geführt haben, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat noch fortbestehen. Er hat diese Frage bejaht. Die Tatsache allein, daß beim Kläger während des von ihm geführten Klageverfahrens gegen die Entziehung der Zulassung keine gehäuften Verfehlungen der im Verwaltungsverfahren ermittelten Art mehr festgestellt worden sind, kann keineswegs die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit durch Zeitablauf zu seinen Gunsten beeinflussen. Für die Annahme, daß das durch die schweren Verfehlungen zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen ihm und den an der kassenärztlichen Selbstverwaltung und der gesetzlichen Krankenkassen wieder hergestellt worden ist, hat die Verhandlung vor dem erkennenden Senat keine Anhaltspunkte ergeben. Abgesehen davon, daß die Wiederherstellung der zerstörten Vertrauensgrundlage nicht einzeitig erfolgen kann, sind aus den Jahren 1975 bis 1978 weitere Vorgänge betreffend ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, verspäteter Abrechnungen bezüglich des II. und III. Quartals 1975 und unbeantworteter Arztanfragen bekannt geworden. Weiterhin ist ein Disziplinarverfahren vom 26. April 1978 auf Veranlassung der DAK-Landesgeschäftsstelle Hessen durchgeführt worden, das wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu einer Geldbuße von 700,– DM geführt hat. Die dazu vorgetragenen Fälle haben wiederum verdeutlicht, daß der Kläger die besondere Sorgfaltspflicht bei der Ausstellung von Bescheinigungen bezüglich der Arbeitsunfähigkeit und Bettlägerigkeit noch mißachtet, obwohl er aus dem gleichen Grunde im Jahre 1973 mit einer erheblichen Geldbuße belegt worden war. Daß es sich dabei um Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten handelt, ist nicht von Bedeutung, da insoweit das Vertrauen der kassenärztlichen Selbstverwaltung weiterhin erschüttert wird, weil sie damit erkennen muß, daß der Kläger sein Verhalten auch nach 1974 nicht wesentlich geändert hat. Denn nach wie vor führt er nur mangelhafte Aufzeichnungen, die es ihm nicht gestatten, über Befunde zu berichten. Der ihm auferlegten Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Ausstellung von Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit und Bettlägerigkeit hat er gleichfalls nicht genügt. Dadurch hat er erhebliche Geldleistungen durch die Krankenkasse ausgelöst, die von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung sind.
Daß von einem Wohlverhalten auch gegenüber den am Verfahren beteiligten weiteren Beigeladenen, besonders gegenüber der Beigeladenen zu 5), nicht gesprochen werden kann, folgt aus der Beschwerde der Landwirtschaftlichen Fleischzentrale GmbH vom 9. Juni 1978 wegen einer ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Damit hat der Kläger begründete Zweifel in sein zukünftiges Wohlverhalten erneut wachgerufen. Die nach 1975 gerügten Verfehlungen haben ein peinlich korrektes Verhalten vermissen lassen, was nach seinem vorausgegangenen Fehlverhalten zur Begründung eines neuen Vertrauensverhältnisses, besonders gegenüber der Beigeladenen zu 1), erforderlich gewesen wäre. Der Senat ist daher wie das Sozialgericht gleichfalls der Ansicht, daß im Falle des Klägers das Vertrauen der kassenärztlichen Selbstverwaltung und der gesetzlichen Krankenkassen weiterhin in solchem Maße erschüttert ist, daß den Beigeladenen eine Fortdauer der Rechtsbeziehungen zu ihm im Interesse einer geordneten kassenärztlichen Versorgung nicht mehr zumutbar ist. Bei dem Verhalten des Klägers besteht auch ein öffentliches Interesse an der Entziehung der Zulassung. Sie ist immer dann gerechtfertigt, wenn die begangenen Verstöße den Kassenarzt ungeeignet für die weitere Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung machen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das besondere öffentliche Interesse, das den Schutz der Versichertengemeinschaft sicherstellen soll, über das allgemeine Interesse des einzelnen an der Entziehung hinausgeht. Bei der gebetenen Abwägung dieser widerstreitenden Interessen kommt im vorliegenden Falle eine andere Entscheidung als die Bestätigung der Entziehung der Zulassung nicht in Betracht. Die Verfehlungen des Klägers wirken sich auf die Erhaltung der Leistungskraft der Krankenkassen im Hinblick auf deren Verantwortung den Versicherten gegenüber besonders nachteilig aus und müssen deshalb zu entsprechenden Maßnahmen führen. Das gilt auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1). Die Entziehung der Kassenzulassung führt im Falle des Klägers nicht zu einem "Berufsverbot”, denn es besteht bei seinem Alter für ihn die Möglichkeit, eine Privatpraxis zu betreiben, als angestellter Arzt zu arbeiten oder in der Industrie tätig zu werden. Eine Existenzvernichtung tritt damit nicht ein. Im übrigen handelt es sich dabei auch nicht um eine endgültige Entscheidung. Es ist vorstellbar, daß der Kläger bei entsprechendem Wohlverhalten nach einigen Jahren die Zulassung wieder erhält. Der Entzug der Kassenarztzulassung wegen der gröblichen Verletzung kassenärztlicher Pflichten bedeutet nämlich nicht, daß der Kassenarzt für immer von der kassenärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen wird. Auf die Zulassung zu der kassenärztlichen Tätigkeit hat jeder Arzt, der die für diese erforderliche Eignung besitzt und zu ihrer Ausübung bereit ist, einen Rechtsanspruch, weil durch einen nicht aus vordringlichen öffentlichen Interessen gebotenen Ausschluß von dieser Tätigkeit das Grundrecht des Arztes auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt wird (vgl. BVerfG Bd. 11, 30). Das gilt auch für die erneute Zulassung wegen des Verlustes der erforderlichen Eignung entzogen worden ist. Er kann auch deshalb nur solange gegen seinen Willen von der Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen werden, wie sich die Wiedererlangung seiner Eignung nicht feststellen läßt. Beweist er, daß er für die Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit die erforderliche Eignung wiedergewonnen hat, besitzt er, wie jeder andere Arzt auch, einen Rechtsanspruch auf die Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit (vgl. BSG in SozR Nr. 35 zu § 368 a RVO). Im gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich jedoch nicht feststellen, daß der Kläger zur Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit, die erforderliche Eignung bereits wiedererlangt hätte.
Der vorliegende Fall bietet entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 4) und 5) keine so weitgehenden Besonderheiten, daß es gerechtfertigt wäre, gem. § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Beklagten anzuordnen, was bereits der Beklagte mit seinem Beschluss vom 8. Dezember 1975 hätte vornehmen können. Aus den Gründen, die das Sozialgericht für seine Überlegungen angeführt hat, sieht sich der Senat ebenfalls nicht in der Lage, die sofortige Vollziehung der Entziehung der Zulassung als Kassenarzt anzuordnen. Damit ist kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand für den Kläger für alle Zeiten geschaffen worden, sondern allenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils.
Die Berufung des Klägers mußte deshalb zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1931 geborene Kläger ist seit dem 21. Februar 1967 als prakt. Arzt in Frankfurt am Main zur Kassenpraxis zugelassen.
Bereits seit dem II. Quartal 1972 reichte er mit erheblicher Verspätung die Kassenabrechnungen bei der Beigeladenen zu 1) ein, so daß es ab dem II. Quartal 1972 gem. Leitzahl 803 der Grundsätze der Honorarverteilung (HVG) zu Honorarabzügen pro Quartal von 1.200,– DM kam. Die Verspätungen beliefen sich von 96 bis zu 192 Tagen. So ist die Kassenabrechnung für das IV. Quartal 1974 für die RVO-Kassen mit einer Verspätung von 110 Tagen und die für die Ersatz- und sonstigen Kassen mit 115 Tagen Verspätung bei der Beigeladenen zu 1) eingegangen. Ebenso sind die Kassenabrechnungen für das I. und II. Quartal 1975 mit 37 und 42 Tagen sowie 34 und 26 Tagen Verspätung eingereicht worden. Mit Bescheid vom 3. März 1976 belegte deshalb der Geschäftsausschuß der Beigeladenen zu 1) dem Kläger mit einem Honorarabzug in Höhe von 1.200,– DM. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 16. November 1976). Mit Urteil vom 9. März 1977 hat das Sozialgericht Frankfurt am Main die dagegen erhobene Klage abgewiesen und das Hessische Landessozialgericht mit Urteil vom 25. Oktober 1978 die Berufung zurückgewiesen.
Wegen Verstoßes gegen kassenärztliche Pflichten hat der Disziplinarausschuß bei der Beigeladenen zu 1) mit Beschluss vom 23. Mai 1973 gegen den Kläger auf eine Geldbuße von 1.000,– DM erkannt, da er nachgewiesenermaßen fortgesetzt gegen seine Pflichten als Kassenarzt verstoßen habe. So habe er es in vier Fällen unterlassen, die angeforderten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und in einem nachgewiesenen Fall die Bescheinigung für das Krankengeld für die Krankenkassen auszustellen. In neun Fällen habe er Anfragen und Erinnerungen durch die Beigeladenen zu 1) bis 5) unerledigt gelassen, mit denen um Angabe der Behandlungstage wegen Unfallfolgen von Versicherten gebeten worden sei. Nach dem Bundesmantel- und Landesmantelvertrag sei er zur Beantwortung derartiger Anfragen verpflichtet. Weiterhin habe sei er zur Beantwortung derartiger Anfragen verpflichtet. Weiterhin habe er seit dem II. Quartal 1969 seine Honorarabrechnungen fortlaufend verspätet eingereicht. Der Kläger habe nachgewiesenermaßen damit fortgesetzt gegen seine Pflichten als Kassenarzt verstoßen. Sein Verhalten wiege um so schwerer, als auch regelmäßige Mahnungen und Erinnerungen sowohl durch die Krankenkassen wie auch die Beigeladene zu 1) nicht vermocht hätten, ihn zur Erledigung der anstehenden Fragen zu veranlassen. Er habe eine erschreckende Unkenntnis seiner Pflichten als Kassenarzt gezeigt und leide außerdem an mangelnder Einsicht. Es könne keinem Zweifel unterliegen, daß die Fortsetzung solchen pflichtwidrigen Verhaltens die Frage nach der Entziehung der Zulassung als Kassenarzt aufwerfen werde. Bei dem Ausmaß der Verfehlungen und insbesondere ihrer Folgen für die Versicherten habe es der erkennende Ausschuß für erforderlich gehalten, auf den in § 366 m Abs. 4 Ziff. 1 RVO festgelegten Höchstbetrag einer Geldbuße von 1.000,– DM zu erkennen und den Kläger mit allem Nachdruck davor zu warnen, sein pflichtwidriges Verhalten fortzusetzen.
Die Beigeladene zu 5) beantragte über den Beigeladenen zu 4) am 10. Juli 1974 die Entziehung der Kassenzulassung des Klägers, da er keine Bereitschaft zeige, die den Kassenärzten und den Krankenkassen gemeinsam übertragenen Aufgaben im Sinne des Gesetzgebers anzugehen. Er verstoße laufend gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV) und des § 8 HVG. Wie sich aus den Beispielfällen ergebe, stelle er sogenannte Wunschbescheinigungen über die Arbeitsunfähigkeit aus. Außerdem beantworte er grundsätzlich die Anfragen nicht, die zur Beurteilung leistungsrechtlicher Fragen erforderlich seien. Weiterhin reiche er seine Abrechnungen nicht termingerecht ein. Der Kläger sei zu einer selbständigen Führung einer Kassenpraxis nicht mehr geeignet. Es sei wegen seines Verhaltens auch keine Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mehr gegeben.
Mit Beschluss vom 12. November 1974 entzog der Zulassungsausschluß für Ärzte in Hessen dem Kläger die Zulassung gem. § 368 a Abs. 6 RVO i.V.m. § 27 ZO wegen gröblicher Verletzung der kassenärztlichen Pflichten. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beschluss des Beklagten vom 8. Dezember 1975 zurück. Zur Begründung führte er aus, die vorgeworfenen Pflichtverletzungen beträfen Verstöße gegen §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und § 8 HVG. Der Kläger habe sich in vier Arbeitsunfähigkeitsfällen nicht korrekt verhalten und in drei Fällen Anfragen der Krankenkassen nicht beantwortet. Eine weitere Verletzung der kassenärztlichen Pflichten sei in dem ständig verspäteten Einreichen der Abrechnungsunterlagen zu sehen. Diese gröblichen Pflichtverletzungen rechtfertigten die Entziehung der Kassenzulassung, noch dazu der Kläger trotz vielfacher Belehrung durch die Prüfungsinstanzen, durch die Geldbuße und durch hohe Honorarbezüge nicht zu einer Änderung seines Verhaltens veranlaßt worden sei. Besonders seine ablehnende Haltung gegenüber den administrativen Erfordernissen des Kassenarztsystems, die er trotz aller Ermahnungen Jahre hindurch fortgesetzt habe, habe das Vertrauensverhältnis zu den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung so schwer gestört, daß diesen eine weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht mehr zumutbar sei. Daß er künftighin zu einer gewissenhaften Erfüllung seiner Pflichten las Kassenarzt bereit sei, sei nicht gewährleistet. Seinen Wohlverhalten während der Dauer des Widerspruchsverfahrens stehe das früher gezeigte Fehlverhalten entgegen. Es habe erst ein Entziehungsbeschluß ergehen müssen, damit der Kläger seinen angeblichen Willen zu künftigem Wohlverhalten zu erkennen gebe. Eine so späte Reaktion sei noch keine ausreichende Gewähr dafür, daß sich bei ihm eine innere Wandlung vollzogen habe und er nunmehr zur gewissenhaften Erfüllung seiner Pflichten als Kassenarzt bereit sei. Umstände, die es ausnahmsweise hätten rechtfertigen können, von der Entziehung der Zulassung trotz fehlender Eignung des Klägers abzusehen, seien nicht erkennbar gewesen.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main, das mit Beschlüssen vom 21. Januar und 23. Juni 1976 die Kassenärztliche Vereinigung Hessen, den Landesverband der Betriebskrankenkassen in Hessen, den Landesverband der Innungskrankenkassen für das Land Hessen und die Allgemeine Ortskrankenkasse F. zum Verfahren beigeladen hat, hat der Kläger vorgetragen, er habe im Quartal etwa 800 Patienten im Durchschnitt betreut. Das habe zu einer Überarbeitung geführt. Weitere Schwierigkeiten seien in den Jahren 1971 bis 1973 bezüglich seiner Praxisführung durch den Bau einer Eigentumswohnung hinzugetreten. Seine Praxissituation habe sich seit Anfang Januar 1975 grundlegend gebessert. Er beschäftige seitdem 1 1/2 Hilfskräfte, so daß er jetzt in der Lage sei, die Praxis einwandfrei zu führen. Die Abrechnungen seien seit dem I. Quartal 1975 praktisch pünktlich eingereicht worden. Die geringe Verzögerung bei der Abrechnung für das II. Quartal 1975 sei durch Krankheit bedingt gewesen, wofür er sich entschuldigt habe und ein entsprechendes ärztliches Attest vorlegen könne. Es gäbe noch keine Schwierigkeiten mehr mit der Beantwortung von Anfragen seitens der Krankenkassen. Es dürfe dabei auch nicht übersehen werden, daß dort wiederholt Unterlagen verschlampt worden seien. Das habe dann zu Mahnaktionen geführt. Er sei nicht verpflichtet, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nochmals auszustellen. Im übrigen habe er die Anfragen der Kassen jeweils telefonisch beantwortet und dabei den Eindruck gewonnen, daß die Beamten hiermit zufrieden gewesen seien. Er habe gedacht, die einzelnen Angelegenheiten seien hiermit erledigt gewesen. Wegen ihm vorgehaltenen Verfehlungen, die durch Honorarabzüge oder durch das Disziplinarverfahren abgegolten seien, könne er jetzt nicht noch einmal mit dem Mittel der Entziehung der Zulassung bestraft werden. Der Entzug der Zulassung stehe außerdem in keinem Verhältnis zu der Schwere seiner Verfehlungen.
Dazu hat die Beigeladene zu 1) unter Hinweis auf das Schreiben der Vereinigung der hessischen Arbeitgeberverbände e.V. vom 30. April 1976 ausgeführt, der Kläger habe die Abrechnungen für das IV. Quartal 1975 und I. Quartal 1976 pünktlich eingereicht. In den Jahren 1975/76 habe sie von vier Vorgängen hinsichtlich ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Kenntnis erhalten.
Die Beigeladenen zu 2), 4) und 5) haben vorgetragen, eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger sei ihnen nicht mehr zuzumuten. Aus diesem Grunde sei die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Beklagten anzuordnen.
Mit Urteil vom 23. Juni 1976 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Anträge auf Anordnung der sofortigen Vollziehung des Beschlusses des Beklagten vom 8. Dezember 1975 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, zutreffend hätten der Zulassungsausschuß und der Beklagte dem Kläger die Zulassung zur RVO-Kassenpraxis gem. § 27 ZO entzogen. Es handele sich dabei um ermessensfehlerfreie Entscheidungen, wobei der Begriff der gröblichen Verletzung kassenärztlicher Pflichten als Kassenarzt habe der Kläger in einem erheblichen Maße verletzt. Er habe ständig über einen längeren Zeitraum gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG verstoßen. In mehreren Fällen habe er die Arbeitsunfähigkeit bescheinigt, obwohl dieser Tatbestand nicht gegeben gewesen sei. Weiterhin habe er von den Krankenkassen erbetene Auskünfte trotz mehrfacher Erinnerungen nicht erteilt oder mit Verspätung abgegeben. Die Honorarabrechnungen habe er erheblich verspätet, nämlich zwischen 74 und 164 Tagen, eingereicht. Eingeleitete Maßnahmen hätten nicht zu einer Änderung in der verwaltungsmäßigen Führung seiner Praxis geführt. Da alle möglichen Maßnahmen erfolglos geblieben seien, hätte zu dem harten Mittel des Entzugs der Zulassung gegriffen werden müssen. Es sei den Krankenkassen und der Beigeladenen zu 1) nicht zuzumuten, über Jahre hinaus mit einem verwaltungsmäßig unkorrekt arbeitenden Kassenarzt zusammenzuarbeiten, da hierdurch die kassenärztlichen Pflichten nicht gewahrt, so daß ein Wohlverhalten während des Verfahrens nicht so stark zu berücksichtigen sei. Er sei lediglich unter dem Druck des Entziehungsverfahrens bereit gewesen, seine verwaltungsmäßige Praxisführung zu ändern. Dem Antrag der Beigeladenen zu 4) und 5) auf sofortige Anordnung der Vollziehung der Entscheidung des Beklagten habe das Gericht nicht zu entsprechen vermocht. Zwar könne es durch das Verhalten des Klägers insbesondere im Hinblick auf das Ausstellen von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erheblichen volkswirtschaftlichen Schäden im Verhältnis zu dem starken Mittel des Entzugs der Zulassung für nicht so gravierend gehalten, daß die sofortige Vollziehung hätte angeordnet werden müssen. Auch erscheine es den Krankenkassen und der Beigeladenen zu 1) bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung zumutbar, weiter mit dem Kläger zusammenzuarbeiten, obwohl ihnen das auf unabsehbare Zeit nicht mehr zuzumuten sei.
Gegen das dem Kläger am 14. Juli 1976 zugestellte Urteil hat er am 16. August 1976 (Montag) bei dem Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt, zu deren Begründung er verträgt, sein Ausschluß als Kassenarzt könne nicht deshalb verlangt werden, weil ein gereizter Zustand zwischen der Beigeladenen zu 5) und ihm bestehe. Im übrigen läge sein Fehlverhalten über zwei Jahre zurück. Das würde dazu führen, daß er sofort wieder zugelassen werden müßte. Aus diesem Grunde könne ihm auch nicht die Zulassung entzogen werden. Daß ihm die Zulassung nicht sofort entzogen worden sei, zeige bereits, daß das öffentliche Interesse an der Entziehung der Kassenpraxis nicht so groß sein könne. Das gerügte Belastungsverhältnis sei entfallen. Die nach 1975 vorgebrachten Verfehlungen seien nicht geeignet, ein gestörtes Vertrauensverhältnis noch anzunehmen. Im übrigen seien die Vorwürfe nicht gerechtfertigt. Aus gesundheitlichen Gründen habe er nicht rechtzeitig die Abrechnungen erstellen können. Er habe seine Praxis so eingerichtet, daß er den Anforderungen in administrativen Bereich genügen könne. An erster Stelle seines ärztlichen Wirkens stünden jedoch seine Patienten. Wenn ihm nach 1975 Fehler unterlaufen seien, so beruhe das darauf, daß er wegen der drehenden Entziehung der Kassenzulassung seelisch zermürbt sei.
Der Kläger beantragt,
1) das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1976 sowie den Beschluss vom 12. November 1974 in der Gestalt des Beschlusses vom 8. Dezember 1975 aufzuheben,
2) hilfsweise,
die Revision zuzulassen,
3) hilfsweise,
von einer Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit abzusehen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, im I. Quartal 1975 lägen zwei Fälle vor, die vom Kläger ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen beträfen. Gleiches gelte auch für das I. und IV. Quartal 1976, in denen er wiederum gegen § 12 Abs. 1 BMV, da er sämtliche von der Krankenkasse durchgeführten Arztanfragen unbeantwortet gelassen habe. Im II. und III. Quartal 1975 habe er jeweils ohne Angabe von Gründen seine Abrechnungen verspätet eingereicht. Mit Beschluss vom 18. Mai 1978 habe ihr Disziplinarausschuß wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten auf eine Geldbuße von 700,– DM erkannt.
Die Beigeladenen zu 4) und 5) beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tragen vor, das Verhalten des Klägers sei unter Würdigung aller besonderen Umstände als gröblich i.S. von § 368 a Abs. 6 RVO anzusehen.
Unter Hinweis auf das Schreiben der Landwirtschaftlichen Fleischzentrale vom 9. Juni 1978 teilte die Beigeladene zu 5) auf eine gerichtliche Antrage mit, obwohl keine weiteren Aufzeichnungen über vertragswidriges Verhalten des Klägers vorlägen, könne nicht davon ausgegangen werden, daß sich in der Zwischenzeit das Vertragsverhältnis normalisiert habe.
Der Beklagte und der Beigeladene zu 3) haben keine Anträge gestellt.
Die Verwaltungsakten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts Frankfurt am Main S 5/Ka-04/76 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch unbegründet.
Die vom Zulassungsausschuß mit Beschluss vom 12. November 1974 ausgesprochene und vom Beklagten mit Beschluss vom 9. Dezember 1978 bestätige Entziehung der Kassenzulassung des Klägers ist zu Recht erfolgt. Es handelt sich dabei um eine Ermessensentscheidung des Beklagten, die der Senat nur im Rahmen des § 54 Abs. 2 Satz 2 SGG überprüfen konnte. Daß bereits mit Beschluss vom 23. Mai 1973 der Disziplinarausschuß bei der Beigeladenen zu 1) wegen Verletzung kassenärztlicher Pflichten auf eine Geldbuße von 1.000,– DM erkannt hat, stellt die Entziehung der kassenärztlichen Zulassung nicht in Frage. Das Disziplinarwesen ist nämlich ein Verwaltungsverfahren eigener Art, das getrennt von dem Verfahren über die Entziehung der Zulassung durchzuführen ist. Es ist kein Gerichtsverfahren, wie das Verfahren vor einem ärztlichen Berufsgericht, das ein Gerichtsverfahren eigener Art ist, auf das Art. 101 GG Anwendung findet (vgl. BVerfG 18, 254). Die Disziplinarstrafen sind folglich unabhängig von Verwaltungsmaßnahmen der Zulassungsinstanzen verhängbar. Der Grundsatz "ne bis in idem” kommt demnach hier nicht zum Zuge, weil es sich bei der Entziehung der Zulassung nicht um eine Strafe, sondern um eine Verwaltungsmaßnahme handelt. Denn eine Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung ist nicht Sanktion für strafwürdiges Verhalten, sondern eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der kassenärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten. Wegen dieses objektiven Sicherungszweckes rechtfertigen gröbliche Pflichtverletzungen eine Entziehung der Kassenzulassung (vgl. Heinemann-Liebold, Kassenarztrecht, 4. Aufl. zu § 368 a RVO, Anm. 11). Von einer Doppelbestrafung kann demgemäß keine Rede sein, so daß trotz der verhängten Geldbuße die Entziehung der Kassenzulassung ausgesprochen werden kann. Die Entscheidung ist daher mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit vereinbar. Die Zulassungsinstanzen hielten damit zu vereinbar. Die Zulassungsinstanzen hielten damit zu Recht die Entziehung der Zulassung nicht durch die Disziplinarmaßnahme für verbraucht. Die angefochtene Entscheidung unterliegt daher auch unter diesem verfahrensrechtlichen Gerichtspunkt keinen Bedenken.
Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, hat der Kläger ständig und über einen längeren Zeitraum gegen die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG verstoßen und damit seine kassenärztlichen Pflichten gröblich verletzt. Daß diese Verfehlungen nicht so gravierend wie die Verfälschung der Leistungsabrechnungen sind, die den vom Kläger vorgelegten Urteilen zugrunde lagen, ist nicht entscheidend. Denn auch Pflichtverletzungen, die sich ihrer Zahl oder ihrem Umfang nach nicht als besonders schwerwiegend darstellen, können "gröblich” i.S. des § 368 a Abs. 6 RVO sein, wenn es sich insbesondere um Verfehlungen handelt, die sich über Jahre erstreckt haben und ständig von dem Kassenarzt trotz Ermahnungen, Honorarabzügen und disziplinarischer Ahndungen nicht eingestellt worden sind. Ein individuelles Verschulden i.S. einer persönlichen Vorwerfbarkeit ist dabei nicht erforderlich (BSG in SozR Nr. 24 zu § 368 a RVO). Entscheidend allein ist, ob die Verstöße derart sind, daß er dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen erschüttert, die Ordnung des Kassenarztrechts, der er sich unterworfen hat, dadurch schwer gestört und der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen eine weitere Zusammenarbeit mit diesem Kassenarzt objektiv unzumutbar geworden ist.
Der Senat ist mit den Beklagten und dem Sozialgericht der Ansicht, daß der Kläger durch die ihm zur Last gelegten Pflichtverletzungen seine Eignung als Kassenarzt verloren hat. Diese Voraussetzung für die Zulassungsentziehung wegen gröblicher Pflichtverletzung ist nach Ansicht des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 30.3.1977, Az.: 6 RKa 4/76) eine Maßnahme der Verwaltung, die allein dazu dient, das System der kassenärztlichen Versorgung vor Störungen zu bewahren und damit funktionsfähig zu erhalten. Voraussetzung dabei ist, daß die begangenen Verstöße den Kassenarzt ungeeignet für die weitere Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung machen. Diese von der Rechtsprechung zum Zulassungsrecht entwickelten Grundsätze, ob nämlich ein Kassenarzt durch eine gröbliche Pflichtverletzung seine Eignung verloren hat, sich vorliegend sowohl von den Verwaltungsinstanzen unter Ausschöpfung des Beurteilungsspielraumes und dabei im ermessensgerechter Weise wie auch von Sozialgericht berücksichtigt worden. Wann man bei den gerügten Verfehlungen davon ausgegangen ist, daß das Vertrauensverhältnis zur Kassenärztlichen Vereinigung und zu den Krankenkassen so schwer gestört sei, daß diesen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht zugemutet werden könne, so ist diese Feststellung zutreffend (BSG 15, 183 f.; 34, 252 ff.).
Nicht nur eine peinlich genaue Leistungsabrechnung gehört zu den Grundpflichten des Kassenarztes, sondern auch die Beachtung der Pflichten, die in der RVO, in den Verträgen und autonomen Satzungen geregelt sind. Hier ist es besonders § 5 der Satzung, der gleichzeitig die Verpflichtung beinhaltet, die von der Beigeladenen zu 1) aufgrund ihres gesetzlichen und satzungsmäßigen Auftrags beschlossene Bestimmungen zu beachten. Zu diesen gehören, worauf das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat, sowohl der BMV wie auch die HVG. Vorliegend sind es insbesondere die Bestimmungen der §§ 12 Abs. 1, 19 Abs. 1 BMV und des § 8 HVG, gegen die der Kläger notorisch über einen längeren Zeitraum in einer kaum zu überbietenden Gleichgültigkeit verstoßen hat. Diese weitgehend im administrativen Bereich liegenden Pflichtverletzungen, die nicht etwa weniger schwerwiegend sind als die Verletzung sonstiger Pflichten, die auf medizinischem Gebiet liegen, hat den reibungslosen Ablauf der kassenärztlichen Versorgung erheblich beeinträchtigt. Der Senat ist wie vor ihm schon die Verwaltungsinstanzen und das Sozialgericht gleichfalls zu der Ansicht gelangt, daß der Kläger in dem IV. Quartal 1973 bis zum II. Quartal 1974 bei vier Versicherten der Beigeladenen zu 5) den Erfordernissen des § 12 Abs. 1 BMV nicht genügt hat. Diese Vorschrift stellt hinsichtlich der Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bestimmte Voraussetzungen auf und führt im Grunde genommen nur das aus, was eigentlich für einen gewissenhaften Kassenarzt eine Selbstverständlichkeit sein muß, nämlich das Waltenlassen einer besonderen Sorgfalt. So darf die Arbeitsunfähigkeit nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung bescheinigt werden. Diesen selbstverständlichen Erfordernissen hat er in den vom Sozialgericht aufgeführten Fällen bezüglich der Patienten M. H. und R. T. nicht genügt, in denen er am 28. Dezember 1973 Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat, ohne sie vorher untersucht zu haben. Eine derartige Untersuchung war auch gar nicht möglich, weil sich diese Versicherten zu diesem Zeitpunkt in Jugoslawien befanden. Weiterhin bescheinigte er dem Versicherten P. G., den er am 4. März 1974 arbeitsunfähig geschrieben hatte, am 10. Mai und 5. Juni 1974 Wegeunfähigkeit, obwohl G. am gleichen Tage in der Praxis des Klägers war, um sich einen Auszahlungsschein unterschreiben zu lassen. Im Falle des Versicherten D. Z. bescheinigte er bis zum 28. Juni 1974 ohne Angabe einer neuen Diagnose weiterhin Arbeitsunfähigkeit, obwohl der Durchgangsarzt, Dr. M., ab 25. März 1974 die Arbeitsunfähigkeit attestiert hatte. Zu Recht hat das Sozialgericht unter Würdigung des klägerischen Vorbringens, das im Widerspruch zu den Aktenunterlagen steht, eine Mißachtung des gesetzlichen Gebotes kassenärztlicher Pflichten gesehen, was auch hinsichtlich des § 19 Abs. 1 BMV gilt. Hiernach ist der Kassenarzt verpflichtet, den Krankenkassen ohne besonderes Honorar, aber gegen Erstattung der baren Auslagen, auf Verlangen die Auskünfte und Bescheinigungen zu erteilen, die die Krankenkassen zur Durchführung ihrer Aufgaben benötigen. Diese auferlegte Pflicht ist nicht nur im Interesse der Krankenkassen postuliert, sondern auch im Interesse der Versicherten, was besonders dann gilt, wenn die Gewährung beantragter Leistungen hiervon abhängt. Die von den Beigeladenen zu 4) und 5) diesbezüglich vorgetragenen Beispiele, die das Sozialgericht zutreffend gewürdigt hat, zeigen mit aller Deutlichkeit die Gleichgültigkeit des Klägers gegenüber den ihm nach § 19 Abs. 1 BMV auferlegten Pflichten. Die Krankenkassen haben sich mit dauernden Erinnerungen und Mahnungen unter Hinweis auf die Eilbedürftigkeit der Fälle mit dem Kläger befassen müssen, um erforderliche Auskünfte oder Bescheinigungen zu erhalten. So hat er im Fall P. M. trotz Erinnerungen vom 31. Januar und 29. April 1973 eine Antrage der Beigeladenen zu 5) vom 6. Dezember 1973 unbeantwortet gelassen, ebenso bei dem Versicherten M. J., der seit Oktober 1973 arbeitsunfähig erkrankt war und dessen Einberufung nur Kur durch wiederholte Anfragen und Erinnerungen bis Juni 1974 zunichte gemacht worden ist. Das ist unzumutbar, weil dadurch die Funktionsfähigkeit des Systems der kassenärztlichen Versorgung schlechthin gefährdet wird. Wenn er telefonisch derartige Anfragen beantwortet haben will und wiederum in den gleichen Fällen die Beantwortung angemahnt wird, so mußte er doch erkennen, daß die Beantwortung den Adressaten nicht erreicht hat oder nicht erschöpfend war. Es wäre in diesen Fällen erforderlich gewesen, sofort mit schriftlichen oder erneuten telefonischen Beantwortungen zu reagieren. Soweit das geschehen ist, hat er sich Monate Zeit damit gelassen. Das entspricht nicht den Interessen der Krankenkassen, aber auch nicht denen der Sozialversicherten, denen er gleichfalls verantwortlich ist und die dadurch erheblich geschädigt worden sind.
Die fehlende Eignung des Klägers an der weiteren Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung haben die Zulassungsinstanzen der Honorarabrechnungen gesehen. Hierbei ist es zu Fristüberschreitungen trotz rechtsverbindlichen Disziplinarbeschlusses zwischen 74 und 164 Tagen gekommen, was besonders für das III. Quartal 1973 bis zum IV. Quartal 1974 gilt. Selbst die Abrechnungen für das I. Quartal 1975 reichte er mit einer Überschreitung von 37, die für des II. Quartal 1975 mit einer solchen von 34 Tagen ein. Hinsichtlich dieser Verstöße hat der Kläger eine kaum zu überbietende Gleichgültigkeit an den Tag gelegt, obwohl er seit dem II. Quartal 1972 nahezu ausnahmslos mit einem Honorarabzug in Höhe von 1.200,– DM wegen verspäteter Einreichung der Abrechnungen belegt worden ist. Das hat er mit einer Selbstverständlichkeit so gehandhabt, die eine Uneinsichtigkeit gegenüber den kassenärztlichen Pflichten besonders deutlich macht. Auch die Disziplinarentscheidung des Jahres 1973 hat an diesem Verhalten nichts geändert, obwohl ihn der Disziplinarausschuß bereits darauf hingewiesen hatte, daß er bei weiterer Nichtbeachtung seiner Pflichten mit dem Entzug der Zulassung rechnen müsse. Dieses Verhalten macht gleichfalls die fehlende Eignung des Klägers für die kassenärztliche Tätigkeit deutlich und führt mit dazu, die Entziehung der Zulassung auszusprechen. Wenn diese ihm zur Last gelegten Verfehlungen im Einzelfalle nicht so gravierend sein mögen, so führen sie aber bei ständigen Wiederholungen zu einer Gefährdung der kassenärztlichen Versorgung. Würde sich jeder Kassenarzt so wie der Kläger verhalten, dann wäre es den kassenärztlichen Vereinigungen nicht möglich, die den Krankenkassen nach § 182 RVO obliegende ärztliche Versorgung der Versicherten sicherzustellen und den Krankenkassen und ihren Verbänden gegenüber die Gewähr dafür zu übernehmen, daß die kassenärztliche Versorgung den gesetzlichen und vertraglichen Erfordernissen entspricht (§ 368 a Abs. 1 Satz 1 RVO).
Die vorliegend getroffenen Feststellungen machen deutlich, daß sich nicht nur die Krankenkassen, sondern auch die Kassenärztliche Vereinigung in einem Umfang mit dem Kläger befassen mußten, der unzumutbar ist, weil er die Funktionsfähigkeit des Systems der Kassenärztlichen Versorgung schlechthin gefährdet. Wenn ein Kassenarzt – wie der Kläger – durch sein Verhalten über mehrere Jahre hinweg zu erkennen gibt, daß er nicht bereit ist, sich in das geltende Kassenarztsystem einzufügen, insbesondere nicht die ihm auferlegten Gebote zu beachten gedenkt, so ist er als Kassenarzt ungeeignet (BSG, SozR Nr. 36 zu § 368 a RVO). Die ihm zur Last gelegten Verfehlungen zeigen darüber hinaus, daß er gegenüber den Erfordernissen einer geordneten Abrechnung wie auch hinsichtlich der auferlegten Pflichten, die im BMV geregelt sind, eine solche Gleichgültigkeit gezeigt hat, daß den Beigeladenen bei dem dadurch schwer gestörten Vertrauensverhältnis eine weitere Zusammenarbeit mit ihm wegen der fehlenden Eignung nicht mehr zugemutet werden kann. Das ist ein Hinderungsgrund für die kassenärztliche Tätigkeit, der regelmäßig zur Entziehung der Zulassung zwingt (BSG, Urt. v. 28.5.1968, Az.: 6 RKa 22/67). Bei diesen vorsätzlichen Verstößen gegen kassenärztliche Pflichten stellt der Entzug der Zulassung kein unverhältnismäßig schweres Mittel dar, noch dazu seine objektive Gefährlichkeit nicht durch andere verwaltungsmäßige Mittel, wie Honorarabzug und Disziplinarmaßnahmen genommen werden konnte.
Die dazu von dem Kläger vorgebrachten Entschuldigungsgründe, die zum großen Teil in seinem persönlichen Bereich liegen, entlasten ihn nicht. Der Senat teilt die vom Sozialgericht dazu angestellten Überlegungen. Er hätte als Großstadtarzt, der sich in einer günstigeren Lage als ein überbeschäftigter Landarzt befindet, unschwer die Überbeanspruchung auf ein erträgliches Maß abbauen oder durch eine zweckmäßigere Organisation seiner Praxis ausgleichen können, wie es nach seinem eigenen Vorbringen jetzt auch geschehen sein soll. Die von ihm vorgebrachten Gründe runden eigentlich nur das Bild ab, daß er nämlich zu den im administrativen Bereich liegenden kassenärztlichen Pflichten keinerlei Beziehungen hat.
Da dem Kläger nach alledem die Eignung zur Ausübung der Kassenpraxis fehlt, war das Ermessen der Zulassungsinstanzen derart eingeschränkt, daß die Zulassung entzogen werden mußte (BSG a.a.O. Nr. 30 u. 36). Umstände, die es rechtfertigen, von der Entziehung der Zulassung abzusehen, sind nicht erkennbar. Wie insbesondere die über Jahre gehenden Verfehlungen des Klägers beweisen, ist er entweder nicht willens oder nicht fähig, die gesetzliche Ordnung des Kassenarztrechts einzuhalten. In Würdigung der gesamten Sach- und Rechtslage ist dem Beklagten vorliegend keine andere Entscheidungsmöglichkeit geblieben, denn das Vertrauensverhältnis zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung und den Krankenkassen und dem Kläger ist schlechthin gestört. In einem solchen Fall scheiden andere Maßnahmen aus. Daran hat auch sein Verhalten während des Rechtsstreits nichts geändert. Trotzdem hat das Sozialgericht geprüft, ob sich der Kläger von seinem früheren Fehlverhalten gelöst hat und sich in der Zukunft wohl verhalten wird. Wenn es solche Änderungen der Sachlage während des Rechtsstreits, die grundsätzlich zu berücksichtigen sind, was besonders dann gilt, wenn die sofortige Vollziehung der Zulassungsentziehung nicht angeordnet worden ist, nicht festgestellt hat, so ist das nicht zu beanstanden. Dabei hat es richtig erkannt, daß ein Wohlverhalten während des Prozesses weniger Gewicht als das vorwerfbare Verhalten in der Zeit vor der Zulassungsentziehung hat (BSG 33, 161 ff.). Wie das Sozialgericht hat der erkennende Senat ebenfalls die Frage geprüft, ob die Gründe, die im Verwaltungsverfahren zur Entziehung der Kassenzulassung des Klägers geführt haben, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat noch fortbestehen. Er hat diese Frage bejaht. Die Tatsache allein, daß beim Kläger während des von ihm geführten Klageverfahrens gegen die Entziehung der Zulassung keine gehäuften Verfehlungen der im Verwaltungsverfahren ermittelten Art mehr festgestellt worden sind, kann keineswegs die Beurteilung seiner Zuverlässigkeit durch Zeitablauf zu seinen Gunsten beeinflussen. Für die Annahme, daß das durch die schweren Verfehlungen zerstörte Vertrauensverhältnis zwischen ihm und den an der kassenärztlichen Selbstverwaltung und der gesetzlichen Krankenkassen wieder hergestellt worden ist, hat die Verhandlung vor dem erkennenden Senat keine Anhaltspunkte ergeben. Abgesehen davon, daß die Wiederherstellung der zerstörten Vertrauensgrundlage nicht einzeitig erfolgen kann, sind aus den Jahren 1975 bis 1978 weitere Vorgänge betreffend ausgestellter Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, verspäteter Abrechnungen bezüglich des II. und III. Quartals 1975 und unbeantworteter Arztanfragen bekannt geworden. Weiterhin ist ein Disziplinarverfahren vom 26. April 1978 auf Veranlassung der DAK-Landesgeschäftsstelle Hessen durchgeführt worden, das wegen Verletzung vertragsärztlicher Pflichten zu einer Geldbuße von 700,– DM geführt hat. Die dazu vorgetragenen Fälle haben wiederum verdeutlicht, daß der Kläger die besondere Sorgfaltspflicht bei der Ausstellung von Bescheinigungen bezüglich der Arbeitsunfähigkeit und Bettlägerigkeit noch mißachtet, obwohl er aus dem gleichen Grunde im Jahre 1973 mit einer erheblichen Geldbuße belegt worden war. Daß es sich dabei um Verletzungen vertragsärztlicher Pflichten handelt, ist nicht von Bedeutung, da insoweit das Vertrauen der kassenärztlichen Selbstverwaltung weiterhin erschüttert wird, weil sie damit erkennen muß, daß der Kläger sein Verhalten auch nach 1974 nicht wesentlich geändert hat. Denn nach wie vor führt er nur mangelhafte Aufzeichnungen, die es ihm nicht gestatten, über Befunde zu berichten. Der ihm auferlegten Sorgfaltspflicht hinsichtlich der Ausstellung von Bescheinigungen von Arbeitsunfähigkeit und Bettlägerigkeit hat er gleichfalls nicht genügt. Dadurch hat er erhebliche Geldleistungen durch die Krankenkasse ausgelöst, die von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung sind.
Daß von einem Wohlverhalten auch gegenüber den am Verfahren beteiligten weiteren Beigeladenen, besonders gegenüber der Beigeladenen zu 5), nicht gesprochen werden kann, folgt aus der Beschwerde der Landwirtschaftlichen Fleischzentrale GmbH vom 9. Juni 1978 wegen einer ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Damit hat der Kläger begründete Zweifel in sein zukünftiges Wohlverhalten erneut wachgerufen. Die nach 1975 gerügten Verfehlungen haben ein peinlich korrektes Verhalten vermissen lassen, was nach seinem vorausgegangenen Fehlverhalten zur Begründung eines neuen Vertrauensverhältnisses, besonders gegenüber der Beigeladenen zu 1), erforderlich gewesen wäre. Der Senat ist daher wie das Sozialgericht gleichfalls der Ansicht, daß im Falle des Klägers das Vertrauen der kassenärztlichen Selbstverwaltung und der gesetzlichen Krankenkassen weiterhin in solchem Maße erschüttert ist, daß den Beigeladenen eine Fortdauer der Rechtsbeziehungen zu ihm im Interesse einer geordneten kassenärztlichen Versorgung nicht mehr zumutbar ist. Bei dem Verhalten des Klägers besteht auch ein öffentliches Interesse an der Entziehung der Zulassung. Sie ist immer dann gerechtfertigt, wenn die begangenen Verstöße den Kassenarzt ungeeignet für die weitere Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung machen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß das besondere öffentliche Interesse, das den Schutz der Versichertengemeinschaft sicherstellen soll, über das allgemeine Interesse des einzelnen an der Entziehung hinausgeht. Bei der gebetenen Abwägung dieser widerstreitenden Interessen kommt im vorliegenden Falle eine andere Entscheidung als die Bestätigung der Entziehung der Zulassung nicht in Betracht. Die Verfehlungen des Klägers wirken sich auf die Erhaltung der Leistungskraft der Krankenkassen im Hinblick auf deren Verantwortung den Versicherten gegenüber besonders nachteilig aus und müssen deshalb zu entsprechenden Maßnahmen führen. Das gilt auch hinsichtlich der Beigeladenen zu 1). Die Entziehung der Kassenzulassung führt im Falle des Klägers nicht zu einem "Berufsverbot”, denn es besteht bei seinem Alter für ihn die Möglichkeit, eine Privatpraxis zu betreiben, als angestellter Arzt zu arbeiten oder in der Industrie tätig zu werden. Eine Existenzvernichtung tritt damit nicht ein. Im übrigen handelt es sich dabei auch nicht um eine endgültige Entscheidung. Es ist vorstellbar, daß der Kläger bei entsprechendem Wohlverhalten nach einigen Jahren die Zulassung wieder erhält. Der Entzug der Kassenarztzulassung wegen der gröblichen Verletzung kassenärztlicher Pflichten bedeutet nämlich nicht, daß der Kassenarzt für immer von der kassenärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen wird. Auf die Zulassung zu der kassenärztlichen Tätigkeit hat jeder Arzt, der die für diese erforderliche Eignung besitzt und zu ihrer Ausübung bereit ist, einen Rechtsanspruch, weil durch einen nicht aus vordringlichen öffentlichen Interessen gebotenen Ausschluß von dieser Tätigkeit das Grundrecht des Arztes auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) verletzt wird (vgl. BVerfG Bd. 11, 30). Das gilt auch für die erneute Zulassung wegen des Verlustes der erforderlichen Eignung entzogen worden ist. Er kann auch deshalb nur solange gegen seinen Willen von der Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit ausgeschlossen werden, wie sich die Wiedererlangung seiner Eignung nicht feststellen läßt. Beweist er, daß er für die Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit die erforderliche Eignung wiedergewonnen hat, besitzt er, wie jeder andere Arzt auch, einen Rechtsanspruch auf die Zulassung zur kassenärztlichen Tätigkeit (vgl. BSG in SozR Nr. 35 zu § 368 a RVO). Im gegenwärtigen Zeitpunkt läßt sich jedoch nicht feststellen, daß der Kläger zur Ausübung der kassenärztlichen Tätigkeit, die erforderliche Eignung bereits wiedererlangt hätte.
Der vorliegende Fall bietet entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 4) und 5) keine so weitgehenden Besonderheiten, daß es gerechtfertigt wäre, gem. § 97 Abs. 1 Nr. 4 SGG die sofortige Vollziehung der Entscheidung des Beklagten anzuordnen, was bereits der Beklagte mit seinem Beschluss vom 8. Dezember 1975 hätte vornehmen können. Aus den Gründen, die das Sozialgericht für seine Überlegungen angeführt hat, sieht sich der Senat ebenfalls nicht in der Lage, die sofortige Vollziehung der Entziehung der Zulassung als Kassenarzt anzuordnen. Damit ist kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand für den Kläger für alle Zeiten geschaffen worden, sondern allenfalls bis zum Eintritt der Rechtskraft des Urteils.
Die Berufung des Klägers mußte deshalb zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, da die vorliegende Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
Rechtskraft
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