L 4 Vsb 1058/78

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 Vsb 1058/78
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Durch die Änderung des Wohnsitzes während des Klageverfahrens und Übersendung der Verwaltungsakten an die zuständige Versorgungsbehörde tritt auch in Schwerbehindertenverfahren eine Parteiänderung ein. Hat eine unzuständige Behörde 1975 einen Schwerbeschädigtenausweis ausgestellt, handelt es sich um einen nichtigen Verwaltungsakt, weil die Kreisausschüsse der Landkreise als Kreisbehörden im Vergleich zu den Versorgungsämtern als Landesbehörden absolut unzuständig sind. Solche nichtige Verwaltungsakte genießen keinen Vertrauensschutz.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 1. August 1978 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der 54jährige Kläger hatte bereits im August 1964 vom Kreisausschuß des Landkreises W. – Fürsorgestelle für Kriegsopfer – einen Ausweis für Schwererwerbsbeschränkte erhalten. Auf Antrag vom 2. Oktober 1966 hatte die gleiche Stelle einen Ausweis für Schwerbehinderte mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 v.H. ausgestellt. Dem Bescheid hatte das Gutachten des Amtsarztes in W. vom 20. Oktober 1966 zugrunde gelegen, wonach durch eine sehr starke Kyphose im Bereich der Brustwirbelsäule eine MdE in diesem Umfang vorliege. Der Ausweis war 1970 bis 1975 und 1975 bis 1980 verlängert worden. Der Kläger beantragte beim Beklagten am 23. Dezember 1975 Feststellung einer Behinderung und des Grades der MdE nach § 3 Abs. 1 des Schwerbehindertengesetzes (SchwbG) und Ausstellung einer Bescheinigung nach § 3 Abs. 4 dieser Bestimmung. Als Leiden gab er Rückgratverkrümmung an.

Der Beklagte holte bei Dr. T., K., einen Befundbericht ein, wonach der Kläger an einer hochgradigen Kyhposkoliose mit Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule, Verspannung der Nackenmuskulatur und Stauungsschmerz leide, die auf eine Scheuermann’sche Erkrankung zurückgehe.

Dr. R. erstattete am 12. Juli 1976 ein Gutachten dahin, daß beim Kläger ein ausgeprägter Rundrücken mit weitgehender Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule und sonstigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach Scheuermann’scher Krankheit, kleine Verknöcherung vor der linken Kniescheibe mit geringer Beugehemmung des linken Kniegelenkes vorliege. Die Funktionen der Lendenwirbelsäule und die der Halswirbelsäule seien nur geringgradig eingeschränkt. Die vorhandene Funktionsbehinderung der Wirbelsäule sei mit einer MdE um 50 v.H. ganz erheblich überhöht. Angemessen sei eine MdE um 30 v.H. Die leichte Kniegelenksbehinderung verursache keine MdE.

Der Beklagte sah im Bescheid vom 15. Juli 1976 als Behinderungen ausgeprägten Rundrücken mit weitgehender Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule, geringer mehrfacher Seitverkrümmung der Wirbelsäule und Formveränderungen der Brustwirbelkörper nach Scheuermann’scher Krankheit an und setzte den Grad der MdE auf 30 v.H. fest. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Bescheid vom 14. September 1976 zurück. Der geringe pathologische Befund der Halswirbelsäule und die kleinen freien Körper vor der Kniescheibe hätten keine erwerbsmindernde Bedeutung, weshalb sie nicht als Behinderung festgestellt werden könnten. Ein besonderes berufliches Betroffensein werde nach § 5 SchwbG nicht berücksichtigt, vielmehr sei nur dir MdE nach der körperlichen und geistigen Beeinträchtigung im allgemeinen Erwerbsleben zu beurteilen.

Hiergegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Kassel Klage. Zur Begründung führte er aus, er leide an schmerzhaften Veränderungen der Halswirbelsäule und auch das linke Knie verursache ihm erhöhte Beschwerden. Ihm sei vom Kreisausschuß des Landkreises W. – Fürsorgestelle für Kriegsopfer – 1966 ein Schwerbehindertenausweis wegen einer MdE um 50 v.H. ausgestellt worden, der von dieser Dienststelle 1975 bis 1980 verlängert worden sei. Bei der Verlängerung des Schwerbehindertenausweises handele es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt.

Der Kläger verzog im Oktober 1976 von B. nach B. Das Landesversorgungsamt Hessen gab die Verwaltungsakten an das Landesversorgungsamt Berlin ab.

Der Beklagte vertrat die Auffassung, daß aufgrund des Gutachtens von Dr. R. die MdE mit 30 v.H. zutreffend festgesetzt worden sei. Die Verlängerung des Schwerbehindertenausweises entspreche nicht der Feststellung des Grades der MdE im Sinne des § 3 Abs. 1 SchwbG. Der Ausweis räume dem Betroffenen lediglich Vergünstigungen ein (§ 45 SchwbG i.d.F. vom 29. April 1974). Im übrigen sei der Ausweis zu berichtigen oder einzuziehen, wenn der Grad der MdE wegen wesentlicher Änderung der Verhältnisse (§ 62 Bundesversorgungsgesetz – BVG) in Verbindung mit § 3 Abs. 1 SchwbG neu festgestellt werde. Das Landratsamt sei 1975 nicht berechtigt gewesen, den Ausweis des Klägers ohne Vorlage einer Bescheinigung im Sinne des § 3 Abs. 4 SchwbG i.d.F. vom 29. April 1974 zu verlängern. Der Schwerbehindertenausweis sei keine Entscheidung im Sinne des § 3 Abs. 2 SchwbG.

Das Sozialgericht holte bei Oberarzt Dr. B. vom Krankenhaus A. U. in B. ein Gutachten ein, worin dieser zu dem Ergebnis kam, daß beim Kläger eine Wirbelsäulenfehlform mit ausgeprägtem Rundrücken der Brustwirbelsäule nach Morbus Scheuermann und verkalkter Kniescheibenschleimbeutel vorliege. Die starke Kyphose sowie geringe rechtskonvexe seitliche Verformung und die beschriebenen degenerativen Veränderungen und auch die Kalksalzverarmung würden eine MdE um 30 v.H. bedingen. Die Knieschleimbeutelverkalkung würden keine MdE nach sich ziehen.

Das Sozialgericht Kassel wies mit Urteil vom 1. August 1978 ohne mündliche Verhandlung die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, der Beklagte habe zutreffend die beim Kläger bestehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einer in der Jugend durchgemachten Scheuermann’schen Krankheit mit einer MdE um 30 v.H. bewertet. Die Beurteilung durch Dr. R. habe Oberarzt Dr. B. in einem gründlichen Gutachten bestätigt. Der Beklagte sei auch nicht durch das amtsärztliche Gutachten vom 20. Oktober 1966 und den Schwerbehindertenausweis, dessen Laufzeit bis 1978 verlängert worden sei, gehindert, die Höhe der MdE niedriger festzusetzen. Bei diesem Ausweis handele es sich nicht um eine Feststellung im Sinne des § 3 Abs. 2 SchwbG. Der Ausweis sei zwar 1975 bis 1980 verlängert worden, zu diesem Zeitpunkt sei aber die Fürsorgestelle für Kriegsopfer des Landkreises W. nicht mehr berechtigt gewesen, eine solche Verlängerung vorzunehmen.

Gegen das am 23. August 1978 zugestellte Urteil legte der Kläger am 21. September 1978 Berufung ein. Zur Begründung führte er aus, er sei im Besitz eines bis 1980 gültigen Schwerbehindertenausweises des Kreisausschusses W. Die Erteilung dieses Schwerbehindertenausweises stelle einen begünstigenden Verwaltungsakt dar, auf dessen Bestandskraft er vertrauen könne. Hieran sei der Beklagte auch jetzt noch gebunden. Wenn eine unzuständige Behörde tätig geworden sei, habe er dies nicht zu vertreten. Das Sozialgericht habe den Sachverhalt nicht genügend aufgeklärt, vielmehr die Unterlagen der Fürsorgestelle für Kriegsopfer des Landkreises K. nicht beigezogen.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 1. August 1978 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 15. Juli 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1976 zu verurteilen, seine MdE auf 50 v.H. festzusetzen und einen entsprechenden Schwerbehindertenausweis auszustellen.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führte er aus, daß nach den ärztlichen Feststellungen der Grad der MdE zutreffend mit 30 v.H. festgesetzt worden sei. Der im Besitz des Klägers befindliche Ausweis für Schwerbehinderte stelle keine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der MdE im Sinne des § 3 Abs. 1 oder 2 SchwbG dar. Er sei nicht von der allein zuständigen Versorgungsbehörde ausgestellt worden und erfülle auch nicht die Voraussetzungen des § 5 Abs. 2 SchwbG. Da es sich um keinen Leistungsbescheid handele, sei er keine Entscheidung im Sinne des § 3 Abs. 2 SchwbG. Die vom Landkreis Witzenhausen vorgenommene Verlängerung des Ausweises für Schwerbeschädigte bis 1980 hindere ihn nicht, mit Bescheid vom 15. Juli 1976 eine Feststellung über das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der auf ihr beruhenden MdE im Sinne des § 3 Abs. 1 SchwbG zu treffen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten, die Gerichtsakten und die Akten des Kreisausschusses des Landkreises W. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist auch statthaft, denn es ist die Schwerbehinderteneigenschaft im Streit (§ 3 Abs. 6 SchwbG i.d.F. des 8. Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes vom 14. Juni 1975 – BGBl I S. 1481).

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten waren damit einverstanden (§ 153, § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Das Land Berlin ist auch der richtige Beklagte geworden, denn die durch Wechsel des Beklagten eingetretene Klageänderung ist als sachdienlich anzusehen. Durch den Umzug des Klägers von B., Bezirk des Versorgungsamtes K., nach Berlin und die Abgabe der Verwaltungsakten vom Versorgungsamt K. an das Versorgungsamt Berlin ist gemäß § 4 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren in der Kriegsopferversorgung das Land Berlin für die Entscheidung über die Schwerbehinderteneigenschaft zuständig geworden. Die Klageänderung ist im Hinblick auf die Prozeßökonomie als sachdienlich zu beurteilen, so daß sie gemäß § 99 SGG zulässig ist.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 15. Juli 1976 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1976 abgewiesen. Nach § 3 Abs. 1 Schwerbehindertengesetz in der Fassung vom 14. Juni 1976 hat der Beklagte auf Antrag eines Schwerbehinderten das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der MdE festzustellen und gemäß § 3 Abs. 5 des Gesetzes aufgrund einer solchen unanfechtbaren Feststellung einen Ausweis über die Eigenschaft als Schwerbehinderter, den Grad der MdE und etwaige Vergünstigungen wegen weiterer gesundheitlicher Beeinträchtigungen auszustellen. Da sich zwischen Antragstellung und Bescheiderteilung die gesetzlichen Bestimmungen änderten, ist bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 15. Juli 1976 von dem Schwerbehindertengesetz in der Fassung des Gesetzes vom 14. Juni 1976 – BGBl. I S. 1481 – auszugehen. Das bei Antragstellung am 23. Dezember 1975 geltende Schwerbehindertengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. Mai 1974 – BGBl. I S. 1005 –, in Kraft getreten am 1. Mai 1974 (Art. III § 11 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtengesetzes vom 24. April 1974 – BGBl. I S. 981) war durch das 8. Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes vom 14. Juni 1976 teils geändert, teils ergänzt worden.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 15. Juli 1976 danach zutreffend als Behinderungen ausgeprägten Rundrücken mit weitgehender Bewegungseinschränkung der Brustwirbelsäule, geringer mehrfacher Seitverkrümmung der Wirbelsäule und Formveränderungen der Brustwirbelkörper nach Scheuermann’scher Krankheit festgestellt und den Grad der MdE auf 30 v.H. festgesetzt. Hierzu kam er zutreffend aufgrund der Gutachten von Dr. R. und Dr. B., die bei der Untersuchung diese gesundheitlichen Beeinträchtigungen fanden, die MdE aber mit 30 v.H. beurteilten, weil zwar eine starke Kyphose und eine geringe rechtskonvexe seitliche Verformung der Wirbelsäule vorliegt, aber noch keine erheblichen Funktionsausfälle der Wirbelsäule bestehen. Diese Beurteilung entspricht auch den Anhaltspunkten für die ärztliche Begutachtung Behinderter nach dem Schwerbehindertengesetz, herausgegeben vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung 1977, S. 83, wonach bei Wirbelsäulenschäden mit mittelgradiger Funktionsbehinderung je nach Schwere des Erscheinungsbildes erst eine MdE von 20 bis 50 v.H. anzusetzen ist. Der Senat hatte keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Beurteilung durch Dr. R. und Dr. B. zu zweifeln, da es sich bei den Sachverständigen um erfahrene Ärzte für die Beurteilung orthopädischer Schäden handelt.

Der Beklagte war auch nicht durch den dem Kläger ausgestellten Ausweis für Schwerbehinderte der Fürsorgestelle für Kriegsopfer des Kreisausschusses des Landkreises Witzenhausen vom 23. Oktober 1966, durch den die MdE von 50 v.H. bis 1980 festgestellt wurde, daran gehindert, mit Bescheid vom 15. Juli 1976 die MdE auf 30 v.H. festzusetzen. Denn dieser Bescheid war nichtig. Im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 15. Juli 1976 galt das Schwerbehindertengesetz in der Fassung des Gesetzes vom 14. Juni 1976. Durch Art. 4 war Art. III § 3 Abs. 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung des Schwerbeschädigtenrechtes vom 24. April 1974 (BGBl. I S. 981) dahin abgeändert worden, daß als Nachweis über das Vorliegen einer Behinderung und über den Grad der auf ihr beruhenden MdE auch amtliche Anweise, die von anderen Behörden ausgestellt worden waren, bis zum Ablauf ihres derzeitigen Geltungszeitraums anzusehen waren. Der am 25. Oktober 1966 vom Kreisausschuß des Landkreises W. – Fürsorgestelle für Kriegsopfer – ausgestellte Ausweis war 1970 zunächst bis 1975 verlängert worden. Der Kläger war nicht gehindert, noch während der Geltung dieses Bescheides bereits 1970 die Erteilung eines Schwerbehindertenausweises zu beantragen (Gröninger, Kommentar zum Schwerbehindertengesetz, § 3 Anm. 35 a 5). Die Gültigkeit des früheren Bescheides lief am 31. Dezember 1975 ab. Die Verlängerung des Ausweises bis 31. Dezember 1980 durch den Kreisausschuß Witzenhausen wurde von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen. Denn im Zeitpunkt der Verlängerung 1975 galt das Schwerbehindertengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. April 1974. Nach § 3 Abs. 1 a.a.O. waren danach die Versorgungsämter für die Feststellung der Behinderung und den Grad der MdE und gemäß Abs. 4 zur Ausstellung der entsprechenden Ausweise allein zuständig. Der Verwaltungsakt, nämlich die Verlängerung der Feststellung einer MdE von 50 v.H. bis 1980 von einer sachlich unzuständigen Behörde ist nichtig. Denn der Kreisausschuß als Organ des Landkreises gehört zu einem anderen hoheitlichen Verband als die Versorgungsämter, die Landesbehörden sind. Entscheidet anstelle einer Landesbehörde eine Kreisbehörde, dann liegt eine absolute Unzuständigkeit vor (Eyermann-Fröhler, Kommentar zur Verwaltungsgerichtsordnung, Anh. zu § 42 Anm. 2 a) aa), Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechtes, § 12 S. 208). Der Beklagte ist an die Feststellung der MdE durch den Kreissausschuß des Landkreises W. deshalb nicht gebunden, sondern konnte als jetzt zuständige Behörde den Grad der MdE nach dem Schwerbehindertengesetz neu festsetzen.

Die Auffassung des Klägers, der Beklagte müsse aus dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes an einen vorhandenen Verwaltungsakt die MdE bei 50 v.H. belassen, ist deshalb nicht zutreffend, weil zwar anfechtbare, nicht aber nichtige Verwaltungsakte den Vertrauensschutz rechtfertigen.

Da der Verwaltungsakt der Fürsorgestelle für Kriegsopfer, W, 1975 nichtig war, kann es sich nicht um eine Festsetzung nach § 3 Abs. 2 Schwerbehindertengesetz handeln. Nach dieser Bestimmung hat der Beklagte dann keine Feststellungen über den Grad der MdE mehr zu treffen, wenn eine solche schon in einer Verwaltungs- oder Gerichtsentscheidung getroffen wurde. Der Gesetzgeber hatte dabei Verwaltungsakte der Versorgungsbehörden, der Berufsgenossenschaften, des öffentlich-rechtlichen Arbeitgebers, der Behörden zur Regelung des Bundesentschädigungsgesetzes und ähnlicher Behörden und die Entscheidungen von Sozialgerichten, Verwaltungsgerichten und Zivilgerichten gemeint, durch die der Grad der MdE bereits festgesetzt worden war (vgl. Rewolle, Kommentar zum Schwerbehindertengesetz, § 3 II). Darunter fallen nicht die amtlichen Ausweise für Schwerbeschädigte und Schwerbehinderte, die früher von den Fürsorgebehörden ausgestellt worden sind (Gröninger, Kommentar zum Schwerbehindertengesetz, § 3 Anm. 5 a, Jung-Cramer, Das neue Schwerbehindertengesetz, § 3 Anm. 2).

Erst recht kann hierunter nicht ein, weil von der sachlich unzuständigen Behörde erlassen, nichtiger Verwaltungsakt fallen.

Die Berufung konnte aus diesen Gründen keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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