S 31 (11) KR 25/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
31
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 31 (11) KR 25/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Kläger in seiner Tätigkeit bei der mittlerweile insolventen Firma T. Maschinenbau GmbH in der Zeit vom 15.06.1999 bis zum Beginn des Insolvenzverfahrens 2007 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der am 27.04.1976 geborene Kläger war bis zum 31.12.2000 Mitglied bei der Beklagten. Nach dem Abitur 1995 und der Ableistung des Zivildienstes begann er ein Studium der Betriebswirtschaftslehre. Der Vater des Klägers, Herr J. T., war zunächst angestellter Geschäftsführer im Bereich Maschinenbau. 1996 gründete er die Firma T. Maschinenbau GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Der Kläger arbeitete parallel zu seinem Studium in der Firma des Vaters mit und zwar zunächst in Teilzeit zu einem Gehalt von 2.000 DM monatlich. 1998/1999 baute die Firma T. Maschinenbau GmbH in Sprockhövel einen Fertigungsstandort auf. Der Aufbau dieses Standortes oblag dem Kläger. Ab dieser Zeit arbeitete er Vollzeit im Unternehmen und verdiente 6.383 DM monatlich. Sein Studium verfolgte er nicht weiter. 2004/2005 gründete er die Firma G. E. GmbH, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer er war. Die Firma G. E. GmbH arbeitete überwiegend der Firma T. Maschinenbau GmbH zu. Zu der ursprünglich vom Kläger angestrebten Ausrichtung der Firma G. E.GmbH auf Fremddienstleistungen kam es vor diesem Hintergrund nicht. Der Kläger brachte in die Firma des Vaters insgesamt 36.000 EUR ein (2002: 16.000 EUR, 2006: 20.000 EUR).

Am 10.05.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Feststellung, dass er in seiner Tätigkeit für die Firma T. Maschinenbau GmbH ab dem 15.06.1999 nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sich sein Gehalt mehr als verdoppelt. Außerdem habe er Bankvollmachten erhalten. Er sei als Juniorchef gleichberechtigt neben seinem Vater tätig gewesen. Von Beginn an sei geplant gewesen, dass er das Unternehmen später übernehme und fortführe. Er sei weder Weisungen unterlegen gewesen, noch sei er hinsichtlich Zeit und Ort in seiner Tätigkeit festgelegt gewesen. Gegen eine Versicherungspflicht sprächen auch die von ihm getätigten Einlagen. Der Kläger fügte seinem Antrag unter anderem eine Bescheinigung seines Vaters bei, wonach dieser mit seinem Sohn das Unternehmen zusammen leite und sein Sohn in seinem Bereich eigenverantwortlich und weisungsfrei arbeite. Ziel sei es, dass der Kläger zu gegebener Zeit das Familienunternehmen übernehme und fortführe.

Die Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 14.09.2006 ab. Auch wenn eine Übernahme des Betriebs durch den Kläger geplant gewesen sei, so sei diese doch noch nicht erfolgt. Auch wenn der Kläger eigenverantwortlich arbeite, so stehe dessen Vater weiter ein Weisungsrecht zu. Letztlich trage der Vater die Verantwortung für das Unternehmen. Es liege ein jahrelang gelebtes Beschäftigungsverhältnis vor, das nun rückwirkend als selbständige Tätigkeit dargestellt werden solle. Der Kläger sei im Übrigen steuerrechtlich immer als Angestellter behandelt worden.

Am 16.10.2006 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Die steuerrechtliche Beurteilung sei im vorliegenden Kontext nicht maßgeblich. Es komme nicht allein auf die bloße Inhaberschaft oder Beteiligung an. Er sei nicht in den Betrieb der Firma T. Maschinenbau GmbH eingegliedert gewesen, da er gleichberechtigt mit seinem Vater tätig gewesen sei. Durch die Einbringung eigenen Kapitals sei er ein entsprechendes Risiko eingegangen.

Der Widerspruchsausschuss der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2007 zurück. Die Einlagen des Klägers stellten keine Gesellschaftsanteile dar. Die Firma T. Maschinenbau GmbH sei eine juristische Person, an der der Kläger nicht beteiligt sei. Er sei weiter als persönlich abhängig Beschäftigter anzusehen. Wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze sei er allerdings bereits seit dem 01.01.2000 versicherungsfrei in der Krankenversicherung.

Hiergegen richtet sich die am 23.01.2007 erhobene Klage.

2007 ist über das Vermögen der Firma T. Maschinenbau GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet worden, das bis heute noch nicht abgeschlossen ist (AZ: 166 IN 114/07, Amtsgericht Essen). Das Gewerbe ist zum 06.09.2007 abgemeldet worden. Der Kläger hat drei Monate lang Insolvenzgeld bezogen. Auch die Firma G. E. GmbH ist damals in die Insolvenz gegangen.

Der Kläger trägt vor, sein Vater habe das Unternehmen nach außen vertreten und sei für den Bereich Technik und Akquise zuständig gewesen. Sein Vater sei im Rahmen der Akquise überwiegend im Ausland tätig gewesen. Er – der Kläger – habe dagegen eigenverantwortlich den Standort in Deutschland aufgebaut und den Betrieb aufrechterhalten. Dazu habe auch die Einstellung von Mitarbeitern und das Führen von Verhandlungen mit den Banken gehört. Grundsätzliche Entscheidungen zur Ausrichtung des Betriebes seien gemeinsam mit dem Vater besprochen worden und immer im Konsens erfolgt. Er habe teilweise 60 bis 70 Stunden pro Woche im Betrieb gearbeitet, Urlaub habe er zum Teil nur eine Woche pro Jahr genommen. Sein Bruder habe in den letzten zwei bis drei Jahren der Firma für diese im kaufmännischen Bereich gearbeitet, dabei aber nach seinen Weisungen gehandelt. Über seine Position und seine Entwicklung in der Firma habe er mit dem Vater nie gesprochen. Seine Einlagen habe er zur Masse angemeldet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – sei für die Beurteilung der Versicherungspflicht entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse abzustellen. Aufgrund der Tatsache, dass maßgebliche Entscheidungen zusammen mit dem Vater getroffen worden seien, liege keine Eingliederung in den Betrieb vor. Er sei Weisungen des Vaters tatsächlich nicht ausgesetzt gewesen. Aus den in der Firma durchgeführten Prüfungen seitens der Beigeladenen zu 2) könnten keine Rückschlüsse für die vorliegende Frage gezogen werden. Auch die steuerrechtliche Behandlung sei nicht maßgeblich.

Der Kläger beantragt:

1. Der Bescheid der Beklagten vom 14.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.012007 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit in der Firma T. Maschinenbau GmbH, seit dem 15. Juni 1999 bis um Beginn des Insolvenzverfahrens nicht der Gesamtsozialversicherungspflicht unterliegt,

Er beantragt hilfsweise,

seinen Vater als Zeugen darüber zu vernehmen, ob er - der Kläger - als faktischer Geschäftsführer tätig war und schalten und walten konnte, wie es ihm beliebte.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladenen stellen keine Anträge.

Die Beklagte trägt vor, bei den durchgeführten Prüfungen seitens der Beigeladenen zu 2) hätten sich keine Auffälligkeiten ergeben. Es sei zu beachten, dass der Kläger ein marktübliches Gehalt erhalten und Insolvenzgeld bezogen habe. Die Beklagte nimmt im Übrigen Bezug auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren.

Die Beigeladenen zu 2) und 3) schließen sich dem Vortrag der Beklagten an.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch die angefochtenen Entscheidungen der als Einzugsstelle nach § 28 h Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) zuständigen Beklagten nicht im Sinne von §§ 54 Abs. 2 Satz 1, 55 Sozialgerichtsgesetz – SGG – beschwert, da diese rechtmäßig sind. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Firma T. Maschinenbau GmbH (auch) nach dem 15.06.1999 sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, wobei er in der Krankenversicherung ab dem 01.01.2000 wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze nach § 6 SGB V versicherungsfrei war.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) Fünftes Buch (V) Gesetzliche Krankenversicherung, § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung -, § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 des Sozialgesetzbuches (SGB) - Elftes Buch (XI) - Soziale Pflegeversicherung sowie nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - unterliegen Arbeitnehmer, deren monatliches Entgelt eine bestimmte Grenze unterschreitet, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Gemeinsames Merkmal dieser Vorschriften ist ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, das in § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV als nichtselbständige Arbeit definiert wird, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in der ab dem 01.01.1999 gültigen Fassung sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Hauptmerkmal einer abhängigen Beschäftigung ist die persönliche Abhängigkeit. Um diese zu ermitteln ist wiederum von den vertraglichen Verhältnissen auszugehen, wobei abweichende tatsächliche Verhältnisse vorgehen. Bedeutung kommt im Einzelnen der Frage zu, inwiefern der Betreffende an Weisungen gebunden ist, über seine Arbeitszeit frei verfügen kann und inwiefern er ein wirtschaftliches Risiko trägt, das dem eines Unternehmers vergleichbar ist. Bei Diensten höherer Art wie im Fall eines leitenden Angestellten stellt sich die Frage, ob eine "funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozess" erfolgt. In solchen Fällen ist entscheidend auf die Frage der Eingliederung abzustellen. Die steuerliche Behandlung ist ein gewichtiges Indiz. Speziell im Fall von Familienangehörigen ist die Besonderheit zu berücksichtigen, dass hier regelmäßig eine mildere Form des Über-/Unterordnungsverhältnisses anzutreffen ist. Die Dauer und die Einhaltung der Arbeitszeit sowie des Weisungsrechts sind hier schwerer feststellbar und daher eher von geringerer Bedeutung. Eine wichtige Frage ist auch hier, ob ein leistungsgerechtes Entgelt gezahlt und Lohnsteuer abgeführt wird (vgl. zum Ganzen Seewald, in: KassKomm § 7 SGB IV, Rdnr. 46 ff., 101 ff., m.w.N.).

Soweit es wie hier darüber hinaus um die versicherungsrechtliche Beurteilung einer Beschäftigung in einer GmbH geht, sind die Besonderheiten einer juristischen Person zu beachten. Dabei kommt dem Aspekt der "Rechtsmacht" entscheidende Bedeutung bei. Ausgangspunkt der Prüfung ist die Frage, ob und in welchem Umfang der Betreffende Gesellschafter oder Geschäftsführer ist (vgl. ausführlich zum Aspekt der Rechtsmacht BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R; vgl. auch Landessozialgericht – LSG - Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 23.12.2010, L 16 KR 27/10; Sozialgericht – SG – Duisburg, Urteile vom 26.03.2010, S 9 KR 134/08; 09.07.2010, S 9 KR 162/08). Fehlt eine Beteiligung am Stammkapital, so ist selbst der Geschäftsführer der GmbH grundsätzlich abhängig Beschäftigter und versicherungspflichtig (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R). In der früheren Rechtsprechung des BSG wurden hiervon insofern Ausnahmen gemacht, als es zum einen hieß, bei einem nicht mit einer Sperrminorität beteiligten Geschäftsführer komme es darauf an, ob tatsächlich vom Weisungsrecht der Gesellschafter Gebrauch gemacht werde (vgl. BSG, Urteil vom 11.02.1993, 7 RAr 48/92). Zum anderen hieß es, auch ein Fremdgeschäftsführer könne in einer Familien-GmbH selbständig sein, wenn seine Bezüge vom Ertrag abhingen und er faktisch wie ein Alleininhaber handele (BSG, Urteil vom 08.12.1987, 7 RAr 25/86).

Hiervon ausgehend konnte sich die Kammer nicht davon überzeugen, dass der Kläger in seiner Tätigkeit für die Firma T. Maschinenbau GmbH einer selbständigen Tätigkeit nachging, weswegen auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Versicherungskontinuität (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 18.10.2007, L 4 KR 79/06, Rdnr. 23, 28) – abgesehen von der Krankenversicherung ab dem 01.01.2000 – Sozialversicherungspflicht anzunehmen ist.

Die Kammer neigt dabei der Auffassung zu, zum Zwecke einer klaren Abgrenzung bei Tätigkeiten für eine GmbH jedenfalls immer dann eine versicherungspflichtige Beschäftigung anzunehmen, wenn der Betreffende weder Geschäftsführer noch am Stammkapital beteiligt ist (vgl. auch Seegebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 2. Auflage 2011, § 7 Rdnr. 124). Danach scheitert die Annahme einer selbständigen Tätigkeit des Klägers hier schon deshalb, weil er eben weder Geschäftsführer noch Gesellschafter der T. Maschinenbau GmbH war. Auch wenn der gesamte Vortrag des Klägers als wahr unterstellt wird und er wie ein Geschäftsführer handeln konnte, so ändert dies nichts daran, dass er formal kein Geschäftsführer war.

Auch unter Zugrundelegung der älteren Rechtsprechung des BSG, namentlich der Entscheidung vom 08.12.1987 (7 RAr 25/06), ergibt sich keine selbständige Tätigkeit. Denn zum einen ging es auch in diesem Verfahren um einen (Fremd-) Geschäftsführer. Dessen Bezüge waren zudem vom Ertrag abhängig. Hier hat der Kläger zwar – sogar aufgrund eigener Entscheidung – Sonderzuwendungen in unterschiedlicher Höhe erhalten. Gleichzeitig erhielt er jedoch immer ein festes und marktgerechtes Gehalt. Schließlich setzte das BSG in seiner damaligen Entscheidung für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit voraus, dass der Betreffende faktisch wie ein Alleininhaber handeln könne. Auch das ist nach dem eigenen Vortrag des Klägers hier nicht der Fall. Denn auch wenn er in dem ihm zugewiesenen Bereich freie Hand hatte, so bezieht sich diese Weisungsfreiheit eben nur auf diesen Teilbereich der Firma. Grundsätzliche Entscheidungen konnte er mitnichten nach eigenem Gutdünken fällen. Sie wurden laut Kläger immer einvernehmlich mit dem Vater getroffen.

Entsprechend käme die Kammer auch dann zu keinem anderen Ergebnis, wenn die Annahme einer selbständigen Tätigkeit in einer GmbH auch ohne Gesellschafter- oder Geschäftsführerstellung möglich sein sollte. Denn nach Auffassung der Kammer wäre dann jedenfalls die soeben beschriebene und für den vorliegenden Fall verneinte faktische Handlungsmöglichkeit entsprechend der eines Alleininhabers erforderlich.

Nach dem Gesamteindruck der Kammer stellt sich vielmehr folgendes Bild dar: Der Kläger ist – vergleichsweise schnell – in den Betrieb des Vaters hineingewachsen. In dem ihm zugewiesenen Teilbereich – und nur dort, was die Qualifizierung als funktionsgerecht dienende Teilhabe rechtfertigt – agierte er dabei wie ein Geschäftsführer, etwa wenn er ausgestattet mit umfangreichen Vollmachten Verhandlungen mit Banken führte oder selber Personal für den Standort in Sprockhövel einstellte. Sein Arbeitseinsatz ging dabei vor allem mit dem teilweisen Verzicht auf seinen Jahresurlaub über das hinaus, was von einem Fremdgeschäftsführer zu erwarten gewesen wäre. Auch die Tatsache, dass er mit fast 40.000 EUR eigenes Geld in den Betrieb steckte, ist im Vergleich mit einem Fremdgeschäftsführer unüblich. Erklärbar ist dieses Engagement gleichwohl vor dem vom Kläger und seinem Vater bereits zu Beginn des Antragsverfahrens offengelegten Hintergrund, dass der Kläger die Firma später übernehmen sollte. Die Aufgabe des Studiums der Betriebswirtschaftslehre zugunsten der Tätigkeit für die T. Maschinenbau GmbH belegt diese Absicht. Gerade angesichts einer geplanten späteren Übernahme spricht die fehlende Beteiligung des Klägers am Gesellschaftsvermögen und die Tatsache, dass er nicht auch als Geschäftsführer neben seinem Vater bestellt wurde, aber dafür, dass die geplante Übertragung eben bis zur Insolvenz noch nicht stattgefunden hat und nicht stattfinden sollte. Dies wird auch dadurch belegt, dass der Kläger mit der G. E. GmbH selber eine GmbH gründete und deren Geschäftsführer wurde. Denn dieser Vorgang verdeutlicht den Wunsch des Klägers, selber als Gesellschafter und Geschäftsführer Verantwortung zu übernehmen und sich entsprechend wirtschaftlich zu betätigen, was ihm zum damaligen Zeitpunkt in der Firma des Vaters offenbar nicht ermöglicht wurde.

Eine weitere Sachaufklärung von Amts wegen war nicht erforderlich, da das Vorbringen des Klägers als wahr unterstellt werden konnte. Dies gilt selbst für seinen Vortrag im Termin zur mündlichen Verhandlung, seine Position und seine Entwicklung innerhalb der Firma seien zwischen ihm und seinem Vater kein Thema gewesen. Unabhängig davon, dass dieser Punkt für die Entscheidung des Gerichts aufgrund des dargestellten Entscheidungsmaßstabs nicht ausschlaggebend ist, liegt nur ein scheinbarer Widerspruch zu den aktenkundigen Erklärungen des Klägers und seines Vaters vor, es sei von eine spätere Übernahme des Betriebs durch den Kläger gewollt gewesen. Es ist nämlich durchaus möglich, dass diese Übernahme zwar auf lange Sicht gewollt war, jedenfalls im streitgegenständlichen Zeitraum aber zwischen dem Kläger und seinem Vater schlicht nicht Gegenstand einer Diskussion war. Dies spricht – wie bereits ausgeführt – gerade gegen eine von Seiten des Vaters gewollte Übernahme des Betriebs durch den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum.

Der Beweisantrag war abzulehnen, weil die Ausführungen des Klägers als wahr unterstellt werden konnten. Die Kammer käme nach dem oben Gesagten nicht zu einem anderen Ergebnis, wenn der Kläger als "faktischer Geschäftsführer" anzusehen sein sollte (vgl. zu einem ähnlich gelagerten Fall LSG Nordrhein-Westfalen, a.a.O.). Dies gilt auch, wenn der Kläger "schalten und walten konnte, wie es ihm beliebte", soweit diese Aussage auf den dem Kläger übertragenen Aufgabenkreis bezogen wird. Dabei ist dem Antrag nicht zu entnehmen, dass Beweis darüber erhoben werden sollte, dass der Kläger in der Firma insgesamt "schalten und walten konnte, wie es ihm beliebte", was auch in eindeutigem Widerspruch zum gesamten bisherigen Vorbringen des Klägers stünde. Im Übrigen beinhalten die Formulierungen "faktischer Geschäftsführer" und "schalten und walten konnte, wie es ihm beliebte" rechtliche Bewertungen, die einer Beweisaufnahme nicht zugänglich sind.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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