L 5 V 563/75

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 563/75
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein ehemaliger jugoslawischer Offizier, der angeblich vorzeitig aus deutscher Kriegsgefangenschaft entlassen worden ist, um als Spion für Deutschland in dem damals deutsch besetzten Belgrad tätig zu werden, hat nur dann militärähnlichen Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG geleistet, wenn er nachweisbar von einem deutschen militärischen Befehlshaber eingesetzt worden ist.
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juli 1972 wird zurückgewiesen.

2. Die Klage gegen den Bescheid vom 25. Januar 1979 wird abgewiesen.

3. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin, die jugoslawische Staatsangehörige ist, hält sich seit 1971 im Bundesgebiet auf. Sie beantragte am 26. Mai 1971 Witwenversorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) nach ihrem 1904 geborenen Ehemann P. M. (P.M.). Er ist nach einer Bescheinigung des Kriegs/Militärgerichts Belgrad am 5. Januar 1945 zum Tode durch Erschießen wegen Spionage nach § 14 der Verordnung über Kriegs/Militärgerichte verurteilt, bestätigt am 10. Januar 1945 durch das Oberste Kriegs/Militärgericht und am 15. Januar 1945 dem Vollstreckungsorgan übergeben.

Die Klägerin gab zu ihrem Antrag an, ihr Ehemann, ein Jugoslawe serbischer Nationalität, sei als Leutnant der jugoslawischen Armee in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten, 3 1/2 Jahre lang in einem Kriegsgefangenenlager bei O. gewesen und 1944 als noch die deutsche Wehrmacht Belgrad besetzt gehalten habe, sie glaube im November, mit anderen Offizieren aus der Kriegsgefangenschaft nach Hause entlassen worden. Nach der Heimkehr habe er im Geschäft seiner Eltern gearbeitet. 1945 sei er verhaftet, wegen Spionage für den Abwehrdienst der deutschen Wehrmacht zum Tode verurteilt und erschossen worden. Er habe sich ihr gegenüber über Aufgaben für die Wehrmacht nicht geäußert. Die Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft als Gegner des Kommunismus und die Erschießung wegen Agententätigkeit für die Wehrmacht habe sie durch die jugoslawische Presse erfahren.

Mit Bescheid vom 9. Juli 1971 lehnte der Beklagte den Antrag ab, da die Verurteilung wegen Spionage nicht bewiesen sei.

Die Agententätigkeit für eine deutsche Dienststelle könne grundsätzlich nicht als militärähnlicher Dienst im Sinne des BVG angesehen werden.

Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 1971).

In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main hat sie vorgetragen, ihr Ehemann habe, wie sie nach der Verurteilung von ehemaligen Kriegskameraden erfahren habe, in der Gefangenschaft mit den Deutschen zusammengearbeitet und besondere Vergünstigungen genossen; er sei vier bis fünf Monate vor der Befreiung Belgrads nach Hause gekommen.

Mit Urteil vom 4. Juli 1972 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Hinterbliebenenrente. Es ließe sich nicht nachweisen, dass ihr Ehemann Dienst im Rahmen der deutschen Wehrmacht oder militärähnlichen Dienst für eine deutsche Organisation geleistet habe. Es habe gleichfalls nicht der Nachweis geführt werden können, dass er für die deutsche Abwehr gearbeitet habe.

Gegen das an die Klägerin mittels eingeschriebenen Briefes am 18. August 1972 abgesendete Urteil ist ihre Berufung am 7. September 1972 bei dem Hessischen Landessozialgericht eingegangen, das mit Urteil vom 16. Januar 1974 die Berufung zurückgewiesen hat, da die Voraussetzungen für eine Versorgung nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. den §§ 38, 1 und 3 Abs. 1 Buchst. 1 BVG nicht erwiesen seien. Spionage auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht gelte als militärähnlicher Dienst, wenn sie unentgeltlich und freiwillig und nicht in einem Zivildienst aufgrund einer Dienstverpflichtung oder eines Arbeitsvertrages bei der Wehrmacht ausgeübt worden sei. Für eine solche Spionagetätigkeit seien keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich. Der Begriff "Spionage” habe nach 1945, besonders in den Ostblockländern, alle gegen ein Land gerichteten Handlungen umfasst, auch eine Zusammenarbeit mit den Deutschen gegen den Kommunismus in Jugoslawien und auf eigener Initiative beruhende Aktionen.

Das Bundessozialgericht hat mit Urteil vom 23. April 1975 das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1974 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Revision sei begründet. Die Klägerin habe einen Verfahrensmangel erfolgreich gerügt. Das Berufungsgericht habe seine Pflicht, den Sachverhalt von Amts wegen aufzuklären (§ 103 SGG), verletzt. Der Versorgungsanspruch der Klägerin sei von einer Schädigung im ursächlichen Zusammenhang mit einem militärähnlichen Dienst ihres Ehemannes für eine deutsche Organisation abhängig, und zwar mit einem Dienst auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht. Es drängten sich Anhaltspunkte für das Vorliegen einer solchen Anspruchsvoraussetzung auf. Vorliegend wäre ein Tatbestand denkbar, der die Merkmale eines unentgeltlichen, nicht als Zivildienst geleisteten Agenten- oder Spionagedienstes auf Befehl eines militärischen Befehlshabers der Wehrmacht, dem sich der Ehemann der Klägerin nicht oder nur unter erheblichen persönlichen Nachteilen hätte entziehen können, erfüllte. Dafür seien weitere Ermittlungen erforderlich gewesen. Im übrigen könne eine Spionagetätigkeit für die deutsche Wehrmacht schlechthin deshalb nicht vom versorgungsrechtlichen Schutz ausgeschlossen werden, weil sie "freiwillig” geleistet worden sei. Ein hinreichender Grund dafür, dass das für Spionage oder ähnliche Aktionen von Ausländern für die Wehrmacht nicht gelten könne, sei nicht ersichtlich. Gerade ein Kriegsgefangener, der in einem besonderen Gewaltverhältnis zur Wehrmacht gestanden hätte, könnte einen militärähnlichen Dienst gem. § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG auch dann geleistet haben, wenn er "freiwillig” einen Auftrag einer militärischen Dienststelle übernommen hätte, um z.B. gewisse Freiheiten und materielle Vergünstigungen gegenüber dem Lagerleben auf diesem Wege zu erreichen.

Auch seien Geldzuwendungen, die er für die Ausführung eines solchen Auftrags benötigt hätte, ohne weiteres als Entgelt zu werten, das zwingend auf ein ziviles Dienstverhältnis im Sinne des § 3 Abs. 2 BVG schließen ließe. In jedem Falle hätte die Dienststelle oder der Befehlshaber von der oder dem der Auftrag stammte, der militärischen Führung befehlsmäßig unterstellt gewesen sein müssen.

Die Klägerin trägt unter Hinweis auf den Zeitungsartikel vom 16. Januar 1945 in der jugoslawischen Tageszeitung "Politika” weiterhin vor, ihr Ehemann sei im Zeitpunkt seiner Verurteilung auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht tätig gewesen. Das sei aufgrund der Beweiserhebungen als geklärt anzusehen. Er sei deshalb vorzeitig aus dem deutschen Kriegsgefangenenlager nach Jugoslawien entlassen worden. Im dortigen Lager in Deutschland sei er angeworben worden. Dadurch sei eine Ursache für die spätere Hinrichtung gesetzt worden. Allein dieser Tatbestand reiche aber bereits aus, um zu einer Haftung nach dem BVG zu kommen. Ihr Ehemann habe sich der Weisung der deutschen Militärbehörden nicht entziehen können und sei damit unfreiwillig oder auf Befehl für die deutschen Militärbehörden tätig geworden. Damit seien die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG erfüllt. Von einem Zivildienst aufgrund einer Dienstverpflichtung oder eines Arbeitsvertrages könne keine Rede sein. Er sei bei der Verurteilung aufgrund des § 14 der Verordnung über Militärgerichte und Befehl über die disziplinarische Verantwortlichkeit von Militärpersonen nicht als jugoslawischer Soldat behandelt worden. Zum damaligen Zeitpunkt habe in Jugoslawien Kriegsrecht gegolten, so dass Militärgerichte eingesetzt gewesen seien. Von einem solchen Militärgericht sei ihr Ehemann auch verurteilt worden. Aufgrund der vorliegenden Tatsachen und Zeugenaussagen sei es zu einer Beweislastumkehr gekommen. Der Beklagte müsse nunmehr Tatsachen vortragen, die die angesprochenen weiteren Versionen – nämlich Zivildienst und Agententätigkeit im Auftrag einer nichtmilitärischen Stelle – wirklich machen würden.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 4. Juli 1972 und den Bescheid vom 9. Juli 1971 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1971 sowie den Bescheid vom 25. Januar 1979 aufzuheben und den Beigeladenen zu 2) zu verurteilen, Witwenrente ab 1. Mai 1971 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Januar 1979 abzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, es liege kein entschädigungspflichtiger Tatbestand nach dem BVG vor. Über den Grund der Entlassung aus der deutschen Kriegsgefangenschaft vor Kriegsende bestehe nach wie vor Ungewissheit. Der Kommandant des O. E., General a.D. W. habe entschieden bestritten, dass Gefangene auf Veranlassung deutscher militärischer Stellen mit Spionageaufträgen in ihre Heimatländer entsandt worden seien. Beim Fehlen jeglicher Beweismittel könne auch nicht unterstellt werden, dass der Ehemann der Klägerin sich freiwillig für derartige Dienste zur Verfügung gestellt und solche in Jugoslawien geleistet hätte. Aus dem Zeitungsartikel über die Hinrichtung im Januar 1945 sei nicht der Schluss zu ziehen, dass der Ehemann der Klägerin eine Spionage- oder Agententätigkeit für die ehemalige deutsche Wehrmacht verrichtet hätte. Denn der Auftrag solle gelautet haben, die Gesinnung des Volkes gegenüber den Deutschen und dem Volksbefreiungsauftrag zu erforschen. Eine unmittelbare Bedeutung für die Kriegsführung sei in einem solchen Auftrag nicht zu erblicken. Es sei kein Nachweis erbracht worden, dass er für die militärische Abwehr tätig gewesen sei. Versorgung käme nur in Betracht, wenn Spionage auf Befehl einer militärischen Dienststelle ausgeführt worden sei. Der Klägerin sei es nicht gelungen, den militärischen Befehlshaber, auf dessen Veranlassung ihr Ehemann tätig geworden sein solle, zu benennen. Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit seien von ihr zu tragen. Nach § 14 der genannten Verordnung sei er als jugoslawischer Soldat behandelt worden, was die gleichzeitige Ableistung militärähnlichen Dienstes für einen deutschen Befehlshaber sicher erschwere.

Die Beigeladene zu 1), die mit Beschluss des Senats vom 16. Juni 1977 zum Verfahren beigeladen worden ist, beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Januar 1979 abzuweisen.

Sie führt aus, eine Versorgung käme nur dann in Betracht, wenn die von dem Ehemann der Klägerin ausgeübte Tätigkeit militärähnlicher Dienst im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG gewesen sei. Hiernach müsse insbesondere die Dienststelle oder der Befehlshaber, von der oder dem ein an den Ehemann der Klägerin gerichteter Auftrag stamme, der militärischen Führung befehlsmäßig unterstellt gewesen sein. Nach der Beweisaufnahme sei nicht geklärt, ob seine Tätigkeit von einer Stelle veranlasst worden sei, die der militärischen Führung befehlsmäßig untergeordnet gewesen sei.

Der Beigeladene zu 2), der mit Beschluss vom 21. September 1978 zu dem Verfahren beigeladen worden ist, hat den Bescheid vom 25. Januar 1979 erteilt, der gem. §§ 96, 153 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden ist. Damit hat er festgestellt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Witwenrente nach dem BVG habe. Es habe nicht eindeutig geklärt werden können, auf wessen Veranlassung ihr verstorbener Ehemann eine Agenten- oder ähnliche Tätigkeit ausgeübt habe. Insbesondere sei der Nachweis nicht erbracht worden, dass er auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers oder einer Stelle, die der militärischen Führung befehlsmäßig untergeordnet gewesen sei, gehandelt habe. Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit seien von der Klägerin zu tragen.

Der Senat hat Beweis erhoben und hat von dem Bundesarchiv in Aachen die Auskunft vom 22. Juli 1975, von der Deutschen Dienststelle die vom 18. August 1975 und von der Stadt O. die vom 20. August 1975 eingeholt. Weiterhin sind auf Anfrage die Schreiben des Generals a.D. W. vom 24. August 1975 und 11. April 1976, das Schreiben des Erzpriesters J. vom 10. Oktober 1979 und des H. F. vom 13. Dezember 1976 zur Akte gelangt. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Belgrad hat auf die Anfrage des Senats mit Schreiben vom 12., 13. und 27. April 1976 sowie 10. Januar 1977 geantwortet. Weiterhin hat der Bundesnachrichtendienst die an ihn gerichteten Anfragen vom 30. Juli 1976 und 20. Januar 1978, das Bundesarchiv am 25. November 1976 und 10. Dezember 1976 und das Deutsche Rote Kreuz am 3. Februar 1978 beantwortet.

Die Versorgungsakte und die Akte des Bundessozialgerichts 9 RV 512/74 haben vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge, der auszugsweise in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung, über die trotz Ausbleibens der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten sowie des Beigeladenen zu 2) der Senat entscheiden konnte, da die Ladung einen entsprechenden Hinweis enthielt (§ 110 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG –), ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.

Der Bescheid vom 9. Juli 1971, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 1971 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG) und der Bescheid vom 25. Januar 1979, der gem. §§ 96, 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist und über den der Senat im Wege der Klage zu entscheiden hatte, begegnen keinen Bedenken. Denn der Klägerin steht keine Hinterbliebenenversorgung zu (§§ 1 Abs. 5, 38 BVG).

Der Versorgungsanspruch ist gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3 BVG i.V.m. §§ 1 ff. BVG zu beurteilen, wonach das BVG auf andere Kriegsopfer anzuwenden ist, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben, wenn die Schädigung mit einem Dienst im Rahmen der deutschen Wehrmacht oder militärähnlichen Dienst für eine deutsche Organisation in ursächlichen Zusammenhang steht. Entscheidend ist somit im vorliegenden Falle, ob die Hinrichtung des Ehemannes der Klägerin aufgrund des Todesurteils des Kriegs/Militärgerichts des Kommandos der Stadt Belgrad vom 5. Januar 1945 ein schädigender Vorgang im Sinne des §§ 1 ff. BVG ist. Nach § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG gilt als militärähnlicher Dienst i.S. des § 1 Abs. 1 BVG der aufgrund einer Einberufung durch eine militärische Dienststelle oder auf Veranlassung eines militärischen Befehlshabers für Zwecke der Wehrmacht geleistete freiwillige oder unfreiwillige Dienst. Die übrigen Alternativen des § 3 Abs. 1 BVG kommen nach Lage des Falles von vornherein nicht in Betracht. Nach § 3 Abs. 2 BVG gilt als militärähnlicher Dienst nicht der Zivildienst, der aufgrund einer Dienstverpflichtung oder eines Arbeitsvertrages bei der Wehrmacht geleistet worden ist, es sei denn, dass der Einsatz mit besonderen kriegseigentümlichen Gefahren für die Gesundheit verbunden war. Diese Vorschrift kann deswegen vorliegend keine Anwendung finden, weil nach den aufgrund der Beweisaufnahme getroffenen Feststellungen weder ein unmittelbares Vertragsverhältnis des Ehemannes der Klägerin zur Wehrmacht bestanden hat noch er durch das Arbeitsamt zur Wehrmacht dienstverpflichtet war (vgl. Breith. 67, 767 ff.).

Der Senat, der bei seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundessozialgerichts zugrunde gelegt hat (§ 170 Abs. 5 SGG), ist auch nach Durchführung der Beweisaufnahme der Ansicht, dass für das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich sind. Denn der Versorgungsanspruch kann nur dann auf diese Vorschrift gestützt werden, wenn der Anstoß zum Einsatz bei der Wehrmacht auf der hoheitlichen Weisung eines militärischen Befehlshabers beruht, der Herangezogene bei seiner Dienstleistung der hoheitlichen Verfügungsgewalt eines solchen Befehlshabers unterstand (BSG, Urt. v. 6.10.1977, Az.: 9 RV 4/77).

Dass der Ehemann der Klägerin nach den in der jugoslawischen Tageszeitung "Politika” vom 16. Januar 1945 erschienen Zeitungsartikel zum Tode durch Erschießen verurteilt worden ist, weil er "Spion für den deutschen Feind” war, reicht nicht für die Annahme aus, seine Tätigkeit in Belgrad sei entweder durch eine militärische Dienststelle oder durch einen militärischen Befehlshaber veranlasst worden. Schon der Begriff "Spion” ist vieldeutig und hat nach 1945 und dabei besonders wiederum in den Ostblockländern eine vielgestaltige Prägung erhalten. Er diente im allgemeinen als Sammelbegriff für alle Handlungen, die gegen das Land selbst gerichtet waren. Darunter können eigentliche Agenten- und Spionagedienste während des Krieges fallen, jedoch auch die Zusammenarbeit mit den Deutschen während des Krieges oder Aktionen gegen das kommunistisch regierte Land. Dabei ist für die Annahme des Begriffs "Spionage” nicht unbedingt erforderlich, dass sie für eine fremde Macht geleistet worden ist, da darunter auch Aktionen verstanden werden, die auf Eigeninitiative beruhen. Das Vorliegen eines derartigen Tatbestandes vermittelt der Zeitungsartikel der jugoslawischen Zeitung "Politika”, dem zu entnehmen ist, dass sich der Ehemann der Klägerin freiwillig "für die Arbeit zur Erneuerung Serbiens” einer Bewegung, die von M. N. geleitet worden ist, zur Verfügung gestellt hat. Dafür soll er in einem Lager bei Wien in einem Spezial-Spionenkurs der deutschen Organisation – Polizeiorganisation – ausgebildet worden sein. Wie "Politika” weiter berichtet, habe er auftragsgemäß als "Spion” in Belgrad gearbeitet, wobei seine Aufgabe war, die Gesinnung des jugoslawischen Volkes zu testen und über dem Volksbefreiungsaufstand zu berichten. Diese Zeitungsnotiz stützt damit nicht die Behauptung der Klägerin, dass es sich um eine Spionage- oder Agententätigkeit für die ehemalige deutsche Wehrmacht gehandelt habe. Aufgrund dieses Inhalts ist nach Ansicht des Senats eher auf eine Tätigkeit mit politischem Hintergrund zu schließen, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat. Dafür spricht auch Artikel 14 der "Verordnung über Militärgerichte und Befehl über die disziplinarische Verantwortlichkeit von Militärpersonen”, der wahrscheinlich die Grundlage des Todesurteils vom 5. Januar 1945 gebildet hat. Aus ihm lassen sich gleichfalls keine konkreten Merkmale dafür herleiten, dass der Ehemann der Klägerin überwiegend oder gar ausschließlich als Befehlsempfänger eines militärischen Befehlshabers in Belgrad vor dem 14. Oktober 1944 tätig war. Denn nach Art. 14 sind als Volksfeinde betrachtet worden alle aktiven Ustaschas, Tschetniks und Angehörige sonstiger bewaffneter Formationen im Dienste des Feindes sowie deren Organisatoren und Helfer; alle diejenigen, die in irgendeiner Form im Dienste des Feindes stehen – als Spione, Zuträger, Kuriere, Agitatoren u.ä.m.; alle diejenigen, die das Volk zur Waffenübergabe an die Okkupatoren angehalten haben; alle diejenige die den Volkskampf verraten haben und in engem Kontakt zum Okkupator standen; alle diejenigen, die der Volksmacht abtrünnig werden und gegen sie arbeiten; alle diejenigen, die die Volksarmee zerstören oder auf eine andere Art und Weise dem Okkupator halfen und helfen; alle diejenigen, die schwere Fälle von Mord und Raub u.ä.m. begehen. Nach Art. 16 konnten die Militärgerichte auch die Todesstrafe verhängen und darüber hinaus die Aberkennung der Soldaten- und Bürgerehre anordnen.

Die Beweisaufnahme hat auch keine konkreten Anhaltspunkte dafür erbracht, dass der Ehemann der Klägerin im Auftrag einer militärischen Dienststelle in Belgrad tätig war. Der angesprochene Bundesnachrichtendienst hat zwar eine Arbeit für die Abwehr nicht ausgeschlossen, wobei er dafür mehrere mögliche Auftraggeber genannt hat. So können Aufträge vonseiten des Kommandos der Heeresgruppe F, einer Abwehrstelle eines Wehrkreises, von SD-Dienststellen; vom Reichssicherheitshauptamt oder anderen Stellen erteilt worden sein. Der von dem Bundesarchiv Koblenz genannte Oberregierungsrat a.D. H. F. hat gleichfalls lediglich von einer Möglichkeit gesprochen, dass ausländische Offiziere in deutschen Kriegsgefangenenlagern als Spione angeworben worden seien. Ihm seien Fälle aus anderen Lagern bekannt. Der schriftlich gehörte General a.D. W. hat während seiner Tätigkeit als Kommandant des Lagers E. bei O. eine derartige Anwerbung als Spion dagegen ausgeschlossen. Er könne sich nicht vorstellen, dass zu seiner Kommandantenzeit der Ehemann der Klägerin mit einem Spionageauftrag nach Serbien gesandt worden sei. Die Erklärung des Erzpriesters J. vom 10. Oktober 1975 spricht gleichfalls nicht für die Annahme, der Ehemann der Klägerin sei der militärischen Führung in irgendeiner Weise unterstellt gewesen und hätte von ihr entsprechende Befehle erhalten. Wenn in seiner Erklärung der Begriff "Spion” verwendet worden ist und weiterhin von einem "Spionagering” die Rede ist, so sind das keine unbedingten Indizien, um daraus eine Spionagetätigkeit f die als militärähnlicher Dienst anzusprechen wäre, ableiten an können. Als "Spion” ist man in derartigen Situationen von den eigenen Landsleuten schon bezeichnet worden, wenn man mit deutschen Stellen zusammengearbeitet hat. Die Erklärung des Jovanovic lässt darüber hinaus erkennen, dass es ein SS-Mann als sogenannter Abwehroffizier war, der diesen "Spionagering” im Lager geleitet hat. Insoweit gibt es Parallelen zu dem Zeitungsartikel in der "Politika”, wo ebenfalls von einer Polizeiorganisation die Rede ist. Geht man selbst von einem derartigen Tatbestand aus, dann wäre die Tätigkeit des Ehemannes der Klägerin nicht als militärähnlicher Dienst für die deutsche Wehrmacht zu werten. Dafür dass der Ehemann der Klägerin als ehemaliger Offizier serbischer Nationalität aus der Kriegsgefangenschaft 1944 in seine Heimat geschickt worden ist und bis zur Besetzung Belgrads in Oktober 1944 mit den Deutschen zusammengearbeitet hat, gibt es ebenfalls keine Nachweise. Dass Fälle einer derartigen Zusammenarbeit gegeben hat, lässt sich zwar aus den dazu erschienenen Schriften entnehmen (vgl. BSG, Urt. v. 23.4.75, Az.: 9 RV 512/74). Sie geben jedoch für den vorliegenden Fall nichts her, besonders keine Entscheidungshilfe dafür, dass gerade der Ehemann der Klägerin zum versorgungsrechtlich geschützten Personenkreis des BVG gehört hat.

Die Tatsache allein, dass er als Kriegsgefangener vorzeitig beurlaubt oder entlassen und nach Belgrad zurückgekehrt ist, reicht für die Zugehörigkeit zum Personenkreis des BVG nicht aus. Dabei hat der Senat auch beachtet, dass es eine Spionagetätigkeit für die Deutsche Wehrmacht nicht schlechthin deshalb, weil sie "freiwillig” geleistet wurde, vom versorgungsrechtlichen Schutz ausgeschlossen ist. Er hat auch bedacht, dass gerade ein Kriegsgefangener, der in einem besonderen Gewaltverhältnis zur Wehrmacht stand, einen militärähnlichen Dienst i.S. des § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG auch dann geleistet hat, wenn er "freiwillig” einen Auftrag einer militärischen Dienststelle übernahm um z.B. gewisse Freiheiten und materielle Vergünstigungen gegenüber dem Lagerleben auf diesem Wege zu erreichen.

Bei diesem Sachverhalt konnte der Senat die Anspruchsvoraussetzungen nicht als nachgewiesen oder auch nur hinreichend wahrscheinlich gemacht ansehen. Die Folgen dieser Nichtfeststellbarkeit sind deshalb von der Klägerin zu tragen. Im sozialgerichtlichen Verfahren gilt der Grundsatz der objektiven Beweislast oder der Feststellungslast, wonach die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder das Nichtfestgestelltseins einer Tatsache von demjenigen Beteiligten zu tragen sind, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (BSGE 6, 70; 8, 245; 15, 112; 30, 121 und 280). Zu den anspruchsberechtigenden Tatsachen gehört im vorliegenden Falle die Feststellung, dass der Ehemann der Klägerin einen Auftrag einer militärischen Dienststelle übernommen hatte. Dass das vorliegend der Fall war, ließ sich nicht klären. Eine Umkehr der "Beweislast”, wie die Klägerin meint, tritt im sozialgerichtlichen Verfahren nicht ein.

Da die Voraussetzungen für die Anerkennung eines militärähnlichen Dienstes für eine deutsche Organisation gem. § 7 Abs. 1 Nr. 3, § 3 Abs. 1 Buchst. b BVG nicht gegeben sind, entfällt auch ein Anspruch der Klägerin nach § 38 BVG.

Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen und die Klage gegen den Bescheid vom 25. Januar 1979 des Versorgungsamtes Köln abzuweisen, mit dem gleichfalls zu Recht ein Anspruch der Klägerin im n Rahmen der "Inlandsversorgung” abgelehnt worden ist.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.

Die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG kam nach Lage des Falles nicht in Betracht.
Rechtskraft
Aus
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