Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 J 850/74
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Sinn der Berufsunfähigkeitsrente liegt in dem Schutz eines Versicherten, der aus gesundheitlichen Gründen sein berufliches Können, das die Grundlage seines Arbeitslebens bildete, in einem entsprechenden Aufgabenbereich nicht mehr realisieren kann.
Wesentlicher Faktor für die Bewertung des beruflichen Könnens und die Angemessenheit eines Arbeitsplatzes sind tarifliche Einstufungen.
Für Tätigkeiten in der Art des Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters u.ä. ist der Arbeitsmarkt für einen Facharbeiter im allgemeinen verschlossen.
Wesentlicher Faktor für die Bewertung des beruflichen Könnens und die Angemessenheit eines Arbeitsplatzes sind tarifliche Einstufungen.
Für Tätigkeiten in der Art des Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters u.ä. ist der Arbeitsmarkt für einen Facharbeiter im allgemeinen verschlossen.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. September 1972 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger – 1927 geboren – erlitt Mitte 1969 einen Herzinfarkt. Wegen der Folgen dieses Geschehens, vor allem wegen eingeschränkter Herzleistungsbreite, mußte er den Beruf eines Ofenmaurers, den er erlernt und in dem er zuletzt als Vorarbeiter und Kolonnenführer tätig gewesen war, aufgeben. Nach ärztlicher Auffassung waren ihm nur noch Arbeiten bei wechselnder Körperhaltung ohne körperliche Anstrengung und ohne Zeitdruck, wenn auch ganztags, zuträglich. Damit fiel er als Maurer und auch als Vorarbeiter aus. Von seinem Arbeitgeber wurde er zunächst mit leichten Büroarbeiten beschäftigt, später in das Angestelltenverhältnis übernommen und nach der Tarifgruppe K 2 des Manteltarifvertrages für Angestellte der Hessischen Metallindustrie sowie seit dem 1. August 1972 nach Tarifgruppe K 3 entlohnt.
Den Antrag auf Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit lehnte die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) ab (Bescheid vom 17. September 1970). Der Klage hat das Sozialgericht –SG– (Urteil des SG Gießen vom 25. September 1972) stattgegeben; das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Juli 1972 hinaus verurteilt worden war (Urteil des Hessischen LSG vom 23. Oktober 1973).
Auf die Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des erkennenden Senates durch Urteil vom 20. August 1974 (4 RJ 363/73) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, der erkennende Senat habe sich zu eng an den Maßstab lohn- und gehaltstariflicher Eingruppierung gehalten und zu wenig nach den Einzelfallumständen geforscht. Er habe nicht untersucht, ob sich die Lohn- und Gehaltsgruppendefinitionen der Tarifverträge mit den vom Kläger tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben deckten. Zu erforschen sei vielmehr die Einbuße an Rang und Einkommen sowie der soziale Standort einer Berufsposition. Dies müsse mit Rücksicht auf die nähere Umstände des Einzelfalles konkret ermittelt werden. Arbeitszufriedenheit, gesellschaftliche Stellung und das Privileg längerer Betriebszugehörigkeit seien hierbei von Bedeutung. Im übrigen wird auf das Urteil des BSG Bezug genommen.
Zu den Fragen der tariflichen Einstufung des Klägers, ihrer Entsprechung mit der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und den Privilegien älterer Betriebszugehörigkeit hat der Senat eine Arbeitgeberauskunft bei der Firma B. in W. eingeholt. Die Auskunft vom 17. Oktober 1974 bringt u.a. zum Ausdruck, daß der Kläger keine besonderen Privilegien aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit genoß. Die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 habe eine gewisse Einarbeitung berücksichtigt und der allgemeinen Gehaltspolitik im Unternehmen entsprochen. Sie sei als Vorstufe für eine spätere richtige Einstufung in die Tarifgruppe K 3 anzusehen. Betriebskaufleute (Werkstattschreiber) seien im allgemeinen in die Tarifgruppe K 3, in Einzelfällen auch in die Tarifgruppe K 4 eingestuft. Eine abgeschlossene kaufmännische Lehre sei in der Praxis für die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 nicht erforderlich. Nach fortgeschrittener Anlernung und weiterer Bewährung sei der Kläger aufgrund dieser Gegebenheiten am 1. August 1972 in die Tarifgruppe K 3 eingestuft worden.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, daß die Tätigkeit des Klägers in der Tarifgruppe K 2 im Rahmen des § 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) zumutbar gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. September 1972 insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als sie zur Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Mai 1970 bis zum 31. Juli 1972 verurteilt wurde.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält weiterhin das Urteil des erkennenden Senates vom 23. Oktober 1973 für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakten sowie der Akten des BSG (4 RJ 363/73), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Streitgegenstand ist auch nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das BSG (Urteil vom 20. August 1974 – 4 RJ 368/73) der Rentenanspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Mai 1970 bis 31. Juli 1972. Insoweit ist die Beklagte durch das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1973 beschwert, insoweit hat sie dieses Urteil mit der Revision angegriffen. Im übrigen ist dieses Urteil mangels Einlegung eines Rechtsmittels rechtskräftig geworden.
Zweifel am Umfang des Streitgegenstandes können sich daraus ergeben, daß das BSG auf die Revision der Beklagten das gesamte Urteil des LSG aufgehoben hat und nicht nur den mit der Revision angegriffenen Teil. Insoweit ist die Urteilsformel des zurückverweisenden Urteils des BSG klar und nicht auslegungsfähig, zumal auch die Entscheidungsgründe keinen Hinweis in dieser Richtung enthalten. Durch die vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträge der Beteiligten ist jedoch der Streitgegenstand erneut bestimmt und auf den dem BSG zur Entscheidung vorgelegten Umfang begrenzt worden. Soweit das Urteil des BSG abweichend von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch hinausgegangen ist, ist dieser Mangel nach Zurückverweisung der Rechtsstreites an den erkennenden Senat durch die erneut gestellten Anträge der Beteiligten geheilt.
II.
Nach der für den erkennenden Senat bindenden Rechtsauffassung des BSG (§ 170 Abs. 4 SGG) kommt es nur noch darauf an, ob die Beschäftigung des Klägers in der Tarifgruppe K 2 zumutbar war oder nicht. Die Verweisbarkeit des Klägers auf andere Tätigkeiten, etwa Anlerntätigkeiten oder solche eines Werkstattschreibers in anderen Firmen, Lager- oder Magazinverwalters braucht nicht mehr geprüft zu werden. Insoweit ist das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1973 nicht mit der Revision angegriffen oder vom BSG aufgehoben worden. Insbesondere ergibt sich aus dem zurückverweisenden Urteil des BSG keine Verpflichtung zur Prüfung, welche Arbeitsplätze für den Kläger noch in Betracht kommen, sofern die Tätigkeit des Klägers in der Tarifgruppe K 2 nicht zumutbar im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist. Wegen seiner früheren Funktion kann der Kläger auch nicht auf alle Arbeiten verwiesen werden, die sich lediglich aus dem Kreis der einfachen Hilfsarbeitstätigkeiten herausheben. Die frühere Berufstätigkeit des Klägers entspricht der Lohngruppe 8 des Metalltarifes. Aus den einfachen Hilfsarbeitertätigkeiten heben sich schon Arbeiten heraus, die eine sogenannte Zweckausbildung von mehreren Wochen oder Monaten erfordern und nicht nur nach Anweisung ausgeführt werden können. Diese Arbeiten entsprechen der Lohngruppe 2 des Metalltarifes. Sie liegen damit nur eine Tarifgruppe über den einfachen Arbeiten, die wegen der damit verbundenen geringen körperlichen Belastungen üblicherweise von Frauen verrichtet werden. Ein derartiger sozialer Abstieg in den Augen der Arbeitswelt kann dem Kläger nicht zugemutet werden.
Im übrigen ist auch nach den Kenntnissen des Arbeitslebens nicht zu erkennen, welche Arbeiten der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang verrichten kann, die auch nach ihrer tariflichen Bewertung noch im Bereich des Zumutbaren liegen, weil sie dann spezielle Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen voraussetzen würden. Tätigkeiten auf dem Sektor der gewerblichen Arbeitnehmer scheiden aus, weil dem Kläger die erforderliche fachliche Qualifikation fehlt, um eine angemessene Tarifgruppe auszufüllen. Angestelltentätigkeiten wie die eines Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters und ähnliche, die nach der Auskunft der Firma B. der Tarifgruppe K 3 entsprechen, kamen vor dem 1. August 1972 nicht in Betracht, weil insoweit der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Derartige Stellen werden – wie es dem Senat aus anderen Fällen und insbesondere aus dem Wissen der ehrenamtlichen Richter bekannt ist – im allgemeinen nicht über den Arbeitsmarkt, sondern mit Betriebsangehörigen besetzt. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch den Einfluß der Betriebsverfassungsgesetzes (§§ 92 ff) –BetrVG– sowie durch die derzeitige Fassung des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz, wonach eine Kündigung erst dann ausgesprochen werden darf, wenn innerbetriebliche Umsetzungsversuche gescheitert sind. Diese Umsetzungen finden in den genannten Bereichen statt. Sie können Bestandteil der Personalplanung nach §§ 92 ff BetrVG sein.
Nach alldem kann ein Facharbeiter, sofern er nicht in einem entsprechenden Arbeitsverhältnis steht, nicht auf Arbeiten eines Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters verweisen werden, weil insoweit der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn er einen derartigen Arbeitsplatz tatsächlich innehat.
III.
Nach dem Urteil des BSG ist der "soziale Standort” ("Rang” – vgl. Ecker SGb 73 S. 473 ff – DAngV 74 S. 238 ff) der Beschäftigung des Klägers in der Tarifgruppe K 2 festzustellen. Weiter ist ein Vergleich mit dem "sozialen Standort” der früheren Tätigkeit des Klägers als Fach- und Vorarbeiter zur Feststellung der Zumutbarkeit nach § 1246 Abs. 2 RVO erforderlich. Die Frage des sogenannten sozialen Abstieges ist damit nach der für den Senat bindenden Rechtsprechung des BSG eine sozialwissenschaftliche und auf soziologischer Grundlage zu beantworten. Die bereits durchgeführten soziologischen Untersuchungen zu diesem Fragenkomplex haben im wesentlichen zu folgenden Ergebnissen geführt: Nach Daheim, ("Der Beruf in der modernen Gesellschaft”, 2. Aufl., Köln-Berlin 1970, S. 195 f.) gibt es keine verwertbaren betriebssoziologischen Untersuchungen. Dies liegt einfach daran, daß jede Tätigkeit aufgrund der individuellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. nach der Betriebsgröße) einen individuellen sozialen Standort innerhalb der Betriebsgemeinschaft einnimmt, der einer Verallgemeinerung nicht fähig ist. Als Beispiel führt Daheim (S. 195) den sozialen Standort eines Verwaltungsinspektors an, der in einer kleinen Krankenkasse, wo er unter Umständen stellvertretender Geschäftsführer ist, anders zu bewerten ist als in einem Ministerium. Diese Beispiele könnte man beliebig fortsetzen.
Eine allgemeine gesellschaftliche Bewertung aller Berufsgruppen gibt es ebenfalls nicht, weil so gut wie niemand in der Lage ist, sämtliche existierende Berufe und Berufstätigkeiten zu überschauen und in ihrem sozialen Standort zueinander in Beziehung zu setzen. Auch dies legt Daheim zutreffend dar (a.a.O. S. 197). In derartigen Bewertungen liegen auch subjektive Elemente, die einer Verallgemeinerung nicht fähig sind. Insbesondere ist eine soziale Standortbestimmung entsprechend dem Einkommen nicht belegbar. Sie würde auch daran scheitern, daß zumindest außerhalb des öffentlichen Dienstes die jeweiligen Einkommensverhältnisse einzelner Berufsgruppen nicht bekannt sind; es fehlt insoweit an einer Transparenz des Einkommensgefüges der arbeitenden Bevölkerung. Abgesehen davon werden Standortbestimmungen auch ohne Rücksicht auf das Einkommen vorgenommen. Erfahrungswerte allgemeiner Art über den Zusammenhang zwischen Einkommen und sozialem Standort sind nicht bekannt.
Allgemeine Anhaltspunkte über die soziale Standortbestimmung sind, wie Daheim (S. 198 f., 283 f.) aufgrund mehrfacher wissenschaftlicher Untersuchungen überzeugend ausführt, im wesentlichen darin zu finden, daß der Wert einer Berufstätigkeit für den sozialen Rang nach der hierfür erforderlichen Schul- und Berufsausbildung, im Ergebnis also nach dem vorhandenen fachlichen Können bestimmt wird. Hinzu kommt das Ausmaß an Verantwortung im Sinne der Anzahl, Schwierigkeit und Reichweite der Konsequenzen erwarteter Entscheidungen (Daheim S. 198). Wissen und Verantwortung sind die entscheidenden Faktoren für die Zuerkennung von Berufsprestige (Daheim S. 199).
Die soziologischen Erkenntnisse laufen somit darauf hinaus, daß die entscheidenden Kriterien für den "sozialen Standort” Können, Beanspruchung und Verantwortung unter Hervorhebung des Könnens sind.
Legt man das auf einer internationalen Arbeitskonferenz in Genf entwickelte und auch in der Struktur der Tarifverträge und im Arbeitsleben erkennbare Schema zur Bewertung der Arbeitsleistung (sog. "Genfer Schema” – vgl. Ernst Zander: Lohn- und Gehaltsfestsetzung in Klein- und Mittelbetrieben, Freiburg 1973 S. 52 ff.; Wiegand SV 1974 S. 64) zugrunde, so ist hieran zu messen, ob der Kläger (vor dem 1. August 1972) einen Arbeitsplatz einnahm oder einnehmen konnte, der gegenüber dem Wert der früheren Tätigkeit des Klägers als Vorarbeiter noch zumutbar ist. Das Genfer Schema bewertet Können, Beanspruchung und Verantwortung, wobei ein Verhältnis dieser Faktoren zueinander das Können mit ca. 40 % Beanspruchung und Verantwortung mit je ca. 30 % veranschlagt werden können (Zander a.a.O.). Hier berühre sich der soziale Standort einer Tätigkeit mit ihrer Bewertung im Arbeitsleben.
Auch unter Berücksichtigung des sozialen Standorts einer Beschäftigung liegt der Sinn der Berufsunfähigkeitsrente in dem Schutz bei gesundheitlich bedingter Behinderung eines Versicherten, sein berufliches Können, das die Grundlage seines Arbeitslebens bildete, in einem entsprechenden Aufgabenbereich anzuwenden. Die Verwertbarkeit beruflichen Könnens in der Übernahme von Aufgaben und Verantwortung ist nicht nur eine Frage der Erzielung von Einkommen, sondern der Selbstbestätigung und Selbstverwirklichung im Arbeitsleben. Auch diese Werte sind sozial schutzbedürftig.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß es Versicherte gibt, die ihren Beruf aufgeben und sich freiwillig Arbeiten zuwenden, die ihnen erheblich weniger Können, Beanspruchung und Verantwortung abfordern. Dies ist weder die Regel noch ein allgemein anerkanntes oder anzuerkennendes Leitbild. Maßgebende Wertvorstellungen im Arbeitsleben sind vielmehr fachliche Qualifikation und persönlicher Einsatz des einzelnen. Hieran hat sich der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung zu orientieren, zumal es eine "gesetzliche Lohnhälfte” nicht mehr gibt; denn das Gesetz (§ 1246 Abs. 2 RVO) sprich vom "Leistungsvermögen” und nicht mehr davon, wie viel ein Versicherter noch von dem "erwerben” kann, was andere Versicherte "zu verdienen pflegen” (vgl. § 1254 RVO a.F.).
Für die Feststellung des für das Vorliegen von Berufsunfähigkeit maßgebenden Ausmaßes dieser Behinderung in diesem Sinne ist die tarifliche Bewertung der Tätigkeit, die dem Arbeitsleben eines Versicherten das Gepräge gegeben hat, mit derjenigen, die er aus gesundheitlichen Gründen nur noch ausüben kann, ein gewichtiges Indiz (vgl. Wiegand SV 1973 S. 151, SV 1974 S. 64). Dies ist auch im zurückverweisenden Urteil des BSG anerkannt; denn es bestehen keine Hinweise darauf, daß tarifliche Einstufungen schlechthin unerheblich sind. Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann der Kläger auf eine Tätigkeit entsprechend der Tarifgruppe K 2 nicht zumutbar verwiesen werden. Sie liegt nach der Auskunft der Firma B. unter der eines Werkstattschreibers (K 3–K 4). Die Tätigkeiten der Tarifgruppe K 2 können von jedem Ungelernten nach einer kurzen innerbetrieblichen Zweckausbildung verrichtet werden. Tatsächlich wurde der Kläger auch nur innerhalb von drei Monaten eingewiesen, nämlich in der Zeit von Juli 1970 bis Ende Oktober 1970 (vgl. die Arbeitgeberauskunft vom 22. März 1973). Gefordert wird in dieser Tarifgruppe nur die Fähigkeit zur selbständigen Erledigung einfacher Arbeiten nach Anweisung. In der betrieblichen Hierarchie, die von wesentlicher Bedeutung für die soziale Bewertung der Angestelltentätigkeit ist, liegt die Tarifgruppe K 2 am unteren Ende. Sie entspricht bei den gewerblichen Arbeitnehmern etwa den Lohngruppen 2 bis 4. In der heutigen Zeit, in der im Gegensatz zu früher die Eigenschaft als Angestellter allein gegenüber, einem Arbeiter kein soziales Ansehen begründet, wenn nicht damit bestimmte qualifizierte Funktionen verbunden sind, ist nicht jede Angestelltentätigkeit schlechthin zumutbar. Dies ist erst dann der Fall, wenn fachliche Qualifikationen erforderlich sind und bestimmte (sachbearbeitende oder leitende) Befugnisse vorhanden sind. Tätigkeiten der Tarifgruppe K 2 erfordern nur geringe fachliche Qualifikationen, sie beinhalten praktisch keine Entscheidungsbefugnisse. Wenn demgegenüber die Beklagte vorträgt, diese Beschäftigung des Klägers sei für den Betrieb wichtig, so übersieht sie, daß jede Arbeit, auch die einfachste, für einen Betrieb wichtig ist. Dies ergibt sich einfach aus der Tatsache, daß jede Arbeitskraft einen Kostenfaktor darstellt, dessen Notwendigkeit in einer gewinnorientierten Wirtschaft stets zu prüfen und zu berücksichtigen ist.
Entscheidend ist im vorliegenden Fall, daß in der Tarifgruppe K 2 im Vergleich zur Tätigkeit eines Fach- und Vorarbeiters eine geringe fachliche Qualifikation erforderlich ist und der Verantwortungsbereich ebenfalls erheblich geringer ist. Dies ist auch an der tariflichen Einstufung abzulesen.
IV.
Die vom BSG weiter geforderte Berücksichtigung der konkreten Umstände der Beschäftigung des Klägers unter Hinweis auf Ecker (DAngV 1974 S. 238 f.) hat nur dann einen Sinn, wenn – wie hier – ein Versicherter tatsächlich einen Arbeitsplatz innehat und nur zu prüfen ist, ob er zumutbar hierauf verwiesen werden darf. Die von Ecker (a.a.O.) herausgestellten Kriterien – Arbeitszufriedenheit etc. – sind nicht von Berufsgruppe zu Berufsgruppe verschieden, sondern hängen von der jeweiligen Arbeit eines Versicherten in einem Betrieb ab. Weder das BSG noch Ecker geben Aufschlüsse darüber, wie außerhalb eines konkreten Arbeitsverhältnisses aufgrund dieser Kriterien die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit beurteilt werden soll.
Die Bestimmung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nach verschiedenen Kriterien erfordert eine Gewichtung, eine Bestimmung, was in welcher weise relevant ist. Die Beziehungen dieser Kriterien müssen mit anderen Worten nach einem Leitbild zueinander geordnet werden. Anderenfalls hätte jeder über einen Rentenantrag zur Entscheidung Berufene (Sachbearbeiter, Dezernent, Richter) die Möglichkeit, nach eigenem Gutdünken zu entscheiden und seine Entscheidung durch Bestimmung und Gewichtung eines Kriteriums zu begründen. Eine mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr zu vereinbarende Willkür wäre dann nicht mehr auszuschließen. Zumindest ergäbe sich eine Fülle von Einzelfallentscheidungen, die wegen fehlender gemeinsamer ordnender Merkmale keine genügende Durchschaubarkeit ermöglichten, sondern nur bildliche Darstellungen, die mit Hilfe eines Leitfadens konkretisiert werden müßten (Gräßer SV 1973 S. 173). Sie ließen auch keine nur einigermaßen zuverlässigen Rückschlüsse auf künftige Entscheidungen zu wofür die Ausführungen Gräßers a.a.O. konkrete anschauliche Beispiele liefern. Eine derartige Rechtsunsicherheit wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr in Einklang zu bringen.
Die Bedeutung der Arbeitszufriedenheit liegt nach der Entscheidung des BSG darin, daß Wissen und Fertigkeiten eines Versicherten, die in langjähriger Bewährung in einem Unternehmen erworben worden sind, ihre Anerkennung finden. Das berufliche Können eines Versicherten nimmt also auch unter diesem Aspekt einen hervorragenden Rang ein.
Sicherungsbedürfnis und psychologische Barrieren (Ecker a.a.O.) beruhen auf subjektiven, möglicherweise irrationalen Vorstellungen eines Versicherten. Von Bedeutung für den Rentenanspruch können sie nur in dem Zusammenhang sein, daß ein Versicherter einen Arbeitsplatz, bei dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, nicht aufgibt und eine andere ihm zumutbare Erwerbstätigkeit ausübt. In diesem Fall besteht kein Rentenanspruch, auch wenn die tatsächlich ausgeübte Arbeit unzumutbar sei sollte. Darum geht es im vorliegenden Fall ersichtlich nicht. Andere Leitgedanken zu diesem Kriterium sind weder dem Urteil des BSG noch den Ausführungen Eckers (a.a.O.) zu entnehmen.
Das Wesen des "Privilegs älterer Betriebszugehörigkeit” (BSG, Ecker a.a.O.) sowie seine Auswirkungen auf den sozialen Standort eines Versicherten sind weder im Urteil des BSG noch in den Ausführungen von Ecker (a.a.O.) erkennbar. Ebensowenig ist eine Relevanz dieser Gesichtspunkte dem Gesetzestext des § 1246 Abs. RVO zu entnehmen. Hierbei kann es sich nicht um Privilegien handeln, die jedem Arbeitnehmer eines Betriebes zufließen, weil sonst kein sozialer Unterschied zwischen dem Betriebsleiter und einem Hilfsarbeiter mehr erkennbar wäre. Anzuknüpfen ist vielmehr an die Qualifikation eines Versicherten und die in einem Unternehmen in langjähriger Tätigkeit erworbene Betriebserfahrung, worauf schon das BSG im Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit hinweist.
Hinsichtlich des Einkommensverlustes in einer Verweisungstätigkeit richtet sich die Zumutbarkeit schon nach dem Wortlaut des § 1246 Abs. 2 RVO nicht notwendig danach, ob der Versicherte weniger als die Hälfte wie im bisherigen Beruf verdient. Den Begriff der "gesetzlichen Lohnhälfte” gibt es in diesem Sinne seit dem 1. Januar 1957 nicht mehr; ihn gab es nur im alten Individualitätsbegriff (§ 1254 RVO a.F.).
Richtig verstanden kommt es bei den vom BSG neben die tarifliche Einstufung gestellten Faktoren (Arbeitszufriedenheit etc.) für die Berufsunfähigkeit darauf an, daß sie im bereits angeführten Sinne auf den Einsatz von beruflichen Fähigkeiten (einschließlich Berufs- oder Betriebserfahrung) und der Übertragung von Verantwortung beruhen. Bestimmend sind damit letztlich die Faktoren des Genfer Schemas, die nach den vorstehenden Ausführungen auch für den sozialen Standort eines Versicherten maßgebend sind. Auch hier gewinnt (wie bei der sozialen Standortbestimmung) die tarifliche Einstufung der Tätigkeiten eine wichtige Bedeutung. Voraussetzung ist allerdings, daß diese tarifliche Einstufung eine Tätigkeit richtig bewertet und nicht aus Gründen, die mit den Faktoren Können, Beanspruchung und Verantwortung nichts zu tun haben, vorgenommen wird.
V.
Im konkreten Fall war festzustellen, ob der Kläger aufgrund seiner fachlichen Qualifikation auf die Tätigkeit eines Angestellten nach der Tarifgruppe K 2 umgesetzt worden ist. Weiterhin war festzustellen, ob diese tarifliche Einstufung dem Können, der Beanspruchung und dem Verantwortungsbereich (Genfer Schema) entsprach. Hierzu ergibt die Auskunft der Firma B. vom 17. Oktober 1974, daß ein Privileg aufgrund älterer Betriebszugehörigkeit nur hinsichtlich einer Umsetzung nach der Tarifgruppe K 2 bestand und diese Tarifgruppe der Vorbildung und der Qualifikation des Klägers entsprach. Diese Umstände bestimmen, wie bereits ausgeführt, wesentlich die Zumutbarkeit – hier die Nichtzumutbarkeit –. Die Höherstufung nach K 3 erfolgte aufgrund höherer Qualifikation, bedingt durch einschlägige Erfahrungen. Diese bewirken ein sichereres Bewältigen der mit dem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben und erhöhten damit die Fähigkeit zum selbständigen Arbeiten und zur Übernahme von eigener Verantwortung. Auch deswegen bewirkte die Höhergruppierung den Wegfall von Berufsunfähigkeit. Die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 entsprach – wie von den Beteiligten nicht bestritten – der Arbeit des Klägers; sie war zutreffend.
Tätigkeiten dieser Tarifgruppe erfordern keine besondere Qualifikation, stellen keine besonderen Anforderungen und beinhalten keine besondere Verantwortung. Hieraus resultiert die Unzumutbarkeit gegenüber der früheren Vorarbeitertätigkeit.
Dem Rentenanspruch steht schließlich nicht entgegen, daß der Kläger nach zweijähriger Tätigkeit in der Tarifgruppe K 2 in die Tarifgruppe K 3 eingestuft wurde. Eine vorübergehende niedrige tarifliche Einstufung bewirkt dann keine Berufsunfähigkeit, wenn nach einer relativ kurzen betrieblichen Einweisungs- Einarbeitungs-)Zeit eine höhere, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung begründende Tarifgruppe erreicht wird (vgl. auch BSG vom 12. November 1970 – 5 RKn 17/68 – Breithaupt 1971 S. 128 f.). Dieser Zeitraum ist allerdings mit 2 Jahren stets überschritten. Der Kläger war über 2 Jahre (vom 1. Mai 1970 bis 31. Juli 1972) nicht in die Tarifgruppe K 3 eingestuft. Die spätere Höhergruppierung ergab sich aus der Höherwertigkeit der Arbeit des Klägers, die bedingt war durch die in der Zwischenzeit gesammelten einschlägigen Erfahrungen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schreiben der Firma B. vom 17. Oktober 1974 sowie aus der Bescheinigung der Firma B. vom 16. November 1973, die die Beklagte dem BSG vorgelegt hat. Damit ist die tarifliche Höhergruppierung durch zusätzliche Qualifikationen des Klägers bedingt. Die Qualifikation indessen ist danach der bereits dargelegten Rechtsauffassung des erkennenden Senates wesentlich für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung. Ein Zuwachs an Qualifikation, sei es auch nur durch Erfahrung bedingt, kann demnach den Wegfall der Berufsunfähigkeit bedingen.
VI.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
II. Die Beklagte hat die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger – 1927 geboren – erlitt Mitte 1969 einen Herzinfarkt. Wegen der Folgen dieses Geschehens, vor allem wegen eingeschränkter Herzleistungsbreite, mußte er den Beruf eines Ofenmaurers, den er erlernt und in dem er zuletzt als Vorarbeiter und Kolonnenführer tätig gewesen war, aufgeben. Nach ärztlicher Auffassung waren ihm nur noch Arbeiten bei wechselnder Körperhaltung ohne körperliche Anstrengung und ohne Zeitdruck, wenn auch ganztags, zuträglich. Damit fiel er als Maurer und auch als Vorarbeiter aus. Von seinem Arbeitgeber wurde er zunächst mit leichten Büroarbeiten beschäftigt, später in das Angestelltenverhältnis übernommen und nach der Tarifgruppe K 2 des Manteltarifvertrages für Angestellte der Hessischen Metallindustrie sowie seit dem 1. August 1972 nach Tarifgruppe K 3 entlohnt.
Den Antrag auf Bewilligung der Rente wegen Berufsunfähigkeit lehnte die beklagte Landesversicherungsanstalt (LVA) ab (Bescheid vom 17. September 1970). Der Klage hat das Sozialgericht –SG– (Urteil des SG Gießen vom 25. September 1972) stattgegeben; das Landessozialgericht (LSG) hat das erstinstanzliche Urteil insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Gewährung der Rente wegen Berufsunfähigkeit über den 31. Juli 1972 hinaus verurteilt worden war (Urteil des Hessischen LSG vom 23. Oktober 1973).
Auf die Revision der Beklagten hat das Bundessozialgericht (BSG) das Urteil des erkennenden Senates durch Urteil vom 20. August 1974 (4 RJ 363/73) aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen. Zur Begründung ist u.a. ausgeführt, der erkennende Senat habe sich zu eng an den Maßstab lohn- und gehaltstariflicher Eingruppierung gehalten und zu wenig nach den Einzelfallumständen geforscht. Er habe nicht untersucht, ob sich die Lohn- und Gehaltsgruppendefinitionen der Tarifverträge mit den vom Kläger tatsächlich wahrgenommenen Aufgaben deckten. Zu erforschen sei vielmehr die Einbuße an Rang und Einkommen sowie der soziale Standort einer Berufsposition. Dies müsse mit Rücksicht auf die nähere Umstände des Einzelfalles konkret ermittelt werden. Arbeitszufriedenheit, gesellschaftliche Stellung und das Privileg längerer Betriebszugehörigkeit seien hierbei von Bedeutung. Im übrigen wird auf das Urteil des BSG Bezug genommen.
Zu den Fragen der tariflichen Einstufung des Klägers, ihrer Entsprechung mit der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit und den Privilegien älterer Betriebszugehörigkeit hat der Senat eine Arbeitgeberauskunft bei der Firma B. in W. eingeholt. Die Auskunft vom 17. Oktober 1974 bringt u.a. zum Ausdruck, daß der Kläger keine besonderen Privilegien aufgrund seiner Betriebszugehörigkeit genoß. Die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 habe eine gewisse Einarbeitung berücksichtigt und der allgemeinen Gehaltspolitik im Unternehmen entsprochen. Sie sei als Vorstufe für eine spätere richtige Einstufung in die Tarifgruppe K 3 anzusehen. Betriebskaufleute (Werkstattschreiber) seien im allgemeinen in die Tarifgruppe K 3, in Einzelfällen auch in die Tarifgruppe K 4 eingestuft. Eine abgeschlossene kaufmännische Lehre sei in der Praxis für die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 nicht erforderlich. Nach fortgeschrittener Anlernung und weiterer Bewährung sei der Kläger aufgrund dieser Gegebenheiten am 1. August 1972 in die Tarifgruppe K 3 eingestuft worden.
Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, daß die Tätigkeit des Klägers in der Tarifgruppe K 2 im Rahmen des § 1246 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) zumutbar gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 25. September 1972 insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen, als sie zur Gewährung von Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit für die Zeit vom 1. Mai 1970 bis zum 31. Juli 1972 verurteilt wurde.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält weiterhin das Urteil des erkennenden Senates vom 23. Oktober 1973 für zutreffend.
Ergänzend wird auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakten sowie der Akten des BSG (4 RJ 363/73), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I.
Streitgegenstand ist auch nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das BSG (Urteil vom 20. August 1974 – 4 RJ 368/73) der Rentenanspruch des Klägers für die Zeit vom 1. Mai 1970 bis 31. Juli 1972. Insoweit ist die Beklagte durch das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1973 beschwert, insoweit hat sie dieses Urteil mit der Revision angegriffen. Im übrigen ist dieses Urteil mangels Einlegung eines Rechtsmittels rechtskräftig geworden.
Zweifel am Umfang des Streitgegenstandes können sich daraus ergeben, daß das BSG auf die Revision der Beklagten das gesamte Urteil des LSG aufgehoben hat und nicht nur den mit der Revision angegriffenen Teil. Insoweit ist die Urteilsformel des zurückverweisenden Urteils des BSG klar und nicht auslegungsfähig, zumal auch die Entscheidungsgründe keinen Hinweis in dieser Richtung enthalten. Durch die vor Schluß der letzten mündlichen Verhandlung gestellten Anträge der Beteiligten ist jedoch der Streitgegenstand erneut bestimmt und auf den dem BSG zur Entscheidung vorgelegten Umfang begrenzt worden. Soweit das Urteil des BSG abweichend von § 123 Sozialgerichtsgesetz (SGG) über den von der Beklagten geltend gemachten Anspruch hinausgegangen ist, ist dieser Mangel nach Zurückverweisung der Rechtsstreites an den erkennenden Senat durch die erneut gestellten Anträge der Beteiligten geheilt.
II.
Nach der für den erkennenden Senat bindenden Rechtsauffassung des BSG (§ 170 Abs. 4 SGG) kommt es nur noch darauf an, ob die Beschäftigung des Klägers in der Tarifgruppe K 2 zumutbar war oder nicht. Die Verweisbarkeit des Klägers auf andere Tätigkeiten, etwa Anlerntätigkeiten oder solche eines Werkstattschreibers in anderen Firmen, Lager- oder Magazinverwalters braucht nicht mehr geprüft zu werden. Insoweit ist das Urteil des erkennenden Senats vom 23. Oktober 1973 nicht mit der Revision angegriffen oder vom BSG aufgehoben worden. Insbesondere ergibt sich aus dem zurückverweisenden Urteil des BSG keine Verpflichtung zur Prüfung, welche Arbeitsplätze für den Kläger noch in Betracht kommen, sofern die Tätigkeit des Klägers in der Tarifgruppe K 2 nicht zumutbar im Sinne des § 1246 Abs. 2 RVO ist. Wegen seiner früheren Funktion kann der Kläger auch nicht auf alle Arbeiten verwiesen werden, die sich lediglich aus dem Kreis der einfachen Hilfsarbeitstätigkeiten herausheben. Die frühere Berufstätigkeit des Klägers entspricht der Lohngruppe 8 des Metalltarifes. Aus den einfachen Hilfsarbeitertätigkeiten heben sich schon Arbeiten heraus, die eine sogenannte Zweckausbildung von mehreren Wochen oder Monaten erfordern und nicht nur nach Anweisung ausgeführt werden können. Diese Arbeiten entsprechen der Lohngruppe 2 des Metalltarifes. Sie liegen damit nur eine Tarifgruppe über den einfachen Arbeiten, die wegen der damit verbundenen geringen körperlichen Belastungen üblicherweise von Frauen verrichtet werden. Ein derartiger sozialer Abstieg in den Augen der Arbeitswelt kann dem Kläger nicht zugemutet werden.
Im übrigen ist auch nach den Kenntnissen des Arbeitslebens nicht zu erkennen, welche Arbeiten der Kläger nach seinem beruflichen Werdegang verrichten kann, die auch nach ihrer tariflichen Bewertung noch im Bereich des Zumutbaren liegen, weil sie dann spezielle Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen voraussetzen würden. Tätigkeiten auf dem Sektor der gewerblichen Arbeitnehmer scheiden aus, weil dem Kläger die erforderliche fachliche Qualifikation fehlt, um eine angemessene Tarifgruppe auszufüllen. Angestelltentätigkeiten wie die eines Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters und ähnliche, die nach der Auskunft der Firma B. der Tarifgruppe K 3 entsprechen, kamen vor dem 1. August 1972 nicht in Betracht, weil insoweit der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Derartige Stellen werden – wie es dem Senat aus anderen Fällen und insbesondere aus dem Wissen der ehrenamtlichen Richter bekannt ist – im allgemeinen nicht über den Arbeitsmarkt, sondern mit Betriebsangehörigen besetzt. Diese Tendenz wird noch verstärkt durch den Einfluß der Betriebsverfassungsgesetzes (§§ 92 ff) –BetrVG– sowie durch die derzeitige Fassung des § 1 Abs. 2 Kündigungsschutzgesetz, wonach eine Kündigung erst dann ausgesprochen werden darf, wenn innerbetriebliche Umsetzungsversuche gescheitert sind. Diese Umsetzungen finden in den genannten Bereichen statt. Sie können Bestandteil der Personalplanung nach §§ 92 ff BetrVG sein.
Nach alldem kann ein Facharbeiter, sofern er nicht in einem entsprechenden Arbeitsverhältnis steht, nicht auf Arbeiten eines Werkstattschreibers, Lager- und Magazinverwalters verweisen werden, weil insoweit der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Etwas anderes kann allenfalls gelten, wenn er einen derartigen Arbeitsplatz tatsächlich innehat.
III.
Nach dem Urteil des BSG ist der "soziale Standort” ("Rang” – vgl. Ecker SGb 73 S. 473 ff – DAngV 74 S. 238 ff) der Beschäftigung des Klägers in der Tarifgruppe K 2 festzustellen. Weiter ist ein Vergleich mit dem "sozialen Standort” der früheren Tätigkeit des Klägers als Fach- und Vorarbeiter zur Feststellung der Zumutbarkeit nach § 1246 Abs. 2 RVO erforderlich. Die Frage des sogenannten sozialen Abstieges ist damit nach der für den Senat bindenden Rechtsprechung des BSG eine sozialwissenschaftliche und auf soziologischer Grundlage zu beantworten. Die bereits durchgeführten soziologischen Untersuchungen zu diesem Fragenkomplex haben im wesentlichen zu folgenden Ergebnissen geführt: Nach Daheim, ("Der Beruf in der modernen Gesellschaft”, 2. Aufl., Köln-Berlin 1970, S. 195 f.) gibt es keine verwertbaren betriebssoziologischen Untersuchungen. Dies liegt einfach daran, daß jede Tätigkeit aufgrund der individuellen betrieblichen Verhältnisse (z.B. nach der Betriebsgröße) einen individuellen sozialen Standort innerhalb der Betriebsgemeinschaft einnimmt, der einer Verallgemeinerung nicht fähig ist. Als Beispiel führt Daheim (S. 195) den sozialen Standort eines Verwaltungsinspektors an, der in einer kleinen Krankenkasse, wo er unter Umständen stellvertretender Geschäftsführer ist, anders zu bewerten ist als in einem Ministerium. Diese Beispiele könnte man beliebig fortsetzen.
Eine allgemeine gesellschaftliche Bewertung aller Berufsgruppen gibt es ebenfalls nicht, weil so gut wie niemand in der Lage ist, sämtliche existierende Berufe und Berufstätigkeiten zu überschauen und in ihrem sozialen Standort zueinander in Beziehung zu setzen. Auch dies legt Daheim zutreffend dar (a.a.O. S. 197). In derartigen Bewertungen liegen auch subjektive Elemente, die einer Verallgemeinerung nicht fähig sind. Insbesondere ist eine soziale Standortbestimmung entsprechend dem Einkommen nicht belegbar. Sie würde auch daran scheitern, daß zumindest außerhalb des öffentlichen Dienstes die jeweiligen Einkommensverhältnisse einzelner Berufsgruppen nicht bekannt sind; es fehlt insoweit an einer Transparenz des Einkommensgefüges der arbeitenden Bevölkerung. Abgesehen davon werden Standortbestimmungen auch ohne Rücksicht auf das Einkommen vorgenommen. Erfahrungswerte allgemeiner Art über den Zusammenhang zwischen Einkommen und sozialem Standort sind nicht bekannt.
Allgemeine Anhaltspunkte über die soziale Standortbestimmung sind, wie Daheim (S. 198 f., 283 f.) aufgrund mehrfacher wissenschaftlicher Untersuchungen überzeugend ausführt, im wesentlichen darin zu finden, daß der Wert einer Berufstätigkeit für den sozialen Rang nach der hierfür erforderlichen Schul- und Berufsausbildung, im Ergebnis also nach dem vorhandenen fachlichen Können bestimmt wird. Hinzu kommt das Ausmaß an Verantwortung im Sinne der Anzahl, Schwierigkeit und Reichweite der Konsequenzen erwarteter Entscheidungen (Daheim S. 198). Wissen und Verantwortung sind die entscheidenden Faktoren für die Zuerkennung von Berufsprestige (Daheim S. 199).
Die soziologischen Erkenntnisse laufen somit darauf hinaus, daß die entscheidenden Kriterien für den "sozialen Standort” Können, Beanspruchung und Verantwortung unter Hervorhebung des Könnens sind.
Legt man das auf einer internationalen Arbeitskonferenz in Genf entwickelte und auch in der Struktur der Tarifverträge und im Arbeitsleben erkennbare Schema zur Bewertung der Arbeitsleistung (sog. "Genfer Schema” – vgl. Ernst Zander: Lohn- und Gehaltsfestsetzung in Klein- und Mittelbetrieben, Freiburg 1973 S. 52 ff.; Wiegand SV 1974 S. 64) zugrunde, so ist hieran zu messen, ob der Kläger (vor dem 1. August 1972) einen Arbeitsplatz einnahm oder einnehmen konnte, der gegenüber dem Wert der früheren Tätigkeit des Klägers als Vorarbeiter noch zumutbar ist. Das Genfer Schema bewertet Können, Beanspruchung und Verantwortung, wobei ein Verhältnis dieser Faktoren zueinander das Können mit ca. 40 % Beanspruchung und Verantwortung mit je ca. 30 % veranschlagt werden können (Zander a.a.O.). Hier berühre sich der soziale Standort einer Tätigkeit mit ihrer Bewertung im Arbeitsleben.
Auch unter Berücksichtigung des sozialen Standorts einer Beschäftigung liegt der Sinn der Berufsunfähigkeitsrente in dem Schutz bei gesundheitlich bedingter Behinderung eines Versicherten, sein berufliches Können, das die Grundlage seines Arbeitslebens bildete, in einem entsprechenden Aufgabenbereich anzuwenden. Die Verwertbarkeit beruflichen Könnens in der Übernahme von Aufgaben und Verantwortung ist nicht nur eine Frage der Erzielung von Einkommen, sondern der Selbstbestätigung und Selbstverwirklichung im Arbeitsleben. Auch diese Werte sind sozial schutzbedürftig.
Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß es Versicherte gibt, die ihren Beruf aufgeben und sich freiwillig Arbeiten zuwenden, die ihnen erheblich weniger Können, Beanspruchung und Verantwortung abfordern. Dies ist weder die Regel noch ein allgemein anerkanntes oder anzuerkennendes Leitbild. Maßgebende Wertvorstellungen im Arbeitsleben sind vielmehr fachliche Qualifikation und persönlicher Einsatz des einzelnen. Hieran hat sich der Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung zu orientieren, zumal es eine "gesetzliche Lohnhälfte” nicht mehr gibt; denn das Gesetz (§ 1246 Abs. 2 RVO) sprich vom "Leistungsvermögen” und nicht mehr davon, wie viel ein Versicherter noch von dem "erwerben” kann, was andere Versicherte "zu verdienen pflegen” (vgl. § 1254 RVO a.F.).
Für die Feststellung des für das Vorliegen von Berufsunfähigkeit maßgebenden Ausmaßes dieser Behinderung in diesem Sinne ist die tarifliche Bewertung der Tätigkeit, die dem Arbeitsleben eines Versicherten das Gepräge gegeben hat, mit derjenigen, die er aus gesundheitlichen Gründen nur noch ausüben kann, ein gewichtiges Indiz (vgl. Wiegand SV 1973 S. 151, SV 1974 S. 64). Dies ist auch im zurückverweisenden Urteil des BSG anerkannt; denn es bestehen keine Hinweise darauf, daß tarifliche Einstufungen schlechthin unerheblich sind. Unter Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf den vorliegenden Fall kann der Kläger auf eine Tätigkeit entsprechend der Tarifgruppe K 2 nicht zumutbar verwiesen werden. Sie liegt nach der Auskunft der Firma B. unter der eines Werkstattschreibers (K 3–K 4). Die Tätigkeiten der Tarifgruppe K 2 können von jedem Ungelernten nach einer kurzen innerbetrieblichen Zweckausbildung verrichtet werden. Tatsächlich wurde der Kläger auch nur innerhalb von drei Monaten eingewiesen, nämlich in der Zeit von Juli 1970 bis Ende Oktober 1970 (vgl. die Arbeitgeberauskunft vom 22. März 1973). Gefordert wird in dieser Tarifgruppe nur die Fähigkeit zur selbständigen Erledigung einfacher Arbeiten nach Anweisung. In der betrieblichen Hierarchie, die von wesentlicher Bedeutung für die soziale Bewertung der Angestelltentätigkeit ist, liegt die Tarifgruppe K 2 am unteren Ende. Sie entspricht bei den gewerblichen Arbeitnehmern etwa den Lohngruppen 2 bis 4. In der heutigen Zeit, in der im Gegensatz zu früher die Eigenschaft als Angestellter allein gegenüber, einem Arbeiter kein soziales Ansehen begründet, wenn nicht damit bestimmte qualifizierte Funktionen verbunden sind, ist nicht jede Angestelltentätigkeit schlechthin zumutbar. Dies ist erst dann der Fall, wenn fachliche Qualifikationen erforderlich sind und bestimmte (sachbearbeitende oder leitende) Befugnisse vorhanden sind. Tätigkeiten der Tarifgruppe K 2 erfordern nur geringe fachliche Qualifikationen, sie beinhalten praktisch keine Entscheidungsbefugnisse. Wenn demgegenüber die Beklagte vorträgt, diese Beschäftigung des Klägers sei für den Betrieb wichtig, so übersieht sie, daß jede Arbeit, auch die einfachste, für einen Betrieb wichtig ist. Dies ergibt sich einfach aus der Tatsache, daß jede Arbeitskraft einen Kostenfaktor darstellt, dessen Notwendigkeit in einer gewinnorientierten Wirtschaft stets zu prüfen und zu berücksichtigen ist.
Entscheidend ist im vorliegenden Fall, daß in der Tarifgruppe K 2 im Vergleich zur Tätigkeit eines Fach- und Vorarbeiters eine geringe fachliche Qualifikation erforderlich ist und der Verantwortungsbereich ebenfalls erheblich geringer ist. Dies ist auch an der tariflichen Einstufung abzulesen.
IV.
Die vom BSG weiter geforderte Berücksichtigung der konkreten Umstände der Beschäftigung des Klägers unter Hinweis auf Ecker (DAngV 1974 S. 238 f.) hat nur dann einen Sinn, wenn – wie hier – ein Versicherter tatsächlich einen Arbeitsplatz innehat und nur zu prüfen ist, ob er zumutbar hierauf verwiesen werden darf. Die von Ecker (a.a.O.) herausgestellten Kriterien – Arbeitszufriedenheit etc. – sind nicht von Berufsgruppe zu Berufsgruppe verschieden, sondern hängen von der jeweiligen Arbeit eines Versicherten in einem Betrieb ab. Weder das BSG noch Ecker geben Aufschlüsse darüber, wie außerhalb eines konkreten Arbeitsverhältnisses aufgrund dieser Kriterien die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit beurteilt werden soll.
Die Bestimmung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung nach verschiedenen Kriterien erfordert eine Gewichtung, eine Bestimmung, was in welcher weise relevant ist. Die Beziehungen dieser Kriterien müssen mit anderen Worten nach einem Leitbild zueinander geordnet werden. Anderenfalls hätte jeder über einen Rentenantrag zur Entscheidung Berufene (Sachbearbeiter, Dezernent, Richter) die Möglichkeit, nach eigenem Gutdünken zu entscheiden und seine Entscheidung durch Bestimmung und Gewichtung eines Kriteriums zu begründen. Eine mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr zu vereinbarende Willkür wäre dann nicht mehr auszuschließen. Zumindest ergäbe sich eine Fülle von Einzelfallentscheidungen, die wegen fehlender gemeinsamer ordnender Merkmale keine genügende Durchschaubarkeit ermöglichten, sondern nur bildliche Darstellungen, die mit Hilfe eines Leitfadens konkretisiert werden müßten (Gräßer SV 1973 S. 173). Sie ließen auch keine nur einigermaßen zuverlässigen Rückschlüsse auf künftige Entscheidungen zu wofür die Ausführungen Gräßers a.a.O. konkrete anschauliche Beispiele liefern. Eine derartige Rechtsunsicherheit wäre mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht mehr in Einklang zu bringen.
Die Bedeutung der Arbeitszufriedenheit liegt nach der Entscheidung des BSG darin, daß Wissen und Fertigkeiten eines Versicherten, die in langjähriger Bewährung in einem Unternehmen erworben worden sind, ihre Anerkennung finden. Das berufliche Können eines Versicherten nimmt also auch unter diesem Aspekt einen hervorragenden Rang ein.
Sicherungsbedürfnis und psychologische Barrieren (Ecker a.a.O.) beruhen auf subjektiven, möglicherweise irrationalen Vorstellungen eines Versicherten. Von Bedeutung für den Rentenanspruch können sie nur in dem Zusammenhang sein, daß ein Versicherter einen Arbeitsplatz, bei dem diese Voraussetzungen erfüllt sind, nicht aufgibt und eine andere ihm zumutbare Erwerbstätigkeit ausübt. In diesem Fall besteht kein Rentenanspruch, auch wenn die tatsächlich ausgeübte Arbeit unzumutbar sei sollte. Darum geht es im vorliegenden Fall ersichtlich nicht. Andere Leitgedanken zu diesem Kriterium sind weder dem Urteil des BSG noch den Ausführungen Eckers (a.a.O.) zu entnehmen.
Das Wesen des "Privilegs älterer Betriebszugehörigkeit” (BSG, Ecker a.a.O.) sowie seine Auswirkungen auf den sozialen Standort eines Versicherten sind weder im Urteil des BSG noch in den Ausführungen von Ecker (a.a.O.) erkennbar. Ebensowenig ist eine Relevanz dieser Gesichtspunkte dem Gesetzestext des § 1246 Abs. RVO zu entnehmen. Hierbei kann es sich nicht um Privilegien handeln, die jedem Arbeitnehmer eines Betriebes zufließen, weil sonst kein sozialer Unterschied zwischen dem Betriebsleiter und einem Hilfsarbeiter mehr erkennbar wäre. Anzuknüpfen ist vielmehr an die Qualifikation eines Versicherten und die in einem Unternehmen in langjähriger Tätigkeit erworbene Betriebserfahrung, worauf schon das BSG im Zusammenhang mit der Arbeitszufriedenheit hinweist.
Hinsichtlich des Einkommensverlustes in einer Verweisungstätigkeit richtet sich die Zumutbarkeit schon nach dem Wortlaut des § 1246 Abs. 2 RVO nicht notwendig danach, ob der Versicherte weniger als die Hälfte wie im bisherigen Beruf verdient. Den Begriff der "gesetzlichen Lohnhälfte” gibt es in diesem Sinne seit dem 1. Januar 1957 nicht mehr; ihn gab es nur im alten Individualitätsbegriff (§ 1254 RVO a.F.).
Richtig verstanden kommt es bei den vom BSG neben die tarifliche Einstufung gestellten Faktoren (Arbeitszufriedenheit etc.) für die Berufsunfähigkeit darauf an, daß sie im bereits angeführten Sinne auf den Einsatz von beruflichen Fähigkeiten (einschließlich Berufs- oder Betriebserfahrung) und der Übertragung von Verantwortung beruhen. Bestimmend sind damit letztlich die Faktoren des Genfer Schemas, die nach den vorstehenden Ausführungen auch für den sozialen Standort eines Versicherten maßgebend sind. Auch hier gewinnt (wie bei der sozialen Standortbestimmung) die tarifliche Einstufung der Tätigkeiten eine wichtige Bedeutung. Voraussetzung ist allerdings, daß diese tarifliche Einstufung eine Tätigkeit richtig bewertet und nicht aus Gründen, die mit den Faktoren Können, Beanspruchung und Verantwortung nichts zu tun haben, vorgenommen wird.
V.
Im konkreten Fall war festzustellen, ob der Kläger aufgrund seiner fachlichen Qualifikation auf die Tätigkeit eines Angestellten nach der Tarifgruppe K 2 umgesetzt worden ist. Weiterhin war festzustellen, ob diese tarifliche Einstufung dem Können, der Beanspruchung und dem Verantwortungsbereich (Genfer Schema) entsprach. Hierzu ergibt die Auskunft der Firma B. vom 17. Oktober 1974, daß ein Privileg aufgrund älterer Betriebszugehörigkeit nur hinsichtlich einer Umsetzung nach der Tarifgruppe K 2 bestand und diese Tarifgruppe der Vorbildung und der Qualifikation des Klägers entsprach. Diese Umstände bestimmen, wie bereits ausgeführt, wesentlich die Zumutbarkeit – hier die Nichtzumutbarkeit –. Die Höherstufung nach K 3 erfolgte aufgrund höherer Qualifikation, bedingt durch einschlägige Erfahrungen. Diese bewirken ein sichereres Bewältigen der mit dem Arbeitsplatz verbundenen Aufgaben und erhöhten damit die Fähigkeit zum selbständigen Arbeiten und zur Übernahme von eigener Verantwortung. Auch deswegen bewirkte die Höhergruppierung den Wegfall von Berufsunfähigkeit. Die Einstufung in die Tarifgruppe K 2 entsprach – wie von den Beteiligten nicht bestritten – der Arbeit des Klägers; sie war zutreffend.
Tätigkeiten dieser Tarifgruppe erfordern keine besondere Qualifikation, stellen keine besonderen Anforderungen und beinhalten keine besondere Verantwortung. Hieraus resultiert die Unzumutbarkeit gegenüber der früheren Vorarbeitertätigkeit.
Dem Rentenanspruch steht schließlich nicht entgegen, daß der Kläger nach zweijähriger Tätigkeit in der Tarifgruppe K 2 in die Tarifgruppe K 3 eingestuft wurde. Eine vorübergehende niedrige tarifliche Einstufung bewirkt dann keine Berufsunfähigkeit, wenn nach einer relativ kurzen betrieblichen Einweisungs- Einarbeitungs-)Zeit eine höhere, die Zumutbarkeit einer Beschäftigung begründende Tarifgruppe erreicht wird (vgl. auch BSG vom 12. November 1970 – 5 RKn 17/68 – Breithaupt 1971 S. 128 f.). Dieser Zeitraum ist allerdings mit 2 Jahren stets überschritten. Der Kläger war über 2 Jahre (vom 1. Mai 1970 bis 31. Juli 1972) nicht in die Tarifgruppe K 3 eingestuft. Die spätere Höhergruppierung ergab sich aus der Höherwertigkeit der Arbeit des Klägers, die bedingt war durch die in der Zwischenzeit gesammelten einschlägigen Erfahrungen. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schreiben der Firma B. vom 17. Oktober 1974 sowie aus der Bescheinigung der Firma B. vom 16. November 1973, die die Beklagte dem BSG vorgelegt hat. Damit ist die tarifliche Höhergruppierung durch zusätzliche Qualifikationen des Klägers bedingt. Die Qualifikation indessen ist danach der bereits dargelegten Rechtsauffassung des erkennenden Senates wesentlich für die Bestimmung der Zumutbarkeit einer Beschäftigung. Ein Zuwachs an Qualifikation, sei es auch nur durch Erfahrung bedingt, kann demnach den Wegfall der Berufsunfähigkeit bedingen.
VI.
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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