Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 380/71
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 614/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Anspruch einer Krankenkasse gegen einen Träger der Unfallversicherung auf Erstattung gezahlten Krankengeldes an einen Unfallverletzten wegen Arbeitsunfähigkeit setzt voraus, daß dieser auch in einem anderen Betrieb keine ähnlich gelagerte Tätigkeit verrichten kann.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 26. Mai 1972 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom gleichen Tage wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des in Bezug auf D. M. (M.) erstatteten Krankengeldes im Betrage von 2.675,99 DM.
Der im Jahre 1949 geborene M. rutschte am 30. Oktober 1967 in dem Betrieb der Firma R. Holzindustrie – F. F. – R. a.d.F., beim Tragen eines Kantholzes aus, wobei ihn dieses auf den linken Oberarm fiel. Aufgrund des Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. B., B. H., vom 11. November 1968 und des Facharztes für Chirurgie Dr. med. S., R. a.d.F., vom 16. November 1968 setzte die Beklagte die bisher gewährte vorläufige Rente durch Bescheid vom 20. November 1968 ab 1. Januar 1969 auf eine Teilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. herab, da die Speichennervenlähmung sich völlig zurückgebildet habe, und eine Muskelschwäche des linken Armes nicht mehr bestehe.
Nach siebenklassigem Besuch der Volksschule begann M. eine Lehre als Bergmann, die er ebensowenig wie die als Maschinenschlosser-Anlernling in der Zeit von 1964 bis 1966 mit einer Prüfung abschloss. In R. a.d.F. arbeitete er als Gabelstaplerfahrer bei der Firma F., und nahm dann in F. a.M., wo er seit dem 8. Oktober 1970 polizeilich gemeldet ist, bei der Firma W. M., Altpapierhandelsgesellschaft mbH. eine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer mit einem monatlichen Lohn von 1.200,– DM brutto auf.
Am 6. Januar 1971 ging bei der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. med. D., F., ein, wonach M. wegen Unfallfolgen ab 4. Dezember 1970 arbeitsunfähig erkrankt sei. Auf Veranlassung dieses Arztes stellte sich M. am 7. des gleichen Monats bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. med. S. und Dr. med. M. vom Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in F. (BGUKH) vor. In dem fachärztlichen Bericht vom gleichen Tage führten diese Ärzte aus, die vorgebrachten Beschwerden von M. seien als Folge des am 30. Oktober 1967 erlittenen Arbeitsunfalles anzusehen. Es handele sich um eine Reizung des Ellennerven sowie Beschwerden bei erheblichem Gelenkaufbrauchschaden. Der Bericht schließt: "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit.”
Auf nochmalige Veranlassung von Dr. med. D., F., untersuchten die Dres. S. und M. vom BGUKH erneut M. In ihrem Bericht vom 19. Januar 1971, der dem zuerst genannten Arzt und der Beklagten – nach ihren Angaben – am 27. Januar 1971 zuging, schlugen diese Ärzte eine neurologische Konsiliaruntersuchung durch den Neurologen Dr. med. K., F., vor. Abschließend führten sie aus, von Seiten der Unfallfolgen halte man M. chirurgischerseits im Rahmen der festgesetzten MdE weiterhin für arbeitsfähig.
Mit Formblatt vom 22. Januar 1971 erstattete die Beklagte bei der Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft in Köln eine Unfallanzeige und meldete einen Ersatzanspruch nach § 1504 Reichsversicherungsordnung (RVO) unter der Krankheitsbezeichnung "Schmerzen im rechten Ellenbogen” für M. an, da es sich um Unfallfolgen handele; ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren gem. § 6 der Bestimmungen des Reichsversicherungsamtes (RVA) vom 19. Juni 1936 sei nicht eingeleitet. Die Bezirksverwaltung Bielefeld sandte die Meldung am 10. Februar 1971 mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Klägerin an die Beklagte zurück.
Auf Veranlassung des BGUKH erstattete der Facharzt für Nerven- und Gemütsleiden Dr. med. K., F., am 25. Januar 1971 einem nervenärztlichen Befundbericht, der der Beklagten am folgenden Tage zuging. Zur Vorgeschichte nahm dieser Arzt auf, M. sei wegen seines Unvermögens, 40 Pfund schwere Pakete vom Altpapier zu heben, von seinem Arbeitgeber entlassen worden. Bei stärkerer Beanspruchung seien ziehende Schmerzen im linken Unterarmbereich nach Art der sensiblen Ausfälle im Hauptversorgungsbereich des Ulnar- und evtl. Radialnerven aufgetreten, die auf eine entsprechende Tangierung hinweisen könnten, ohne daß aber eine Funktionsstörung vorliege oder bei elektrischer Untersuchung deutlich werde. Derartige Schmerzausstrahlungen seien bei erheblicher Beanspruchung der Muskulatur als Ausdruck leichter Reizerscheinungen durchaus möglich, ohne daß hieraus eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit abzuleiten sei.
Nach einem Aktenvermerk erhielt die Klägerin am 15. April 1971 telefonisch durch M. im Zuge eines Verfahrens auf Rentenabfindung davon Kenntnis, daß dieser seit Anfang 1970 durch Dr. med. D. arbeitsunfähig geschrieben war. – Mit Schreiben vom 20. April 1971 teilte sie dem behandelnden Arzt diesen Sachverhalt mit und wies darauf hin, daß die Unfallfolgen bei M. nach den Berichten der Ärzte des BGUKH vom 7. Dezember 1970 und 19. Januar 1971 sowie des Nervenfacharztes Dr. med. K. keine Arbeitsunfähigkeit bedingten. Mit weiterem Schreiben vom 11. Mai 1971 ersuchte die Klägerin den gleichen Arzt, M. keine Arbeitsunfähigkeit mehr zu bescheinigen. Im Rahmen der Berufshilfe werde man sich bemühen, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt M. eine geeignete Arbeit zu vermitteln. Auch hiervon erhielt die Beklagte eine Durchschrift.
In seinem Bericht vom 28. April 1971 beurteilte der Facharzt für Chirurgie Dr. med. S. M. aufgrund der klinischen und röntgenologischen Untersuchung für arbeitsfähig, im Gegensatz zu Dr. med. D., der M. in seinem Schreiben vom 26. April 1971 weiterhin als arbeitsunfähig bezeichnete, da bei M. eine Belastung des linken Ellenbogens nicht möglich sei. Die Auffassung des behandelnden Arztes bezüglich der Belastung des Ellenbogens und der dadurch bedingten Arbeitsunfähigkeit vermochte Dr. med. S. nicht zu teilen. Besondere Behandlungsmaßnahmen erschienen nicht angezeigt, da der jetzige Befund dreieinhalb Jahre nach dem Unfall als nicht mehr besserungsfähiger Dauerzustand angesehen werden könne. Von Seiten der Unfallfolgen sei M. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen der gutachtlich festgesetzten MdE als arbeitsfähig anzusehen. Auch von diesem Bericht erhielten die Beklagte und Dr. med. D. nachrichtlich Kenntnis.
Nachdem die Beklagte der Klägerin am 3. Mai 1971 die Gewährung von Krankengeld – nach Wegfall der Lohnfortzahlung ab 16. Januar 1971 – angezeigt hatte, erhob sie einen Ersatzanspruch nach § 1504 RVO für das bis zum 26. April 1971 gezahlte Krankengeld im Betrag von 2.675,99 DM. Diesen Betrag erstattete die Klägerin unter Vorbehalt.
Die mehrfachen Aufforderungen der Klägerin zur Rückzahlung dieses Betrages lehnte die Beklagte ab, indem sie sich auf die ihr erteilten Bescheinigungen des Dr. med. D. berief, wonach M. in der Zeit vom 20. Januar bis 26. April 1971 wegen Unfallfolgen arbeitsunfähig (im Hinblick auf seinen ausgeübten Beruf) erkrankt sei.
Am 15. Oktober 1971 hat die Klägerin deshalb bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. (SG) Klage erhoben. Obwohl Dr. med. S. vom BGUKH in seinen Berichten vom 7. Dezember 1970 und vom 19. Januar 1971 in Übereinstimmung mit dem Neurologen Dr. med. K. M. trotz der Unfallfolgen für arbeitsfähig beurteilt habe, habe die Beklagte in Kenntnis dieser Berichte M. nach Wegfall der Lohnzahlung für die Zeit ab 16. Januar 1971 Krankengeld gezahlt. Hierüber sei sie nicht rechtzeitig unterrichtet worden, da die Anzeige nach § 1503 RVO ihr erst nach Ablauf der Krankengeldzahlung zugegangen sei. Maßgeblich sei, daß die Entscheidung der Beklagten zur Arbeitsunfähigkeit nach den Berichten von Dr. med. S. unrichtig gewesen sei. Die Erstattung sei unter dem Vorbehalt der Rückforderung vorgenommen worden, weil die Beklagte sich seinerzeit zur Rückzahlung des überwiesenen Geldes auf Anforderung bereit erklärt habe. Selbst wenn die Beklagte den Bericht des Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 nicht erhalten haben sollte, so hätte sie doch spätestens nach Kenntnis des ihr ebenfalls zugesandten Durchgangsarztberichtes vom 19. Januar 1971 die Zahlung einstellen müssen. Als ungelernter Arbeiter habe sich M. – ungeachtet seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit – auch auf eine andere Tätigkeit verweisen lassen müssen. M. habe seit etwa einem Jahr Lagerarbeiten ausgeübt, welche nach kurzer Einweisung von jeder anderen männlichen Arbeitskraft hätten verrichtet werden können.
Demgegenüber betonte die Beklagte, M. habe seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr versehen können. Bei der Firma W. M., Altpapierhandelsgesellschaft mbH, sei M. auf dem Lagerplatz beschäftigt worden. Hier habe er u.a. einen 1,5 Tonnen schweren Güldner-Stapler fahren müssen und sei an der Lindemann-Hydraulik-Presse eingesetzt worden, wobei beide Tätigkeiten ständige Bewegungen mit beiden Armen erfordert hätten. M. habe Gewichte bis zu 25 kg tragen müssen und dabei für das Abladen der Ware beide Hände benötigt. Derartige Tätigkeiten habe er nach dem Zeugnis von Dr. med. D. – wie auch dem von Dr. med. K., Facharzt für Nervenkrankheiten – nicht mehr verrichten können. Vom Bericht von Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 habe sie erst nach Abschluss des Leistungsfalles Kenntnis erhalten, wobei der letzte Satz gefehlt habe: "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit”. Die Absendung der Unfallanzeige an einem unzuständigen Versicherungsträger sei angesichts des Geschäftszweiges des Unfallbetriebes entschuldbar. Ihre Unfallanzeige habe die Wirkung behalten, da sie unverzüglich nach Erkennen ihres Irrtums tätig geworden sei.
Durch – im Tenor berichtigtes – Urteil vom 26. Mai 1972 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin 2.675,99 DM zurückzuzahlen. M. sei nicht arbeitsunfähig gewesen, als er die Arbeit in dem Papierverwertungsbetrieb wegen der Beschwerden in seinem linken Arm habe unterbrechen müssen. Diese Arbeit habe nur zwei Monate gedauert, wobei die Beschwerden, die M. zur Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit veranlaßt hätten, Verletzungsfolgen gewesen seien. Der Hinweis des Neurologen, es müsse dem Verletzten eine Tätigkeit verschafft werden, die seine linke Hand nicht außergewöhnlich beanspruche, sei zutreffend und hätte von der Beklagten beachtet werden müssen. Wenn größere Belastungen auch für M. unzuträglich gewesen seien, so sei dieser doch nicht arbeitsunfähig gewesen.
Gegen das ihr durch Empfangsbekenntnis am 23. Juni 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Juni 1972 Berufung eingelegt. Die Auffassung des SG, M. sei nicht arbeitsunfähig gewesen, stehe im Widerspruch zu dem Befundbericht des Dr. med. K. vom 25. Januar 1971 und den Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. med. D., F. Im Gegensatz zur Ansicht des SG habe kein mißglückter Arbeitsversuch des M. vorgelegen, so daß eine Krankenversicherungspflicht zur Beklagten entstanden sei. M. habe bis zu seiner Erkrankung am 4. Dezember 1970 ununterbrochen voll gearbeitet, so daß diesem nach Eintritt des Versicherungsfalles Leistungen aus der Krankenversicherung zugestanden hätten, die die Klägerin zu erstatten habe. Sowohl Dr. med. K. als auch der behandelnde Arzt Dr. med. D. hätten M. als arbeitsunfähig beurteilt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 26. Mai 1972 in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom gleichen Tage aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 1504 RVO bestehe nicht, wie für sie auch keine Bindung an die Bejahung der Voraussetzungen des Krankengeldanspruches durch die Beklagte bestehe. Da M. in der Zeit vom 16. Januar bis 26. April 1971 nicht arbeitsunfähig gewesen sei, habe die Beklagte kein Krankengeld gewähren dürfen. Hier gehe es nicht um das Problem des mißglückten Arbeitsversuches, sondern um die Verweisung des M. auf eine andere Tätigkeit.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Unfall- und Gerichtsakten Bezug genommen, der in seinen wesentlichen Teilen im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, dessen Tenor noch in der letzten mündlichen Verhandlung zulässigerweise durch Beschluss vom gleichen Tage entsprechend den zuvor mitgeteilten Entscheidungsgründen gem. § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgeändert worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 138 Anm. 1 mit weiteren Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen) ist – jedoch lediglich im Ergebnis – unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung des der Beklagten für M. erstatteten Krankengeldes in Höhe von 2.675,99 DM.
Das SG hat die einschlägige Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin nicht genannt. Entgegen seiner Auffassung kann der von ihm herangezogene § 1504 RVO diese Funktion nicht erfüllen, weil diese Bestimmung die Ersatzpflicht des Trägers der Unfallversicherung gegenüber dem Träger der Krankenversicherung unter den dort genannten Voraussetzungen begründet, wenn die Krankheit Folge eines Arbeitsunfalls ist, die der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat. Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor, da die Klägerin die Beklagte wegen fehlender Arbeitsunfähigkeit des M. auf Rückzahlung des der Beklagten unter Vorbehalt erstatteten Krankengeldes – in Anspruch nimmt.
Grundlage für das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung von 2.675,99 DM kann nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sein, was vom SG nicht erkannt wurde. Dieses Rechtsinstitut (vgl. Lauterbach, Komm. zur Unfallversicherung, 3. Aufl., § 1509 a Anm. 5 d) findet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch in Recht der Sozialversicherung Anwendung (BSG 16, 151, 156 ff.; 16, 222, 225; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 15.8.1969, Bd. III S. 966 m ff.). An der Durchsetzung dieses Anspruches besteht auch ein überwiegendes öffentliches Interesse, wenn er von einem Träger der Sozialversicherung gegen eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft erhoben wird (BSG 23, 213, 218).
Das SG hat sein Urteil nur damit begründet, M. sei deshalb nicht arbeitsunfähig gewesen, weil er für die ihm bei der Fa. M. zugewiesenen Arbeiten wegen der Unfallfolgen untauglich gewesen sei. Offenbar wollte das SG damit zum Ausdruck bringen. M. habe kein Krankengeld zugestanden, weil kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 165 Abs. 1 RVO vorgelegen habe. Es kann dabei nur an einen sog. mißglückten Arbeitsversuch gedacht haben, ohne daß es hierzu jedoch rechtliche Ausführungen gemacht hat, was erforderlich gewesen wäre. Ein solcher liegt jedoch nicht vor, wenn die Arbeit eine nicht unerhebliche Zeit verrichtet worden war, mochte dies auch auf Kosten der Gesundheit des Beschäftigten geschehen sein. Das BSG hat dabei die Fixierung einer bestimmten Frist von Tagen oder Wochen aus äußerste zeitliche Grenze des mißglückten Arbeitsversuchs abgelehnt und einen solchen nur angenommen, wenn die Beschäftigung zwar nicht schon in den ersten Tagen, jedoch noch vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit wieder aufgegeben worden ist (vgl. Urteil vom 10.11.1970, 3 RK 94/67; in diesem Fall wurde ein mißglückter Arbeitsversuch bejaht, nachdem beim Vorliegen einer offenen Tbc die Arbeit bereits nach einer Woche wieder aufgegeben wurde.). M. arbeitete demgegenüber zwei Monate lang und damit eine wirtschaftlich ins Gewicht fallende Zeit bei der Fa. M., so daß von einem mißglückten Arbeitsversuch nicht die Rede sein kann. Die Beteiligten haben dies auch nicht erörtert.
Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist dann begründet, wenn M. in dem Zeitraum vom 16. Januar bis 26. April 1971 wegen der Unfallfolgen nicht arbeitsunfähig erkrankt war und somit keinen Anspruch auf Krankengeld hatte. Dieses wird nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO gewährt, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Arbeitsunfähigkeit i.S. der genannten Bestimmung liegt vor, wenn der Erkrankte nicht oder nur bei Gefahr, in absehbarer Zeit seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine aus der Fortsetzung der Berufstätigkeit drohende Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit des Versicherten begründet Arbeitsunfähigkeit, sofern die Verschlimmerung in absehbar naher Zeit zu gewärtigen ist (BSG 19, 179, 181; 26, 288, 290; Brackmann a.a.O. S. 562 e). Dabei richtet sich die Prüfung, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, grundsätzlich nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit, wobei Arbeitsunfähigkeit aber zu verneinen ist, wenn der Versicherte eine ähnlich gelagerte Tätigkeit ausüben könnte (so Lauterbach a.a.O., § 556 Anm. 10 unter Berufung auf BSG, Urt. vom 19.1.1971 – 3 RK 42/70).
Die Annahme der Beklagten, bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei eine Verweisung auf eine ähnlich geartete Tätigkeit grundsätzlich nur dann zulässig, wenn eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden könne, ist unzutreffend. Sie beruft sich dabei auf eine Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 23./24. Mai 1972. In der schriftlichen, dem Senat vorgelegten Information über diese Besprechung ist zunächst zutreffend die in dem Urteil des BSG vom 19. Januar 1971 – 3 RK 42/70 – vertretene Auffassung wiedergegeben worden, daß der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ähnlich geartete Tätigkeiten gleichstehen, wobei bei einem ungelernten Arbeiter der Rahmen dieser Tätigkeiten relativ weit zu ziehen ist. Sodann heißt es im nächsten Absatz jedoch wie folgt:
"Eine Verweisung auf ähnlich geartete Tätigkeiten ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn es sich bei der Arbeitsunfähigkeit um einen nicht oder nur kaum noch zu beeinflussenden Dauerzustand handelt und im Rahmen der verbliebenen geminderten Erwerbsfähigkeit konkret eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden kann. Voraussetzung für eine solche Verweisung ist also, daß
a) der Arbeitgeber bereit ist, den Versicherten trotz der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit zu beschäftigen,
b) durch die neue Beschäftigung im wesentlichen der gleiche Lohn erzielt wird wie durch die letzte Tätigkeit,
c) die Übernahme der neuen Beschäftigung keinen sozialen Abstieg bedeutet.”
In der Information wird damit der Eindruck erweckt, als habe sich das BSG in der zitierten Entscheidung auch in diesem Sinn geäußert, was jedoch nicht zutrifft. Das BSG hat nämlich in diesem Urteil die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin verneint, weil sie trotz ihrer Krankheit noch Arbeiten im Sitzen, Stehen und Umhergehen ohne Tragen und Heben von Lasten verrichten könne, wobei die Besonderheit der letzten Tätigkeit (auch teilweises Heben) außer Betracht zu bleiben habe. Das gelte auch, wenn das Arbeitsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gelöst werde.
Die Ansicht der Beklagten, eine Verweisung sei davon abhängig, daß eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden könne, wird auch, soweit ersichtlich, nirgends in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertreten. Bereits das ehemalige Reichsversicherungsamt (RVA) hatte in seinem Urteil vom 3. März 1932 – IIa K 297/31 – AN 1932, 176 – ausgeführt, daß ein Schiffsheizer, der als solcher infolge Krankheit nicht mehr tätig sein könne, aber seinem Heizerberuf noch an Land nachgehen könne, nicht arbeitsunfähig im Sinne von § 182 RVO sei. Das BSG hat dieser Auffassung, wonach unter der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht lediglich der bisherige Arbeitsplatz zu verstehen ist, sondern dazu auch eine ähnlich geartete Tätigkeit in einem anderen Betrieb gehört, "unbedenklich zugestimmt” (vgl. BSG 26, 288, 292; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm. 10 a zu § 182 RVO). Die von der Beklagten vertretene Ansicht würde ungerechtfertigterweise dazu führen, daß Arbeitnehmer kleinerer Betriebe, die über keinen ähnlich gearteten Arbeitsplatz verfügen, als arbeitsunfähig zu beurteilen wären, während dies bei der gleichen Erkrankung im großen Betrieben mit entsprechenden anderen, geeigneten Arbeitsplätzen nicht der Fall wäre.
Nach richtiger Auffassung kommt es demgegenüber für die Entscheidung, ob bei M. Arbeitsunfähigkeit vorlag, nicht darauf an, ob er bei der Fa. M. trotz seiner Erkrankung noch tätig sein könnte, vielmehr war zu prüfen, ob er eine ähnlich geartete Tätigkeit auch bei einem anderen Arbeitgeber hätte verrichten können. Dabei ist davon auszugehen, daß er zuletzt bei der genannten Firma zwei Monate lang als Gabelstaplerarbeiter tätig war und vor seinem Unfall etwa ein Jahr die gleiche Tätigkeit in einem Sägewerk verrichtet hatte. Es handelte sich dabei um bloße Hilfsarbeitertätigkeiten, die jeweils nach kurzer Einarbeitungszeit verrichtet werden konnten. Bei einem ungelernten Arbeiter ist aber der Rahmen der Tätigkeiten, die ihm zugemutet werden können, relativ weit (vgl. BSG a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ist festzustellen, daß M. in der Zeit vom 10. Januar 1970 bis 26. April 1971 nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Aus den vorliegenden ärztlichen Gutachten ergibt sich vielmehr, daß er lediglich die auch mit dem Tragen bis zu 25 kg schweren Lasten verbundene letzte Tätigkeit bei der Fa. M. wegen der Unfallfolgen nicht mehr verrichten konnte. Offensichtlich nur aus diesem Grunde wurde er von dem Kassenarzt Dr. med. D. am 7. Dezember 1970 arbeitsunfähig krank geschrieben, ohne daß dieser Arzt oder die Beklagte klärten, ob M. in dem streitigen Zeitraum eine andere ähnlich gelagerte Tätigkeit – auch in einem anderen Betrieb – die nicht mit schwerem Heben und Tragen verbunden war, hätte verrichten können.
Die von der Klägerin mit der Untersuchung und Begutachtung des M. beauftragten Ärzte haben überzeugend ausgeführt, daß M. hierzu durchaus noch in der Lage war. Dr. med. S. vom BGUKH F. führte bereits in seinem Bericht vom 7. Dezember 1970 aus, anhand des Befundes und der glaubhaften subjektiven Beschwerden sowie der Röntgenuntersuchung des linken Ellenbogengelenkes seien die jetzt vorgebrachten Beschwerden als Folge des am 30. Oktober 1967 erlittenen Arbeitsunfalls aufzufassen. Es handele sich dabei um eine Reizung des Ellennervens sowie Beschwerden bei erheblichem Gelenkaufbrauchschaden. Dr. med. S. empfahl lediglich eine Kurzwellenbestrahlung des linken Ellenbogengelenkes. Sein Bericht schloß mit dem Satz "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit”. Diesen Bericht will die Beklagte nicht erhalten haben; sie behauptet aufgrund eines Vergleichs mit dem ihr später zugegangenen Exemplar dieses Berichtes, der letzte Satz sei nachträglich hinzugefügt worden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätte die Beklagte die Feststellung der Arbeitsfähigkeit des M. durch Dr. med. S. zumindest dessen weiteren Bericht vom 19. Januar 1971 entnehmen können, der ihr nach ihrem eigenen Vortrag am 27. Januar 1971 zuging.
Die Beklagte kann sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auch nicht auf dem ihr am 26. Januar 1971 zugegangenen Bericht des Neurologen Dr. med. K., F., berufen. Darin hat dieser Arzt ausgeführt, bei M. seien bei starker Beanspruchung ziehende Schmerzen im linken Unterarmbereich aufgetreten, die nach Art der sensiblen Ausfälle im Hauptversorgungsbereich des Ulnar- und evtl. Radialnerven auf eine entsprechende Tangierung hinweisen könnten, ohne daß aber eine Funktionsstörung vorliege oder bei den elektrischen Untersuchungen deutlich werde. Er halte derartige Schmerzausstrahlungen bei erheblicher Beanspruchung der Muskulatur als Ausdruck leichter Reizerscheinungen durchaus für möglich, ohne daß aber hieraus eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit abzuleiten sei, sofern chirurgischerseits keine Bedenken bestünden. Man werde natürlich versuchen müssen, M. eine Tätigkeit zuzuweisen, bei der die linke Hand nicht über das normale hinaus beansprucht werde, wobei allerdings nach der ganzen Persönlichkeitsartung von M. auf keine besondere Eigeninitiative geschlossen werden könne. Aus diesen Formulierungen ergibt sich, daß die ohnedies nur als "möglich” unterstellten Schmerzausstrahlungen allenfalls durch übermäßige Beanspruchung der Muskulatur des linken Armes und der linken Hand verursacht sein könnten. Aus der Formulierung in dem Bericht dieses Arztes kann aber nicht gefolgert werden, daß M. damals arbeitsunfähig war. Da Dr. med. K. als Neurologe die Untersuchung auf Veranlassung der Ärzte des BGUKH durchführte, mußte er davon ausgehen, daß über die Arbeitsunfähigkeit von diesen – vor allem wegen der chirurgischen Unfallfolgen – entschieden werden würde, wie das in seinem Bericht auch zum Ausdruck kommt. So gesehen müssen seine Ausführungen als Hinweis verstanden werden, daß auf seinem Fachgebiet keine nennenswerten Gründe für das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit vorlagen und er lediglich die Zuweisung einer anderen Arbeit für erforderlich hielt. Jedenfalls war für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit letztlich der Bericht des Durchgangsarztes maßgebend und nicht der des Konsiliararztes. Selbst wenn die Beklagte dem Bericht des Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 nicht rechtzeitig bzw. mit dem Zusatz über die Arbeitsfähigkeit des M. erhalten haben sollte, bestand nach dem erneuten fachärztlichen Bericht des Chirurgen Dr. med. S. vom 19. Januar 1971 kein Grund mehr, M. wegen der Unfallfolgen als arbeitsunfähig anzusehen, zumal dieser Arzt seine Beurteilung in einem weiteren Bericht unter dem 28. April 1971 ausdrücklich aufrecht erhielt. M. war somit nach über einmonatiger Schonung in der Lage, jedenfalls ab 16. Januar 1971 in einem anderen Betrieb eine nicht mit übermäßiger Belastung des linken Armes verbundene Hilfearbeitertätigkeit auszuüben.
Nach alledem ist es nicht wahrscheinlich, daß M. in dem streitigen Zeitraum arbeitsunfähig war, so daß für die Klägerin gem. § 1504 RVO keine Verpflichtung bestand, der Beklagten das Krankengeld zu erstatten, daß sie an M. gezahlt hatte. Die Beklagte ist daher verpflichtet, den lediglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Erstattungsbetrag der Klägerin zurückzugewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des in Bezug auf D. M. (M.) erstatteten Krankengeldes im Betrage von 2.675,99 DM.
Der im Jahre 1949 geborene M. rutschte am 30. Oktober 1967 in dem Betrieb der Firma R. Holzindustrie – F. F. – R. a.d.F., beim Tragen eines Kantholzes aus, wobei ihn dieses auf den linken Oberarm fiel. Aufgrund des Gutachtens des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. med. B., B. H., vom 11. November 1968 und des Facharztes für Chirurgie Dr. med. S., R. a.d.F., vom 16. November 1968 setzte die Beklagte die bisher gewährte vorläufige Rente durch Bescheid vom 20. November 1968 ab 1. Januar 1969 auf eine Teilrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. herab, da die Speichennervenlähmung sich völlig zurückgebildet habe, und eine Muskelschwäche des linken Armes nicht mehr bestehe.
Nach siebenklassigem Besuch der Volksschule begann M. eine Lehre als Bergmann, die er ebensowenig wie die als Maschinenschlosser-Anlernling in der Zeit von 1964 bis 1966 mit einer Prüfung abschloss. In R. a.d.F. arbeitete er als Gabelstaplerfahrer bei der Firma F., und nahm dann in F. a.M., wo er seit dem 8. Oktober 1970 polizeilich gemeldet ist, bei der Firma W. M., Altpapierhandelsgesellschaft mbH. eine Tätigkeit als Gabelstaplerfahrer mit einem monatlichen Lohn von 1.200,– DM brutto auf.
Am 6. Januar 1971 ging bei der Beklagten eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. med. D., F., ein, wonach M. wegen Unfallfolgen ab 4. Dezember 1970 arbeitsunfähig erkrankt sei. Auf Veranlassung dieses Arztes stellte sich M. am 7. des gleichen Monats bei dem Facharzt für Chirurgie Dr. med. S. und Dr. med. M. vom Berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in F. (BGUKH) vor. In dem fachärztlichen Bericht vom gleichen Tage führten diese Ärzte aus, die vorgebrachten Beschwerden von M. seien als Folge des am 30. Oktober 1967 erlittenen Arbeitsunfalles anzusehen. Es handele sich um eine Reizung des Ellennerven sowie Beschwerden bei erheblichem Gelenkaufbrauchschaden. Der Bericht schließt: "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit.”
Auf nochmalige Veranlassung von Dr. med. D., F., untersuchten die Dres. S. und M. vom BGUKH erneut M. In ihrem Bericht vom 19. Januar 1971, der dem zuerst genannten Arzt und der Beklagten – nach ihren Angaben – am 27. Januar 1971 zuging, schlugen diese Ärzte eine neurologische Konsiliaruntersuchung durch den Neurologen Dr. med. K., F., vor. Abschließend führten sie aus, von Seiten der Unfallfolgen halte man M. chirurgischerseits im Rahmen der festgesetzten MdE weiterhin für arbeitsfähig.
Mit Formblatt vom 22. Januar 1971 erstattete die Beklagte bei der Norddeutschen Holz-Berufsgenossenschaft in Köln eine Unfallanzeige und meldete einen Ersatzanspruch nach § 1504 Reichsversicherungsordnung (RVO) unter der Krankheitsbezeichnung "Schmerzen im rechten Ellenbogen” für M. an, da es sich um Unfallfolgen handele; ein berufsgenossenschaftliches Heilverfahren gem. § 6 der Bestimmungen des Reichsversicherungsamtes (RVA) vom 19. Juni 1936 sei nicht eingeleitet. Die Bezirksverwaltung Bielefeld sandte die Meldung am 10. Februar 1971 mit dem Hinweis auf die Zuständigkeit der Klägerin an die Beklagte zurück.
Auf Veranlassung des BGUKH erstattete der Facharzt für Nerven- und Gemütsleiden Dr. med. K., F., am 25. Januar 1971 einem nervenärztlichen Befundbericht, der der Beklagten am folgenden Tage zuging. Zur Vorgeschichte nahm dieser Arzt auf, M. sei wegen seines Unvermögens, 40 Pfund schwere Pakete vom Altpapier zu heben, von seinem Arbeitgeber entlassen worden. Bei stärkerer Beanspruchung seien ziehende Schmerzen im linken Unterarmbereich nach Art der sensiblen Ausfälle im Hauptversorgungsbereich des Ulnar- und evtl. Radialnerven aufgetreten, die auf eine entsprechende Tangierung hinweisen könnten, ohne daß aber eine Funktionsstörung vorliege oder bei elektrischer Untersuchung deutlich werde. Derartige Schmerzausstrahlungen seien bei erheblicher Beanspruchung der Muskulatur als Ausdruck leichter Reizerscheinungen durchaus möglich, ohne daß hieraus eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit abzuleiten sei.
Nach einem Aktenvermerk erhielt die Klägerin am 15. April 1971 telefonisch durch M. im Zuge eines Verfahrens auf Rentenabfindung davon Kenntnis, daß dieser seit Anfang 1970 durch Dr. med. D. arbeitsunfähig geschrieben war. – Mit Schreiben vom 20. April 1971 teilte sie dem behandelnden Arzt diesen Sachverhalt mit und wies darauf hin, daß die Unfallfolgen bei M. nach den Berichten der Ärzte des BGUKH vom 7. Dezember 1970 und 19. Januar 1971 sowie des Nervenfacharztes Dr. med. K. keine Arbeitsunfähigkeit bedingten. Mit weiterem Schreiben vom 11. Mai 1971 ersuchte die Klägerin den gleichen Arzt, M. keine Arbeitsunfähigkeit mehr zu bescheinigen. Im Rahmen der Berufshilfe werde man sich bemühen, in Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt M. eine geeignete Arbeit zu vermitteln. Auch hiervon erhielt die Beklagte eine Durchschrift.
In seinem Bericht vom 28. April 1971 beurteilte der Facharzt für Chirurgie Dr. med. S. M. aufgrund der klinischen und röntgenologischen Untersuchung für arbeitsfähig, im Gegensatz zu Dr. med. D., der M. in seinem Schreiben vom 26. April 1971 weiterhin als arbeitsunfähig bezeichnete, da bei M. eine Belastung des linken Ellenbogens nicht möglich sei. Die Auffassung des behandelnden Arztes bezüglich der Belastung des Ellenbogens und der dadurch bedingten Arbeitsunfähigkeit vermochte Dr. med. S. nicht zu teilen. Besondere Behandlungsmaßnahmen erschienen nicht angezeigt, da der jetzige Befund dreieinhalb Jahre nach dem Unfall als nicht mehr besserungsfähiger Dauerzustand angesehen werden könne. Von Seiten der Unfallfolgen sei M. auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im Rahmen der gutachtlich festgesetzten MdE als arbeitsfähig anzusehen. Auch von diesem Bericht erhielten die Beklagte und Dr. med. D. nachrichtlich Kenntnis.
Nachdem die Beklagte der Klägerin am 3. Mai 1971 die Gewährung von Krankengeld – nach Wegfall der Lohnfortzahlung ab 16. Januar 1971 – angezeigt hatte, erhob sie einen Ersatzanspruch nach § 1504 RVO für das bis zum 26. April 1971 gezahlte Krankengeld im Betrag von 2.675,99 DM. Diesen Betrag erstattete die Klägerin unter Vorbehalt.
Die mehrfachen Aufforderungen der Klägerin zur Rückzahlung dieses Betrages lehnte die Beklagte ab, indem sie sich auf die ihr erteilten Bescheinigungen des Dr. med. D. berief, wonach M. in der Zeit vom 20. Januar bis 26. April 1971 wegen Unfallfolgen arbeitsunfähig (im Hinblick auf seinen ausgeübten Beruf) erkrankt sei.
Am 15. Oktober 1971 hat die Klägerin deshalb bei dem Sozialgericht Frankfurt a.M. (SG) Klage erhoben. Obwohl Dr. med. S. vom BGUKH in seinen Berichten vom 7. Dezember 1970 und vom 19. Januar 1971 in Übereinstimmung mit dem Neurologen Dr. med. K. M. trotz der Unfallfolgen für arbeitsfähig beurteilt habe, habe die Beklagte in Kenntnis dieser Berichte M. nach Wegfall der Lohnzahlung für die Zeit ab 16. Januar 1971 Krankengeld gezahlt. Hierüber sei sie nicht rechtzeitig unterrichtet worden, da die Anzeige nach § 1503 RVO ihr erst nach Ablauf der Krankengeldzahlung zugegangen sei. Maßgeblich sei, daß die Entscheidung der Beklagten zur Arbeitsunfähigkeit nach den Berichten von Dr. med. S. unrichtig gewesen sei. Die Erstattung sei unter dem Vorbehalt der Rückforderung vorgenommen worden, weil die Beklagte sich seinerzeit zur Rückzahlung des überwiesenen Geldes auf Anforderung bereit erklärt habe. Selbst wenn die Beklagte den Bericht des Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 nicht erhalten haben sollte, so hätte sie doch spätestens nach Kenntnis des ihr ebenfalls zugesandten Durchgangsarztberichtes vom 19. Januar 1971 die Zahlung einstellen müssen. Als ungelernter Arbeiter habe sich M. – ungeachtet seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit – auch auf eine andere Tätigkeit verweisen lassen müssen. M. habe seit etwa einem Jahr Lagerarbeiten ausgeübt, welche nach kurzer Einweisung von jeder anderen männlichen Arbeitskraft hätten verrichtet werden können.
Demgegenüber betonte die Beklagte, M. habe seinen zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr versehen können. Bei der Firma W. M., Altpapierhandelsgesellschaft mbH, sei M. auf dem Lagerplatz beschäftigt worden. Hier habe er u.a. einen 1,5 Tonnen schweren Güldner-Stapler fahren müssen und sei an der Lindemann-Hydraulik-Presse eingesetzt worden, wobei beide Tätigkeiten ständige Bewegungen mit beiden Armen erfordert hätten. M. habe Gewichte bis zu 25 kg tragen müssen und dabei für das Abladen der Ware beide Hände benötigt. Derartige Tätigkeiten habe er nach dem Zeugnis von Dr. med. D. – wie auch dem von Dr. med. K., Facharzt für Nervenkrankheiten – nicht mehr verrichten können. Vom Bericht von Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 habe sie erst nach Abschluss des Leistungsfalles Kenntnis erhalten, wobei der letzte Satz gefehlt habe: "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit”. Die Absendung der Unfallanzeige an einem unzuständigen Versicherungsträger sei angesichts des Geschäftszweiges des Unfallbetriebes entschuldbar. Ihre Unfallanzeige habe die Wirkung behalten, da sie unverzüglich nach Erkennen ihres Irrtums tätig geworden sei.
Durch – im Tenor berichtigtes – Urteil vom 26. Mai 1972 verurteilte das SG die Beklagte, der Klägerin 2.675,99 DM zurückzuzahlen. M. sei nicht arbeitsunfähig gewesen, als er die Arbeit in dem Papierverwertungsbetrieb wegen der Beschwerden in seinem linken Arm habe unterbrechen müssen. Diese Arbeit habe nur zwei Monate gedauert, wobei die Beschwerden, die M. zur Unterbrechung seiner Erwerbstätigkeit veranlaßt hätten, Verletzungsfolgen gewesen seien. Der Hinweis des Neurologen, es müsse dem Verletzten eine Tätigkeit verschafft werden, die seine linke Hand nicht außergewöhnlich beanspruche, sei zutreffend und hätte von der Beklagten beachtet werden müssen. Wenn größere Belastungen auch für M. unzuträglich gewesen seien, so sei dieser doch nicht arbeitsunfähig gewesen.
Gegen das ihr durch Empfangsbekenntnis am 23. Juni 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 29. Juni 1972 Berufung eingelegt. Die Auffassung des SG, M. sei nicht arbeitsunfähig gewesen, stehe im Widerspruch zu dem Befundbericht des Dr. med. K. vom 25. Januar 1971 und den Feststellungen des behandelnden Arztes Dr. med. D., F. Im Gegensatz zur Ansicht des SG habe kein mißglückter Arbeitsversuch des M. vorgelegen, so daß eine Krankenversicherungspflicht zur Beklagten entstanden sei. M. habe bis zu seiner Erkrankung am 4. Dezember 1970 ununterbrochen voll gearbeitet, so daß diesem nach Eintritt des Versicherungsfalles Leistungen aus der Krankenversicherung zugestanden hätten, die die Klägerin zu erstatten habe. Sowohl Dr. med. K. als auch der behandelnde Arzt Dr. med. D. hätten M. als arbeitsunfähig beurteilt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 26. Mai 1972 in der Form des Berichtigungsbeschlusses vom gleichen Tage aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Ein Erstattungsanspruch der Beklagten nach § 1504 RVO bestehe nicht, wie für sie auch keine Bindung an die Bejahung der Voraussetzungen des Krankengeldanspruches durch die Beklagte bestehe. Da M. in der Zeit vom 16. Januar bis 26. April 1971 nicht arbeitsunfähig gewesen sei, habe die Beklagte kein Krankengeld gewähren dürfen. Hier gehe es nicht um das Problem des mißglückten Arbeitsversuches, sondern um die Verweisung des M. auf eine andere Tätigkeit.
Zur Ergänzung wird auf den Inhalt der Unfall- und Gerichtsakten Bezug genommen, der in seinen wesentlichen Teilen im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgetragen ist.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und daher zulässig.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG, dessen Tenor noch in der letzten mündlichen Verhandlung zulässigerweise durch Beschluss vom gleichen Tage entsprechend den zuvor mitgeteilten Entscheidungsgründen gem. § 138 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgeändert worden ist (vgl. Peters-Sautter-Wolff, Komm. zur Sozialgerichtsbarkeit, § 138 Anm. 1 mit weiteren Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen) ist – jedoch lediglich im Ergebnis – unbegründet. Die Klägerin hat Anspruch auf Rückzahlung des der Beklagten für M. erstatteten Krankengeldes in Höhe von 2.675,99 DM.
Das SG hat die einschlägige Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin nicht genannt. Entgegen seiner Auffassung kann der von ihm herangezogene § 1504 RVO diese Funktion nicht erfüllen, weil diese Bestimmung die Ersatzpflicht des Trägers der Unfallversicherung gegenüber dem Träger der Krankenversicherung unter den dort genannten Voraussetzungen begründet, wenn die Krankheit Folge eines Arbeitsunfalls ist, die der Träger der Unfallversicherung zu entschädigen hat. Ein solcher Sachverhalt liegt hier jedoch nicht vor, da die Klägerin die Beklagte wegen fehlender Arbeitsunfähigkeit des M. auf Rückzahlung des der Beklagten unter Vorbehalt erstatteten Krankengeldes – in Anspruch nimmt.
Grundlage für das Begehren der Klägerin auf Rückzahlung von 2.675,99 DM kann nur ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch sein, was vom SG nicht erkannt wurde. Dieses Rechtsinstitut (vgl. Lauterbach, Komm. zur Unfallversicherung, 3. Aufl., § 1509 a Anm. 5 d) findet nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) auch in Recht der Sozialversicherung Anwendung (BSG 16, 151, 156 ff.; 16, 222, 225; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand 15.8.1969, Bd. III S. 966 m ff.). An der Durchsetzung dieses Anspruches besteht auch ein überwiegendes öffentliches Interesse, wenn er von einem Träger der Sozialversicherung gegen eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft erhoben wird (BSG 23, 213, 218).
Das SG hat sein Urteil nur damit begründet, M. sei deshalb nicht arbeitsunfähig gewesen, weil er für die ihm bei der Fa. M. zugewiesenen Arbeiten wegen der Unfallfolgen untauglich gewesen sei. Offenbar wollte das SG damit zum Ausdruck bringen. M. habe kein Krankengeld zugestanden, weil kein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 165 Abs. 1 RVO vorgelegen habe. Es kann dabei nur an einen sog. mißglückten Arbeitsversuch gedacht haben, ohne daß es hierzu jedoch rechtliche Ausführungen gemacht hat, was erforderlich gewesen wäre. Ein solcher liegt jedoch nicht vor, wenn die Arbeit eine nicht unerhebliche Zeit verrichtet worden war, mochte dies auch auf Kosten der Gesundheit des Beschäftigten geschehen sein. Das BSG hat dabei die Fixierung einer bestimmten Frist von Tagen oder Wochen aus äußerste zeitliche Grenze des mißglückten Arbeitsversuchs abgelehnt und einen solchen nur angenommen, wenn die Beschäftigung zwar nicht schon in den ersten Tagen, jedoch noch vor Ablauf einer wirtschaftlich ins Gewicht fallenden Zeit wieder aufgegeben worden ist (vgl. Urteil vom 10.11.1970, 3 RK 94/67; in diesem Fall wurde ein mißglückter Arbeitsversuch bejaht, nachdem beim Vorliegen einer offenen Tbc die Arbeit bereits nach einer Woche wieder aufgegeben wurde.). M. arbeitete demgegenüber zwei Monate lang und damit eine wirtschaftlich ins Gewicht fallende Zeit bei der Fa. M., so daß von einem mißglückten Arbeitsversuch nicht die Rede sein kann. Die Beteiligten haben dies auch nicht erörtert.
Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist dann begründet, wenn M. in dem Zeitraum vom 16. Januar bis 26. April 1971 wegen der Unfallfolgen nicht arbeitsunfähig erkrankt war und somit keinen Anspruch auf Krankengeld hatte. Dieses wird nach § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO gewährt, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig macht. Arbeitsunfähigkeit i.S. der genannten Bestimmung liegt vor, wenn der Erkrankte nicht oder nur bei Gefahr, in absehbarer Zeit seinen Zustand zu verschlimmern, fähig ist, seiner bisher ausgeübten Erwerbstätigkeit nachzugehen. Eine aus der Fortsetzung der Berufstätigkeit drohende Gefahr der Verschlimmerung der Krankheit des Versicherten begründet Arbeitsunfähigkeit, sofern die Verschlimmerung in absehbar naher Zeit zu gewärtigen ist (BSG 19, 179, 181; 26, 288, 290; Brackmann a.a.O. S. 562 e). Dabei richtet sich die Prüfung, ob Arbeitsunfähigkeit vorliegt, grundsätzlich nach der zuletzt ausgeübten Tätigkeit, wobei Arbeitsunfähigkeit aber zu verneinen ist, wenn der Versicherte eine ähnlich gelagerte Tätigkeit ausüben könnte (so Lauterbach a.a.O., § 556 Anm. 10 unter Berufung auf BSG, Urt. vom 19.1.1971 – 3 RK 42/70).
Die Annahme der Beklagten, bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit sei eine Verweisung auf eine ähnlich geartete Tätigkeit grundsätzlich nur dann zulässig, wenn eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden könne, ist unzutreffend. Sie beruft sich dabei auf eine Besprechung der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 23./24. Mai 1972. In der schriftlichen, dem Senat vorgelegten Information über diese Besprechung ist zunächst zutreffend die in dem Urteil des BSG vom 19. Januar 1971 – 3 RK 42/70 – vertretene Auffassung wiedergegeben worden, daß der zuletzt ausgeübten Tätigkeit ähnlich geartete Tätigkeiten gleichstehen, wobei bei einem ungelernten Arbeiter der Rahmen dieser Tätigkeiten relativ weit zu ziehen ist. Sodann heißt es im nächsten Absatz jedoch wie folgt:
"Eine Verweisung auf ähnlich geartete Tätigkeiten ist grundsätzlich nur dann zulässig, wenn es sich bei der Arbeitsunfähigkeit um einen nicht oder nur kaum noch zu beeinflussenden Dauerzustand handelt und im Rahmen der verbliebenen geminderten Erwerbsfähigkeit konkret eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden kann. Voraussetzung für eine solche Verweisung ist also, daß
a) der Arbeitgeber bereit ist, den Versicherten trotz der Minderung seiner Erwerbsfähigkeit zu beschäftigen,
b) durch die neue Beschäftigung im wesentlichen der gleiche Lohn erzielt wird wie durch die letzte Tätigkeit,
c) die Übernahme der neuen Beschäftigung keinen sozialen Abstieg bedeutet.”
In der Information wird damit der Eindruck erweckt, als habe sich das BSG in der zitierten Entscheidung auch in diesem Sinn geäußert, was jedoch nicht zutrifft. Das BSG hat nämlich in diesem Urteil die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin verneint, weil sie trotz ihrer Krankheit noch Arbeiten im Sitzen, Stehen und Umhergehen ohne Tragen und Heben von Lasten verrichten könne, wobei die Besonderheit der letzten Tätigkeit (auch teilweises Heben) außer Betracht zu bleiben habe. Das gelte auch, wenn das Arbeitsverhältnis nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gelöst werde.
Die Ansicht der Beklagten, eine Verweisung sei davon abhängig, daß eine zumutbare Erwerbstätigkeit in demselben Betrieb angeboten werden könne, wird auch, soweit ersichtlich, nirgends in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertreten. Bereits das ehemalige Reichsversicherungsamt (RVA) hatte in seinem Urteil vom 3. März 1932 – IIa K 297/31 – AN 1932, 176 – ausgeführt, daß ein Schiffsheizer, der als solcher infolge Krankheit nicht mehr tätig sein könne, aber seinem Heizerberuf noch an Land nachgehen könne, nicht arbeitsunfähig im Sinne von § 182 RVO sei. Das BSG hat dieser Auffassung, wonach unter der zuletzt ausgeübten Erwerbstätigkeit nicht lediglich der bisherige Arbeitsplatz zu verstehen ist, sondern dazu auch eine ähnlich geartete Tätigkeit in einem anderen Betrieb gehört, "unbedenklich zugestimmt” (vgl. BSG 26, 288, 292; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Anm. 10 a zu § 182 RVO). Die von der Beklagten vertretene Ansicht würde ungerechtfertigterweise dazu führen, daß Arbeitnehmer kleinerer Betriebe, die über keinen ähnlich gearteten Arbeitsplatz verfügen, als arbeitsunfähig zu beurteilen wären, während dies bei der gleichen Erkrankung im großen Betrieben mit entsprechenden anderen, geeigneten Arbeitsplätzen nicht der Fall wäre.
Nach richtiger Auffassung kommt es demgegenüber für die Entscheidung, ob bei M. Arbeitsunfähigkeit vorlag, nicht darauf an, ob er bei der Fa. M. trotz seiner Erkrankung noch tätig sein könnte, vielmehr war zu prüfen, ob er eine ähnlich geartete Tätigkeit auch bei einem anderen Arbeitgeber hätte verrichten können. Dabei ist davon auszugehen, daß er zuletzt bei der genannten Firma zwei Monate lang als Gabelstaplerarbeiter tätig war und vor seinem Unfall etwa ein Jahr die gleiche Tätigkeit in einem Sägewerk verrichtet hatte. Es handelte sich dabei um bloße Hilfsarbeitertätigkeiten, die jeweils nach kurzer Einarbeitungszeit verrichtet werden konnten. Bei einem ungelernten Arbeiter ist aber der Rahmen der Tätigkeiten, die ihm zugemutet werden können, relativ weit (vgl. BSG a.a.O.).
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung ist festzustellen, daß M. in der Zeit vom 10. Januar 1970 bis 26. April 1971 nicht arbeitsunfähig erkrankt war. Aus den vorliegenden ärztlichen Gutachten ergibt sich vielmehr, daß er lediglich die auch mit dem Tragen bis zu 25 kg schweren Lasten verbundene letzte Tätigkeit bei der Fa. M. wegen der Unfallfolgen nicht mehr verrichten konnte. Offensichtlich nur aus diesem Grunde wurde er von dem Kassenarzt Dr. med. D. am 7. Dezember 1970 arbeitsunfähig krank geschrieben, ohne daß dieser Arzt oder die Beklagte klärten, ob M. in dem streitigen Zeitraum eine andere ähnlich gelagerte Tätigkeit – auch in einem anderen Betrieb – die nicht mit schwerem Heben und Tragen verbunden war, hätte verrichten können.
Die von der Klägerin mit der Untersuchung und Begutachtung des M. beauftragten Ärzte haben überzeugend ausgeführt, daß M. hierzu durchaus noch in der Lage war. Dr. med. S. vom BGUKH F. führte bereits in seinem Bericht vom 7. Dezember 1970 aus, anhand des Befundes und der glaubhaften subjektiven Beschwerden sowie der Röntgenuntersuchung des linken Ellenbogengelenkes seien die jetzt vorgebrachten Beschwerden als Folge des am 30. Oktober 1967 erlittenen Arbeitsunfalls aufzufassen. Es handele sich dabei um eine Reizung des Ellennervens sowie Beschwerden bei erheblichem Gelenkaufbrauchschaden. Dr. med. S. empfahl lediglich eine Kurzwellenbestrahlung des linken Ellenbogengelenkes. Sein Bericht schloß mit dem Satz "Von Seiten der Unfallfolgen besteht weiterhin Arbeitsfähigkeit”. Diesen Bericht will die Beklagte nicht erhalten haben; sie behauptet aufgrund eines Vergleichs mit dem ihr später zugegangenen Exemplar dieses Berichtes, der letzte Satz sei nachträglich hinzugefügt worden. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätte die Beklagte die Feststellung der Arbeitsfähigkeit des M. durch Dr. med. S. zumindest dessen weiteren Bericht vom 19. Januar 1971 entnehmen können, der ihr nach ihrem eigenen Vortrag am 27. Januar 1971 zuging.
Die Beklagte kann sich zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung auch nicht auf dem ihr am 26. Januar 1971 zugegangenen Bericht des Neurologen Dr. med. K., F., berufen. Darin hat dieser Arzt ausgeführt, bei M. seien bei starker Beanspruchung ziehende Schmerzen im linken Unterarmbereich aufgetreten, die nach Art der sensiblen Ausfälle im Hauptversorgungsbereich des Ulnar- und evtl. Radialnerven auf eine entsprechende Tangierung hinweisen könnten, ohne daß aber eine Funktionsstörung vorliege oder bei den elektrischen Untersuchungen deutlich werde. Er halte derartige Schmerzausstrahlungen bei erheblicher Beanspruchung der Muskulatur als Ausdruck leichter Reizerscheinungen durchaus für möglich, ohne daß aber hieraus eine länger dauernde Arbeitsunfähigkeit abzuleiten sei, sofern chirurgischerseits keine Bedenken bestünden. Man werde natürlich versuchen müssen, M. eine Tätigkeit zuzuweisen, bei der die linke Hand nicht über das normale hinaus beansprucht werde, wobei allerdings nach der ganzen Persönlichkeitsartung von M. auf keine besondere Eigeninitiative geschlossen werden könne. Aus diesen Formulierungen ergibt sich, daß die ohnedies nur als "möglich” unterstellten Schmerzausstrahlungen allenfalls durch übermäßige Beanspruchung der Muskulatur des linken Armes und der linken Hand verursacht sein könnten. Aus der Formulierung in dem Bericht dieses Arztes kann aber nicht gefolgert werden, daß M. damals arbeitsunfähig war. Da Dr. med. K. als Neurologe die Untersuchung auf Veranlassung der Ärzte des BGUKH durchführte, mußte er davon ausgehen, daß über die Arbeitsunfähigkeit von diesen – vor allem wegen der chirurgischen Unfallfolgen – entschieden werden würde, wie das in seinem Bericht auch zum Ausdruck kommt. So gesehen müssen seine Ausführungen als Hinweis verstanden werden, daß auf seinem Fachgebiet keine nennenswerten Gründe für das Bestehen von Arbeitsunfähigkeit vorlagen und er lediglich die Zuweisung einer anderen Arbeit für erforderlich hielt. Jedenfalls war für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit letztlich der Bericht des Durchgangsarztes maßgebend und nicht der des Konsiliararztes. Selbst wenn die Beklagte dem Bericht des Dr. med. S. vom 7. Dezember 1970 nicht rechtzeitig bzw. mit dem Zusatz über die Arbeitsfähigkeit des M. erhalten haben sollte, bestand nach dem erneuten fachärztlichen Bericht des Chirurgen Dr. med. S. vom 19. Januar 1971 kein Grund mehr, M. wegen der Unfallfolgen als arbeitsunfähig anzusehen, zumal dieser Arzt seine Beurteilung in einem weiteren Bericht unter dem 28. April 1971 ausdrücklich aufrecht erhielt. M. war somit nach über einmonatiger Schonung in der Lage, jedenfalls ab 16. Januar 1971 in einem anderen Betrieb eine nicht mit übermäßiger Belastung des linken Armes verbundene Hilfearbeitertätigkeit auszuüben.
Nach alledem ist es nicht wahrscheinlich, daß M. in dem streitigen Zeitraum arbeitsunfähig war, so daß für die Klägerin gem. § 1504 RVO keine Verpflichtung bestand, der Beklagten das Krankengeld zu erstatten, daß sie an M. gezahlt hatte. Die Beklagte ist daher verpflichtet, den lediglich unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleisteten Erstattungsbetrag der Klägerin zurückzugewähren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
HES
Saved