Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 368/73
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Ein lediger Studierender, der vor Ablegung des Staatsexamens (Medizin) während der Semesterferien in dem Universitätslabor für eine Dissertation experimentell arbeitet, steht auf der anschließenden Heimfahrt in die elterliche Wohnung unter Versicherungsschutz.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg/L. vom 27. März 1973 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1946 geborene ledige Kläger ist ordentlicher Studierender der Philipps-Universität M. im Fachbereich Medizin. Auf der Heimfahrt von M. nach B. in die elterliche Wohnung verunglückte er am 1. April 1972 (einem Samstag) mit seinem Motorrad bei einem Verkehrsunfall. Er zog sich dabei eine Zertrümmerung der linken Kniescheibe, eine massive Knieverletzung, eine Fraktur der linken Hand, Bänderverletzungen, Prellungen mit Ergüssen und eine leichte Comotio cerebri zu. Er hatte sich nach Beendigung des Wintersemesters 1971/72 in der vorlesungsfreien Zeit noch in M. aufgehalten, um im Labor der Medizinischen Klinik der Universität experimentelle Arbeiten für ein ihm von Prof. Dr. B. zugeteiltes Dissertationsthema aus Anlaß der beabsichtigten Promotion durchzuführen. Diese sollten bis zum Beginn des medizinischen Staatsexamens abgeschlossen sein.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. August 1972 die Gewährung einer Entschädigung aus Anlaß des Unfallereignisses ab. Zur Begründung gab sie an, daß es sich bei der Arbeit im Labor nicht um eine versicherungsgeschützte Hochschulveranstaltung gehandelt habe, so daß sich der Kläger auch nicht auf einem versicherten Heimweg befunden habe.
Gegen den am 28. August 1972 per Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Marburg/Lahn am 4. September 1972 Klage erhoben und vorgebracht, daß auch die Arbeiten im Labor zum Zwecke der Vorbereitung der Promotion an der Hochschule als versicherungsgeschützte Tätigkeit anzusehen seien, da es sich dabei um einen Teil der Aus- und Fortbildung an Hochschulen handele. Nach Beiziehung einer Auskunft des Prof. Dr. B. hat das Sozialgericht die Beklagte am 27. März 1973 verurteilt, den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Arbeit an einer Dissertation stelle eine Ausbildung im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 14 d Reichsversicherungsordnung (RVO) dar.
Gegen das ihr am 3. April 1973 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. April 1973 Berufung eingelegt.
Auf Antrage hat Prof. Dr. B. schriftlich erklärt, der Kläger habe, für die anzufertigende Dissertation notwendigerweise Untersuchungen im Labor vorzunehmen gehabt und auch nach dem Laborbuch am 28., 29. und 30. März 1972 experimentelle Arbeiten im Institut erledigt. Ferner hat er das Laborbuch vorgelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß für die Gewährung des Versicherungsschutzes nicht die Immatrikulation oder die Eigenschaft als Doktorand ausreiche. Sie meint, das sei erforderlich, daß der Studierende oder Doktorand zum Zwecke der Aus- und Fortbildung an einer unterrichtlichen Veranstaltung der Hochschule teilnehme, woran es hier fehle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/Lahn vom 27. März 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Amtsgericht Bielefeld (Az.: ) sowie die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät der Universität M. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Der Kläger hat sich bei der unfallbringenden Fahrt am 1. April 1972 von M. nach B. auf einem dem Versicherungsschutz unterliegenden Weg von der Unterkunft am Ort der Tätigkeit zu seiner ständigen Familienwohnung befunden.
Nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO in der Fassung des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 237) sind gegen Arbeitsunfall Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen versichert und damit gem. § 550 Satz 3 RVO i.d.F. des gleichen Gesetzes auch auf dem Weg von und nach der Familienwohnung.
Zunächst ist festzustellen, daß sich der Unfall des Klägers auf dem Weg vom Hochschulort zu seiner Familienwohnung ereignete. Der persönlich vor dem Sozialgericht gehörte ledige Kläger hat angegeben, daß er in M. als Student seinen 2. Wohnsitz hat und regelmäßig – mindestens zweimal im Monat – von dort in die elterliche Wohnung nach B. an den Wochenenden heimkehrt. Er hatte daher als Studierender und Lediger seinen Lebensmittelpunkt in der elterlichen Wohnung (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 23 c zu § 550 RVO mit weiteren Nachweisen). Umstände, die auf dessen Verlegung an den Hochschulort hindeuteten, lassen sich nicht feststellen. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.
Indessen gewinnt nicht jede Fahrt allein deshalb den Charakter einer geschützten Familienheimfahrt, weil es sich um eine solche vom Hochschulort in die elterliche Wohnung oder umgekehrt handelt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 9. Mai 1973 (L-3/U – 128/73) entschieden hat, ist Voraussetzung dafür, daß sich der Studierende vor Antritt der Fahrt am Hochschulort aus hochschulbezogenen Gründen aufgehalten hat (§ 550 Satz 3 i.V.m. § 548 Abs. 2 Satz 1 RVO). Solche hochschulbezogenen Gründe ergeben sich aus § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO. Hiernach sollen nur die Tätigkeiten der Studierenden "während der Aus- oder Fortbildung an Hochschulen” versichert sein. Hierzu gehört hauptsächlich der Besuch von unterrichtlichen Veranstaltungen in Einrichtungen die zur Hochschule gehören. Es muß sich um eine unmittelbare zeitliche und räumliche Beziehung zur Hochschule oder zu ihren einzelnen Einrichtungen (z.B. Bibliotheken) handeln (so auch zu § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.8.1970, L-3/U – 74/69 in RSp-Dienst Nr. 131 bestätigt durch BSG-Urteil vom 22.2.1973, 2 RU 150/70).
Wie zur Überzeugung des Senats weiterhin feststeht und sich insbesondere aus den schriftlichen Auskünften des Doktorvaters des Klägers, Prof. Dr. B., und dem vorliegenden Laborbuch ergibt, ist der Kläger nach Abschluß des Wintersemesters 1971/72 ab 16. Februar 1972, also in der vorlesungsfreien Zeit, in M. geblieben, um in die von ihm anzufertigende Dissertation notwendige experimentelle Untersuchungen im Labor der Medizinischen Klinik der Philipps-Universität M. vorzunehmen. Auch in der Woche vor dem Unfalltag war dies der Fall.
Hierbei handelte es sich um eine unter Versicherungsschutz stehende hochschulbezogene Tätigkeit, obwohl sie nicht als sogenannte unterrichtliche Veranstaltung der Hochschule im Vorlesungsverzeichnis niedergelegt war. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO soll jede Aus- und Fortbildung des Studierenden versicherungsgeschützt sein. Hierzu gehört auch die Anfertigung einer Dissertation mit den dafür notwendigen experimentellen Untersuchungen, obwohl die Promotion nicht im Vorlesungsverzeichnis als unterrichtliche Veranstaltung ausgewiesen ist. Die Beklagte versagt zu Unrecht den Unfallversicherungsschutz deshalb, weil es sich nicht um eine lehrplanmäßige unterrichtliche Veranstaltung gehandelt habe. Es ist zwar richtig, daß die Unfallversicherung nach der amtlichen Begründung zur Einführung der Studentenversicherung vornehmlich mit Rücksicht auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) gegenüber den nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO versicherten Lernenden während der beruflichen Aus- und Fortbildung und ehrenamtlich Lehrenden in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen auf Studierende an Hochschulen ausgedehnt und hierbei besonders auf den Besuch von Unterrichtsveranstaltungen hingewiesen worden ist. Die Beklagte beruft sich aber zu Unrecht auf das Erfordernis einer besonderen unterrichtlichen Veranstaltungsart im Rahmen der Aus- und Fortbildung die offenbar nach ihrer Ansicht allein durch lehrplanmäßig erfaßte Unterrichtsveranstaltungen zu erreichen ist. Sie übersieht daher, daß der Studierende als Mitglied der Hochschule sich im Rahmen seiner Aus- und Fortbildung wissenschaftlich frei betätigen kann und in diesem Bereich der besonderen Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterliegt. So bringt es die Eigenart dieses Freiheitsrechts z.B. mit sich, daß der Student auch beim Besuch anderer, nicht zu seinem Studienfach gehörender Veranstaltungen der Hochschule (z.B. Studium generale) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, sofern nur zwischen der Ausbildung an der Hochschule und der Veranstaltung bzw. Tätigkeit des Studierenden ein wesentlicher innerer Zusammenhang besteht (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten, im Wege zur Sozialversicherung, Heft 75, Anm. 3.4.4. S. 46; Urteil des Hess. Landessozialgerichts vom 9.5.1973 (L-3/U-128/73). Das führt zu einer Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes, der z.B. auch dann zu bejahen ist, wenn ein exmatrikulierter Student als Doktorand oder Diplomand die Hochschule besucht (vgl. Vollmar a.a.O. S. 43; Brackmann a.a.O. S. 474 v unter 5 b).
Dem steht nicht entgegen, daß die Anfertigung einer Dissertation keine "Aus- und Fortbildung” im engeren Sinne und die Promotion nicht unbedingt eine zur späteren Berufsausübung notwendige Voraussetzung ist. Zunächst wird es in § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO gegenüber Nr. 14 c dieser Vorschrift nicht auf die berufliche Aus- und Fortbildung abgestellt. Das bedeutet, daß auch eine nichtberufsbezogene Aus- und Fortbildungsmaßnahme an Hochschulen dem Versicherungsschutz unterliegt (so auch Vollmar, a.a.O., Anm. 3.4.1 S. 44; Lauterbach a.a.O., Anm. 87 b zu § 539 RVO). Brackmann, a.a.O., und wohl auch Vollmar, a.a.O., wollen offenbar den Versicherungsschutz nur dann annehmen, wenn der Doktorand im Zusammenhang mit der Anfertigung der Doktorarbeit an Hochschulveranstaltungen teilnimmt. Damit ziehen sie, wie auch die Beklagte, den Rahmen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen an den Hochschulen zu eng. Die Hochschule ist keine Schule im herkömmlichen Sinne mit starren bzw. streng schematisierten Unterrichtsformen. Sie bietet vielmehr eine Vielzahl von Unterrichtsformen an, die von der in anderen Schulen geltenden Norm abweichen.
Hierzu gehört auch die Promotion mit dem ihr eigenen Doktorandenstatus. Aus § 6 Abs. 2 der Promotionsverordnung der Medizinischen Fakultät der Philipps-Universität M. – PO – wird dies deutlich. Danach muß der Bewerber "Schüler oder wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Lehrers der Fakultät sein”. Diese Wortwahl weist auf ein Aus- bzw. Fortbildungsverhältnis zum Hochschullehrer und damit an der Hochschule selbst hin, wenn in § 23 PO – offensichtlich als Ausnahme – auch bestimmt ist, das emeritierte Professoren der M. Fakultät bei der Einreichung der Doktorarbeit die gleichen Rechte wie amtierende Professoren haben. Während sich der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Hochschule in aller Regel fortbildet, befindet sich ein Schüler noch in der Ausbildung. Dem steht nicht entgegen, daß die Promotion nach § 5 PO erst nach vollständig bestandener ärztlicher Staatsprüfung erfolgen kann, da es § 539 Abs. 1 Nr. 14 d gegenüber Nr. 14 c im Hinblick auf die freiere Entfaltungsmöglichkeit des Studierenden an der Hochschule nicht auf eine besondere Berufsbezogenheit – die hier im übrigen gegeben ist – abstellt. Die Promotion ist nach dem deutschen Bildungssystem nur an einer Hochschule möglich. Sie ist daher – was die Beklagte aber wohl auch Brackmann und Vollmar nicht bedenken – nur eine von vielen geschützten Hochschulveranstaltungen, ohne daß sie berufsnotwendig wäre.
Hiervon abgesehen, stellt sich die Promotion darüber hinaus zugleich als zusätzlicher Abschluß der Aus- und Fortbildung an der Hochschule dar. Es handelt sich um eine Prüfung, in der der Betreffende den Nachweis darüber führen soll, daß er im Stande ist, eine Frage von wissenschaftlicher Erkenntnis richtig zu erfassen und ihre Klärung zu fördern. Die Dissertation soll beweisen, daß der Bewerber befähigt ist, ein wissenschaftliches Problem selbständig und mit einwandfreier Methodik erfolgreich zu bearbeiten (vgl. §§ 1, 14 PO). Damit unterscheidet sich die Promotion nicht wesentlich von anderen Hochschul- oder Staatsprüfungen, auch wenn sich der mündliche Prüfungsteil der Promotion vor allem auf die wissenschaftliche Seite der Medizin sowie allgemeine medizinische und naturwissenschaftliche Fragen erstrecken soll und Detailprüfungen in einzelnen Fächern zu vermeiden sind (§ 46 PO). Maßgeblich ist, daß beide Prüfungen gleichen und hochschulbezogenen Zwecken wesentlich dienen. Die Aus- und/oder Fortbildung und die diese abschließenden Prüfungen haben nicht nur zum Ziel, dem Studierenden das nötige Wissen für die Ausübung seines Berufes in der freien Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst zu vermitteln. Die Hochschule muß vielmehr auch bestrebt sein, qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen, will sie ihren Auftrag, Forschung und Lehre zu betreiben, erfüllen. Das erfordert, daß sie neben den das Studium beendenden Abschlußprüfungen auch andere Hochschulexamina veranstaltet. Hierzu gehören die Promotion und auch die Habilitation. Daher kann der Versicherungsschutz auch nicht deshalb verneint werden, weil nach der Promotionsordnung ein Bewerber unter gewissen Voraussetzungen befugt ist, schon vor der Meldung zur Promotion veröffentlichte und völlig selbständig ohne Anleitung und ohne Benutzung der medizinischen Hilfsmittel eines Universitäts-Instituts oder einer Universitätsklinik gefertigte Arbeiten sowie medizinische Preisarbeiten der Universität Marburg vorzulegen (§§ 19, 20, 22 PO). Der Umstand allein, daß das Studium beendende Abschlußprüfungen im Gegensatz zur Promotion regelmäßig als Zulassungsvoraussetzungen zur Berufsausbildung erforderlich sind, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Wie bereits dargetan, ist die Berufsbezogenheit, wie sie § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO verlangt, in der hier anwendenden Vorschrift der Nr. 14 d nicht Tatbestandsmerkmal Prüfungen an der Hochschule sind aber als Hochschulveranstaltungen unfallversicherungsgeschützt, (vgl. Vollmar, a.a.O. S. 21, Stichwort Aufnahmeprüfungen; Lauterbach a.a.O. Anm. 87 b unter Hinweis auf Anm. 86 b zu § 539 Nr. 14 RVO). Das bedeutet aber, daß ein Doktorand ebenso wie ein Studierender auch bei den hierzu erforderlichen Vorbereitungen arbeiten in Einrichtungen der Universität – wie hier – diesen Schutz genießt. Unversichert ist ein Doktorand und Studierender dagegen, der sich am Hochschulort aufhält und keine Hochschuleinrichtungen besucht, sondern sich z.B. lediglich im privaten häuslichen Bereich durch Nacharbeiten von Wissensstoff auf die Promotion oder eine Prüfung in der vorlesungsfreien Zeit vorbereitet oder am Hochschulort Repetitoren besucht. Das war hier aber, wie auch unter den Beteiligten unstreitig ist, nicht der Fall. Dahingestellt kann im vorliegenden Fall bleiben, ob ein Doktorand stets und überall versichert ist, sofern er nur an seiner Dissertation arbeitet, also auch z.B. zu Hause im Labor seines Vaters oder wenn er in Betrieben oder anderswo tatsächliche Feststellungen trifft, die er für seine Dissertation benötigt.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht nur dem Grunde nach zur Leistungsgewährung verurteilt, obwohl nicht eindeutig feststeht, welche Entschädigungsansprüche im einzelnen aus dem Arbeitsunfall für den Kläger erwachsen sind. Nach der Art der festgestellten Verletzungen und dem Umstand, daß er erst am 17. Mai 1972 aus der stationären Behandlung entlassen wurde, hat er jedenfalls mit begründeter Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf eine der in § 547 RVO angeführten Leistungen wenigstens in einer Mindesthöhe (vgl. BSG SozR SGG § 130 Bl. Da 4 Nr. 4).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 162 Abs. 1 Nr ... SGG.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1946 geborene ledige Kläger ist ordentlicher Studierender der Philipps-Universität M. im Fachbereich Medizin. Auf der Heimfahrt von M. nach B. in die elterliche Wohnung verunglückte er am 1. April 1972 (einem Samstag) mit seinem Motorrad bei einem Verkehrsunfall. Er zog sich dabei eine Zertrümmerung der linken Kniescheibe, eine massive Knieverletzung, eine Fraktur der linken Hand, Bänderverletzungen, Prellungen mit Ergüssen und eine leichte Comotio cerebri zu. Er hatte sich nach Beendigung des Wintersemesters 1971/72 in der vorlesungsfreien Zeit noch in M. aufgehalten, um im Labor der Medizinischen Klinik der Universität experimentelle Arbeiten für ein ihm von Prof. Dr. B. zugeteiltes Dissertationsthema aus Anlaß der beabsichtigten Promotion durchzuführen. Diese sollten bis zum Beginn des medizinischen Staatsexamens abgeschlossen sein.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24. August 1972 die Gewährung einer Entschädigung aus Anlaß des Unfallereignisses ab. Zur Begründung gab sie an, daß es sich bei der Arbeit im Labor nicht um eine versicherungsgeschützte Hochschulveranstaltung gehandelt habe, so daß sich der Kläger auch nicht auf einem versicherten Heimweg befunden habe.
Gegen den am 28. August 1972 per Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Marburg/Lahn am 4. September 1972 Klage erhoben und vorgebracht, daß auch die Arbeiten im Labor zum Zwecke der Vorbereitung der Promotion an der Hochschule als versicherungsgeschützte Tätigkeit anzusehen seien, da es sich dabei um einen Teil der Aus- und Fortbildung an Hochschulen handele. Nach Beiziehung einer Auskunft des Prof. Dr. B. hat das Sozialgericht die Beklagte am 27. März 1973 verurteilt, den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall zu entschädigen.
Die Arbeit an einer Dissertation stelle eine Ausbildung im Sinne des § 539 Abs. 1 Nr. 14 d Reichsversicherungsordnung (RVO) dar.
Gegen das ihr am 3. April 1973 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. April 1973 Berufung eingelegt.
Auf Antrage hat Prof. Dr. B. schriftlich erklärt, der Kläger habe, für die anzufertigende Dissertation notwendigerweise Untersuchungen im Labor vorzunehmen gehabt und auch nach dem Laborbuch am 28., 29. und 30. März 1972 experimentelle Arbeiten im Institut erledigt. Ferner hat er das Laborbuch vorgelegt.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, daß für die Gewährung des Versicherungsschutzes nicht die Immatrikulation oder die Eigenschaft als Doktorand ausreiche. Sie meint, das sei erforderlich, daß der Studierende oder Doktorand zum Zwecke der Aus- und Fortbildung an einer unterrichtlichen Veranstaltung der Hochschule teilnehme, woran es hier fehle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg/Lahn vom 27. März 1973 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Unfall- und Streitakten, die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft bei dem Amtsgericht Bielefeld (Az.: ) sowie die Promotionsordnung der Medizinischen Fakultät der Universität M. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Die Beteiligten haben sich hiermit einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –).
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil ist nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig. Der Kläger hat sich bei der unfallbringenden Fahrt am 1. April 1972 von M. nach B. auf einem dem Versicherungsschutz unterliegenden Weg von der Unterkunft am Ort der Tätigkeit zu seiner ständigen Familienwohnung befunden.
Nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO in der Fassung des Gesetzes über Unfallversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 237) sind gegen Arbeitsunfall Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen versichert und damit gem. § 550 Satz 3 RVO i.d.F. des gleichen Gesetzes auch auf dem Weg von und nach der Familienwohnung.
Zunächst ist festzustellen, daß sich der Unfall des Klägers auf dem Weg vom Hochschulort zu seiner Familienwohnung ereignete. Der persönlich vor dem Sozialgericht gehörte ledige Kläger hat angegeben, daß er in M. als Student seinen 2. Wohnsitz hat und regelmäßig – mindestens zweimal im Monat – von dort in die elterliche Wohnung nach B. an den Wochenenden heimkehrt. Er hatte daher als Studierender und Lediger seinen Lebensmittelpunkt in der elterlichen Wohnung (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 23 c zu § 550 RVO mit weiteren Nachweisen). Umstände, die auf dessen Verlegung an den Hochschulort hindeuteten, lassen sich nicht feststellen. Hierüber besteht unter den Beteiligten auch kein Streit.
Indessen gewinnt nicht jede Fahrt allein deshalb den Charakter einer geschützten Familienheimfahrt, weil es sich um eine solche vom Hochschulort in die elterliche Wohnung oder umgekehrt handelt. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 9. Mai 1973 (L-3/U – 128/73) entschieden hat, ist Voraussetzung dafür, daß sich der Studierende vor Antritt der Fahrt am Hochschulort aus hochschulbezogenen Gründen aufgehalten hat (§ 550 Satz 3 i.V.m. § 548 Abs. 2 Satz 1 RVO). Solche hochschulbezogenen Gründe ergeben sich aus § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO. Hiernach sollen nur die Tätigkeiten der Studierenden "während der Aus- oder Fortbildung an Hochschulen” versichert sein. Hierzu gehört hauptsächlich der Besuch von unterrichtlichen Veranstaltungen in Einrichtungen die zur Hochschule gehören. Es muß sich um eine unmittelbare zeitliche und räumliche Beziehung zur Hochschule oder zu ihren einzelnen Einrichtungen (z.B. Bibliotheken) handeln (so auch zu § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.8.1970, L-3/U – 74/69 in RSp-Dienst Nr. 131 bestätigt durch BSG-Urteil vom 22.2.1973, 2 RU 150/70).
Wie zur Überzeugung des Senats weiterhin feststeht und sich insbesondere aus den schriftlichen Auskünften des Doktorvaters des Klägers, Prof. Dr. B., und dem vorliegenden Laborbuch ergibt, ist der Kläger nach Abschluß des Wintersemesters 1971/72 ab 16. Februar 1972, also in der vorlesungsfreien Zeit, in M. geblieben, um in die von ihm anzufertigende Dissertation notwendige experimentelle Untersuchungen im Labor der Medizinischen Klinik der Philipps-Universität M. vorzunehmen. Auch in der Woche vor dem Unfalltag war dies der Fall.
Hierbei handelte es sich um eine unter Versicherungsschutz stehende hochschulbezogene Tätigkeit, obwohl sie nicht als sogenannte unterrichtliche Veranstaltung der Hochschule im Vorlesungsverzeichnis niedergelegt war. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO soll jede Aus- und Fortbildung des Studierenden versicherungsgeschützt sein. Hierzu gehört auch die Anfertigung einer Dissertation mit den dafür notwendigen experimentellen Untersuchungen, obwohl die Promotion nicht im Vorlesungsverzeichnis als unterrichtliche Veranstaltung ausgewiesen ist. Die Beklagte versagt zu Unrecht den Unfallversicherungsschutz deshalb, weil es sich nicht um eine lehrplanmäßige unterrichtliche Veranstaltung gehandelt habe. Es ist zwar richtig, daß die Unfallversicherung nach der amtlichen Begründung zur Einführung der Studentenversicherung vornehmlich mit Rücksicht auf den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) gegenüber den nach § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO versicherten Lernenden während der beruflichen Aus- und Fortbildung und ehrenamtlich Lehrenden in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, berufsbildenden Schulen, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen auf Studierende an Hochschulen ausgedehnt und hierbei besonders auf den Besuch von Unterrichtsveranstaltungen hingewiesen worden ist. Die Beklagte beruft sich aber zu Unrecht auf das Erfordernis einer besonderen unterrichtlichen Veranstaltungsart im Rahmen der Aus- und Fortbildung die offenbar nach ihrer Ansicht allein durch lehrplanmäßig erfaßte Unterrichtsveranstaltungen zu erreichen ist. Sie übersieht daher, daß der Studierende als Mitglied der Hochschule sich im Rahmen seiner Aus- und Fortbildung wissenschaftlich frei betätigen kann und in diesem Bereich der besonderen Freiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG unterliegt. So bringt es die Eigenart dieses Freiheitsrechts z.B. mit sich, daß der Student auch beim Besuch anderer, nicht zu seinem Studienfach gehörender Veranstaltungen der Hochschule (z.B. Studium generale) unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung steht, sofern nur zwischen der Ausbildung an der Hochschule und der Veranstaltung bzw. Tätigkeit des Studierenden ein wesentlicher innerer Zusammenhang besteht (vgl. Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung für Schüler und Studenten sowie Kinder in Kindergärten, im Wege zur Sozialversicherung, Heft 75, Anm. 3.4.4. S. 46; Urteil des Hess. Landessozialgerichts vom 9.5.1973 (L-3/U-128/73). Das führt zu einer Ausweitung des Unfallversicherungsschutzes, der z.B. auch dann zu bejahen ist, wenn ein exmatrikulierter Student als Doktorand oder Diplomand die Hochschule besucht (vgl. Vollmar a.a.O. S. 43; Brackmann a.a.O. S. 474 v unter 5 b).
Dem steht nicht entgegen, daß die Anfertigung einer Dissertation keine "Aus- und Fortbildung” im engeren Sinne und die Promotion nicht unbedingt eine zur späteren Berufsausübung notwendige Voraussetzung ist. Zunächst wird es in § 539 Abs. 1 Nr. 14 d RVO gegenüber Nr. 14 c dieser Vorschrift nicht auf die berufliche Aus- und Fortbildung abgestellt. Das bedeutet, daß auch eine nichtberufsbezogene Aus- und Fortbildungsmaßnahme an Hochschulen dem Versicherungsschutz unterliegt (so auch Vollmar, a.a.O., Anm. 3.4.1 S. 44; Lauterbach a.a.O., Anm. 87 b zu § 539 RVO). Brackmann, a.a.O., und wohl auch Vollmar, a.a.O., wollen offenbar den Versicherungsschutz nur dann annehmen, wenn der Doktorand im Zusammenhang mit der Anfertigung der Doktorarbeit an Hochschulveranstaltungen teilnimmt. Damit ziehen sie, wie auch die Beklagte, den Rahmen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen an den Hochschulen zu eng. Die Hochschule ist keine Schule im herkömmlichen Sinne mit starren bzw. streng schematisierten Unterrichtsformen. Sie bietet vielmehr eine Vielzahl von Unterrichtsformen an, die von der in anderen Schulen geltenden Norm abweichen.
Hierzu gehört auch die Promotion mit dem ihr eigenen Doktorandenstatus. Aus § 6 Abs. 2 der Promotionsverordnung der Medizinischen Fakultät der Philipps-Universität M. – PO – wird dies deutlich. Danach muß der Bewerber "Schüler oder wissenschaftlicher Mitarbeiter eines Lehrers der Fakultät sein”. Diese Wortwahl weist auf ein Aus- bzw. Fortbildungsverhältnis zum Hochschullehrer und damit an der Hochschule selbst hin, wenn in § 23 PO – offensichtlich als Ausnahme – auch bestimmt ist, das emeritierte Professoren der M. Fakultät bei der Einreichung der Doktorarbeit die gleichen Rechte wie amtierende Professoren haben. Während sich der wissenschaftliche Mitarbeiter an der Hochschule in aller Regel fortbildet, befindet sich ein Schüler noch in der Ausbildung. Dem steht nicht entgegen, daß die Promotion nach § 5 PO erst nach vollständig bestandener ärztlicher Staatsprüfung erfolgen kann, da es § 539 Abs. 1 Nr. 14 d gegenüber Nr. 14 c im Hinblick auf die freiere Entfaltungsmöglichkeit des Studierenden an der Hochschule nicht auf eine besondere Berufsbezogenheit – die hier im übrigen gegeben ist – abstellt. Die Promotion ist nach dem deutschen Bildungssystem nur an einer Hochschule möglich. Sie ist daher – was die Beklagte aber wohl auch Brackmann und Vollmar nicht bedenken – nur eine von vielen geschützten Hochschulveranstaltungen, ohne daß sie berufsnotwendig wäre.
Hiervon abgesehen, stellt sich die Promotion darüber hinaus zugleich als zusätzlicher Abschluß der Aus- und Fortbildung an der Hochschule dar. Es handelt sich um eine Prüfung, in der der Betreffende den Nachweis darüber führen soll, daß er im Stande ist, eine Frage von wissenschaftlicher Erkenntnis richtig zu erfassen und ihre Klärung zu fördern. Die Dissertation soll beweisen, daß der Bewerber befähigt ist, ein wissenschaftliches Problem selbständig und mit einwandfreier Methodik erfolgreich zu bearbeiten (vgl. §§ 1, 14 PO). Damit unterscheidet sich die Promotion nicht wesentlich von anderen Hochschul- oder Staatsprüfungen, auch wenn sich der mündliche Prüfungsteil der Promotion vor allem auf die wissenschaftliche Seite der Medizin sowie allgemeine medizinische und naturwissenschaftliche Fragen erstrecken soll und Detailprüfungen in einzelnen Fächern zu vermeiden sind (§ 46 PO). Maßgeblich ist, daß beide Prüfungen gleichen und hochschulbezogenen Zwecken wesentlich dienen. Die Aus- und/oder Fortbildung und die diese abschließenden Prüfungen haben nicht nur zum Ziel, dem Studierenden das nötige Wissen für die Ausübung seines Berufes in der freien Wirtschaft oder im öffentlichen Dienst zu vermitteln. Die Hochschule muß vielmehr auch bestrebt sein, qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs zu gewinnen, will sie ihren Auftrag, Forschung und Lehre zu betreiben, erfüllen. Das erfordert, daß sie neben den das Studium beendenden Abschlußprüfungen auch andere Hochschulexamina veranstaltet. Hierzu gehören die Promotion und auch die Habilitation. Daher kann der Versicherungsschutz auch nicht deshalb verneint werden, weil nach der Promotionsordnung ein Bewerber unter gewissen Voraussetzungen befugt ist, schon vor der Meldung zur Promotion veröffentlichte und völlig selbständig ohne Anleitung und ohne Benutzung der medizinischen Hilfsmittel eines Universitäts-Instituts oder einer Universitätsklinik gefertigte Arbeiten sowie medizinische Preisarbeiten der Universität Marburg vorzulegen (§§ 19, 20, 22 PO). Der Umstand allein, daß das Studium beendende Abschlußprüfungen im Gegensatz zur Promotion regelmäßig als Zulassungsvoraussetzungen zur Berufsausbildung erforderlich sind, rechtfertigt keine andere Betrachtungsweise. Wie bereits dargetan, ist die Berufsbezogenheit, wie sie § 539 Abs. 1 Nr. 14 c RVO verlangt, in der hier anwendenden Vorschrift der Nr. 14 d nicht Tatbestandsmerkmal Prüfungen an der Hochschule sind aber als Hochschulveranstaltungen unfallversicherungsgeschützt, (vgl. Vollmar, a.a.O. S. 21, Stichwort Aufnahmeprüfungen; Lauterbach a.a.O. Anm. 87 b unter Hinweis auf Anm. 86 b zu § 539 Nr. 14 RVO). Das bedeutet aber, daß ein Doktorand ebenso wie ein Studierender auch bei den hierzu erforderlichen Vorbereitungen arbeiten in Einrichtungen der Universität – wie hier – diesen Schutz genießt. Unversichert ist ein Doktorand und Studierender dagegen, der sich am Hochschulort aufhält und keine Hochschuleinrichtungen besucht, sondern sich z.B. lediglich im privaten häuslichen Bereich durch Nacharbeiten von Wissensstoff auf die Promotion oder eine Prüfung in der vorlesungsfreien Zeit vorbereitet oder am Hochschulort Repetitoren besucht. Das war hier aber, wie auch unter den Beteiligten unstreitig ist, nicht der Fall. Dahingestellt kann im vorliegenden Fall bleiben, ob ein Doktorand stets und überall versichert ist, sofern er nur an seiner Dissertation arbeitet, also auch z.B. zu Hause im Labor seines Vaters oder wenn er in Betrieben oder anderswo tatsächliche Feststellungen trifft, die er für seine Dissertation benötigt.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht nur dem Grunde nach zur Leistungsgewährung verurteilt, obwohl nicht eindeutig feststeht, welche Entschädigungsansprüche im einzelnen aus dem Arbeitsunfall für den Kläger erwachsen sind. Nach der Art der festgestellten Verletzungen und dem Umstand, daß er erst am 17. Mai 1972 aus der stationären Behandlung entlassen wurde, hat er jedenfalls mit begründeter Wahrscheinlichkeit einen Anspruch auf eine der in § 547 RVO angeführten Leistungen wenigstens in einer Mindesthöhe (vgl. BSG SozR SGG § 130 Bl. Da 4 Nr. 4).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 162 Abs. 1 Nr ... SGG.
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