Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 668/72
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt a.M. vom 26. Mai 1972 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des ihr erstatteten Verletztengeldspitzbetrages, den diese dem bei ihr gegen Krankheit versicherten C. F. (F.) am 19. März 1969 in Höhe von 1.528,50 DM ausgezahlt hat.
F. war am 5. November 1968 gegen 15.00 Uhr auf einer Baustelle, als er eine rd. 30 kg schwere Bohle trug, auf glattnassem und abschüssigen Rasen mit dem rechten Fuß ausrutschte und mit dem rechten Knie nach innen wegknickte. Er stand ohne fremde Hilfe auf, konnte aber nicht richtig auftreten und laufen; er hatte starke Schmerzen. Nach seinen Angaben und denen des Vorarbeiters U. bei der Ortspolizeibehörde in B. H. stellte er die Arbeit ein. Am folgenden Tag suchte F. den Durchgangsarzt Dr. S. auf, der nach seinem Bericht vom 5. Dezember 1968 einen unfallunabhängigen Kniebinnenschaden rechts mit Innenmeniskusschädigung und Morbus Hoffa diagnostizierte. Zur Vorgeschichte gab Dr. S. an, daß sich F. bereits am 23. Oktober 1968 wegen seit einem Monat bestehender Schmerzen im rechten Knie vorgestellt habe; F. habe damals eine zeitweise Anschwellung und Haltlosigkeit im rechten Knie angegeben. Dr. S. sah das Ereignis vom 5. November 1968 als "vorübergehende Verschlechterung durch Einklemmung” an. Er teilte mit, daß Verletzungsfolgen am rechten Knie weder bei der Erstuntersuchung am 23. Oktober 1968 noch in der Folgezeit festgestellt werden konnten. Der Durchgangsarztbericht werde verspätet erstattet, da von F. erst am 5. Dezember 1968 ein Arbeitsunfall behauptet worden sei. Die früheren Angaben und der Befund sprächen für einen vorbestehenden unfallunabhängigen degenerativen Kniebinnenschaden. Die Klägerin holte zunächst einen ausführlichen Krankheitsbericht von Dr. S. (Kreiskrankenhaus B. H.) vom 10. Januar 1969, wo sich der Kläger aus Anlaß einer Arthrotomie mit Resektion des rechten Innenmeniskus in der Zeit vom 7. bis 23. November 1968 aufgehalten hatte, ein. Danach ergab die histologische Untersuchung des Innenmeniskus eine starke Aufsplitterung des Grundgewebes an der Oberfläche. Dr. S. nahm einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 5. November 1968 an. Zur Vorgeschichte habe F. angegeben, daß er bereits 3 Jahre vor dem Unfall beim Fußballspielen starke Schmerzen über dem inneren Kniegelenkspalt verspürt habe, die Beschwerden sich aber nach kurzer Zeit gebessert hätten. Da sich in der Folgezeit der Zustand am rechten Knie nicht besserte, begab sich F. in der Zeit vom 10. Januar 1969 bis 8. Februar 1969 in stationäre Behandlung der Orthopädischen Klinik in K ... Nach dem Bericht dieser Klinik an Dr. S. vom 10. Februar 1969 ergab die dort am 17. Januar 1969 durchgeführte Arthrotomie des rechten Kniegelenkes einen Abriß des Vorderhornes des lateralen Meniskus und des ganzen Hinterhornes des medialen Meniskus. Nach dem histologischen Befund lag eine mukoidcystische Meniskopathie mit mesenchymalen Reaktionen des Meniskus lateralis vor. Es fand sich ein medialer Meniskusriß mit umfangreichen Histiocytenproliferationen und Eisenpigmentablagerungen. Das synoviale Fettgewebe war stärkergradig fibrosiert, vermehrt kapillarisiert und locker chronisch unspezifisch entzündlich infiltriert. Die Klägerin holte das Zusammenhangsgutachten des Orthopäden Dr. SX. vom 12. Mai 1969 ein. Dieser Arzt kam unter Berücksichtigung der Vorgeschichte, des Unfallereignisses und der histologischen Befunde zu dem Ergebnis, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 5. November 1968 und dem Meniskusschaden am rechten Knie zu verneinen sei.
Bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 1968 hatte die Beklagte unter Bezugnahme auf den Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 5. Dezember 1968 bei der Klägerin angefragt, ob ein Unfallereignis anerkannt werde und F. der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden könne. Mit formularmäßiger Postkarte vom 16. Dezember 1968 teilte die Klägerin hierauf der Beklagten mit, daß ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien; sie werde, sobald dies der Fall sei, das Schreiben vom 10. Dezember 1968 erledigen. Am 13. Januar 1969 erhielt die Beklagte auf Anforderung den Bericht des Dr. S. vom 10. Januar 1969, wonach dieser nach der erfolgten Arthrotomie im Kreiskrankenhaus B. H. am 11. November 1968 den Unfallzusammenhang mit dem Ereignis vom 5. November 1968 bejahte. Er teilte gleichzeitig mit, daß ein ausführlicher Bericht an die zuständige Bau-BG, die Klägerin, abgegangen sei. Am 18. Januar 1969 erhielt die Beklagte von der orthopädischen Klinik K. den Bericht, daß F. dort stationär wegen des Verdachtes auf Außenmeniskusläsion rechts behandelt werde und eine Operation erforderlich sei. In einer weiteren Mitteilung dieser Klinik, die bei der Beklagten am 11. Februar 1969 einging, wurde diese über die Entlassung des F. nach erfolgter Operation wegen einer Außenmeniskusläsion rechts unterrichtet. Am 17. März 1969 teilte Dr. S. der Beklagten mit, daß F. ab 20. März 1969 wieder arbeitsfähig sein werde.
Am 19. März 1969 zahlte nunmehr die Beklagte den Verletztengeldspitzbetrag an F. aus. Die Klägerin erstattete neben anderen Forderungen diesen Betrag auf die vorgelegten Abrechnungen des Erstattungsanspruches vom 9. und 30. April 1969. Nachdem ihr das Gutachten des Dr. SX. vom 12. Mai 1969 am folgenden Tage zugegangen war, forderte sie mit Schreiben vom 16. Mai 1969 die Beklagte zur Rückzahlung der ihr erstatteten Beträge einschließlich des Verletztengeldspitzbetrages auf. Die Beklagte erstattete der Klägerin mit Ausnahme des Verletztengeldspitzbetrages die von der Klägerin erbrachten Leistungen. Mit Schreiben vom 10. November 1969 teilte sie der Klägerin mit, daß auch sie zwischen den Verletzungen am rechten Knie und dem Ereignis vom 5. November 1968 keinen Unfallzusammenhang sehe. Die Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages lehnte sie jedoch mit der Begründung ab, daß dieser weder vorsätzlich noch grobfahrlässig zu Unrecht an F. ausgezahlt worden sei.
Hierauf erhob die Klägerin bei dem Sozialgericht Fulda Klage. Das Sozialgericht Fulda wies mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 6. Oktober 1970 die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit als unzulässig ab.
Nunmehr hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Frankfurt/M. – SG – am 11. Januar 1971 erneut Zahlungsklage erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 26. Mai 1972 die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.528,50 DM zurückzuzahlen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19. Juni 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. Juli 1972 Berufung eingelegt.
Sie bringt vor: Das SG habe sie zu Unrecht zur Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages verurteilt. Die Meniskusschädigung rechts beruhe nämlich nicht nur auf einer Gelegenheitsursache. Das Ereignis vom 5. November 1968 sei vielmehr für F. die rechtlich wesentliche Ursache der Schädigung gewesen. Die Umstände des Geschehens vor und nach dem Unfall, was das SG übersehen habe, erfüllten alle Voraussetzungen für die Anerkennung einer unfallbedingten Meniskusschädigung, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt worden seien. Im übrigen habe sie bei Auszahlung des Verletztengeldspitzbetrages entsprechend der Verwaltungsvereinbarung der Spitzenverbände der Träger der Unfallversicherung und der Krankenkassen über die Berechnung und Zahlung des Verletztengeldes vom 28. Juni 1963 – kurz: Verwaltungsvereinbarung – gehandelt. Danach sei sie zur Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages nur verpflichtet, wenn sie ihn grobfahrlässig ausgezahlt habe. Mangels einer eindeutigen Anweisung der Klägerin und nach den ihr bis zum 19. März 1969 vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere nach dem Bericht des Dr. S. vom 10. Januar 1969 habe sie einen Unfallzusammenhang annehmen dürfen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. Mai 1972 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus: Das SG habe sich mit der Frage des Unfallzusammenhanges nicht auseinanderzusetzen brauchen, da die Beklagte bisher selbst davon ausgegangen sei, daß das Ereignis vom 5. November 1968 keine wesentliche Ursache gewesen sei. Dies werde insbesondere durch das Gutachten des Dr. SX. vom 12. Mai 1969 bestätigt. Im übrigen habe die Beklagte den Verletztengeldspitzbetrag zu Unrecht vorsätzlich an F. ausgezahlt. Eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung habe nicht stattgefunden. Auf die Verwaltungsvereinbarung könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie hiernach nicht verfahren sei. Sie habe vielmehr von sich aus angefragt, ob ein Arbeitsunfall anerkannt werde und von ihr der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden könne. Damit habe sie die Entscheidung hierüber von der Verwaltungsvereinbarung abweichend in das Bestimmungsrecht der Berufsgenossenschaft zurückgegeben. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1968 habe sie der Beklagten aber mitgeteilt, daß eine Entscheidung erst nach dem Abschluß weiterer Ermittlungen getroffen werde. Wenn die Beklagte gleichwohl das Verletztengeld ausgezahlt habe, so habe sie damit vorsätzlich und nicht nur leicht fahrlässig gehandelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der Beteiligten und des Sozialgerichts Fulda (S-3b/Kr – 3/70) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG) ergangene sozialgerichtliche Urteil ist nicht zu beanstanden.
Der zulässig erhobenen Klage steht nicht die Rechtskraftwirkung des klageabweisenden Urteils des Sozialgerichts Fulda vom 6. Oktober 1970 über den gleichen Streitgegenstand entgegen, da das Sozialgericht Fulda die Klage nicht in der Sache selbst, sondern nur aus prozessualen Gründen abgewiesen hat. Gemäß § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Das Sozialgericht Fulda hat ausweislich der Entscheidungsgründe nur darüber entschieden, daß die Prozessvoraussetzungen der örtlichen Zuständigkeit fehlen. Nur insoweit sind die Beteiligten gebunden (vgl. statt vieler: Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 3 b, S. II/253 zu § 141 SGG mit weiteren Hinweisen).
Die Klägerin kann mit Recht den der Beklagten erstatteten Verletztengeldspitzbetrag für F. zurückverlangen. Es handelt sich hierbei um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (kurz: Rückerstattungsanspruch) eines der Beklagten vermeintlich zustehenden und auch befriedigten Ausgleichsanspruch nach § 1504 RVO (vgl. BSG, Urt. v. 18. Dezember 1969 – 2 RU 155/67 – in SozR Nr. 21 zu § 29 RVO = WzS 1970/179).
Zunächst ist festzustellen, daß – entgegen der Ansicht der Beklagten – nach dem Unfallhergang, der Vorgeschichte und den erhobenen Befunden die Meniskusschädigung des F. am rechten Knie nicht mit Wahrscheinlichkeit auf einem als Arbeitsunfall zu qualifizierenden Ereignis beruhte. Das Geschehen vom 5. November 1968 war nicht geeignet, eine Meniskuszerreißung herbeizuführen. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, denen sich der erkennende Senat wiederholt angeschlossen hat (vgl. zuletzt Urteil vom 8. März 1973, L-3/U –282/71), wird eine Meniskusschädigung als Arbeitsunfall nur dann anerkannt, wenn eine erhebliche Gewalteinwirkung vorgelegen hat. Außerdem wird als wichtigste Bedingung in dem wegweisenden medizinischen Schrifttum herausgestellt, daß die zur Verletzung eines vorher gesunden Meniskus geeignete Gewalteinwirkung im allgemeinen indirekt und verwindend das gebeugte und belastete Kniegelenk trifft und sofort eindrucksvolle Symptome hervortreten (vgl. Schönberger, Der Arbeitsunfall im Blickpunkt spezieller Tatbestände, VII 3 f. aa. – dd. S. 145–148 unter besonderem Hinweis Bürkle de la Camp und Böhler; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 15 zu § 548 RVO, S. 208/1; OVA Augsburg, Urt. v. 30.1.1952 – G-11/51; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 9.11.1955 – II Ua 1125/53; Bayr. LSG, Urt. v. 29.2.1956 – Ua 194/54 e; LSG Niedersachsen Urt. v. 13.9.1956 und vom 25. April 1957 – L-11/U – 193/54 und 890/54, LSG Hamburg, Urt. v. 23.10.1956 – UBF 81/55 – sämtliche mitgeteilt von Lob-Assanger-Probat in Sozialgerichtliche Entscheidungen über den Zusammenhang zwischen Unfall und Erkrankungen 1958; BSG Urt. v. 26.9.1961 – 2 RU 209/59 – in SozR Nr. 47 zu § 542 RVO). Der Unfallzusammenhang ist dann zu verneinen, wenn der Meniskusschaden gewissermaßen nur bei Gelegenheit der betrieblichen Tätigkeit aufgetreten ist, d.h., wenn er auch bei jeder anderen alltäglichen Beschäftigung eingetreten wäre. Dann liegt eine sogenannte Gelegenheitsursache vor (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 17.1.1956; BSG BG 1961 S. 222; Lauterbach a.a.O., Anm. 10 zu § 548 RVO). Das ist hier aber der Fall gewesen, als F. am 5. November 1968 auf nassem, rutschigem und abschüssigen Rasen eine Holzbohle von rd. 30 kg Schwere tragend mit dem rechten Fuß ausrutschte und mit dem rechten Knie nach innen wegknickte. Nach seinen Angaben und denen des Vorarbeiters Ulrich vor der Ortspolizeibehörde in B. H. sind zwar sofort Schmerzen aufgetreten. Er hat auch die Arbeit eingestellt. Der Unfallhergang weist aber nicht die Merkmale, wie sie für die Anerkennung einer Meniskusschädigung erforderlich sind, aus. Insbesondere fehlt es an einer Verwindung des Kniegelenkes bei fixiertem Fuß. Die Beklagte übersieht zudem, daß nach der Vorgeschichte bereits ein degenerierter Meniskus am rechten Knie vorgelegen hat. F. war wegen entsprechender Beschwerden bereits am 23. Oktober 1968 in die ärztliche Behandlung des Orthopäden und Durchgangsarztes Dr. S. gegangen, und hatte damals über Schmerzen und Haltlosigkeit im rechten Knie geklagt. Dr. S., dem das Unfallereignis vom 5. November 1968 bei der erneuten Vorstellung am folgenden Tag unbekannt war, hat daher auch keinen Unfallzusammenhang, sondern einen degenerativen Kniebinnenschaden angenommen. Bei der später erfolgten stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus B. H. hat der Kläger zudem zur Vorgeschichte angegeben, daß er 3 Jahre vor dem Ereignis beim Fußballspielen starke Schmerzen im inneren Kniegelenkspalt, die sich nach kurzer Zeit zurückgebildet hätten, verspürt habe. Sowohl der histologische Befund des exstirpierten Meniskus bei der Athrotomie im Kreiskrankenhaus B. H. als auch später in der Orthopädischen Klinik K. hat eine starke Aufsplitterung des Grundgewebes mit synovialen Entzündungen ergeben. Da nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. bei der Untersuchung am Tage nach dem Ereignis auch keine äußerlichen Verletzungsfolgen gefunden werden konnten, ist daher kein ursächlicher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Dr. SX. hat dies in seinem Gutachten vom 12. Mai 1969 überzeugend näher begründet. Dr. SX. hat sich dieser Auffassung in seiner Stellungnahme an die Beklagte vom 25. Oktober 1969 schließlich angeschlossen. Auch er geht nunmehr davon aus, daß eindeutige degenerative Veränderungen vorgelegen haben. Das hat auch die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 10. November 1969 anerkannt und, bis auf den Verletztengeldspitzbetrag, die von der Klägerin auf die Ersatzkostenrechnung vom 9. April 1969 erstatteten Leistungen zurückgezahlt. Wenn sie nunmehr im streitigen Verfahren behauptet, daß das Ereignis vom 5. November 1968 als wesentliche Teilursache für die Meniskusschädigung anzusehen sei, so setzt sie sich damit auch in Gegensatz zu ihrem bisherigen Verhalten.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Verwaltungsvereinbarung vom 28. Juni 1963 in der Fassung der 4. Änderungsvereinbarung vom 10. November 1967 und der hierzu gegebenen gemeinsamen Erläuterungen (Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V. VB 57/68 vom 1. April 1968). Danach wird das Verletztengeld aus einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung von den Krankenkassen unmittelbar berechnet und im Auftrage der Berufsgenossenschaften ausgezahlt. Hat eine Krankenkasse im Auftrage einer Berufsgenossenschaft den Unterschiedsbetrag des Verletztengeldes (Verletztengeldspitzbetrag) gezahlt und stellt sich nachträglich heraus, daß kein Arbeitsunfall vorliegt, so erstattet die Berufsgenossenschaft gleichwohl diesen Betrag (vgl. I Nr. 1 und 3 der Verwaltungsvereinbarung und Nr. 2 und der gemeinsamen Erläuterung). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Ausweislich der Akten hat die Klägerin keinen Auftrag zur Zahlung des Verletztengeldes gegeben. Hierzu würde es genügt haben, wenn sie aufgrund der Meniskusschädigung des F. die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung angeordnet hätte, wobei insoweit eine entsprechende durchgangsärztliche Entscheidung ausgereicht haben würde (vgl. BSG, Urt. vom 14.12.1967, 2 RU 196/66). Das ist indessen nicht der Fall. Durchgangsarzt Dr. S. hat, wie der Durchgangsarztbericht vom 5. Dezember 1968 zeigt, den F. nicht in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung genommen. Eine solche Anordnung ist auch später nicht erfolgt. Es bestanden vielmehr nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. von Anfang an zumindest Zweifel darüber, ob ein Unfallzusammenhang anzunehmen sei. Die Beklagte hat daher zunächst auch folgerichtig mit Schreiben vom 10. Dezember 1968 bei der Klägerin angefragt, ob ein Unfallereignis anerkannt werde und ob sie den Verletztengeldspitzbetrag auszahlen könne. Sie ist damit von der üblichen Verwaltungspraxis aufgrund der Verwaltungsvereinbarung abgegangen und hat das Bestimmungsrecht hierüber der Berufsgenossenschaft zurückgegeben. Diese hat ihrerseits auch ausreichend zu erkennen gegeben, daß sie hiervon Gebrauch machen werde. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1968 hat die der Beklagten mitgeteilt, das Schreiben vom 10. Dezember 1968 nach Abschluß weiterer Ermittlungen erledigen zu wollen. Die Beklagte hat offensichtlich auf Grund dieses Schreibens zunächst auch den Verletztengeldspitzbetrag nicht an F. ausgezahlt und damit von dem ihr allgemein auf Grund der Verwaltungsvereinbarung erteilten Auftrag auf Auszahlung auch dieses Betrages keinen Gebrauch gemacht, sondern die Entscheidung der Klägerin nach deren weiteren Ermittlungen abgewartet. Wenn sie gleichwohl am 19. März 1969 den Verletztengeldspitzbetrag an F. auszahlte, so handelte sie hierbei zumindest grobfahrlässig. Grobfahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt, d.h., wer nicht das beachtet, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muß, und hierbei einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt (vgl. Palandt-Denckelmann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Anm. 2 zu § 277 BGB). Die Beklagte durfte nicht einfach den Verletztengeldspitzbetrag an F. auszahlen, nachdem sie insoweit das Bestimmungsrecht der Klägerin mit der Anfrage vom 10. Dezember 1968 zurückgegeben und diese eine Entscheidung angekündigt hatte. Aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. war ihr bekannt, daß dieser Arzt einen Unfallzusammenhang verneint hatte. Es genügte daher nicht, wenn sie sich auf die kurze Mitteilung des Dr. S. vom 10. Januar 1969 und dessen Annahme eines Unfallzusammenhanges stützte. Dr. S., der eine gegensätzliche Meinung im Hinblick auf den Durchgangsarztbericht äußerte, wies darauf hin, daß ein ausführlicher Fragebogen an die zuständige Berufsgenossenschaft, die Klägerin, abgesandt worden sei. Die einfachste und naheliegendste Überlegung wäre nunmehr gewesen, bei der Klägerin erneut anzufragen, ob der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden dürfe. Der Beklagten war auch am 19. März 1969 bekannt, daß F. wegen erneuter Beschwerden im rechten Knie nochmals operiert worden war. Aus den Mitteilungen der Orthopädischen Klinik K. vom Januar und Februar 1969 ergibt sich, daß eine weitere Arthrotomie hinsichtlich einer Außenmeniskusläsion rechts vorgenommen worden war. Wenn die Beklagte schon von sich aus die Entscheidung, das Verletztengeld auszuzahlen, wieder an sich ziehen wollte, so hätte es nahegelegen, einen histologischen Befundbericht und einen Bericht über die Operation im Orthopädischen Krankenhaus beizuziehen und ggf. ein Gutachten zur Zusammenhangsfrage einzuholen. Gerade bei Meniscusverletzungen, die bekannterweise immer wieder zu Streitigkeiten vor den Gerichten des Sozialgerichtsbarkeit führen, hätte sie sich zu weiterer Sachaufklärung und besonders sorgfältiger Bearbeitung des Falles veranlaßt sehen müssen, wozu sie auch deshalb alle Veranlassung hatte, weil Dr. S. bereits in seinem Durchgangsarztbericht auf eine Vorerkrankung im rechten Knie des F. hingewiesen hatte. Sie hat daher nicht nur leicht fahrlässig gehandelt, was die Rückerstattung des ersetzten Verletztengeldspitzbetrages ausschließen würde (vgl. Nr. 10 der gemeinsamen Erläuterungen nach VB 57/68), sondern zumindest grobfahrlässig.
Nach alledem ist daher der Rückerstattungsanspruch der Klägerin begründet; die Berufung war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da gesetzliche Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückzahlung des ihr erstatteten Verletztengeldspitzbetrages, den diese dem bei ihr gegen Krankheit versicherten C. F. (F.) am 19. März 1969 in Höhe von 1.528,50 DM ausgezahlt hat.
F. war am 5. November 1968 gegen 15.00 Uhr auf einer Baustelle, als er eine rd. 30 kg schwere Bohle trug, auf glattnassem und abschüssigen Rasen mit dem rechten Fuß ausrutschte und mit dem rechten Knie nach innen wegknickte. Er stand ohne fremde Hilfe auf, konnte aber nicht richtig auftreten und laufen; er hatte starke Schmerzen. Nach seinen Angaben und denen des Vorarbeiters U. bei der Ortspolizeibehörde in B. H. stellte er die Arbeit ein. Am folgenden Tag suchte F. den Durchgangsarzt Dr. S. auf, der nach seinem Bericht vom 5. Dezember 1968 einen unfallunabhängigen Kniebinnenschaden rechts mit Innenmeniskusschädigung und Morbus Hoffa diagnostizierte. Zur Vorgeschichte gab Dr. S. an, daß sich F. bereits am 23. Oktober 1968 wegen seit einem Monat bestehender Schmerzen im rechten Knie vorgestellt habe; F. habe damals eine zeitweise Anschwellung und Haltlosigkeit im rechten Knie angegeben. Dr. S. sah das Ereignis vom 5. November 1968 als "vorübergehende Verschlechterung durch Einklemmung” an. Er teilte mit, daß Verletzungsfolgen am rechten Knie weder bei der Erstuntersuchung am 23. Oktober 1968 noch in der Folgezeit festgestellt werden konnten. Der Durchgangsarztbericht werde verspätet erstattet, da von F. erst am 5. Dezember 1968 ein Arbeitsunfall behauptet worden sei. Die früheren Angaben und der Befund sprächen für einen vorbestehenden unfallunabhängigen degenerativen Kniebinnenschaden. Die Klägerin holte zunächst einen ausführlichen Krankheitsbericht von Dr. S. (Kreiskrankenhaus B. H.) vom 10. Januar 1969, wo sich der Kläger aus Anlaß einer Arthrotomie mit Resektion des rechten Innenmeniskus in der Zeit vom 7. bis 23. November 1968 aufgehalten hatte, ein. Danach ergab die histologische Untersuchung des Innenmeniskus eine starke Aufsplitterung des Grundgewebes an der Oberfläche. Dr. S. nahm einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Unfallereignis vom 5. November 1968 an. Zur Vorgeschichte habe F. angegeben, daß er bereits 3 Jahre vor dem Unfall beim Fußballspielen starke Schmerzen über dem inneren Kniegelenkspalt verspürt habe, die Beschwerden sich aber nach kurzer Zeit gebessert hätten. Da sich in der Folgezeit der Zustand am rechten Knie nicht besserte, begab sich F. in der Zeit vom 10. Januar 1969 bis 8. Februar 1969 in stationäre Behandlung der Orthopädischen Klinik in K ... Nach dem Bericht dieser Klinik an Dr. S. vom 10. Februar 1969 ergab die dort am 17. Januar 1969 durchgeführte Arthrotomie des rechten Kniegelenkes einen Abriß des Vorderhornes des lateralen Meniskus und des ganzen Hinterhornes des medialen Meniskus. Nach dem histologischen Befund lag eine mukoidcystische Meniskopathie mit mesenchymalen Reaktionen des Meniskus lateralis vor. Es fand sich ein medialer Meniskusriß mit umfangreichen Histiocytenproliferationen und Eisenpigmentablagerungen. Das synoviale Fettgewebe war stärkergradig fibrosiert, vermehrt kapillarisiert und locker chronisch unspezifisch entzündlich infiltriert. Die Klägerin holte das Zusammenhangsgutachten des Orthopäden Dr. SX. vom 12. Mai 1969 ein. Dieser Arzt kam unter Berücksichtigung der Vorgeschichte, des Unfallereignisses und der histologischen Befunde zu dem Ergebnis, daß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Ereignis vom 5. November 1968 und dem Meniskusschaden am rechten Knie zu verneinen sei.
Bereits mit Schreiben vom 10. Dezember 1968 hatte die Beklagte unter Bezugnahme auf den Durchgangsarztbericht des Dr. S. vom 5. Dezember 1968 bei der Klägerin angefragt, ob ein Unfallereignis anerkannt werde und F. der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden könne. Mit formularmäßiger Postkarte vom 16. Dezember 1968 teilte die Klägerin hierauf der Beklagten mit, daß ihre Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien; sie werde, sobald dies der Fall sei, das Schreiben vom 10. Dezember 1968 erledigen. Am 13. Januar 1969 erhielt die Beklagte auf Anforderung den Bericht des Dr. S. vom 10. Januar 1969, wonach dieser nach der erfolgten Arthrotomie im Kreiskrankenhaus B. H. am 11. November 1968 den Unfallzusammenhang mit dem Ereignis vom 5. November 1968 bejahte. Er teilte gleichzeitig mit, daß ein ausführlicher Bericht an die zuständige Bau-BG, die Klägerin, abgegangen sei. Am 18. Januar 1969 erhielt die Beklagte von der orthopädischen Klinik K. den Bericht, daß F. dort stationär wegen des Verdachtes auf Außenmeniskusläsion rechts behandelt werde und eine Operation erforderlich sei. In einer weiteren Mitteilung dieser Klinik, die bei der Beklagten am 11. Februar 1969 einging, wurde diese über die Entlassung des F. nach erfolgter Operation wegen einer Außenmeniskusläsion rechts unterrichtet. Am 17. März 1969 teilte Dr. S. der Beklagten mit, daß F. ab 20. März 1969 wieder arbeitsfähig sein werde.
Am 19. März 1969 zahlte nunmehr die Beklagte den Verletztengeldspitzbetrag an F. aus. Die Klägerin erstattete neben anderen Forderungen diesen Betrag auf die vorgelegten Abrechnungen des Erstattungsanspruches vom 9. und 30. April 1969. Nachdem ihr das Gutachten des Dr. SX. vom 12. Mai 1969 am folgenden Tage zugegangen war, forderte sie mit Schreiben vom 16. Mai 1969 die Beklagte zur Rückzahlung der ihr erstatteten Beträge einschließlich des Verletztengeldspitzbetrages auf. Die Beklagte erstattete der Klägerin mit Ausnahme des Verletztengeldspitzbetrages die von der Klägerin erbrachten Leistungen. Mit Schreiben vom 10. November 1969 teilte sie der Klägerin mit, daß auch sie zwischen den Verletzungen am rechten Knie und dem Ereignis vom 5. November 1968 keinen Unfallzusammenhang sehe. Die Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages lehnte sie jedoch mit der Begründung ab, daß dieser weder vorsätzlich noch grobfahrlässig zu Unrecht an F. ausgezahlt worden sei.
Hierauf erhob die Klägerin bei dem Sozialgericht Fulda Klage. Das Sozialgericht Fulda wies mit inzwischen rechtskräftigem Urteil vom 6. Oktober 1970 die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit als unzulässig ab.
Nunmehr hat die Klägerin bei dem Sozialgericht Frankfurt/M. – SG – am 11. Januar 1971 erneut Zahlungsklage erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 26. Mai 1972 die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.528,50 DM zurückzuzahlen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 19. Juni 1972 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 13. Juli 1972 Berufung eingelegt.
Sie bringt vor: Das SG habe sie zu Unrecht zur Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages verurteilt. Die Meniskusschädigung rechts beruhe nämlich nicht nur auf einer Gelegenheitsursache. Das Ereignis vom 5. November 1968 sei vielmehr für F. die rechtlich wesentliche Ursache der Schädigung gewesen. Die Umstände des Geschehens vor und nach dem Unfall, was das SG übersehen habe, erfüllten alle Voraussetzungen für die Anerkennung einer unfallbedingten Meniskusschädigung, wie sie von der Rechtsprechung entwickelt worden seien. Im übrigen habe sie bei Auszahlung des Verletztengeldspitzbetrages entsprechend der Verwaltungsvereinbarung der Spitzenverbände der Träger der Unfallversicherung und der Krankenkassen über die Berechnung und Zahlung des Verletztengeldes vom 28. Juni 1963 – kurz: Verwaltungsvereinbarung – gehandelt. Danach sei sie zur Rückzahlung des Verletztengeldspitzbetrages nur verpflichtet, wenn sie ihn grobfahrlässig ausgezahlt habe. Mangels einer eindeutigen Anweisung der Klägerin und nach den ihr bis zum 19. März 1969 vorliegenden medizinischen Unterlagen, insbesondere nach dem Bericht des Dr. S. vom 10. Januar 1969 habe sie einen Unfallzusammenhang annehmen dürfen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt/Main vom 26. Mai 1972 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus: Das SG habe sich mit der Frage des Unfallzusammenhanges nicht auseinanderzusetzen brauchen, da die Beklagte bisher selbst davon ausgegangen sei, daß das Ereignis vom 5. November 1968 keine wesentliche Ursache gewesen sei. Dies werde insbesondere durch das Gutachten des Dr. SX. vom 12. Mai 1969 bestätigt. Im übrigen habe die Beklagte den Verletztengeldspitzbetrag zu Unrecht vorsätzlich an F. ausgezahlt. Eine berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung habe nicht stattgefunden. Auf die Verwaltungsvereinbarung könne sich die Beklagte nicht berufen, da sie hiernach nicht verfahren sei. Sie habe vielmehr von sich aus angefragt, ob ein Arbeitsunfall anerkannt werde und von ihr der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden könne. Damit habe sie die Entscheidung hierüber von der Verwaltungsvereinbarung abweichend in das Bestimmungsrecht der Berufsgenossenschaft zurückgegeben. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1968 habe sie der Beklagten aber mitgeteilt, daß eine Entscheidung erst nach dem Abschluß weiterer Ermittlungen getroffen werde. Wenn die Beklagte gleichwohl das Verletztengeld ausgezahlt habe, so habe sie damit vorsätzlich und nicht nur leicht fahrlässig gehandelt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akten der Beteiligten und des Sozialgerichts Fulda (S-3b/Kr – 3/70) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig.
Sie ist jedoch unbegründet. Das auf die Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG) ergangene sozialgerichtliche Urteil ist nicht zu beanstanden.
Der zulässig erhobenen Klage steht nicht die Rechtskraftwirkung des klageabweisenden Urteils des Sozialgerichts Fulda vom 6. Oktober 1970 über den gleichen Streitgegenstand entgegen, da das Sozialgericht Fulda die Klage nicht in der Sache selbst, sondern nur aus prozessualen Gründen abgewiesen hat. Gemäß § 141 Abs. 1 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Das Sozialgericht Fulda hat ausweislich der Entscheidungsgründe nur darüber entschieden, daß die Prozessvoraussetzungen der örtlichen Zuständigkeit fehlen. Nur insoweit sind die Beteiligten gebunden (vgl. statt vieler: Peters-Sautter-Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, Anm. 3 b, S. II/253 zu § 141 SGG mit weiteren Hinweisen).
Die Klägerin kann mit Recht den der Beklagten erstatteten Verletztengeldspitzbetrag für F. zurückverlangen. Es handelt sich hierbei um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (kurz: Rückerstattungsanspruch) eines der Beklagten vermeintlich zustehenden und auch befriedigten Ausgleichsanspruch nach § 1504 RVO (vgl. BSG, Urt. v. 18. Dezember 1969 – 2 RU 155/67 – in SozR Nr. 21 zu § 29 RVO = WzS 1970/179).
Zunächst ist festzustellen, daß – entgegen der Ansicht der Beklagten – nach dem Unfallhergang, der Vorgeschichte und den erhobenen Befunden die Meniskusschädigung des F. am rechten Knie nicht mit Wahrscheinlichkeit auf einem als Arbeitsunfall zu qualifizierenden Ereignis beruhte. Das Geschehen vom 5. November 1968 war nicht geeignet, eine Meniskuszerreißung herbeizuführen. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen, denen sich der erkennende Senat wiederholt angeschlossen hat (vgl. zuletzt Urteil vom 8. März 1973, L-3/U –282/71), wird eine Meniskusschädigung als Arbeitsunfall nur dann anerkannt, wenn eine erhebliche Gewalteinwirkung vorgelegen hat. Außerdem wird als wichtigste Bedingung in dem wegweisenden medizinischen Schrifttum herausgestellt, daß die zur Verletzung eines vorher gesunden Meniskus geeignete Gewalteinwirkung im allgemeinen indirekt und verwindend das gebeugte und belastete Kniegelenk trifft und sofort eindrucksvolle Symptome hervortreten (vgl. Schönberger, Der Arbeitsunfall im Blickpunkt spezieller Tatbestände, VII 3 f. aa. – dd. S. 145–148 unter besonderem Hinweis Bürkle de la Camp und Böhler; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 15 zu § 548 RVO, S. 208/1; OVA Augsburg, Urt. v. 30.1.1952 – G-11/51; LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 9.11.1955 – II Ua 1125/53; Bayr. LSG, Urt. v. 29.2.1956 – Ua 194/54 e; LSG Niedersachsen Urt. v. 13.9.1956 und vom 25. April 1957 – L-11/U – 193/54 und 890/54, LSG Hamburg, Urt. v. 23.10.1956 – UBF 81/55 – sämtliche mitgeteilt von Lob-Assanger-Probat in Sozialgerichtliche Entscheidungen über den Zusammenhang zwischen Unfall und Erkrankungen 1958; BSG Urt. v. 26.9.1961 – 2 RU 209/59 – in SozR Nr. 47 zu § 542 RVO). Der Unfallzusammenhang ist dann zu verneinen, wenn der Meniskusschaden gewissermaßen nur bei Gelegenheit der betrieblichen Tätigkeit aufgetreten ist, d.h., wenn er auch bei jeder anderen alltäglichen Beschäftigung eingetreten wäre. Dann liegt eine sogenannte Gelegenheitsursache vor (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. 17.1.1956; BSG BG 1961 S. 222; Lauterbach a.a.O., Anm. 10 zu § 548 RVO). Das ist hier aber der Fall gewesen, als F. am 5. November 1968 auf nassem, rutschigem und abschüssigen Rasen eine Holzbohle von rd. 30 kg Schwere tragend mit dem rechten Fuß ausrutschte und mit dem rechten Knie nach innen wegknickte. Nach seinen Angaben und denen des Vorarbeiters Ulrich vor der Ortspolizeibehörde in B. H. sind zwar sofort Schmerzen aufgetreten. Er hat auch die Arbeit eingestellt. Der Unfallhergang weist aber nicht die Merkmale, wie sie für die Anerkennung einer Meniskusschädigung erforderlich sind, aus. Insbesondere fehlt es an einer Verwindung des Kniegelenkes bei fixiertem Fuß. Die Beklagte übersieht zudem, daß nach der Vorgeschichte bereits ein degenerierter Meniskus am rechten Knie vorgelegen hat. F. war wegen entsprechender Beschwerden bereits am 23. Oktober 1968 in die ärztliche Behandlung des Orthopäden und Durchgangsarztes Dr. S. gegangen, und hatte damals über Schmerzen und Haltlosigkeit im rechten Knie geklagt. Dr. S., dem das Unfallereignis vom 5. November 1968 bei der erneuten Vorstellung am folgenden Tag unbekannt war, hat daher auch keinen Unfallzusammenhang, sondern einen degenerativen Kniebinnenschaden angenommen. Bei der später erfolgten stationären Behandlung im Kreiskrankenhaus B. H. hat der Kläger zudem zur Vorgeschichte angegeben, daß er 3 Jahre vor dem Ereignis beim Fußballspielen starke Schmerzen im inneren Kniegelenkspalt, die sich nach kurzer Zeit zurückgebildet hätten, verspürt habe. Sowohl der histologische Befund des exstirpierten Meniskus bei der Athrotomie im Kreiskrankenhaus B. H. als auch später in der Orthopädischen Klinik K. hat eine starke Aufsplitterung des Grundgewebes mit synovialen Entzündungen ergeben. Da nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. bei der Untersuchung am Tage nach dem Ereignis auch keine äußerlichen Verletzungsfolgen gefunden werden konnten, ist daher kein ursächlicher Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen. Dr. SX. hat dies in seinem Gutachten vom 12. Mai 1969 überzeugend näher begründet. Dr. SX. hat sich dieser Auffassung in seiner Stellungnahme an die Beklagte vom 25. Oktober 1969 schließlich angeschlossen. Auch er geht nunmehr davon aus, daß eindeutige degenerative Veränderungen vorgelegen haben. Das hat auch die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 10. November 1969 anerkannt und, bis auf den Verletztengeldspitzbetrag, die von der Klägerin auf die Ersatzkostenrechnung vom 9. April 1969 erstatteten Leistungen zurückgezahlt. Wenn sie nunmehr im streitigen Verfahren behauptet, daß das Ereignis vom 5. November 1968 als wesentliche Teilursache für die Meniskusschädigung anzusehen sei, so setzt sie sich damit auch in Gegensatz zu ihrem bisherigen Verhalten.
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf die Verwaltungsvereinbarung vom 28. Juni 1963 in der Fassung der 4. Änderungsvereinbarung vom 10. November 1967 und der hierzu gegebenen gemeinsamen Erläuterungen (Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V. VB 57/68 vom 1. April 1968). Danach wird das Verletztengeld aus einer krankenversicherungspflichtigen Beschäftigung von den Krankenkassen unmittelbar berechnet und im Auftrage der Berufsgenossenschaften ausgezahlt. Hat eine Krankenkasse im Auftrage einer Berufsgenossenschaft den Unterschiedsbetrag des Verletztengeldes (Verletztengeldspitzbetrag) gezahlt und stellt sich nachträglich heraus, daß kein Arbeitsunfall vorliegt, so erstattet die Berufsgenossenschaft gleichwohl diesen Betrag (vgl. I Nr. 1 und 3 der Verwaltungsvereinbarung und Nr. 2 und der gemeinsamen Erläuterung). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Ausweislich der Akten hat die Klägerin keinen Auftrag zur Zahlung des Verletztengeldes gegeben. Hierzu würde es genügt haben, wenn sie aufgrund der Meniskusschädigung des F. die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung angeordnet hätte, wobei insoweit eine entsprechende durchgangsärztliche Entscheidung ausgereicht haben würde (vgl. BSG, Urt. vom 14.12.1967, 2 RU 196/66). Das ist indessen nicht der Fall. Durchgangsarzt Dr. S. hat, wie der Durchgangsarztbericht vom 5. Dezember 1968 zeigt, den F. nicht in die berufsgenossenschaftliche Heilbehandlung genommen. Eine solche Anordnung ist auch später nicht erfolgt. Es bestanden vielmehr nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. von Anfang an zumindest Zweifel darüber, ob ein Unfallzusammenhang anzunehmen sei. Die Beklagte hat daher zunächst auch folgerichtig mit Schreiben vom 10. Dezember 1968 bei der Klägerin angefragt, ob ein Unfallereignis anerkannt werde und ob sie den Verletztengeldspitzbetrag auszahlen könne. Sie ist damit von der üblichen Verwaltungspraxis aufgrund der Verwaltungsvereinbarung abgegangen und hat das Bestimmungsrecht hierüber der Berufsgenossenschaft zurückgegeben. Diese hat ihrerseits auch ausreichend zu erkennen gegeben, daß sie hiervon Gebrauch machen werde. Mit Schreiben vom 16. Dezember 1968 hat die der Beklagten mitgeteilt, das Schreiben vom 10. Dezember 1968 nach Abschluß weiterer Ermittlungen erledigen zu wollen. Die Beklagte hat offensichtlich auf Grund dieses Schreibens zunächst auch den Verletztengeldspitzbetrag nicht an F. ausgezahlt und damit von dem ihr allgemein auf Grund der Verwaltungsvereinbarung erteilten Auftrag auf Auszahlung auch dieses Betrages keinen Gebrauch gemacht, sondern die Entscheidung der Klägerin nach deren weiteren Ermittlungen abgewartet. Wenn sie gleichwohl am 19. März 1969 den Verletztengeldspitzbetrag an F. auszahlte, so handelte sie hierbei zumindest grobfahrlässig. Grobfahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt, d.h., wer nicht das beachtet, was im gegebenen Falle jedem einleuchten muß, und hierbei einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt (vgl. Palandt-Denckelmann, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Anm. 2 zu § 277 BGB). Die Beklagte durfte nicht einfach den Verletztengeldspitzbetrag an F. auszahlen, nachdem sie insoweit das Bestimmungsrecht der Klägerin mit der Anfrage vom 10. Dezember 1968 zurückgegeben und diese eine Entscheidung angekündigt hatte. Aus dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. war ihr bekannt, daß dieser Arzt einen Unfallzusammenhang verneint hatte. Es genügte daher nicht, wenn sie sich auf die kurze Mitteilung des Dr. S. vom 10. Januar 1969 und dessen Annahme eines Unfallzusammenhanges stützte. Dr. S., der eine gegensätzliche Meinung im Hinblick auf den Durchgangsarztbericht äußerte, wies darauf hin, daß ein ausführlicher Fragebogen an die zuständige Berufsgenossenschaft, die Klägerin, abgesandt worden sei. Die einfachste und naheliegendste Überlegung wäre nunmehr gewesen, bei der Klägerin erneut anzufragen, ob der Verletztengeldspitzbetrag ausgezahlt werden dürfe. Der Beklagten war auch am 19. März 1969 bekannt, daß F. wegen erneuter Beschwerden im rechten Knie nochmals operiert worden war. Aus den Mitteilungen der Orthopädischen Klinik K. vom Januar und Februar 1969 ergibt sich, daß eine weitere Arthrotomie hinsichtlich einer Außenmeniskusläsion rechts vorgenommen worden war. Wenn die Beklagte schon von sich aus die Entscheidung, das Verletztengeld auszuzahlen, wieder an sich ziehen wollte, so hätte es nahegelegen, einen histologischen Befundbericht und einen Bericht über die Operation im Orthopädischen Krankenhaus beizuziehen und ggf. ein Gutachten zur Zusammenhangsfrage einzuholen. Gerade bei Meniscusverletzungen, die bekannterweise immer wieder zu Streitigkeiten vor den Gerichten des Sozialgerichtsbarkeit führen, hätte sie sich zu weiterer Sachaufklärung und besonders sorgfältiger Bearbeitung des Falles veranlaßt sehen müssen, wozu sie auch deshalb alle Veranlassung hatte, weil Dr. S. bereits in seinem Durchgangsarztbericht auf eine Vorerkrankung im rechten Knie des F. hingewiesen hatte. Sie hat daher nicht nur leicht fahrlässig gehandelt, was die Rückerstattung des ersetzten Verletztengeldspitzbetrages ausschließen würde (vgl. Nr. 10 der gemeinsamen Erläuterungen nach VB 57/68), sondern zumindest grobfahrlässig.
Nach alledem ist daher der Rückerstattungsanspruch der Klägerin begründet; die Berufung war zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da gesetzliche Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG).
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