Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 704/68
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Vereinbarung eines entgeltlichen Mietrechtes ohne verständigen Grund stellt eine Vermögenseinbuße dar, die nach § 1 Abs. 2 der DVO zu § 33 BVG ohne Rechtswirksamkeit zu bleiben hat.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. Juni 1968 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1968 verstorbenen L. E., die als Miterbin gemäß dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts G. vom 7. Februar 1969 das Verfahren aufgenommen hat und die zum Nachlaß gehörenden Ansprüche allein geltend macht.
Sie beantragte mit dem Verstorbenen am 14. Oktober 1963 die Gewährung von Elternrente nach ihrem am 27. Oktober 1926 geborenen und am 26. September 1944 in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Sohn G. E., nachdem ihr verstorbener Ehemann am 1. Januar 1960 sein Friseurgeschäft dem 1929 geborenen Sohn L. übergeben hatte. Dieser hatte an seine Eltern 15 % der Einnahmen neben der monatlichen Ladenmiete von 50,– DM abzuführen. Vorgesehen war weiterhin die Übergabe des Hausgrundstücks T. Straße in A., zu der es jedoch wegen Abrisses des Gebäudes nicht mehr kam. Der Verstorbene verkaufte gemäß Kaufvertrag vom 25. Juli 1962 das Hausgrundstück an das Land Hessen zu einem Kaufpreis von 60.000,– DM, von dem 2.000,– DM als Provision an einen Makler gingen und 25.000,– DM der Sohn L. zum Ausgleich eines Erstattungsanspruches erhielt. Zu dem von ihm durchgeführten Hausbau in A., M. Straße gaben die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann ein Darlehen von 25.000,– DM zu einem Zinssatz von 4 %, wohingegen sich der Sohn L. verpflichtete, ihnen ein entgeltliches Wohnrecht in seinem Haus einzuräumen, das als beschränkt persönliche Dienstbarkeit laut notariellem Vertrag des Notars Dr. F. K. vom 22. März 1965 in das Grundbuch mit einem Jahreswert von 780,– DM eingetragen worden ist. Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann in dem vom Versorgungsamt D. zugesandten Fragebogen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 angegeben hatten, sie hätten freie Wohnung im Hause ihres Sohnes, gewährte der Bescheid vom 30. Dezember 1965 ab 1. Januar 1964 eine monatliche Elternrente von 133,– DM, ab 1. Januar 1965 von monatlich 117,– DM und ab 1. Januar 1966 von 47,58 DM) unter Anrechnung der Darlehenszinsen von jährlich 1.000,– DM und der freien Wohnung von monatlich 26,38 DM, die gemäß Bescheid vom 23. August 1968 ab 1. Januar 1967 mit 47,25 DM und ab 1. Januar 1968 mit 57,75 DM berechnet worden ist.
Mit dem Widerspruch machten sie geltend, in dem Übergabevertrag vom 22. März 1965 sei keine freie Wohnung vereinbart worden, sondern ein entgeltliches Wohnrecht. Sie zahlten an ihren Sohn monatlich 65,– DM Miete. Da sie als Einnahmen lediglich jährlich 1.000,– DM Zinsen hätten, könnten diese bei der Berechnung der Elternrente auch nur als Bruttoeinkommen zugrunde gelegt werden.
Der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 27. September 1966 führte dazu aus, die in den Erhebungsbogen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 enthaltenen Angaben bezüglich des freien Wohnrechts widersprächen der Vereinbarung vom 22. März 1965, die von einem entgeltlichen Wohnrecht ausgehe. Wenn die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann sich bei Gewährung des Darlehens von 25.000,– DM zu einem Zinssatz von 4 % kein freies Wohnrecht ausbedungen hätten, so hätten sie damit ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, die das bei der Feststellung der Elternrente zu berücksichtigende Einkommen mindere, nach § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sei in diesem Fälle deshalb so zu verfahren, als wäre die Verfügung bezüglich des entgeltlichen Wohnrechts nicht getroffen worden.
In dem Klageverfahren hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die Bescheinigung des Rechtsanwalts und Notars Dr. K. vom 21. Februar 1968 und der Aufstellung des Sohnes L. E. über Umbauten und Reparaturen in dem Wohn- und Geschäftshaus T. Straße vorgetragen, ihr Sohn habe zum Neuaufbau des Hauses in der M.straße in A. 25.000, DM selbst aufgebracht, während sie und ihr Ehemann auch nur 25.000,– DM zur Verfügung gestellt hätten. Sie zahle monatlich für 2 Zimmer, Küche und Badbenutzung 65,– DM Miete.
Demgegenüber hat der Beklagte geltend gemacht, es sei nicht ersichtlich, wie der Sohn bei seinem geringen Einkommen und der Sorge für seine vierköpfige Familie diesen hohen Betrag für die Modernisierung und die Reparatur des Altbaues T. Straße aufgebracht haben könne. Die Klägerin habe im übrigen in dem Erhebungsbogen selbst angegeben, ein freies Wohnrecht zu besitzen.
Mit Urteil vom 28. Juni 1968 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht einen Betrag für das Wohnrecht angesetzt. Wenn die Klägerin und ihr Ehemann auch über ihr Vermögen frei verfügen könnten, so seien sie doch verpflichtet gewesen, den aus dem Hausverkauf erzielten Betrag möglichst günstig für ihre Versorgung einzusetzen. Sie hätten sich nicht darauf beschränken dürfen, 25.000,– DM für nur 4 % Zinsen ihrem Sohn zu geben, sondern hätten sich zumindest für diese Leistung auch ein unentgeltliches Wohnrecht ausbedingen müssen. Es sei kein verständiger Grund ersichtlich, warum sie das nicht getan hätten. Gemäß § 1 Abs. 2 DVO sei demgemäß ein freies Wohnrecht bei der Berechnung der Elternrente anzusetzen.
Gegen das am 10. Juli 1968 zugestellte Urteil ist die Berufung der Klägerin am 18. Juli 1968 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung sie wiederum darauf verweist, es sei lediglich der Zinsertrag von monatlich 83,33 DM zu berücksichtigen und nicht ein freies Wohnrecht, da sie Miete für die in dem Haus ihres Sohnes L. eingeräumte Wohnung zahle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. Juni 1968 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 1966 und des Bescheides vom 23. August 1968 zu verurteilen, bei der Berechnung der Elternrente das freie Wohnrecht nicht zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, die Klägerin hätte den rechtlichen Betrag aus dem Hausverkauf von 33.000,– DM möglichst günstig für ihre Altersversorgung einsetzen müssen. Sie habe sich nicht darauf beschränken dürfen, 25.000,– DM als Darlehen für nur 4 % Zinsen abzugeben in der Hoffnung, einen entsprechenden Ausgleich durch Altersversorgung nach dem BVG zu erhalten.
Der Beklagte erklärte sich in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 1970 bereit, den Bescheid vom 23. August 1968 zu ergänzen und den Sachbezugswert bei der Berechnung der Elternteilrente nach dem Tod des L. E. nur noch für eine Person zu berücksichtigen.
Die Akte des Versorgungsamtes D. mit der Grdl ... Nr. hat vorgelegen.
Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der auszugsweise vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin ist zur Aufnahme des durch den Tod ihres Ehemannes unterbrochenen Verfahrensteils ohne weiteres als Miterbin allein befugt und legitimiert. Sie ist damit auch berechtigt, auf Grund ihres selbständigen Klagerechts alle zum Nachlaß des Verstorbenen gehörenden Ansprüche allein geltend zu machen (§ 2039 BGB).
Der Bescheid vom 30. Dezember 1965, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 1966 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG) sowie der am 23. August 1968 erlassene Bescheid sind zu Recht ergangen.
Zutreffend hat der Beklagte darin wegen der in § 51 Abs. 4 BVG normierten Regelung nicht die volle Elternrente gewährt, die bei einem Ehepaar monatlich 200,– DM und bei einem Elternteil 135,– DM beträgt (§ 51 Abs. 1 BVG). Danach ist § 33 BVG entsprechend anzuwenden, der vorschreibt, daß die volle Elternrente um das anzurechnende Einkommen zu mindern ist, wobei als Einkommen nach § 1 DVO in der Fassung der 2. VO und Ergänzung vom 22. Juli 1964 (BGBl. I S. 538) sowie in der Fassung der 3. VO zur Änderung der DVO vom 9. November 1967 (BGBl. I S. 1133), geändert durch die 4. ÄndVO vom 7. August 1968, alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur angesehen werden. Hierzu bestimmt § 1 Abs. 2 DVO, der entsprechend § 16 Abs. 1 DVO auch für Elternrentenberechtigte gilt, daß dann wenn der Beschädigte ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, daß dadurch sein bei der Feststellung der Elternrente zu berücksichtigendes Einkommen gemindert wird, die Elternrente so festzustellen ist, als hätte er die Verfügung nicht getroffen.
Diese Grundsätze sind vorliegend anzuwenden, da die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann im Rahmen der vor dem Notar Dr. K. geschlossenen Vereinbarung vom 22. März 1965 ohne einen verständigen Grund eine Vermögenseinbuße hingenommen haben, die mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Widerspruch steht.
Einen solchen Widerspruch hat der Beklagte zutreffend in dem nicht ausbedungenen freien Wohnrecht in dem Hause des Sohnes L., M.straße gesehen, dem zum Bau dieses Hauses neben einer Ausgleichszahlung von 25.000,– DM weitere 25.000,– DM als Darlehen mit einem Zinssatz von nur 4 % zur Verfügung gestellt worden sind. Wenn die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann über ihr Vermögen zivilrechtlich frei verfügen und in diesem Rahmen auch derartige Vereinbarungen treffen konnten, so durfte dieser Umstand jedoch nicht dazu führen, daß es zu einer solchen Verfügung über Vermögenswerte kam, die in Ansehung der einschlägigen Vorschriften des Versorgungsrechts nicht als verständig oder gerechtfertigt zu werten ist. Vorliegend hätte es wegen der fehlenden Altersversorgung besonders nahegelegen, den Erlös aus dem Hausverkauf so gewinnbringend wie möglich anzulegen, anstatt sich dabei noch weiterer Rechte zu begeben. Es ist kein verständiger Grund ersichtlich, ein entgeltliches Wohnrecht als beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit einem Jahreswert von 780,– DM festzusetzen, wenn das gewährte Darlehen, das wesentlich mit zum Ausbau dieses Hauses beigetragen hat, nur einen Jahreszins von 1.000,– DM abwirft. Bei einer derartigen Vereinbarung muß sich die Klägerin so behandeln lassen, als wenn das freie Wohnrecht ausbedungen worden wäre, von dem sie im übrigen in den Anträgen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 selbst gesprochen hat, was den Schluß zuläßt, daß sie entgegen der notariellen Vereinbarung vom 22. März 1965 tatsächlich in den Genuß dieses Rechts gekommen ist. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, daß der Beklagte unter Verwertung ihrer eigenen Angaben bei der Berechnung der Elternrente ein freies Wohnrecht in Ansatz gebracht hat, das nach dem Tode des Ehemannes in einem von ihm zugesagten Bescheid eine neue Festlegung erfahren wird.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des 1968 verstorbenen L. E., die als Miterbin gemäß dem gemeinschaftlichen Erbschein des Amtsgerichts G. vom 7. Februar 1969 das Verfahren aufgenommen hat und die zum Nachlaß gehörenden Ansprüche allein geltend macht.
Sie beantragte mit dem Verstorbenen am 14. Oktober 1963 die Gewährung von Elternrente nach ihrem am 27. Oktober 1926 geborenen und am 26. September 1944 in russischer Kriegsgefangenschaft verstorbenen Sohn G. E., nachdem ihr verstorbener Ehemann am 1. Januar 1960 sein Friseurgeschäft dem 1929 geborenen Sohn L. übergeben hatte. Dieser hatte an seine Eltern 15 % der Einnahmen neben der monatlichen Ladenmiete von 50,– DM abzuführen. Vorgesehen war weiterhin die Übergabe des Hausgrundstücks T. Straße in A., zu der es jedoch wegen Abrisses des Gebäudes nicht mehr kam. Der Verstorbene verkaufte gemäß Kaufvertrag vom 25. Juli 1962 das Hausgrundstück an das Land Hessen zu einem Kaufpreis von 60.000,– DM, von dem 2.000,– DM als Provision an einen Makler gingen und 25.000,– DM der Sohn L. zum Ausgleich eines Erstattungsanspruches erhielt. Zu dem von ihm durchgeführten Hausbau in A., M. Straße gaben die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann ein Darlehen von 25.000,– DM zu einem Zinssatz von 4 %, wohingegen sich der Sohn L. verpflichtete, ihnen ein entgeltliches Wohnrecht in seinem Haus einzuräumen, das als beschränkt persönliche Dienstbarkeit laut notariellem Vertrag des Notars Dr. F. K. vom 22. März 1965 in das Grundbuch mit einem Jahreswert von 780,– DM eingetragen worden ist. Nachdem die Klägerin und ihr Ehemann in dem vom Versorgungsamt D. zugesandten Fragebogen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 angegeben hatten, sie hätten freie Wohnung im Hause ihres Sohnes, gewährte der Bescheid vom 30. Dezember 1965 ab 1. Januar 1964 eine monatliche Elternrente von 133,– DM, ab 1. Januar 1965 von monatlich 117,– DM und ab 1. Januar 1966 von 47,58 DM) unter Anrechnung der Darlehenszinsen von jährlich 1.000,– DM und der freien Wohnung von monatlich 26,38 DM, die gemäß Bescheid vom 23. August 1968 ab 1. Januar 1967 mit 47,25 DM und ab 1. Januar 1968 mit 57,75 DM berechnet worden ist.
Mit dem Widerspruch machten sie geltend, in dem Übergabevertrag vom 22. März 1965 sei keine freie Wohnung vereinbart worden, sondern ein entgeltliches Wohnrecht. Sie zahlten an ihren Sohn monatlich 65,– DM Miete. Da sie als Einnahmen lediglich jährlich 1.000,– DM Zinsen hätten, könnten diese bei der Berechnung der Elternrente auch nur als Bruttoeinkommen zugrunde gelegt werden.
Der ablehnende Widerspruchsbescheid vom 27. September 1966 führte dazu aus, die in den Erhebungsbogen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 enthaltenen Angaben bezüglich des freien Wohnrechts widersprächen der Vereinbarung vom 22. März 1965, die von einem entgeltlichen Wohnrecht ausgehe. Wenn die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann sich bei Gewährung des Darlehens von 25.000,– DM zu einem Zinssatz von 4 % kein freies Wohnrecht ausbedungen hätten, so hätten sie damit ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, die das bei der Feststellung der Elternrente zu berücksichtigende Einkommen mindere, nach § 1 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (DVO) zu § 33 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) sei in diesem Fälle deshalb so zu verfahren, als wäre die Verfügung bezüglich des entgeltlichen Wohnrechts nicht getroffen worden.
In dem Klageverfahren hat die Klägerin unter Bezugnahme auf die Bescheinigung des Rechtsanwalts und Notars Dr. K. vom 21. Februar 1968 und der Aufstellung des Sohnes L. E. über Umbauten und Reparaturen in dem Wohn- und Geschäftshaus T. Straße vorgetragen, ihr Sohn habe zum Neuaufbau des Hauses in der M.straße in A. 25.000, DM selbst aufgebracht, während sie und ihr Ehemann auch nur 25.000,– DM zur Verfügung gestellt hätten. Sie zahle monatlich für 2 Zimmer, Küche und Badbenutzung 65,– DM Miete.
Demgegenüber hat der Beklagte geltend gemacht, es sei nicht ersichtlich, wie der Sohn bei seinem geringen Einkommen und der Sorge für seine vierköpfige Familie diesen hohen Betrag für die Modernisierung und die Reparatur des Altbaues T. Straße aufgebracht haben könne. Die Klägerin habe im übrigen in dem Erhebungsbogen selbst angegeben, ein freies Wohnrecht zu besitzen.
Mit Urteil vom 28. Juni 1968 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und in den Entscheidungsgründen ausgeführt, der Beklagte habe zu Recht einen Betrag für das Wohnrecht angesetzt. Wenn die Klägerin und ihr Ehemann auch über ihr Vermögen frei verfügen könnten, so seien sie doch verpflichtet gewesen, den aus dem Hausverkauf erzielten Betrag möglichst günstig für ihre Versorgung einzusetzen. Sie hätten sich nicht darauf beschränken dürfen, 25.000,– DM für nur 4 % Zinsen ihrem Sohn zu geben, sondern hätten sich zumindest für diese Leistung auch ein unentgeltliches Wohnrecht ausbedingen müssen. Es sei kein verständiger Grund ersichtlich, warum sie das nicht getan hätten. Gemäß § 1 Abs. 2 DVO sei demgemäß ein freies Wohnrecht bei der Berechnung der Elternrente anzusetzen.
Gegen das am 10. Juli 1968 zugestellte Urteil ist die Berufung der Klägerin am 18. Juli 1968 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen, zu deren Begründung sie wiederum darauf verweist, es sei lediglich der Zinsertrag von monatlich 83,33 DM zu berücksichtigen und nicht ein freies Wohnrecht, da sie Miete für die in dem Haus ihres Sohnes L. eingeräumte Wohnung zahle.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. Juni 1968 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 30. Dezember 1965 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 1966 und des Bescheides vom 23. August 1968 zu verurteilen, bei der Berechnung der Elternrente das freie Wohnrecht nicht zu berücksichtigen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, die Klägerin hätte den rechtlichen Betrag aus dem Hausverkauf von 33.000,– DM möglichst günstig für ihre Altersversorgung einsetzen müssen. Sie habe sich nicht darauf beschränken dürfen, 25.000,– DM als Darlehen für nur 4 % Zinsen abzugeben in der Hoffnung, einen entsprechenden Ausgleich durch Altersversorgung nach dem BVG zu erhalten.
Der Beklagte erklärte sich in der mündlichen Verhandlung vom 18. März 1970 bereit, den Bescheid vom 23. August 1968 zu ergänzen und den Sachbezugswert bei der Berechnung der Elternteilrente nach dem Tod des L. E. nur noch für eine Person zu berücksichtigen.
Die Akte des Versorgungsamtes D. mit der Grdl ... Nr. hat vorgelegen.
Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakten beider Rechtszüge, der auszugsweise vorgetragen worden ist, wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –). Sie ist jedoch unbegründet.
Die Klägerin ist zur Aufnahme des durch den Tod ihres Ehemannes unterbrochenen Verfahrensteils ohne weiteres als Miterbin allein befugt und legitimiert. Sie ist damit auch berechtigt, auf Grund ihres selbständigen Klagerechts alle zum Nachlaß des Verstorbenen gehörenden Ansprüche allein geltend zu machen (§ 2039 BGB).
Der Bescheid vom 30. Dezember 1965, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. September 1966 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG) sowie der am 23. August 1968 erlassene Bescheid sind zu Recht ergangen.
Zutreffend hat der Beklagte darin wegen der in § 51 Abs. 4 BVG normierten Regelung nicht die volle Elternrente gewährt, die bei einem Ehepaar monatlich 200,– DM und bei einem Elternteil 135,– DM beträgt (§ 51 Abs. 1 BVG). Danach ist § 33 BVG entsprechend anzuwenden, der vorschreibt, daß die volle Elternrente um das anzurechnende Einkommen zu mindern ist, wobei als Einkommen nach § 1 DVO in der Fassung der 2. VO und Ergänzung vom 22. Juli 1964 (BGBl. I S. 538) sowie in der Fassung der 3. VO zur Änderung der DVO vom 9. November 1967 (BGBl. I S. 1133), geändert durch die 4. ÄndVO vom 7. August 1968, alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert ohne Rücksicht auf ihre Quelle und Rechtsnatur angesehen werden. Hierzu bestimmt § 1 Abs. 2 DVO, der entsprechend § 16 Abs. 1 DVO auch für Elternrentenberechtigte gilt, daß dann wenn der Beschädigte ohne verständigen Grund über Vermögenswerte in einer Weise verfügt, daß dadurch sein bei der Feststellung der Elternrente zu berücksichtigendes Einkommen gemindert wird, die Elternrente so festzustellen ist, als hätte er die Verfügung nicht getroffen.
Diese Grundsätze sind vorliegend anzuwenden, da die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann im Rahmen der vor dem Notar Dr. K. geschlossenen Vereinbarung vom 22. März 1965 ohne einen verständigen Grund eine Vermögenseinbuße hingenommen haben, die mit dem Grundsatz von Treu und Glauben im Widerspruch steht.
Einen solchen Widerspruch hat der Beklagte zutreffend in dem nicht ausbedungenen freien Wohnrecht in dem Hause des Sohnes L., M.straße gesehen, dem zum Bau dieses Hauses neben einer Ausgleichszahlung von 25.000,– DM weitere 25.000,– DM als Darlehen mit einem Zinssatz von nur 4 % zur Verfügung gestellt worden sind. Wenn die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann über ihr Vermögen zivilrechtlich frei verfügen und in diesem Rahmen auch derartige Vereinbarungen treffen konnten, so durfte dieser Umstand jedoch nicht dazu führen, daß es zu einer solchen Verfügung über Vermögenswerte kam, die in Ansehung der einschlägigen Vorschriften des Versorgungsrechts nicht als verständig oder gerechtfertigt zu werten ist. Vorliegend hätte es wegen der fehlenden Altersversorgung besonders nahegelegen, den Erlös aus dem Hausverkauf so gewinnbringend wie möglich anzulegen, anstatt sich dabei noch weiterer Rechte zu begeben. Es ist kein verständiger Grund ersichtlich, ein entgeltliches Wohnrecht als beschränkt persönliche Dienstbarkeit mit einem Jahreswert von 780,– DM festzusetzen, wenn das gewährte Darlehen, das wesentlich mit zum Ausbau dieses Hauses beigetragen hat, nur einen Jahreszins von 1.000,– DM abwirft. Bei einer derartigen Vereinbarung muß sich die Klägerin so behandeln lassen, als wenn das freie Wohnrecht ausbedungen worden wäre, von dem sie im übrigen in den Anträgen vom 6. November 1963 und 8. Juni 1965 selbst gesprochen hat, was den Schluß zuläßt, daß sie entgegen der notariellen Vereinbarung vom 22. März 1965 tatsächlich in den Genuß dieses Rechts gekommen ist. Es ist daher auch nicht zu beanstanden, daß der Beklagte unter Verwertung ihrer eigenen Angaben bei der Berechnung der Elternrente ein freies Wohnrecht in Ansatz gebracht hat, das nach dem Tode des Ehemannes in einem von ihm zugesagten Bescheid eine neue Festlegung erfahren wird.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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