Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
5
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 V 864/70
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Mit der in § 4 Abs. 3 DV) zu § 30 Abs. 3 u. 4 BVG getroffenen Regelung ist die eindeutige Absicht des Gesetzgebers erkennbar gemacht, bei all den im öffentlichen Dienst tätigen Angestellten nur von einem Höchstbetrag der Grundvergütung auszugehen und nicht weiter nach Vergütungsgruppen zu differenzieren. Diese Handhabung ist die Folge des Prinzips, daß beim Schadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Regelung zu Gunsten eines generalisierten oder pauschalierten Schadensausgleichs zurückzutreten hat.
2.) Es ist in der Regel nicht wahrscheinlich, daß ein technischer Angestellter des öffentlichen Dienstes, der auf eine 20-jährigen Tätigkeit zurückblicken kann, sich noch im 50. Lebensjahr in den Jahren nach 1945 als Architekt oder Statiker selbständig gemacht hätte. Für eine solche Annahme bedarf es konkreter Anhaltspunkte.
2.) Es ist in der Regel nicht wahrscheinlich, daß ein technischer Angestellter des öffentlichen Dienstes, der auf eine 20-jährigen Tätigkeit zurückblicken kann, sich noch im 50. Lebensjahr in den Jahren nach 1945 als Architekt oder Statiker selbständig gemacht hätte. Für eine solche Annahme bedarf es konkreter Anhaltspunkte.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 30. Juli 1970 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des am 1902 geborenen und am 31. Dezember 1945 durch Beschluss des Amtsgerichts Q. vom 29. Januar 1959 für tot erklärten H. K. Sie erhält Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Witwenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes.
Am 11. Januar 1966 begehrte sie Schadensausgleich. Zum beruflichen Werdegang ihres Ehemannes gab sie an, er habe nach dem Besuch der Volksschule von 1908 bis 1916 und der absolvierten Lehre als Zimmermann von April 1916 bis Oktober 1918 am 17. April 1920 die Gesellenprüfung für das Zimmererhandwerk abgelegt. Von 1918 bis 1922 habe er die Staatliche P. Baugewerkschule in K. besucht und am 24. August 1922 die Abschlussprüfung mit dem Prädikat "gut” bestanden. Nach einer Tätigkeit als technischer Angestellter von August 1922 bis März 1923 und als Architekt von April bis November 1923 habe er bis zu der Einberufung zum Wehrdienst ab 16. November 1923 als Bauingenieur im Staatshochbauamt XH. gearbeitet. Seit 1. Mai 1939 sei er in die Vergütungsgruppe IV b TOA eingestuft gewesen. Angestrebt habe er, Beamter im Staatshochbauamt zu werden oder als freiberuflicher Architekt tätig zu sein.
Mit Bescheid vom 15. Februar 1966 lehnte das Versorgungsamt Y. – Außenstelle Q. – den Antrag ab, da bei Zugrundelegung des Berufes als technischer Angestellter im öffentlichen Dienst mit dem Höchstbetrag der Vergütungsgruppe IV b sich kein Schadensausgleich errechnen ließ.
Mit dem Widerspruch machte die Klägerin unter Berufung auf Erklärungen des G. H. der M. N. und des H. W. geltend, bei gesunder Heimkehr ihres Ehemannes wäre er als Angestellter im öffentlichen Dienst in die Vergütungsgruppe IV a eingereiht worden. Er habe die Absicht gehabt, sich als Statiker selbständig zu machen und habe aus diesem Grund ein 2-stöckiges Haus gebaut, in dem die unteren Räume als Büro dienen sollten. Neben seiner Tätigkeit als Angestellter im Staatshochbauamt habe er nebenberuflich Einkünfte aus Architekten- und Statikerarbeiten bezogen.
Der Widerspruchsbescheid vom 23. September 1966 führte dazu aus, nach § 4 Abs. 3 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG sei als Durchschnittseinkommen bei Angestellten mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen V b, V a, IV b, IV a und III der Höchstbetrag der Vergütungsgruppe IV b einzusetzen. Eine Beschwer liege insoweit nicht vor. Es könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Ehemann der Klägerin nach gesunder Heimkehr selbständiger Statiker geworden wäre. Nachdem er 20 Jahre als Bauingenieur beim Staatshochbauamt tätig gewesen wäre, sei es vielmehr wahrscheinlicher, dass er wiederum als Angestellter im öffentlichen Dienst gearbeitet hätte.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat die Klägerin unter Hinweis auf die Erklärung des F. E. vom 24. Februar 1970 vorgetragen, ihr Ehemann habe sich später selbständig machen wollen. Dazu habe er in seinem Haus ein Büro für Statik und Architektur einrichten wollen.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, es sei nur möglich, dass der Ehemann der Klägerin bei gesunder Heimkehr in die Privatwirtschaft gegangen wäre oder sich selbständig gemacht hätte. Konkrete Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich.
Die Oberfinanzdirektion F. hat am 24. April 1970 auf Antrage des Sozialgerichts mitgeteilt, es sei auf Grund der erlassenen Verordnungen nicht wahrscheinlich, dass es bei gesunder Heimkehr des Ehemannes der Klägerin zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis des gehobenen technischen Dienstes gekommen wäre.
Mit Urteil vom 30. Juli 1970 ist die Klage abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Einstufung sei zutreffend, denn es sei nicht wahrscheinlich, dass er eine höhere Vergütungsgruppe als Angestellter im öffentlichen Dienst erreicht oder sich als selbständiger Architekt sowie Statiker niedergelassen hätte. Für eine solche Annahme fehlten bei Berücksichtigung der guten fachlichen Kenntnisse jegliche konkreten Anhaltspunkte.
Gegen das der Klägerin am 7. September 1970 zugestellte Urteil ist die Berufung am 29. September beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 30. Juli 1970 und den Bescheid vom 15. Februar 1966 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 1966 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schadensausgleich unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Versorgungsakte mit der Grdl. Nr. hat vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid vom 15. Februar 1966, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1966 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 11 BBesG.
Witwen, deren Einkommen um 50,– DM geringer ist als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte, erhalten gemäß § 40 a Abs. 1 BVG i.d.F. des 2. NOG einen Schadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des festgestellten Unterschiedsbetrages, höchstens jedoch 200,– DM monatlich. Nach dem 3. NOG ist dieser Betrag auf monatlich 250,– DM, 290,– DM und jetzt 306,– DM festgesetzt worden und Schadensausgleich dann zu gewähren, wenn das Einkommen der Witwe geringer ist als die Hälfte des mutmaßlichen Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte. Zur Feststellung des Schadensausgleichs ist gemäß § 40 a Abs. 2 BVG das von der Witwe erzielte Bruttoeinkommen zuzüglich der Grundrente (§ 40), der Ausgleichsrente (§ 41 oder §§ 32, 33) mit dem Einkommen des Ehemannes zu vergleichen. Als Einkommen des Ehemannes gilt dabei das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der er zu Lebzeiten angehört hat oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte. Als Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes maßgebend. Durch § 30 Abs. 7 BVG, der gemäß § 40 a Abs. 4 BVG für die Ermittlung des Schadensausgleichs entsprechend anzuwenden ist, ist die Bundesregierung ermächtigt worden, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage gilt und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens heranzuziehen ist. Dabei bestimmt § 11 der Verordnung vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG, dass für die Ermittlung des in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG bezeichneten Durchschnittseinkommens die §§ 2 bis 7 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG entsprechend anzuwenden sind. Nach § 4 Abs. 3 DVO ist das Durchschnittseinkommen bei Angestellten im öffentlichen Dienst mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V b, V, a, IV b, IV a und III der Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b.
Von diesen Vorschriften ausgehend hat der Beklagte den Schadensausgleich zutreffend unter Eingruppierung des Ehemannes der Klägerin nach dem Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b berechnet und dabei berücksichtigt, dass er bei gesunder Heimkehr aus dem Krieg wiederum als Angestellter des öffentlichen Dienstes tätig geworden und es nicht zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis des gehobenen technischen Dienstes gekommen wäre. Dabei durfte der Beklagte nur den Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b zugrunde legen und nicht die von der Klägerin begehrte Vergütungsgruppe IV a. Denn in der in § 4 Abs. 3 DVO getroffenen Regelung ist die eindeutige Absicht des Gesetzgebers erkennbar, bei all den im öffentlichen Dienst tätigen Angestellten mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen V b, V a, IV b, IV a und III nur den Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b gelten zu lassen und nicht weiter nach Vergütungsgruppen zu differenzieren und zu bestimmen, dass z.B. bei Angestellten, die nach Vergütungsgruppe IV a besoldet worden sind, von dieser Vergütungsgruppe auszugehen ist, wobei bei dieser Regelung sogar die Vergütungsgruppe III noch eingeschlossen ist. Diese Handhabung ist eine Folge der Durchführung des gesetzlich zugelassenen Prinzips, das notwendigerweise Begünstigungen oder auch – wie hier – eine weniger vorteilhafte Einstufung für einzelne Berechtigte mit sich bringt, dass nämlich beim Schadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Regelung zu Gunsten eines generalisierten oder pauschalierten Schadensausgleichs zurückzutreten hat. Eine andere Beurteilung wäre nur dann möglich, wenn die Klägerin wahrscheinlich gemacht hätte, dass es ihrem Ehemann bei gesunder Heimkehr gelungen wäre, Angestellter mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe II b, II a, I b und I a zu werden. Dann müsste der Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe I berücksichtigt werden. Diesen Nachweis hat sie jedoch nicht führen können, was auch hinsichtlich ihrer Behauptung gilt, ihr Ehemann wäre nach der Rückkehr aus dem Krieg als selbständiger Statiker und Architekt tätig geworden, was es erforderlich gemacht hätte, das massgebliche Vergleichseinkommen in Anwendung des § 40 a Abs. 2 Satz 2 2. Alternative BVG i.V.m. § 5 Abs. 1 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu ermitteln. Für eine solche Annahme fehlen jedoch jegliche konkreten Anhaltspunkte, die auch nicht in den Erklärungen der Zeugen H., N., W. und E. zu erblicken sind, die erklärt haben, er habe sich selbständig machen wollen. Mit dieser Bestimmtheit hat die Klägerin selbst nicht das Berufsziel ihres Ehemannes aufgezeigt, die noch in ihrem Antrag auf Schadensausgleich davon gesprochen hatte, er habe Beamter im Staatshochbauamt oder freiberuflicher Architekt und Statiker werden wollen. Im Klageverfahren hat sie ihr Begehren dann damit begründet, er wäre bei gesunder Heimkehr in die Privatwirtschaft gegangen und hätte hier eine Position der Leistungsgruppe II eingenommen. Das lässt erkennen, dass eine festgefügte Absicht ihres Ehemannes vor 1939 in dieser Richtung nicht bestanden hat. Er hätte im übrigen damals die Absicht, als Architekt oder Statiker tätig zu sein, verwirklichen können, da das Haus, das die Geschäftsräume des Architektur- und Statikerbüros aufnehmen sollte, bereits seit 1936 fertig gestellt war und der damalige Baumarkt ein weites Betätigungsfeld in dieser Berufssparte geboten hätte, was erst wieder in den Jahren nach 1950 auf dem Bausektor gegeben war, in denen der Ehemann dann bereits das 50. Lebensjahr begonnen hätte. Dieses hohe Lebensalter für eine Selbständigmachung und auch die Sicherheit der Existenz seiner Familie hätten ihn nach 1945 vielmehr wieder in den öffentlichen Dienst geführt, wo er bereits auf eine Tätigkeit von 20 Jahren zurückblicken konnte und die ihm die Möglichkeit eröffnet hätte, wie schon früher als Statiker und Architekt nebenberuflich zu arbeiten und damit sein Gehalt aufzubessern. Dass er sich bereits vor 1939 nebenberuflich betätigt hat, ist kein Indiz, um hieraus die Wahrscheinlichkeit einer selbständigen Tätigkeit abzulesen, sondern sie ist allein als eine nebenberufliche Beschäftigung eines technischen Angestellten zu werten, die darauf ausgerichtet war, die monatlichen Einnahmen zu verbessern.
Der Senat ist daher mit dem Vordergericht der Ansicht, dass keine konkreten Anhaltspunkte für den von der Klägerin behaupteten Werdegang des selbständigen Architekten und Statikers vorliegen, sondern er vielmehr wahrscheinlich ist, dass er bei gesunder Heimkehr aus dem Krieg wiederum öffentlicher Angestellter geworden wäre. Dem hat der Beklagte mit der Berechnung des Schadensausgleichs unter Berücksichtigung des Höchstbetrages der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV Berechnung getragen.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin ist die Witwe des am 1902 geborenen und am 31. Dezember 1945 durch Beschluss des Amtsgerichts Q. vom 29. Januar 1959 für tot erklärten H. K. Sie erhält Witwengrundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte eine Witwenrente aus der Versicherung ihres Ehemannes.
Am 11. Januar 1966 begehrte sie Schadensausgleich. Zum beruflichen Werdegang ihres Ehemannes gab sie an, er habe nach dem Besuch der Volksschule von 1908 bis 1916 und der absolvierten Lehre als Zimmermann von April 1916 bis Oktober 1918 am 17. April 1920 die Gesellenprüfung für das Zimmererhandwerk abgelegt. Von 1918 bis 1922 habe er die Staatliche P. Baugewerkschule in K. besucht und am 24. August 1922 die Abschlussprüfung mit dem Prädikat "gut” bestanden. Nach einer Tätigkeit als technischer Angestellter von August 1922 bis März 1923 und als Architekt von April bis November 1923 habe er bis zu der Einberufung zum Wehrdienst ab 16. November 1923 als Bauingenieur im Staatshochbauamt XH. gearbeitet. Seit 1. Mai 1939 sei er in die Vergütungsgruppe IV b TOA eingestuft gewesen. Angestrebt habe er, Beamter im Staatshochbauamt zu werden oder als freiberuflicher Architekt tätig zu sein.
Mit Bescheid vom 15. Februar 1966 lehnte das Versorgungsamt Y. – Außenstelle Q. – den Antrag ab, da bei Zugrundelegung des Berufes als technischer Angestellter im öffentlichen Dienst mit dem Höchstbetrag der Vergütungsgruppe IV b sich kein Schadensausgleich errechnen ließ.
Mit dem Widerspruch machte die Klägerin unter Berufung auf Erklärungen des G. H. der M. N. und des H. W. geltend, bei gesunder Heimkehr ihres Ehemannes wäre er als Angestellter im öffentlichen Dienst in die Vergütungsgruppe IV a eingereiht worden. Er habe die Absicht gehabt, sich als Statiker selbständig zu machen und habe aus diesem Grund ein 2-stöckiges Haus gebaut, in dem die unteren Räume als Büro dienen sollten. Neben seiner Tätigkeit als Angestellter im Staatshochbauamt habe er nebenberuflich Einkünfte aus Architekten- und Statikerarbeiten bezogen.
Der Widerspruchsbescheid vom 23. September 1966 führte dazu aus, nach § 4 Abs. 3 der DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG sei als Durchschnittseinkommen bei Angestellten mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen V b, V a, IV b, IV a und III der Höchstbetrag der Vergütungsgruppe IV b einzusetzen. Eine Beschwer liege insoweit nicht vor. Es könne nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass der Ehemann der Klägerin nach gesunder Heimkehr selbständiger Statiker geworden wäre. Nachdem er 20 Jahre als Bauingenieur beim Staatshochbauamt tätig gewesen wäre, sei es vielmehr wahrscheinlicher, dass er wiederum als Angestellter im öffentlichen Dienst gearbeitet hätte.
In dem Klageverfahren vor dem Sozialgericht Fulda hat die Klägerin unter Hinweis auf die Erklärung des F. E. vom 24. Februar 1970 vorgetragen, ihr Ehemann habe sich später selbständig machen wollen. Dazu habe er in seinem Haus ein Büro für Statik und Architektur einrichten wollen.
Demgegenüber hat der Beklagte ausgeführt, es sei nur möglich, dass der Ehemann der Klägerin bei gesunder Heimkehr in die Privatwirtschaft gegangen wäre oder sich selbständig gemacht hätte. Konkrete Anhaltspunkte dafür seien nicht ersichtlich.
Die Oberfinanzdirektion F. hat am 24. April 1970 auf Antrage des Sozialgerichts mitgeteilt, es sei auf Grund der erlassenen Verordnungen nicht wahrscheinlich, dass es bei gesunder Heimkehr des Ehemannes der Klägerin zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis des gehobenen technischen Dienstes gekommen wäre.
Mit Urteil vom 30. Juli 1970 ist die Klage abgewiesen worden. In den Entscheidungsgründen hat das Sozialgericht ausgeführt, die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Einstufung sei zutreffend, denn es sei nicht wahrscheinlich, dass er eine höhere Vergütungsgruppe als Angestellter im öffentlichen Dienst erreicht oder sich als selbständiger Architekt sowie Statiker niedergelassen hätte. Für eine solche Annahme fehlten bei Berücksichtigung der guten fachlichen Kenntnisse jegliche konkreten Anhaltspunkte.
Gegen das der Klägerin am 7. September 1970 zugestellte Urteil ist die Berufung am 29. September beim Hessischen Landessozialgericht eingegangen.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 30. Juli 1970 und den Bescheid vom 15. Februar 1966 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 1966 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, Schadensausgleich unter Zugrundelegung der Besoldungsgruppe A 11 BBesG zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Die Versorgungsakte mit der Grdl. Nr. hat vorgelegen. Auf ihren Inhalt und den der Gerichtsakte beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung, über die der Senat im Einverständnis mit den Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte, ist zulässig; sie ist insbesondere frist- und formgerecht eingelegt worden (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Sie ist jedoch unbegründet.
Der Bescheid vom 15. Februar 1966, der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 1966 Gegenstand der Klage geworden ist (§ 95 SGG), ist zu Recht ergangen, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensausgleich unter Zugrundelegung des Endgrundgehaltes der Besoldungsgruppe A 11 BBesG.
Witwen, deren Einkommen um 50,– DM geringer ist als die Hälfte des Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte, erhalten gemäß § 40 a Abs. 1 BVG i.d.F. des 2. NOG einen Schadensausgleich in Höhe von vier Zehntel des festgestellten Unterschiedsbetrages, höchstens jedoch 200,– DM monatlich. Nach dem 3. NOG ist dieser Betrag auf monatlich 250,– DM, 290,– DM und jetzt 306,– DM festgesetzt worden und Schadensausgleich dann zu gewähren, wenn das Einkommen der Witwe geringer ist als die Hälfte des mutmaßlichen Einkommens, das der Ehemann ohne die Schädigung erzielt hätte. Zur Feststellung des Schadensausgleichs ist gemäß § 40 a Abs. 2 BVG das von der Witwe erzielte Bruttoeinkommen zuzüglich der Grundrente (§ 40), der Ausgleichsrente (§ 41 oder §§ 32, 33) mit dem Einkommen des Ehemannes zu vergleichen. Als Einkommen des Ehemannes gilt dabei das Durchschnittseinkommen der Berufs- oder Wirtschaftsgruppe, der er zu Lebzeiten angehört hat oder ohne die Schädigung nach seinen Lebensverhältnissen, seinen beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten wahrscheinlich angehört hätte. Als Vergleichsgrundlage zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens sind die amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für das Bundesgebiet und die jeweils geltenden beamten- oder tarifrechtlichen Besoldungs- oder Vergütungsgruppen des Bundes maßgebend. Durch § 30 Abs. 7 BVG, der gemäß § 40 a Abs. 4 BVG für die Ermittlung des Schadensausgleichs entsprechend anzuwenden ist, ist die Bundesregierung ermächtigt worden, mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche Vergleichsgrundlage gilt und in welcher Weise sie zur Ermittlung des Durchschnittseinkommens heranzuziehen ist. Dabei bestimmt § 11 der Verordnung vom 30. Juli 1964 und vom 28. Februar 1968 zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG, dass für die Ermittlung des in § 40 a Abs. 2 Satz 2 BVG bezeichneten Durchschnittseinkommens die §§ 2 bis 7 der Verordnung zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG entsprechend anzuwenden sind. Nach § 4 Abs. 3 DVO ist das Durchschnittseinkommen bei Angestellten im öffentlichen Dienst mit Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe V b, V, a, IV b, IV a und III der Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b.
Von diesen Vorschriften ausgehend hat der Beklagte den Schadensausgleich zutreffend unter Eingruppierung des Ehemannes der Klägerin nach dem Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b berechnet und dabei berücksichtigt, dass er bei gesunder Heimkehr aus dem Krieg wiederum als Angestellter des öffentlichen Dienstes tätig geworden und es nicht zu einer Übernahme in das Beamtenverhältnis des gehobenen technischen Dienstes gekommen wäre. Dabei durfte der Beklagte nur den Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b zugrunde legen und nicht die von der Klägerin begehrte Vergütungsgruppe IV a. Denn in der in § 4 Abs. 3 DVO getroffenen Regelung ist die eindeutige Absicht des Gesetzgebers erkennbar, bei all den im öffentlichen Dienst tätigen Angestellten mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppen V b, V a, IV b, IV a und III nur den Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV b gelten zu lassen und nicht weiter nach Vergütungsgruppen zu differenzieren und zu bestimmen, dass z.B. bei Angestellten, die nach Vergütungsgruppe IV a besoldet worden sind, von dieser Vergütungsgruppe auszugehen ist, wobei bei dieser Regelung sogar die Vergütungsgruppe III noch eingeschlossen ist. Diese Handhabung ist eine Folge der Durchführung des gesetzlich zugelassenen Prinzips, das notwendigerweise Begünstigungen oder auch – wie hier – eine weniger vorteilhafte Einstufung für einzelne Berechtigte mit sich bringt, dass nämlich beim Schadensausgleich der Gesichtspunkt einer individuellen Regelung zu Gunsten eines generalisierten oder pauschalierten Schadensausgleichs zurückzutreten hat. Eine andere Beurteilung wäre nur dann möglich, wenn die Klägerin wahrscheinlich gemacht hätte, dass es ihrem Ehemann bei gesunder Heimkehr gelungen wäre, Angestellter mit den Tätigkeitsmerkmalen der Vergütungsgruppe II b, II a, I b und I a zu werden. Dann müsste der Höchstbetrag der Grundvergütung in Vergütungsgruppe I berücksichtigt werden. Diesen Nachweis hat sie jedoch nicht führen können, was auch hinsichtlich ihrer Behauptung gilt, ihr Ehemann wäre nach der Rückkehr aus dem Krieg als selbständiger Statiker und Architekt tätig geworden, was es erforderlich gemacht hätte, das massgebliche Vergleichseinkommen in Anwendung des § 40 a Abs. 2 Satz 2 2. Alternative BVG i.V.m. § 5 Abs. 1 DVO zu § 30 Abs. 3 und 4 BVG zu ermitteln. Für eine solche Annahme fehlen jedoch jegliche konkreten Anhaltspunkte, die auch nicht in den Erklärungen der Zeugen H., N., W. und E. zu erblicken sind, die erklärt haben, er habe sich selbständig machen wollen. Mit dieser Bestimmtheit hat die Klägerin selbst nicht das Berufsziel ihres Ehemannes aufgezeigt, die noch in ihrem Antrag auf Schadensausgleich davon gesprochen hatte, er habe Beamter im Staatshochbauamt oder freiberuflicher Architekt und Statiker werden wollen. Im Klageverfahren hat sie ihr Begehren dann damit begründet, er wäre bei gesunder Heimkehr in die Privatwirtschaft gegangen und hätte hier eine Position der Leistungsgruppe II eingenommen. Das lässt erkennen, dass eine festgefügte Absicht ihres Ehemannes vor 1939 in dieser Richtung nicht bestanden hat. Er hätte im übrigen damals die Absicht, als Architekt oder Statiker tätig zu sein, verwirklichen können, da das Haus, das die Geschäftsräume des Architektur- und Statikerbüros aufnehmen sollte, bereits seit 1936 fertig gestellt war und der damalige Baumarkt ein weites Betätigungsfeld in dieser Berufssparte geboten hätte, was erst wieder in den Jahren nach 1950 auf dem Bausektor gegeben war, in denen der Ehemann dann bereits das 50. Lebensjahr begonnen hätte. Dieses hohe Lebensalter für eine Selbständigmachung und auch die Sicherheit der Existenz seiner Familie hätten ihn nach 1945 vielmehr wieder in den öffentlichen Dienst geführt, wo er bereits auf eine Tätigkeit von 20 Jahren zurückblicken konnte und die ihm die Möglichkeit eröffnet hätte, wie schon früher als Statiker und Architekt nebenberuflich zu arbeiten und damit sein Gehalt aufzubessern. Dass er sich bereits vor 1939 nebenberuflich betätigt hat, ist kein Indiz, um hieraus die Wahrscheinlichkeit einer selbständigen Tätigkeit abzulesen, sondern sie ist allein als eine nebenberufliche Beschäftigung eines technischen Angestellten zu werten, die darauf ausgerichtet war, die monatlichen Einnahmen zu verbessern.
Der Senat ist daher mit dem Vordergericht der Ansicht, dass keine konkreten Anhaltspunkte für den von der Klägerin behaupteten Werdegang des selbständigen Architekten und Statikers vorliegen, sondern er vielmehr wahrscheinlich ist, dass er bei gesunder Heimkehr aus dem Krieg wiederum öffentlicher Angestellter geworden wäre. Dem hat der Beklagte mit der Berechnung des Schadensausgleichs unter Berücksichtigung des Höchstbetrages der Grundvergütung in Vergütungsgruppe IV Berechnung getragen.
Der Berufung war daher der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
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