L 4 KA 22/06

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5/27 KA 3465/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 22/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 57/07 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 2005 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits auch im zweiten Rechtszug zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 5.902,62 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Arzneikostenregress im Wege der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten und ergänzender Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung für die Quartale II und III/98 und I/99 in Höhe von noch 11.805,23 EUR.

Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis aus einem Allgemeinmediziner, der seit 22. Februar 1983 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist und einer Ärztin, die seit 30. März 1993 zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist. In den streitbefangenen Quartalen lag die Fallzahl der Praxis fast beim Doppelten (in zeitlicher Reihenfolge: +93,79 %, +101,68 %, +97,22 %) der Durchschnittsfallzahl der Praxen der Vergleichsgruppe der Ärzte für Allgemeinmedizin / Praktischen Ärzte in Hessen. Der Anteil der versicherten Rentner lag leicht über dem Durchschnitt (+10 %, +6,67 %, +10,71 %), ebenso die Honoraranforderungen je Fall (+10 %, +8 %, +5 %). Bei den zugeordneten Arzneikosten überschritt der Kläger den Durchschnitt der Vergleichsgruppe um 39 %, 43 % und 53 %. Die geringste Überschreitung bei den einzelnen Versichertengruppen (Mitglieder – M / Familienangehörige – F / Rentner – R) lag bei F im Quartal III/98 mit 31 % vor. Bei den Krankenhauseinweisungen (Primärkassen - PK) lag die Praxis unter den Durchschnittswerten, außer bei R III/98. Arbeitsunfähigkeit (PK) wurde II/98 unter- und III/98 und I/99 überdurchschnittlich häufig festgestellt.

Die Verbände der Krankenkassen in Hessen beantragten mit am 30. Juni 1999 (II/98), 29. September 1999 (III/98) und 28. März 2000 (I/99) eingegangenen Schreiben die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Arzneiverordnungsweise nach Durchschnittswerten für die zuvor genannten Quartale. Dem Prüfungsausschuss (PA) lag für die Vergleichsprüfung eine Verordnungsübersicht über die beim Kläger pro Fall und Quartal durchschnittlich entstandenen Kosten für Arzneimittelverordnungen vor, aus der sich allerdings weder die Zahl noch die Bruttowerte der je Versichertengruppe von dem Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel unter jeweiliger Angabe von deren Handelsname, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße ergaben. Ferner lagen dem Prüfungsausschuss Übersichten über die statistischen Daten der Ärzte für Allgemeinmedizin in Hessen sowie die Anzahl- und Summenstatistik der Beigeladenen zu 1. bezüglich der klägerischen Praxis für das geprüfte Quartal vor. Außerdem wurde eine nicht näher bezeichnete Anzahl "Behandlungsscheine" und "Rezepte" der Beigeladenen zu 2. und 4. mit dem Vermerk "Vollständigkeit unter Vorbehalt" beigezogen. Mit Prüfungsbescheid vom 27. September 2000 setzte der PA im Wege der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise für das Quartal II/98 einen Regress in Höhe von 5.691,84 DM (1936 Fälle zu je 3,50 DM) und für das Quartal III/98 in Höhe von 13.870,08 DM (2064 Fälle zu je 8,00 DM) fest, wobei dem Kläger Überschreitungen gegenüber dem Durchschnitt in Höhe von 35 % belassen und Apothekenrabatt- und Patientenzuzahlungsbeträge mit einem Abschlag von 16 % pauschal berücksichtigt wurden. Kompensatorische Einsparungen und Praxisbesonderheiten wurden nicht anerkannt. Besonders wies der PA auf Einsparmöglichkeiten bei der Verordnung von Antirheumatika, Salben und Schlafmitteln und generell bei Originalpräparaten und Verordnungsmengen hin.

Mit weiterem Prüfungsbescheid vom 29. März 2001 setzte der PA im Wege der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten wegen unwirtschaftlicher Verordnungsweise für das Quartal I/99 einen Regress in Höhe von 33.690,72 DM (2168 Fälle zu je 18,50 DM) fest, wobei dem Kläger erneut Überschreitungen gegenüber dem Durchschnitt in Höhe von 35 % belassen und Apothekenrabatt- und Patientenzuzahlungsbeträge mit einem Abschlag von 16 % pauschal berücksichtigt wurden. Kompensatorische Einsparungen und Praxisbesonderheiten wurden nicht anerkannt. Eine fehlerhafte Zuordnung eines Hilfsmittels wurde berücksichtigt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er u. a. die Richtigkeit der zugrunde liegenden Arzneikostenstatistik bestritt, weil in einem Fall im Quartal I/99 aufgrund fehlerhafter Kennzeichnung im Originalverordnungsblatt die Verordnung eines Hilfsmittels möglicherweise in die Arzneikostenstatistik eingegangen sei, wie der PA im Bescheid vom 29. März 2001 selbst ausgeführt habe und damit generell solche und andere fehlerhaften Zuordnungen nicht auszuschließen seien.

Der Beklagte beauftragte sein Mitglied, den Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. S., mit einer ergänzenden Einzelfallprüfung anhand von 10% der Gesamtfälle aus den streitigen Quartalen (II/98 202, III/98 215 und I/99 227 M/F/R-Fälle der AOK Hessen und der DAK). Der Prüfarzt schlug in seinem Prüfbericht vom 11. März 2002 die vermehrte Verordnung von Generika vor und wies auf die Verordnung von Arzneien mit geringer Wirksamkeit und fraglichem Nutzen hin. Die ländliche Lage und die damit verbundene Verordnungsübernahme für andere Praxen habe aber zu einer "Relativierung" führen sollen.

Die Hinzuziehung der von den Krankenkassen nach §§ 295 Abs. 3 Nr. 5, 296 Abs. 3 und 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V in der Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes – GSG - vom 21. Dezember 1992 - BGBl. I Seite 2266) an die kassenärztlichen Vereinigungen zu meldenden Verordnungsdaten oder sämtlicher Original-Rezepte unterblieb.

Mit Beschluss vom 20. September 2002 setzte der Beklagte aufgrund seiner Sitzung vom 24. April 2002, an der die Inhaber der Klägerin teilnahmen, den Regress im Quartal III/98 auf 3,50 DM pro Fall für 831 M-Fälle, 3,75 DM für 596 F-Fälle und 8,00 DM für 637 RFälle abzüglich eines Pauschalausgleichs i.H.v. 16 % (somit insgesamt 8.601,18 DM) herab. Ferner erfolgte eine Reduzierung des Regresses im Quartal I/99 auf 5,00 DM für 2168 M/F/R-Fälle abzüglich 16 % Pauschalausgleich (somit insgesamt 9.105,60 DM). Hinsichtlich des Quartals II/98 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Hierbei folgte er dem Prüfbericht Dr. S. mit dem dort aufgrund der ergänzenden Einzelfallprüfung von 10 % der Fälle mit Hochrechnung errechneten Einsparpotential, das für das Quartal II/98 auch nach gesonderter Berücksichtigung eines weiteren als besonders kostenintensiv anerkannten Falles 14.030,88 DM bei 1.936 Fällen betrug und damit abzüglich eines Sicherheitsabschlags von 25 % noch deutlich über dem vom PA festgesetzten Regress lag. Für das Quartal III/98 und das Quartal I/99 wurden Einsparpotentiale von jeweils 10.239,50 DM brutto errechnet. Dabei wurden besonders teure Fälle über dem Durchschnitt des Verordnungskostenwertes der Klägerin im jeweiligen Quartal nicht hochgerechnet sondern lediglich zum hochgerechneten Betrag addiert. Praxisbesonderheiten oder kompensatorische Einsparungen wurden nicht festgestellt. Der leicht erhöhte Rentneranteil sei schon bei dem gewichteten Überschreitungswert berücksichtigt. Die Patientenklientel weiche nicht wesentlich von der Zusammensetzung der Vergleichsgruppe ab. Die ländliche Struktur des Einzugsgebietes der Praxis bedinge keine Besonderheiten. Ein Zusammenhang zwischen der Arzneimitteltherapie und den verminderten Krankenhauseinweisungen sei nicht erkennbar. Der Prüfungsantrag sei für das Quartal III/98 am 29. September 1999 noch fristgerecht eingegangen. Anhaltspunkte für eine Fehlerhaftigkeit der elektronisch gemeldeten Verordnungsdaten seien nicht ersichtlich.

Gegen den ihm am 21. September 2002 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 14. Oktober 2002 mit dem Ziel der Neubescheidung ihrer Widersprüche Klage beim Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben, mit der sie u.a. die Richtigkeit der ihr zugeordneten Verordnungskosten bestritten und die Einsichtnahme in sämtliche Originalverordnungsblätter beantragt hat. Außerdem sei die Antragsfrist für das Quartal III/98 versäumt gewesen, weil der Antrag nach einem nachträglich durchgestrichenen Eingangsstempel erst am 1. Oktober 1999 eingegangen sei. Der Prüfanspruch sei in allen Quartalen verwirkt, weil sie nicht unverzüglich über die Prüfanträge unterrichtet worden sei. Auch fehle es an einer gezielten Beratung vor Festsetzung des Regresses.

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte die Kopie einer Empfangsbestätigung der Beigeladenen zu 7. vom 29. September 1999 über die Prüfungsanträge für das Quartal III/98 u.a. bezüglich der Klägerin vorgelegt und im Übrigen den Regress für das Quartal I/99 auf 4,83 DM pro Fall abzüglich 16 % Pauschalausgleich (bei 2168 Fällen somit insgesamt 8.796,01 DM) herabgesetzt.

Mit Urteil vom 16. November 2005 hat das Sozialgericht (SG) den Beschluss des Beklagten vom 20. September 2002 auch im Übrigen aufgehoben und diesen verpflichtet, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Das Antragserfordernis für das Quartal III/98 sei erfüllt, wobei nach der Rechtsprechung des BSG (u.a. Urteil vom 27. Juni 2001, B 6 KA 66/00 R) der in der Prüfvereinbarung festgelegten Antragsfrist keine materiell-rechtliche Bedeutung beizumessen sei. Die Antragsfrist sei aber auch gar nicht versäumt, weil aufgrund der Empfangsbestätigung des Beigeladenen zu 7. und des Eingangsstempels vom 29. September 1999 keine Zweifel am fristgemäßen Eingang des Prüfantrages bestünden. Schließlich sei der Prüfanspruch auch nicht verwirkt, denn Vertrauensschutz bestehe zugunsten des Vertragsarztes nach ständiger Rechtsprechung des BSG nur, soweit seit der vorläufigen Honorarabrechnung ein Zeitraum von mehr als vier Jahren verstrichen sei. Bis dahin müsse der Vertragsarzt mit einer Wirtschaftlichkeitsprüfung rechnen.

Auch sei die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten durch § 106 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB V in der Fassung des GSG rechtlich gedeckt. Die Verordnungswerte des Klägers hätten allerdings die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis von mehr als 40 % gegenüber den Vergleichswerten der Fachgruppe noch nicht überschritten. Bei Überschreitungen der Arzneiverordnungskosten im Bereich der darunter liegenden so genannten Übergangszone könne der Nachweis der Unwirtschaftlichkeit aber anhand einer die Verordnungsweise des Arztes genügend beleuchtenden Zahl von Beispielen geführt werden. Dabei sei es zulässig, im Rahmen einer ergänzenden Einzelfallprüfung von 10 % der Behandlungsfälle die dort festgestellten Unwirtschaftlichkeiten auf die Gesamtzahl der Behandlungsfälle hochzurechnen. Die Festsetzung des Regresses aufgrund dieser Hochrechnung abzüglich eines Sicherheitsabschlages von 25 % bewege sich im Rahmen des dem Beklagten zustehenden Ermessensspielraums, zumal dieser besonders teure Fälle nicht hochgerechnet, sondern zum hochgerechneten Betrag addiert habe. Im Rahmen seines Ermessensspielraumes habe der Beklagte auch zutreffend das Vorliegen von Praxisbesonderheiten und kompensatorischen Einsparungen verneint.

Jedoch sei der Beklagte verpflichtet gewesen, der Klägerin die Möglichkeit einzuräumen, ihre "ansatzweise" konkretisierten Einwendungen gegen die Richtigkeit der zugrunde liegenden Verordnungsdaten durch Einsichtnahme in die vorliegenden und dann auch möglichst vollständig beizuziehenden Verordnungsunterlagen zu überprüfen und auf dieser Grundlage zu konkretisieren. Hierzu habe er ihr unter entsprechendem Hinweis eine Frist setzen müssen, was nicht geschehen sei und daher einen Verfahrensmangel begründe. Dieser Mangel könne auch nicht im Gerichtsverfahren geheilt werden, weil die Festsetzung des Regresses letztlich auf dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungs- und Ermessensspielraum des Beklagten beruhe, der insoweit auch die nötige Sachkunde besitze. Vor der Festsetzung eines Regresses sei eine gezielte Beratung nicht zwingend erforderlich. Zumindest bei weniger gravierenden Überschreitungen hätten die Prüfgremien jedoch im Rahmen der Ermessensausübung zu begründen, weshalb statt der gezielten Beratung die Festsetzung eines Regresses erfolge. Dies habe der Beklagte bei der Neubescheidung zu beachten.

Zwar müsse das Gericht die Sache grundsätzlich spruchreif machen und dabei den Sachverhalt vollständig ermitteln, auch soweit die Behörde das nicht getan habe. Eine Zurückverweisung an die Verwaltung mit der Auflage, die erforderlichen Feststellungen zu treffen, sei in aller Regel unzulässig. Dem stehe nicht entgegen, dass Prüfbescheide, weil den Prüfgremien ein weiter Beurteilung- und Ermessensspielraum zustehe, nur einer eingeschränkten Kontrolle durch die Gerichte unterliege. Grundsätzlich müsse das Gericht selbst feststellen, ob der Entscheidung der Prüfgremien ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liege, weil es um eine Aufhebung der Prüfbescheide wegen Beurteilungs- bzw. Ermessensfehlern gehe.

Gleichwohl könne sich das Gericht aber ohne Herstellung der Spruchreife auf ein Bescheidungsurteil beschränken, wenn es andernfalls der Verwaltung unangemessen vorgreifen würde oder wenn noch weitere Ermittlungen oder Berechnungen notwendig seien, die zweckmäßigerweise durch die besser dafür ausgerüstete Verwaltung auszuführen seien, insbesondere wenn die Gefahr bestehe, dass sonst das Verfahren unangemessen verzögert werde oder Unstimmigkeiten entstünden. Hierbei gehe es um die Herbeiführung einer sinnvollen Funktionsverteilung zwischen Gerichtsbarkeit und Verwaltung dort, wo die Behörde im Verwaltungsverfahren wesentliche Sachaufklärung bisher unterlassen habe. In diesem Sinne sei eine Zurückverweisung an die Verwaltung unter anderem dann zulässig, wenn die Entscheidung einem besonders qualifizierten Fachgremium oder mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörden oder Ausschüssen übertragen sei, die bisher überhaupt nicht mit der Sache befasst waren oder infolge fehlerhafter rechtlicher Überlegungen aus anderen Gründen wesentliche Voraussetzungen des beantragten Verwaltungsakts in tatsächlicher Hinsicht bisher überhaupt noch nicht oder nur unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften geprüft haben, und die Sachverhaltsfeststellung noch umfangreiche Ermittlungen und besonderer Fachkunde erfordere. Zu den besonders gelagerten Fallgestaltungen, in denen eine Ausnahme von der Pflicht des Gerichts zur Herstellung der Spruchreife anerkannt werden könne, gehöre auch die, dass dem Gericht der sächliche und personelle Apparat fehle, um das Begehren sachgerecht bearbeiten zu können. Könne eine umfangreiche Sachaufklärung durch das Gericht nur unter Inanspruchnahme Sachverständiger Dritter durchgeführt werden, während der Behörde - zumindest - gleiche gute Erkenntnismittel zur Verfügung stünden, so sei auch das Kostenargument von Bedeutung, und zwar im Interesse des Klägers für den Fall seines Unterliegens (vgl. Kuntze in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 3. Auflage, 2005, § 113 VwGO, Rdnr. 101). So habe auch das Bundessozialgericht (BSG) den Erlass eines Bescheidungsurteils auch deswegen für geboten erachtet, weil der Beschwerdeausschuss umfangreiche weitere Berechnungen anstellen, Klarstellungen und Feststellungen treffen und Ermittlungen habe durchführen müssen, die derart zu seinem eigentlichen verwaltungsmäßigen Aufgabenbereich gehörten, dass eine Herbeiführung der Spruchreife durch das Gericht dieses nicht nur überfordern, sondern auch der Gewaltenteilung widersprechen würde (vgl. BSG, Urteil vom 18. Mai 1983 - 6 RKa 18/80 -, BSGE 55, S. 110 ff., 115; Engelhard in Hauck/Noftz, Sozialgesetzbuch V - Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Erg.-Lfg. 8/04 - XII/04, § 106 SGB V, Rdnr. 564). In diesem Zusammenhang sei auch beachtlich, dass das BSG in ständiger - auch neuerer - Rechtsprechung die Entscheidungsspielräume der Prüfgremien mit den medizinischen Kenntnissen und dem ärztlichen Erfahrungswissen dieser Gremien begründet und dabei die besondere Sachkompetenz des Beschwerdeausschusses herausgestellt habe (BSG, Urteile vom 16. Juli 2003 - B 6 KA 45/02 R und B 6 KA 44/02 R - und vom 9. März 1994 - 6 RKa 5/92; Engelhard, a.a.O., Rdnrn. 554 und 598).

Das Gericht besitze nicht die technische Infrastruktur für die maschinelle Auswertung einer Vielzahl von Verordnungsnachweisen oder die Kapazitäten für eine manuelle Kontrolle dieser Nachweise. Der zuständige Berufsrichter verfüge ebenfalls nicht über die notwendigen medizinischen Kenntnisse, um die Verordnungen des Arztes selbst prüfen zu können. So etwa wenn bei der Verordnung eines Pflasters aus dem Namen nicht hervorgehe, ob es sich hierbei um Verbandsmittel oder vielmehr um Heilpflaster als Arzneimittel handle. Diese Prüfungen und Feststellungen gehörten zum Kernbereich der Verwaltungsaufgaben der Prüfgremien und nicht zu der den Gerichten obliegenden Kontrolle dieser Feststellungen. Außerdem könne nicht außer Acht bleiben, dass es den Prüfgremien in aller Regel nicht gelinge, sämtliche Verordnungsunterlagen beizuziehen, weshalb sie in jedem Fall eine Ermessensentscheidung über die Höhe des verbleibenden Regresses zu treffen hätten.

Gegen das ihm am 31. März 2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 18. April 2006 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Der angegriffene Beschluss des Beklagten sei nicht wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben gewesen. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, der Klägerin auf ihr unsubstantiiertes Bestreiten der Richtigkeit der elektronisch erfassten Verordnungsdaten eine Frist zur Konkretisierung ihres Vorbringens einzuräumen. Die in einem Fall festgestellte Zuordnung einer Heilmittelverordnung zu den Arzneikosten wegen eines Kennzeichnungsfehlers des Arztes rechtfertige nicht die Annahme, die fehlerhafte Kennzeichnung sei auch in die Arzneikostenstatistik eingegangen. Bei wertender Betrachtung sei es nicht zu rechtfertigen, den Prüfgremien wegen einer fehlerhaften und somit pflichtwidrigen Kennzeichnung durch den Arzt weitergehende Sachverhaltsermittlungspflichten aufzuerlegen. Aus dem Geschehensablauf sei nicht zu erkennen, dass die Klägerin noch ergänzend zur Statistikproblematik habe vortragen wollen. Sie habe auch bis zum heutigen Zeitpunkt anhand ihrer Unterlagen keine substantiierten Einwendungen gegen die Richtigkeit der dem Regress zugrunde liegenden Daten erhoben, weshalb nach ständiger Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 27. April 2005 - B 6 KA 1/04 R und vom 2. November 2005 - B 6 KA 63/04 R) die Beiziehung von Original-Verordnungsunterlagen entbehrlich gewesen sei. Bereits im Prüfungsverfahren sei der Kläger verpflichtet, nachvollziehbar darzulegen, dass die ihm zugerechneten Verordnungskosten mit seinen Unterlagen hinsichtlich Zahl und wirtschaftlichem Wert der ausgestellten Verordnungen nicht übereinstimmten. Damit gingen entsprechende Mitwirkungspflichten des Vertragsarztes einher. Dessen Angelegenheit sei es, die zur Begründung seines Anspruchs dienenden Tatsachen so genau wie möglich anzugeben und zu belegen, vor allem, wenn er sich auf für ihn günstige Tatsachen berufen wolle, die allein ihm bekannt seien oder nur durch seine Mithilfe aufgeklärt werden könnten (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 28. Juni 2006 - L 4 KA 24/05). Im Übrigen sei schon nach der früheren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 20. September 1988 - 6 RKa 22/87) bekannt gewesen, dass bereits im Widerspruchsverfahren die Beweisführung des Vertragsarztes vollständig aufzubereiten und darzulegen gewesen sei. Auch bei Einzelverordnungen habe der Kläger keine fehlerhafte Zuordnung dargetan. Selbst wenn entgegen dieser Auffassung ein Verfahrensfehler anzunehmen sei, so sei dieser durch die Teilnahme des Klägers an der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geheilt worden. In seinem Urteil vom 24. April 2005 (B 6 KA 39/04 R) gehe das BSG ebenfalls davon aus, dass Verfahrensfehler auch bei Kollegialbehörden gemäß § 41 SGB X heilbar seien.

Im Übrigen habe das SG Zweifeln bezüglich der Richtigkeit der zugrunde liegenden Verordnungsdaten selbst nachgehen müssen, statt an den Beklagten zurückzuverweisen.

Zusammenfassend liege kein Fall vor, in dem nach in der Rechtsprechung des BSG Anlass bestanden hätte, die vollständige Vorlage der Verordnungsblätter zu fordern und diese einer erneuten Prüfung zu unterziehen beziehungsweise gegebenenfalls einen Sicherheitsabschlag vorzunehmen.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 16. November 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beigeladenen haben sich in der Sache nicht geäußert und sind trotz Ladung unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens zur mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte eine Entscheidung durch Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung in Abwesenheit der ordnungsgemäß unter Hinweis auf die Folgen des Ausbleibens geladenen Beigeladenen treffen (entsprechend §§ 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG).

Die Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

Das SG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht unter Aufhebung des Beschlusses vom 20. September 2002 zur Neubescheidung (der Widersprüche) der Klägerin verurteilt.

Dem Beklagten ist zwar kein Verfahrensfehler unterlaufen, weil er der Klägerin auf deren unsubstantiiertes Bestreiten der Richtigkeit der elektronisch erfassten und vom Beklagten der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten zugrunde gelegten Verordnungsdaten nicht nochmals die Möglichkeit zur Erweiterung und Konkretisierung ihres Vortrags eingeräumt hat, zumal eine solche Absicht der Klägerin nicht erkennbar war. Insoweit kann dahingestellt bleiben, ob ein solcher Verfahrensfehler nach § 41 Abs. 2 SGB X grundsätzlich noch in der letzten gerichtlichen Tatsacheninstanz geheilt werden kann, wofür allerdings einiges spricht.

Der Beschluss des Beklagten erweist sich jedoch wegen Verstoßes gegen den Untersuchungsgrundsatz nach § 20 Abs. 1 und 2 SGB X als verfahrensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil der für die Entscheidung des Beklagten maßgebliche Sachverhalt nicht geklärt ist und im Gerichtsverfahren aus Gründen der sächlichen und personellen Ausstattung und bei Beachtung der Gewaltenteilung auch nicht geklärt werden kann, weshalb er nach insoweit zutreffender Auffassung des SG aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung des Widerspruchs des Klägers zu verurteilen war.

Das BSG hat in seinen Urteilen vom 27. April 2005 (B 6 KA 1/04 R) und vom 2. November 2005 (B 6 KA 63/04 R) zwar unmissverständlich ausgeführt, dass der geprüfte Arzt keinen Anspruch auf Beiziehung sämtlicher Originalverordnungen beziehungsweise der hiervon angefertigten "Printimages" (zum Begriff siehe: BSG, Urteil vom 27. April 2005 - B 6 KA 1/04 R , Juris Rdnr. 20) hat, wenn er pauschal und ohne konkrete Darlegung die Richtigkeit seiner elektronisch erfassten Verordnungsdaten bestreitet, wie dies hier geschehen ist. Eine konkrete Überprüfung der zugrunde liegenden elektronischen Verordnungsdaten anhand der eigenen Verordnungsunterlagen des geprüften Arztes ist aber nur möglich, wenn dem Arzt wie auch den Prüfgremien selbst sämtliche von den Krankenkassen nach den hier noch maßgeblichen Regelungen in § 296 Abs. 3 und 4 i.V.m. § 295 Abs. 3 Nr. 5 SGB V (in der Fassung des GSG) an die kassenärztliche Vereinigung zu meldenden Verordnungsdaten zur Verfügung stehen. Erst diese elektronisch erfassten und gemeldeten Einzeldaten zum Verordnungsvolumen im Prüfzeitraum ermöglichen es dem Arzt, die "Plausibilität" der ihm zugeordneten Verordnungen detailliert zu prüfen und mit seinen eigenen Unterlagen abzugleichen. Lediglich je Kassenart zusammengefasste Arznei- und Heilmittelausgaben genügen hierfür nicht. Vielmehr müssen die von jeder Krankenkasse geführten erweiterten Arzneimitteldateien vorgelegt werden, welche unter anderem sowohl die Zahl als auch die Bruttowerte der je Versichertengruppe von dem Arzt verordneten Arznei- und Verbandmittel unter jeweiliger Angabe von deren Handelsname, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße ausweisen (so: BSG, Urteil vom 2. November 2005 - B 6 KA 63/04 R, Juris Rdnr. 32 und Maaß, Die Entwicklung des Vertragsarztrechts in den Jahren 2005 und 2006, NZS 2007, S. 16). Dem schließt sich der erkennende Senat an. In dem hier streitigen Quartal haben die Prüfgremien keine solchen erweiterten Arzneimitteldateien beigezogen und dem Kläger zugänglich gemacht. Bezüglich der Arzneimittelverordnungen lag jeweils nur eine bereits zusammengefasste Verordnungsübersicht vor, aus der die zuvor genannten Einzeldaten nicht ersichtlich sind und aus der sich lediglich der Fallwert bestimmter Arzneiverordnungen des geprüften Arztes pro Versichertengruppe im jeweiligen Quartal gegenüber dem Fallwert der Vergleichsgruppe ergibt. Die ebenfalls beigefügte Anzahl- und Summenstatistik der Beigeladenen zu 1. enthält insoweit ebenso keine für die Überprüfung der Richtigkeit der elektronisch erfassten Daten über Arzneimittelverordnungen verwendbaren Angaben.

Aus diesem Grund war es der Klägerin auch nicht möglich, anhand der eigenen Verordnungsunterlagen die Richtigkeit der der Prüfung zugrunde liegenden elektronisch erfassten Verordnungsdaten zu überprüfen, selbst wenn ihr der Beklagte hierzu weitere Gelegenheit eingeräumt hätte.

Die Hinzuziehung der erweiterten Arzneimitteldateien der Krankenkassen war auch nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der Beklagte eine ergänzende Einzelfallprüfung mit anschließender Hochrechnung vorgenommen hat. Denn diese Prüfmethode, der nur 10 % aller Fälle des jeweiligen Quartals des geprüften Arztes zugrunde liegen, ist nur dann zulässig, wenn aufgrund der statistischen Vergleichsprüfung nach Durchschnittswerten fest steht, dass sich die Verordnungskosten des Arztes im Bereich der so genannten Übergangszone zum offensichtlichen Missverhältnis bewegen (so: BSG, Urteil vom 27. April 2005, a.a.O., Juris Rdnr. 16). Ist dieser Nachweis aber etwa wegen einer unzutreffenden Datengrundlage nicht zu führen, bleibt dem Beklagten nur die strenge oder die eingeschränkte Einzelfallprüfung von mindestens 20 % der Fälle des Arztes als Prüfmethode übrig (siehe BSG, Urteil vom 8. April 1992, - 6 RKa 27/90, Juris Rdnrn. 38 ff.). Die erweiterten Arzneimitteldateien der Krankenkassen sind auch nicht erst auf Antrag oder nach Erhebung bereits konkreter Einwände gegen die Richtigkeit der Datengrundlage sondern von Amts wegen beizuziehen und von den Prüfgremien selbst auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen (so BSG, Urteil vom 2. November 2005, a.a.O., Juris Rdnr. 33).

Der Senat schließt sich den Gründen des angefochtenen Urteils des SG an, soweit es eigene Ermittlungen zur Überprüfung der Richtigkeit der den Prüfgremien vorliegenden elektronisch erfassten Verordnungsdaten abgelehnt und den Beklagten insoweit zur Neubescheidung verurteilt hat. Zwar ist das Gericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht (§ 103 Sozialgerichtsgesetz - SGG) grundsätzlich verpflichtet, die erforderlichen Ermittlungen nötigenfalls unter Hinzuziehung geeigneter Sachverständiger bis zur vollständigen Aufklärung des maßgeblichen Sachverhalts selbst durchzuführen. Auch umfasst der Beurteilungsspielraum der Prüfgremien nur die Bereiche, die einer Bewertung unter Heranziehung der besonderen Fachkunde der Mitglieder der Prüfgremien bedürfen, wie etwa die Feststellung und Bewertung von Praxisbesonderheiten, während bei der Feststellung der zugrunde liegenden Tatsachen kein solcher Beurteilungsspielraum besteht (so: BSG, Urteil vom 2. November 2005, a.a.O., Rdnrn. 36, 37). Das Gericht kann sich aber auch im Bereich der gebundenen Verwaltung auf ein Bescheidungsurteil beschränken, wenn der Kläger dies - wie hier geschehen - beantragt oder wenn noch weitere Ermittlungen oder Berechnungen notwendig sind, die zweckmäßiger durch die besser dafür ausgerüstete Verwaltung auszuführen sind, insbesondere wenn die Gefahr besteht, dass das Verfahren sonst unangemessen verzögert wird oder Unstimmigkeiten entstehen (so: Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 8. Auflage, § 131 Rdnr. 12c m.w.N.).

Auch das BSG hat bereits in seiner Rechtsprechung gelegentlich betont, dass der Erlass eines Bescheidungsurteils schon deshalb geboten sein kann, weil der Beklagte (dort: Beschwerdeausschuss) umfangreiche weitere Berechnungen anstellen, Klarstellungen und Feststellungen treffen und Ermittlungen durchführen muss, die derart zu seinem eigentlichen verwaltungsmäßigen Aufgabenbereich gehören, dass eine Herbeiführung der Spruchreife durch das Gericht dieses nicht nur überfordern, sondern auch der Gewaltenteilung widersprechen würde (so: BSG, Urteil vom 18. Mai 1983 - 6 RKa 18/80, Juris Rdnr. 16). Dem schließt sich der erkennende Senat an.

So aber verhält es sich im vorliegenden Fall, denn die Hinzuziehung der von den Krankenkassen den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung zu stellenden elektronischen Einzeldaten über die Arzneimittelverordnungen des Klägers, die nicht mit den Originalverordnungsunterlagen oder den "Printimages" hiervon zu verwechseln sind, ist eine derart wesentliche Voraussetzung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung, dass bei ihrem Unterlassen ein Verwaltungsverfahren im Wesentlichen nicht stattgefunden hat, jedenfalls wenn - wie hier - gerade auch die Richtigkeit der zugrunde liegenden elektronischen Daten bestritten war. Denn erst aufgrund der Hinzuziehung der zuvor genannten elektronischen Einzeldaten von den einzelnen Krankenkassen kann der geprüfte Arzt überhaupt die Stimmigkeit anhand seiner eigenen Verordnungsunterlagen überprüfen und Fehler gegenüber den Prüfgremien konkret und schlüssig darlegen. Erst dann ist auch die Feststellung möglich, ob die für den Arzt gemeldeten Verordnungskosten wegen Erreichens der 5%-Grenze in erheblichem Umfang fehlerhaft sind und damit dem Anscheinsbeweis insgesamt zutreffend elektronisch erfasster Verordnungskosten die Grundlage entzogen ist, was erst die Notwendigkeit der Hinzuziehung möglichst aller Originalverordnungsunterlagen oder "Printimages" hiervon begründen würde. Für die Durchführung dieser Aufgaben, die den wesentlichen Kern der Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren vor den Prüfgremien bilden, sind die Gerichte weder sächlich noch personell hinreichend ausgestattet. In diesem Zusammenhang ist es zur Überzeugung des Senats mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz der Gewaltenteilung auch nicht vereinbar, wenn sich die Gerichtsbarkeit, deren Aufgabe es ist, die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns im Einzelfall auf Antrag eines hiervon Betroffenen zu überprüfen, die erforderliche sachliche und personelle Kompetenz für weitere Sachermittlungen erst durch Beauftragung eines oder mehrerer ärztlicher Sachverständiger oder anderer Einrichtungen beschaffen müsste, wie dies hier aufgrund der unterlassenen Ermittlungen des Beklagten der Fall wäre, obgleich der Gesetzgeber im Verwaltungsverfahren gerade die mit der notwendigen Sachkompetenz ausgestatteten Prüfgremien geschaffen hat, um den Rückgriff auf solche Ermittlungshilfen schon im Verwaltungsverfahren zu vermeiden. Dies wäre mit dem Sinn der Einrichtung mit besonderer Sachkompetenz ausgestatteter Prüfgremien nicht vereinbar, zumal diese es durch Unterlassen der wesentlichen Ermittlungen in der Hand hätten, ihren gesetzlichen Auftrag im Wesentlichen zu unterlaufen. Außerdem würde es schon auf erhebliche technische Schwierigkeiten stoßen, wenn die Gerichtsbarkeit selbst die erforderlichen elektronischen Einzelverordnungsdaten bei den Krankenkassen anfordern müssten. Darüber hinaus müssten im vorbereitenden Verfahren unabhängige ärztliche Sachverständige mit der Überprüfung möglicher Einwendungen des Klägers anhand der eigenen Verordnungsunterlagen gegenüber den übermittelten elektronischen Verordnungsdaten, wie sie der Wirtschaftlichkeitsprüfung (möglicherweise) zugrunde lagen, beauftragt werden, die damit zumindest partiell an Stelle der paritätisch besetzten Prüfgremien deren Aufgaben bewältigen müssten. Der Senat schließt sich daher insoweit in vollem Umfang der zutreffenden Begründung des angegriffenen Urteils des SG zur Frage der Zurückverweisung an den Beklagten an und nimmt hierauf ergänzend Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Senat macht sich außerdem die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu Eigen, soweit das SG eine Verwirkung des Prüfanspruchs der Verbände der Krankenkassen unter dem Gesichtspunkt einer nach klägerischer Auffassung verspäteten Information über die vorliegenden Prüfanträge und auch die zwingende Notwendigkeit einer gezielten Beratung vor Festsetzung des Regresses verneint und die Antragsvoraussetzungen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung für das Quartal III/98 bejaht hat. Ebenso zutreffend hat das SG bereits ausgeführt, dass der Beklagte im Rahmen seiner Ermessensbetätigung bei Neubescheidung auch erkennbar Erwägungen anstellen muss, aus welchen Gründen die Festsetzung eines Regresses einer gezielten Beratung (§ 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V) vorzuziehen war, sofern der Beklagte nicht vom Regress Abstand nehmen sollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung von außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die keine Kosten zu erstatten haben, weil sie im Berufungsverfahren keine Anträge gestellt haben, war aus Billigkeitsgründen nicht geboten.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn die Rechtssache hat insbesondere auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Grundsätze der Wirtschaftlichkeitsprüfung im Arzneikostenregress sind in der Rechtsprechung des BSG bereits umfassend entwickelt. Auch die Möglichkeit des Erlass eines Bescheidungsurteils im Falle der Notwendigkeit weiterer umfangreicher Berechnungen, Klarstellungen und Feststellungen im Wirtschaftlichkeitsprüfungsverfahren beruht auf der Rechtsprechung des BSG.

Der Streitwert war gemäß § 197 Abs. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) für das Berufungsverfahren endgültig festzusetzen. Dieser ist nach der sich aus dem Antrag des Rechtsmittelführers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§§ 47, 52 Abs. 1 GKG). Insgesamt sind zwischen den Beteiligten noch Arzneikostenregresse in Höhe von 11.805,23 EUR streitig. Da die Klägerin entsprechend ihrem Antrag aber nur ein Bescheidungsurteil erwirkt hat, ist dieser Betrag zu halbieren. Der Senat folgt insoweit weiterhin seiner bisherigen ständigen Rechtsprechung, die insoweit der des 7. Senats des Hessischen Landessozialgerichts entspricht (siehe Beschlüsse vom: 20. Mai 2005 - L 6/7 B 52/03 KA, 17. Mai 2004 - L 7 B 116/01 KA und L 7 B 117/01 KA, 5. Oktober 2005 - L 4 B 79/05 KA und vom 10. Oktober 2005 - L 4 B 70/05 KA). Maßgeblich ist hierbei, dass mit dem Bescheidungsurteil gerade noch nicht die vollständige Aufhebung des Arzneikostenregresses erreicht werden kann. Es handelt sich daher um ein "Weniger" gegenüber einem Antrag auf vollständige Aufhebung des Regresses. Nach der gesamten Einlassung des Klägers und dem Stand der Sachermittlungen ist die vollständige Aufhebung des Regresses auch nicht ausnahmsweise das wirtschaftlich hinter dem Bescheidungsurteil stehende Ziel, das der Kläger damit schon erreicht hätte. Dem insoweit auch eingeschränkten wirtschaftlichen Interesse des Beklagten entspricht es daher, für die Bildung des Streitwertes den Regressbetrag um die Hälfte auf 5.902,62 EUR zu reduzieren.
Rechtskraft
Aus
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