Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 1227/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 11 U 363/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 34/03 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligen haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit (BK).
Der im Jahre 1943 geborene Kläger war nach Tätigkeiten als Schreiner zwischen 1971 und 1976 Pflegepraktikant, Schüler der Krankenpflegehilfe, Krankenpflegehelfer und Schüler der Krankenpflegeschule. Seitdem war er als Krankenpfleger im Psychiatrischen Krankenhaus R. beschäftigt.
Am 19. Juli 1993 erstatteten die Dres. B. und E., L., eine ärztliche Anzeige über eine BK des Klägers, der an Rücken- und Kreuzschmerzen leide. Es bestünden osteochondrotische Veränderungen der Wirbelsäule sowie ein Bandscheibenvorfall L 4/5 rechts. Mit der Beiziehung ärztlicher Unterlagen sowie der Anforderung einer Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung leitete die Beklagte das Feststellungsverfahren ein. In ihrer Stellungnahme vom 30. August 1995 bejahte die Präventionsabteilung für die Zeit von 1976 bis 1991 das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung als BK nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Für die Zeit ab Juni 1991, in der der Kläger auf der Suchtstation des Krankenhauses arbeitete, wurden diese Voraussetzungen verneint.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 10. November 1995 gelangte Dr. N., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik F., zu dem Ergebnis, dass durch eine 1994 durchgeführte Versteifungsoperation eine evtl. vorher bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS behoben worden sei. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. H. führte auf Anfrage aus, dass unabhängig von der Frage der Entstehung nach dem Befund vom 10. November 1995 eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei. Demgegenüber empfahl der Landesgewerbearzt im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 1996 die Einholung eines weiteren Gutachtens.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage vom 1. Oktober 1996 stellte Prof. Dr. W., Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus H., als bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule eine massive Bandscheibendegeneration und Verschmälerung mit knöcherner Überbauung im Segment L 5/S 1, eine stabile Spondylodese L 4/5 nach Bandscheibenvorfall sowie eine diskrete Bandscheibenprotrusion L 2/3 fest. Die daraus resultierende Gesamt-MdE schätzte der Gutachter auf 20 v.H. Da seiner Meinung nach der Bandscheibenschaden im Segment L 5/S 1 jedoch eindeutig als berufsunabhängig einzustufen sei, und nur eine abgrenzbare dauernde Verschlimmerung für das Segment L 4/5 bestehe, werde die MdE für den berufsbedingten Anteil der bandscheibenbedingten Erkrankung auf 10 v.H. geschätzt.
Auf Anregung des Prof. Dr. W., der eine neurologische Zusatzbegutachtung empfahl, holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F., W., ein. Nach dem Gutachten vom 16. Dezember 1996 fanden sich geringfügige Schädigungszeichen der L 5-Wurzel; die MdE auf neurologischem Gebiet schätzte Dr. F. auf 15 v.H., die sich allein auf das Segment L 5 bezöge. In der von der Beklagten bei Prof. Dr. W. eingeholten abschließenden Stellungnahme vom 8. April 1997 wurde die MdE auf insgesamt 20 v.H. ab 1. September 1994 geschätzt.
Mit seiner Stellungnahme vom 12. Juni 1997 empfahl der Landesgewerbearzt die Anerkennung einer BK Nr. 2108 mit einer MdE von 20 v.H. Die Beklagte holte indes ein weiteres Gutachten nach Aktenlage ein, das von Prof. Dr. Wx., F., unter dem 15. Januar 1998 erstattet wurde. Der Gutachter stellte anhand der gefertigten Röntgenaufnahmen fest, dass bei dem Kläger sowohl an der Hals- als auch an der Lendenwirbelsäule degenerative Veränderungen vorhanden seien. Nach Beiziehung der in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F. gefertigten Röntgenaufnahmen gelangte Prof. Dr. Wx. in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. März 1998 zu der Beurteilung, dass die Halswirbelsäule (HWS) auf den Wirbelsäulenganzaufnahmen nur eingeschränkt beurteilbar sei, was technische Gründe habe. Erkennbar sei aber, dass auch an diesem Wirbelsäulenabschnitt spondylotische Veränderungen vorhanden und dass die Bandscheibenräume der unteren HWS deutlich höhengemindert seien mit Hypersklerose der Abschlussplatten. Diese Röntgenaufnahmen ließen den Rückschluss zu, dass sowohl an der Hals- als auch an der Lendenwirbelsäule des Klägers Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose entstanden seien. Das Auftreten gleichartig degenerativer Veränderungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule schließe das Vorliegen der BK Nr. 2108 aus. Hätten nämlich bei der Entwicklung der Veränderungen äußere mechanische Einwirkungen eine wesentliche Rolle gespielt, müssten die Veränderungen ausschließlich an der LWS, also dem belasteten Wirbelsäulenabschnitt entstanden sein oder hier zumindest eine stärkere Ausprägung als an der HWS erfahren haben. Die HWS könne nämlich durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugegehaltung oder durch das schwere Heben und Tragen von Lasten nicht beeinflusst werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule im Wesentlichen aus inneren Ursachen als systemische Erkrankungen der gesamten Wirbelsäule altersabhängig entwickelt hätten. Zusammenfassend sei festzustellen, dass aufgrund des Verteilungsmusters der sog. degenerativen Veränderungen an der HWS und der zeitlichen Gegebenheiten - die 10-Jahres-Frist sei nicht erfüllt - im Falle des Klägers nicht davon auszugehen sei, dass bei ihm eine BK im Sinne der Nr. 2108 bestehe.
Vor Erteilung eines förmlichen Bescheides teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Erkrankung als BK abgelehnt werde. Nachdem der Kläger dagegen Einwände erhoben hatte, holte die Beklagte noch die gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. K. vom 5. Oktober 1998 ein. Darin führte dieser aus, dem für den Kläger positiven Gutachten des Prof. Dr. W. könne nicht zugestimmt werden, da darin die relative Überlastung des Segments L 4/5 und die anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz mit Beteiligung der HWS und Brustwirbelsäule (BWS) nicht berücksichtigt worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte durch förmlichen Bescheid vom 6. November 1998 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der hiergegen vom Kläger am 8. Dezember 1998 erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Dr. K. vom 3. Februar 1999, der darauf hinwies, dass für die Nichtanerkennung auf medizinischem Gebiet der gleichmäßige Befall aller Wirbelsäulenabschnitte entscheidend gewesen sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1999 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 26. Juli 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat von Amts wegen das Gutachten des Direktors des Instituts für Strahlendiagnostik und Nuklearmedizin des Klinikums D., Privat-Dozent Dr. H., vom 29. Mai 2000 eingeholt. Der Sachverständige führte darin aus, es sei zweifelsfrei, dass die degenerativen Veränderungen an LWK 5/S 1 mit Abstand am fortgeschrittensten seien. Dagegen würden sich die jetzt noch ablesbaren degenerativen Veränderungen an den übrigen Lendenwirbelkörpern nicht in einem Maße von den degenerativen Veränderungen der HWS und BWS unterscheiden, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden könne. Insgesamt sprächen die Röntgenbefunde für einen multisegmentalen degenerativen Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule. Überproportionale degenerative Veränderungen an der LWS bestünden, abgesehen von LWK 5/S 1, nicht.
Durch Urteil vom 13. Februar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer langjährigen, die LWS belastenden Hebe- und Tragetätigkeit, die Beklagte habe jedoch die Anerkennung einer BK aus medizinischen Gründen zu Recht abgelehnt. Es genüge nicht, wie Prof. Dr. W. und auch der Landesgewerbearzt meinten, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS ärztlicherseits festgestellt worden sei. Vielmehr müsse darüber hinaus ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS wahrscheinlich sein. Daran fehle es vorliegend. Im Falle des Klägers lägen weder das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreitende Bandscheibenveränderungen vor, noch ein Schadensbild, dessen Art und Lokalisation belastungskonform sei. Bei Beurteilung der Röntgenbilder seien die Gutachter Prof. Dr. Wx. und Dr. K. zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht nur an der LWS, sondern auch an der HWS Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß entstanden seien. Dieser Befund spreche gegen das Vorliegen einer beruflichen Verursachung des Schadens. Die Beweisaufnahme habe die Annahme der Beklagten und der von ihr gehörten Gutachter Wx. und K. bestätigt. Der Sachverständige habe stärkere krankhafte Veränderungen lediglich im Segment LWS 5/S 1 festgestellt. Gerade dieser Schaden könne aber ursächlich nicht auf die berufliche Belastung zurückgeführt werden, wie auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten ausführe: Schon die ältesten, dem Gutachter vorliegenden Aufnahmen von 1981 hätten 4 Jahre nach Aufnahme der belastenden Tätigkeiten eine massive Bandscheibenverschmälerung L 5/S 1 mit reaktiver Osteochondrose und Spondylosis deformans gezeigt. Prof. Dr. W. habe dementsprechend die bandscheibenbedingte Erkrankung dieses Segments eindeutig als berufsunabhängig eingestuft.
Gegen dieses ihm am 13. März 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 30. März 2001 eingegangenen Berufung. Dem Sachverständigen Dr. H. könne, so hat er im Wesentlichen ausgeführt, nicht gefolgt werden, da dieser nicht mit der hinreichend erforderlichen Genauigkeit festgestellt habe, ob die Bandscheibenveränderungen das altersdurchschnittlich zu erwartende Maß überschreiten. Er habe festgestellt, dass in der BWS Veränderungen vorhanden seien, welche das altersphysiologische Maß "moderat" überschreiten würden. In der HWS bestünden danach in Höhe HWK 5 - 7 deutliche degenerative Veränderungen, welche das altersphysiologische Maß "deutlich überschreiten" würden. Die Veränderungen an LWK 3 würden nach Ansicht des Gutachters ebenfalls "deutlich das altersphysiologische Maß" überschreiten. Dann jedoch komme Dr. H. zu dem nicht näher begründeten Ergebnis, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden müsse. Er lasse offen, ob dieses Ergebnis auch auf die LWK 4/5 zugetroffen habe, sei jedoch der Ansicht, dass mit "einiger Wahrscheinlichkeit" aus den Beschreibungen hervorgehe, dass sich die diesbezüglichen degenerativen Veränderungen nicht wesentlich von denen der HWS und BWS unterschieden hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1999 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und eine Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, nicht nur Dr. H. sei in seinem Gutachten vom 29. Mai 2000 zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger ein multisegmentaler degenerativer Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule mit Manifestation an der unteren HWS, am thorakulumbalen Übergang sowie am lumbosakralen Übergang vorliege, auch Prof. Dr. Wx. und Dr. K. hätten festgestellt, dass sich Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß an der LWS und an der HWS ausgebildet hätten. Nach der Rechtsprechung der Landessozialgerichte (insbesondere Landessozialgericht - LSG-Baden-Württemberg vom 13. August 1997 - L 2 U 3062/96) sprächen gleichartig ausgeprägte Verschleißerscheinungen im Bereich der HWS und/oder der BWS im Vergleich zur beruflich belasteten LWS gegen das Vorliegen einer BK. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. Fx., Oberarzt der Orthopädischen Universitäts-Klinik G ... Der Sachverständige gelangt in seinem Gutachten vom 23. November 2002 zu der Beurteilung, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Wirbelsäule wahrscheinlich nicht durch dessen berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger in der Zeit von 1971 bis 1991 verursacht worden seien.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestehen zu Recht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als BK; dementsprechend kommt auch eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht in Betracht.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da die von ihm als BK geltend gemachte Schädigung vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Artikel 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule wurden mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV unter der Ziffer 2108 in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen. Danach sind Berufskrankheiten auch bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugung, soweit die jeweilige Erkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung einer BK setzt voraus, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, wegen der Entschädigungsleistungen beansprucht werden, im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind. Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Dies ist zwar hinsichtlich der sog. "arbeitstechnischen Voraussetzungen" (langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten) auch nach Auffassung der Beklagten der Fall. Jedoch liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als BK nicht vor.
Zwar lässt sich beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung (zum Begriff: Merkblatt für die Ärztliche Untersuchung zur Berufskrankheiten-Nummer 2108 - veröffentlicht in: Bundesarbeitsblatt 1993, S. 50 ff.) der Lendenwirbelsäule feststellen. Indes kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch der notwendige Kausalzusammenhang zwischen den früheren Berufstätigkeiten des Klägers und seiner Erkrankung besteht, auch wenn für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges dessen Wahrscheinlichkeit genügt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Bejahung des langjährigen Hebens und Tragens schwerer Lasten keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne rechtfertigt, dass damit auch von einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Belastung im Rahmen der medizinischen Zusammenhangsbeurteilung auszugehen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 18. November 1997 - 2 RU 48/96; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Niedersachsen vom 6. April 2000 - L 6 U 193/99 ZVW; Urteile des Hessischen Landessozialgerichts - HLSG - vom 27. November 2000 - L 3 U 823/97 - sowie vom 24. Oktober 2001- L 3 U 408/98). Da die Pathogenese bandscheibenbedingter Lendenwirbelsäulenerkrankungen vielgestaltig und der berufliche Einfluss nur einer unter vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren ist, bedarf es stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall. Bei sachgemäßer Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (BSG in SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; Urteil des erkennenden Senats vom 25. Februar 2002 - L 11/3 U 1335/00). Der ursächliche Zusammenhang ist nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 16, 58, 59; Urteil des erkennenden Senats vom 25. Februar 2002 - L 11/3 U 1335/00), und eine berufliche Verursachung ist auch nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw. außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden. Vielmehr ist der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Belastungseinwirkungen anhand zusätzlicher Merkmale positiv festzustellen und zu begründen (Urteile des 3. Senats des HLSG vom 13. Februar 2002 - L 3 U 290/00 - und vom 28. August 2002 - L 3 U 832/96; Urteile des LSG Niedersachsen vom 29. Juli 1997 - L 3 U 331/96 - und vom 27. September 2001 - L 6 U 358/00). Schon daran fehlt es bei dem Gutachten des Prof. Dr. W. sowie der Stellungnahme des Landesgewerbearztes, so dass der Senat deren Ergebnisse sich nicht zu eigen machen konnte.
Die wesentlichen für die Beurteilung des Ursachenzusammenhanges maßgeblichen Kriterien sind: Das Krankheitsbild, insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung bzw. weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen (Urteil des 3. Senats des HLSG vom 30. Oktober 2002 - L 3 U 840/97; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, Anmerkung 7 zu M 2108; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, S. 535 bis 539; Becker, SGb 2000, 116, 121). Ein als belastungskonform zu bezeichnendes Schadensbild lässt nach älteren und neueren epidemiologischen Untersuchungen ein dem Lebensalter vorauseilendes Auftreten osteochondrotischer und spondylotischer Reaktionen am Achsenorgan bei körperlich überdurchschnittlich belasteten Personen erwarten mit einem von oben nach unten eher zunehmenden Schadensbild. Dabei tritt eine vorzeitige Osteochondrose bevorzugt in den unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule und eine vorzeitige Spondylose in den oberen Segmenten unter eventueller Einbeziehung der unteren Etagen der Brustwirbelsäule auf (ständige Rechtsprechung des 3. Senats des HLSG - siehe etwa Urteil vom 30. Oktober 2002 - L 3 U 840/97 mit weiteren Nachweisen). Die Feststellung einer wesentlich beruflich verursachten Schädigung der Lendenwirbelsäule ist nur dann möglich, wenn Lokalisation und zu erwartende Überbelastungswirkungen korrespondieren. Liegen hingegen an der gesamten Wirbelsäule gleichmäßig verteilte degenerative Veränderungen vor, so spricht dies gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigenden Einwirkungen und einer vorhandenen Gesundheitsstörung.
Nach diesen Grundsätzen kann im Falle des Klägers eine wesentlich beruflich verursachte Schädigung der Lendenwirbelsäule nicht festgestellt werden. Dabei stützt sich der erkennende Senat auf das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Dr. Fx. vom 23. November 2002.
Nach den Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen leidet der Kläger zwar an einer - mittlerweile mehrsegmentalen - degenerativen Lendenbandscheibenerkrankung, die am Abschnitt L 4/L 5 (mit einem vormaligen Bandscheibenvorfall) und L 5/S 1 (mit einer hochgradigen Osteochondrose) das Altersnormale des natürlichen Bandscheibenaufbrauchs auch vorzeitig überschritten hat, ohne dass hierfür definierte "konkurrierende" Ursachen in Gestalt einer lokalen Wirbelsäulenentzündung, einer Wirbelsäulenverletzung, einer Wirbelsäulenfehlbildung oder einer Wirbelsäulengefügestörung (Spondylolistesis) als Ausschlusskriterien einer BK angeführt werden können. Degenerative Lendenbandscheibenerkrankungen sind jedoch auch ohne die seltenen konkurrierenden Ursachen als Folge einer prädisponierenden inneren Anlage in der Allgemeinbevölkerung soweit verbreitet, dass als weiteres positives Kriterium für die Anerkennung einer BK Nr. 2108 in der gutachterlichen Praxis eine Konformität des konkreten Krankheitsbildes mit dem beruflichen topografischen und zeitlichen Belastungsprofil der LWS gefordert wird. Nach diesen Kriterien ist das Schadensbild beim Kläger für eine berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger zwar in topografischer Hinsicht belastungskonform, da gerade für diese Tätigkeit bandscheibenbedingte Erkrankungen in 88,3 % der Fälle auch primär monosegmental oder bisegmental auftreten. Auch ein gleich- oder überwertiges Degenerationsbetroffensein anderer Wirbelsäulenabschnitte kann im Erkrankungsfalle des Klägers nicht gegen das Bestehen einer BK der Lendenbandscheiben anführt werden, da der röntgenmorphologische Befund an dessen HWS deutlich geringer ausgeprägt ist als die degenerativen Lendenbandscheibenfachveränderungen.
Es fehlt bei dem Kläger jedoch an der zeitlichen Belastungskonformität des Schadensbildes, also an einem wenigstens 10jährigen Intervall zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibenschadensymptomatik. In klinischer Hinsicht ist beim Kläger eine erste - 10tägige - lendenwirbelsäulenkrankheitsverursachte Arbeitsunfähigkeit bereits für das Jahr 1968 dokumentiert; den Beginn von subjektiven Beschwerden im Lendenbereich hatte der Kläger auf einem Fragebogen der Beklagten im Jahre 1993 für 1977 angegeben. Die ersten LWS-Röntgenaufnahmen des Jahres 1981 zeigen eine weit fortgeschrittene Segmentdegeneration bei L 5/S 1, die für ihre Entstehung sicherlich bereits eine Reihe von Jahren benötigte, darüber hinaus aber auch bei L 4/L 5 erste diskrete degenerative Instabilitätszeichen. Obwohl dann die berufliche Belastung des Klägers im Jahre 1991 endete, setzten sich die Bandscheibendegenerationen an der LWS dennoch kontinuierlich weiter fort und betreffen mittlerweile auch bereits die anfänglich nicht schadensbetroffenen drei oberen Lumbalsegmente. Auch der zeitliche Verlauf nach dem Ende der beruflichen Belastung weist damit ebenso wie das frühzeitige Auftreten der Bandscheibenschäden der unteren LWS darauf hin, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt haben. Nach Abwägung des Für und Wider - und für den Senat überzeugend - gelangt der Sachverständige zu dem Schluss, dass mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafter Ursache heraus spricht als für eine sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte. Es gibt keine überzeugenden Gründe für die Annahme, dass der Bandscheibenvorfall bei L 4/L 5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen noch höher an der LWS eine andere Ursache haben, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L 5/S 1.
Die Einwände des Klägers gegen das Gutachten des Dr. Fx. überzeugen nicht. Auch wenn man unterstellt, dass der Kläger belastende Tätigkeiten bereits 1971 ausübte, ändert das nichts an der fehlenden zeitlichen Belastungskonformität. Es steht - wie bereits betont - außer Frage, dass für das Jahr 1968 im Krankheitsverzeichnis des Krankenversicherungsträgers eine 10tägige Arbeitsunfähigkeit wegen eines Lumbalsyndroms dokumentiert ist und der Kläger den Beginn seiner Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule mit 1977 angegeben hat. Das Erfordernis des 10-Jahresintervalls ist damit nicht erfüllt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beteiligen haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung einer Erkrankung der Lendenwirbelsäule (LWS) als Berufskrankheit (BK).
Der im Jahre 1943 geborene Kläger war nach Tätigkeiten als Schreiner zwischen 1971 und 1976 Pflegepraktikant, Schüler der Krankenpflegehilfe, Krankenpflegehelfer und Schüler der Krankenpflegeschule. Seitdem war er als Krankenpfleger im Psychiatrischen Krankenhaus R. beschäftigt.
Am 19. Juli 1993 erstatteten die Dres. B. und E., L., eine ärztliche Anzeige über eine BK des Klägers, der an Rücken- und Kreuzschmerzen leide. Es bestünden osteochondrotische Veränderungen der Wirbelsäule sowie ein Bandscheibenvorfall L 4/5 rechts. Mit der Beiziehung ärztlicher Unterlagen sowie der Anforderung einer Stellungnahme ihrer Präventionsabteilung leitete die Beklagte das Feststellungsverfahren ein. In ihrer Stellungnahme vom 30. August 1995 bejahte die Präventionsabteilung für die Zeit von 1976 bis 1991 das Vorliegen der arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung als BK nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV). Für die Zeit ab Juni 1991, in der der Kläger auf der Suchtstation des Krankenhauses arbeitete, wurden diese Voraussetzungen verneint.
In einem von der Beklagten eingeholten Gutachten vom 10. November 1995 gelangte Dr. N., Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik F., zu dem Ergebnis, dass durch eine 1994 durchgeführte Versteifungsoperation eine evtl. vorher bestehende bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS behoben worden sei. Der beratende Arzt der Beklagten Dr. H. führte auf Anfrage aus, dass unabhängig von der Frage der Entstehung nach dem Befund vom 10. November 1995 eine rentenberechtigende Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht gegeben sei. Demgegenüber empfahl der Landesgewerbearzt im Hessischen Ministerium für Frauen, Arbeit und Sozialordnung in seiner Stellungnahme vom 12. Juli 1996 die Einholung eines weiteren Gutachtens.
In dem daraufhin von der Beklagten eingeholten Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage vom 1. Oktober 1996 stellte Prof. Dr. W., Berufsgenossenschaftliches Unfallkrankenhaus H., als bandscheibenbedingte Erkrankung der Wirbelsäule eine massive Bandscheibendegeneration und Verschmälerung mit knöcherner Überbauung im Segment L 5/S 1, eine stabile Spondylodese L 4/5 nach Bandscheibenvorfall sowie eine diskrete Bandscheibenprotrusion L 2/3 fest. Die daraus resultierende Gesamt-MdE schätzte der Gutachter auf 20 v.H. Da seiner Meinung nach der Bandscheibenschaden im Segment L 5/S 1 jedoch eindeutig als berufsunabhängig einzustufen sei, und nur eine abgrenzbare dauernde Verschlimmerung für das Segment L 4/5 bestehe, werde die MdE für den berufsbedingten Anteil der bandscheibenbedingten Erkrankung auf 10 v.H. geschätzt.
Auf Anregung des Prof. Dr. W., der eine neurologische Zusatzbegutachtung empfahl, holte die Beklagte ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. F., W., ein. Nach dem Gutachten vom 16. Dezember 1996 fanden sich geringfügige Schädigungszeichen der L 5-Wurzel; die MdE auf neurologischem Gebiet schätzte Dr. F. auf 15 v.H., die sich allein auf das Segment L 5 bezöge. In der von der Beklagten bei Prof. Dr. W. eingeholten abschließenden Stellungnahme vom 8. April 1997 wurde die MdE auf insgesamt 20 v.H. ab 1. September 1994 geschätzt.
Mit seiner Stellungnahme vom 12. Juni 1997 empfahl der Landesgewerbearzt die Anerkennung einer BK Nr. 2108 mit einer MdE von 20 v.H. Die Beklagte holte indes ein weiteres Gutachten nach Aktenlage ein, das von Prof. Dr. Wx., F., unter dem 15. Januar 1998 erstattet wurde. Der Gutachter stellte anhand der gefertigten Röntgenaufnahmen fest, dass bei dem Kläger sowohl an der Hals- als auch an der Lendenwirbelsäule degenerative Veränderungen vorhanden seien. Nach Beiziehung der in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik F. gefertigten Röntgenaufnahmen gelangte Prof. Dr. Wx. in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. März 1998 zu der Beurteilung, dass die Halswirbelsäule (HWS) auf den Wirbelsäulenganzaufnahmen nur eingeschränkt beurteilbar sei, was technische Gründe habe. Erkennbar sei aber, dass auch an diesem Wirbelsäulenabschnitt spondylotische Veränderungen vorhanden und dass die Bandscheibenräume der unteren HWS deutlich höhengemindert seien mit Hypersklerose der Abschlussplatten. Diese Röntgenaufnahmen ließen den Rückschluss zu, dass sowohl an der Hals- als auch an der Lendenwirbelsäule des Klägers Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose entstanden seien. Das Auftreten gleichartig degenerativer Veränderungen an der Hals- und Lendenwirbelsäule schließe das Vorliegen der BK Nr. 2108 aus. Hätten nämlich bei der Entwicklung der Veränderungen äußere mechanische Einwirkungen eine wesentliche Rolle gespielt, müssten die Veränderungen ausschließlich an der LWS, also dem belasteten Wirbelsäulenabschnitt entstanden sein oder hier zumindest eine stärkere Ausprägung als an der HWS erfahren haben. Die HWS könne nämlich durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugegehaltung oder durch das schwere Heben und Tragen von Lasten nicht beeinflusst werden. Es müsse davon ausgegangen werden, dass sich die Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule im Wesentlichen aus inneren Ursachen als systemische Erkrankungen der gesamten Wirbelsäule altersabhängig entwickelt hätten. Zusammenfassend sei festzustellen, dass aufgrund des Verteilungsmusters der sog. degenerativen Veränderungen an der HWS und der zeitlichen Gegebenheiten - die 10-Jahres-Frist sei nicht erfüllt - im Falle des Klägers nicht davon auszugehen sei, dass bei ihm eine BK im Sinne der Nr. 2108 bestehe.
Vor Erteilung eines förmlichen Bescheides teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass seine Erkrankung als BK abgelehnt werde. Nachdem der Kläger dagegen Einwände erhoben hatte, holte die Beklagte noch die gutachterliche Stellungnahme des Arztes für Orthopädie Dr. K. vom 5. Oktober 1998 ein. Darin führte dieser aus, dem für den Kläger positiven Gutachten des Prof. Dr. W. könne nicht zugestimmt werden, da darin die relative Überlastung des Segments L 4/5 und die anlagebedingte Bandscheibeninsuffizienz mit Beteiligung der HWS und Brustwirbelsäule (BWS) nicht berücksichtigt worden seien.
Daraufhin lehnte die Beklagte durch förmlichen Bescheid vom 6. November 1998 die Anerkennung und Entschädigung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab. Der hiergegen vom Kläger am 8. Dezember 1998 erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg. Nach Einholung einer erneuten Stellungnahme des Dr. K. vom 3. Februar 1999, der darauf hinwies, dass für die Nichtanerkennung auf medizinischem Gebiet der gleichmäßige Befall aller Wirbelsäulenabschnitte entscheidend gewesen sei, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Juli 1999 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 26. Juli 1999 Klage erhoben. Das Sozialgericht Darmstadt (SG) hat von Amts wegen das Gutachten des Direktors des Instituts für Strahlendiagnostik und Nuklearmedizin des Klinikums D., Privat-Dozent Dr. H., vom 29. Mai 2000 eingeholt. Der Sachverständige führte darin aus, es sei zweifelsfrei, dass die degenerativen Veränderungen an LWK 5/S 1 mit Abstand am fortgeschrittensten seien. Dagegen würden sich die jetzt noch ablesbaren degenerativen Veränderungen an den übrigen Lendenwirbelkörpern nicht in einem Maße von den degenerativen Veränderungen der HWS und BWS unterscheiden, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden könne. Insgesamt sprächen die Röntgenbefunde für einen multisegmentalen degenerativen Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule. Überproportionale degenerative Veränderungen an der LWS bestünden, abgesehen von LWK 5/S 1, nicht.
Durch Urteil vom 13. Februar 2001 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle zwar die arbeitstechnischen Voraussetzungen einer langjährigen, die LWS belastenden Hebe- und Tragetätigkeit, die Beklagte habe jedoch die Anerkennung einer BK aus medizinischen Gründen zu Recht abgelehnt. Es genüge nicht, wie Prof. Dr. W. und auch der Landesgewerbearzt meinten, dass eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS ärztlicherseits festgestellt worden sei. Vielmehr müsse darüber hinaus ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der beruflichen Belastung und der bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS wahrscheinlich sein. Daran fehle es vorliegend. Im Falle des Klägers lägen weder das altersdurchschnittlich zu erwartende Ausmaß überschreitende Bandscheibenveränderungen vor, noch ein Schadensbild, dessen Art und Lokalisation belastungskonform sei. Bei Beurteilung der Röntgenbilder seien die Gutachter Prof. Dr. Wx. und Dr. K. zu dem Ergebnis gekommen, dass nicht nur an der LWS, sondern auch an der HWS Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß entstanden seien. Dieser Befund spreche gegen das Vorliegen einer beruflichen Verursachung des Schadens. Die Beweisaufnahme habe die Annahme der Beklagten und der von ihr gehörten Gutachter Wx. und K. bestätigt. Der Sachverständige habe stärkere krankhafte Veränderungen lediglich im Segment LWS 5/S 1 festgestellt. Gerade dieser Schaden könne aber ursächlich nicht auf die berufliche Belastung zurückgeführt werden, wie auch Prof. Dr. W. in seinem Gutachten ausführe: Schon die ältesten, dem Gutachter vorliegenden Aufnahmen von 1981 hätten 4 Jahre nach Aufnahme der belastenden Tätigkeiten eine massive Bandscheibenverschmälerung L 5/S 1 mit reaktiver Osteochondrose und Spondylosis deformans gezeigt. Prof. Dr. W. habe dementsprechend die bandscheibenbedingte Erkrankung dieses Segments eindeutig als berufsunabhängig eingestuft.
Gegen dieses ihm am 13. März 2001 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 30. März 2001 eingegangenen Berufung. Dem Sachverständigen Dr. H. könne, so hat er im Wesentlichen ausgeführt, nicht gefolgt werden, da dieser nicht mit der hinreichend erforderlichen Genauigkeit festgestellt habe, ob die Bandscheibenveränderungen das altersdurchschnittlich zu erwartende Maß überschreiten. Er habe festgestellt, dass in der BWS Veränderungen vorhanden seien, welche das altersphysiologische Maß "moderat" überschreiten würden. In der HWS bestünden danach in Höhe HWK 5 - 7 deutliche degenerative Veränderungen, welche das altersphysiologische Maß "deutlich überschreiten" würden. Die Veränderungen an LWK 3 würden nach Ansicht des Gutachters ebenfalls "deutlich das altersphysiologische Maß" überschreiten. Dann jedoch komme Dr. H. zu dem nicht näher begründeten Ergebnis, dass hier von einem überproportional stark ausgeprägten degenerativen Befundmuster gesprochen werden müsse. Er lasse offen, ob dieses Ergebnis auch auf die LWK 4/5 zugetroffen habe, sei jedoch der Ansicht, dass mit "einiger Wahrscheinlichkeit" aus den Beschreibungen hervorgehe, dass sich die diesbezüglichen degenerativen Veränderungen nicht wesentlich von denen der HWS und BWS unterschieden hätten.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 13. Februar 2001 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. November 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Juli 1999 zu verurteilen, bei ihm eine Berufskrankheit der Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung anzuerkennen und eine Verletztenrente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, nicht nur Dr. H. sei in seinem Gutachten vom 29. Mai 2000 zu dem Ergebnis gekommen, dass bei dem Kläger ein multisegmentaler degenerativer Erkrankungsprozess an der gesamten Wirbelsäule mit Manifestation an der unteren HWS, am thorakulumbalen Übergang sowie am lumbosakralen Übergang vorliege, auch Prof. Dr. Wx. und Dr. K. hätten festgestellt, dass sich Verschleißerscheinungen im Sinne einer Chondrose und Spondylose in etwa gleichem Ausmaß an der LWS und an der HWS ausgebildet hätten. Nach der Rechtsprechung der Landessozialgerichte (insbesondere Landessozialgericht - LSG-Baden-Württemberg vom 13. August 1997 - L 2 U 3062/96) sprächen gleichartig ausgeprägte Verschleißerscheinungen im Bereich der HWS und/oder der BWS im Vergleich zur beruflich belasteten LWS gegen das Vorliegen einer BK. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens von Dr. Fx., Oberarzt der Orthopädischen Universitäts-Klinik G ... Der Sachverständige gelangt in seinem Gutachten vom 23. November 2002 zu der Beurteilung, dass die beim Kläger bestehenden Erkrankungen der Wirbelsäule wahrscheinlich nicht durch dessen berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger in der Zeit von 1971 bis 1991 verursacht worden seien.
Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den Inhalt der Akten der Beklagten und der Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten bestehen zu Recht. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Wirbelsäulenbeschwerden als BK; dementsprechend kommt auch eine Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung nicht in Betracht.
Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da die von ihm als BK geltend gemachte Schädigung vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Artikel 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, §§ 212, 214 Abs. 3 SGB VII). Berufskrankheiten sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO diejenigen Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet. Die Bundesregierung ist ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule wurden mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der BKV unter der Ziffer 2108 in die Berufskrankheiten-Liste aufgenommen. Danach sind Berufskrankheiten auch bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugung, soweit die jeweilige Erkrankung zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.
Die Feststellung einer BK setzt voraus, dass die versicherte Tätigkeit, die schädigenden Einwirkungen sowie die Erkrankung, wegen der Entschädigungsleistungen beansprucht werden, im Sinne des Vollbeweises nachgewiesen sind. Es muss ein so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit vorliegen, dass alle Umstände des Einzelfalles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon zu begründen (BSGE 45, 285, 287; 61, 127, 128). Dies ist zwar hinsichtlich der sog. "arbeitstechnischen Voraussetzungen" (langjähriges Heben und Tragen schwerer Lasten) auch nach Auffassung der Beklagten der Fall. Jedoch liegen die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der Wirbelsäulenbeschwerden des Klägers als BK nicht vor.
Zwar lässt sich beim Kläger eine bandscheibenbedingte Erkrankung (zum Begriff: Merkblatt für die Ärztliche Untersuchung zur Berufskrankheiten-Nummer 2108 - veröffentlicht in: Bundesarbeitsblatt 1993, S. 50 ff.) der Lendenwirbelsäule feststellen. Indes kann nicht davon ausgegangen werden, dass auch der notwendige Kausalzusammenhang zwischen den früheren Berufstätigkeiten des Klägers und seiner Erkrankung besteht, auch wenn für die Annahme des ursächlichen Zusammenhanges dessen Wahrscheinlichkeit genügt.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Bejahung des langjährigen Hebens und Tragens schwerer Lasten keinen Anscheinsbeweis in dem Sinne rechtfertigt, dass damit auch von einem wahrscheinlichen ursächlichen Zusammenhang der Erkrankung mit der beruflichen Belastung im Rahmen der medizinischen Zusammenhangsbeurteilung auszugehen ist (vgl. Urteil des Bundessozialgerichts - BSG - vom 18. November 1997 - 2 RU 48/96; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Niedersachsen vom 6. April 2000 - L 6 U 193/99 ZVW; Urteile des Hessischen Landessozialgerichts - HLSG - vom 27. November 2000 - L 3 U 823/97 - sowie vom 24. Oktober 2001- L 3 U 408/98). Da die Pathogenese bandscheibenbedingter Lendenwirbelsäulenerkrankungen vielgestaltig und der berufliche Einfluss nur einer unter vielen denkbaren anderen Kausalfaktoren ist, bedarf es stets einer individuellen Abwägung im Einzelfall. Bei sachgemäßer Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände müssen nach der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (BSG in SozR Nr. 20 zu § 542 RVO a. F.; Urteil des erkennenden Senats vom 25. Februar 2002 - L 11/3 U 1335/00). Der ursächliche Zusammenhang ist nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 16, 58, 59; Urteil des erkennenden Senats vom 25. Februar 2002 - L 11/3 U 1335/00), und eine berufliche Verursachung ist auch nicht schon dann anzunehmen, wenn anlagebedingte bzw. außerberufliche Ursachen nicht sicher identifiziert werden. Vielmehr ist der ursächliche Zusammenhang mit beruflichen Belastungseinwirkungen anhand zusätzlicher Merkmale positiv festzustellen und zu begründen (Urteile des 3. Senats des HLSG vom 13. Februar 2002 - L 3 U 290/00 - und vom 28. August 2002 - L 3 U 832/96; Urteile des LSG Niedersachsen vom 29. Juli 1997 - L 3 U 331/96 - und vom 27. September 2001 - L 6 U 358/00). Schon daran fehlt es bei dem Gutachten des Prof. Dr. W. sowie der Stellungnahme des Landesgewerbearztes, so dass der Senat deren Ergebnisse sich nicht zu eigen machen konnte.
Die wesentlichen für die Beurteilung des Ursachenzusammenhanges maßgeblichen Kriterien sind: Das Krankheitsbild, insbesondere in Form eines die Altersnorm überschreitenden Wirbelsäulenbefundes einerseits und eines belastungskonformen Schadensbildes andererseits, das Bestehen einer konstitutionellen Veranlagung bzw. weitergehender konkurrierender Erkrankungen sowie die Eignung der belastenden Einwirkung zur Verursachung der Krankheit, biomechanische Begleitumstände wie Körperhaltung und zur Verfügung stehende Hilfsmittel, individuelle Konstitution und zeitliche Korrelation zwischen Erkrankungsverlauf und beruflichen Überlastungen (Urteil des 3. Senats des HLSG vom 30. Oktober 2002 - L 3 U 840/97; vgl. auch Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung, Anmerkung 7 zu M 2108; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Auflage, S. 535 bis 539; Becker, SGb 2000, 116, 121). Ein als belastungskonform zu bezeichnendes Schadensbild lässt nach älteren und neueren epidemiologischen Untersuchungen ein dem Lebensalter vorauseilendes Auftreten osteochondrotischer und spondylotischer Reaktionen am Achsenorgan bei körperlich überdurchschnittlich belasteten Personen erwarten mit einem von oben nach unten eher zunehmenden Schadensbild. Dabei tritt eine vorzeitige Osteochondrose bevorzugt in den unteren Segmenten der Lendenwirbelsäule und eine vorzeitige Spondylose in den oberen Segmenten unter eventueller Einbeziehung der unteren Etagen der Brustwirbelsäule auf (ständige Rechtsprechung des 3. Senats des HLSG - siehe etwa Urteil vom 30. Oktober 2002 - L 3 U 840/97 mit weiteren Nachweisen). Die Feststellung einer wesentlich beruflich verursachten Schädigung der Lendenwirbelsäule ist nur dann möglich, wenn Lokalisation und zu erwartende Überbelastungswirkungen korrespondieren. Liegen hingegen an der gesamten Wirbelsäule gleichmäßig verteilte degenerative Veränderungen vor, so spricht dies gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen schädigenden Einwirkungen und einer vorhandenen Gesundheitsstörung.
Nach diesen Grundsätzen kann im Falle des Klägers eine wesentlich beruflich verursachte Schädigung der Lendenwirbelsäule nicht festgestellt werden. Dabei stützt sich der erkennende Senat auf das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Dr. Fx. vom 23. November 2002.
Nach den Feststellungen des vom Senat beauftragten Sachverständigen leidet der Kläger zwar an einer - mittlerweile mehrsegmentalen - degenerativen Lendenbandscheibenerkrankung, die am Abschnitt L 4/L 5 (mit einem vormaligen Bandscheibenvorfall) und L 5/S 1 (mit einer hochgradigen Osteochondrose) das Altersnormale des natürlichen Bandscheibenaufbrauchs auch vorzeitig überschritten hat, ohne dass hierfür definierte "konkurrierende" Ursachen in Gestalt einer lokalen Wirbelsäulenentzündung, einer Wirbelsäulenverletzung, einer Wirbelsäulenfehlbildung oder einer Wirbelsäulengefügestörung (Spondylolistesis) als Ausschlusskriterien einer BK angeführt werden können. Degenerative Lendenbandscheibenerkrankungen sind jedoch auch ohne die seltenen konkurrierenden Ursachen als Folge einer prädisponierenden inneren Anlage in der Allgemeinbevölkerung soweit verbreitet, dass als weiteres positives Kriterium für die Anerkennung einer BK Nr. 2108 in der gutachterlichen Praxis eine Konformität des konkreten Krankheitsbildes mit dem beruflichen topografischen und zeitlichen Belastungsprofil der LWS gefordert wird. Nach diesen Kriterien ist das Schadensbild beim Kläger für eine berufliche Tätigkeit als Krankenpfleger zwar in topografischer Hinsicht belastungskonform, da gerade für diese Tätigkeit bandscheibenbedingte Erkrankungen in 88,3 % der Fälle auch primär monosegmental oder bisegmental auftreten. Auch ein gleich- oder überwertiges Degenerationsbetroffensein anderer Wirbelsäulenabschnitte kann im Erkrankungsfalle des Klägers nicht gegen das Bestehen einer BK der Lendenbandscheiben anführt werden, da der röntgenmorphologische Befund an dessen HWS deutlich geringer ausgeprägt ist als die degenerativen Lendenbandscheibenfachveränderungen.
Es fehlt bei dem Kläger jedoch an der zeitlichen Belastungskonformität des Schadensbildes, also an einem wenigstens 10jährigen Intervall zwischen dem Beginn der beruflichen Belastung und dem Auftreten der klinischen und röntgenologischen Bandscheibenschadensymptomatik. In klinischer Hinsicht ist beim Kläger eine erste - 10tägige - lendenwirbelsäulenkrankheitsverursachte Arbeitsunfähigkeit bereits für das Jahr 1968 dokumentiert; den Beginn von subjektiven Beschwerden im Lendenbereich hatte der Kläger auf einem Fragebogen der Beklagten im Jahre 1993 für 1977 angegeben. Die ersten LWS-Röntgenaufnahmen des Jahres 1981 zeigen eine weit fortgeschrittene Segmentdegeneration bei L 5/S 1, die für ihre Entstehung sicherlich bereits eine Reihe von Jahren benötigte, darüber hinaus aber auch bei L 4/L 5 erste diskrete degenerative Instabilitätszeichen. Obwohl dann die berufliche Belastung des Klägers im Jahre 1991 endete, setzten sich die Bandscheibendegenerationen an der LWS dennoch kontinuierlich weiter fort und betreffen mittlerweile auch bereits die anfänglich nicht schadensbetroffenen drei oberen Lumbalsegmente. Auch der zeitliche Verlauf nach dem Ende der beruflichen Belastung weist damit ebenso wie das frühzeitige Auftreten der Bandscheibenschäden der unteren LWS darauf hin, dass berufsbelastungsunabhängige endogene Langzeitfaktoren das Krankheitsgeschehen maßgeblich bestimmt haben. Nach Abwägung des Für und Wider - und für den Senat überzeugend - gelangt der Sachverständige zu dem Schluss, dass mehr für eine degenerative Lendenbandscheibenerkrankung aus innerer, schicksalhafter Ursache heraus spricht als für eine sich an der beruflichen Belastung des Klägers anlehnende Krankheitsgeschichte. Es gibt keine überzeugenden Gründe für die Annahme, dass der Bandscheibenvorfall bei L 4/L 5 im Jahre 1990 und die aktuell zunehmenden Bandscheibendegenerationen noch höher an der LWS eine andere Ursache haben, als die bereits im Röntgenbild des Jahres 1981 voll ausgebildete degenerativ-chronische Bandscheibenzermürbung am Ausgangspunkt der Erkrankung bei L 5/S 1.
Die Einwände des Klägers gegen das Gutachten des Dr. Fx. überzeugen nicht. Auch wenn man unterstellt, dass der Kläger belastende Tätigkeiten bereits 1971 ausübte, ändert das nichts an der fehlenden zeitlichen Belastungskonformität. Es steht - wie bereits betont - außer Frage, dass für das Jahr 1968 im Krankheitsverzeichnis des Krankenversicherungsträgers eine 10tägige Arbeitsunfähigkeit wegen eines Lumbalsyndroms dokumentiert ist und der Kläger den Beginn seiner Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule mit 1977 angegeben hat. Das Erfordernis des 10-Jahresintervalls ist damit nicht erfüllt.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG), diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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