L 13 RJ 1240/97

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 9 J 84/95
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 13 RJ 1240/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 18. August 1997 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Nachentrichtung eines freiwilligen Beitrags für den Monat Juni 1984 streitig.

Der 1955 geborene Kläger war ab 1. August 1969 berufstätig und entrichtete bis zum 31. Dezember 1977 Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter. In der Zeit vom 1. Januar 1978 bis zum 31. Dezember 1981 wurden Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Angestellten entrichtet. Ab dem 4. Januar 1982 war der Kläger erneut arbeiterrentenversicherungspflichtig und entrichtete mit Ausnahme des Zeitraums vom 1. Juni 1984 bis zum 4. Juli 1984 bis zum 31. März 1993 durchgehend Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung der Arbeiter. Seit dem 1. April 1993 ist der Kläger selbstständig erwerbstätig. Während des Zeitraums vom 1. Juni 1984 bis zum 4. Juli 1984 wurden von der Fa. A. AG als damaligem Arbeitgeber des Klägers aufgrund eines Arbeitskampfes mit Aussperrung weder Arbeitsentgelt noch Beiträge zur Arbeiterrentenversicherung geleistet. Nach Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit ab 1. April 1993 beantragte der Kläger am 9. Juni 1993 bei der Beklagten die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen ab 1. April 1993 in Mindesthöhe. Zugleich bat der Kläger um Übersendung eines Versicherungsverlaufs und einer Rentenauskunft.

Durch Bescheid vom 9. März 1994 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dieser sei ab 1. April 1993 zur Zahlung von freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt. Dem Bescheid war eine Beitragsrechnung vom 9. März 1994 beigefügt.

In Rentenauskünften vom 7. März 1994 teilte die Beklagte dem Kläger die Höhe einer monatlichen Rente wegen Erwerbsunfähigkeit und der Regelaltersrente mit. Den Rentenauskünften war ein Versicherungsverlauf beigefügt, der eine Lücke vom 1. Juni 1984 bis zum 4. Juli 1984 aufweist.

Mit Schreiben vom 25. März 1994 bat der Kläger die Beklagte um Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides in Bezug auf die Nachentrichtung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984. Hilfsweise stellte der Kläger einen Antrag auf Pflichtversicherung als Selbstständiger.

Durch Bescheid vom 2. Mai 1994 lehnte die Beklagte den mit Schreiben vom 18. Januar 1994 gestellten Antrag auf Nachentrichtung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 mit der Begründung ab, der Kläger habe die Frist des § 197 Abs. 2 Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch (SGB VI) als Ausschlussfrist versäumt. Von der Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI könne nur abgewichen werden, wenn ein Fall besonderer Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI vorliege. Gründe für die Annahme einer besonderen Härte seien nach Aktenlage nicht bekannt. Die Frist für eine eventuelle Entrichtung von freiwilligen Beiträgen für die Zeit ab 1. April 1993 werde ausgesetzt, solange ein Versicherungsverfahren anhängig sei. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, durch die bestehende Lücke im Versicherungsverlauf im Monat Juni 1984 könne der Versicherungsschutz für eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch Einzahlung freiwilliger Beiträge nicht aufrechterhalten werden. Er sei durch den fehlenden Monat Juni 1984 und die Aufgabe der rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit somit besonders betroffen, so dass objektiv ein Fall besonderer Härte vorliege. Von der Lücke im Versicherungsverlauf im Juni 1984 habe er keine Kenntnis gehabt. Aufgrund mangelnder Aufklärung habe er diesen Monat nicht rechtzeitig mit einem freiwilligen Beitrag belegen können. Die Aussetzung der Frist werde auch für die hilfsweise mit Schreiben vom 25. März 1994 beantragte Pflichtversicherung als Selbstständiger beantragt.

Durch Widerspruchsbescheid vom 16. Dezember 1994 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die Frist des § 197 Abs. 2 SGB VI für die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen sei abgelaufen. Die Möglichkeit einer Fristverlängerung nach § 197 Abs. 3 SGB VI scheitere hier schon an der Tatsache, dass keine besondere Härte vorliege. Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit seien derzeit erfüllt. Sie könnten auch aufgrund des bereits vorliegenden Antrages auf Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI weiterhin aufrechterhalten werden. Bei dieser Sachlage könne es dahingestellt bleiben, ob eine rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge Verschuldens des Klägers unterblieben sei.

Mit seiner Klage machte der Kläger geltend, ihm sei das Bestehen der Beitragslücke erst mit Zugang des Versicherungsverlaufs bewusst geworden. Weder der Rentenversicherungsträger noch die Krankenkasse seien im Jahre 1984 ihrer Aufklärungs- und Beratungspflicht nachgekommen. Er sei als Versicherter nicht gehalten, sich bei der Einzugsstelle nach der Beitragsentrichtung zu erkundigen. Fraglich sei, ob der Versicherungsträger den Versicherten einfach auf die Antragspflichtversicherung verweisen könne, die in aller Regel erheblich teurer werde als die freiwillige Versicherung unter Zahlung von Mindestbeiträgen. Der Kläger war der Auffassung, bei ihm liege ein Fall besonderer Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI vor. Im Übrigen käme eine analoge Anwendung des § 58 SGB VI bzw. des § 240 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI für die Zeit des Streiks bzw. der Aussperrung in Betracht, in der das Beschäftigungsverhältnis im arbeitsrechtlichen Sinne suspendiert gewesen sei. Zeiten des Arbeitskampfes seien z. B. auch als Überbrückungstatbestände im Rahmen des § 58 Abs. 2 SGB VI zu beachten.

Die Beklagte war der Auffassung, für die Berücksichtigung der streitigen Zeit als Anrechnungs- bzw. Anwartschaftserhaltungszeit gebe es keine gesetzliche Grundlage. Eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI sei nicht gegeben, da es dem Kläger möglich sei, durch ein entsprechendes Handeln einen drohenden Anwartschaftsverlust abzuwenden. Damit sei die Frage des Verschuldens ohne Bedeutung. Der Vorwurf unzureichender Aufklärung sei zurückzuweisen. Seinerzeit sei in sämtlichen Medien ausführlich über die geänderten Voraussetzungen für den Bezug einer Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit informiert worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Wiesbaden am 18. August 1997 erklärte der Kläger, der streitbefangene Zeitraum vom 1. Juni 1984 bis zum 4. Juli 1984 werde nicht mehr als Anrechnungszeit geltend gemacht.

Durch Urteil vom 18. August 1997 wies das Sozialgericht Wiesbaden die auf Zulassung der Nachzahlung eines freiwilligen Beitrags für den Monat Juni 1984 gerichtete Klage mit der Begründung ab, die angefochtenen Bescheide seien nicht zu beanstanden. Der Kläger habe kein Recht auf Nachzahlung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984. Das Gericht sehe im Hinblick auf die zutreffende Begründung des Bescheides vom 2. Mai 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1994, der das Gericht folge, von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der Pflichtversicherung auf Antrag gemäß § 4 Abs. 2 SGB VI - einen entsprechenden Antrag habe der Kläger mit Schreiben vom 25. März 1994 gestellt - im vorliegenden Fall zur Überzeugung des Gerichts schon deswegen keine unbillige Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI darstelle, weil die Beiträge gemäß § 165 Abs. 1 SGB VI bei selbstständig Tätigen nach dem Arbeitseinkommen und damit nach der finanziellen Leistungsfähigkeit festgesetzt werden könnten. Bei Nachweis eines Arbeitseinkommens, welches unterhalb der Höhe der Bezugsgröße (§ 18 SGB IV) liege, richte sich der Beitrag dann nach diesem Arbeitseinkommen (im Einzelnen § 165 SGB VI).

Gegen dieses dem Kläger gegen Empfangsbekenntnis am 13. September 1997 zugestellte Urteil richtet sich seine mit Schriftsatz vom 15. September 1997 - eingegangen beim Hessischen Landessozialgericht am 17. September 1997 - eingelegte Berufung, mit der er sein Begehren weiterverfolgt.

Der Kläger ist der Auffassung, in seinem Fall liege eine besondere Härte vor, so dass die Nachentrichtung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 auch nach § 197 Abs. 3 SGB VI zulässig wäre. Die Möglichkeit einer Beitragsherabsetzung bestehe in seinem Fall nicht, da das Arbeitseinkommen über der monatlichen Bezugsgröße liege. Von seinem Arbeitseinkommen sei bereits eine private Versicherung gegen Berufsunfähigkeit abzuziehen. Die Zahlung des Regelbeitrages gefährde die wirtschaftliche Existenz, da mit der Antragspflichtversicherung monatliche Mehrausgaben von 755,16 DM verbunden seien. Der Begriff der besonderen Härte dürfe nicht zu eng ausgelegt werden. Er sei im Jahre 1984 ohne Verschulden an einer rechtzeitigen Beitragseinzahlung für die Zeit des Arbeitskampfes gehindert gewesen. Diese Lücke sei ihm erst bei Überprüfung des von der Beklagten übersandten Versicherungsverlaufs aufgefallen. Die Beklagte habe ihre allgemeine Aufklärungs- und Beratungspflicht verletzt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 18. August 1997 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. Mai 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1994 zu verurteilen, die Nachzahlung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Ein Fehlverhalten der Beklagten liege nicht vor. Der allgemeinen Verpflichtung zur Aufklärung sei von den Rentenversicherungsträgern genügt worden. Gerade im Juni 1984 sei in den Medien auf die geänderten Vorschriften des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 hingewiesen worden. Der Kläger hätte seinerzeit bei der Beklagten vorsprechen, sich beraten lassen und dann entscheiden können, ob die Entrichtung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 für ihn sinnvoll und angezeigt gewesen sei. Der Kläger sei nicht ohne sein Verschulden gehindert gewesen, für die im Juni 1984 entstandene Lücke einen Beitrag zu leisten. Im Übrigen liege eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI nicht vor. Der Kläger habe die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI, so dass der Versicherungsschutz ohne weiteres aufrechterhalten werden könne. Der Umstand, dass seine dann zur gesetzlichen Rentenversicherung zu leistenden Pflichtbeiträge möglicherweise höher seien als die Mindestbeiträge als freiwillig Versicherter führe nicht zur Annahme einer besonderen Härte. Während bei einem abhängig beschäftigten Pflichtversicherten das Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Beitragspflicht unterliege, habe der Kläger im Rahmen der Antragspflichtversicherung den Vorteil, dass nur der Regelbeitrag zu leisten sei. Demgemäß seien die Voraussetzungen des § 197 Abs. 3 SGB VI nicht erfüllt, da der Kläger nicht ohne Verschulden an einer rechtzeitigen Zahlung eines Beitrages für den Monat Juni 1984 gehindert gewesen sei. Auch eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI sei nicht gegeben.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt sowie an sich statthaft (vgl. §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Berufung ist jedoch sachlich nicht begründet. Das angefochtene Urteil ist zu Recht ergangen. Der Bescheid der Beklagten vom 2. Mai 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Dezember 1994 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung der Nachzahlung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984.

Nach § 1418 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragslücke im Juni 1984 galt und wie § 140 Abs. 1 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) erst mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs - Sechstes Buch (SGB VI) am 1. Januar 1992 aufgehoben worden ist (vgl. Artikel 83, 85 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 - BGBl. I S. 2261), waren freiwillige Beiträge unwirksam, wenn sie nach Ende des Kalenderjahres entrichtet wurden, für das sie gelten sollten. Diese Regelung galt für freiwillige Beiträge auch, wenn diese der Erhaltung der Anwartschaft auf eine Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit dienten (vgl. BSG in SozR 2200 § 1418 Nr. 11 = BSGE 66, 129). Auch dann ist also eine Beitragsentrichtung von freiwilligen Beiträgen zum Zweck der Anwartschaftserhaltung nur bis zum Ablauf desjenigen Kalenderjahres wirksam, für das die Beiträge gelten sollen, und nicht - wie bei Pflichtbeiträgen (vgl. § 1418 Abs. 1 RVO, § 140 Abs. 1 AVG) - bis zum Ablauf noch des folgenden Kalenderjahres. Der Kläger konnte damit einen freiwilligen Beitrag für den Monat Juni 1984 nur bis Ende 1984 entrichten. Einen solchen Beitrag hat der Kläger nicht entrichtet.

Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren (SGB X) kommt nicht in Betracht. Eine Wiedereinsetzung wurde von der Rechtsprechung des BSG bei der hier maßgeblichen Frist zum Teil von vornherein ausgeschlossen (vgl. BSG in SozR 3-5750 Artikel 2 § 6 Nr. 7). Aber auch soweit sie erwogen wurde (vgl. BSG in SozR 3-5750 Artikel 2 § 6 Nr. 18 = BSGE 86, 153), konnte der Kläger nach § 27 Abs. 3 SGB X außer bei hier nicht vorliegender höherer Gewalt ein Jahr nach Ablauf der versäumten Frist - also nach 1985 - die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragen und die Beitragsentrichtung nicht mehr nachholen. Auch eine Nachsichtgewährung war dann ausgeschlossen (vgl. BSG in SozR 3-5750 Artikel 2 § 6 Nr. 18 = BSGE 86, 153; Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). Selbst eine entsprechende Anwendung der für Pflichtbeiträge nach den Abs. 2 und 3 des § 1418 RVO (vgl. § 140 Abs. 2, 3 AVG) geltenden Regelungen auf freiwillige Beiträge könnte den erhobenen Anspruch nicht stützen. Denn nach § 1418 Abs. 2 RVO (vgl. § 140 Abs. 2 AVG) hätte der Kläger den Beitrag nur innerhalb von zwei Jahren seit Fristablauf, also bis Ende 1986 entrichten können. Die Anwendung des § 1418 Abs. 3 RVO (vgl. § 140 Abs. 3 AVG) wäre daran gescheitert, dass der Kläger bei Beobachtung jeder nach den Umständen des Falles gebotenen Sorgfalt das Unterlassen der Beitragsentrichtung hätte verhindern können (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). In diesem Zusammenhang wurde es von der Rechtsprechung zum bisherigen Recht (vgl. BSG in SozR 2200 § 1418 Nr. 4) als für einen Versicherten zumutbar angesehen, sich bei der zuständigen Einzugsstelle nach den Gründen der unterlassenen Beitragsentrichtung zu erkundigen. Zur Anwendung des § 1418 Abs. 3 RVO musste der Versicherte alle ihm zugänglichen, erkennbaren und zumutbaren Mittel ausschöpfen, die geeignet sein konnten, dass Unterlassen der Beitragsentrichtung zu verhindern (vgl. BSG in SozR 2200 § 1418 Nr. 4). Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass der Kläger diesem von der Rechtsprechung des BSG zu § 1418 Abs. 3 RVO angelegten Sorgfaltsmaßstab im Jahre 1984 genügt haben könnte, um ein Unterbleiben der Beitragsentrichtung für Juni 1984 zu verhindern.

Nach früherem Recht kam allein ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch in Betracht, um die Entrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Ablauf der maßgeblichen Fristen zu ermöglichen. Anders als bei Pflichtbeiträgen (vgl. BSGE 56, 266 = SozR 2200 § 1418 Nr. 8) wird der Herstellungsanspruch bei freiwilligen Beiträgen nicht durch § 1418 RVO (§ 140 AVG) ausgeschlossen (vgl. BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 22 (13. Senat); im Grundsatz auch 12. Senat, vgl. Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R unter Hinweis auf SozR 3-1200 § 14 Nr. 5 und Nr. 6). Zwar ist ein Versicherungsträger aufgrund der Beratungspflicht (vgl. § 14 SGB I), auch wenn ein Beratungsbegehren nicht vorliegt, gehalten, auf klar zu Tage liegende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden (vgl. BSG in SozR 3-1200 § 14 Nr. 5 unter Hinweis auf BSG in SozR 1200 § 14 Nr. 25). Eine Verletzung der Beratungspflicht durch die Beklagte als Versicherungsträger (§ 14 SGB I) ist in der Zeit vor dem Fristablauf nicht ersichtlich. Der Kläger hat nicht einmal behauptet, im damaligen Zeitraum überhaupt Kontakt zum Versicherungsträger oder zum zuständigen Versicherungsamt gehabt zu haben. Hinweise auf ein konkretes Beratungsersuchen beim Versicherungsträger oder ein Verwaltungsverfahren, das Anlass zu einer spontanen Beratung des Klägers über die Notwendigkeit und die Modalitäten der Entrichtung eines freiwilligen Beitrages für Juni 1984 hätte sein können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Auf eine Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht des Versicherungsträgers nach § 13 SGB I kann indessen ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch im allgemeinen nicht gestützt werden (vgl. BSGE 67, 90 (94)). Bei unterlassener oder ungenügender Aufklärung der Bevölkerung insbesondere über ein befristetes Recht zur Beitragsnachentrichtung hat der Einzelne, der die Frist versäumt hat, gegen den Versicherungsträger keinen Herstellungsanspruch, es sei denn, dass die Fristversäumung auf unrichtigen oder missverständlichen Informationen des Versicherungsträgers über die Nachentrichtung beruht (vgl. BSG, Urteil vom 21. Mai 1996 - 12 RK 43/95 = SozR 3-5070 § 21 Nr. 3 unter Hinweis auf BSGE 67, 90). Abgesehen davon, dass die Rentenversicherungsträger im Jahre 1984 - gerichtskundig - in den Medien auf die Regelungen des Haushaltsbegleitgesetzes 1984, die die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Renten wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit erschwert haben, wiederholt hingewiesen haben, hat der Kläger nicht einmal behauptet, durch eine fehlerhafte oder unvollständige Allgemeininformation der Beklagten als Versicherungsträger von der Entrichtung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 abgehalten worden zu sein. Nach seinem glaubhaften Vorbringen ist dem Kläger die Lücke im Versicherungsverlauf für den Monat Juni 1984 (1. Juni 1984 - 4. Juli 1984) erst bei Überprüfung des von der Beklagten im Jahre 1993 im Anschluss an das Schreiben vom 7. Juni 1993 übersandten Versicherungsverlaufs aufgefallen. Unter diesen Umständen fehlte es bereits an der Ursächlichkeit einer fehlerhaften oder unvollständigen Allgemeininformation, wenn eine solche unterstellt würde. Im Übrigen waren die Rentenversicherungsträger ohne besonderen Anlass nicht verpflichtet, die latent betroffenen Versicherten zu ermitteln und sie individuell über die geänderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Renten wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 zu informieren (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 1993 - 13 RJ 19/92). Ein solcher Anlass kann auch nicht in einem Arbeitskampf mit Streik und ggf. Aussperrung gesehen werden, da der betroffene Personenkreis nur mit einem erheblichen Ermittlungsaufwand festgestellt werden konnte, bei dem im Übrigen ein Aufklärungsbedarf zunächst nicht bestand, weil wegen der Entrichtung von Pflichtbeiträgen bei abhängiger Beschäftigung die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für Renten wegen Berufs-/Erwerbsunfähigkeit e instweilen fortlaufend erfüllt waren. Danach sind die Tatbestandsvoraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht gegeben.

Gemäß § 197 Abs. 2 SGB VI, der am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist, sind nunmehr freiwillige Beiträge wirksam, wenn sie bis zum 31. März des Jahres gezahlt werden, das dem Jahre folgt, für das sie gelten sollen. Nach § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI ist in Fällen besonderer Härte, insbesondere bei drohendem Verlust der Anwartschaft auf eine Rente, auf Antrag der Versicherten die Zahlung von Beiträgen auch nach Ablauf der in Absatz 2 genannten Frist zuzulassen, wenn die Versicherten an der rechtzeitigen Beitragszahlung ohne Verschulden gehindert waren. Der Antrag kann nach § 197 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nur innerhalb von drei Monaten nach Wegfall des Hinderungsgrundes gestellt werden.

Der Senat hat Bedenken, ob die Vorschrift des § 197 Abs. 3 SGB VI überhaupt auf einen früheren Sachverhalt anwendbar ist. Unter Berücksichtigung des § 300 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI hat das Bundessozialgericht (vgl. BSG, Urteil vom 15. Dezember 1994 - 12 RK 55/93 = SozR 3-2600 § 197 Nr. 1) bereits entschieden, dass die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Regelung, nach der freiwillige Beiträge für ein Jahr wirksam auch noch im ersten Quartal des Folgejahres entrichtet werden können (§ 197 Abs. 2 SGB VI), nicht auf Beitragszahlungen in der Zeit vor dem 1. Januar 1992 anzuwenden ist. Über § 300 Abs. 1 SGB VI kann ein in der Vergangenheit liegender beitragsrechtlicher Sachverhalt einen Anspruch nach den Vorschriften des SGB VI nur begründen, wenn bei Inkrafttreten des neuen Rechts eine wirksame Beitragsentrichtung für die Vergangenheit noch zulässig ist oder erstmals zulässig wird (vgl. BSG in SozR 3-2600 § 197 Nr. 1). Wenn aber die Beitragsentrichtung für frühere Zeiten nach dem früheren Recht zu beurteilen ist, spricht dies dagegen, dass Fristen zur Beitragsentrichtung, die unter Geltung des früheren Rechts - abgesehen vom Herstellungsanspruch - bereits endgültig versäumt waren, durch die Regelung des § 197 Abs. 3 SGB VI wieder eröffnet worden sind (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). Auch der Wortlaut des § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI könnte dagegen sprechen, wonach die Härteregelung für die Beitragsentrichtung "nach Ablauf der in den Absätzen 1 und 2 genannten Fristen" zuzulassen ist, also nur, wenn Entrichtungsfristen noch unter der Geltung des neuen Rechts liefen und nicht bei dessen Inkrafttreten schon abgelaufen waren (vgl. BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). Es kommt hinzu, dass den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucksachen 11/4124, S. 189; 11/5490, S. 121; 11/5530) keinerlei Hinweise darauf entnommen werden können, dass der Gesetzgeber die Anwendbarkeit des § 197 Abs. 3 SGB VI auch auf nach früherem Recht hinsichtlich der Beitragsentrichtung bereits abgeschlossene Sachverhalte beabsichtigt haben könnte. Insbesondere in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucksache 11/4124, S. 189/190) fehlt es insoweit an jedweden Anhaltspunkten. Allerdings hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts entschieden, dass eine Zulassung zur Nachzahlung anwartschaftserhaltender Beiträge regelmäßig nicht mehr in Betracht kommt, wenn der Versicherte seit Ablauf der Entrichtungsfrist mehr als ein Jahr hat verstreichen lassen (vgl. BSGE 86, 153 (163) = SozR 3-5750 Artikel 2 § 6 Nr. 18). Dieser Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem wie im vorliegenden Fall die Jahresfrist schon unter der Geltung des früheren Rechts abgelaufen war, bei dem eine Anwendbarkeit des § 197 Abs. 3 SGB VI lediglich unterstellt wurde (kritisch zur Anwendung der Jahresfrist BSG, Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). Es bedurfte keiner abschließenden Entscheidung des Senats zur grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 197 Abs. 3 SGB VI auf nach früherem Recht abgeschlossene Sachverhalte und zur Anwendung der Jahresfrist im Rahmen dieser Vorschrift (offengelassen auch im Urteil des BSG vom 17. Mai 2001 - B 12 RJ 1/01 R). Denn auch bei Unterstellung der Anwendbarkeit des § 197 Abs. 3 SGB VI auf einen nach früherem Recht abgeschlossenen Sachverhalt hat der Kläger keinen Anspruch auf Zulassung der Nachzahlung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984, da die Tatbestandsvoraussetzungen des § 197 Abs. 3 SGB VI nicht erfüllt sind. Der Kläger war nämlich nicht ohne Verschulden an der rechtzeitigen Beitragszahlung gehindert. Für das Verschulden gilt in § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI die Regelung des § 276 Abs. 1 Satz 1, 2 Bürgerliches Gesetzbuch entsprechend. Einfaches Verschulden im Sinne leichter Fahrlässigkeit als im Rahmen des § 197 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zugrunde zu legendem Verschuldensmaßstab (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juni 2001 - B 12 RA 8/00 R) ist gegeben, wenn der Versicherte die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, wobei die Umstände des Einzelfalles entscheidend sind. Dem Kläger war im Jahre 1984 während des Streik s mit Aussperrung das Ausbleiben des Lohnes von der Fa. A. AG als Arbeitgeber bekannt. Damit war für ihn das Unterbleiben der Entrichtung von Pflichtbeiträgen zur Arbeiterrentenversicherung während des Arbeitskampfes ohne weiteres erkennbar. Dann hätte es ihm im Rahmen der gebotenen Sorgfalt oblegen, sich bei einem Versichertenältesten, dem Versicherungsamt oder dem Rentenversicherungsträger nach den Modalitäten der Aufrechterhaltung seines Versicherungsschutzes zu erkundigen. Das Unterlassen einer solchen Information durch den Kläger muss als leichte Fahrlässigkeit eingeordnet werden.

Im Übrigen liegt eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI nicht vor. Denn für den Kläger besteht die Möglichkeit der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI, so dass der Versicherungsschutz für eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ohne weiteres aufrechterhalten werden kann. Die gegenüber den Mindestbeiträgen als freiwillig Versicherter höheren Pflichtbeiträge im Rahmen der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI begründen keine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI. Die höheren Pflichtbeiträge nach § 4 Abs. 2 SGB VI bewirken im Gegensatz zu freiwilligen Mindestbeiträgen auch eine bedeutsame Erhöhung der monatlichen Rentenanwartschaft. Es kommt hinzu, dass der Kläger im Rahmen der Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI gemäß § 165 Abs. 1 SGB VI in Verbindung mit § 18 SGB IV nur den Regelbeitrag - eine Beitragsherabsetzung (vgl. dazu § 165 SGB VI) kommt wegen der Höhe des Arbeitseinkommens offenbar nicht in Betracht - zu leisten hat, während bei einem abhängig beschäftigten Pflichtversicherten das Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Beitragspflicht unterliegt. Von einer Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz des Klägers im Rahmen der möglichen Antragspflichtversicherung nach § 4 Abs. 2 SGB VI kann auch unter Berücksichtigung der privaten Versicherung gegen Berufsunfähigkeit nach den Einkommensverhältnissen nicht gesprochen werden. Insoweit hat der Kläger konkrete Umstände nicht substantiiert dargetan. Demgemäß liegt eine besondere Härte im Sinne von § 197 Abs. 3 SGB VI nicht vor, so dass auch nach dieser Vorschrift - ihre Anwendbarkeit unterstellt - die Nachzahlung eines freiwilligen Beitrages für den Monat Juni 1984 nicht in Betracht kommt.

Danach war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Wiesbaden vom 18. August 1997 als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war unter Berücksichtigung von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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