Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 32/20 AL 3133/97
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 1072/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer 12wöchigen Sperrzeit mit der Folge der Minderung des Leistungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) um 78 Tage im Streit.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger ist von Beruf Fuger/Fliesenleger. Er meldete sich am 28. Januar 1997 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 31. Januar 1997 war er vom 1. November 1995 bis zum 28. Januar 1997 bei der Firma K-Bau GmbH in M. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung des Arbeitgebers mit zusätzlicher Vereinbarung beendet worden. Zur Kündigungsfrist findet sich die Angabe "Winterkündigung". Vertragswidriges Verhalten des Klägers sei nicht Anlass für die Kündigung gewesen. Dazu legte der Kläger ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 28. Januar 1997 vor, demzufolge das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum endete, da das für den Kläger vorgesehene Bauvorhaben noch nicht begonnen werden könne. In dem Schreiben heißt es weiter: "Sobald die Baustelle begonnen werden kann, werden wir Sie wieder zu unveränderten Bedingungen und unter Aufrechterhaltung der Rechte aus dem beendeten Arbeitsverhältnis einstellen. Wir sagen Ihnen hiermit zu, dass dies spätestens am 01.04.1997 der Fall sein wird."
In einer Erklärung vom 14. Februar 1997 gab der Kläger zu den Gründen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses an, er sei nicht abgemahnt worden, die Firma habe keine Arbeitsaufträge gehabt, er gehe davon aus, dass die Kündigung den gesetzlichen bzw. tariflichen Bestimmungen entspreche und er habe auf eine Kündigungsklage nicht wegen einer Abfindung verzichtet. Darüber hinaus legte der Kläger ein Schreiben der Firma K-Bau GmbH vom 14. April 1997 vor, mit dem ihm ab 2. Mai 1997 die Wiederaufnahme seiner Beschäftigung bestätigt wurde. Am 15. April 1997 ging bei der Beklagten eine entsprechende Veränderungsmitteilung ein. Mit Bescheid vom 16. Mai 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 23. April 1997 unter Berücksichtigung einer Sperrzeit vom 29. Januar 1997 bis zum 22. April 1997. Hiergegen widersprach der Kläger am 26. Mai 1997. Mit Bescheid vom 11. Juni 1997 stellte die Beklagte den Eintritt der Sperrzeit vom 29. Januar 1997 bis zum 22. April 1997 mit der Begründung fest, der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben. Zwar habe der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen, jedoch habe der Kläger auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet und diese Kündigung hingenommen, weil der Arbeitgeber eine Wiedereinstellungszusage gegeben habe. Auf den Inhalt des Bescheides im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen. Der Arbeitgeber teilte der Beklagten mit, ebenso wie dem Kläger sei seinerzeit insgesamt 10 Arbeitnehmern gekündigt worden, bei denen es bei den Arbeitsämtern B., S., H. und A. zu keinerlei Problemen gekommen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen. Mit am 18. September 1997 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) eingegangener Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Während des Klageverfahrens überreichte er ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 17. März 1998, in welchem es u. a. heißt:
"1. Die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses vom 28.01.1997 und die Zusage der Wiedereinstellung erfolgte einschränkungslos wegen witterungsbedingten Arbeitsmangel. Eine Absprache vor dieser Kündigung hat nicht stattgefunden.
2. Bei Nichtzustandekommen der fristlosen Kündigung hätten wir das Arbeitsverhältnis fristgemäß kündigen müssen."
Mit Urteil vom 25. Juni 1999 gab das SG der Klage statt. Das Beschäftigungsverhältnis sei nicht durch einen Aufhebungsvertrag, sondern durch eine fristlose Kündigung beendet worden, wobei der Arbeitgeber klargestellt habe, dass für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine fristgemäße Kündigung erklärt worden wäre. Das bloße Schweigen oder Hinnehmen einer Kündigung ohne erkennbare Zustimmung könne nicht als Aufhebungsvertrag gewertet werden. Auch bei der Wiedereinstellungszusage handele es sich um eine einseitige Erklärung der Arbeitgeberseite, deren Motivation dabei vielschichtig sein könne. Der Arbeitnehmer befinde sich im Übrigen in solchen Fällen stets in einer Konfliktsituation. Selbst dann, wenn vorliegend eine Art Kollusion angenommen werde, stehe dem Kläger jedenfalls ein wichtiger Grund zur Seite, denn dieser bestehe hier in der Konfliktlage des Klägers, der im Falle der Gegenwehr gegen die Arbeitgeberin zweifellos die zukünftige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit riskiert hätte. Das Verhalten des Klägers habe eher im Interesse der Versichertengemeinschaft gelegen, denn die Folge sei die nur begrenzte Arbeitslosigkeit gewesen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen. Die Zustellung des Urteils erfolgte am 17. August 1999.
Am 14. September 1999 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sperrzeitvorschrift selbst gelöst, denn die Beendigung wäre ohne seinen Willen nicht bzw. nicht zum selben Zeitpunkt erfolgt. Denn die Erklärung der Arbeitgeberin, dass bei Nichtzustandekommen der fristlosen Kündigung eine fristgerechte Kündigung erfolgt wäre, belege die Mitwirkung des Klägers an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum konkreten Zeitpunkt. Es gehe beim Kläger nicht um bloßes Schweigen, sondern um die Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung im Zusammenhang mit einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage. Vorliegend belege die Erklärung des Arbeitgebers, eine fristgerechte Kündigung wäre die Folge einer unwirksamen fristlosen Kündigung gewesen, das Einvernehmen der Arbeitsvertragsparteien. Der Kläger habe auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt, denn für die vom SG angenommene Konfliktlage gebe es keinen Beweis. Sinn und Zweck der Sperrzeitvorschriften würden gerade durch die vorliegende Konstellation erfüllt, weil der Kläger mit dem Arbeitgeber zusammen davon ausgegangen sei, dass die Kosten für den Arbeitsausfall aus Witterungsgründen auch für die Dauer der Kündigungsfrist durch die Zahlung von Alg übernommen würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont, dass die Kündigung infolge des Auftragsmangels zwangsläufig gewesen sei. Die Wiedereinstellungszusage spreche nicht für eine einverständliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, denn er habe sich nach der Kündigung selbstverständlich bemüht, eine andere Arbeitsstelle zu finden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit § 119 a AFG tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Das SG hat mit überzeugender Begründung dargelegt, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht zu Lasten des Klägers erfüllt sind. Insbesondere liegt ein Aufhebungsvertrag nicht vor, auch nicht in konkludenter Form, denn das Verhalten des Klägers bietet keinen Raum, in ihm eine rechtsgeschäftliche Erklärung zur Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses zu erkennen (vgl. BSG vom 9. November 1995 - 11 RAr 27/95 - m.w.N.). Wie die Beklagte selbst vorträgt, handelt es sich bei der in den Raum gestellten Möglichkeit einer fristgemäßen Kündigung für den Fall des Fehlschlagens der ausgesprochenen fristlosen Kündigung um eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers, welche erst über ein Jahr nach Ausspruch der fristlosen Kündigung zu den Akten gelangt ist. Im Gegenteil hat der Arbeitgeber ausdrücklich erklärt, dass eine Absprache vor dieser Kündigung nicht stattgefunden hat. Entsprechendes war sogar bereits in der Arbeitsbescheinigung vom 31. Januar 1997 erklärt worden. Bei dieser Sachlage führt die Handhabung der Beklagten letztlich dazu, den Arbeitnehmer für rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers eintreten zu lassen, obwohl der Kläger im vorliegenden Falle keinerlei Vorteile aus der Hinnahme der rechtswidrigen Kündigung hatte, sondern im Gegenteil deutliche Einkommenseinbußen wegen des Verlustes seines Arbeitsentgelts hinnehmen musste, da dieses durch die Leistungen der Beklagten bei weitem nicht kompensiert wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber die individualrechtlich schwächere Position des Arbeitnehmers bekannt ist und Normen des kollektiven Arbeitsrechts, namentlich das Betriebsverfassungsgesetz, für derartige Fälle schützende Regeln enthält, die vorliegend aber offensichtlich wegen Fehlens eines Betriebsrates nicht eingreifen. Ebenso hat der Gesetzgeber in den §§ 17 Kündigungsschutzgesetz, 8 AFG den Interessen der Beklagten im Falle von Massenentlassungen Rechnung getragen, deren Voraussetzungen hier aber ebenfalls nicht vorliegen. Aus der Gesamtschau der Regelungen des Arbeitsrechts und des Arbeitsförderungsrechts erhellt sich somit, dass dem Gesetzgeber die Frage willkürlicher Entlassungen durch Arbeitgeber durchaus bekannt war, er dem in Kleinbetrieben jedoch nicht mit der gleichen Konsequenz entgegentreten wollte, wie dies in größeren Betrieben möglich ist. Dann entspricht es aber auch nicht der Wertung der genannten arbeitsrechtlichen und arbeitsförderungsrechtlichen Sanktionsregeln im Kontext, wenn in Fällen der vorliegenden Art die Arbeitnehmer auf dem Umweg über die Sperrzeitregelungen für rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers haftbar gemacht werden. Nach allem vermag das Berufungsvorbringen der Beklagten die Argumentation des SG im angefochtenen Urteil nicht zu erschüttern, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich auf diese Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
II. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist der Eintritt einer 12wöchigen Sperrzeit mit der Folge der Minderung des Leistungsanspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld (Alg) um 78 Tage im Streit.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger ist von Beruf Fuger/Fliesenleger. Er meldete sich am 28. Januar 1997 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte Alg. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 31. Januar 1997 war er vom 1. November 1995 bis zum 28. Januar 1997 bei der Firma K-Bau GmbH in M. beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis sei durch Kündigung des Arbeitgebers mit zusätzlicher Vereinbarung beendet worden. Zur Kündigungsfrist findet sich die Angabe "Winterkündigung". Vertragswidriges Verhalten des Klägers sei nicht Anlass für die Kündigung gewesen. Dazu legte der Kläger ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 28. Januar 1997 vor, demzufolge das Arbeitsverhältnis zu diesem Datum endete, da das für den Kläger vorgesehene Bauvorhaben noch nicht begonnen werden könne. In dem Schreiben heißt es weiter: "Sobald die Baustelle begonnen werden kann, werden wir Sie wieder zu unveränderten Bedingungen und unter Aufrechterhaltung der Rechte aus dem beendeten Arbeitsverhältnis einstellen. Wir sagen Ihnen hiermit zu, dass dies spätestens am 01.04.1997 der Fall sein wird."
In einer Erklärung vom 14. Februar 1997 gab der Kläger zu den Gründen der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses an, er sei nicht abgemahnt worden, die Firma habe keine Arbeitsaufträge gehabt, er gehe davon aus, dass die Kündigung den gesetzlichen bzw. tariflichen Bestimmungen entspreche und er habe auf eine Kündigungsklage nicht wegen einer Abfindung verzichtet. Darüber hinaus legte der Kläger ein Schreiben der Firma K-Bau GmbH vom 14. April 1997 vor, mit dem ihm ab 2. Mai 1997 die Wiederaufnahme seiner Beschäftigung bestätigt wurde. Am 15. April 1997 ging bei der Beklagten eine entsprechende Veränderungsmitteilung ein. Mit Bescheid vom 16. Mai 1997 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab 23. April 1997 unter Berücksichtigung einer Sperrzeit vom 29. Januar 1997 bis zum 22. April 1997. Hiergegen widersprach der Kläger am 26. Mai 1997. Mit Bescheid vom 11. Juni 1997 stellte die Beklagte den Eintritt der Sperrzeit vom 29. Januar 1997 bis zum 22. April 1997 mit der Begründung fest, der Kläger habe seine Beschäftigung selbst aufgegeben. Zwar habe der Arbeitgeber eine Kündigung ausgesprochen, jedoch habe der Kläger auf eine Kündigungsschutzklage verzichtet und diese Kündigung hingenommen, weil der Arbeitgeber eine Wiedereinstellungszusage gegeben habe. Auf den Inhalt des Bescheides im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen. Der Arbeitgeber teilte der Beklagten mit, ebenso wie dem Kläger sei seinerzeit insgesamt 10 Arbeitnehmern gekündigt worden, bei denen es bei den Arbeitsämtern B., S., H. und A. zu keinerlei Problemen gekommen sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 1997 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auf den Inhalt des Bescheides wird Bezug genommen. Mit am 18. September 1997 beim Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) eingegangener Klage verfolgte der Kläger sein Begehren weiter. Während des Klageverfahrens überreichte er ein Schreiben seines Arbeitgebers vom 17. März 1998, in welchem es u. a. heißt:
"1. Die Kündigung Ihres Arbeitsverhältnisses vom 28.01.1997 und die Zusage der Wiedereinstellung erfolgte einschränkungslos wegen witterungsbedingten Arbeitsmangel. Eine Absprache vor dieser Kündigung hat nicht stattgefunden.
2. Bei Nichtzustandekommen der fristlosen Kündigung hätten wir das Arbeitsverhältnis fristgemäß kündigen müssen."
Mit Urteil vom 25. Juni 1999 gab das SG der Klage statt. Das Beschäftigungsverhältnis sei nicht durch einen Aufhebungsvertrag, sondern durch eine fristlose Kündigung beendet worden, wobei der Arbeitgeber klargestellt habe, dass für den Fall der Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eine fristgemäße Kündigung erklärt worden wäre. Das bloße Schweigen oder Hinnehmen einer Kündigung ohne erkennbare Zustimmung könne nicht als Aufhebungsvertrag gewertet werden. Auch bei der Wiedereinstellungszusage handele es sich um eine einseitige Erklärung der Arbeitgeberseite, deren Motivation dabei vielschichtig sein könne. Der Arbeitnehmer befinde sich im Übrigen in solchen Fällen stets in einer Konfliktsituation. Selbst dann, wenn vorliegend eine Art Kollusion angenommen werde, stehe dem Kläger jedenfalls ein wichtiger Grund zur Seite, denn dieser bestehe hier in der Konfliktlage des Klägers, der im Falle der Gegenwehr gegen die Arbeitgeberin zweifellos die zukünftige Weiterbeschäftigungsmöglichkeit riskiert hätte. Das Verhalten des Klägers habe eher im Interesse der Versichertengemeinschaft gelegen, denn die Folge sei die nur begrenzte Arbeitslosigkeit gewesen. Auf die Entscheidungsgründe im Übrigen wird ergänzend Bezug genommen. Die Zustellung des Urteils erfolgte am 17. August 1999.
Am 14. September 1999 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie vertritt die Ansicht, der Kläger habe das Beschäftigungsverhältnis im Sinne der Sperrzeitvorschrift selbst gelöst, denn die Beendigung wäre ohne seinen Willen nicht bzw. nicht zum selben Zeitpunkt erfolgt. Denn die Erklärung der Arbeitgeberin, dass bei Nichtzustandekommen der fristlosen Kündigung eine fristgerechte Kündigung erfolgt wäre, belege die Mitwirkung des Klägers an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum konkreten Zeitpunkt. Es gehe beim Kläger nicht um bloßes Schweigen, sondern um die Hinnahme einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung im Zusammenhang mit einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage. Vorliegend belege die Erklärung des Arbeitgebers, eine fristgerechte Kündigung wäre die Folge einer unwirksamen fristlosen Kündigung gewesen, das Einvernehmen der Arbeitsvertragsparteien. Der Kläger habe auch keinen wichtigen Grund für sein Verhalten gehabt, denn für die vom SG angenommene Konfliktlage gebe es keinen Beweis. Sinn und Zweck der Sperrzeitvorschriften würden gerade durch die vorliegende Konstellation erfüllt, weil der Kläger mit dem Arbeitgeber zusammen davon ausgegangen sei, dass die Kosten für den Arbeitsausfall aus Witterungsgründen auch für die Dauer der Kündigungsfrist durch die Zahlung von Alg übernommen würden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 25. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und betont, dass die Kündigung infolge des Auftragsmangels zwangsläufig gewesen sei. Die Wiedereinstellungszusage spreche nicht für eine einverständliche Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, denn er habe sich nach der Kündigung selbstverständlich bemüht, eine andere Arbeitsstelle zu finden.
Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Nach § 119 Abs. 1 Satz 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in Verbindung mit § 119 a AFG tritt eine Sperrzeit von 12 Wochen ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. Das SG hat mit überzeugender Begründung dargelegt, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht zu Lasten des Klägers erfüllt sind. Insbesondere liegt ein Aufhebungsvertrag nicht vor, auch nicht in konkludenter Form, denn das Verhalten des Klägers bietet keinen Raum, in ihm eine rechtsgeschäftliche Erklärung zur Lösung seines Beschäftigungsverhältnisses zu erkennen (vgl. BSG vom 9. November 1995 - 11 RAr 27/95 - m.w.N.). Wie die Beklagte selbst vorträgt, handelt es sich bei der in den Raum gestellten Möglichkeit einer fristgemäßen Kündigung für den Fall des Fehlschlagens der ausgesprochenen fristlosen Kündigung um eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers, welche erst über ein Jahr nach Ausspruch der fristlosen Kündigung zu den Akten gelangt ist. Im Gegenteil hat der Arbeitgeber ausdrücklich erklärt, dass eine Absprache vor dieser Kündigung nicht stattgefunden hat. Entsprechendes war sogar bereits in der Arbeitsbescheinigung vom 31. Januar 1997 erklärt worden. Bei dieser Sachlage führt die Handhabung der Beklagten letztlich dazu, den Arbeitnehmer für rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers eintreten zu lassen, obwohl der Kläger im vorliegenden Falle keinerlei Vorteile aus der Hinnahme der rechtswidrigen Kündigung hatte, sondern im Gegenteil deutliche Einkommenseinbußen wegen des Verlustes seines Arbeitsentgelts hinnehmen musste, da dieses durch die Leistungen der Beklagten bei weitem nicht kompensiert wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem Gesetzgeber die individualrechtlich schwächere Position des Arbeitnehmers bekannt ist und Normen des kollektiven Arbeitsrechts, namentlich das Betriebsverfassungsgesetz, für derartige Fälle schützende Regeln enthält, die vorliegend aber offensichtlich wegen Fehlens eines Betriebsrates nicht eingreifen. Ebenso hat der Gesetzgeber in den §§ 17 Kündigungsschutzgesetz, 8 AFG den Interessen der Beklagten im Falle von Massenentlassungen Rechnung getragen, deren Voraussetzungen hier aber ebenfalls nicht vorliegen. Aus der Gesamtschau der Regelungen des Arbeitsrechts und des Arbeitsförderungsrechts erhellt sich somit, dass dem Gesetzgeber die Frage willkürlicher Entlassungen durch Arbeitgeber durchaus bekannt war, er dem in Kleinbetrieben jedoch nicht mit der gleichen Konsequenz entgegentreten wollte, wie dies in größeren Betrieben möglich ist. Dann entspricht es aber auch nicht der Wertung der genannten arbeitsrechtlichen und arbeitsförderungsrechtlichen Sanktionsregeln im Kontext, wenn in Fällen der vorliegenden Art die Arbeitnehmer auf dem Umweg über die Sperrzeitregelungen für rechtswidriges Verhalten des Arbeitgebers haftbar gemacht werden. Nach allem vermag das Berufungsvorbringen der Beklagten die Argumentation des SG im angefochtenen Urteil nicht zu erschüttern, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich auf diese Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wurde gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
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