L 3 U 176/01

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gießen (HES)
Aktenzeichen
S 1 U 1491/98
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 176/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist, ob eine Hepatitis B-Infektion der Klägerin als Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) festzustellen ist.

Die 1936 geborene Klägerin arbeitete von 1963 bis 1993, mit einer Unterbrechung von 1969 bis 1973, als Medizinisch-Technische-Assistentin (MTA) im Labor bzw. als Röntgenassistentin im Kreiskrankenhaus "F." in B ... Ihre Hausärzte Dres. N. und L. erstatteten am 29. August 1994 eine ärztliche Anzeige über eine BK Hepatitis B. Die Klägerin habe die Arbeit am 28. Dezember 1993 eingestellt und habe über Gelbsucht, Leberschaden und eine chronische Entzündung geklagt. Die Beschwerden seien erstmals im Oktober 1992 aufgetreten. Der ärztlichen Anzeige war ein Bericht des Arztes für Laboratoriumsmedizin E. F. vom 9. Mai 1994 über das Ergebnis einer serologischen Diagnostik mit folgenden Befunden beigefügt: Anti-HAV IgG/IgM negativ, HBe-Antigen negativ, Anti-HBs ) 1000 positiv, HBs-Antigen negativ, Anti-HBc positiv. Der Befund spreche für eine abgelaufene und ausgeheilte Hepatitis B-Infektion. Die Patientin sei nicht infektiös. Immunität gegen das Hepatitis B-Virus könne angenommen werden. Die Beklagte holte eine Unternehmerauskunft bei dem Kreiskrankenhaus F. vom 1. März 1995, eine Auskunft der Klägerin vom 7. Februar 1995, ein Vorerkrankungsverzeichnis der Barmer Ersatzkrankenkasse B. und einen Bericht der Hausärzte Dres. N./L. vom 5. August 1996 ein; außerdem zog die Beklagte einen Bericht des Chefarztes Dr. P., Kreiskrankenhaus F., vom 28. Juli 1995 sowie einen Kurbericht der BfA über eine im November 1994 in der Reha-Klinik W. durchgeführte Kur der Klägerin dem Verfahren bei. Dr. P. berichtete, am 16. Januar 1981 sei erstmals eine Anti-HBs-Kontrolle im Rahmen einer personalärztlichen Untersuchung durchgeführt worden mit positivem Ergebnis. Das Australia-AG (= HBs-AG) sei negativ gewesen, die Gamma GT habe 55 U/l betragen. Beschwerden habe die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nicht gehabt. In früheren Untersuchungen 1974 und 1978 seien die Transaminasen unauffällig gewesen, eine Hepatitisserologie sei nicht durchgeführt worden. Bei weiteren personalärztlichen Untersuchungen in den Jahren 1983 bis 1993 seien die Leberwerte im Normbereich gewesen. Seit 21. Dezember 1993 seien keine weiteren Kontrollen mehr erfolgt. Dem Kurentlassungsbericht vom 20. Dezember 1994 sind folgende Diagnosen zu entnehmen: 1. Mitralklappeninsuffizienz Grad II bei Verkalkung des hinteren Mitralklappensegels, 2. Zustand nach Cholezystektomie März 1994 mit postoperativem Transaminasenanstieg, 3. Abgelaufene Hepatitis B, 4. Hypercholesterinämie, 5. Degeneratives Wirbelsäulensyndrom, 6. Zustand nach Varizektomie links 1980, 7. Hypothyreose bei Verdacht auf abgelaufene Thyreoiditis 1990. Seit 1992 (zu diesem Zeitpunkt wohl grippaler Infekt, Virusinfektion und Hörsturz) bestehe ein Leistungsabfall und eine Belastungsdyspnoe. Seit der Cholezystektomie im März 1994 habe sich ein Anstieg der Transaminasen, der Gamma GT und der alkalischen Phosphatase ergeben. Die weiteren Untersuchungen, wie Computertomographie des Abdomens, Oberbauch-Sonographie, Leberpunktion und ERCP, hätten keine auffälligen Befunde ergeben.

Im Auftrag des Landesgewerbearztes erstatteten Prof. Dr. P., Leitender Arzt der Medizinischen Klinik X der Städtischen Kliniken K., und Dr. G., Arzt für Innere Medizin-Gastroenterologie, Oberarzt der Medizinischen Klinik X, ein internistisches Gutachten nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 22. Oktober 1996. Im Gutachten vom 30. Oktober 1996 führten sie aus, die Klägerin klage seit der Cholezystektomie 1994 über Leistungsminderung und uncharakteristische Beschwerden im rechten Oberbauch. Postoperativ seien erhöhte Cholestaseparameter aufgefallen. Die Histologie einer Leberblindpunktion im Juni 1994 habe bis auf spärliche Einzelnekrosen im Wesentlichen normales Lebergewebe gezeigt. Im Februar 1995 sei die Klägerin wegen immer noch persistierender Cholestaseparameter in der Medizinischen Klinik X stationär behandelt worden. In der durchgeführten Laparoskopie habe sich eine normale Leber mit fleckiger retikulärer Zeichnung wie bei Zustand nach Cholangitis gezeigt. In der Leberhistologie sei jetzt eine mäßige periportale Fibrose beschrieben und der Zusammenhang mit einer vorausgegangenen intrahepatischen Cholangitis diskutiert worden. Unter der eingeleiteten Therapie seien die Leberwerte rückläufig gewesen. Eine ambulante Kontrolluntersuchung im Mai 1995 habe bis auf eine Gamma GT von 26 U/l normale Leberwerte ergeben. Die erhöhten Cholestaseparameter seien als Folge einer durchgemachten Cholangitis interpretiert worden. Es liege ein Zustand nach Hepatitis B und ein als wahrscheinlich anzunehmender Zustand nach Cholangitis vor. Da bei Arbeitsbeginn eine möglicherweise vor Arbeitsbeginn 1963 durchgemachte inapparente Hepatitis B nicht ausgeschlossen worden sei, müsse bei erhöhtem Berufsrisiko von einer berufsbedingten Infektion mit Hepatitis B ausgegangen werden. Diese sei jedoch aufgrund der laborchemischen Erhebungen von Februar 1995 und Oktober 1996 als ausgeheilt anzusehen. Ein Hinweis auf eine chronische Hepatitis ergebe sich nicht. Auch histologisch bestehe dafür kein Anhalt. Eine durch die Hepatitis B bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) könne nicht festgestellt werden. Die Beschwerden der Klägerin würden durch die Fülle der bestehenden sonstigen Erkrankungen bestimmt. Leistungsminderung, rasche Ermüdbarkeit, Oberbauchdruck rechts seien erst in Folge der Cholezystektomie mit postoperativ zu postulierender Cholangitis aufgetreten. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit der durchgemachten Hepatitis B sei nicht anzunehmen.

Der Landesgewerbearzt empfahl mit Schreiben vom 18. Februar 1997 die Anerkennung der Hepatitis B als BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV. Eine MdE bestehe nicht.

Nachdem die Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, sie beabsichtige vorbehaltlich der Entscheidung des Rentenausschusses bei ihr die BK-Nr. 3101 ohne Gewährung einer Verletztenrente anzuerkennen, vertrat die Klägerin die Auffassung, ihre Hepatitiserkrankung sei nicht ausgeheilt, sie habe immer noch schlechte Werte. Sie nehme Bezug auf die Laborwerte vom 18. Februar 1997. Nach Eingang eines weiteren Berichts der Hausärzte vom 28. Januar 1997 veranlasste die Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme durch Prof. Dr. S., Klinik W., vom 23. September 1997. Dieser führte aus, bei der Klägerin handele es sich um eine (auf natürlichem Weg, also durch eine stattgehabte Infektion bewirkte) seit 1981 bekannte Immunität gegenüber dem Hepatitisvirus B. Eine klinisch relevante Hepatitis B-verursachte Erkrankung habe nicht vorgelegen. Es sei durchaus denkbar, dass die Klägerin sich die Infektion im Rahmen der Berufsausübung zugezogen habe. Diese habe aber offensichtlich auf dem Weg der sogenannten stillen Feiung zur vollen und lebenslang verbleibenden Immunität geführt. Dies sei der optimale, natürliche Verlauf bzw. die Beendigung einer stattgehabten Infektion. Nachdem weder eine Erkrankung bekannt sei noch ein Carrierstatus vorliege, könne eine BK nach der Nr. 3101 der BKV nicht anerkannt werden. Die von der Klägerin geklagten Beschwerden und die vom Hausarzt übersandten Laborbefunde mit geringen Abweichungen könnten nicht der irgendwann in der Vergangenheit erfolgten Hepatitis B-Infektion, die mit Immunität seit langem beendet sei, angelastet werden, vielmehr seien hierfür eine ganze Reihe anderer Gesundheitsstörungen als ursächlich zu diskutieren. Mit Bescheid vom 22. Dezember 1997 lehnte die Beklagte eine Entschädigung wegen einer BK ab. Eine BK nach Nr. 3101 liege bei der Klägerin nicht vor. Die bei ihr seit 1981 bekannte Immunität gegenüber dem Hepatitis B-Virus sei keine Erkrankung.

Den Widerspruch vom 14. Januar 1998, mit dem die Klägerin geltend gemacht hatte, sie sei aufgrund der Hepatitis B vorzeitig berentet worden und erhalte eine niedrigere Rente, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 1998 zurück. Die Immunität gegenüber dem Hepatitis B-Virus erfülle nicht den Rechtsbegriff einer Infektionserkrankung. Auch ein Carrierstatus liege bei ihr nicht vor. Im Übrigen seien auch die medizinischen Sachverständigen zu dem Ergebnis gekommen, dass keine im Zusammenhang mit einer Hepatitis bestehenden Erkrankungsfolgen vorlägen. Die Berentung sei offensichtlich wegen berufsunabhängiger Erkrankungen erfolgt.

Mit der am 3. August 1998 beim Sozialgericht Gießen (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, ihre beruflich erworbene Hepatitis B-Infektion sei nicht ausgeheilt. Dies sei durch die immer wieder schubweise auftretenden pathologischen Leberwerte belegt. Sie habe auch immer noch erhebliche Beschwerden. Sie nehme Bezug auf das Attest ihrer behandelnden Hausärzte vom 23. Februar 2000.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens bei Prof. Dr. Bz., Zentrum für Innere Medizin der X-Universität G., nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 23. April 1999. Der Sachverständige hat im Gutachten vom 30. April 1999 ausgeführt, bei der Klägerin sei angesichts der beruflich bedingten Kontakte mit Blut und Blutprodukten von einer durchgemachten Hepatitis B-Infektion als BK auszugehen, die jedoch seit Jahren (seit Januar 1981) als ausgeheilt zu betrachten sei. Dafür sprächen neben den mehrfach bestimmten normalen Leberwerten die seit 1981 bekannten und wiederholt erhobenen virusserologischen Befunde. Die erhöhten Leberwerte in den Jahren 1994 bis 1997 seien demnach nicht als Ausdruck einer chronischen Hepatitis zu betrachten, sondern als Folgen einer postoperativen Komplikation im Sinne einer Cholangitis, die jetzt ebenfalls ausgeheilt sei. Die von der Klägerin angegebenen Beschwerden wie Druckgefühl, Völlegefühl, Übelkeit, zeitweise krampfartige Oberbauchbeschwerden, multiple Nahrungsmittelintoleranzen, ständige Müdigkeit, Abgeschlagenheit, schnelle Erschöpfbarkeit, muskuläre Schwäche, subdepressive Verstimmung, abnormes Schlafbedürfnis seien nach den anamnestischen Angaben erst nach der Gallenblasenoperation im März 1994 aufgetreten und somit ebenfalls nicht auf die ausgeheilte Hepatitis B zu beziehen, auch nicht im Sinne einer Verschlimmerung einer Hepatitis B als Vorschaden, da eine ausgeheilte Hepatitis B nicht als ein Lebervorschaden betrachtet werden könne. Auch die sonstigen Gesundheitsstörungen (Diagnosen 2 bis 21) ständen in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Ein MdE sei durch die ausgeheilte Hepatitis B (BK-Nr. 3101) nicht bedingt.

Nachdem das SG angeregt hatte zu prüfen, ob eine BK dem Grunde nach anerkannt werden könnte, hat die Beklagte eine ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. S. vorgelegt, der am 31. Januar 2000 ausgeführt hat, der in dem Gutachten des Prof. Dr. Bz. verwendete Begriff "abgelaufene Hepatitis B" sei irreführend. Denn gemeint sein könne nur eine abgelaufene Hepatitis B-Infektion, nicht aber eine Erkrankung. Es müsse heißen "eine mit Immunität beendete Hepatitisvirus B-Infektion". Nach Aktenlage habe sich zu keinem Zeitpunkt eine klinisch und damit gutachterlich relevant werdende Hepatitisvirus B-verursachte Erkrankung nachweisen lassen, bestätigt sei jeweils nur eine seit 1981 bekannte Immunität gegenüber dem Hepatitisvirus B. Aus der Aufstellung der serologischen und klinisch-chemischen Befunde, die Prof. Dr. Bz. seinem Gutachten beigefügt habe, ergebe sich die (volle) auf natürlichem Wege erworbenen Immunität seit 1981, die sich jeweils bei Nachuntersuchungen bestätigt habe; auch gehe daraus hervor, das die Transaminasenaktivitäten bzw. der Leberstatus bis zum 21. Dezember 1993 "o.b." gewesen seien. Eine Infektion, die ohne jegliche Krankheit oder einen nachfolgenden Carrierstatus abgelaufen sei, sei keine BK im Sinne der BKV. Infektionen, die ohne klinische Manifestationen zur Serokonversion und verbleibenden lebenslangen Immunität gegenüber dem Erreger führten, seien der Idealzustand der Natur und keine Krankheit. Die Auffassung der Klägerin, die immer wieder schubweise auftretenden weiter erhöhten Leberwerte seien ursächlich auf eine Hepatitisvirus B-Infektion zurückzuführen, sei falsch und biologisch nicht möglich. Eine nicht existente oder nicht existent gewesene Krankheit könne nicht ausheilen. Nirgends in den Akten fänden sich Hinweise für eine abgelaufene oder floride akute oder chronische Hepatitisvirus B-induzierte Erkrankung.

Prof. Dr. Bz. hat am 2. Oktober 2000 ergänzend ausgeführt, eine durchgemachte Infektionskrankheit im Sinne einer durchgemachten Hepatitis B-Erkrankung sei bei der Klägerin aktenmäßig nicht belegt und demnach habe er auch nicht von einer Hepatitis B-Erkrankung gesprochen. Aufgrund der anamnestischen Daten und der seit 1981 bei der Klägerin bekannten virusserologischen Befunde könne bei ihr lediglich von einer durchgemachten Hepatitis B-Infektion im Sinne einer klinischen Infektion (stumme Feiung) ausgegangen werden. Diese vor 1981 offenbar stumm, d. h. ohne wesentliche Krankheitserscheinungen verlaufene Hepatitis B-Infektion (nicht -Krankheit!) sei 1981 bereits "ausgeheilt" gewesen bzw. habe zu einer bleibenden lebenslangen Immunität geführt. Die seit 1981 bekannte und ausgeheilte Hepatitis B-Infektion sei auch nach seiner Meinung der Idealzustand einer Hepatitis B-Infektion und könne nicht als ein irgendwie gearteter Lebervorschaden gewertet werden. Die von Prof. Dr. S. vorgeschlagene Formulierung "mit Immunität beendete Hepatitis B-Infektion" sei mit der von ihm verwendeten Bezeichnung "seit 1981 bekannte und ausgeheilte Hepatitis B" synonym zu setzen. Die vor 1981 durchgemachte Hepatitis B-Infektion sei angesichts der beruflichen Tätigkeit der Klägerin hinreichend wahrscheinlich beruflich bedingt und somit als BK (ausgeheilte Hepatitis B-Infektion) anzuerkennen, auch wenn ihr keine MdE zukomme.

Mit Urteil vom 5. Dezember 2000 hat das SG die Klage, die zuletzt auf eine Anfechtungs- und Feststellungsklage beschränkt war, abgewiesen. Die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK nach Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV seien nicht erfüllt, weil die Klägerin nicht an einer derartigen Infektion leide.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 17. Januar 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 14. Februar 2001 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin.

Die Klägerin trägt vor, sie habe sich bei ihrer beruflichen Tätigkeit eine Hepatitis B-Infektion zugezogen. Auch wenn bei ihr zur Zeit keine Krankheitssymptome vorlägen, so sei die Anerkennung als BK dem Grunde nach geboten, weil sie sich diese Infektion beruflich zugezogen habe. Sie nehme Bezug auf die Stellungnahmen des Prof. Dr. Bz. und des Landesgewerbearztes. Auch die Entscheidungen des LSG Niedersachsen und des Bayerischen LSG stützten diese Bewertung.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Gießen vom 5. Dezember 2000 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 1998 abzuändern und bei ihr eine BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV festzustellen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, die Gutachter Prof. Dr. S. und Prof. Dr. Bz. seien übereinstimmend zu dem Ergebnis gekommen, dass bei der Klägerin eine ohne wesentliche Krankheitserscheinungen verlaufene Hepatitis B-Infektion im Sinne einer stillen Feiung vorliege. Dieser Kontakt mit Hepatitis B-Viren habe zur vollen und lebenslang verbleibenden Immunität geführt, so dass weder in der Vergangenheit noch heute und in der Zukunft Krankheitserscheinungen aufgetreten seien oder auftreten könnten. Da niemals ein regelwidriger Körper- und Gesundheitszustand im Zusammenhang mit der Hepatitis B-Infektion vorgelegen habe und nach ärztlicher Beurteilung auch für die Zukunft ausgeschlossen sei, könne keine BK im Sinne der BKV vorliegen. Die Entscheidungen des LSG Niedersachsen und Bayerischen LSG seien nicht einschlägig, da in beiden Fällen eine Hepatitis-Erkrankung vorgelegen habe und zunächst Rente gewährt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten mit Schreiben vom 9. Juli 2001 durch Beschluss entscheiden, da er die Berufung der Klägerin einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 SGG.

Zur Überzeugung des Senats steht nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens, u. a. insbesondere des auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. Bz., der gutachterlichen Stellungnahmen des Prof. Dr. S. und des im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachtens des Prof. Dr. P./Dr. G., das im Wege des Urkundbeweises zu verwerten ist, fest, dass bei der Klägerin weder derzeit noch für die Vergangenheit eine Hepatitis B-Erkrankung mit Behandlungsbedürftigkeit und/oder Arbeitsunfähigkeit oder Auswirkungen auf die Erwerbsfähigkeit feststellbar ist. Die wiederholt durchgeführten Hepatitisserologien haben zwar eindeutig ergeben, dass bei der Klägerin eine Hepatitis B-Infektion stattgefunden hat, jedoch hat es sich seit spätestens Januar 1981 - also mehr als 13 Jahre vor der ärztlichen BK-Meldung - um eine "ausgeheilte" bzw. erfolgreich überstandene Hepatitis B-Infektion gehandelt ohne Zeichen eines persistierenden Virus (HBs-Antigennegativ) mit positiver Immunität (Anti-HBc und Anti-HBs positiv), wobei der Zeitpunkt der Infektion nicht mehr zu klären ist, vielmehr nur auf eine Zeit vor Januar 1981 festzulegen ist. Die durchgemachte Hepatitis B-Infektion im Sinne einer subklinischen Infektion (Prof. Dr. Bz.) bzw. im Sinne einer stummen Feiung (Prof. Dr. S.) hat zu lebenslanger Immunität geführt und ist auch nach Auffassung des Sachverständigen der Idealzustand einer Hepatitis B-Infektion, der keine Erkrankung ist. Eine klinisch relevante akute oder chronische Hepatitis als Folge der irgendwann vor Januar 1981 stattgefundenen Infektion konnte weder für die Zeit vor 1981 und erst recht nicht für die Zeit danach festgestellt werden. Für eine chronische Hepatitis fand sich kein Anhalt. Nach übereinstimmender Beurteilung des Prof. Dr. P./Dr. G., des Sachverständigen Prof. Dr. Bz. und des Prof. Dr. S. ergaben die zahlreichen serologischen Untersuchungen und die Laborwerte keinen Hinweis auf eine chronische Hepatitis. Das Hepatitis B-Virus persistiert bereits seit Januar 1981 nicht mehr, die Transaminasen waren bis 23. Dezember 1993 normal. Für den Anstieg der Leberwerte in den Jahren 1994 bis 1997 kommt demnach nicht eine "abgeheilte" Hepatitsvirus B-Infektion in Betracht, vielmehr sind diese Werte nach Auffassung des Sachverständigen und des Prof. Dr. P./Dr. G. am ehesten als Folge einer postoperativen Komplikation im Sinne einer Cholangitis anzusehen. Auch das leberbioptische Ergebnis vom Februar 1995 ergab keinen Anhalt für eine chronische Hepatitis. In der Histologie war eine mäßige periportale Fibrose nachzuweisen, die von den Ärzten nur im Zusammenhang mit der vorangegangenen Cholangitis diskutiert wurde. Die Beschwerden der Klägerin, die im Wesentlichen seit der Gallenoperation im März 1994 aufgetreten sind, können mit Prof. Dr. Bz. ebenfalls nicht auf eine vor Januar 1981 stattgefundene Infektion zurückgeführt werden. Eine Verschlimmerung einer mit Immunität abgeschlossenen Hepatitis B-Infektion ist ausgeschlossen, weil eine "abgeheilte" Hepatitis B-Infektion kein Lebervorschaden ist, wie Prof. Dr. Bz. betont hat. Irgendwelche Gesundheitsstörungen einer vor Januar 1981 stattgefundenen Hepatitis B-Infektion, die ohne jegliche Folgekrankheiten oder einen nachfolgenden Carrierstatus abgeheilt ist, können auch zukünftig nicht mehr entstehen. Die übrigen von dem Sachverständigen in seinem Gutachten zu 2 bis 21 aufgeführten Gesundheitsstörungen stehen offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin hat ihre Tätigkeit als MTA auch nicht wegen der mit Immunantwort abgeschlossenen Infektion, sondern wegen der davon unabhängigen seit 1994 aufgetretenen Gesundheitsschäden aufgegeben.

Ob die zu irgendeinem Zeitpunkt vor Januar 1981 durchgemachte Hepatitis B-Infektion mit Wahrscheinlichkeit durch die berufliche Tätigkeit der Klägerin als MTA verursacht worden ist, kann dahinstehen. Denn unter den gegebenen Umständen ist diese Frage unter keinem Gesichtspunkt entscheidungserheblich. Zwar kann eine Hepatitis B-Infektion grundsätzlich die Vorraussetzung für den Eintritt des Versicherungsfalles einer BK nach der Nr. 3101 der Anlage 1 zur BKV erfüllen, selbst wenn eine Krankheit im Sinne der Krankenversicherung mit Behandlungsbedürftigkeit oder eine MdE in rentenberechtigendem Grade als zusätzliche Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen fehlen (siehe dazu auch BSG SozR 2200 § 551 Nrn. 35, 31; SozR 5670 Anlage 1 Nr. 3102 Nr. 1; SozR 5670 Anlage 1 Nr. 5101 Nr. 4 und SozR 2200 § 576 Nr. 2 sowie Urteil des Hessischen LSG vom 25. August 1993 Az. L-3/U-232/92). Da die Infektion im Falle der Klägerin nicht nur zu keiner manifesten Leberkrankheit führte, sonder die Klägerin spätestens seit Januar 1981 auch nicht mehr Trägerin einer Hepatitis B-Infektion bzw. eines HBs-Antigens ist, besteht jedoch kein berechtigtes Interesse im Sinne von § 55 Abs. 1 SGG an der Feststellung, dass es sich bei der ursprünglich vorhandenen Infektion um die Folgen einer BK gehandelt hat. Ein solches Feststellungsinteresse kann nur bei einem im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch vorhandenen, nicht "ausgeheilten" Gesundheitsschaden im Hinblick auf künftig drohende Leistungsfälle durch das Auftreten weiterer Folgen anerkannt werden (BSG SozR 2200 § 551 Nr. 35; SozR 3-1500 § 55 Nr. 6). Eine solche Fallgestaltung ist unter Berücksichtigung der vorliegenden ärztlichen Beurteilungen nicht gegeben.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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