L 6 AL 1151/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 57/00
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 1151/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. August 2000 wird abgeändert. Die Beklagte wird unter vollständiger Aufhebung des Bescheides vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 11. November 1999 verurteilt, der Klägerin Unterhaltsgeld auch vom 17. Juli 1999 bis 4. August 1999 und Arbeitslosengeld vom 5. August 1999 bis 27. August 1999 zu zahlen.

II. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits erster Instanz und im Berufungsverfahren zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich im Berufungsverfahren gegen die noch verbliebene Feststellung des Eintritts einer Sperrzeit vom 17. Juli bis 27. August 1999 und begehrt von der Beklagten die ihr in diesem Zeitraum nach ihrer Auffassung zustehenden Leistungen.

Die 1973 geborene Klägerin hat den Beruf der Einzelhandelskauffrau erlernt und war zuletzt als solche in einem Sanitätshaus bis zum 15. Januar 1998 beitragspflichtig beschäftigt. Bereits ab 12. Januar 1998 bezog sie wegen Teilnahme an einer beruflichen Bildungsmaßnahme ("EDV-Qualifizierung") von der Beklagten Unterhaltsgeld bis zum Abbruch der Maßnahme am 12. Juni 1998, den die Klägerin seinerzeit mit der fehlenden Betreuung für ihren am 25. Oktober 1995 geborenen Sohn D. begründete.

Hierauf meldete sich die Klägerin am 13. Juli 1998 erneut arbeitslos und stellte sich der Arbeitsvermittlung vollzeitig zur Verfügung, weil die Betreuung des minderjährigen Kindes D. nunmehr sichergestellt gewesen sei. Unter Annahme eines wichtigen Grundes für den Abbruch der Maßnahme bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 30. September 1998 Arbeitslosengeld ab 13. Juli 1998 für vorläufig 364 Tage.

Unter dem 29. März 1999 unterbreitete sie der Klägerin erneut ein Angebot zur Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme, die sie wie folgt bezeichnete:

"Qualifizierung Internetfachkraft"
vom 06.04.1999 bis 26.11.1999
Arbeit und Bildung
R-Straße, Maßnahme Nr. X
R-Stadt

Die Beklagte sicherte in ihrem Angebot die Gewährung von Unterhaltsgeld sowie die Übernahme von Weiterbildungskosten gem. §§ 81 bis 85 Sozialgesetzbuch III. Buch (SGB III) zu. Dem Angebot beigefügt waren außerdem formblattmäßige "Wichtige Hinweise für Teilnehmer an beruflichen Maßnahmen, Auswirkung von Fehlzeiten", mit denen u.a. auf den Verlust des Anspruchs auf Unterhaltsgeld in Fehlzeiten hingewiesen wurde, wenn der Teilnehmer hierfür keinen "wichtigen Grund" habe. Als "wichtiger Grund" wurden genannt die eigene Erkrankung, die notwendige Betreuung eines erkrankten Kindes, weil eine andere Betreuungsperson nicht zur Verfügung steht, Umzug in eine andere Wohnung, Heirat, Todesfall und Gang zu Behörde oder Gericht. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass mit dem Träger der Maßnahme die Gründe für das Fehlen - möglichst vorher - besprochen werden sollen. Sei dies nicht möglich - z.B. bei plötzlicher Erkrankung - solle der Maßnahmeträger am 1. Tag informiert werden. Bei arbeitsunfähiger Erkrankung sei die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung beim Maßnahmeträger einzureichen, dieser informiere das Arbeitsamt. Werde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mehrfach verspätet eingereicht, könne dies zu einem Abbruch der Maßnahme führen; die leistungsrechtlichen Folgen hätte dann der Teilnehmer zu tragen. Könne das Maßnahmeziel wegen häufiger Fehlzeiten voraussichtlich nicht mehr erreicht werden, müsse die Maßnahme vorzeitig beendet werden. Bei einem mehr als 3-tägigen unentschuldigten Fernbleiben gelte die Maßnahme als vom Teilnehmer abgebrochen. Ferner enthält dieses Formblatt folgenden hervorgehobenen Hinweis:

"Bitte beachten Sie, dass bei einem durch Sie verschuldeten Abbruch des Lehrganges eine Sperrzeit bis zu 12 Wochen eintreten kann bzw. der Anspruch auf Leistungen ganz erlischt, wenn Sie bereits einmal Anlass für den Eintritt einer Sperrzeit gegeben haben."

Die Klägerin bestätigte durch ihre Unterschrift vom 29. März 1999 den Empfang des Angebots der Beklagten nebst den zuvor zitierten "Hinweisen". Wegen näherer Einzelheiten wird insoweit auf Bl. 30, 31 der Förderakte der Beklagten Bezug genommen.

Auf den Antrag der Klägerin vom 12. April 1999 bewilligte die Beklagte die von ihr bereits angebotene berufliche Weiterbildungsmaßnahme "Qualifizierung Internetfachkraft" vom 6. April bis 26. November 1999 und gewährte mit Bescheid vom 27. April 1999 Unterhaltsgeld ab 6. April 1999 bis vorläufig 28. November 1999.

Zur Förderakte der Beklagten gelangten zunächst Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. K. vom 9. April 1999 und Dr. R. vom 15. April 1999 sowie eine Bescheinigung für den Bezug von Krankengeld bei Erkrankung eines Kindes vom 25. Mai 1999 bis 28. Mai 1999 von Dr. G ... Ferner findet sich dort ein Gesprächsvermerk vom 22. Juli 1999 mit dem Kursleiter, dem Zeugen F. W., wonach im Juli 1999 bei der Klägerin Fehlzeiten aufgetreten seien. Ferner heißt es dort wörtlich:

"Abmahnung durch Träger bitte Anhörung bevor aus der Maßnahme genommen wird".

In der ebenfalls vorgelegten Anwesenheitsliste des Maßnahmeträgers für den Monat Juli 1999 sind für die Klägerin folgende Fehlzeiten "ohne wichtigen Grund" vermerkt:

1., 2., 5., 9., 12., 16. und 19. Juli. Ab 28. Juli ist "unentschuldigt" vermerkt.

Mit Schreiben vom 5. August 1999 forderte die Beklagte die Klägerin auf mitzuteilen, aus welchen Gründen sie dem Unterricht ferngeblieben ist. Hierauf ging für die Zeit vom 21. Juli 1999 bis 26. Juli 1999 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von Dr. K. ein. Ferner teilte der Maßnahmeträger der Klägerin ebenfalls mit Schreiben vom 5. August 1999, unterzeichnet von dem Zeugen F. W., die Kursabmeldung mit, weil sie trotz eindringlicher mündlicher und schriftlicher Ermahnung seit dem 28. Juli 1999 erneut "ohne jede weitere Mitteilung über ihren Verbleib" gefehlt habe. Die Austrittserklärung ging der Beklagten unter Hinweis auf den letzten Teilnahmetag am 15. Juli 1999 am 5. August 1999 zu.

Mit Schreiben vom 9. August 1999 bestätigte die Deutsche Angestellten-Krankenkasse (DAK) der Klägerin Arbeitsunfähigkeit laut ärztlicher Bescheinigung vom 21. Juli 1999 bis 9. August 1999.

Ferner gingen der Beklagten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit vom 9. Juni 1999 bis 11. Juni 1999 von Dr. K. und für den 29. Juni 1999 von Dr. R. zu.

Auf die erneute Arbeitslosmeldung der Klägerin vom 3. September 1999, mit der sie Arbeitslosengeld beantragte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 1999 zunächst den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit für die Zeit vom 16. Juli bis 13. Oktober 1999 fest, den sie jedoch mit Bescheid vom 9. November 1999 bezüglich des Sperrzeitzeitraums auf 16. Juli bis 7. Oktober 1999 änderte und bewilligte mit Bescheid vom 11. November 1999 Arbeitslosengeld ab 8. Oktober 1999. Den Widerspruch der Klägerin vom 22. November 1999 wies die Beklagte mit dem am 27. Dezember 1999 abgesandten Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 1999 unter erneuter Änderung des Sperrzeitzeitraumes auf den 17. Juli 1999 bis 8. Oktober 1999 zurück. Auf die am 19. Januar 2000 mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999 und der Gewährung von "Leistungen in gesetzlichem Umfang auch für die Zeit vom 17. Juli bis 18. Oktober 1999" erhobene Klage hat das Sozialgericht Marburg mit Urteil vom 22. August 2000 den Bescheid der Beklagten vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999 abgeändert und die Beklagte verurteilt, "der Klägerin Leistungen in gesetzlichem Umfang ab 28. August 1999 zu zahlen". Im übrigen hat es die Klage abgewiesen und insoweit zur Begründung ausgeführt, die Voraussetzungen einer 6-wöchigen Sperrzeit seien gem. § 144 Abs. 1 Nr. 4 SGB IIII erfüllt, weil die Klägerin durch maßnahmewidriges Verhalten die mit Schreiben vom 5. August 1999 durchgeführte Abmeldung von der Maßnahme verursacht habe. Für den Monat Juli 1999 seien 10 unentschuldigte Fehltage zu verzeichnen gewesen, die von ihr für die Abwesenheit am 2. und am 9. Juli 1999 vorgetragenen Gründe seien nicht nachgewiesen. Soweit sich die Klägerin für ihre Abwesenheit ab 26. Juli 1999 auf die von Dr. L. bescheinigte Arbeitsunfähigkeit ab diesem Zeitpunkt berufe, habe sie versäumt, den Maßnahmeträger und die Beklagte umgehend nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hierauf hinzuweisen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung datiere erst vom 9. August 1999. Nach Aktenlage habe die Klägerin die Beklagte erst am 11. August 1999 auf die Arbeitsunfähigkeit hingewiesen. Für ihr Verhalten habe die Klägerin auch keinen wichtigen Grund, insbesondere sei nicht erkennbar, " ... wieso die Klägerin ihre zahlreichen Fehlzeiten nicht rechtzeitig dem Maßnahmeträger so mitgeteilt hat, dass dieser davon - aktenkundig - Kenntnis erlangt hatte".

Gegen das ihr am 31. August 2000 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 5. September 2000 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vorträgt, sie habe sich nicht maßnahmewidrig verhalten. Ein Maßnahmeausschluss sei nur möglich, wenn eine Abmahnung unter Androhung des Ausschlusses vorausgegangen sei oder ein nachhaltiges und besonders schwerwiegendes maßnahmewidriges Verhalten vorliege. Beides sei nicht der Fall. Selbst ein einfaches maßnahmewidriges Verhalten habe nicht vorgelegen. Soweit nach Aktenlage 10 entschuldigte Fehltage für den Monat Juli verzeichnet seien, sei ihr dies nicht anzulasten. Sie habe davon ausgehen dürfen, dass die mit dem Maßnahmeträger bzw. dessen Beauftragten getroffenen Absprachen ebenso für den Maßnahmeträger dokumentiert würden, wie Abmeldungen oder Krankmeldungen. Wenn Dokumentation und interne Kommunikation beim Maßnahmeträger nicht hinreichend funktionierten, dürfe dies nicht zum Ausschluss von der Bildungsmaßnahme führen. Sie habe sich glaubhaft zu den genannten Fehlzeiten eingelassen und auf die mit dem Maßnahmeträger vereinbarte Urlaubseintragung für den 2. und den 9. Juli 1999 hingewiesen, ohne dass die Beklagte dies bestritten habe. Ebenso habe die Beklagte ihre Einlassung, zwischen dem 12. und 19. Juli 1999 und am 5. Juli 1999 an Vorstellungsgesprächen teilgenommen zu haben, unwidersprochen hingenommen. Auch sei die Arbeitsunfähigkeitsmeldung ab 21. Juli 1999 bereits am 26. Juli 1999 bei der DAK eingegangen, wie aus den beigefügten Bescheinigungen der DAK vom 24. August 2000 hervorgehe. Sie habe die Krankmeldungen auch dem Maßnahmeträger rechtzeitig kundgetan, was ihr leicht möglich gewesen sei, weil sie von ihrer Wohnung nur schräg über die Straße habe gehen müssen, um die Dokumente beim Maßnahmeträger persönlich abzugeben.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 22. August 2000 abzuändern und die Beklagte unter vollständiger Aufhebung ihres Bescheides vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999 sowie unter Abänderung ihres Bescheides vom 11. November 1999 zu verurteilen, ihr vom 17. Juli bis 4. August 1999 Unterhaltsgeld und vom 5. August bis 27. August 1999 Arbeitslosengeld zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin sei nach dem Schreiben des Maßnahmeträgers vom 5. August 1999 in einem eindringlichen Gespräch und auch schriftlich darauf hingewiesen worden, dass sie die Gründe für die Abwesenheit vom Unterricht rechtzeitig mitzuteilen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen unverzüglich vorzulegen habe. Dieser Verpflichtung sei die Klägerin nicht nachgekommen. Gegenteiliges sei durch die nunmehr vorgelegten Bescheinigungen der DAK nicht bewiesen. Auch über die Vorstellungsgespräche in W., K., P. und K. gebe es keine Nachweise.

Der Senat hat über die Umstände, die zur Abmeldung der Klägerin aus der Maßnahme am 5. August 1999 geführt haben, Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Kursleiters, Herrn F. W., als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9. Mai 2001 Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Gegenstand des Verfahrens ist auch der Bescheid vom 11. November 1999, mit dem die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld (erst) ab 8. Oktober 1999 bewilligt hatte. Dies folgt aus einer sinngemäßen Auslegung des Widerspruchs- und Klagebegehrens, das von Anfang an u. a. auf einen früheren Leistungsbeginn des Arbeitslosengeldes und damit zwangsläufig - obwohl dies im Klageantrag nicht ausdrücklich genannt ist - auch auf eine Abänderung des Bewilligungsbescheides vom 11. November 1999 gerichtet war ( vgl. hierzu: Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 5. August 1999, Az.: B 7 AL 14/99 R ).

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist zulässig, insbesondere beträgt der Wert des Beschwerdegegenstandes mehr als 1.000,- Deutsche Mark (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG). Sie ist auch in der Sache begründet.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen F. W. konnte der erkennende Senat das angegriffene Urteil nicht aufrechterhalten, denn der angefochtene Sperrzeitbescheid vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Dezember 1999 ist insgesamt und der Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld vom 11. November 1999 hinsichtlich des Leistungsbeginns rechtswidrig.

Soweit die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit schon vor dem 5. August 1999 festgestellt und die Unterhaltsgeldbewilligung damit für die Zeit vom 17. Juli bis 4. August 1999 aufgehoben hat, ist die Berufung allerdings bereits - unabhängig vom Ergebnis der Beweisaufnahme - im Wege der Anfechtungsklage begründet, wobei der Senat aus Gründen der Klarstellung die Zahlungspflicht der Beklagten auch insoweit nochmals ausdrücklich festgestellt hat. Denn schon nach dem Akteninhalt ist ein Maßnahmeausschluss erst am 5. August 1999 erfolgt, weshalb für den davor liegenden Zeitraum eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch - 3. Buch (SGB III) nur eingetreten sein konnte, wenn die Klägerin die Maßnahme schon von sich aus abgebrochen hätte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Abbruch ist die tatsächliche Beendigung der Maßnahme durch den Teilnehmer. Dies kann durch ausdrückliche Erklärung oder schlüssiges Verhalten geschehen. Es muss eine endgültige Beendigung vorliegen, krankheitsbedingte Unterbrechungen reichen nicht (so: Niesel, SGB III, § 144 Rdnr. 3). Nach der "Anwesenheitsliste" für Juli 1999 hat die Klägerin zwar seit 16. Juli 1999 gefehlt, für die Zeit vom 20. bis 27. Juli 1999 ist aber ein wichtiger Grund bzw. Krankheit vermerkt, die ab 21. Juli 1999 auch durch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen belegt ist. Unter diesen Voraussetzungen kann die Abwesenheit am 16. und 19. Juli 1999 unabhängig davon, ob die Erklärung der Klägerin, sie habe an Vorstellungsgesprächen teilgenommen, zutrifft, keinesfalls als Abbruch der Maßnahme durch schlüssiges Verhalten interpretiert werden, denn dann hätte die Klägerin späterhin ihre Abwesenheit nicht mehr entschuldigen müssen. Aus der Sicht des objektiven Empfängerhorizontes, auf die es maßgeblich ankommt, lässt das Verhalten der Klägerin nicht den Willen erkennen, die Maßnahme endgültig zu beenden.

Darüber hinaus ist die Beklagten unter vollständiger Aufhebung ihres Bescheides vom 9. November 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 1999 sowie unter Abänderung des Bescheids vom 11. November 1999 verpflichtet, der Klägerin bereits für die Zeit vom 5. August bis 27. August 1999 Arbeitslosengeld zu gewähren, denn für diesen Zeitraum ist ebenfalls keine Sperrzeit gem. § 144 Abs. 1 Nr. 4 SGB III eingetreten, weil die Klägerin nicht durch schuldhaftes maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus der von der Beklagten bewilligten Maßnahme gegeben hat.

Voraussetzung für den Eintritt einer Sperrzeit ist nach dieser Alternative, dass es sich um eine zumutbare Bildungsmaßnahme handelte, die Klägerin in für sie vorhersehbarer Weise durch subjektiv vorwerfbares (schuldhaftes) maßnahmewidriges Verhalten Anlass für den Ausschluss aus der Maßnahme gegeben hat, der Maßnahmeträger die Klägerin mit sofortiger Wirkung von der Maßnahme ausschließen durfte, der Klägerin eine ordnungsgemäße Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden ist und kein wichtiger Grund für ihr Verhalten vorlag (so: Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 16. September 1999 - Az.: B 7 AL 32/98 R). An der Zumutbarkeit der Maßnahme "Qualifizierung Internetfachkraft" bestehen keine Zweifel. In Anbetracht des beruflichen Werdeganges der Klägerin war die Maßnahme zur Eingliederung geeignet und notwendig, denn nach den Zugangsvoraussetzungen war die Maßnahme für Teilnehmerinnen mit abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung mit gutem Basiswissen in der EDV-Technik vorgesehen. Die Klägerin hatte als gelernte Einzelhandelskauffrau bereits an einer von der Beklagten geförderten "EDV-Qualifizierung" teilgenommen, diese allerdings vorzeitig abgebrochen. Weder der Maßnahmeträger noch die Klägerin haben eine fehlende fachliche Eignung beschrieben, weshalb der Senat keine Veranlassung hat, hieran zu zweifeln. Gleichwohl war die Vermittlung eines Arbeitsplatzes nicht gelungen, weshalb eine weitere Qualifizierung zur Eingliederung geeignet und notwendig war.

Dahingestellt bleiben kann, ob ein maßnahmewidriges Verhalten der Klägerin vorlag, was bereits streitig ist. Selbst wenn ein maßnahmewidriges Verhalten der Klägerin vorliegen sollte, erfüllt dies den Tatbestand des § 144 Abs. 1 Nr. 4 SGB III noch nicht, denn hinzu kommen muss vielmehr ein subjektiv vorwerfbares Verhalten und eine Vorhersehbarkeit des sich daraus ergebenden Ausschlusses aus der Maßnahme (so: BSG vom 16. September 1999 a.a.O.). Der Ausschluss aus der Maßnahme war für die Klägerin aber nur vorhersehbar, wenn der Maßnahmeträger zuvor eindeutig darauf hingewiesen hat, dass ein bestimmtes Verhalten den Maßnahmeausschluss zur Folge hat. Hierfür lässt sich aus der Förderakte nichts entnehmen, im Gegenteil spricht der Gesprächsvermerk vom 22. Juli 1999 (Bl. 35 Förderakte) dagegen, dass die Klägerin vor Beginn ihrer letzten - zum Teil entschuldigten - Fehlzeit am 16. Juli 1999 entsprechend deutlich abgemahnt wurde, denn in dem Vermerk heißt es wörtlich "Abmahnung durch Träger bitte Anhörung bevor aus der Maßnahme genommen wird". Dies lässt nur den Schluss zu, dass eine solche Abmahnung und Anhörung vor dem 22. Juli 1999 noch nicht stattgefunden hatte. Dies hat letztlich auch die Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen F. W. vor dem erkennenden Senat bestätigt, wonach der Zeuge aufgrund des Telefongesprächs mit der Beklagten für den Maßnahmeträger ein Schreiben vom 22. Juli 1999 an die Klägerin übersandte, mit dem die Klägerin zwar "ernsthaft ermahnt" wurde mit dem Hinweis, "sich künftig bitte genau an die vereinbarten Kursregeln zu halten". Einen Hinweis auf den drohenden Maßnahmeausschluss bei nochmaliger Regelverletzung entsprechend der Rechtsprechung des BSG (s. o.) enthält dieses Schreiben jedoch nicht. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen W. ist ein solcher Hinweis auch nicht mündlich erfolgt. Vielmehr hat der Zeuge bekundet, auch nach einem persönlichen Gespräch mit der Klägerin durchaus noch eine Chance für eine evtl. erfolgreiche Teilnahme an der Maßnahme gesehen zu haben. Nachdem diese aber ab 28. Juli 1999 erneut gefehlt habe, habe er dies als Ablehnung der gebotenen Chance verstanden und die Klägerin ohne erneute Rücksprache abgemeldet. Damit steht nach der glaubhaften Aussage des am Ausgang des Verfahrens nicht persönlich interessierten Zeugen fest, dass der Maßnahmeträger die Klägerin nicht auf den drohenden Ausschluss aus der Maßnahme, der mit Schreiben vom 5. August 1999 erfolgte, mit hinreichender Deutlichkeit hingewiesen hat. Die allgemeine Belehrung durch Merkblätter und Informationsbroschüren der Beklagten reicht insoweit nicht aus, um den Maßnahmeausschluss für den Leistungsempfänger vorhersehbar zu machen. Hierzu ist es vielmehr erforderlich, dass der Maßnahmeträger einzelfallbezogen unter Bezeichnung des konkreten maßnahmewidrigen Verhaltens den Maßnahmeausschluss androht.

Mithin waren die Voraussetzungen für den Eintritt einer Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 Nr. 4 SGB III nicht erfüllt. Die Voraussetzungen anderer Sperrzeittatbestände nach § 144 SGB III liegen offensichtlich nicht vor.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved