L 6 AL 996/00

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 5 AL 1388/99
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AL 996/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2000 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Rücknahme eines bestandskräftigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994.

Der 1957 geborene Kläger war als Schriftsetzer, Telefonist und zuletzt bis 30. Juni 1982 als Kaufmann in der Druckerei Gebrüder Z. GmbH beitragspflichtig beschäftigt. Danach bezog er Arbeitslosengeld und schließlich Arbeitslosenhilfe u.a. vom 3. Dezember 1985 bis 1. Februar 1986 und vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994. In seinem Wiederbewilligungsantrag vom 2. Juli 1992 bzw. dem Ersatzantrag vom 28. August 1992 sowie im Fortzahlungsantrag vom 8. Juli 1993 hatte er kein den Betrag von 8.000,- DM übersteigendes Vermögen angegeben. Die Beklagte bewilligte daher mit Bescheid vom 10. September 1992 für die Zeit vom 30. Juli 1992 bis 29. Juli 1993 Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Vermögen. Entsprechend verfuhr die Beklagte in ihren Änderungs- bzw. Fortzahlungsbewilligungsbescheiden vom 14. Januar 1993, 26. August 1993, 14. Januar 1994 und 22. Februar 1994, wobei wegen der Höhe der Leistung in den jeweiligen Bewilligungsabschnitten auf die in der Leistungsakte enthaltenen Zahlungsnachweise Bezug genommen wird.

Im Mai 1996 erhielt die Beklagte aufgrund eines seinerzeit gegen den Kläger anhängigen Straf- und Steuerermittlungsverfahrens davon Kenntnis, dass dieser ab 1986 über ein erspartes Geldvermögen in Höhe von 80.000,- DM verfügte, das sich 1989 durch Schenkung seiner Mutter auf 100.000,- DM erhöhte. Ende 1988 erhielt der Kläger außerdem 167.000,- DM seiner Mutter zwecks Beteiligung bei der Firma "I.", die Ende Dezember 1989 in Höhe von 260.000,- DM auch erfolgte. Hieraus erhielt er am 8. Februar 1990 eine Rückzahlung in Höhe von 87.499,- DM, wobei seine Mutter insoweit auf eine Rückzahlung verzichtete. Außerdem erhielt er ebenfalls im Februar 1990 eine Schenkung von seiner Mutter in Höhe von 70.000,- DM aus dem Firmenverkauf, so dass er zu diesem Zeitpunkt über 164.500,- DM verfügte. Hiervon legte er jedoch im April 1990 einen Betrag in Höhe von 144.200,- DM bei "F. und W." an, woraus er zum 31. Dezember 1990 eine Rückzahlung in Höhe von 23.590,- DM erhielt. Insgesamt standen ihm hierdurch zum 31. Dezember 1991 69.440,- DM zur Verfügung, die sich aus verschiedenen Rückzahlungen durch "F. und W." und "I." sowie aus nicht angelegtem restlichem Guthaben (20.300,- DM) zusammensetzten.

Insoweit wird auf den bei der Leistungsakte (Bl. 238) befindlichen Aktenvermerk der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K. vom 10. Mai 1996 Bezug genommen.

Nach einem Kontoauszug der X. Bank über sein Konto Nr. XXX verfügte der Kläger zum 29. Juli 1992 über Termingeld in Höhe von 60.777,50 DM.

Mit Bescheid vom 8. Oktober 1996 nahm die Beklagte hierauf die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Januar 1986 bis 1. Februar 1986 und vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994 ganz zurück, weil der Kläger für 79 Wochen - und damit mehr als ein Jahr - nicht bedürftig gewesen sei. Hierbei ging sie für die Zeit ab 30. Juni 1992 von einem vom Kläger verwertbaren Vermögen in Höhe von 60.777,50 DM aus, das sie unter Berücksichtigung einer Freigrenze von 8.000,- DM in Höhe von 52.777,50 DM anrechnete; ausgehend von einem Bruttobemessungsentgelt in Höhe von 660,- DM gelangte sie zu einer fehlenden Bedürftigkeit für 79 Kalenderwochen.

Damit habe der Kläger zusammen mit einem Betrag in Höhe von 986,72 DM, der sich auf die Zeit vom 1. Januar bis 1. Februar 1986 bezieht, Arbeitslosenhilfe in Höhe von insgesamt 22.246,12 DM zu Unrecht erhalten, die er zu erstatten habe, denn nach 79 Kalenderwochen fehlender Bedürftigkeit habe ein Anspruch auf Alhi wegen fehlender Anwartschaftsvoraussetzungen nicht mehr bestanden.

Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 1997 zurück.

Mit dem am 5. Juli 1999 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben vom 30. Juni 1999 beantragte der Kläger die Überprüfung dieser Entscheidung im Hinblick auf die ihm bekannt gewordenen Möglichkeiten, Vermögen, das zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung diene, bei der Gewährung der Arbeitslosenhilfe anrechnungsfrei zu belassen.

Den Antrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 22. Juli 1999 ab und wies den dagegen am 17. August 1999 eingelegten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 30. August 1999 zurück.

Auf die hiergegen am 30. September 1999 beim Sozialgericht Kassel (Az.: S 5 AL 1388/99) erhobene Klage hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 4. Februar 2000 ihren Bescheid vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 bezüglich der Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Februar 1986 zurückgenommen und die vom Kläger zu erstattende Summe um einen Betrag in Höhe von 986,72 DM reduziert.

Nach Anhörung der Beteiligten hat das Sozialgericht Kassel mit Gerichtsbescheid vom 7. Juli 2000 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, soweit es um die Rückforderung eines Betrages in Höhe von 986,72 DM für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Februar 1986 gehe, sei die Klage bereits unzulässig, denn die Beklagte habe insoweit den bestandskräftigen Bescheid vom 18. Juni 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 zurückgenommen, weshalb für das Klagebegehren insoweit kein Rechtsschutzbedürfnis mehr bestehe.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet; zwar finde § 44 Abs. 1 Sozialgesetzbuch X. Buch (SGB X) auf die Rücknahme eines Verwaltungsaktes, mit dem die Rücknahme einer Leistungsbewilligung und die Festsetzung einer Erstattungsforderung erfolgt sei, entsprechende Anwendung, der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 sei jedoch hinsichtlich eines restlichen Erstattungsbetrages in Höhe von 21.259,40 DM für die Zeit vom 30. Juni 1992 bis 31. März 1994 rechtmäßig, weil der Kläger in dieser Zeit wegen fehlender Bedürftigkeit Arbeitslosenhilfe zu Unrecht bezogen habe. Der Kläger habe zum Beginn der Bewilligung von Alhi am 30. Juli 1992 über ein Vermögen in Höhe von 60.777,50 DM verfügt, das verwertbar und dessen Verwertung dem Kläger auch zumutbar gewesen sei. Es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass dieses Vermögen zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt gewesen sei. Die Verwertung sei auch nicht deshalb unzumutbar, weil der Kläger mit einer Steuernachforderung für die Zeit vor 1992 rechnen müsse, denn es bestehe keinerlei Zusammenhang zwischen dem am 30. Juni 1992 vorhandenen Vermögen und der zu erwartenden Steuerforderung. Nach Abzug eines Freibetrages in Höhe von 8.000,- DM habe das zu berücksichtigende Vermögen 52.777,50 DM betragen. Seine Arbeitslosenhilfe habe sich nach einem Arbeitsentgelt in Höhe von wöchentlich 660,- DM gerichtet, woraus sich fehlende Bedürftigkeit für 79 volle Wochen ergeben habe. Zur Rücknahme sei die Beklagte nach § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2, Abs. 4 SGB X befugt gewesen, weil der Kläger sein Vermögen zumindest grob fahrlässig verschwiegen habe. Mit Bescheid vom 18. Oktober 1996 habe die Beklagte sinngemäß nicht nur den Wiederbewilligungsbescheid vom 10. September 1992, sondern auch die Folgebescheide vom 14. Januar und 26. August 1993 sowie vom 14. Januar und 22. Februar 1994 zurückgenommen.

Gegen den ihm am 12. Juli 2000 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 31. Juli 2000 Berufung eingelegt mit der Begründung, die Beklagte habe mit dem bestandskräftigen Bescheid vom 18. Oktober 1996 nur den Wiederbewilligungsbescheid vom 10. September 1992 ausdrücklich zurückgenommen, während die Folgebescheide vom 14. Januar und 26. August 1993 und vom 14. Januar und 22. Februar 1994 nicht aufgehoben seien, weshalb ihm die Arbeitslosenhilfe jedenfalls für die Zeit vom 30. Juli 1993 bis 31. März 1994 zustehe. Außerdem bestehe zwischen dem am 30. Juli 1992 "evtl. vorhandenen Vermögen" und der Steuernachforderung aufgrund der von ihm vorgelegten Einspruchsentscheidung des Finanzamts K. - S-Straße vom 9. Februar 2000 ( Bl. 41 - 44 Gerichtsakte ) ein Zusammenhang, weil sich dieses Vermögen aus Rückzahlungen ("Scheinrenditen") aus einer "Kapitalanlage" gebildet habe, die der Alterssicherung dienen sollte. Damit sei sein anrechenbares Vermögen zumindest um die Steuernachforderungen zu mindern.

Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2000 und den Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 vollständig zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Sie nimmt zur Begründung auf den angefochtenen Gerichtsbescheid Bezug.

Der in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat durch einen Bevollmächtigten vertretene Kläger hat die Klage zurückgenommen, soweit die Beklagte durch einseitig gebliebenes Anerkenntnis vom 4. Februar 2000 die vom Kläger zu erstattende Summe um einen Betrag in Höhe von 986,72 DM reduziert hat.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Leistungsakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 105 Abs. 2 S. 1, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, jedoch sachlich unbegründet.

Der angefochtene Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kassel vom 7. Juli 2000 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden, insbesondere durfte das Sozialgericht gem. § 105 Abs. 1 SGG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, nachdem es die Beteiligten hierzu vorher angehört hatte.

Auch in der Sache ist die Entscheidung des Sozialgerichts zutreffend.

Der Bescheid der Beklagten vom 22. Juli 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. August 1999 ist im noch streitgegenständlichen Umfang zu Recht ergangen, denn die Beklagte ist nicht verpflichtet, den bestandskräftigen Bescheid vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 aufzuheben, soweit sie dort die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994 zurückgenommen und einen vom Kläger zu erstattenden Betrag in Höhe von 21.259,40 DM festgesetzt hat.

Zwar ist § 44 Abs. 1 SGB X auf die Rücknahme eines bestandskräftigen Verwaltungsaktes, der die Aufhebung eines Verwaltungsaktes über die Rücknahme einer Leistungsbewilligung und die damit verbundene Erstattungsforderung betrifft, entsprechend anzuwenden, wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, wobei allerdings § 44 Abs. 4 SGB X keine entsprechende Anwendung findet (so: Bundessozialgericht - BSG - Urteil vom 12. Dezember 1996 - Az.: 11 RAr 31/96). Der bestandskräftige Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1996 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Februar 1997 ist jedoch hinsichtlich der Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994 sowie der hieraus resultierenden Erstattungsforderung in Höhe von 21.259,40 DM rechtmäßig. Gemäß § 152 Abs. 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) i.V.m. § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X war die Beklagte berechtigt, ihre Bescheide über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den zuvor genannten Zeitraum zurückzunehmen. Entgegen der erst im Berufungsverfahren vertretenen Auffassung des Klägers ist der Bescheid vom 18. Oktober 1996 nicht nur auf die Rücknahme des Wiederbewilligungsbescheides vom 10. September 1992, sondern auch auf die Rücknahme der nachfolgenden Fortzahlungs- und Änderungsbescheide bis 31. März 1994 gerichtet, denn die Beklagte hat ausdrücklich die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab 30. Juli 1992 für die gesamte Zahlungsdauer zurückgenommen und damit hinreichend deutlich auch ihren Willen zu erkennen gegeben, dass damit die entgegenstehenden Fortzahlungs- und Änderungsbescheide vom 14. Januar und 26. August 1993 und vom 14. Januar und 22. Februar 1994 zurückgenommen werden sollten. Insoweit ist der Bescheid der Beklagten vom 18. Oktober 1996 hinreichend bestimmt (§ 33 Abs. 1 SGB X), zumal auch der Kläger bis zum Berufungsverfahren hieran keine Zweifel hatte.

Die zurückgenommenen Bewilligungsbescheide der Beklagten beruhten auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat, denn er hat in den Antragsformularen vom 2. Juli 1992 und 28. August 1992 durch Ankreuzen den Besitz von Vermögen im Wert von mehr als 8.000,- DM wahrheitswidrig verneint. Für eine insoweit verminderte Einsichtsfähigkeit des Klägers bestehen zur Überzeugung des erkennenden Senats keine Anhaltspunkte, denn der Kläger hat sich schon seinerzeit wie auch in dem anhängigen Verfahren selbst vertreten und hierbei durch sachgerechte Ausführungen seine unverminderte Einsichtsfähigkeit unter Beweis gestellt. Die Beklagte war deshalb verpflichtet, die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für die Zeit ab 30. Juli 1992 aufzuheben (§ 45 Abs. 1 und Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 152 Abs. 3 AFG). Dem Kläger stand zum maßgeblichen Bezugszeitpunkt am 30. Juli 1992 verwertbares Vermögen in Gestalt eines Bankguthabens bei der X. Bank in Höhe von mindestens 60.777,50 DM zur Verfügung, was zwischen den Beteiligten unstreitig und im Übrigen durch einen Kontoauszug der X. Bank (Bl. 239, 240 LA) bewiesen ist. Die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe setzte jedoch Bedürftigkeit voraus, wobei ein Arbeitsloser nicht bedürftig war, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Arbeitslosenhilfe offenbar nicht gerechtfertigt war (§§ 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 137 Abs. 2 AFG). Nach § 6 Abs. 1 der gem. § 137 Abs. 3 AFG ergangenen Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiVO) war Vermögen des Arbeitslosen und seines nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten zu berücksichtigen, soweit es verwertbar war, die Verwertung zumutbar war und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar war, jeweils 8.000,- DM überstieg. Damit war ein Betrag in Höhe von 52.777,50 DM zu berücksichtigen, denn das Vermögen des Klägers war verwertbar und seine Verwertung war dem Kläger auch zumutbar.

Die Behauptung des Klägers, das von der Beklagten angerechnete Bargeld habe der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung i.S.d. § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 AlhiVO gedient, ist nicht nachgewiesen. Die schlichte Behauptung des Klägers ist zum Nachweis einer entsprechenden subjektiven Zweckbestimmung nicht ausreichend. Vielmehr müssen die objektiven Begleitumstände bei der Anlage des Vermögens, wie etwa die Vertragsgestaltung, ferner das Alter des Versicherten und seine Familienverhältnisse im Einklang mit dieser subjektiven Zweckbestimmung stehen (so: Bundessozialgericht - Urteil vom 22. Oktober 1998 - Az.: B 7 AL 118/97 R). Der "Alterssicherungswille" muss aus den gesamten objektivierbaren Umständen erkennbar sein. Insoweit stehen bestimmte Anlageformen oder Verwendungsweisen von vornherein dem behaupteten subjektiven Zweck näher als andere. Verwendet etwa ein Arbeitsloser sein Vermögen zu spekulativen Geschäften für jeweils kurze Anlagezeiträume, so kann die Behauptung, er wolle hiermit eine angemessene Alterssicherung aufrechterhalten, weniger glaubhaft sein als bei anderen Anlageformen, die - wie etwa eine Kapitallebensversicherung, langfristige Spareinlagen u.ä. - auf eine Verwertung im Alter zugeschnitten sind (so: Bundessozialgericht - Urteil vom 25. März 1999 - Az.: B 7 AL 28/98 R). Der Kläger hat jedenfalls bis zum maßgeblichen Bezugszeitpunkt am 30. Juli 1992 sein Vermögen nach eigenen Angaben zu spekulativen Zwecken, nämlich zur Anlage bei fragwürdigen ausländischen Firmen, die - wie er später feststellte - im "Schneeball - System" gearbeitet haben, verwandt und - soweit ersichtlich - infolge dessen auch erhebliche Vermögensverluste erlitten. Der restliche Betrag in Höhe von 60.777,50 DM war zum Bezugszeitpunkt auf einem Konto des Klägers bei der X. Bank frei verfügbar, so dass alle objektiven Umstände gegen den behaupteten "Alterssicherungszweck" sprechen. Ob der Kläger sich möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt entschlossen hat, sein restliches Vermögen zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung zu verwenden, kann hierbei dahingestellt bleiben, denn geschützt ist lediglich die Aufrechterhaltung einer bereits v o r h a n d e n e n angemessenen Alterssicherung. Hingegen würde der Aufbau einer bis dahin nicht vorhanden gewesenen angemessenen Alterssicherung - im Ergebnis aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung - dem Zweck der Leistung von Arbeitslosenhilfe offenkundig widersprechen. Insoweit ist ein besonderes Schutzbedürfnis für einen Personenkreis, der sich vor Eintritt von Arbeitslosigkeit und Bedürftigkeit um keine angemessene Alterssicherung bemüht hat, nicht zu erkennen.

Der Einwand des Klägers, sein Vermögen sei wegen drohender oder bereits festgestellter Steuernachforderungen im Zusammenhang mit seinen spekulativen Geldgeschäften jedenfalls nicht in voller Höhe anzurechnen, ist ebenfalls unbegründet. Zwar hat das Bundessozialgericht in jüngerer Zeit entschieden, dass das Bestehen von Verbindlichkeiten zur Unzumutbarkeit der Verwertung nach § 6 Abs. 3 S. 1 AlhiVO führen kann. Die bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erforderliche Verbindung von Vermögensbestandteilen und Verbindlichkeiten, die zur Unzumutbarkeit der Verwertung in Höhe der Verbindlichkeit führt, ist danach gegeben, wenn diese nach Entstehung und beabsichtigter Tilgung miteinander verknüpft sind. Erforderlich ist insoweit jedoch jeweils ein zeitlicher und ein ursächlicher Zusammenhang, der die Beurteilung erlaubt, Vermögensbestandteile und Verbindlichkeit würden eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies ist nur der Fall, wenn die objektiv vorliegenden Umstände den Schluss auf eine entsprechende Absicht der Mittelverwendung rechtfertigen. Letztere ist insbesondere dann dargetan, wenn die Fälligkeit der Schulden und der Anleihen aufeinander abgestimmt sind (so: Bundessozialgericht - Urteil vom 2. November 2000 - Az.: B 11 AL 35/00 R). Im Falle des Klägers handelt es sich nicht um Anleihen. Das am 30. Juli 1992 vorhandene Vermögen war offensichtlich gerade nicht dafür bestimmt, evtl. künftig noch entstehende Steuerschulden zu tilgen, insoweit besteht auch kein hinreichender zeitlicher Zusammenhang, denn die Finanzverwaltung hat Steuernachforderungen erst zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt geltend gemacht, wie aus der vom Kläger im Klageverfahren vorgelegten Einspruchsentscheidung des Finanzamts K. – S-Straße vom 9. Februar 2000 hervorgeht (Bl. 41 - 44 GA). Somit war dem Kläger die Verwertung seines am 30. Juli 1992 vorhandenen restlichen Vermögens zumutbar, zumal sich die durch die o. g. Einspruchsentscheidung des Finanzamts K. – S-Straße belegten Steuernachforderungen nur auf die bis April 1989 getätigten Auszahlungen bzw. Wiederanlagen beziehen, weil die "I." nur bis Mai 1989 Auszahlungen vorgenommen hat, die als Renditeausschüttungen oder Rückzahlungen wegen Vertragsablaufs oder - Kündigung bezeichnet waren, wie das Finanzamt in seiner Einspruchsentscheidung ausgeführt hat.

Hatte der Kläger aber für 79 Wochen infolge fehlender Bedürftigkeit keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe, so lagen auch die Voraussetzungen für die spätere Bewilligung von Arbeitslosenhilfe nicht mehr vor, weil die Anwartschaftsvoraussetzungen gem. § 134 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AFG nicht mehr erfüllt waren.

Die Fristen zur Rücknahme der Arbeitslosenhilfebewilligung gem. § 45 Abs. 3 S. 4, Abs. 4 S. 2 SGB X hat die Beklagte eingehalten und spätestens im Widerspruchsverfahren den Kläger angehört (§ 24 Abs. 1 SGB X).

Gem. § 50 Abs. 1 SGB X war der Kläger somit verpflichtet, die empfangene Arbeitslosenhilfe für die Zeit vom 30. Juli 1992 bis 31. März 1994 in Höhe von 21.259,40 DM zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
Saved