L 10/13 AL 885/99

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 1/23 AL 2924/96
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 10/13 AL 885/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1999 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattungspflicht der Klägerin nach § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG).

Der frühere Arbeitnehmer der Klägerin P. H. (P.H.), geboren am 8. Dezember 1933, unverheiratet und ohne Kinder, war in der früheren Zentralmetzgerei der Klägerin vom 22. Januar 1980 bis zum 31. August 1994 als ungelernter Metzger beschäftigt. Die Zentralmetzgerei war ein unselbständiger Betrieb der Klägerin. Die Kündigungsfrist des P. H. betrug fünf Monate zum Monatsende. P. H. erzielte in den Monaten März 1994 bis Mai 1994 und Juli 1994 ein monatliches Entgelt von 2.867 DM sowie in den Monaten Juni 1994 und August 1994 von 2.842 DM bei einer wöchentlichen tariflichen Arbeitszeit von 40 Stunden. Die Klägerin kündigte P.H. zunächst am 30. April 1994 zum 31. Oktober 1994. Gegen diese am 6. Mai 1994 zugegangene Kündigung erhob P.H. Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main (Az. XXXXX). Nachdem der Gütetermin am 1. August 1994 mit dem Auflagenbeschluss endete, die Klägerin möge die betriebsbedingten Gründe für die Kündigung und die getroffene Sozialauswahl im Einzelnen und unter Beweisantritt bis zum 30. November 1994 darlegen, schlossen die Klägerin und P.H. einen außergerichtlichen Vergleich. Dieser lautet wie folgt:

1. Das Arbeitsverhältnis der (arbeitsgerichtlichen) Parteien endet aufgrund arbeitgeberseitiger betriebsbedingter Kündigung vom 30. April 1994 zum 31. August 1994.
2. Bis zum 31. August 1994 wird das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abgewickelt. Insbesondere wird P. H. der bis zu diesem Zeitpunkt nicht genommene Urlaub abgegolten.
3. Die Firma A. Hotels AG zahlt an P. H. als Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) i.V.m. § 3 Ziff. 9 Einkommensteuergesetz (EStG) DM 25.600 brutto für netto.
4. Mit Erfüllung dieser Vereinbarung ist der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main, Az. XXXXX, erledigt.

P. H. nahm daraufhin mit Schriftsatz vom 4. November 1994 die Kündigungsschutzklage unter Hinweis auf die außergerichtliche Einigung zurück.

Auf Antrag des P.H. gewährte die Beklagte ihm Arbeitslosengeld vom 8. November 1994 bis zum 30. November 1995. Anschließend bezog P. H. Altersruhegeld. Sein Arbeitslosengeld betrug vom 8. November 1994 bis zum 31. Dezember 1994 259,86 DM wöchentlich nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt (BME) von 660 DM und der Leistungsgruppe A/0, vom 2. Januar 1995 bis zum 31. August 1995 wöchentlich 255 DM nach einem unveränderten BME und derselben Leistungsgruppe. Ab dem 1. September 1995 betrug das Arbeitslosengeld 258 DM bei einem BME von 670 und unveränderter Leistungsgruppe. P. H. war während des Leistungsbezugs bei der AOK, der Gesundheitskasse in Hessen, und der Landesversicherungsanstalt Hessen, kranken- bzw. rentenversichert.

Nach Anhörung der Klägerin erließ die Beklagte einen Grundlagenbescheid vom 10. April 1995 (Feststellung der Erstattungspflicht der Klägerin ab dem 8. November 1994 für längstens 624 Tage) und einen Abrechnungsbescheid vom 10. April 1995 für die Zeit vom 8. November 1994 bis zum 6. Februar 1995.

In dem dagegen erhobenen Widerspruch führte die Klägerin aus, wegen einer Erkrankung des P. H. und der betrieblichen Situation sei die Beendigung des Arbeitsverhältnisses notwendig gewesen. Auch greife die Norm des § 128 AFG vorliegend nicht ein, da in der Zentralmetzgerei nicht zwanzig, sondern nur sieben Mitarbeiter beschäftigt gewesen seien. Die Tätigkeit des P. H. sei ersatzlos zum Wegfall gekommen. Sie habe in dem Abladen der angelieferten Fleischwaren, dem Zuschneiden und Parieren des Fleisches zur Herstellung von Goulasch, Geschnetzeltem u.s.w., sowie der Reinigung des Arbeitsplatzes bestanden. Zerlegen, Zerschneiden und Parieren des Fleisches werde nunmehr nicht mehr in der Zentralmetzgerei durchgeführt. Die Zulieferer würden den Küchen der einzelnen Hotels das benötigte Fleisch direkt anliefern. Eine Weiterbeschäftigung von P. H. sei wegen seiner fehlenden Qualifikation und dem Fehlen freier Arbeitsplätze nicht möglich gewesen. Des weiteren wäre P. H. aufgrund seiner gesundheitlichen Verfassung nicht in der Lage gewesen, selbst mittelschwere Tätigkeiten zu verrichten. Die Beklagte veranlasste daraufhin eine Untersuchung des P. H. durch Frau Dr. H ... Nach ihrem Gutachten vom 12. Februar 1996 bestanden bei P. H. keine schwerwiegenden gesundheitlichen Störungen.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 1996 zurück. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, die Voraussetzungen für eine Erstattungspflicht der Klägerin nach § 128 AFG lägen vor. Gründe, die eine Erstattungspflicht ausschließen, seien weder dargelegt noch nachgewiesen. Dem Einwand der Klägerin, P. H. habe aufgrund von gesundheitlichen Problemen nicht mehr weiterbeschäftigt werden können, habe nicht gefolgt werden können. Nach dem Ergebnis einer ärztlichen Untersuchung habe P. H. seine bisherige Tätigkeit weiterhin verrichten können. Dies habe P. H. in seiner Anhörung auch bestätigt. Des weiteren könne sich die Klägerin nicht auf das Vorliegen einer sozial gerechtfertigten Kündigung berufen, da das Arbeitsverhältnis nicht durch eine Kündigung, sondern durch den Abschluss eines Aufhebungsvertrages beendet worden sei. Im Übrigen sei nicht erkennbar, dass eine unzumutbare Belastung der Klägerin durch ihre Erstattungspflicht eingetreten sei. Ebenso könne der Hinweis der Klägerin, dass in ihrer Zentralmetzgerei nur sieben Beschäftigte tätig seien, zu keinem anderen Ergebnis führen, da die Zentralmetzgerei nur ein Betrieb der Klägerin von vielen sei.

Gegen den am 2. Juli 1996 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 19. Juli 1996 Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben.

Die Beklagte hat während des Rechtsstreits vor dem Sozialgericht nach Anhörung der Klägerin mit fünf Abrechnungsbescheiden vom 24. Februar 1998 die Erstattung der Leistungen an P. H. in dem Leistungszeitraum vom 8. November 1994 bis zum 30. November 1995 von insgesamt 23.521,42 DM (Arbeitslosengeld von 14.229,10 DM, Beiträge zur Krankenversicherung von 4.294,06 DM und zur Rentenversicherung von 5.091,32 DM) geltend gemacht.

Das Sozialgericht hat P. H. schriftlich als Zeugen angehört. Nachdem die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 1999 erklärt hatte, sie halte nur noch die Bescheide vom 24. Februar 1998 aufrecht, hat das Sozialgericht mit Urteil vom 23. Juni 1999 die Bescheide vom 24. Februar 1998 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Bescheide vom 24. Februar 1998 seien gemäß § 96 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Sie seien aufzuheben, da die Klägerin nicht verpflichtet sei, das in der Zeit vom 8. November 1994 bis 30. November 1995 an P. H. gezahlte Arbeitslosengeld zu erstatten. Die Erstattungspflicht nach § 128 AFG greife nicht ein, da die Klägerin das Arbeitsverhältnis mit P. H. durch sozial gerechtfertigte Kündigung i. S. v. § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG beendet habe. Zwar erfülle nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ein Auflösungs- bzw. Aufhebungsvertrag diesen Befreiungstatbestand nicht. Dies gelte jedoch nicht für Verträge, die einer sozial gerechtfertigen Kündigung des Arbeitgebers folgten und lediglich die Folgen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter Hinnahme bzw. Akzeptieren der Kündigung regelten. In diesen Fällen sei das Arbeitsverhältnis durch eine Kündigung und nicht durch eine Aufhebungs- bzw. Auflösungsvereinbarung beendet worden. Im Falle der Beendigung durch eine Kündigung sei es ohne Bedeutung, ob Fristen, das Mitbestimmungsverfahren u.s.w. eingehalten worden seien. Sozialrechtlich werde eine Kündigung als wirksam hingenommen, wenn der Arbeitnehmer sie hinnehme, sofern nur die Merkmale der sozialen Rechtfertigung vorlägen. Vorliegend sei die Kündigung des P. H. sozial gerechtfertigt gewesen. Dringende betriebliche Erfordernisse hätten seiner Weiterbeschäftigung entgegengestanden. Die Tätigkeit des P. H. sei weggefallen. Die unternehmerische Entscheidung sei hinzunehmen und könne nicht korrigiert werden. Auch habe nicht die Möglichkeit bestanden, P. H. auf einem anderen Arbeitsplatz zu beschäftigen. P. H. habe bislang lediglich einfache Tätigkeiten in der Zentralmetzgerei der Klägerin ausgeführt. Für eine andere Tätigkeit habe ihm die Qualifikation gefehlt. Auch habe es keinen freien Arbeitsplatz gegeben, der mit P. H. hätte besetzt werden können. Der Annahme einer sozial gerechtfertigten Kündigung stehe die außergerichtliche Vereinbarung nicht entgegen. Die Kündigung sei nicht in diesem Vertrag aufgegangen. Diese Vereinbarung stehe in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Kündigungsschutzklage. Unerheblich sei, dass das Ende des Arbeitsverhältnisses durch Abschluss dieses Vergleichs vorverlegt worden sei. Dies habe den materiellen Beendigungsgrund des Arbeitsverhältnisses (Wegfall des Arbeitsplatzes) und die soziale Rechtfertigung der Kündigung nicht verändert.

Gegen das am 1. Juli 1999 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22. Juli 1999 Berufung eingelegt.

Sie ist der Auffassung, in dem außergerichtlichen Vergleich sei ein Aufhebungsvertrag zu sehen, der nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG unbeachtlich sei. Dabei sei es unbeachtlich, ob dieser Aufhebungsvertrag statt einer Kündigung oder im Anschluss an eine Kündigung geschlossen werde. Auch die Klägerin sei nicht mehr davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis mit P. H. durch Kündigung beendet worden sei. In ihrer Arbeitsbescheinigung vom 19. Oktober 1994 habe sie angegeben, das Arbeitsverhältnis sei durch einen Aufhebungsvertrag zum 31. August 1994 beendet worden. Weiter trägt die Beklagte vor, selbst wenn von einer Kündigung auszugehen sei, so sei diese nicht sozial gerechtfertigt. Da es sich in einem solchen Fall um eine betriebsbedingte Kündigung handele, sei diese nur sozial gerechtfertigt, wenn eine Weiterbeschäftigung von P. H. nicht nur in der Zentralmetzgerei sondern allen Betrieben des Unternehmens der Klägerin nicht möglich gewesen sei, z. B. in einer der Küchen der Klägerin. Darüber hinaus sei sie der Auffassung, von dem vorliegend zu berücksichtigenden Erstattungszeitraum sei weder eine Sperrzeit des Versicherten noch ein Ruhen des Leistungsanspruchs des P. H. abzugsfähig. Der Aufhebungsvertrag sei vorliegend erst nach Ausspruch einer fristgemäßen Kündigung abgeschlossen worden. Deshalb sei durch den Abschluss dieses Aufhebungsvertrages nur eine Sperrzeit von sechs Wochen (vom 1. September 1994 bis zum 12. Oktober 1994) eingetreten. Gleichzeitig sei damit kein Ruhen des Leistungsanspruchs des P. H. eingetreten. P. H. habe sich erst nach Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist (zum 31. Oktober 1994) am 8. November 1994 arbeitslos gemeldet.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 23. Juni 1999 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Sie ist der Auffassung, das Urteil des Sozialgerichts sei nicht zu beanstanden. Die Kündigung sei bereits vor Abschluss der außergerichtlichen Vereinbarung zustande gekommen, und zwar mit Zugang des Kündigungsschreibens am 6. Mai 1994. Die spätere Vereinbarung habe die Wirksamkeit der Kündigung nicht beseitigt. Vielmehr sei durch diese Vereinbarung die Wirksamkeit der Kündigung bestätigt worden. Es seien lediglich noch weitere Regelungen zur Abwicklung des Arbeitsverhältnisses getroffen worden hinsichtlich der Urlaubsabgeltung, der Zahlung einer Abfindung und der Beendigung des arbeitsgerichtlichen Rechtsstreits. Die Veränderung des Beendigungsdatums sei völlig unerheblich. Allein auf die soziale Rechtfertigung der Kündigungserklärung sei abzustellen. Diese liege vor, da der Arbeitsplatz von P. H. weggefallen sei und eine andere Beschäftigungsmöglichkeit nicht bestanden habe. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass die Sozialauswahl nicht konzernbezogen sei.

Der Senat hat die Verwaltungsakte der Beklagten (Stammnr. XXXXX) beigezogen und den Zeugen K. B. durch die Berichterstatterin des Senats vernommen. Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin am 7. November 2000 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten und wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte und auf die beigezogene Akte verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der Beratung des Senats gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, nachdem die Beteiligten gemäß §§ 124 Abs. 2, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ihr Einverständnis dazu erklärt hatten.

Die Berufung ist zulässig und in der Sache begründet. Die Klägerin ist gemäß § 128 AFG verpflichtet, der Beklagten das vom 8. November 1994 bis zum 30. November 1995 an P. H. gezahlte Arbeitslosengeld und die für ihn entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten.

Die Beklagte hat mit den Bescheiden vom 24. Februar 1998 die Klägerin rechtmäßig zur Erstattung nach § 128 AFG verpflichtet. § 128 AFG ist vorliegend auch nach Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches 3. Buch (SGB III) zum 1. Januar 1998 auf die Bescheide vom 24. Februar 1998 anzuwenden. Nach § 427 Abs. 7 SGB III ist § 242x Abs. 7 AFG und damit § 128 AFG in der bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden, wenn wie vorliegend nach Abs. 3 die §§ 117 Abs. 2 bis 3 und § 117a AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung weiterhin anzuwenden sind. Dies ist vorliegend der Fall, da P. H. innerhalb der anspruchsbegründenden Rahmenfrist vor dem 1. April 1997 mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat.

Nach § 128 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 AFG (in der Fassung des Gesetzes vom 15. Dezember 1995, BGBl. I S. 1824) erstattet der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, der Bundesanstalt für Arbeit vierteljährlich das Arbeitslosengeld einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Rentenversicherung für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage. Diese Voraussetzungen sind erfüllt. P. H. war in den letzten vier Jahren vor seiner Arbeitslosmeldung am 8. November 1994 in dem unselbständigen Betrieb der Klägerin "Zentralmetzgerei" beschäftigt.

Keiner der Tatbestände, die zu einem Ausschluss der Erstattungspflicht führen, sind vorliegend erfüllt.

Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 65. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist, der Arbeitslose auch die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt (Abs. 1 Satz 2 1. Alternative). P. H. erfüllt nach dem Ergebnis des Gutachtens von Frau Dr. H. vom 12. Februar 1996 weder die Voraussetzungen für eine Leistung nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 bis 4 AFG noch für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit. Auch das Ergebnis der schriftlichen Befragung von P. H. durch das Sozialgericht gibt dafür keine Anhaltspunkte.

Die Erstattungspflicht ist nicht nach § 128 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 AFG durch die am 6. Mai 1994 zugegangene Kündigung entfallen. Danach tritt die Erstattungspflicht nicht ein, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 11. August 1999, Az. B 7 SL 78/99 R) ist zur Prüfung der Kündigung auf die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes zurückzugreifen. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob diese Kündigung sozial gerechtfertigt gewesen ist, da die Kündigung das Arbeitsverhältnis von P. H. nicht beendet hat.

Die am 6. Mai 1994 zugegangene Kündigung ist für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses von P. H. nicht maßgeblich, da P. H. gegen diese Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben hatte und im Laufe des arbeitsgerichtlichen Verfahrens an die Stelle der einseitig erklärten Kündigung eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen der Klägerin und P. H. getreten ist, die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt hat. Diese Vereinbarung stellt nach Überzeugung des Senats einen Aufhebungsvertrag zwischen den Arbeitsvertragsparteien dar, der die Kündigung ersetzt hat. Denn durch diese außergerichtliche Vereinbarung wurde nicht nur das Ende des Arbeitsverhältnisses von dem 30. Oktober 1994 auf den 31. August 1994 vorverlegt, sondern zusätzlich die Zahlung einer Abfindung von 25.600,00 DM sowie die Erledigung des Kündigungsschutzprozesses vereinbart. Dieser Vereinbarung ist zu entnehmen, dass die zunächst ausgesprochene fristgemäße Kündigung nicht lediglich in dieser Vereinbarung aufgegangen ist, sondern vielmehr ersetzt wurde durch die Vereinbarung, das Arbeitsverhältnis durch übereinstimmende Erklärung vorzeitig und gegen Zahlung einer Abfindung zu beenden. Dies entspricht der Aussage des Zeugen B., die Klägerin habe wegen des Wegfalles der Tätigkeit von heute auf morgen den Arbeitsplatz von P. H. nicht mehr besetzen wollen. Somit ist die Klägerin daran interessiert gewesen, P. H. bereits vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist so schnell wie möglich nicht mehr weiter beschäftigen zu müssen. Die somit getroffene Vereinbarung besitzt folglich einen wesentlich anderen Inhalt als die einseitig erklärte Kündigung. Aufgrund des wesentlich anderen Inhalts der späteren Vereinbarung ist anzunehmen, dass diese die zunächst zum 30. Oktober 1994 erklärte Kündigung ersetzt hat.

Damit ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass die vorliegende Vereinbarung nicht nur die Folgen (siehe dazu Brand in Niesel, AFG, 2. Aufl. § 128 Rdnr. 38) oder Abwicklung (Wissing in NZA 1993, 385, 391) der zuvor einseitig ausgesprochenen Kündigung regelt, sondern eine gänzlich neue, und zwar übereinstimmende Regelung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses trifft.

Es sind keine Umstände ersichtlich bzw. dargelegt, die für ein Vorliegen weiterer Ausnahmen von der Erstattungspflicht sprechen.

Auch hat die Klägerin die Leistungen der Beklagten an den Versicherten ab seiner Arbeitslosmeldung zum 8. November 1994 zu erstatten. Diese Erstattungsleistung kann nicht durch Berücksichtigung einer Sperrzeit oder eines Ruhens des Anspruchs des Versicherten vermindert werden. Zu Beginn der Leistungen der Beklagten an den Versicherten ab dem 8. November 1994 war bereits eine sechswöchige Sperrzeit abgelaufen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 15. November 1995, Az. 7 RAr 32/95), der sich der Senat anschließt, reduziert sich eine regelmäßig mit 12 Wochen eintretende Sperrzeit auf sechs Wochen, wenn das Arbeitsverhältnis ohne das Verhalten des Versicherten innerhalb von 12 Wochen nach dem Ereignis, das die Sperrzeit begründet, auch ohne eine Sperrzeit geendet hätte.

Nach Überzeugung des Senats ist aufgrund des Abschlusses des Aufhebungsvertrages eine sechswöchige Sperrzeit vom 1. September 1994 bis zum 12. Oktober 1994 eingetreten, denn ohne den Abschluss des Aufhebungsvertrages zum 31. August 1994 wäre das Arbeitsverhältnis des Versicherten zwei Monate später zum 31. Oktober 1994 aufgrund der am 30. April 1994 ausgesprochenen fristgemäßen Kündigung beendet worden. Die Höhe der Erstattungsforderung der Beklagten ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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