L 14 P 1569/98

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 15 P 638/97
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 14 P 1569/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. September 1998 geändert. Die Beklagte bleibt verurteilt, an den Kläger für dessen Sohn A. R. (geb. 1988) Pflegegeld der Pflegestufe I für die Zeit bis zum 28. Februar 2001 zu zahlen.
Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger 2/3 der außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Gewährung von Leistungen bei Pflegebedürftigkeit aus der privaten Pflegeversicherung für den Sohn des Klägers und hierbei jetzt insbesondere noch das Vorliegen der Voraussetzungen für Leistungen nach der Pflegestufe I.

Der 1988 geborene A. R. G. ist über seinen Vater bei der Beklagten in der privaten Pflegeversicherung versichert. Diese, die Postbeamtenkrankenkasse (PBeaKK), ist eine Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost in der Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, die in ihrem Bestand geschlossen ist und mit dem Ziel der Abwicklung für die Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost und für die Aktiengesellschaften durch die Bundesanstalt weitergeführt wird. Sie berechnet und zahlt zugunsten ihrer Mitglieder in Auftragsverwaltung einerseits Beihilfen nach den Beihilfevorschriften des Bundes und führt - andererseits - aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit privaten Krankenversicherungsunternehmen zugunsten ihrer Mitglieder die private Pflegepflichtversicherung durch.

A. R. G. leidet an einem (juvelinen) Diabetes mellitus vom Typ I, der seit November 1992 festgestellt worden ist. Es handelt sich nach der Aussage der betreuenden Kinderklinik der Universität H. um einen sehr labilen Diabetes mellitus, mit stark schwankendem Blutzuckerspiegel, weshalb regelmäßig die Überwachung des Blutzuckerspiegels und das Spritzen von Insulin erforderlich sind sowie das Einhalten einer strikten Diät bei den Hauptmalzeiten und die Einnahme regelmäßiger kleiner Zwischenmahlzeiten sowie häufig auch einer oder zwei zusätzlicher kleiner Mahlzeiten in der Nacht. Nur unter disziplinierter Einhaltung dieser strikten Vorgaben der Ärzte und ihrer Überwachung im Tagesverlauf ist es beim Sohn des Klägers in den letzten Jahren seit 1998 nicht mehr zu Stoffwechselentgleisungen gekommen, wobei einer der Elternteile - sowie gelegentlich auch eine Lehrerin - darauf zu achten hat, dass der Sohn des Klägers die Essenszeiten einhält und die berechneten und zubereiteten Mengen auch tatsächlich vollständig zu sich nimmt und die übrigen und ärztlicherseits für erforderlich gehaltenen Vorgaben einhält. Nach Mitteilung der Ärzte der betreuenden Universitäts-Kinderklinik in H. wird der Kläger voraussichtlich erst in der Zeit zwischen der Vollendung des 12. und des 14. Lebensjahres über die notwenige Einsichts- und Selbststeuerungsfähigkeit verfügen, um die erforderliche Disziplin und Selbstkontrolle bei der Nahrungsaufnahme ohne Anwesenheit, Anleitung, Einweisung und Überwachung durch einen Elternteil aufzubringen.

Nach den Feststellungen des Sozialgerichts und des Senats stellt sich der Tagesablauf des Sohn des Klägers und seiner Eltern im wöchentlichen Durchschnitt wie folgt dar:

Der Sohn des Klägers wird in der Regel um 6.30 Uhr geweckt, damit eine Blutzuckerkontrolle (am Ohr) durchgeführt werden kann. Nach Berechnung der Insulindosis wird ihm eine Spritze verabreicht. Der Sohn des Klägers wäscht sich sodann alleine und zieht sich selbst an. Das Frühstück wird von der Mutter (bzw. einem der beiden Eltern) unter Verwendung besonders eingekaufter Lebensmitteln und nach deren genauem Abwiegen zubereitet. Dabei wird die Nahrung zum Teil mundgerecht zerkleinert. Während des Frühstücks ist ein Elternteil anwesend, um den Sohn des Kläger zu überwachen und anzuleiten und sicherzustellen, dass er die angebotenen Mengen vollständig isst. Zugleich wird für den Sohn des Klägers eine Zwischenmahlzeit für die Schulzeit zubereitet, die an die besonderen Bedingungen, die er für seine Ernährung braucht, angepasst ist (z.B. Zerkleinern von Obst).

Der Sohn des Klägers besucht sodann die Schule (von ca. 8.00 bis zur Rückkehr vor 13.00 Uhr - je nach Stundenplan - und nimmt dort mehrere kleine - genau ausgesuchte und abgewogene - Zwischenmahlzeiten ein. Nach Mitteilung seiner hierzu vom Sozialgericht und dem Senat befragten Mutter muss der Sohn des Klägers dabei auch regelmäßig von einer der Lehrerinnen dazu angehalten werden, diese Zwischenmahlzeiten pünktlich und vollständig einzunehmen. Vor dem Mittagessen erfolgt etwa um 13.00 Uhr eine weitere Blutzuckerkontrolle und die Gabe von Insulin. Das Mittagessen wird von der Mutter des Klägers, die halbtägig einer Erwerbsarbeit nachgeht, zubereitet, wobei wiederum die besondere Auswahl der Speisen und das sorgfältige Abwiegen zur Ermittlung der Broteinheiten erforderlich ist. Wenn nötig, werden auch Teile des Essen für den Sohn des Klägers mundgerecht zubereitet. Dieser isst sodann selbständig unter ständiger Anwesenheit der Mutter, die ihn zum sorgfältigen Kauen anhalten und darauf achten muss, dass die Mahlzeiten vollständig aufgegessen werden. Am Nachmittag nimmt der Sohn des Klägers regelmäßig eine weitere kleine Zwischenmahlzeit ein, die ihm von der Mutter mundgerecht zubereitet wird; auch hier wird die vollständige Aufnahme der zubereiteten Nahrung unter Anwesenheit der Muter überwacht. Unter der Woche nimmt der Sohn des Klägers zwei bis dreimal an sportlichen Übungsveranstaltungen teil, wohin ihn regelmäßig ein Elternteil, wie auch zu Sportveranstaltungen an Wochenenden, begleitet. Mehrfach in der Woche muss eingekauft werden, damit die für die Zubereitung der Diät erforderlichen nahrungsmittel - auch frisch - vorrätig sind. Das Abendessen mit der Familie erfolgt, auch vorheriger Blutzuckermessung und Gabe von Insulin, in der Weise, wie beim Mittagessen, wobei wiederum die Anwesenheit, Anleitung und Überwachung durch einen Elternteil erforderlich ist. Schon seit längerer Zeit nimmt der Sohn des Klägers, nach tatsächlichen Feststellungen des Sozialgerichts, seit dem eine weitere Spätmahlzeit und - jedenfalls seit dem August 1998 ist es - nach entsprechender Blutzuckerkontrolle in der Nacht - in der Regel zunächst mindestens dreimal in der Woche und jetzt regelmäßig - erforderlich, den Sohn des Klägers wenigstens so weit zu wecken, dass er in der Lage ist, eine kleine Mahlzeit einzunehmen. Da der Sohn dabei regelmäßig noch schlaftrunken ist, muss ihm die Nachtmahlzeit direkt in mundgerecht zerteilten Happen zugeführt werde; er muss also praktisch gefüttert werden.

Unter Vorlage einer Bescheinigung der Kinderklinik im Klinikum der Universität H. vom 28. Januar 1997 beantragte der Vater am 29. Januar 1997 die Zahlung von Leistungen aus der Pflegeversicherung. Die Beklagte ließ die Pflegesituation durch ein Gutachten im Auftrag der M. GmbH (ein medizinisches Begutachtungsunternehmen, das im Auftrag der privaten Pflegeversicherung tätig ist) durch die Fachärztin für Innere Medizin Sch. begutachten. In ihrem Bericht vom 26. Februar 1997 teilte die Ärztin mit, der Sohn des Klägers sei ein altersentsprechend entwickeltes Kind ohne Bewegungseinschränkungen, bei dem die Stoffwechselerkrankung "Diabetes mellitus Typ I” vorliege. Ein Hilfebedarf bestehe im Bereich der Ernährung; ansonsten gehe der Hilfebedarf nicht über den bei einem gleichaltrigen gesunden Kind hinaus. Mit Schreiben vom 17. März 1997 lehnte daraufhin die Beklagte gegenüber dem Versicherten unter Berufung auf den Bericht der von ihr beauftragten medizinischen Sachverständigen die Zahlung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung mit der Begründung ab, der notwendige Hilfebedarf habe das Ausmaß der erheblichen Pflegebedürftigkeit (Stufe I) nicht erreicht. Weiter ist in diesem Schreiben ausgeführt, dass innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe schriftliche Einwendungen geltend gemacht werden könnten. Nach Ablauf dieser Monatsfrist habe dieses Schreiben als endgültige Ablehnung des Antrags zu gelten. Sollten die Ansprüche weiterverfolgt werden, müssten sie innerhalb von 6 weiteren Monaten gerichtlich beim örtlich zuständigen Sozialgericht bzw. beim Amtsgericht in Stuttgart geltend gemacht werden (Hinweis auf § 17 Allgemeine Versicherungsbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung).

Mit der am 2. April 1997 beim Sozialgericht Darmstadt eingegangenen Klage macht der Kläger geltend, bei seinem Sohn liege im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind ein erheblicher Mehraufwand für die Pflege im Bereich der Grundpflege, insbesondere im Bereich der Ernährung, vor. Wegen der Erkrankung müsse das Kind mehr als ein gesundes gleichaltriges und zu anderen Zeiten (u. a. auch in der Nacht) regelmäßige Mahlzeiten einnehmen. Dabei bestehe Hilfebedarf bei der mundgerechten Zubereitung und zwar nicht nur beim Zerschneiden und Zerkleinern der Nahrung, sondern auch beim Abwiegen und der Berechnung der Broteinheiten. Die Nahrungsaufnahme müsse zumindest bei den drei Hauptmahlzeiten und der Spätmahlzeit in der Nacht streng überwacht werden, da die vorgesehenen Broteinheiten auch vollständig aufgegessen sein müssten. Weiter bestehe ein Mehraufwand für die Pflegepersonen - d. h. die Eltern - dadurch, dass fortlaufend Blutzuckerkontrollen durchgeführt sowie das Insulin berechnet und gespritzt werden müsse. Der dadurch erforderliche Mehraufwand für Hilfeleistungen im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind erfülle jedenfalls die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe I nach dem Pflegeversicherungsgesetz. Insbesondere gelte dies für die Zeit ab dem 1. August 1998, weil sich zu diesem Zeitpunkt der Gesundheitszustand verändert habe und nunmehr täglich um 21.00 Uhr eine Spätmahlzeit und etwa jede zweite Nacht eine weitere Spätmahlzeit eingenommen werden müsse. Gelegentlich sei auch noch nach 24.00 Uhr eine dritte Mahlzeit in der Nacht erforderlich.

Das Sozialgericht hat vom Kläger und seiner Ehefrau ein Pflegetagebuch für den Zeitraum vom 19. April bis 2. Mai 1997 erstellen lassen und Befundberichte von dem behandelnden Kinderarzt Dr. Gx. vom 15. Mai 1997 sowie von der Kinderklinik des Klinikums der Universität H. (Dr. Schx.) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung am 28. September 1998 ist sodann die Mutter des Kindes - die Ehefrau des Klägers - formlos zum Umfang des Hilfebedarfs im Rahmen der Nahrungsaufnahme angehört worden.

Durch Urteil vom 28. September 1998 hat sodann das Sozialgericht die Beklagte verurteilt, dem Kläger für seinen Sohn A. R. G. Pflegegeld der Pflegestufe I ab dem 1. August 1998 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Zur Begründung hat das Sozialgericht unter anderem ausgeführt, dass A. R. G. jedenfalls ab dem 1. August 1998 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Pflegegeldes der Pflegestufe I erfülle. Nach § 1 des Bedingungsteiles (i. V. m. dem Tarif PV) des privaten Pflegeversicherungsvertrages, der den gesetzlichen Vorgaben der §§ 110, 23 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2 und Abs. 6 SGB XI entsprechen würde, sei für den Umfang des Versicherungsschutzes und für die Maßstäbe bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit - bei zum Teil wortgetreuer Übernahme der Regelungen - das Pflegeversicherungsgesetz und dessen Maßstäbe zu Grunde zu legen. Pflegebedürftig im Sinne des Pflegeversicherungsgesetzes seien nach § 14 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer (voraussichtlich für mindestens 6 Monate) in erheblichem oder höheren Maße der Hilfe bedürften. Als gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens seien dabei im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung anzusehen; im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten und die Aufnahme der Nahrung und im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, das An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Neben diesen drei Bereichen, die der sogenannten Grundpflege zugeordnet würden, sei ein weiterer Hilfebedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung beim Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung sowie beim Beheizen erforderlich. Hilfe zu diesen Verrichtungen könne in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder aber in der Beaufsichtigung unter Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen bestehen (§ 13 Abs. 3 und Abs. 4 SGB XI). Für die Gewährung von Leistungen nach dem Pflegeversicherungsgesetz seien pflegebedürftige Personen einer der drei Pflegestufen zuzuordnen. Pflegebedürftige nach Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) seien gemäß § 15 SGB XI diejenigen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürften und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen würden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI). Durch das erste Gesetz zur Änderung des SGB XI seien nunmehr auch Zeitparameter für die Zuordnung zu den unterschiedlichen Stufen der Pflegebedürftigkeit verbindlich aufgestellt worden. Nach § 15 Abs. 3 SGB XI n. F. müsse der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere, nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson, für die erforderliche Leistung und der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen in der Pflegestufe I täglich mindestens 90 Minuten (im Durchschnitt der Woche) betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssten (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Bei Kindern werde in § 15 Abs. 2 SGB XI darüber hinaus zusätzlich bestimmt, dass für die Zuordnung zu einer Pflegestufe der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend sein solle. Dieser zusätzliche Hilfebedarf, den das Kind A. R. gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind benötige, erfülle seit dem 1. August 1998 die Voraussetzungen für die Zuordnung zur Pflegestufe I nach den §§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI. Im Bereich der Grundpflege erfordere der zusätzliche Hilfebedarf 61,4 Minuten täglich; bei der hauswirtschaftlichen Versorgung sei ein täglicher Mehraufwand von 60 Minuten anzusetzen. Das Kind benötige im Rahmen der Grundpflege zwar weder in den Bereichen Körperpflege und Mobilität zusätzlich der Hilfe im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind, weil insoweit nach übereinstimmenden Feststellungen der Ärzte eine altersgerechte Entwicklung vorliege und keine Bewegungseinschränkungen bestehen würden.

Zusätzlicher Hilfebedarf bestehe im Bereich der Ernährung für die beiden in § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI genannten Verrichtungen. Auf Grund der Diabeteserkrankung benötige das Kind mehr Mahlzeiten als ein gesundes gleichaltriges und zusätzlich seit dem 1. August 1998 auch Spätmahlzeiten um 21.00 Uhr und zwischen 23.00 Uhr und 24.00 Uhr. Im Rahmen der Verrichtung "mundgerechtes Zubereiten” könne nur der Hilfebedarf beim Zerkleinern und Zerschneiden der Nahrung (z. B. von Obst für die Spätmahlzeiten) Berücksichtigung finden, wobei das Gericht in Anlehnung an die Begutachtungsrichtlinien der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 21. März 1997 einen Zeitaufwand von höchstens 3 x 2 Minuten täglich ansetzen könne. Der erhebliche größere Zeitaufwand beim Abwiegen und Berechnen der erforderlichen Diät könne nach der Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts nicht der Verrichtung "mundgerechtes Zubereiten” im Rahmen der Grundpflege zugeordnet werden, weil es sich insoweit um Tätigkeiten im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung handele. Dies bedeute, dass bezogen auf den Lebensbereich "Ernährung” nicht alle Maßnahmen umfassend einbezogen werden könnten, die im konkreten Einzelfall im weitesten Sinne dem Vorgang "Ernährung” zugeordnet werden könnten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts rechne die gesamte Vorbereitung der Nahrungsaufnahme nicht zur Grundpflege sondern zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung. Auch die Blutzuckertests könnten im Rahmen der Grundpflege keine Berücksichtigung finden, weil sie zum Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ("Kochen”) - als Vorbereitungshandlungen zum Berechnen, Zusammenstellung sowie zum Abwiegen der Mahlzeiten - angesehen werden müssten. Soweit bei dem Kind krankheitsbedingter Hilfebedarf bei der Verrichtung "Aufnahme der Nahrung” bestehe, müsste nach den Urteilen des Bundessozialgerichts das Errechnen und Verabreichen der erforderlichen Insulindosis außen vor bleiben, weil sie nicht als Hilfebedarf bei der Verrichtung "Nahrungsaufnahme” Berücksichtigung finden könnten; sie seien zu weit vom natürlichen Vorgang des Essens entfernt. Hingegen könne nach Überzeugung des Sozialgerichts im Bereich der Nahrungsaufnahme der Hilfebedarf Berücksichtigung finden, den das Kind in Form von Überwachung bzw. Anleitung und Kontrolle durch seine Eltern krankheitsbedingt bei der Nahrungsaufnahme benötige. Zwar könne das Kind eigenhändig die Nahrungsaufnahme durchführen; bei einem 10-jährigen könne aber noch davon ausgegangen werden, dass ein besonderer Bedarf bei Kontrolle und Anleitung bei der Nahrungsaufnahme bestehe. Nach dem Bericht der Universitätskinderklinik H., sei frühestens ab dem 12. bzw. mit dem 14. Lebensjahr damit zu rechnen, dass ein an Diabetes mellitus erkranktes Kind die krankheitsbedingten Maßnahmen bei der Nahrungsaufnahme eigenverantwortlich übernehmen könne. Ein Überwachungsbedarf sei von der Ärztin Dr. Schx. der Kinderklinik H. ausdrücklich beschrieben worden. Auch unter Berücksichtigung der neuen Rechtsprechung des 3. Senats des BSG könne dieser Überwachungsbedarf dem Bereich der Grundpflege zugerechnet werden, weil er zwangsläufig im Zusammenhang mit dem im Katalog aufgeführten Grundpflegeverrichtungen "Aufnahme der Nahrung” stehe. Insoweit sei nach den glaubhaften Angaben der Mutter davon auszugehen, dass seit dem 1. August 1998 bei den drei Hauptmahlzeiten sowie bei den beiden Spätmahlzeiten eine solche Anleitung und Kontrolle erforderlich sei. Unter Berücksichtigung der glaubhaften Angaben der Mutter sei für die Zeit ab 1. August 1998 mit einem Zeitaufwand für die Anleitung und Kontrolle der vollständigen Nahrungsaufnahme von 71,4 Minuten täglich auszugehen (2 x 15 Minuten, 1 x 20 Minuten tagsüber; 15 Minuten und - rechnerisch - 6,4 Minuten für die Spätmahlzeiten). Damit erfülle der Zeitaufwand für die erforderlichen Hilfeleistungen der Grundpflege den Mindestsatz des § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI. Unter Berücksichtigung der Begutachtungsrichtlinien sei der zusätzliche Hilfebedarf im Verhältnis zu einem gesunden gleichaltrigen Kind mit mindestens 46 Minuten anzusetzen. Gehe man, wie das Sozialgericht von 10 Minuten pro Tag Zeitaufwand für ein gesundes Kind Anleitung bei der Nahrungsaufnahme aus, so müsse bei A. R. ein zusätzlicher Hilfebedarf und Zeitaufwand von 61,4 Minuten täglich als pflegerelevant verbleiben.

Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung (§§ 14 Abs. 4 Nr. 4, 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI) ergebe sich gegenüber einem gesunden gleichaltrigen 10-jährigen Kind ein zusätzlicher Hilfebedarf von mindestens 60 Minuten täglich. Insbesondere bei der Verrichtung "Kochen” falle ein zusätzlicher Hilfeaufwand durch das in diesem Zusammenhang nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu berücksichtigende Berechnen, das Zusammenstellen sowie Abwiegen von Mahlzeiten und die zusätzlich als Vorbereitungshandlungen berücksichtigungsfähigen Blut- und Urinzuckertests an, wobei das Gericht die Angaben in dem Bericht von Dr. Schx. vom 9. September 1997 zu Grunde habe legen können.

Für die Zeit vor dem 1. August 1998 sei ein im Vergleich zum gesunden gleichaltrigen Kind erforderlicher Zeitaufwand im Bereich der Grundpflege von mehr als 45 Minuten nicht nachgewiesen, weil erst danach die zusätzliche Spätmahlzeit erforderlich geworden sei, weshalb für die Zeit davor Pflegebedürftigkeit nach Stufe I nicht bestehe und die Beklagte nicht leistungspflichtig sei.

Gegen das ihr gegen Empfangsbekenntnis am 5. November 1998 zugestellte Urteil hat die Beklagte die am 17. November 1998 beim Hessischen Landessozialgericht eingegangene Berufung eingelegt. Die Beklagte macht insbesondere geltend, das Sozialgericht habe bei der Berechnung des Pflegebedarfs im Bereich der Grundpflege die Rechtsprechung des 3. Senats des Bundessozialgerichts verkannt und Anleitung und Kontrolle bei Verrichtungen berücksichtigt, die durch die Pflegeversicherung nicht geschützt seien.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. September 1998 aufzuheben und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil, das er im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend hält.

Im Berufungsverfahren ist von Seiten des Klägers eine ärztliche Bescheinigung von Dr. G.-H., Facharzt für Kinderheilkunde, Diabetes Ambulanz der Kinderklinik des Universitätsklinikums H. vom 5. Juli 1999 vorgelegt worden. Weiter ist ein Arztbrief dieser Klinik an Dr. Gx. vom 30. März 2000 nebst Anlagen (Briefe vom 13. Januar 1993, 16. Mai 1995 und 10. März 1999) vorgelegt worden.

Für den Sach- und Streitstand im Übrigen wird Bezug genommen auf die Aktenvorgänge der Beklagten sowie auf die Gerichtsakte, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Senats am 30. November 2000 gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht eingelegt worden sowie an sich statthaft (§§ 151 Abs. 1, 143, 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

In der Sache ist die Berufung der Beklagten aber nur teilweise begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 28. September 1998 musste geändert werden, weil dem Kläger für seinen Sohn die Geldleistung aus der privaten Pflegeversicherung dem Grunde nach (§§ 130, 54 Abs. 5 SGG) unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen, die das Sozialgericht und die der Senat getroffen haben, längstens bis zur Vollendung des 13. Lebensjahres- und damit bis Ende des Monats Februar 2001 - zusteht. Für die Zeit danach hat es die Beklagte zu Recht abgelehnt, Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung zu zahlen.

Die Klage ist nach dem im Berufungsverfahren durchgeführten und von den Beteiligten übereinstimmend gewollten Parteiwechsel zulässig. Nur der Kläger war und ist zur Prozessführung befugt, wie durch das Bundessozialgericht (BSG) nunmehr klargestellt worden ist (vgl. Urteil des BSG vom 17. Mai 2000 - B 3 P 8/99 R -). Streitgegenstand ist danach zwar ein Anspruch gegen die Beklagte auf eine Leistung der privaten Pflegeversicherung zugunsten des Sohnes des Klägers. Dieser Leistungsanspruch steht aber nicht seinem Sohn als eigenes Recht zu. Rechtsinhaber - und damit aktivlegitimiert - ist vielmehr nur der Kläger selbst. Dies ergibt sich aus dem Versicherungsvertrag i. V. m. § 178 a Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 263) i. d. F. des Gesetzes vom 21. Juli 1994 (BGBl. I, S. 1630). Danach stehen die Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag allein dem Versicherungsnehmer zu, auch wenn es nicht um einen ihn selbst betreffenden Versicherungsfall geht, sondern um den Versicherungsfall einer dritten Person, auf die der Versicherungsnehmer die Krankenversicherung oder aber die - hier fragliche - "Pflegekrankenversicherung" (§ 178 b Abs. 4 VVG) "genommen" hat. Versicherungsnehmer ist hier der Kläger; sein Sohn ist nur eine der mit dem Versicherungsvertrag gegen das Risiko der Pflegebedürftigkeit versicherten Personen. Die Stellung einer lediglich mitversicherten Person unterscheidet sich daher in der privaten Pflegeversicherung von derjenigen in der sozialen Pflegeversicherung. Nach § 25 SGB XI sind in der sozialen Pflegeversicherung der Ehegatte und die Kinder unter den dort genannten Voraussetzungen im Wege der Familienversicherung versichert und besitzen bei Eintritt eines Versicherungsfalls einen eigenen Leistungsanspruch. Die Tatsache, dass § 110 Abs. 1 Nr. 2 f und Abs. 3 Nr. 6 SGB XI für die private Pflegeversicherung die beitragsfreie Mitversicherung der Kinder des Versicherungsnehmers unter denselben Voraussetzungen vorschreibt, wie sie in § 25 des Elften Buches des Sozilagesetzbuch (- Soziale Pflegeversicherung - SGB XI - ) festgelegt sind, bewirkt lediglich eine Verpflichtung zur Gleichstellung der Kinder in der sozialen und privaten Pflegeversicherung bezüglich des Beitragsrechts und des materiellen Leistungsrechts (vgl. § 23 Abs. 1 SGB XI), lässt jedoch die Stellung des Versicherungsnehmers als alleinigem Anspruchsberechtigten in der privaten Pflegeversicherung unberührt (BSG a. a. O.). Aus der Aktivlegitimation folgte auch bereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung beim Sozialgericht ein prozessuales Recht des Klägers, den Anspruch zugunsten des Sohnes im eigenen Namen geltend zu machen (Prozessführungsbefugnis).

Im Übrigen war die Klage zulässig, war und ist aber nur zum Teil begründet. Die Klage richtet sich, wie durch die Rechtsprechung des BSG nunmehr klargestellt worden ist (Urteil vom 30. März 2000 - B 3 P 21/99 R - a. a. O.) zu Recht gegen die Beklagte, obgleich diese selbst nicht materiell Verpflichtete gegenüber den vom Kläger geltend gemachten Rechten ist, sondern lediglich aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit Versicherungsunternehmen für ihre Mitglieder - zu denen auch der Kläger zählt - die private Pflegepflichtversicherung durchführt. Sie schuldet deshalb nicht als Versicherer nach § 178 b Abs. 4 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) im Fall der Pflegebedürftigkeit im vereinbarten Umfang Ersatz der Aufwendungen, die für die Pflege der versicherten Person entstehen. Versicherer ist vielmehr (wie das BSG. a. a. O. festgestellt hat) die "Gemeinschaft privater Versicherungsunternehmen zur Durchführung der Pflegeversicherung (nach dem PflegeVG vom 26. Mai 1994) für die Mitglieder der PBeaKK und der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten (GPV)". Hierbei handelt es sich um eine Gesellschaft, zu der sich diejenigen privaten Krankenversicherungsunternehmen zusammengeschlossen haben, die auch die private Pflegeversicherung anbieten. Nach dem von diesen untereinander abgeschlossenen "Mitversicherungsvertrag" haftet jeder der beteiligten Mitversicherer gegenüber jedem Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner; die Vertretung und die Geschäftsführung der Gesellschaft wurde generell dem Verband der privaten Krankenversicherung e. V., die praktische Durchführung der privaten Pflegeversicherung aber durch einen weiteren Vertrag auf die Beklagte übertragen; hierzu zählen insbesondere das Leistungswesen mit der Feststellung der bedingungsgemäßen Leistungsvoraussetzungen und die Auszahlung der beantragten Tarifleistungen. Die Vereinbarung umfasst auch die Abwehr vermeintlich unbegründeter Leistungsbegehren durch die Beklagte unter Einschluss der gerichtlichen Verfahren. Soweit die GPV der Beklagten auch das Recht zur Prozessführung übertragen hat, handelt es sich um einen Fall der gewillkürten Prozessstandschaft, die als zulässig anzusehen ist, weil neben der Ermächtigung des Rechtsträgers ein eigenes schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters, das fremde Recht geltend zu machen, vorliegt und entgegenstehende schutzwürdige Belange des Prozessgegners fehlen (BSG, a. a. O. unter Hinweis auf BGHZ 96, 151; Thomas/Putzo, ZPO, 22. Aufl. 1999, § 51 Rdz. 34; Lindacher, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 1992, Vor § 50 Rdz. 55 ff.; Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 51 Rdz. 44 ff.; Bork, in: Stein/Jonas, ZPO, 21. Aufl. 1993, Vor § 50 Rdz. 41 a ff.). Die Beklagte erfüllt damit ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der GPV als Treuhänder. Die verfahrensrechtlichen Interessen der Klägerin werden dadurch, dass anstelle der GPV die Beklagte den Rechtsstreit führt, nicht beeinträchtigt. Die Rechtskraftwirkungen erstrecken sich auch auf die GPV. Es liegt, wie das BSG (a. a. O.) auch ausgeführt hat, im übrigen - sofern die Rechtskreise sorgfältig auseinandergehalten werden - im Interesse der Mitglieder, es bei der Durchsetzung der von ihnen begehrten Pflegeleistungen nur mit der Einrichtung zu tun zu haben, die auch für den Krankenversicherungsschutz zuständig ist.

In der Sache musste das Urteil des Sozialgerichts geändert werden, weil in der Person des Sohnes des Klägers die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Leistungen bei häuslicher Pflege - der auch das beantragte Pflegegeld für selbstbeschaffte Pflegehilfe in der Pflegestufe I beinhaltet -, nur in der Zeit vom 1. August 1998 bis zum 28. Februar 2001 vorliegen. Grundlage des Anspruchs auf Pflegegeld ist § 178 b Abs. 4 VVG i. V. m. § 4 (A) Absätze 2 und 10 MB/PPV 1996, die zusammen mit dem Tarif PV Inhalt des Versicherungsvertrages geworden sind. Nach § 4 (A) Abs. 2 können versicherte Personen ein Pflegegeld gemäß Nr. 2 des Tarifs PV beantragen. Der Anspruch setzt voraus, dass die versicherte Person mit dem Pflegegeld dessen Umfang entsprechend die erforderliche Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung in geeigneter Weise selbst sicherstellt. Nach Abs. 10 ergibt sich der Versicherungsschutz aus dem Versicherungsschein, ergänzenden schriftlichen Vereinbarung, den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (Bedingungsteil MB/PVV 1996, Tarif PV) sowie den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem SGB XI - Soziale Pflegversicherung. Wenn und soweit sich die gesetzlichen Bestimmungen ändern, werden die dem SGB XI gleichwertigen Teile der AVB gemäß dessen § 18 ("Änderung der Allgemeinen Versicherungsbedingungen”) angepasst. Die Versicherungsbedingungen über die Voraussetzungen des Anspruchs auf Pflegegeld nach § 4 des Bedingungsteiles der AVB - MB/PVV entsprechen dabei, wie in den gesetzlichen Vorgaben der §§ 110, 23 Abs. 4 Nr. 2 i. V. m. Absätzen 1 bis 3 sowie Abs. 6 SGB XI verlangt, im Grundsatz den Voraussetzungen wie für das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit nach den Regelungen über die soziale Pflegeversicherung im SGB XI. Hier wie dort wird bei Kindern für die Zuordnung zu einer Pflegestufe der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind für maßgebend gehalten (§ 1 Abs. 7 MB/PPV 1996 einerseits, § 15 Abs. 2 SGB XI andererseits), weshalb auch für das vorliegende Verfahren - wovon das Sozialgericht zu Recht ausgegangen ist - auf die Grundsätze der Rechtsprechung des BSG zur Ermittlung des für die Zuordnung zu den Pflegestufen maßgebenden Mehrbedarfs an Hilfe bei Kindern Bezug genommen werden kann.

Der die Leistungspflicht der Beklagten auslösenden Versicherungsfall ist die Pflegebedürftigkeit einer versicherten Person (§ 1 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 MB/PPV) Pflegebedürftig sind nach § 1 Abs. 2 Satz 2 MB/PPV (entspricht § 14 Abs. 1 SGB XI) Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, nach Maßgabe des Absatzes 6 (entspricht § 15 Abs. 1 SGB XI) in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen. Nach § 1 Abs. 5 MB/PPV 1996 (entspricht § 14 Abs. 4 SGB XI) sind dabei gewöhnliche und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen im Sinne des Absatzes 2 Satz 2 des § 1 MB/PPV (a) im Bereich der Körperpflege das Waschen, Duschen, Baden, die Zahnpflege, das Kämmen, Rasieren, die Darm- oder Blasenentleerung, (b) im Bereich der Ernährung das mundgerechte Zubereiten oder die Aufnahme der Nahrung sowie (c) im Bereich der Mobilität das selbständige Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen oder das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Neben diesen drei Bereichen der sogenannten Grundpflege gehören zu den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung das Einkaufen, Kochen, Reinigen der Wohnung, Spülen, Wechseln und Waschen der Wäsche und Kleidung oder das Beheizen ((Abs. 5 d)). Die Hilfe zu diesen Verrichtungen besteht in der Unterstützung, in der teilweisen oder vollständigen Übernahme der Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder in Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen (§ 1 Abs. 3 MB/PPV 1996, entspricht § 14 Abs. 3 SGB XI). Für die Gewährung von Leistungen aus der privaten Pflegeversicherung sind versicherte pflegebedürftige Personen einer von drei Pflegestufen zuzuordnen. Dabei unterscheidet § 1 Abs. 6 MB/PPV 1996 (entsprechend: § 15 SGB Abs. 1 SGB XI) Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige), die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 1 Abs. 6 a) MB/PPV = § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI) sowie Pflegebedürftige der Pflegestufe II (Schwerpflegebedürftige), die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität mindestens dreimal täglich zu verschiedenen Tageszeiten der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen sowie Pflegebedürftige der Pflegestufe III (Schwerstpflegebedürftige), die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität rund um die Uhr, auch nachts, der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfe bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen (§ 1 Abs. 6 b) und c) MB/PPV = § 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB XI).

Entsprechend der Neufassung des § 15 Abs. 3 SGB XI durch das Erste Gesetz zur Änderung des Elften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze (1. SGB XI-Änderungsgesetz) vom 14. Juni 1996 (BGBl. I, Seite 830) sind nunmehr auch im MB/PPV 1996 Zeitparameter für die Zuordnung zu den unterschiedlichen Stufen der Pflegebedürftigkeit aufgestellt worden. Nach § 1 Abs. 8 MB/PPV 1996 muss der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, wöchentlich im Tagesschnitt (richtig müsste es heißen: täglich im Wochenschnitt) in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen, wobei auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen müssen (§ 1 Abs. 8 a) MB/PPV 1996), in der Pflegestufe II mindestens drei Stunden betragen (mit einem Anteil der Grundpflege von mindestens zwei Stunden) und in der Pflegestufe III mindestens fünf Stunden mit einem Anteil der Grundpflege von mindestens vier Stunden (§ 1 Abs. 8 b) und c) MB/PPV 1996 = § 15 Abs. 3 Nrn. 2 und 3 SGB XI).

Bei Kindern - wie hier beim Sohn des Klägers - wird in § 1 Abs. 7 MB/PPV 1996 (entsprechend der Regelung in § 15 Abs. 2 SGB XI) darüber hinaus bestimmt, dass für die Zuordnung zu einer Pflegestufe (nur) der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend sein solle. Beim Sohn des Klägers liegen die genannten Voraussetzungen für eine Zuordnung der Pflegestufe I, wie das Sozialgericht zutreffend festgestellt hat, ab dem August 1998 und - soweit dies derzeit überhaupt prognostiziert werden kann - bis zur Vollendung des 13. Lebensjahres im Februar 2001 vor. Allerdings können dabei nicht alle vom Sozialgericht seiner Entscheidung zugrundegelegten Hilfeleistungen auch als in der privaten Pflegeversicherung versicherter Hilfebedarf berücksichtigt werden, weil in der neueren Rechtsprechung des BSG zur Pflegebedürftigkeit von Kinder, die an Diabetes mellitus, Typ I, leiden, hierzu ausdrücklich weitere Einschränkungen formuliert worden sind (vgl. BSG Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 - und B 3 P 5/97 R- soweit vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - und vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R -) und auch die private Pflegeversicherung insoweit durch die von Gesetzes wegen gebotene enge Anbindung an die Leistungsbreite der sozialen Pflegeversicherung nur für einen Teilbereich des insgesamt gegebenen Hilfebedarfes pflegebedürftiger Versicherungsschutz gewährt (u. a. BSG, Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 3/97 R - und B 3 P 5/97 R - sowie vom 30. März 2000 - B 3 P 21/99 R - jeweils m. w. N.).

Auch der Senat geht mit dem Sozialgericht dabei davon aus, dass das im streitigen Zeitraum zunächst 9-jährige Kind einen weitaus größeren Betreuungsbedarf durch die Eltern hatte und noch hat, als ein gesundes gleichaltriges Kind. Der zusätzliche Hilfebedarf, den der Senat im Rahmen der Pflegeversicherung berücksichtigen kann, überschreitet auch das Mindestmaß - nämlich Hilfebedarf bei mindestens zwei Verrichtung im Ablauf des täglichen Lebens - bei dem die Pflegeversicherung mit Leistungen eintritt. Der krankheitsbedingte Mehrbedarf an Pflege im Vergleich zu einem gesunden Kind fällt auch bei wenigstens zwei Verrichtungen der Grundpflege täglich im Sinne von § 6 a) MB/PPV 1996 (= § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI) an und der Zeitaufwand, den die Pflegepersonen für den krankheitsbedingten Mehrbedarf aufzuwenden haben übersteigt den nach § 1 Abs. 8 a) MB/PPV 1996 (= § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI) erforderlichen zeitlichen Mindestaufwand von täglich mehr als 45 Minuten - allein - für die Grundpflege. Ein Mehrbedarf an Grundpflege fällt zwar nur im Grundpflegebereich der Ernährung gemäß § 1 Abs. 5 b) MB/PVV (= § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI), aber bei zwei der dort genannten Verrichtungen, nämlich sowohl bei der "Zubereitung der Nahrung” (bei den Spät- und insbesondere den Nachtmahlzeiten) als auch bei der "Aufnahme der Nahrung” (in Form von Anleitung und Überwachung). Dies ergibt sich zur Überzeugung zunächst insoweit aus den Feststellungen der im Auftrag der Beklagten tätig gewordenen M-Gutachterin Frau Sch. in ihrem Gutachten vom 26. Februar 1997 (das der Senat für seine Tatsachenfeststellungen heranziehen kann), die sich mit den Ausführungen der betreuenden Ärzte der Universitäts-Kinderklinik der Universität H. in den Berichten vom 28. Januar und 9. September 1997 sowie vom 30. März 2000 decken, weil danach davon ausgegangen werden muss, dass der Sohn des Klägers trotz altersentsprechender Selbständigkeit und Einsichtsfähigkeit in die Erkrankung bzw. den diesbezüglich notwendigen Maßnahmen immer noch der Kontrolle bei der Aufnahme der kohlehydratberechneten Ernährung bedarf. Die Notwendigkeit der Überwachung und Kontrolle als Hilfeleistung durch die Pflegeperson hängt von der Einsicht des erkrankten Kindes in die Notwendigkeit dieser Maßnahmen ab und wird daher in der Regel mit zunehmendem Alter des Kindes geringer werden (vgl. BSG, Urteile vom 29. April 1999 - B 3 P 12/98 R - und - B 3 P 13/98 R -). Dabei verbietet sich zur Überzeugung des Senats jede pauschalierende Zuordnung eines Hilfebedarfes zu einem bestimmten Lebensalter eines Kindes. Abzustellen ist vielmehr auf die ganz konkreten Umstände eines jeden Einzelfalles. Kinder entwickeln sich sehr unterschiedlich und nicht "geradlinig” mit dem fortschreitenden Lebensalter. Es kann - aus vielfältigen Gründen - immer wieder zu "Rückfällen” in die Unselbständigkeit oder - etwa bei der permanenten Anforderung an eine "vernünftiges” Verhalten bei einem schwer kranken Kind - zu Trotzreaktionen mit der Folge der Gefahr der Selbstschädigung kommen. Insoweit muss zur Überzeugung des Senats den Ausführungen der erfahrenen Ärzte der Kinderklinik der Universität, welche den Sohn des Klägers betreut, eine hoher Beweiswert zukommen. Dieser Aussage zufolge wird allgemein erst zwischen dem 12. und 14. Lebensjahr eines Kindes eine Einsichtsfähigkeit generell für wahrscheinlich gehalten, die verhindern hilft, dass die ärztlicherseits abgeforderte Disziplin bei dem an Diabetes erkrankten Kind so stabil ist, dass das Kind sich selbst "organisieren” kann, um eine "Entgleisung” des Zuckerstoffwechsels zu vermeiden - sei es durch die regelmäßige Kontrolle des Blutzuckerspiegels, das Spritzen von Insulin sowie das Einhalten einer strikten Diät und die geregelte Einnahme der entsprechenden Mahlzeiten.

Die Ehefrau des Klägers hatte hierzu schon in der mündlichen Verhandlung im sozialgerichtlichen Verfahren am 20. September 1998 glaubhaft vorgetragen, dass bei ihrem seinerzeit 9-jährigen Sohn sich ein hoher Bedarf an Aufsicht bei der Nahrungsaufnahme ergeben hat, der weiter fortbesteht. Sie hat diese Aussage auf ausdrückliches Befragen des Senats im Termin zur mündlichen Verhandlung am 30. November 2000 nochmals bekräftigt. Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussage und der Glaubwürdigkeit der Ehefrau des Klägers sind für den Senat nicht erkennbar. Allerdings kann dieser Bedarf an Kontrolle, der nach der Rechtsprechung des BSG nur insoweit berücksichtigt werden kann, als er die Pflegeperson örtlich und zeitlich so bindet, dass daneben andere Dinge zu tun keine Gelegenheit verbleibt (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 7/97 R - und Urteil vom 24. Juni 1998 - B 3 P 1/97 R -) zwar nicht uneingeschränkt für alle Mahlzeiten des Kindes - wie vom Sozialgericht errechnet - mit insgesamt 70 Minuten täglich festgestellt werden, wohl aber bleibt es auch nach Abzug nicht berücksichtigungsfähiger Zeiten bei einem zusätzlichen Zeitaufwand von mehr als 45 Minuten im Vergleich zu einem gleichaltrigen, gesunden Kind.

Dem der inzwischen ständigen Rechtsprechung des 3. Senats des BSG zur sozialen Pflegeversicherung des SGB XI, der das Sozialgericht gefolgt ist und die sich auch der Senat soweit zu eigen macht, kann das Errechnen und Verabreichen der erforderlichen Insulindosis - bei der vorliegend die Mutter Hilfe leistet - nicht als Hilfebedarf zu der Verrichtung "Nahrungsaufnahme” hinzugerechnet werden (vgl. Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 11/97 R und - B 3 P 3/97 R - sowie Urteil vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R -). Spritzen von Insulin sei zeitlich - so das BSG - zu weit vom Vorgang des Essens entfernt, um noch unter "Aufnahme der Nahrung” im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI subsumiert zu werden; es handele sich vielmehr um eine selbständige Maßnahme der Behandlungspflege ohne Bezug zu einer der Verrichtungen des Katalogs in § 14 Abs. 4 SGB XI. Auch der 10. Senat des BSG hat sich dieser Auffassung angeschlossen (vgl. Urteil vom 27. August 1998 - B 10 KR 4/97 R -). Auch dieser Senat hat zwar in der erwähnten Entscheidung grundsätzlich (im Übrigen in Übereinstimmung mit dem 3. Senat) festgestellt, dass krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen bei der Feststellung des Pflegeaufwandes zu berücksichtigen sind, wenn sie entweder Bestandteil der Hilfe für die Katalogverrichtungen des § 14 Abs. 4 SGB XI sind oder wenn sie im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dieser Hilfe erforderlich werden; in dieser Entscheidung wird aber ausdrücklich hervorgehoben, dass den Entscheidungen des 3. Senats vom 19. Februar 1998 gefolgt werde und in dieser "fortführenden” Entscheidung keine rechtliche Abweichung zu sehen sei.

Im Bezug auf die weitere im Bereich der Ernährung genannte Verrichtung, dem "mundgerechten Zubereiten der Nahrung” kann der Hilfebedarf für das Kind seit Beginn des streitigen Zeitraumes nur zu einem geringem Teil, als vom Sozialgericht angenommen, angerechnet werden. Zur mundgerechten Zubereitung der Nahrung gehören - in Abgrenzung zu der Nahrungsaufnahme selbst sowie in Abgrenzung zum Kochen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung - die Tätigkeiten, die der unmittelbaren Vorbereitung der Aufnahme fester und flüssiger Nahrung dienen, soweit solche Hilfestellungen nach der Fertigstellung der Mahlzeit krankheits- oder behinderungsbedingt noch erforderlich sind; beispielsweise das Zerkleinern von Nahrungsmitteln in portionsgerechte Stücke, Trennung nicht essbarer Bestandteile der zubereiteten Nahrung wie etwa Heraustrennen eines Knochens und Entfernen von Gräten, Einfüllen von Getränken in Trinkgefäße (vgl. BSG, Urteile vom 17. Juni 1999 - B 3 -P 10/98 R - und vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R - ). Zu dererlei Tätigkeiten bedurfte und bedarf schon zu Beginn des streitigen Zeitraumes der seinerzeit 9 -jährige Sohn nach dem eigenem Vortrag der Eltern und nach den Feststellungen der im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren gehörten Ärzte tags über nicht in der Weise der Hilfe, wie sie vom Sozialgericht noch errechnet und dem - zeitlichen - Hilfebedarf (3 mal 2 Minuten) hinzugerechnet worden ist (vgl. auch BSG, Urteil vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R -).

Auch der erhebliche Zeitaufwand, den die Mutter für das Abwiegen und Berechnen der erforderlichen Diät täglich benötigt, kann nach den erwähnten Entscheidungen des BSG nicht bei der Verrichtung "mundgerechtes Zubereiten” im Rahmen des Grundpflegebereichs der Ernährung berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG differenziert § 14 Abs. 4 SGB XI (hier: § 1 Abs. 5 MB/PPV 1996) allein nach dem äußeren Ablauf der Verrichtungen; die Vorschrift knüpft nicht an das mit der Verrichtung angestrebte Ziel an. Bezogen auf den Lebensbereich "Ernährung” bedeutet dies, dass nicht umfassend alle Maßnahmen einzubeziehen seien, die im konkreten Einzelfall im weitesten Sinne dem Ernährungsvorgang zugeordnet werden können. Bei an Stoffwechselstörungen leidenden Personen - so das BSG - schließe dies die Einbeziehung solcher Hilfen in die Grundpflege aus, die nur dazu dienten, die Verträglichkeit der Nahrung sicher zu stellen - etwa durch besonderes Einkaufen, Berechnen, Zusammenstellen und Abwiegen -, wenn derartige Maßnahmen nicht zwangsläufig im Zusammenhang mit denen im Katalog aufgeführten Verrichtungen der Grundpflege vorgenommen werden müssten. Die gesamte Vorbereitung der Nahrungsaufnahme wird deshalb nicht der Grundpflege, sondern dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung zugerechnet. Der Begriff "Kochen” umfasse den gesamten Vorgang der Nahrungszubereitung, wozu auch die Erstellung eines Speiseplanes unter Berücksichtigung individueller, unter Umständen auch krankheitsbedingter Besonderheiten gehöre und ebenso die Tätigkeiten des Berechnens, Abwiegens, Zusammenstellens und Zubereitens der Speisen zur Herstellung der erforderlichen Diät.

Auch die von der Mutter - jedenfalls zu Beginn des hier streitigen Zeitraumes - vorgenommenen Messungen des Blutzuckerspiegels und das Führen des Blutzuckertagebuches können im Rahmen der Grundpflege beim Bereich Ernährung keine Berücksichtigung finden. Diese Maßnahmen gehören nach den genannten Entscheidungen des Bundessozialgerichts ebenfalls zu dem Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung ("Kochen”), da sie als Vorbereitungshandlung dem Berechnen, Zusammenstellen sowie Abwiegen der Mahlzeiten dienten (BSG, Urteile vom 19. Februar 1998 - B 3 P 11/97 R; vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - und vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R - ).

Etwas anderes aber gilt für den vorliegenden Fall beim Sohn des Klägers für die Einnahme von Spätmahlzeiten und - insbesondere - für die regelmäßig erforderlich werdenden Nachtmahlzeiten, für welche der Kläger nunmehr fast in jeder Nacht - bei Vorliegen problematischer Blutzuckerwerte - geweckt werden muss. Hier bedarf es, wie der Senat den Ausführungen der Mutter in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und überzeugend entnehmen konnte, zusätzlicher Vorbereitungshandlungen, damit das Kind des Klägers die Nahrung überhaupt zu sich nehmen kann. Insoweit muss auch bei "schlaftrunkenen” oder aber nur mühsam geweckten Kind davon ausgegangen werden, dass - vergleichbar der Pflege einer gebrechlichen älteren Person - ein besonderer Aufwand nicht nur bei Verrichtung "Nahrungsaufnahme”, sondern auch schon bei der Verrichtung "mundgerechte(s) Zubereiten” vorliegt, weil nach der Fertigstellung der Nachtmahlzeit noch eine weitere- letzte - Vorbereitungshandlung erforderlich wird. Insoweit liegen in der Person des Sohnes des Klägers und im Bezug auf die ihn betreuenden Eltern nach den nunmehr getroffenen Feststellungen die tatsächlichen Voraussetzungen (und anders, als bei den Entscheidungen des BSG vom 17. Juni 1999 - B 3 P 10/98 R - sowie vom 16. Dezember 1999 - B 3 P 5/98 R- ) für das Erfordernis der Hilfe bei einer zweiten "Katalogverrichtung” vor.

Der hierfür erforderliche Zeitaufwand kann von dem Zeitaufwand von insgesamt 20 Minuten, den die Mutter nachvollziehbar in der mündlichen Verhandlung des Senats genannt hat, unschwer abgegrenzt werden. Der Senat hält eine Zeitspanne von jeweils 5 Minuten (umgerechnet auf jede Nacht) für ausreichend und angemessen. Unter Abzug des vom Sozialgericht hierfür ursprünglich berücksichtigten Zeitaufwandes für das Zerkleinern u. a. Bei der mundgerechten Zubereiten der Nahrung von insgesamt 6 Minuten pro Tag verbleibt es - bei einer derart geringfügigen Differenz - wiederum bei einem Mehrbedarf von insgesamt 60 Minuten im Bereich der Grundpflege im Vergleich zu einem gesunden gleichaltrigen Kind (für welches das Sozialgericht den Hilfebedarf bei der Nahrungsaufnahme auf 10 Minuten pro Tag zugrundegelegt hat). Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen des Sozialgerichts verweisen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Bei den beiden Grundpflegebereichen der Körperpflege und der Mobilität gemäß § 1 Abs. 5 a) und c) MB/PPV 1996 (= § 14 Abs. 4 Nrn. 2 und 3 SGB XI) hatte und hat der Sohn des Klägers keinen zusätzlichen Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind, wie sich aus den insoweit übereinstimmenden Feststellungen der Ärzte - auch des Klinikums der Universität H. (Kinderklinik) - ergibt. Der abweichenden Bewertung von Dr. Gx. (Bericht vom 15. Mai 1997) ist das Sozialgericht aus zutreffenden Erwägung nicht gefolgt. Auch insoweit kann im Übrigen zur Vermeidung von Wiederholungen auf das Urteil des Sozialgerichts Bezug genommen werden (§ 154 Abs. 2 SGG). Der Sohn des Klägers ist altersentsprechend entwickelt und recht selbständig und hat keine Bewegungseinschränkungen. Hilfeleistungen stehen im Zusammenhang mit der krankheitsspezifischen Pflegemaßnahme des Insulinspritzens und betreffen weder eine der in § 1 Abs. 5 MB/PPV (= § 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI) genannten Verrichtungen noch sind sie zwangsläufiger Bestandteil einer der im Gesetz aufgeführten Grundverrichtungen der Körperpflege. Wie oben ausgeführt kann nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. Februar 1998 - B 3 P 5/97 R -) indes in einem solchen Fall eine krankheitsspezifische Pflegemaßnahme nur dann im Rahmen der Grundpflege berücksichtigt werden, wenn sie Bestandteil einer der im Gesetz aufgeführten Grundverrichtungen ist.

Die Hilfe, die der Sohn des Klägers im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen und mit Arztbesuchen durch Begleitung und durch Kontrolle benötigt, gehört zwar grundsätzlich zu der Verrichtung "Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung” im Bereich der Mobilität des § 1 Abs. 5 c) MB/PPV (=§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Auch bei dieser Verrichtung kann indes ein zusätzlicher Mehrbedarf nicht anerkannt werden. Die Teilnahme an Sportveranstaltungen gehört zur allgemeinen Lebensführung. Die Arztbesuche (u. a. Besuche in der Kinderklinik der Universität H.) finden regelmäßig alle zwei bis drei Monate (nur bei Bedarf häufiger) statt. Die Universitätsklinik hat von keinen Bedarf an häufigeren Kontrollen berichtet, solange die dem Sohn des Klägers auferlegten Vorsichtsmaßnahmen bei der Ernährung diszipliniert eingehalten und deshalb keine besonderen Komplikationen aufgetreten sind. Nach der Rechtsprechung des BSG können bei außerhäuslichen Verrichtungen indes nur solche Hilfen berücksichtigt werden, die mit gewisser Regelmäßigkeit wenigstens 1 mal pro Woche anfallen, da § 15 Abs. 3 SGB XI beim Pflegebedarf auf den "wöchentlichen Tagesdurchschnitt” (gemeint ist: "täglich im Wochendurchschnitt”) abstellt (Urteil vom 17. Juni 1999 a. a. O.).

Beim Sohn des Klägers kann somit insgesamt ein krankheitsbedingter Mehrbedarf an Pflege im Vergleich zu einem gesunden Kind bei zwei Verrichtungen der Grundpflege im Bereich der Ernähung berücksichtigt werden. Der Zeitaufwand für die Grundpflege im Einzelnen seit Beginn des hier streitigen Zeitraumes muss auch mit mehr als 45 Minuten angesetzt werden, selbst wenn man - anders als noch das Sozialgericht - die Vorbereitungshandlungen bezüglich der Essenszubereitung und der mundgerechten Zubereitung im Sinn der Rechtsprechung des BSG, dem der Senat gefolgt ist, hier anders sieht. Die Voraussetzungen für eine Zuordnung der Pflegestufe liegen deshalb jedenfalls ab dem Zeitpunkt vor, an dem eine - oder sogar zwei - zusätzlich Spät- bzw. Nachtmahlzeiten verabreicht werden müssen, und das heißt, wie das Sozialgericht zutreffend entschieden hat, ab August 1998.

Der Mindestumfang des Bedarfs an Grundpflege ist danach erreicht. Mit dem Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass der Zeitaufwand für den der zusätzliche Hilfebedarf des Sohnes des Klägers im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung, insbesondere bei der Verrichtung "Kochen”, (§ 1 Abs. 6 MB/PPV 1996 = § 14 Abs. 4 Nr. 4 SGB XI) erfordert, auch im Vergleich zu den Notwendigkeiten, die bei einem gesunden Kind einzuhalten sind, das erforderliche Maß von 45 Minuten übersteigt. Rechnet man - wie das die Rechtsprechung des BSG nunmehr tut - die Vorbereitungshandlungen für die die besondere diätische Versorgung eines an Diabetes mellitus leidenden Kindes der hauswirtschaftlichen Versorgung hinzu, ergibt sich nach den von der Mutter mitgeteilten, nachvollziehbaren Angaben unschwer ein wesentlich höhere als der geforderte zusätzliche Hilfebedarf. voraus (vgl. auch BSG, Urteile vom 19. Februar 1998 sowie vom 17. Juni 1999 a. a. O.).

Damit liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung von Pflegegeld nach dem Pflegeversicherungsvertrag jedenfalls ab August 1998 vor, weshalb insoweit die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt zurückzuweisen war. Etwas anderes gilt für die Frage, ob die Leistung von Pflegegeld auf Dauer verlangt werden kann. Nach übereinstimmender Aussage der ärztlichen Berichte - die sich mit andernorts auch in sozialrechtlichen Fachzeitschriften veröffentlichter Literatur deckt (vgl. z. B. Deutsch-Schmid, SGB 1999, S. 666 ff.) - geht der Hilfebedarf mit zunehmendem Alter zurück. Hierfür ist, da der Sohn des Klägers das entsprechende Endalter noch nicht erreicht hat, derzeit nur eine qualifizierte Prognose möglich. Der Senat schätzt, nach dem gegenwärtig möglichen und von den Ärzten der Universitätsklinik mitgeteilten Erkenntnisstand, der Sohn des Klägers werde voraussichtlich mit Vollendung des 13. Lebensjahres soweit sein, dass er sich weitgehend selbst "organisieren” kann und mit seiner Krankheit so weit umgehen gelernt hat, dass er im Bereich der Grundpflege über keinen Bedarf mehr verfügt, der durch die Pflegeversicherung abzudecken ist. Über den 28. Februar 2001 hinaus besteht deshalb kein Anspruch auf Pflegegeld, weshalb insoweit das Urteil des Sozialgerichts zu ändern und die Klage abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da Zulassungsgründe nicht vorliegen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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