L 6 AS 174/09 B

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 AS 71/09 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 174/09 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die Zulässigkeit der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des Einstweiligen Rechtschutz vor dem Sozialgericht richtet sich gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG nach § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO.

2. Die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten ist danach nicht statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes die Wertgrenze in Höhe von 750,- Euro gem. § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG nicht erreicht.

3. Darüber hinaus ist Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe zusätzlich und unabhängig vom Wert des Beschwerdegegenstandes nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ausgeschlossen, wenn das Sozialgericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint hat.
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 1. April 2009 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Kassel vom 1. April 2009 ist unzulässig. Sie ist nach §§ 172 Abs. 1, 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in Verbindung mit § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht statthaft.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen die Entscheidungen der SG mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht (LSG) statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine andere Bestimmung in diesem Sinne trifft § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG. Danach gelten die Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe – also die §§ 114 bis 127a ZPO – entsprechend. Nach § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO findet gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde statt. Dies gilt nach dem ersten Fall des zweiten Halbsatzes der Vorschrift nicht, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 ZPO genannten Betrag nicht übersteigt, es sei denn, das Gericht hat ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint. Im SGG entspricht dieser Regelung § 144 Abs. 1 SGG. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des SG oder auf Beschwerde der Zulassung durch Beschluss des LSG, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR (Satz 1 Nr. 1) oder bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 EUR (Satz 1 Nr. 2) nicht übersteigt, soweit die Berufung nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (Satz 2). Hieran anknüpfend regelt § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG Verfahren des einstweiligen Rechtschutz den Ausschluss der Beschwerde, wenn die Berufung in der Hauptsache nicht zulässig wäre. Hieraus folgt vorliegend der Ausschluss der Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags auf Prozesskostenhilfe, weil in der Hauptsache (d.h. hier das Verfahren auf Erlass einer Einstweiligen Anordnung vor dem SG Kassel, Az. S 3 AS 71/09 ER) der Beschwerdewert aufgrund des Streitgegenstandes von 493,30 EUR unstreitig nicht erreicht wird und es auch nicht um wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr geht.

Hinsichtlich dem aus § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO folgenden Beschwerdeausschluss schließt sich der Senat der Auffassung an, welche diese Vorschrift auch im sozialgerichtlichen Verfahren für anwendbar hält. Dies entspricht dem Wortlaut, dem systematischen Zusammenhang sowie dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften (so bereits LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, Az: L 12 B 18/07 AL; LSG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 4. Juni 2009, Az: L 33 R 130/09 B PKH und vom 13. Mai 2009, Az: L 34 B 2136/08 AS PKH; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 20. Februar 2009, Az: L 5 B 305/08 AS; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. Juli 2008, Az: L 7 SO 3120/08).

Nur diese Auslegung führt zu einer nachvollziehbaren gesetzlichen Konzeption des Beschwerdeausschlusses gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Der mit Wirkung zum 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Neufassung des § 127 Abs. 2 ZPO lag die Erwägung zugrunde, dass der Rechtsschutz in einem Nebenverfahren – wie dem der Prozesskostenhilfe – nicht über den Rechtsweg in der Hauptsache hinausgehen kann, auch um zu vermeiden, dass Instanz- und Rechtsmittelgerichte im abgeschlossenen Hauptsacheverfahren und mehrstufigen Nebenverfahren zu einander widersprechenden Entscheidungen gelangen (vgl. Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Februar 2005 Az: XII ZB 1/03 m.w.N.; BT-Drucks. 14/4722 S. 75 f.). Dass im sozialgerichtlichen Verfahren trotz der ausdrücklichen Verweisungsvorschrift des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG Abweichendes gelten sollte, ist nicht erkennbar.

Hätte der Gesetzgeber hinsichtlich der Zulässigkeit des Rechtsmittels der Beschwerde bei der Einführung der Prozesskostenhilfe für das sozialgerichtliche Verfahren eine andere Regelung treffen wollen, hätte er dies nach der Systematik des Gesetzes in § 73a SGG ausdrücklich normieren müssen. So ist eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass alle Regelungen über die Prozesskostenhilfe in der ZPO auch im sozialgerichtlichen Verfahren gelten sollen, in § 73a Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich geregelt worden. Abweichend von der in dem Gesetzentwurf vom 17. Juli 1979 vorgesehenen Fassung des § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO sollte das SGG-Verfahren nämlich die Möglichkeit eröffnen, dass das Gericht auf Antrag des Beteiligten einen beizuordnenden Rechtsanwalt auswählen kann, wenn dieser keinen solchen ausreichend qualifizierten kennt. Insoweit war eine Spezialregelung notwendig, weil eine "entsprechende Anwendung" von § 121 Abs. 1 bis 3 ZPO kein Recht des Gerichts auf eine Auswahl eines vertretungsbereiten Rechtsanwalts eingeräumt hätte. Für die Auffassung des erkennenden Senats spricht weiterhin, dass die Regelung in § 127 Abs. 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 1 ZPO zur Beschwerdebefugnis der Staatskasse auch im sozialgerichtlichen Verfahren Anwendung findet. Wäre § 172 Abs. 1 SGG Spezialvorschrift gegenüber § 127 Abs. 2 ZPO, gälte dies auch für die Beschwerdebefugnis der Staatskasse. Dann müsste diese auch dann das Recht der Beschwerde haben, wenn Prozesskostenhilfe gegen Ratenzahlung bewilligt wird.

Schließlich verbietet auch nicht die Eigenart des sozialgerichtlichen Verfahrens (vgl. hierzu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 9. Aufl., § 202, Rn. 3), die Vorschriften der ZPO zur Statthaftigkeit der Beschwerde entsprechend anzuwenden. Nur wenn grundsätzliche Unterschiede der Verfahrensarten die entsprechende Anwendung ausschließen, ist auf die Vorschriften des SGG zurückzugreifen. Hinsichtlich der Frage der Rechtsmittelbefugnis für das Prozesskostenhilfeverfahren im Rahmen eines sozialgerichtlichen Verfahrens finden sich aber keine solchen ausschließenden Unterschiede. Schon der Gesetzesentwurf vom 4. Juli 2000 (BT-Drs. 14/3750) enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber künftig für das sozialgerichtliche Verfahren eine von der ZPO abweichende Regelung hinsichtlich der Zulässigkeit der Beschwerde einführen wollte. Vielmehr weist der auch dort betonte "Konvergenzgedanke" (S. 51) darauf hin, dass im Vordergrund der Überlegungen die Vermeidung von widersprüchlichen Entscheidungen stand. Zu diesen käme es, wenn das Beschwerdegericht die materiellrechtlichen Erfolgsaussichten abweichend von dem in der Hauptsache abschließend entscheidenden Gericht des ersten Rechtszugs beurteilt. Dieser Fall einer Konvergenz konnte auch in den Verfahren nach dem SGG in der vor dem 1. Januar 2002 geltenden Fassung eintreten, da § 144 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 1 SGG seinerzeit einen Wert des Beschwerdegegenstandes für die Zulässigkeit der Berufung von 1.000,00 DM vorsah. Im Ergebnis ist damit auch die mit Wirkung zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, S. 1887) eingeführte Koppelung der Beschwerdebefugnis an den Streitgegenstand für die Berufung von der Verweisung des § 73a SGG Abs. 1 Satz 1 SGG umfasst. Es ist nicht ersichtlich, dass § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.d.F. vom 13. Juni 1980 ausschließlich die entsprechende Anwendbarkeit der Vorschriften der ZPO in ihrer damaligen Fassung geregelt hätte. Vielmehr ist in der Konstruktion des Prozesskostenhilferechts - Generalregelung in der ZPO, Verweisung auf entsprechende Anwendung in allen Verfahrensordnungen - die Vorgabe des Gesetzgebers enthalten, die Vorschriften der ZPO in ihrer jeweils maßgeblichen Fassung anzuwenden (LSG Sachsen-Anhalt, a.a.O.).

Der gegenteiligen Ansicht, wonach die Statthaftigkeit der Beschwerde gegen erstinstanzliche PKH-Entscheidungen mangels einer ausdrücklich im SGG normierten Rechtsgrundlage nicht aufgrund des Streitwertes des Hauptsache- bzw. Ausgangsverfahrens verneint werden könne und der Gesetzgeber den Ausschluss der Beschwerde in § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG abschließend geregelt habe (s.o. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15. April 2009, Az. L 19 B 228/08 AS, LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 23. Februar 2009, Az: L 13 AS 3835/08 PKH-B; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Juli 2008, Az. L 29 B 1004/08 AS), vermag sich der Senat hingegen nicht anzuschließen.

§ 172 Abs. 3 SGG (in der seit dem 1. April 2008 geltenden Fassung) enthält keine spezielle – und damit auch die Vorschriften der Zivilprozessordnung nicht verdrängende – Regelung über einen Beschwerdeausschluss im sozialgerichtlichen Verfahren. Dagegen spricht schon der systematische Zusammenhang der Regelung. Nach Absatz 1 der Vorschrift findet gegen die Entscheidungen der SG mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde an das LSG statt, "soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist." Damit eröffnet die Norm ausdrücklich abweichende – eine Beschwerde ausschließende – Regelungen im gesamten SGG. Wäre die in Absatz 3 der Vorschrift genannte Aufzählung von Ausschlusstatbeständen dagegen abschließend gemeint gewesen, hätte in § 172 Abs. 1 SGG etwa die Formulierung "vorbehaltlich des Absatzes 3" nahe gelegen. Demgegenüber enthält das SGG noch an zahlreichen anderen Stellen einen Ausschluss der Beschwerde, und zwar etwa in § 18 Abs. 4 SGG, § 22 Abs. 3 Satz 2 SGG, § 67 Abs. 4 Satz 2 SGG und § 75 Abs. 3 Satz 3 SGG. Die gegenteilige Auffassung würde zu dem rechtssystematisch fragwürdigen Ergebnis führen, dass im zivilgerichtlichen Verfahren die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe bei Nichterreichen des Beschwerdewerts der Berufung ausgeschlossen, jedoch ausnahmsweise bei ausschließlicher Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe zulässig wäre, während im sozialgerichtlichen Verfahren die Beschwerde bei ausschließlicher Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen immer ausgeschlossen wäre, nicht aber bei Nichterreichen des Wertes des Beschwerdegegenstandes für die Berufung und Ablehnung aus anderen Gründen. Somit würde im Geltungsbereich des SGG (hinsichtlich der den Beschwerdewert nicht erreichenden Verfahren) die in der ZPO geregelte Ausnahme nicht gelten, wohl aber die in der ZPO abweichend normierte Rückausnahme, ohne dass dafür ein Grund erkennbar wäre. Dies wäre aber angesichts des ausdrücklichen Bezugs auf die maßgeblichen Vorschriften der ZPO nicht nur widersprüchlich, sondern würde auch der Zielsetzung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 (BGBl. I S. 444) – nämlich u.a. die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig zu entlasten und eine Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens herbeizuführen (BT-Drs. 16/7716 S. 1, 2 und 12) – zuwiderlaufen (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Juli 2008, a.a.O.). Auch wenn nach der Einzelbegründung zur Einfügung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG "die Ablehnung von Prozesskostenhilfe mit der Beschwerde nur noch angefochten werden kann, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden" (BT-Drs. 16/7716 S. 22), kann daraus nicht abgeleitet werden, dass der Gesetzgeber hierdurch eine generelle und abschließende Regelung über die Statthaftigkeit bzw. den Ausschluss einer Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe treffen wollte. Insbesondere kann der genannten Gesetzesbegründung auch nicht die weitergehende Aussage entnommen werden, die Ablehnung von Prozesskostenhilfe könne nunmehr immer mit der Beschwerde angefochten werden, sofern das Gericht nicht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für Prozesskostenhilfe verneine. Andernfalls wäre dem Gesetzgeber zu unterstellen, dass er seine in der Einzelbegründung lediglich zwei Absätze zuvor ausdrücklich niedergelegte Absicht, zur Entlastung der Landessozialgerichte einen Beschwerdeausschluss greifen zu lassen (BT-Drs. 16/7761 S. 22, siehe auch die allgemeine Gesetzesbegründung S. 14), tatsächlich relativieren wollte, indem der bislang nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz ZPO gegebene Beschwerdeausschluss hinfällig geworden wäre. Der erkennbare Wille des Gesetzgebers war es aber, die Fälle eines Ausschlusses der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nicht einzuschränken, sondern zu erweitern, um einem wesentlichen Ziel – der Entlastung der Landessozialgerichte – näher zu kommen. Die Einfügung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG kann daher nur als Regelung eines besonderen Falles eines Beschwerdeausschlusses verstanden werden, der anderweitig (nach den entsprechend anwendbaren Vorschriften der ZPO) schon normierte Beschwerdeausschlüsse nicht berührt. Darüber hinaus bestätigt sich auch aus dem Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens, dass Intention des Gesetzgebers zum Zwecke der Entlastung der Landessozialgerichte eine im Vergleich zu den Regelungen der ZPO weitergehende Beschränkung des Beschwerderechts war. Schon der erste Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 15. November 2007 (BR-Drs. 820/07, S. 1) verwies auf die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entlastung und Straffung des sozialgerichtlichen Verfahrens. Bei den Änderungen sollten die Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens Beachtung finden. Dort findet sich bereits der Vorschlag, die Beschwerde auszuschließen in Verfahren gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Gewährung von Prozesskostenhilfe verneint. Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 11. Januar 2008 (BT-Drs. 16/7716) greift diese Gedanken nochmals auf. Ergänzend enthält die Begründung zum Allgemeinen Teil (S. 12, 13) einen Verweis auf den Beschluss der 77. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister der Länder am 1./2. Juni 2006, wonach Prozessordnungen und Gerichtsverfassungen zu vereinheitlichen seien. Ausdrücklich ergibt sich die gesetzgeberische Vorstellung über die Erreichung dieser Ziele aus den Ausführungen zu Teil A I Ziffer 2 Buchstabe c, bb) "Beschwerdeverfahren": Danach wird die Beschwerde "ausgeschlossen in Verfahren des Einstweiligen Rechtsschutzes und der Prozesskostenhilfe" (S. 14). Zu Nummer 29 (§ 172) (S. 22) ist hingegen ausgeführt: "Die Ablehnung von Prozesskostenhilfe kann mit der Beschwerde nur noch angefochten werden, wenn die Erfolgsaussichten in der Hauptsache vom Gericht verneint wurden. Hat das Gericht hingegen die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen verneint, ist die Beschwerde gegen diese Entscheidung nicht statthaft." Aus diesen Formulierungen lässt sich eindeutig entnehmen, welche Vorstellungen der Gesetzgeber sich von den Maßnahmen zur Entlastung der Sozialgerichte gemacht hat. Die Gesetzesmaterialien enthalten ausdrücklich keine Hinweise auf ein vom Gesetzgeber verfolgtes Ziel, von dem bisherigen einheitlichen Regelungssystem für die Prozesskostenhilfe abweichen und für die Sozialgerichte eine abschließende Sonderregelung schaffen zu wollen. Vielmehr erlauben die Gesetzesmaterialien auch den Schluss, dass nur eine Fallgestaltung der in § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO geregelten Gruppen verändert werden sollte. Die Neuregelung ist folglich so zu verstehen, dass bei grundsätzlicher Beibehaltung der Abgrenzung nach dem Erreichen des Wertes der Berufungssumme zusätzlich alle Entscheidungen, die sich allein auf die fehlende wirtschaftliche Bedürftigkeit stützen, von der Beschwerde ausgeschlossen sein sollen. Gegen die Interpretation einer völligen Abkehr vom bisherigen Regelungssystem spricht, dass die Gesetzesmaterialien ausdrücklich den Wunsch der Justizminister/-innen der Länder nach einer Vereinheitlichung der Gerichtsverfassungen aufgreifen. Ferner lässt sich einwenden, dass eine Aufgabe des Konvergenzgedankens während des Gangs der Gesetzgebung nicht in Betracht gezogen wurde. Zu einer solchen Konvergenz käme es jedoch, wenn man § 172 Abs. 3 Ziffer 2 SGG als abschließende Regelung verstünde. Dann wäre die Beschwerde nämlich - im Gegensatz zur Regelung bis zum 31. März 2008 - nunmehr immer zulässig bei Streitwerten unterhalb der Berufungssumme (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 4. Juni 2009, a.a.O.).

Vorliegend folgt die Zulässigkeit der Beschwerde auch nicht aus der falschen Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts, nach der gegen den Beschluss die Beschwerde zum Hessischen LSG möglich sei. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung kann ein Rechtsmittel, das gesetzlich ausgeschlossen ist, nicht eröffnen (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., vor § 143 Rn. 14 b; BSG, Urteil vom 20. Mai 2003, Az: B 1 KR 25/01 R).

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind gemäß § 73a Abs.1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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