L 4 KA 43/08

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 27 KA 3870/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 43/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 11/09 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2003 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 4.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Abrechnungsgenehmigung für die Gesprächspsychotherapie als weiteres Verfahren gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 Psychotherapie-Vereinbarung (vom 7. Dezember 1998 - DÄBl. 1998, Heft 51- 52, S. A-3315 - kurz: PTV).

Die 1947 geborene Klägerin ist als approbierte psychologische Psychotherapeutin mit dem Behandlungsverfahren Verhaltenstherapie gemäß § 95 Abs. 10 SGB, Fünftes Buch (SGB V) bedarfsunabhängig zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Zuständigkeitsbereich der Beklagten zugelassen.

Am 18. September 2002 beantragte sie bei der Beklagten eine Abrechnungsgenehmigung für das Verfahren der Gesprächspsychotherapie als weiteres Verfahren und legte eine Urkunde der "Gesellschaft für Wissenschaftliche Gesprächspsychotherapie e.V." (GWG) vom 29. Juni 1978 über ihre "Anerkennung als Gesprächspsychotherapeut in der GWG" vor. Mit Bescheid vom 18. September 2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, weil die Gesprächspsychotherapie nach den Psychotherapie-Richtlinien des Beigeladenen vom 11. Dezember 1998 (BAnz. 1999 Nr. 6 S. 249) gemäß § 92 Abs. 6a SGB V kein anerkanntes Richtlinienverfahren und nach deren Anlage 1 sogar ausdrücklich ausgeschlossen sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 2003 zurück.

Gegen den ihr am 4. Februar 2003 zugestellten Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 3. März 2003 beim Sozialgericht Frankfurt am Main Klage erhoben mit der Begründung, die Psychotherapie-Richtlinien des Beigeladenen seien rechtswidrig, soweit dort die Gesprächspsychotherapie nicht als anerkanntes Behandlungsverfahren aufgeführt sei. Insoweit verstießen diese gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Aufgrund ihres Grundrechts auf freien Zugang zum und freie Ausübung des Berufs sei der Beigeladene verpflichtet gewesen, die Gesprächspsychotherapie als Richtlinienverfahren anzuerkennen. Die Nichtanerkennung beruhe auf einem Systemversagen des Verfahrens vor dem Beigeladenen. Hieraus erwachse ihr gegenüber der Beklagten ein Anspruch, die Gesprächspsychotherapie so zu behandeln, als sei sie vom Beigeladenen als Richtlinienverfahren anerkannt worden, mit der weiteren Folge, dass die beantragte Abrechnungsgenehmigung zu erteilen gewesen sei. Mit Urteil vom 15. Oktober 2003 hat das Sozialgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Für das Begehren der Klägerin bestehe keine Anspruchsgrundlage. Die PTV beschränke die Anwendung der Psychotherapie auf anerkannte Richtlinienverfahren, zu denen die Gesprächspsychotherapie nicht gehöre. Auch nach dem seinerzeit geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) seien Leistungen der Gesprächspsychotherapie nicht abrechenbar gewesen. Die Nichtaufnahme der Gesprächspsychotherapie in die Psychotherapie-Richtlinien verstoße weder gegen Artikel 12 Abs. 1 GG noch gegen sonstiges höherrangiges Recht, zumal im Falle der Klägerin nicht der Berufszugang sondern nur die Berufsausübung betroffen sei, denn an der Ausübung ihres Berufs als psychologische Psychotherapeutin mit anerkannten Richtlinienverfahren werde sie nicht gehindert. Bei der Gesprächspsychotherapie handle sich um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V, weil entsprechende Leistungen bisher nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung seien. Neue Behandlungsmethoden dürften danach zu Lasten der Krankenkassen aber nur abgerechnet werden, wenn die Bundesausschüsse auf Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen abgegeben hätten über die Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens der neuen Methode sowie deren medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit - auch im Vergleich zu bereits zu Lasten der Krankenkasse erbrachten Methoden - nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung -, über die notwendige Qualifikation der Ärzte, die apparativen Anforderungen sowie Anforderungen an Maßnahmen der Qualitätssicherung, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern, und über die erforderlichen Aufzeichnungen über die ärztliche Behandlung (§ 135 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 SGB V). Der Bundesausschuss habe in seinen Richtlinien nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 SGB V nicht nur über die Anerkennung einer neuen Methode zu entscheiden, sondern auch die notwendige Qualifikation der Ärzte festzulegen, um eine sachgerechte Anwendung der neuen Methode zu sichern. Bei den Richtlinien handle es sich nicht nur um rechtlich unverbindliche Empfehlungen. Soweit der Bundesausschuss vor Einfügung des § 91 Abs. 2a SGB V durch Artikel 2 Nr. 9 Psychotherapeutengesetzes vom 16. Juni 1998 (BGBl. I S. 1111) Psychotherapie-Richtlinien noch in einer Besetzung ohne psychologische Psychotherapeuten erlassen habe, habe dies der damaligen Rechtslage entsprochen und auch gegen keine Verfassungsnorm verstoßen.

Die Klägerin könne sich mit ihrem Begehren nicht erfolgreich auf die Grundsätze über einen "Systemmangel" stützen, denn diese seien zunächst nur im Verhältnis zwischen Versicherten als Leistungsempfänger und Krankenkassen unter den Voraussetzungen des § 13 Abs. 3 SGB V anwendbar. Im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bundesausschusses könne ein Systemmangel nur vorliegen, wenn dieser willkürlich oder aus sachfremden Erwägungen eine Entscheidung über den therapeutischen Nutzen sowie die medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit einer neuen Behandlungsmethode unterlassen oder verzögert habe, obgleich die notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt gewesen seien. Aber auch dies sei von den Gerichten nur im Verhältnis zwischen Versicherten und Krankenkasse zu prüfen. Die Behandlungsbefugnis der Leistungserbringer sei von vornherein auf die Leistungen beschränkt, die im jeweiligen EBM aufgeführt seien. Ein Verstoß gegen Artikel 12 Abs. 1 Grundgesetz könne hierin nicht gesehen werden. Abrechnungsregelungen beträfen nicht die stärker geschützte Freiheit der Berufswahl sondern lediglich die Berufsausübung. Soweit Ärzte von der Erbringung und Abrechnung bestimmter, zu ihrem Fachgebiet gehörender Leistungen ausgeschlossen seien, liege hierin nur dann eine statusrelevante Ausübungsregelung, wenn diese Leistungen für das Fachgebiet wesentlich seien. Die Normierung solcher nicht statusrelevanter Regelungen unterliege keinen besonderen Vorgaben im förmlichen Gesetz. Ihrer Ausgestaltung sei dem untergesetzlichen Normgeber überlassen. Dementsprechend hätten die Partner der Bundesmantelverträge als Normsetzer bei der Einführung nicht statusrelevanter qualitätssichernder Maßnahmen einen weitgehenden Entscheidungsspielraum. Auch solche Berufsausübungsregelungen müssten aber durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sein. Hierbei sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Es sei vorrangig Aufgabe des Normsetzers, zu entscheiden, ob und welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen wolle. Ihm sei ein Beurteilungsspielraum sowohl bei der Gewichtung der Gemeinwohlbelange als auch bei deren Abwägung gegenüber der Intensität des Eingriffs eingeräumt. Ein gewisser "Überschuss" an Qualitätsanforderungen sei hinzunehmen. Daraus folge, dass die Gerichte erst einschreiten könnten, wenn die Rechtsnorm bezogen auf das ihr zu Grunde liegende Gemeinwohlziel schlechthin ungeeignet, eindeutig nicht erforderlich oder auch erkennbar unangemessen oder unzumutbar sei, so also insbesondere dann, wenn die der Rechtsnorm zu Grunde liegenden Einschätzungen und/oder Prognosen so offensichtlich fehlerhaft seien, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für normative Maßnahmen abgeben könnten (unter Hinweis auf Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 6. September 2000, Az.: B 6 KA 36/99 R).

Hiervon ausgehend sei eine offensichtliche Fehlerhaftigkeit wegen der Nichtanerkennung der Gesprächspsychotherapie nicht zu erkennen.

Der Gesetzgeber habe mit der Voraussetzung des Fachkundenachweises den Kreis der zulassungsberechtigten Psychotherapeuten bewusst auf solche beschränken wollen, die die Versicherten in einem in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannten Behandlungsverfahren behandeln können. Die Fachkundeprüfung diene damit dem Zweck, anhand der im Approbationsverfahren nachgewiesenen Befähigung zu klären, ob Behandlungsverfahren erlernt oder in der Vergangenheit praktiziert worden seien, die zu den Leistungen der GKV gehören. Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung in anderen Behandlungsverfahren absolviert oder diese in der Vergangenheit ausschließlich angewandt haben, dürften zwar außerhalb der GKV Psychotherapie anbieten und durchführen, sollten aber nicht in das Arztregister eingetragen und nicht zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen werden können. Jedenfalls aber sei es der Klägerin zuzumuten, den Abschluss des vor dem Beigeladenen eingeleiteten Verfahrens zur Entscheidung über die Aufnahme der Gesprächspsychotherapie in die Psychotherapie-Richtlinien gemäß § 92 Abs. 6a SGB V abzuwarten.

Gegen das ihr am 30. Oktober 2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 28. November 2003 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Sie beabsichtige, im Einzelfall die Gesprächspsychotherapie statt der Verhaltenstherapie zu Lasten der GKV anzuwenden. Dass ihr die Anwendung der Gesprächspsychotherapie im Rahmen der GKV verwehrt sei, beruhe auf einem "Systemmangel". Die Gesprächspsychotherapie sei neben der Psychoanalyse und der Verhaltenstherapie eine eigene Psychotherapieerichtung und keine "neue Methode" im Sinne des § 135 SGB V. Die psychosomatische Grundversorgung im Sinne von Buchstabe A. Ziff. 7 S. 3 der Psychotherapie-Richtlinien umfasse auch die Gesprächs-Psychotherapie ("verbale Interventionen"), die nach Nr. 851 bis 858 EBM (2001) abzurechnen seien. Die Gesprächspsychotherapie sei daher keine neue Methode und finde bereits breite Anwendung, weil ihre Wirksamkeit zweifelsfrei nachgewiesen sei. Ihrer Anerkennung als Psychotherapieverfahren in den Psychotherapie-Richtlinien des Beigeladenen gemäß §§ 95c S. 2, 117 Abs. 2, 92 Abs. 6a SGB V sei erforderlich und zwingend. Ihre Nichtberücksichtigung als Richtlinienverfahren verstoße gegen Artikel 12 Abs. 1 GG, wobei es sich auch im Falle der Klägerin nicht nur um eine Regelung zur Berufsausübung sondern um eine Zugangsbeschränkung handle, denn die Ausübung der Gesprächspsychotherapie stelle einen eigenen psychotherapeutischen Beruf dar. Die Gesprächspsychotherapie sei außerhalb der Richtlinienverfahren das einzige bundeseinheitlich wissenschaftlich anerkannte Psychotherapieverfahren in dem die berufsrechtliche Approbation möglich sei. Der Beigeladene habe pflichtwidrig mit seinem Beschluss vom 23. Oktober 1998 die Nichteinbeziehung der Gesprächspsychotherapie in die Richtlinienverfahren ungeprüft aus seinem vorangegangenen Beschluss vom 3. Juli 1987 übernommen. Ein weiteres Zuwarten bis zu einer Entscheidung des Beigeladenen über den Antrag der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) auf Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als Richtlinienverfahren vom August 2003 sei der Klägerin nicht zumutbar. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts werde die Anwendung der Gesprächspsychotherapie in der GKV durch Vorschriften zum zugangsrechtlichen Fachkundenachweis nicht ausgeschlossen.

§ 16 Abs. 2 S. 2 PTV verstoße gegen höherrangiges Recht, schon weil die PTV ohne Beteiligung der Vertragspsychotherapeuten zu Stande gekommen sei, weil die Beteiligungsvorschriften des § 79b S. 5 SGB V erst am 1. Januar 1999 und damit nach Abschluss der PTV in Kraft getreten sei. Die Notwendigkeit des Fachkundenachweises in Richtlinienverfahren diene nicht der Qualitätssicherung und verstoße gegen das berufsrechtliche Übermaßverbot. Die Partner der PTV hätten nicht darüber bestimmen dürfen, auf welchem beruflichen Qualifizierungsweg die notwendigen Kenntnisse erworben würden. Auch werde insoweit das Gleichbehandlungsgebot verletzt, weil Ärzte im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung zum Nachweis ihrer Qualifikation nur Weiterbildungszeugnisse vorlegen müssten. Aus einem Systemversagen müssten auch Leistungserbringer Ansprüche herleiten können, denn eine Abwälzung auf die Versicherten als Leistungsempfänger im Wege der Kostenerstattung sei "ethisch problematisch". Der Beigeladenen habe das Verfahren zur Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als Richtlinienverfahren verschleppt und es entstehe der Eindruck, die Gesprächspsychotherapie solle aus Gründen des Konkurrenzschutzes und daher willkürlich ausgeschlossen bleiben.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2003 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2003 zu verurteilen, ihr eine Genehmigung zur Abrechnung gesprächspsychotherapeutischer Leistungen zu erteilen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, tritt aber der Berufung der Klägerin unter Hinweis auf seinen Beschluss vom 24. April 2008 und die die hierzu vorgelegten tragenden Gründe (Blatt 635 bis 677 Gerichtsakten) entgegen. Ferner nimmt der Beigeladene auf das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. Oktober 2008 (Az.: L 5 KA 2851/06 - Blatt 608 bis 634 Gerichtsakten) Bezug, mit dem die Vereinbarkeit des Beschlusses des Beigeladenen vom 24. April 2008 mit höherrangigem Recht bestätigt worden sei.

Die Beklagte schließt sich dem Vortrag des Beigeladenen an.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist sachlich unbegründet.

Das angegriffene Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 15. Oktober 2003 ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn der Bescheid der Beklagten vom 18. September 2002 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 2003 ist rechtmäßig. Der Klägerin steht weder ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für Gesprächspsychotherapie als weiteres Verfahren noch auf Neubescheidung ihres Antrages zu.

Die Voraussetzungen für den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch gemäß § 16 Abs. 2 S. 2 PTV liegen nicht vor. Danach setzt die Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für mehr als ein Verfahren den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung voraus, die dem Zulassungsausschuss hätten nachgewiesen werden müssen, um eine entsprechende Zulassung zu erhalten. Gemäß § 95 Abs. 10 S. 1 Nr. 1 SGB V wurden Psychotherapeuten zur vertragsärztlichen Versorgung nur zugelassen, wenn sie u. a. die Voraussetzungen des Fachkundenachweises nach § 95c S. 2 Nr. 3 SGB V erfüllt hatten. Dies ist nur der Fall, wenn u. a. die theoretische Ausbildung in einem der durch den Beigeladenen nach § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB V anerkannten Behandlungsverfahren nachgewiesen wird. Nach den vom Beigeladenen gemäß § 92 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 und Abs. 6a SGB V erlassenen Psychotherapie-Richtlinien vom 11. Dezember 1998 (BAnz. 1999 Nr. 6 S. 249) gehört die Gesprächspsychotherapie aber nicht zu den in der GKV anerkannten Behandlungsverfahren. Vielmehr werden die Erfordernisse der Psychotherapie-Richtlinien nach deren Anlage 1 Nr. 3 Ziff. 1) durch die Gesprächspsychotherapie ausdrücklich nicht erfüllt.

Diese Regelungen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht und verletzen insbesondere nicht das Grundrecht der Klägerin auf Berufsfreiheit gemäß Artikel 12 Abs. 1 GG. Zutreffend hat das Sozialgericht bereits ausgeführt, dass durch die angegriffene Regelung nicht das Recht auf freien Zugang zum Beruf sondern nur die Berufsausübung betroffen ist, wobei es sich um keine statusrelevante Ausübungsregelung handelt, weil die Gesprächspsychotherapie nicht zu den für den Beruf des psychologischen Psychotherapeuten wesentlichen Leistungen gehört. Der Auffassung der Klägerin, die Ausübung der Gesprächspsychotherapie stelle einen eigenständigen psychotherapeutischen Beruf dar, kann sich in der Senat nicht anschließen, denn es handelt sich hierbei nur um eines von mehreren möglichen Behandlungsverfahren, das die Ausübung des Berufs des Psychotherapeuten ermöglicht, wobei nur die Verhaltenstherapie, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und psychoanalytisch begründende Verfahren als Richtlinienverfahren in der GKV anerkannt sind. Insoweit kann ebenso wenig von einem eigenständigen Berufsbild ausgegangen werden, wie bei den in der Anlage 1 Nr. 3 zu den Psychotherapie-Richtlinien aufgeführten Verfahren der Gestalttherapie, Logotherapie, Psychodrama, Respiratorisches Biofeedback oder Transaktionsanalyse. Der Beschluss des Beigeladenen vom 24. April 2008, mit dem dieser erneut eine Änderung der Psychotherapie-Richtlinien mit dem Ziel der Anerkennung des Gesprächspsychotherapieverfahrens abgelehnt hat, verstößt ebenfalls nicht gegen höherrangiges Recht. Dem Einwand des Systemversagens ist durch diesen Beschluss ohnehin die Grundlage entzogen, wobei der Senat ausdrücklich die bereits vom Sozialgericht und auch vom Landesozialgericht Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 29. Oktober 2008 (Az.: L 5 KA 2851/06 - Juris Rdnr. 95 bis 97) vertretenen Rechtsauffassung teilt, wonach sich Leistungserbringer bei verzögerter Beschlussfassung durch den gemeinsamen Bundesausschuss grundsätzlich nicht auf Systemversagen berufen, sondern allenfalls Ansprüche aus Grundrechten, insbesondere Art. 12 GG, herleiten können. Der Beschluss des Beigeladenen vom 24. April 2008 ist formgerecht unter Beachtung der maßgeblichen Verfahrensvorschriften (Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses – VerfO G-BA - vom 20. September 2005 – BAnz. Nr. 242 vom 24. Dezember 2005 S. 16998) und insbesondere nach einem umfassenden Abwägungsprozess i.S.d. § 20 VerfO G-BA) zu Stande gekommen und der Beigeladene hat den ihm bei seiner Entscheidung eingeräumten Beurteilungsspielraum eingehalten. Dem Beigeladenen ist ein weites Ermessen eröffnet. Sein Gestaltungsspielraum wird nur durch die gesetzlichen Grenzen seines Auftrags, durch Verfassungsrecht und die selbstgesetzten verfahrensrechtlichen Regelungen eingeengt. Mit den zentralen Prinzipien der §§ 2 , 12 SGB V enthält das Krankenversicherungsrecht zudem eigene Kriterien, nach denen eine Leistung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich zu sein hat, mit der Folge, dass eine neue Behandlungsmethode (so auch ein neues psychotherapeutisches Behandlungsverfahren) z. B. auch in Relation zu bereits anerkannten Verfahren (oder Methoden) gesetzt werden muss. Die Gerichte haben den normgeberischen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum des Beigeladenen daher zu respektieren und dürfen, abgesehen von den Verfahrenserfordernissen des Rechtssetzungsverfahrens, im Wesentlichen nur prüfen, ob aus dem einfachen Recht oder aus den betroffenen Grundrechten folgende Grenzen des normgeberischen Gestaltungs- und Beurteilungsspielraums gewahrt sind. Demgegenüber kommt eine umfassende Inhaltskontrolle der getroffenen Entscheidung nicht in Betracht, zumal der Beigeladene bei der Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach § 135 Abs. 1 SGB V nicht selbst über den Nutzen einer Methode zu entscheiden hat, sondern an Hand eines Überblicks relevanter Meinungen der medizinischen Fachkreise feststellen muss, ob ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Methode besteht. Die Entscheidung des Beigeladenen unterliegt nicht einer Überprüfung durch die Sozialgerichte auf inhaltliche Richtigkeit, namentlich nicht in fachwissenschaftlicher Hinsicht. Aus den vom Beigeladenen vorgelegten tragenden Gründen zu seinem Beschluss vom 24. April 2008 geht zur Überzeugung des Senats hinreichend deutlich hervor, dass eine umfassende Prüfung der einschlägigen Studien und Publikationen stattgefunden hat. Die Klägerin könnte ohnehin ihr angestrebtes Ziel nur erreichen, wenn eine rechtmäßige Entscheidung des Beigeladenen im Sinne einer "Ermessensreduzierung auf Null" nur zur Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als Richtlinienverfahren als einzig richtigem Ergebnis führen könnte.

Angesichts der erkennbaren wissenschaftlichen Kontroversen und den Ergebnissen der vom Beigeladenen durchgeführten außerordentlich umfangreichen Literaturrecherche sowie den ebenfalls umfangreichen Stellungnahmen der im Normsetzungsverfahren gehörten Stellen und Verbände kann schon im Ansatz keine Rede davon sein, dass jede andere Entscheidung als die Anerkennung der Gesprächspsychotherapie als Richtlinienverfahren verworfen werden müsste. Auch gegen die Anwendung der Maßgaben des § 135 Abs. 1 SGB V ist nichts einzuwenden. Bei der Gesprächspsychotherapie handelte es sich (wie bei der neuropsychologischen Therapie) insbesondere um eine "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode" im Sinne dieser Vorschrift, weil sie als abrechnungsfähige Leistung weder im EBM noch in den Psychotherapie-Richtlinien aufgeführt ist. Ob eine Methode gemäß § 135 Abs. 1 SGB V "neu" ist, kann nur aus Sicht des Krankenversicherungsrechts beurteilt werden. Die Gerichte haben auch nicht mit Hilfe gerichtlicher Sachverständiger im Wege der Rechtskontrolle zu klären, inwieweit es sich bei der Gesprächspsychotherapie um ein zur Krankenbehandlung geeignetes Verfahren im Sinne des § 92 Abs. 6a SGB V handelt und wie Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit des Behandlungsverfahrens einzuschätzen ist. Hierüber hat allein der Beigeladene als Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen im Wege der Rechtssetzung zu befinden (so auch: Landessozialgericht Baden-Württemberg, a.a.O., Juris Rdnr. 102 bis 112 m.w.N.). Auch an der Rechtsgültigkeit von § 16 Abs. 2 S. 2 PTV hat der Senat keine Zweifel. Soweit die PTV in der Fassung vom 7. Dezember 1998 ohne Beteiligung der Vertragspsychotherapeuten am Normsetzungsverfahren zu Stande gekommen ist, entsprach dies der seinerzeitigen Rechtslage und lässt einen Verstoß gegen verfassungsrechtliche Grundsätze nicht erkennen. Dass hiernach ein Fachkundenachweis in einem Richtlinien-Verfahren zu erbringen ist, dient auch - aber nicht nur - der Qualitätssicherung. Daneben ist insoweit auch das Gebot der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten (§ 1 Abs. 3 PTV), das als notwendiger Bestandteil im Sinne einer Voraussetzung in die Qualitätssicherung einfließt. Die Vertragspartner der PTV haben hierbei nicht die Grenzen ihrer Ermächtigung überschritten, die aus den Psychotherapie-Richtlinien folgt (Einleitung Abs. 2 Satz 5 und Abschnitt H. Nr. 1), denn danach kann die Qualitätssicherung von vornherein nur solche Verfahren betreffen, die vom Beigeladenen als Richtlinienverfahren auch hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit anerkannt sind. Dieser Zielsetzung entspricht § 16 Abs. 2 S. 2 PTV mit der danach gegebenen Beschränkung einer Erweiterung der Abrechnungsgenehmigung auf Richtlinienverfahren. Aus diesem Grunde ist es gerechtfertigt, Leistungen der psychologischen Psychotherapie zu Lasten der GKV auch dann auf bestimmte Richtlinienverfahren zu begrenzen, wenn es "nur" um die Erweiterung des Leistungsspektrums eines bereits zugelassenen psychologischen Vertragspsychotherapeuten geht. Einen Verstoß gegen ein berufsrechtliches Übermaßverbot vermag der Senat insoweit nicht zu erkennen. Insoweit besteht auch keine grundgesetzwidrige Ungleichbehandlung gegenüber ärztlichen Psychotherapeuten, die gemäß § 5 Abs. 6 PTV im Rahmen der psychosomatischen Grundversorgung u. a. die Leistung "verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen" (Nr. 35110 EBM 2000 plus) bereits aufgrund von qualifizierten Weiterbildungsnachweisen abrechnen dürfen. Insoweit besteht ein wesentlicher Unterschied bereits in der unterschiedlichen Qualität der ärztlichen Ausbildung, die insbesondere im Bereich psychosomatischer Erkrankungen von wesentlicher Bedeutung ist. Darüber hinaus geht es insoweit nicht um die Einführung eines neuen Behandlungsverfahrens wie der Gesprächspsychotherapie in die GKV, sondern nur um einzelne Leistungen nach dem EBM.

Im Übrigen nimmt der Senat auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils des Sozialgerichts Frankfurt am Main, die er sich zu Eigen macht, ergänzend Bezug und sieht insoweit von einer erneuten Darstellung derselben ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Der Senat hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Der Streitwert war mangels hinreichender Anhaltspunkte für eine Schätzung nach dem wirtschaftlichen Interesse der Klägerin endgültig in Höhe des Regelstreitwerts von 4.000,00 EUR (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz in der bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung) festzusetzen.
Rechtskraft
Aus
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