Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 4 KR 137/05
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 112/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 5. Mai 2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch in der Berufungsinstanz zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des Beitrags des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Kläger ist Dienstordnungsangestellter (§ 349 RVO). Er ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Die Satzung der Beklagten enthält Regelungen nach § 14 Abs. 1 SGB V. Für diejenigen DO-Angestellten, welche von der Teilkostenerstattung nach § 14 Abs. 1 SGB V Gebrauch machen, galt 2004 für die Betragspflicht § 21 der Satzung der Beklagten:
"§ 21
Versicherung der dienstordnungsmäßig Angestellten (DO-Angestellte)
(1) Für Versicherte, die nach § 14 SGB V eine Wahlmöglichkeit haben, wird der Beitrag nach § 2 bemessen.
(2) Für DO-Angestellte, die von der nach Abs. 1 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, gilt der um den Beihilfebemessungssatz verminderte Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld, für Renten, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen gilt der um den Beihilfebemessungssatz verminderte allgemeine Beitragssatz.
(3) Die Entscheidung des DO-Angestellten nach Abs. 1 ist schriftlich zu erklären; sie wirkt vom Zeitpunkt der Erklärung bis zum Ablauf des zweiten Jahres, das dem Jahr der Erklärung folgt, und verlängert sich um je zwei weitere Kalenderjahre, wenn bis zum Ablauf des genanten Zeitraums kein Widerruf erfolgt ist. Die Entscheidung wirkt auch für die nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen.”
Unverändert galt diese Bestimmung als § 15 der Satzung der Beklagten in der ab Anfang 2005 geltenden Fassung.
Für den Kläger, dessen Beihilfebemessungssatz nach der Hessischen Beihilfeverordnung 50 % ist, galt gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 der Satzung bis Ende Juni 2005 ein Beitragssatz von 6,5 %.
Nach gesetzlicher Einfügung von § 241a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445) mit Wirkung ab dem 1. Juli 2005 setzte die Beklagte die Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung durch nicht genauer datierten Bescheid vom Juli 2005, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, mit Wirkung ab 1. Juli 2005 neu fest. Für den Beitrag zur Krankenversicherung ging sie von einem Beitragssatz von 7,1 % aus. Dieser errechnete sich aus a) der Hälfte des ab 1. Juli 2005 geltenden ermäßigten Beitragssatzes von 12,4 % nach § 18 Abs. 4 der Satzung, also 6,2 %, und b) dem vollen Betrag (0,9 %) des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V, den die Beklage in § 18 Abs. 7 ihrer Satzung übernommen hatte.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. August 2005 Widerspruch mit der Begründung, für ihn gelte insgesamt nur die Hälfte des Beitragsatzes, der für Versicherte ohne Krankengeldanspruch gelte, also die Hälfte von 13,1 % (= 12,2 + 0,9), d.h. 6,65 %. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2005 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, für den Sonderbeitrag nach § 241a gelte die Absenkungsbestimmung des § 15 der Satzung nicht. Die Beklagte habe ihr insoweit bestehendes Ermessen dahingehend ausgeübt, diesen Beitrag nicht abzusenken. Dies sei auch nicht wegen Verstoßes gegen übergeordnetes Recht rechtswidrig.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Fulda am 14. November 2005 Klage erhoben. Er hat weiterhin geltend gemacht, ihm stehe aufgrund seines bereits im Jahre 1989 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der AOK E., geschaffenen Status eines um 50 % abgesenkten ermäßigten Beitragssatzes auch das Recht auf eine Halbierung des zusätzlichen Beitrags nach § 241a SGB V zu. Das entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der die Gesamthöhe der den Krankenkassen zufließenden Beiträge nicht habe verändern wollen, sondern nur die Aufteilung derselben zwischen Arbeitgebern und Versicherten. Auch verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass freiwillig versicherte Beamte hinsichtlich des Beitragssatzes so behandelt würden, wie es ihm gegenüber verweigert werde.
Das Sozialgericht hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG durch Beschluss vom 24. Januar 2006 die aufschiebende Wirkung der Klage hergestellt.
Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht hat die Beklagte nicht weiter datierte Beitragsbescheide vom Januar und vom März 2006 erlassen, welche ebenfalls auf der angegriffenen Bestimmung des für den Kläger geltenden Beitragssatzes beruhten.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2005 und die Bescheide vom Januar 2006 und vom März 2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Beitragsberechnung ab dem 1. Juli 2005 unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V, der über die Hälfte des vollen zusätzlichen Beitragssatzes hinausgeht, vorgenommen hat und vornimmt, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die überzahlten Beiträge ab dem 1. Juli 2005 einschließlich Zinsen zu erstatten.
Die Beklage hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat weiterhin ihre schon im Widerspruchsverfahren geäußerte Rechtsauffassung vertreten.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2006 gemäß dem Klageantrag entschieden.
Am 10. Juli 2006 hat die Beklage Berufung eingelegt.
Sie vertritt weiterhin ihre Rechtsauffassung. Auszugehen sei ab dem 1. Juli 2004 von § 241a SGB V. Dort werde zwischen dem zusätzlichen Beitragssatz von 0,9 % und den "übrigen Beitragssätzen” unterschieden, welche kraft Gesetzes um dieselben 0,9 Prozentpunkte abgesenkt worden seien. Der für den Kläger einschlägige, um die Hälfte abgesenkte ermäßigte Beitragssatz für Versicherte ohne Krankengeldanspruch sei einer der "übrigen Beitragssätze”, der deshalb auch nach § 241a S. 1, 2. Halbsatz auf 12,4 % abgesenkt und sodann nach § 15 Abs. 2 der Satzung der Beklagten auf 6,2 % halbiert worden sei. Hingegen gebe es weder im Gesetz noch in der Satzung eine Rechtsgrundlage für die Halbierung des erst ab 1. Juli 2005 eingeführten zusätzlichen Beitrags. In § 15 Abs. 2 der Satzung sei mit Relevanz für den Kläger (im Singular) nur die Rede von dem "um den Beihilfebemessungssatz verminderten Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld”. Das sei der in § 18 Abs. 4 der Satzung geregelte Beitragssatz. Demgegenüber regele § 15 Abs. 2 der Satzung nicht eine Minderung des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 18 Abs. 7 der Satzung bzw. § 241a Abs. 1 S. 1 SGB V. Dieses Ergebnis aus der Auslegung der Satzung der Beklagten verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber habe auch in anderen Fällen, nämlich bei pflichtversicherten Studenten, in Kauf genommen, dass die Krankenkassen aufgrund des § 241a SGB V ab 1. Juli 2005 einen höheren Beitrag als zuvor erhielten. Insofern gebe es keinen Grundsatz der Neutralität des § 241a SGB V für den der Kasse zustehenden Gesamtbeitrag bzw. kein "Verbot der Mehreinnahmen”.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 5. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält weiterhin seine erstinstanzlich geäußerte und vom Sozialgericht geteilte Auffassung für zutreffend. Auch verweist er auf ein Urteil des SG Trier vom 29. November 2006, welches zu den einschlägigen Bestimmungen der AOK Rheinland- Pfalz für DO-Angestellte im Ergebnis seine Rechtsauffassung bestätigt habe.
Während des anhängigen Berufungsverfahrens ist ein weiterer Betragsbescheid an den Kläger vom Januar 2007 ergangen, welcher ebenfalls auf der angegriffenen Bestimmung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung beruht. Mit ergänzendem Bescheid vom 17. Januar 2007 wurde dieser mit dem Ziel der Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Fulda vom 24. Januar 2006 insoweit wieder aufgehoben, als er einen vollen zusätzlichen Beitrag von 0,9 % und nicht nur einen solchen von 0,45 % zugrunde gelegt hatte.
Die Parteien haben übereinstimmend gegenüber dem Gericht erklärt, den Bescheid vom Januar sowie den diesen aufhebenden oder ändernden Bescheid nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen zu wollen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und den des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 105 Abs. 2, 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist allerdings nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend der Klage stattgegeben. Für den Kläger gilt aufgrund seines Status als DO-Angestellter und seiner weiterhin geltenden Entscheidung, gemäß § 14 Abs. 2 SGB V Teilkostenerstattung zu wählen, ein Beitragssatz von 50 % des Gesamtbeitragssatzes, der für einen Versicherten ohne Anspruch auf Krankengeld gilt – also ab 1. Juli 2005 ein Beitragssatz von 6,65 % und in der folgenden Zeit ein entsprechender sich aus den jeweiligen Änderungen des ermäßigten Beitragssatzes nach § 243 SGB V ergebender angepasster Beitragssatz. Das folgt aus § 15 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte aufgrund einfachen Rechts oder Verfassungsrechts gehindert wäre, in ihrer Satzung auch eine andere Regelung zu treffen.
Die einschlägige Bestimmung in § 15 Abs. 2 der Satzung spricht von dem "um den Beihilfebemessungssatz verminderten Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld”. Diese Bestimmung ist dahingehend auszulegen, dass der "Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld” der Beitragssatz ist, der insgesamt für solche Mitglieder gilt. Das war bis zum 30. Juni 2005 der jeweilige Beitragssatz nach § 243 Abs. 1 SGB V und ist ab dem 1. Juli 2005 dieser gem. § 241a Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz SGB V um 0,9 Prozentpunkte geminderte Beitragssatz zusammen mit dem zeitgleich eingeführten "zusätzlichen Beitragssatz” in gleicher Höhe nach dem ersten Halbsatz der Vorschrift.
Diese Auslegung ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 15 Abs. 2 der Satzung. Mit der Bestimmung bzw. den entsprechenden Regelungen in Vorgängersatzungen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin soll die durch § 14 SGB V geschaffene Förderung freiwilliger Versicherung von DO-Angestellten von Krankenkassen und bei Krankenkassen beschäftigten Beamten umgesetzt werden. Wegen beamtenähnlicher Absicherung bei Krankheit sind DO-Angestellte nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ebenso wie Beamte grundsätzlich versicherungsfrei. Allerdings hatten sie das Recht, nach allgemeinen Vorschriften über die freiwillige Weiterversicherung und bis zum 30. Juni 1989 nach der Übergangsbestimmung des Art. 59 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) auch durch Beitritt sich in der GKV freiwillig zu versichern. Jedoch gab es vor Inkrafttreten des § 14 SGB V rechtliche Gründe, welche es für DO-Angestellte und in der GKV beschäftigte Beamte wirtschaftlich unattraktiv machten, sich freiwillig in der GKV zu versichern. Insbesondere hatten sie keinen Anspruch auf Beitragszuschuss und konnten ohne § 14 SGB V nicht Beihilfe und Kostenerstattung kombinieren, und im Falle von Sachleistung entfielen und entfallen Beihilfeansprüche (zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des SGB V siehe BSG vom 14. April 1983, BSGE 55, 67). Dies wurde als misslich angesehen, da die betroffene Personengruppe aus Gründen wirtschaftlichen Kalküls gewissermaßen in die "Konkurrenz” um freiwillig Versicherte, nämlich in die GKV, gedrängt wurde. Dem sollte die Möglichkeit der Teilkostenerstattung in Kombination mit beamtenrechtlicher Beihilfe und der dem Beihilfesatz entsprechenden Absenkung des Beitrags entsprechen. So wie die Beihilfe und die Kostenerstattung zusammen das Krankheitsrisiko voll abdecken, wenn auch aus zwei unterschiedlichen Regimes, soll nach Sinn und Zweck des § 14 SGB V auch der Beitrag so abgesenkt werden, dass er lediglich dem durch die Krankenkasse abzudeckenden Risiko entspricht (siehe auch die amtliche Begründung zum Entwurf GRG, BT-Drs. 11/2237, S. 164).
Aus dieser Konstellation und Interessenlage ist ersichtlich, dass § 14 SGB V und die zu seiner Umsetzung ergangenen Satzungsbestimmungen von Krankenkassen auf das wirtschaftliche Kalkül der Beamten und DO-Angestellten abzielten, welche vor der Wahl zwischen freiwilliger Teilkostenversicherung in der GKV und entsprechender Versicherung in der GKV standen. Für dieses wirtschaftliche Kalkül ist auch hinsichtlich des zu zahlenden Beitrags – seinerzeit wie heute – allein das Gesamtergebnis relevant, nicht aber einzelne Berechnungsschritte zur Bestimmung des Gesamtergebnisses. Dies spricht dafür, als "Beitragssatz” im Sinne von § 15 Abs. 2 der Satzung denjenigen Satz zu verstehen, nach welchem sich im Ergebnis der vom Versicherten zu zahlende Beitrag bemisst.
Diesem Ergebnis nach Sinn und Zweck widerspricht – unter Berücksichtigung des Entstehungskontexts – nicht etwa der Wortlaut des § 15 Abs. 2 der Satzung. Wenn dort vom "ermäßigten Beitrag” und vom "allgemeinen Beitrag” die Rede ist, sind zwar in der Tat die Beitragssätze nach §§ 243 Abs. 1 und 241 SGB V angesprochen. Aber die Vorschrift ist in dem Kontext zu interpretieren, in dem sie geschaffen wurde. Und zu dieser Zeit gab es die Unterscheidung des § 241a SGB V zwischen einem "zusätzlichen Beitragssatz” und "übrigen Beitragssätzen” noch nicht. Wenn also in § 15 Abs. 2 der Satzung vom "allgemeinen Beitragssatz” die Rede ist, so ist der Beitragssatz gemeint, der für Versicherte gilt, die weder einen erhöhten Beitrag (§ 242 SGB V) noch einen ermäßigten Beitrag (§ 243 SGB V) schulden. Eine nachträgliche Unterscheidung dieser Beiträge vom nunmehr ebenfalls existierenden "zusätzlichen Beitrag” wäre bezogen auf den Entstehungskontext der Satzungsbestimmung eine faktische Änderung. Dazu zwingt der Wortlaut nicht. Als "allgemeiner Beitragssatz” kann der Beitragssatz verstanden werden, der für Personen gilt, die nicht unter § 242 oder § 243 SGB V fallen. Noch deutlicher ist diese Möglichkeit der Wortlautinterpretation im vorliegenden Fall. Denn "der Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld” ergibt sich auch nach dem natürlichen Wortsinn heute aus der Addition des – heute abgesenkten – Beitragssatzes nach § 243 SGB V und des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V. Und dieser Beitragssatz soll um den Beihilfebemessungssatz abgesenkt werden.
Diesem durch ursprünglichen Sinn und Zweck, historischen Kontext und Satzungswortlaut gestützten Ergebnis steht schließlich auch nicht Sinn und Zweck der Einführung des "zusätzlichen Beitragssatzes” durch § 241a SGB V entgegen. Diese Änderung der Rechtslage hat nämlich nichts mit der Konstellation zu tun, um die es bei § 14 SGB V in Verbindung mit den zur Umsetzung erlassenen Satzungsregelungen ging und geht. Mit § 241a SGB V sollte allein eine Verschiebung der Beitragslast zwischen Arbeitgebern und Versicherten erreicht werden. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber des GMG vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) mit § 58 SGB V eine eigene, nur von den Versicherten zu tragende einkommensunabhängige Finanzierung von Zahnersatz als Satzungsleistung vorgesehen, anstelle welcher alle Versicherten auch eine private Krankenversicherung abschließen können sollten. Auf diese Weise sollten die auch von den Arbeitgebern zu tragenden Beitragssätze gemindert werden. Außerdem hatte er zur weiteren Verschiebung der Beitragslast zwischen Versicherten und Arbeitgebern im neu geschaffenen § 241a SGB V einen zusätzlichen Beitragsatz von 0,5 % vorgesehen, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte. Durch das Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445) wurde das sachliche Konzept für Zahnersatz wieder zurückgenommen und wurde der zusätzliche Beitragssatz zur Kompensation für die Arbeitgeber auf 0,9 % angehoben und bereits um ein halbes Jahr vorgezogen. Angesichts dessen, dass bei den DO-Angestellten eine dem Arbeitgeberbeitrag entsprechende Belastung ebenso wenig existierte und existiert wie bei den Beamten, sondern das davon ganz unabhängige Beihilfesystem des öffentlichen Dienstes gilt, gibt es keinen sachlichen Grund, die Verschiebungen in den Belastungen zwischen Versicherten und Arbeitgebern, auf welche § 241a SGB V hinausläuft, auf die gemäß § 14 SGB V Versicherten zu übertragen.
Da bereits die Auslegung der Satzung nach Sinn und Zweck und im Kontext ihrer Entstehung das geltend gemachte Recht des Klägers auf eine Halbierung seines gesamten Beitragssatzes trägt, kommt es auf die Frage einer Ungleichbehandlung gegenüber Beamten (solche kann es bei der Beklagen als Beschäftigte ohnehin nicht geben) ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Beklagte befugt wäre, ihre Satzung für die Zukunft dahingehend zu ändern, dass der zusätzliche Beitragssatz nach § 241a SGB V von der Ermäßigung in Höhe des Beihilfesatzes ausgenommen würde. In diesen Kontext wäre – ähnlich wie bei einer Streichung der § 14 SGB V umsetzenden Satzungsbestimmung – zu berücksichtigen, inwieweit DO-Angestellten insoweit ein Vertrauensschutz zusteht, als sie wegen fortgeschrittenen Alters oder inzwischen eingetretenen Vorerkrankungen kaum noch eine realistische Option des Wechsels in die GKV haben.
Soweit das Sozialgericht auch über die Bescheide vom Januar und März 2006 entschieden hat, ist dies durch § 96 Abs. 1 SGG gedeckt, die neuen Bescheide ersetzen nämlich den Bescheid vom Juli 2005 im Wege der Anpassung an hier Unstrittiges.
Die Verurteilung zur Zahlung und zur Verzinsung der Differenz zwischen den von der Beklagten einbehaltenen und den vom Kläger geschuldeten Beiträgen ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit besteht der Anspruch des Klägers aus § 26 Abs. 2 und 3 sowie § 27 Abs. 1 SGB IV. Die Einbehaltung der Beitragssumme durch die Beklagte ist im Sinne des § 26 Abs. 2 SGB IV eine "Entrichtung” durch den Kläger. Leistungen im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB IV gerade wegen dieser Beiträge kommen hier nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Es geht nicht um die Auslegung von Bundesrecht, sondern allein um diejenige der Satzung der Beklagten. Diese ist nach § 162 SGG nicht revisibel, da sie nur in Hessen gilt. Auch wenn es das Grundproblem sicherlich auch bei anderen Krankenkassen gibt, kommt es doch immer auf die Auslegung der im Wortlaut nicht einheitlichen Satzungsbestimmungen an.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch in der Berufungsinstanz zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Umstritten ist die Höhe des Beitrags des Klägers zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der Kläger ist Dienstordnungsangestellter (§ 349 RVO). Er ist bei der Beklagten freiwillig versichert. Die Satzung der Beklagten enthält Regelungen nach § 14 Abs. 1 SGB V. Für diejenigen DO-Angestellten, welche von der Teilkostenerstattung nach § 14 Abs. 1 SGB V Gebrauch machen, galt 2004 für die Betragspflicht § 21 der Satzung der Beklagten:
"§ 21
Versicherung der dienstordnungsmäßig Angestellten (DO-Angestellte)
(1) Für Versicherte, die nach § 14 SGB V eine Wahlmöglichkeit haben, wird der Beitrag nach § 2 bemessen.
(2) Für DO-Angestellte, die von der nach Abs. 1 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, gilt der um den Beihilfebemessungssatz verminderte Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld, für Renten, Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen gilt der um den Beihilfebemessungssatz verminderte allgemeine Beitragssatz.
(3) Die Entscheidung des DO-Angestellten nach Abs. 1 ist schriftlich zu erklären; sie wirkt vom Zeitpunkt der Erklärung bis zum Ablauf des zweiten Jahres, das dem Jahr der Erklärung folgt, und verlängert sich um je zwei weitere Kalenderjahre, wenn bis zum Ablauf des genanten Zeitraums kein Widerruf erfolgt ist. Die Entscheidung wirkt auch für die nach § 10 SGB V versicherten Angehörigen.”
Unverändert galt diese Bestimmung als § 15 der Satzung der Beklagten in der ab Anfang 2005 geltenden Fassung.
Für den Kläger, dessen Beihilfebemessungssatz nach der Hessischen Beihilfeverordnung 50 % ist, galt gemäß § 21 Abs. 2 in Verbindung mit § 18 Abs. 4 der Satzung bis Ende Juni 2005 ein Beitragssatz von 6,5 %.
Nach gesetzlicher Einfügung von § 241a SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445) mit Wirkung ab dem 1. Juli 2005 setzte die Beklagte die Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung durch nicht genauer datierten Bescheid vom Juli 2005, der nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war, mit Wirkung ab 1. Juli 2005 neu fest. Für den Beitrag zur Krankenversicherung ging sie von einem Beitragssatz von 7,1 % aus. Dieser errechnete sich aus a) der Hälfte des ab 1. Juli 2005 geltenden ermäßigten Beitragssatzes von 12,4 % nach § 18 Abs. 4 der Satzung, also 6,2 %, und b) dem vollen Betrag (0,9 %) des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V, den die Beklage in § 18 Abs. 7 ihrer Satzung übernommen hatte.
Hiergegen erhob der Kläger am 17. August 2005 Widerspruch mit der Begründung, für ihn gelte insgesamt nur die Hälfte des Beitragsatzes, der für Versicherte ohne Krankengeldanspruch gelte, also die Hälfte von 13,1 % (= 12,2 + 0,9), d.h. 6,65 %. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2005 wurde der Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, für den Sonderbeitrag nach § 241a gelte die Absenkungsbestimmung des § 15 der Satzung nicht. Die Beklagte habe ihr insoweit bestehendes Ermessen dahingehend ausgeübt, diesen Beitrag nicht abzusenken. Dies sei auch nicht wegen Verstoßes gegen übergeordnetes Recht rechtswidrig.
Hiergegen hat der Kläger beim Sozialgericht Fulda am 14. November 2005 Klage erhoben. Er hat weiterhin geltend gemacht, ihm stehe aufgrund seines bereits im Jahre 1989 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der AOK E., geschaffenen Status eines um 50 % abgesenkten ermäßigten Beitragssatzes auch das Recht auf eine Halbierung des zusätzlichen Beitrags nach § 241a SGB V zu. Das entspreche dem Willen des Gesetzgebers, der die Gesamthöhe der den Krankenkassen zufließenden Beiträge nicht habe verändern wollen, sondern nur die Aufteilung derselben zwischen Arbeitgebern und Versicherten. Auch verstoße es gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG, dass freiwillig versicherte Beamte hinsichtlich des Beitragssatzes so behandelt würden, wie es ihm gegenüber verweigert werde.
Das Sozialgericht hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG durch Beschluss vom 24. Januar 2006 die aufschiebende Wirkung der Klage hergestellt.
Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht hat die Beklagte nicht weiter datierte Beitragsbescheide vom Januar und vom März 2006 erlassen, welche ebenfalls auf der angegriffenen Bestimmung des für den Kläger geltenden Beitragssatzes beruhten.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
den Bescheid vom Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2005 und die Bescheide vom Januar 2006 und vom März 2006 insoweit aufzuheben, als die Beklagte die Beitragsberechnung ab dem 1. Juli 2005 unter Berücksichtigung eines zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V, der über die Hälfte des vollen zusätzlichen Beitragssatzes hinausgeht, vorgenommen hat und vornimmt, sowie die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die überzahlten Beiträge ab dem 1. Juli 2005 einschließlich Zinsen zu erstatten.
Die Beklage hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat weiterhin ihre schon im Widerspruchsverfahren geäußerte Rechtsauffassung vertreten.
Das Sozialgericht hat durch Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2006 gemäß dem Klageantrag entschieden.
Am 10. Juli 2006 hat die Beklage Berufung eingelegt.
Sie vertritt weiterhin ihre Rechtsauffassung. Auszugehen sei ab dem 1. Juli 2004 von § 241a SGB V. Dort werde zwischen dem zusätzlichen Beitragssatz von 0,9 % und den "übrigen Beitragssätzen” unterschieden, welche kraft Gesetzes um dieselben 0,9 Prozentpunkte abgesenkt worden seien. Der für den Kläger einschlägige, um die Hälfte abgesenkte ermäßigte Beitragssatz für Versicherte ohne Krankengeldanspruch sei einer der "übrigen Beitragssätze”, der deshalb auch nach § 241a S. 1, 2. Halbsatz auf 12,4 % abgesenkt und sodann nach § 15 Abs. 2 der Satzung der Beklagten auf 6,2 % halbiert worden sei. Hingegen gebe es weder im Gesetz noch in der Satzung eine Rechtsgrundlage für die Halbierung des erst ab 1. Juli 2005 eingeführten zusätzlichen Beitrags. In § 15 Abs. 2 der Satzung sei mit Relevanz für den Kläger (im Singular) nur die Rede von dem "um den Beihilfebemessungssatz verminderten Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld”. Das sei der in § 18 Abs. 4 der Satzung geregelte Beitragssatz. Demgegenüber regele § 15 Abs. 2 der Satzung nicht eine Minderung des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 18 Abs. 7 der Satzung bzw. § 241a Abs. 1 S. 1 SGB V. Dieses Ergebnis aus der Auslegung der Satzung der Beklagten verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der Gesetzgeber habe auch in anderen Fällen, nämlich bei pflichtversicherten Studenten, in Kauf genommen, dass die Krankenkassen aufgrund des § 241a SGB V ab 1. Juli 2005 einen höheren Beitrag als zuvor erhielten. Insofern gebe es keinen Grundsatz der Neutralität des § 241a SGB V für den der Kasse zustehenden Gesamtbeitrag bzw. kein "Verbot der Mehreinnahmen”.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Fulda vom 5. Mai 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält weiterhin seine erstinstanzlich geäußerte und vom Sozialgericht geteilte Auffassung für zutreffend. Auch verweist er auf ein Urteil des SG Trier vom 29. November 2006, welches zu den einschlägigen Bestimmungen der AOK Rheinland- Pfalz für DO-Angestellte im Ergebnis seine Rechtsauffassung bestätigt habe.
Während des anhängigen Berufungsverfahrens ist ein weiterer Betragsbescheid an den Kläger vom Januar 2007 ergangen, welcher ebenfalls auf der angegriffenen Bestimmung des Beitragssatzes zur Krankenversicherung beruht. Mit ergänzendem Bescheid vom 17. Januar 2007 wurde dieser mit dem Ziel der Umsetzung des Beschlusses des Sozialgerichts Fulda vom 24. Januar 2006 insoweit wieder aufgehoben, als er einen vollen zusätzlichen Beitrag von 0,9 % und nicht nur einen solchen von 0,45 % zugrunde gelegt hatte.
Die Parteien haben übereinstimmend gegenüber dem Gericht erklärt, den Bescheid vom Januar sowie den diesen aufhebenden oder ändernden Bescheid nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens machen zu wollen.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und den des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist nach §§ 105 Abs. 2, 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.
Sie ist allerdings nicht begründet. Das Sozialgericht hat im Ergebnis zutreffend der Klage stattgegeben. Für den Kläger gilt aufgrund seines Status als DO-Angestellter und seiner weiterhin geltenden Entscheidung, gemäß § 14 Abs. 2 SGB V Teilkostenerstattung zu wählen, ein Beitragssatz von 50 % des Gesamtbeitragssatzes, der für einen Versicherten ohne Anspruch auf Krankengeld gilt – also ab 1. Juli 2005 ein Beitragssatz von 6,65 % und in der folgenden Zeit ein entsprechender sich aus den jeweiligen Änderungen des ermäßigten Beitragssatzes nach § 243 SGB V ergebender angepasster Beitragssatz. Das folgt aus § 15 Abs. 2 der Satzung der Beklagten, ohne dass es darauf ankommt, ob die Beklagte aufgrund einfachen Rechts oder Verfassungsrechts gehindert wäre, in ihrer Satzung auch eine andere Regelung zu treffen.
Die einschlägige Bestimmung in § 15 Abs. 2 der Satzung spricht von dem "um den Beihilfebemessungssatz verminderten Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld”. Diese Bestimmung ist dahingehend auszulegen, dass der "Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld” der Beitragssatz ist, der insgesamt für solche Mitglieder gilt. Das war bis zum 30. Juni 2005 der jeweilige Beitragssatz nach § 243 Abs. 1 SGB V und ist ab dem 1. Juli 2005 dieser gem. § 241a Abs. 1 S. 1, 2. Halbsatz SGB V um 0,9 Prozentpunkte geminderte Beitragssatz zusammen mit dem zeitgleich eingeführten "zusätzlichen Beitragssatz” in gleicher Höhe nach dem ersten Halbsatz der Vorschrift.
Diese Auslegung ergibt sich aus Sinn und Zweck des § 15 Abs. 2 der Satzung. Mit der Bestimmung bzw. den entsprechenden Regelungen in Vorgängersatzungen der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin soll die durch § 14 SGB V geschaffene Förderung freiwilliger Versicherung von DO-Angestellten von Krankenkassen und bei Krankenkassen beschäftigten Beamten umgesetzt werden. Wegen beamtenähnlicher Absicherung bei Krankheit sind DO-Angestellte nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V ebenso wie Beamte grundsätzlich versicherungsfrei. Allerdings hatten sie das Recht, nach allgemeinen Vorschriften über die freiwillige Weiterversicherung und bis zum 30. Juni 1989 nach der Übergangsbestimmung des Art. 59 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 GRG vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2477) auch durch Beitritt sich in der GKV freiwillig zu versichern. Jedoch gab es vor Inkrafttreten des § 14 SGB V rechtliche Gründe, welche es für DO-Angestellte und in der GKV beschäftigte Beamte wirtschaftlich unattraktiv machten, sich freiwillig in der GKV zu versichern. Insbesondere hatten sie keinen Anspruch auf Beitragszuschuss und konnten ohne § 14 SGB V nicht Beihilfe und Kostenerstattung kombinieren, und im Falle von Sachleistung entfielen und entfallen Beihilfeansprüche (zur Rechtslage vor In-Kraft-Treten des SGB V siehe BSG vom 14. April 1983, BSGE 55, 67). Dies wurde als misslich angesehen, da die betroffene Personengruppe aus Gründen wirtschaftlichen Kalküls gewissermaßen in die "Konkurrenz” um freiwillig Versicherte, nämlich in die GKV, gedrängt wurde. Dem sollte die Möglichkeit der Teilkostenerstattung in Kombination mit beamtenrechtlicher Beihilfe und der dem Beihilfesatz entsprechenden Absenkung des Beitrags entsprechen. So wie die Beihilfe und die Kostenerstattung zusammen das Krankheitsrisiko voll abdecken, wenn auch aus zwei unterschiedlichen Regimes, soll nach Sinn und Zweck des § 14 SGB V auch der Beitrag so abgesenkt werden, dass er lediglich dem durch die Krankenkasse abzudeckenden Risiko entspricht (siehe auch die amtliche Begründung zum Entwurf GRG, BT-Drs. 11/2237, S. 164).
Aus dieser Konstellation und Interessenlage ist ersichtlich, dass § 14 SGB V und die zu seiner Umsetzung ergangenen Satzungsbestimmungen von Krankenkassen auf das wirtschaftliche Kalkül der Beamten und DO-Angestellten abzielten, welche vor der Wahl zwischen freiwilliger Teilkostenversicherung in der GKV und entsprechender Versicherung in der GKV standen. Für dieses wirtschaftliche Kalkül ist auch hinsichtlich des zu zahlenden Beitrags – seinerzeit wie heute – allein das Gesamtergebnis relevant, nicht aber einzelne Berechnungsschritte zur Bestimmung des Gesamtergebnisses. Dies spricht dafür, als "Beitragssatz” im Sinne von § 15 Abs. 2 der Satzung denjenigen Satz zu verstehen, nach welchem sich im Ergebnis der vom Versicherten zu zahlende Beitrag bemisst.
Diesem Ergebnis nach Sinn und Zweck widerspricht – unter Berücksichtigung des Entstehungskontexts – nicht etwa der Wortlaut des § 15 Abs. 2 der Satzung. Wenn dort vom "ermäßigten Beitrag” und vom "allgemeinen Beitrag” die Rede ist, sind zwar in der Tat die Beitragssätze nach §§ 243 Abs. 1 und 241 SGB V angesprochen. Aber die Vorschrift ist in dem Kontext zu interpretieren, in dem sie geschaffen wurde. Und zu dieser Zeit gab es die Unterscheidung des § 241a SGB V zwischen einem "zusätzlichen Beitragssatz” und "übrigen Beitragssätzen” noch nicht. Wenn also in § 15 Abs. 2 der Satzung vom "allgemeinen Beitragssatz” die Rede ist, so ist der Beitragssatz gemeint, der für Versicherte gilt, die weder einen erhöhten Beitrag (§ 242 SGB V) noch einen ermäßigten Beitrag (§ 243 SGB V) schulden. Eine nachträgliche Unterscheidung dieser Beiträge vom nunmehr ebenfalls existierenden "zusätzlichen Beitrag” wäre bezogen auf den Entstehungskontext der Satzungsbestimmung eine faktische Änderung. Dazu zwingt der Wortlaut nicht. Als "allgemeiner Beitragssatz” kann der Beitragssatz verstanden werden, der für Personen gilt, die nicht unter § 242 oder § 243 SGB V fallen. Noch deutlicher ist diese Möglichkeit der Wortlautinterpretation im vorliegenden Fall. Denn "der Beitragssatz für Mitglieder ohne Anspruch auf Krankengeld” ergibt sich auch nach dem natürlichen Wortsinn heute aus der Addition des – heute abgesenkten – Beitragssatzes nach § 243 SGB V und des zusätzlichen Beitragssatzes nach § 241a SGB V. Und dieser Beitragssatz soll um den Beihilfebemessungssatz abgesenkt werden.
Diesem durch ursprünglichen Sinn und Zweck, historischen Kontext und Satzungswortlaut gestützten Ergebnis steht schließlich auch nicht Sinn und Zweck der Einführung des "zusätzlichen Beitragssatzes” durch § 241a SGB V entgegen. Diese Änderung der Rechtslage hat nämlich nichts mit der Konstellation zu tun, um die es bei § 14 SGB V in Verbindung mit den zur Umsetzung erlassenen Satzungsregelungen ging und geht. Mit § 241a SGB V sollte allein eine Verschiebung der Beitragslast zwischen Arbeitgebern und Versicherten erreicht werden. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber des GMG vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190) mit § 58 SGB V eine eigene, nur von den Versicherten zu tragende einkommensunabhängige Finanzierung von Zahnersatz als Satzungsleistung vorgesehen, anstelle welcher alle Versicherten auch eine private Krankenversicherung abschließen können sollten. Auf diese Weise sollten die auch von den Arbeitgebern zu tragenden Beitragssätze gemindert werden. Außerdem hatte er zur weiteren Verschiebung der Beitragslast zwischen Versicherten und Arbeitgebern im neu geschaffenen § 241a SGB V einen zusätzlichen Beitragsatz von 0,5 % vorgesehen, der ab 1. Januar 2006 gelten sollte. Durch das Gesetz zur Anpassung der Finanzierung von Zahnersatz vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3445) wurde das sachliche Konzept für Zahnersatz wieder zurückgenommen und wurde der zusätzliche Beitragssatz zur Kompensation für die Arbeitgeber auf 0,9 % angehoben und bereits um ein halbes Jahr vorgezogen. Angesichts dessen, dass bei den DO-Angestellten eine dem Arbeitgeberbeitrag entsprechende Belastung ebenso wenig existierte und existiert wie bei den Beamten, sondern das davon ganz unabhängige Beihilfesystem des öffentlichen Dienstes gilt, gibt es keinen sachlichen Grund, die Verschiebungen in den Belastungen zwischen Versicherten und Arbeitgebern, auf welche § 241a SGB V hinausläuft, auf die gemäß § 14 SGB V Versicherten zu übertragen.
Da bereits die Auslegung der Satzung nach Sinn und Zweck und im Kontext ihrer Entstehung das geltend gemachte Recht des Klägers auf eine Halbierung seines gesamten Beitragssatzes trägt, kommt es auf die Frage einer Ungleichbehandlung gegenüber Beamten (solche kann es bei der Beklagen als Beschäftigte ohnehin nicht geben) ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die Beklagte befugt wäre, ihre Satzung für die Zukunft dahingehend zu ändern, dass der zusätzliche Beitragssatz nach § 241a SGB V von der Ermäßigung in Höhe des Beihilfesatzes ausgenommen würde. In diesen Kontext wäre – ähnlich wie bei einer Streichung der § 14 SGB V umsetzenden Satzungsbestimmung – zu berücksichtigen, inwieweit DO-Angestellten insoweit ein Vertrauensschutz zusteht, als sie wegen fortgeschrittenen Alters oder inzwischen eingetretenen Vorerkrankungen kaum noch eine realistische Option des Wechsels in die GKV haben.
Soweit das Sozialgericht auch über die Bescheide vom Januar und März 2006 entschieden hat, ist dies durch § 96 Abs. 1 SGG gedeckt, die neuen Bescheide ersetzen nämlich den Bescheid vom Juli 2005 im Wege der Anpassung an hier Unstrittiges.
Die Verurteilung zur Zahlung und zur Verzinsung der Differenz zwischen den von der Beklagten einbehaltenen und den vom Kläger geschuldeten Beiträgen ist ebenfalls rechtmäßig. Insoweit besteht der Anspruch des Klägers aus § 26 Abs. 2 und 3 sowie § 27 Abs. 1 SGB IV. Die Einbehaltung der Beitragssumme durch die Beklagte ist im Sinne des § 26 Abs. 2 SGB IV eine "Entrichtung” durch den Kläger. Leistungen im Sinne von § 26 Abs. 2 SGB IV gerade wegen dieser Beiträge kommen hier nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen. Es geht nicht um die Auslegung von Bundesrecht, sondern allein um diejenige der Satzung der Beklagten. Diese ist nach § 162 SGG nicht revisibel, da sie nur in Hessen gilt. Auch wenn es das Grundproblem sicherlich auch bei anderen Krankenkassen gibt, kommt es doch immer auf die Auslegung der im Wortlaut nicht einheitlichen Satzungsbestimmungen an.
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