L 8 KR 154/09

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 13 KR 414/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 154/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 KR 11/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24. April 2009 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch für die Berufungsinstanz zu erstatten.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin seit dem 09.07.2008 Mitglied der Beklagten ist.

Die Klägerin, geboren im Jahr 1947, war in der Zeit vom 18.10.1997 bis 02.01.1998 bei der Beklagten - im Rahmen einer Pflichtversicherung – krankenversichert. Nach dem 02.01.1998 war die Klägerin in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht krankenversichert und war seit dem 02.01.1998 über den Beihilfeanspruch ihres Ehemannes (er ist städtischer Beamter) sowie einer zusätzlichen eigenen privaten Krankenversicherung gegen das Kostenrisiko einer Erkrankung abgesichert. In der Zeit von April 1999 bis April/Mai 2004 war sie bei der Firma ER. geringfügig beschäftigt und anschließend als Hausfrau zu Hause.

Der Ehemann der Klägerin sprach am 02.01.2008 bei der Beklagten in deren Beratungscenter in A-Stadt vor. Dort führte er ein Gespräch mit der Zeugin UD. (Kundenberaterin der Beklagten). Im Rahmen einer von ihm und der Zeugin unterschriebenen Erklärung zur Krankenversicherung sind für die Klägerin u.a. folgende Angaben aufgeführt:
- das Geburtsdatum der Klägerin (1947),
- ihr Wunsch ab dem 07.01.2007 Mitglied der Beklagten zu werden,
- seit 2004 bis heute privat krankenversichert (IR) und
- in den letzten 18 Monaten nicht gesetzlich krankenversichert gewesen zu sein. Als Beschäftigungsverhältnis ist "Zimmerservice" bei einer "Zeitarbeitsfirma/AA. Hotel" angegeben. Die Zeugin händigte dem Ehemann der Klägerin eine Mitgliedsbescheinigung aus, die folgenden Wortlaut hat: "Zur Vorlage beim neuen Arbeitgeber oder der Arbeitsagentur Mitgliedsbescheinigung Frau A. RV-Nr. Geburtsdatum 1947 ist Mitglied der AOK Hessen gemäß § 175 SGB V seit 07.01.2007

Ausstellungsdatum 02.01.2008 ".

Zusammen mit der Mitgliedsbescheinigung wurde dem Ehemann der Klägerin ein Begleitschreiben mit Datum von 02.01.2008 ausgehändigt. Dieses enthält den Hinweis: "Wichtiges Dokument für Ihren Krankenversicherungsschutz" und folgenden weiteren Text: "Sehr geehrte Frau A., vielen Dank, dass Sie der AOK Hessen Ihr Vertrauen schenken. Damit haben Sie für Ihre Gesundheit einen starken Partner an Ihrer Seite. Das zeigt sich ganz besonders dann, wenn Sie ihre Arbeitsstelle wechseln oder neue Arbeit suchen. Es liegt uns besonders am Herzen, dass das Arbeitsamt Sie reibungslos bei der AOK Hessen anmelden kann – einfach, schnell und unkompliziert. Deshalb erhalten Sie von uns heute Ihre fertig ausgefüllte Mitgliedsbescheinigung. Denn wir möchten, dass Sie nicht mit "Schreibkram" belastet sind und sich bei uns rundum wohl fühlen. Wenn Sie noch weitere Fragen haben, ..." und den Zusatz "Hinweise zur Verwendung der Mitgliedsbescheinigung lesen Sie bitte auf der Rückseite!"

Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 03.01.2008 ihre private Kranken- und Pflegeversicherung bei der IR. Diese bestätigte die Kündigung mit Schreiben vom 14.01.2008 zum 06.01.2008.

In der Zeit vom 17.01. bis zum 07.07.2008 arbeitete die Klägerin bei der Firma CS. ebenfalls geringfügig.

Nach einem Aktenvermerk der Beklagten vom 24.04.2008 fragte die Klägerin bei der Beklagten telefonisch nach der Möglichkeit der Durchführung einer freiwilligen Versicherung. Es wurde ihr mitgeteilt, dass dies nicht möglich sei, da sie keine Vorversicherungszeit und das 55. Lebensjahr vollendet habe.

Zum 09.07.2008 begründete die Klägerin ein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma ES. GmbH. Diese Firma meldete die Klägerin bei der Beklagten an und diese bat die Klägerin um weitere Angaben. Auf die Mitteilung der Klägerin zu ihren vorherigen Beschäftigungen und der Art der Versicherung teilte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 01.09.2008 mit, sie sei in ihrer Beschäftigung seit 09.07.2008 kranken- und pflegeversicherungsfrei, da sie das 55. Lebensjahr vollendet habe und die erforderliche Vorversicherungszeit nicht erfüllt sei. Die Vorversicherungszeit sei erfüllt, wenn in den letzten 5 Jahren vor Aufnahme der jetzigen Beschäftigung eine Mitgliedschaft bei einer gesetzlichen Krankenversicherung bestanden habe. Die Vorversicherungszeit gelte als erfüllt, wenn in den letzten 5 Jahren weniger als 30 Monate eine versicherungsfreie Beschäftigung ausgeübt worden sei, eine Befreiung von der Versicherungspflicht bestanden habe oder eine selbständige Tätigkeit ausgeübt worden sei. Weiter riet die Beklagte der Klägerin, sich umgehend mit der privaten Krankenversicherung in Verbindung zu setzen. Diese sei verpflichtet, die Kranken- und Pflegeversicherung ohne erneute Risikoprüfung fortzusetzen, wenn die Versicherung vor der Kündigung 5 Jahre ununterbrochen bestanden habe.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und vertrat die Auffassung, aufgrund der Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 sei die Beklagte verpflichtet, sie wieder als Mitglied aufzunehmen. Diese Mitgliedsbescheinigung sei am 02.01.2008 ausgestellt worden, nachdem die Zeugin UD. mit ihrem Vorgesetzten, dem Zeugen E., gesprochen habe. Weiter trug die Klägerin vor, sie habe ihre private Krankenversicherung auf der Grundlage der Mitgliedsbescheinigung der Beklagten gekündigt. Sie habe es nicht zu vertreten, dass die Beklagte von der Fa. CS. keine Beiträge erhalten habe. Nachdem sie bemerkt habe, dass diese Firma sie nicht ordnungsgemäß angemeldet habe, habe sie den Arbeitgeber gewechselt und arbeite nun für die Firma ES. GmbH. Diese habe sie angemeldet und auch Beiträge an die Beklagte geleistet, die die Beklagte jedoch zurückgeleitet habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 02.12.2008 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte zusammengefasst aus, die Mitgliedsbescheinigung sei am 02.01.2008 ohne Prüfung der Versicherungspflicht ausgestellt worden. Da das Beschäftigungsverhältnis bei der Firma CS. keine Versicherungspflicht ausgelöst habe, habe diese Firma keine Meldung vorgenommen. Die erforderliche Vorversicherungszeit in der maßgeblichen Rahmenfrist sei nicht erfüllt, da die Klägerin weder gesetzlich krankenversichert sei noch eine Familienversicherung in der GKV bestanden habe. Auch allein aus der Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 könne die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Durchführung der Krankenversicherung bei ihr nicht stützen.

Dagegen hat die Klägerin am 22.12.2008 Klage bei dem Sozialgericht in A-Stadt erhoben auf Feststellung ihrer Pflichtmitgliedschaft ab dem 09.07.2008 bei der Beklagten.

Dazu hat die Klägerin ausgeführt, aufgrund der Ausstellung der Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 habe die Beklagte einen Vertrauenstatbestand geschaffen, welcher die Beklagte verpflichte, sie wieder als Mitglied aufzunehmen. Die Mitgliedsbescheinigung sei ohne den Vorbehalt der Prüfung der Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der Bescheinigung selbst oder in dem Begleitschreiben ausgestellt worden. Entsprechend den Regeln über die Rücknahme eines Verwaltungsaktes nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) sei sie in ihrem Vertrauen geschützt. Ergänzend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass bei ihr zwischenzeitlich eine Krebserkrankung festgestellt worden sei.

Das Sozialgericht hat die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 24.04.2009 angehört. Sie hat u. a. ausgeführt, ursprünglich sei mit der Firma CS. vereinbart gewesen, dass ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis begründet werden sollte. Man sei jedoch mit ihrer Einarbeitung nicht zufrieden gewesen und nach 2 Monaten sei ihr lediglich ein Vertrag über eine geringfügige Beschäftigung angeboten worden. Ihre Nachfrage nach einem schriftlichen Arbeitsvertrag sei abgeblockt worden. Ab dem 09.07.2008 habe sie für die Firma ES. GmbH im VS. gearbeitet. Sie arbeite dort 5 ½ Stunden werktäglich. Der Vertrag sei bis zum Juni 2009 befristet. Für die Klägerin hat ihr Ehemann ausgeführt, die private Krankenversicherung bei der IR. hätte fortgeführt werden können, wenn die Beiträge ab Januar 2008 rückwirkend entrichtet worden wären. Dazu sei man nicht in der Lage gewesen.

Das Sozialgericht hat die Beteiligten in der mündlichen Verhandlung am 24.04.2009 darauf hingewiesen, dass eine versicherungspflichtige Beschäftigung der Klägerin seit dem 09.07.2008 zustande gekommen sein könnte.

Mit Urteil vom 24.04.2009 hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klägerin seit dem 09.07.2008 der Versicherungspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt. Dazu hat das Sozialgericht ausgeführt, die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft der Klägerin in der GKV und sozialen Pflegeversicherung ergäben sich nicht aus der Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008. So sei umstritten, ob eine solche Mitgliedsbescheinigung nach § 175 Abs. 2 SGB V ein Verwaltungsakt sei. Dies werde in der überwiegenden Literaturmeinung verneint. Andere seien der Auffassung, dass es sich zwar um einen Verwaltungsakt handele, der jedoch nur einen feststellenden, jedoch keinen konstitutiven Charakter habe bzw. der Regelungsgehalt sich darauf beschränke, dass die Abgabe eines wirksamen Wahlrechts durch den Wählenden möglich sei. Somit könne der vorliegend streitigen Mitgliedsbescheinigung auf keinem Fall eine konstitutive Wirkung beigemessen werden. Die Mitgliedschaft der Klägerin in der GKV ergebe sich jedoch aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und zur sozialen Pflegeversicherung aus § 20 Abs. 1 Nr. Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Danach seien versicherungspflichtig Arbeiter und Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt seien. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Tätigkeit für die Firma ES. GmbH werktäglich 5,5 Stunden in einem Krankenhaus beschäftigt sei. Der Versicherungspflicht der Klägerin stehe § 6 Abs. 3a SGB V nicht entgegen. Jedoch seien die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V nicht geprüft worden.

Gegen das am 14.05.2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 22.05.2009 Berufung eingelegt.

Die Beklagte vertritt die Auffassung, der Pflichtmitgliedschaft der Klägerin in der GKV und der sozialen Pflegeversicherung stünden die Regelungen des § 6 Abs. 3a Satz 1, 2 und 3 SGB V entgegen. So sei § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V erfüllt, da die Klägerin am 09.07.2008 das 55. Lebensjahr vollendet habe und in den letzten fünf Jahren vor Beginn der versicherungspflichtigen Tätigkeit am 9. Juli 2008 (Rahmenfrist 9. Juli 2003 bis 8. Juli 2008) nicht in der GKV versichert gewesen sei. Auch sei die Klägerin nach § 6 Abs. 3a Satz 2 SGB V versicherungsfrei, da sie in der Rahmenfrist des Satzes 1 mindestens die Hälfte versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nicht nach § 5 Abs. 5 SGB V versichert gewesen sei. Zudem müsse sich die Klägerin gemäß § 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V entgegenhalten lassen, dass ihr Ehemann gemäß § 6 Abs. 1 Ziff. 2 SGB V als Beamter versicherungsfrei sei. Weiter vertritt die Beklagte die Auffassung, die Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 stelle weder einen Verwaltungsakt noch einen Vertrauenstatbestand dar. Darüber hinaus trägt die Beklagte vor, das in dieser Mitglieds-Bescheinigung wiedergegebene Datum 07.01.2007 des Beginns der Mitgliedschaft sei ein Schreibfehler.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 24.04.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin vertritt – unter Hinweis auf die Rechtsprechung des LSG NRW (Urteil vom 18.01.2007 Az.: L 16 KR 22/706) – die Auffassung, nach dem Wortlaut der ausgestellten Mitgliedsbescheinigung sei diese als bindender Verwaltungsakt anzusehen. Dort heiße es: "Deshalb erhalten Sie von uns heute ihre fertig ausgestellte Mitgliedsbescheinigung. Denn wir möchten, dass sie nicht mit Schreibkram belastet werden und sich bei uns rundum wohlfühlen." Des weiteren habe ihr Ehemann der Zeugin am 02.01.2008 mitgeteilt, dass er Beamter und damit beihilfeberechtigt sei. Er habe die persönlichen Umstände mit der Zeugin erörtert und diese habe nach Rücksprache mit ihrem Vorgesetzten die Mitgliedsbescheinigung ausgestellt. Die Beklagte habe sich bis zum Schreiben vom 26.08.2008 nicht bei ihr gemeldet. Nach den Umständen ihres Einzelfalls stelle die am 2. Januar 2008 ausgestellte Mitglieds-Bescheinigung einen Verwaltungsakt mit konstitutiver Wirkung dar. Die Fehlberatung der Beklagten sei verantwortlich für die am 03.01.2008 erfolgte Kündigung der privaten Krankenversicherung. Bis zu diesem Zeitpunkt sei sie privat krankenversichert gewesen. Auch sieht die Klägerin darin einen Beratungsfehler, dass die Beklagte sie nicht darauf hingewiesen habe, dass sie sich bis zum 06.04.2008 bei der IR. zu den alten Bedingungen ohne Risikoprüfung hätte versichern können. Dieses Verhalten habe bei ihr das Vertrauen geweckt, es bestehe bereits zum 02.01.2008 eine Mitgliedschaft. Zum Beweis für den Ablauf und den Inhalt des Gesprächs legt die Klägerin eine eidesstattliche Versicherung ihres Ehemanns, A., vom 17.12.2009 vor. Ergänzend trägt die Klägerin weiter vor, Anlass der Vorsprache ihres Ehemanns am 02. Januar 2008 sei die Absicht gewesen, im Januar 2008 eine Beschäftigung bei einer Zeitarbeitsfirma aufzunehmen, die den Zimmerservice im AA. Hotel in A-Stadt betreibe. Sie habe im Dezember 2007 ein paar Tage probeweise dort gearbeitet. Nach der Vorsprache ihres Ehemanns am 2. Januar 2008 habe sich die Hoffnung auf eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit zerschlagen, da diese Tätigkeit wegen des geringen Einkommens nicht lukrativ gewesen sei. Erst danach habe sich die Tätigkeit bei der Firma CS. ergeben.

Dem erwidert die Beklagte, sie könne einen Beratungsfehler der Zeugin nicht erkennen. Selbst wenn ein solcher vorliegen würde, sei dies nicht entscheidungserheblich. Denn ein auf einen Beratungsfehler zu stützender sozialrechtlicher Herstellungsanspruch könne nur zu einem gesetzeskonformen Zustand führen. Vorliegend sei jedoch eine Pflichtmitgliedschaft der Klägerin gesetzlich ausgeschlossen. Auch sei aus der telefonischen Anfrage der Klägerin am 24.04.2008 nach der Möglichkeit einer freiwilligen Versicherung darauf zu schließen, dass sie zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen sei, dass keine Mitgliedschaft bestehe.

Die Klägerin hat eine eidesstattliche Versicherung ihres Ehemanns vom 17.12.2009 über sein Gespräch mit der Mitarbeiterin der Beklagten, der Zeugin UD., am 02.01.2008 vorgelegt. Darin führte dieser u.a. außerdem aus, eine sofortige Kündigung der privaten Krankenversicherung sei nur bis zum 07.01.2008 möglich gewesen.

Der Senat hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 29. April 2010 die Zeugen UD., RN. und A. (Ehemann der Klägerin) uneidlich vernommen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung verwiesen. Wegen des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, konnte in der Sache jedoch keinen Erfolg haben.

Das Urteil des Sozialgerichts vom 24.04.2009 ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Der Bescheid der Beklagten vom 1. September 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Dezember 2008 ist rechtswidrig, denn die Klägerin besitzt gegen die Beklagte einen Anspruch auf Feststellung, dass sie ab 09.07.2008 mit Aufnahme der Beschäftigung bei der Firma ES. GmbH der Versicherungspflicht zur Kranken- und zur sozialen Pflegeversicherung unterliegt.

Zwar ist die Klägerin in der Tätigkeit bei der Firma ES. GmbH ab 09.07.2008 gemäß § 6 Abs. 3a SGB V versicherungsfrei, jedoch stellt die Mitgliedsbescheinigung vom 2. Januar 2008 einen Verwaltungsakt dar, mit dem die Beklagte nach dem Empfängerhorizont der Klägerin in Kenntnis der Umstände ihres Einzelfalls bindend entschieden hat, dass sie als Pflichtmitglied aufgenommen wird, sobald die Meldung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses der Klägerin durch einen Arbeitgeber erfolgen werde. Diesen – wenn auch rechtswidrigen - bindend gewordenen Verwaltungsakt hat die Beklagte bislang nicht aufgehoben. Die Beklagte war somit auch noch zum Zeitpunkt der Meldung des Beginns einer versicherungspflichtigen Beschäftigung der Klägerin bei der Firma ES.-GmbH an diesen Bescheid gebunden.

Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V sind Arbeiter, Angestellte und zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Die entgeltliche Beschäftigung der Klägerin ab dem 09.07.2008 ist nach dieser Norm versicherungspflichtig, jedoch bestand Versicherungsfreiheit.

Eine Versicherungspflicht der Klägerin zum 09.07.2008 für ihre Tätigkeit bei der ES. GmbH konnte nach dem SGB V nicht eintreten, da sie die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V erfüllt. § 6 Abs. 3a SGB V normiert Ausnahmen von der nach § 5 Abs. 1 SGB V bestehenden Versicherungspflicht.

Gemäß § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V sind Personen, die nach Vollendung des 55. Lebensjahres versicherungspflichtig werden, versicherungsfrei, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Versicherungspflicht nicht gesetzlich versichert waren. Die Rahmenfrist des § 6 Abs. 3a SGB V für die Tätigkeit ab dem 09.07.2008 umfasst den Zeitraum vom 09.07.2003 bis zum 08.07.2008.

Die Voraussetzungen der Versicherungsfreiheit der Klägerin nach § 6 Abs. 3a Satz 1 SGB V sind erfüllt, da sie in dieser Zeit nicht in der GKV versichert gewesen ist. Dies allein würde die Versicherungsfreiheit der Klägerin nicht auslösen. Denn § 6 Abs. 3a Satz 2 SGB V benennt die weiteren Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit eine Versicherungsfreiheit nach dieser Regelung eintritt.

Nach § 6 Abs. 3a Satz 2 SGB V ist weitere Voraussetzung für den Eintritt der Versicherungsfreiheit, dass diese Personen mindestens die Hälfte dieser Zeit versicherungsfrei, von der Versicherungspflicht befreit oder nach § 5 Abs. 5 nicht versicherungspflichtig waren. Somit besteht für die betroffenen Personen Versicherungsfreiheit, wenn sie mindestens die Hälfte der in Satz 1 genannten fünf Jahre versicherungsfrei nach §§ 6 und 7 SGB V, von der Versicherungspflicht gemäß § 8 SGB V befreit oder als Selbständiger gemäß § 5 Abs. 5 SGB V nicht versicherungspflichtig waren. Die Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V tritt ein, wenn neben dem Satz 1 dieser Regelung auch nur einer der Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllt ist. Darüber hinaus regelt § 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V, dass der Voraussetzung nach Satz 2 gleich stehen die Ehe oder die Lebenspartnerschaft mit einer in Satz 2 genannten Person.

Die Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V wurde mit Wirkung vom 01.01.1989 durch Art. 1 des Gesundheitsreformgesetzes (GRG) eingeführt, mit Wirkung vom 01.07.2000 ergänzt und durch den in § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V und § 9 Abs. 1 Nr. 1 SGB V enthaltenen Gedanken der Vorversicherungszeit verstärkt. Später wurde die Regelung durch die Einfügung von Satz 4 und die Einbeziehung lebensälterer Hilfebedürftiger in die gesetzliche Krankenversicherung abgemildert. § 6 Abs. 3a SGB V dient nach der Gesetzesbegründung einer klareren Abgrenzung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung (PKV) und soll die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten schützen. Versicherungsfreie Personen, die sich frühzeitig für eine Absicherung in der PKV entschieden hatten, sollten diesem System auch im Alter angehören. Ohne die Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V könnten ältere Personen Pflichtmitglieder in der GKV werden, obwohl sie bislang zu keinem Zeitpunkt einen eigenen Beitrag zu den Solidarlasten geleistet hatten. Allein im Zeitraum von 1992 bis 1997 seien annähernd 1 Million Menschen durch Veränderungen in der Höhe des Arbeitsentgelts, durch Übergang von Voll- in Teilzeitbeschäftigung oder durch einen Wechsel von selbständiger Tätigkeit zur Beschäftigung von der privaten in die GKV gewechselt. Angesichts der für ältere Personen höheren Leistungsausgaben würden die Beitragszahler durch diesen Wechsel unzumutbar belastet. Für die in der PKV versicherten Personen bedeutet § 6 Abs. 3a SGB V aufgrund der seit langem bestehenden privaten Krankenversicherung und der Prämienkalkulation unter Berücksichtigung von Altersrückstellungen keinen unzumutbaren Nachteil; dies gilt umso mehr, als im Zuge der Ergänzung des § 6 SGB V die Altersgrenze für den Zugang zum Standardtarif (§ 257 Abs. 2a SGB V) auf 55 Jahre abgesenkt wurde. Die Regelung des § 6 Abs. 3a SGB V knüpft an eine Reihe von Tatbestandsmerkmalen an, die kumulativ vorliegen müssen, und gilt im Übrigen nicht für die Bezieher von Arbeitslosengeld II (siehe hierzu Felix in jurisPK-SGB V § 6 SGB V Rdnr. 56).

Die Versicherungsfreiheit der Klägerin besteht, da ihr Ehemann als Beamter nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der maßgeblichen Rahmenfrist versicherungsfrei war und die Klägerin sich dies gemäß § 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V anrechnen lassen muss. Nach § 6 Abs. 3a Satz 3 SGB V werden auch die Ehegatten der betroffenen Personen von der Regelung erfasst, wenn sie nach dem 55. Lebensjahr versicherungspflichtig werden und in der Rahmenfrist von fünf Jahren nicht gesetzlich versichert waren (Felix, a.a.O., § 6 SGB V Rdnr. 59).

Gleichwohl kann die Klägerin den geltend gemachten Anspruch auf Durchführung einer Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten auf die Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 stützen. Nach dem auslegungsbedürftigen Wortlaut der Mitgliedsbescheinigung und den Umständen seiner Ausstellung und Aushändigung am 2. Januar 2008 stellt diese einen bindenden – wenn auch rechtswidrigen - Verwaltungsakt mit dem Inhalt dar, dass der Klägerin die Aufnahme als Pflichtmitglied zugesagt wird, sobald eine Meldung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses durch einen Arbeitgeber eingeht.

Gemäß § 31 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme ein Verwaltungsakt, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.

Die vorliegend streitige Mitgliedsbescheinigung der Beklagten vom 02.01.2008 ist auf Grund ihres nicht eindeutigen Wortlauts auslegungsbedürftig. In dieser Mitgliedsbescheinigung wird zwar ausdrücklich auf § 175 SGB V verwiesen. Nach § 175 Abs. 1 Satz 1 SGB V hat der Betreffende, die Ausübung des (Kassen-)Wahlrechts gegenüber der gewählten Krankenkasse zu erklären und die gewählte Krankenkasse hat gemäß § 175 Abs. 2 Satz 1 SGB V nach Ausübung des Wahlrechts unverzüglich eine Mitgliedsbescheinigung auszustellen. Letzteres hat die Zeugin UD. als Kundenberaterin der Beklagten mit Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 getan. Aus dem Wortlaut der Mitgliedsbescheinigung wird jedoch nicht erkennbar, dass eine Prüfung der Mitgliedschaft anhand der von bzw. für die Klägerin gemachten Angaben noch folgen und ein entsprechender Vorbehalt gemacht werde. Denn unter Angabe des Geburtsdatums der Klägerin heißt es in dieser Mitgliedsbescheinigung, die Klägerin "ist Mitglied der AOK Hessen gemäß § 175 SGB V seit 07.01.2007". In dem Begleitschreiben wird ausgeführt: " ...vielen Dank, dass Sie der AOK Hessen Ihr Vertrauen schenken. Damit haben Sie für Ihre Gesundheit einen starken Partner an Ihrer Seite."

Der Erklärungsgehalt dieser Mitgliedsbescheinigung vom 02.01.2008 ist nach Überzeugung des Senats auf der Grundlage seines Wortlauts, des Wortlauts des Begleitschreibens und der Umstände der Aushändigung dieser beiden Dokumente sowie der vor Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung ausgefüllten Erklärung zur Krankenversicherung zu bestimmen.

Nach der Formulierung der ausgehändigten Mitgliedsbescheinigung durfte die Klägerin davon ausgehen, dass ihrer Mitgliedschaft bei der Beklagten nicht die Tatsachen entgegengehalten werden, die ihr Ehemann, der Zeuge A., für sie der Beklagten vor Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung vom 2. Januar 2009 offen legte. Denn derjenige, der an die Kasse wegen seiner Aufnahme als Mitglied herantritt und demgegenüber der Anschein erweckt wird, seine Angaben seien geprüft worden und dem mitgeteilt wird, die Kasse stehe als starker Partner an seiner Seite, darf regelmäßig davon ausgehen, auf der Grundlage der gemachten Angaben Mitglied werden zu können, wenn er eine sozialversicherungspflichtige Tätigkeit aufnimmt. Dieser Sicht eines durchschnittlichen Erklärungsempfängers kann nicht entgegen gehalten werden, dass im verstärktem Maße auch öffentlich-rechtliche Einrichtungen dazu übergehen, sich einer Sprache zu bedienen, die Aspekte der Werbung und der marktwirtschaftlichen Sprache in den Vordergrund stellt. Auch wenn die gesetzlichen Krankenversicherungen untereinander in Konkurrenz stehen, so kann dies keinen Einfluss auf den objektiv zu bestimmenden Erklärungsinhalt der "Mitgliedsbescheinigung" und eines darauf angepassten Begleitschreibens einer gesetzlichen Krankenversicherung haben (so ähnlich für ein Begrüßungsschreiben: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Januar 2007, Az.: L 16 KR 227/06 mit zutreffendem Hinweis, dass die Urteile des BSG vom 21.05.1996 – 12 RK 67/94, 16.10.1968 – 3 RK 8/65 und vom 19.06.2001 – B 12 KR 37/00 R für diesen Fragenkreis nicht einschlägig sind). Das Bestreben der gesetzlichen Krankenversicherungen, neue Personen als Versicherte zu gewinnen, darf nicht dazu führen, dass der Umworbene im Unklaren über die Voraussetzungen seiner Mitgliedschaft gelassen wird. Jeden Zweifel könnte die Beklagte durch den klaren Hinweis auf der nach § 175 SGB V auszustellenden Bescheinigung ausräumen, dass mit dieser Bescheinigung noch keine bindende Feststellung der Mitgliedschaft verbunden sei und dass deren Entstehen vielmehr im Einzelfall von Sachverhalten abhängig sein könne, die ggf. noch zu prüfen seien (so auch Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Januar 2007, Az.: L 16 KR 227/06).

Zwar war dem Zeugen A. und auch der Klägerin mit Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung am 02.01.2008 bewusst, dass die Klägerin weder mit der Ausübung des Wahlrechts noch mit der Aushändigung der Bescheinigung vom 02.01.2008 nach § 175 SGB V bereits Mitglied der Beklagten wurde. Der Zeuge A. führte in seiner glaubhaften Aussage aus, er habe seiner Frau, der Klägerin, die Mitgliedsbescheinigung gegeben mit dem Hinweis, dass sie diese ihrem Arbeitgeber auszuhändigen habe, damit er sie bei der Beklagten anmelde. Dies entspricht auch der Aussage der Zeugin UD., die erklärte, sie weise regelmäßig darauf hin, dass die Bescheinigung zur Vorlage bei dem Arbeitgeber bestimmt sei, damit dieser die Anmeldung vornehme. In diesem Zusammenhang ist auch der Anruf der Klägerin am 24.04.2008 zu sehen. Nach dem Aktenvermerk fragte die Klägerin telefonisch bei der Beklagten an, ob die Möglichkeit der Durchführung einer freiwilligen Versicherung bestehe. Diese Nachfrage fand zu einem Zeitpunkt statt, zu dem weder die Zeitarbeitsfirma noch die Firma CS. die Klägerin als versicherungspflichtige Beschäftigte angemeldet hatten.

Jedoch hat die Beklagte mit Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung vom 02. Januar 2008 und des Begrüßungsschreibens an den Zeugen A. einen bindenden Verwaltungsakt nach § 37 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) des Inhalts bekannt gegeben, dass die Klägerin in Kenntnis der von ihr mitgeteilten und zutreffenden persönlichen Umstände als Mitglied aufgenommen werde, sobald eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von einem neuen Arbeitgeber gemeldet wird.

Der Senat ist zu der Überzeugung gekommen, dass der Ehemann der Klägerin am 2. Januar 2008 der Zeugin UD. alle persönlichen Umstände mitteilte, aus denen sich ihre Versicherungsfreiheit nach § 6 Abs. 3a SGB V ergab. Der Senat stützt seine Überzeugung zum einen aus der im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2010 übergebenen vollständigen Kopie der Erklärung zur Krankenversicherung vom 02.01.2008 und aus der Gesamtheit der Zeugenaussagen. In der Erklärung zur Krankenversicherung vom 2. Januar 2008 ist das Geburtsdatum der Klägerin genannt, das auch in die Mitgliedsbescheinigung übernommen wurde. Es ist die private Krankenversicherung der Klägerin seit 2004 angegeben und der Zusatz in dem Vordruck: "Ich war in den letzten 18 Monaten nicht gesetzlich krankenversichert" angekreuzt. Der Senat ist auch zu der Überzeugung gekommen, dass der Ehemann der Klägerin im Rahmen des Gesprächs mit der Zeugin erwähnte, dass er als Beamter beihilfeberechtigt ist. Zum einen hat der Ehemann der Klägerin dies nicht nur im Rahmen seiner Zeugenaussage im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29. April 2010 und seiner eidesstattlichen Versicherung am 17. Dezember 2009 dargelegt. Dies kann auch nach den Angaben in der Erklärung zur Krankenversicherung vom 02. Januar 2008 angenommen werden. In diesem Vordruck wird nach vorhandenen Familienangehörigen und nach dem Wunsch, für diese eine Familieversicherung durchzuführen, gefragt. In dem Zusammenhang, dass für die Klägerin eine private Krankenversicherung seit 2004 fortlaufend angegeben wurde, ist anzunehmen, dass der Ehemann der Klägerin ergänzend dazu ausführte, dass seine Ehefrau bislang über seinen Beihilfeanspruch als Beamter und zusätzlich für den restlichen Teil der Krankheitskosten über die laufende private Krankenversicherung abgesichert war. Dem steht nicht entgegen, dass weder die Zeugin UD. noch der Zeuge E. sich an ein Gespräch mit dem Ehemann der Klägerin, dem Zeugen A., in Anbetracht der abgelaufen Zeit und der Vielzahl der täglichen Gespräche im Beratungszentrum der Beklagten in A-Stadt erinnern konnten. Aufgrund der fehlenden Erinnerung konnten sie ein Gespräch mit dem Zeugen A. auch nicht ausschließen.

Auch wenn die Zeugin UD. im Rahmen ihrer Zeugenaussage glaubhaft ausgeführt hat, sie überprüfe die gemachten Angaben regelmäßig nur auf die Richtigkeit ihrer Schreibweise, so ist der Senat zu der Überzeugung gekommen, dass im vorliegenden Fall der Eindruck einer besonderen Prüfung der gemachten Angaben erweckt wurde.

Aus den Umständen des Einzelfalls ist der Senat auch davon überzeugt, dass die Zeugin UD. sich mit einem Mitarbeiter der Beklagten im Beratungszentrum in A-Stadt besprochen hat. Welchen Inhalt dieses Gespräch hatte, konnte nicht mehr festgestellt werden. Denn weder der Zeuge A. konnte sich im Rahmen seiner Zeugenaussage daran erinnern, ob bzw. welchen Grund die Zeugin UD. für ihre Rücksprache angab und mit wem dieses Gespräch geführt wurde, noch konnten sich die Zeugen UD. und RN. überhaupt an ein Gespräch an diesem Tag erinnern. Der Senat ist davon überzeugt, dass vorliegend die Zeugin UD. vor Aushändigung der Mitgliedsbescheinigung mit einem anderen Mitarbeiter der Beklagten (ggf. mit dem Zeugen RN. oder einem anderen Mitarbeiter der Beklagten) gesprochen hat. Denn zum einem gaben die in der Erklärung zur Krankenversicherung vom 2. Januar 2008 gemachten Angaben genügend Anlass für eine Rücksprache, ob eine Aushändigung einer Mitgliedsbescheinigung möglich sei. Auch haben die Aussagen der Zeugen UD. und RN. ergeben, dass in Zweifelsfällen bezüglich der Frage, ob eine Mitgliedschaft begründet werden kann, insbesondere bei den Personen, die bereits das 55. Lebensjahr vollendet und bislang nicht sozialversicherungspflichtig tätig gewesen sind, die Fachabteilung oder auch der Zeuge RN. von den Mitarbeitern der Beratungsstelle angesprochen werden. Der Senat geht davon aus, dass im Falle der Abwesenheit des Zeugen RN., seine Vertreterin bzw. sein Vertreter angesprochen wird. Nach der Aussage der Zeugin UD. prüft sie die Angaben der Erklärung zur Krankenversicherung nicht inhaltlich, sondern lediglich auf die richtige Schreibweise. Weiter gab die Zeugin an, das Geburtsdatum der Klägerin hätte ihr auffallen müssen. Die Frage der Möglichkeit einer Mitgliedschaft könne sie nicht prüfen. Sie frage dann telefonisch bei der Fachabteilung nach. Der Zeuge RN. erklärte, in Nicht-Routine-Fällen werde er oder die Fachabteilung von den Kundenberatern seiner Beratungsstelle gefragt. Dies alles spricht dafür, dass die Angabe des Zeugen A., die Zeugin UD. habe sich entfernt, um Rücksprache zu nehmen, zutrifft.

Nach Überzeugung des Senats sind die Aussagen der Zeugen glaubhaft und die Zeugen glaubwürdig.

Da die Mitgliedschaft in der sozialen Pflegeversicherung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung folgt, war die Mitgliedschaft der Klägerin auch für die soziale Pflegeversicherung seit dem 9. Juli 2008 festzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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