Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 431/02
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 162/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 26/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur Frage der wesentlichen Mitverursachung eines Bronchialkarzinoms durch die Berufsschadstoffe Chrom, Nickel und Asbest bei gleichzeitiger Nikotinbelastung in einem Ausmaß von 30 Packungsjahren.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2005 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen unter Anerkennung einer Bronchialkrebserkrankung des am 19. Dezember 1999 verstorbenen Ehemannes der Klägerin, E. D., als Berufskrankheit (BK).
Der 1939 geborene Ehemann der Klägerin, der Versicherte, war von Juni 1966 bis zur Schließung des Unternehmens im November 1996 als Schlosser bei der Firma F. in D Stadt beschäftigt, die Schlosser- und Schmiedearbeiten für das Baunebengewerbe ausführte und dabei kleinere Stahlkonstruktionen herstellte. Nach Angaben des Unternehmers F. vom 14. März 2001 gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten verrichtete der Versicherte in etwa 30 % der Arbeitszeit Schweißerarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren – MAG). Edelstahl wurde ab Anfang der 80er Jahre verschweißt, dies allerdings nur gelegentlich in maximal 5 % (so Angabe des Unternehmers F.) bzw. 10 % (so Angabe des Arbeitskollegen G.) der Tätigkeit. Für LBH-Schweißarbeiten an Edelstahl kamen nach TAD-Recherchen basische Elektroden mit einem Durchmesser von 2,5 mm beim Heften bzw. 3,25 mm beim Lagenschweißen zum Einsatz. Edelstahl wurde überwiegend im LBH-Verfahren mit Elektrode, in geringem Umfang im MAG-Verfahren eventuell auch im WIG-Verfahren (WIG = Wolfram-Inertgas-Verfahren) verschweißt. Nach ergänzenden Ermittlungen des TAD ist ab Mitte der 80er Jahre das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) vermehrt eingesetzt worden, das nach und nach an die Stelle des LBH-Verfahrens trat, wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG-Schweißen verwandt wurden. Von einer Thorium-Belastung war insbesondere beim Anschleifen der Elektroden auszugehen. In geringem Umfang wurde auch öliges Material verschweißt, wobei dasselbe normalerweise zunächst entfettet und dann geschweißt wurde. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Hinzu kamen Schleifarbeiten, Fräsarbeiten, Lackierarbeiten mit Pinsel und Rolle sowie mit der Spritzpistole, u.a. mit Zinkchromatgrund- und Teerfarbe. Für die Dauer von vier Wochen hatte er Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten als Balkonverkleidung, die vor der Montage angebohrt und selten nachgeschnitten wurden. Bei der ca. drei Monate andauernden Montage astbesthaltiger Brandschutzplatten am Klinikum D. war der Versicherte aushilfsweise tätig. Von 1966 bis 1978 arbeitete die Firma F. in einer alten Halle und nach ihrem Umzug ab 1979 in einer neuen Halle, wobei in der alten Halle keine technische Lüftung vorhanden war. In der neuen Halle war ab 1990 eine Schweißrauchabsaugung installiert. Wegen weiterer Einzelheiten der Arbeitsumstände des Versicherten wird auf die TAD-Berichte vom 25. Oktober 1991, vom 22. Juni 2001 und 27. Februar 2007 Bezug genommen. Nach seinem Ausscheiden aus der Firma F. im November 1996 war der Versicherte nicht mehr berufstätig.
Am 17. Mai 1995 hatte der Versicherte einen Arbeitsunfall erlitten, als er beim Abbrennen feuerverzinkter Teile austretende Dämpfe einatmete. Die Beklagte hatte zur Feststellung ihrer Leistungen hierzu Ermittlungen aufgenommen und die Unfallanzeige der Firma F. vom 11. Januar 1996 mit Ergänzung vom 21. Februar 1999 eingeholt. Darin wird mitgeteilt, bei dem vom Versicherten durch autogenes Schweißen abzuscheidenden Materialien habe es sich um feuerverzinkte Rundrohre und Trägerprofile gehandelt, wobei Zinkdämpfe aufgetreten seien. Der Versicherte stellte sich beim Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arzt Dr. H. vor, der laut Bericht vom 24. Mai 1995 bei ihm neben einem Zustand nach Zinkinhalation ein Asthma bronchiale, ein Übergewicht sowie einen Nikotinmissbrauch diagnostizierte. Röntgenologisch konnte er keine Anzeichen einer toxischen Reaktion feststellen. Die Lungenfunktion habe Veränderungen im Sinne eines Emphysems gezeigt. Die Internistin Dr. BW. fand keinen Hinweis auf eine akute pulmonale Reaktion auf die Zinkinhalationsintoxikation und keinen chronischen Schaden des Lungengewebes (Bericht vom 18. Mai 1995). Der Internist Dr. I. erstattete den Bericht vom 24. August 1995, in dem er darauf hinwies, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht habe. Er berichtete sodann am 8. Dezember 1999 ausführlich über die Folgen der Zinkinhalation vom 17. Mai 1995 und teilte mit, der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr täglich 15 Zigaretten geraucht. Wörtlich heißt es: "Bis dahin (30.08.1995) sollte man dem Patienten raten, das Zigarettenrauchen unverzüglich einzustellen und sich verstärkt um eine Gewichtsreduktion zu bemühen. Letzteres dürfte bei einem Gewicht von 120 kg und einer Änderung der Ernährungsweise eigentlich nicht so schwer fallen. Diese Dinge dürften gegenüber der Frage einer mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht relevanten Zinkinhalation weit im Vordergrund stehen. " Am 29. November 1995 schrieb Dr. I.: "Meinen Ausführungen vom 24.08.95 ist im Prinzip nichts Wesentliches hinzuzufügen. Der Patient ist hinsichtlich seiner Lebensführung vollkommen unbelehrbar. Das Körpergewicht liegt relativ konstant bei 119 kg. In Anbetracht der massiven, hochgefährlichen Rhythmusstörungen wäre bei einer unveränderten Lebens- und Handlungsweise des Patienten die Prognose aus kardiologischer Sicht als miserabel anzusehen." Dr. J., Lungenarzt und Internist, bestätigte sodann mit Bericht vom 28. April 1999 ein erstmals im selben Monat diagnostiziertes kleinzelliges Karzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten neben einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Der Versicherte habe von 1964 bis jetzt ca. 15 bis 20 Zigaretten am Tag in einem Umfang von ca. 30 Packungsjahren geraucht. Einen weiteren Bericht erstattete er am 23. August 1999 über die nach der Krebsdiagnose durchgeführt Chemotherapie. Der Hausarzt Dr. K. erstattete den Bericht vom 20. Juli 1999 und der Internist und Onkologe Dr. L. die Berichte vom 12. Mai und 19. August 1999. Er beschreibt den Behandlungsverlauf nach Durchführung der Chemotherapie und anschließender Feststellung eines Lymphknotenbefalls. Das Zentrum für Innere Medizin der Universitätsklinik ZW. berichtete am 2. Februar, 1. März und 9. September 1999. Der Versicherte war dort vom 20. bis 29. Januar 1999 wegen Verdacht auf Herzinfarkt aufgenommen worden unter den Diagnosen: Unterlappenpneumonie links sowie chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung bei Nikotinmissbrauch. Eine weitere stationäre Behandlung schloss sich an vom 4. bis 9. September 1999 wegen einer erneuten Herzattacke. Am Entlassungstag wurde mit einer Strahlentherapie wegen der Krebserkrankung begonnen. Schließlich berichtete die Radiologische Universitätsklinik D. am 30. Dezember 1998 über stationäre Aufenthalte des Versicherten vom 18. November bis 1. Dezember sowie vom 9. bis 18. Dezember 1999 und gab an, dass Hirnmetastasen aufgetreten seien und der Versicherte am 18. Dezember 1999 verstorben sei.
Die Beklagte zog des Weiteren das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen, Geschäftsstelle D., bei sowie den Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt nach dem Schwerbehindertengesetz, wo der Versicherte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt und als Behinderungen festgestellt wurden: Bronchialveränderungen mit Lungenfunktionsstörungen, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit chronisch rezidivierenden Reizerscheinungen, Gelenkbeschwerden, Herz-Kreislauf-Rhythmus-störungen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Sie hörte den Arbeitsmediziner Prof. PS. an, der am 25. April 2000 ausführte, Todesursache beim Versicherten sei das Bronchialkarzinom gewesen, zu dem es infolge langjährigen Nikotinmissbrauchs gekommen sei, wobei ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 und der dabei stattgehabten Zinkintoxikation nicht bestehe. Dieser habe lediglich zu vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Monaten Mai und Juni 1995 geführt. Mit Bescheid vom 23. Mai 2000 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass die Bronchialkrebserkrankung nicht Folge des Arbeitsunfalles sondern der Rauchgewohnheit des Versicherten sei und lehnte der Klägerin gegenüber Lebzeiten- wie auch Hinterbliebenenleistungen wegen des Arbeitsunfalles ab. Auf ein Schreiben der Klägerin vom Dezember 2000 hin trat die Beklagte in Ermittlungen zur Frage des Vorliegens einer BK ein. Sie ließ den TAD zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen ermitteln, wozu dieser den Bericht vom 22. Juni 2001 erstattete, und bat Prof. PS. um eine weitere gutachterliche Stellungnahme zur Zusammenhangsfrage. In der Stellungnahme vom 4. September 2004 führte dieser aus, der Versicherte sei infolge des Bronchialkarzinoms verstorben, das wesentlich durch seine Rauchgewohnheiten verursacht worden sei. Der Versicherte habe nur 5 bis 10 % der Arbeitszeit Edelstähle geschweißt, so dass nur von einer zeitlich begrenzten Exposition gegenüber chrom- bzw. nickelhaltigen Schweißrauchen ausgegangen werden könne. Rauch von chrom- und/oder nickelhaltigen Schweißzusatzwerkstoffen sei eine kanzerogene Wirkung beizumessen. Dies gelte insbesondere für Rauche aus hochlegierten umhüllten Stabelektroden. Für den Versicherten könne er ein beruflich erhöhtes Bronchialkarzinomrisiko nicht bejahen, da er derartigen Belastungen nur kurzfristig ausgesetzt gewesen sei, so dass die BK-Ziffer 1103 verneint werden müsse. Die BK-Ziffer 4104 sei ebenfalls nicht erfüllt, da die Röntgenbilder und die CT-Bilder keine eindeutigen Anhaltspunkte für asbestassoziierte Lungen- und/oder Pleuraveränderungen ergeben hätten. Die Asbestbelastung des Versicherten habe nach den Feststellungen des TAD nur zu einer Asbestfaserdosis von 3,3 Jahren geführt. Der Landesgewerbearzt nahm am 28. September 2001 Stellung und schloss sich im Hinblick auf die BK 4104 der Stellungnahme des Prof. PS. an. Lungengewebe zur Untersuchung auf Chromatbelastung sei nicht entnommen worden. Auch die BK-Ziffer 1103 sei zu verneinen. Da Grenzwertüberschreitungen nicht mehr nachweisbar seien, müsse Beweislosigkeit angenommen werden. Mit Bescheid vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK beim Versicherten nach den Ziffern 4104, 4109 sowie 1103 der Anlage 1 zur BKV gestützt auf die Ausführungen des Prof. PS. und des Landesgewerbearztes ab. Auch die Anerkennung einer Quasi-BK komme nicht in Betracht.
Dagegen hat die Klägerin am 3. Juli 2002 vor dem Sozialgericht Marburg (Sozialgericht) Klage erhoben mit der Begründung, sie halte die Beurteilung des Prof. PS. nicht für überzeugend, soweit dieser nur von einer kurzfristigen Schadstoffexposition des Versicherten ausgehe. Dieser habe regelmäßigen und intensiven Kontakt mit chrom- und nickelhaltigen Schweißrauchen gehabt, wie die Arbeitskollegen gegenüber dem TAD bestätigt hätten und was im Nachhinein noch näher zu ermitteln gewesen wäre. Zudem habe Asbestkontakt des Versicherten bestanden. Hinzu komme die Gefährdung durch sechswertige Chromverbindungen bei der Glanz- und Hartverchromung in der Galvano-Technik, bei Anstreicharbeiten mit chromhaltigen Korrosionsschutzmitteln – auch mit der Spritzpistole, beim Brennschneiden, Schweißen oder Schleifen von Blechen mit chromhaltigen Anstrichstoffen. All diesen Einwirkungen sei der Versicherte ausgesetzt gewesen. Die Klägerin hat das ärztliche Zeugnis des Hausarztes Dr. K. vom 1. September 2004 überreicht, wonach es beim Versicherten zu häufigen pulmonalen Erkrankungen erst nach dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 gekommen sei.
Von Amts wegen hat das Sozialgericht sodann das internistisch-pneumologische Gutachten des Prof. C. vom 15. Juni 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 24. Januar 2005 eingeholt. Darin heißt es, beim Versicherten sei ein kleinzelliges Bronchialkarzinom im April 1999 erstmals diagnostiziert worden. Nach Chemotherapie und Bestrahlung habe der Krebs das Hirn befallen und im Dezember 1999 zum Tode geführt. Daneben habe eine chronisch obstruktive Bronchitis bestanden, eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung, ein metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Diabetes und erhöhten Blutfettwerten, eine Hyperurikämie sowie ein Syndrom der Lendenwirbelsäule (LWS). Im Ergebnis seien die BK-Ziffern 1103, 4104 und 4109 zu verneinen. Im Hinblick auf die Ziffer 1103 habe der Versicherte aufgrund der Arbeitsanamnese keine langjährige hohe Exposition zu sechswertigem Chromat bei den Schweißarbeiten aufgewiesen ausgehend davon, dass er 10 % der Arbeit mit Schweißen von Edelstahl verbracht habe. Eine langjährige hohe Exposition sei zu fordern, um ein erhöhtes berufliches Risiko für das Entstehen eines Bronchialkrebses mit Wahrscheinlichkeit annehmen zu können. Hinsichtlich der Ziffer 4109 sei eine erhebliche Nickelbelastung des Versicherten nicht erkennbar, zumal er nach den TAD-Feststellungen nur selten Arbeiten an legierten Stählen verrichtet habe. Im Hinblick auf die BK-Ziffer 4104 bestünden keine Anhaltspunkte für eine Lungen- oder Pleuraasbestose und es seien auch nur 3,3 Faserjahre vom TAD errechnet worden. Zur Frage der Anerkennung einer Quasi-BK wertete Prof. C. diverse Studien zur Lungenkrebsgefährdung durch Schweißrauche aus. Die Studien hätten ergeben, dass die Schweißtätigkeit insgesamt mit einem leicht bis mäßig erhöhten Risiko für das Auftreten von Bronchialkarzinomen verbunden sei. Es sei nicht eindeutig geklärt, ob es ein unterschiedliches Risiko bei Rohstahl- oder Edelstahlschweißen gebe. Auch bezüglich der verschiedenen Schweißverfahren fänden sich keine eindeutigen Aussagen. Eine Risikoverdoppelung unabhängig von Asbest- und Tabakrauchexposition hätten sämtlichen Studien seit 1977 nicht bestätigt, so dass im Ergebnis nicht anzunehmen sei, dass die Schweißtätigkeit im Ausmaß von 30 % der Arbeitszeit beim Versicherten wesentliche Teilursache für das zum Tode führende Krebsleiden gewesen sei. Der Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 habe eventuell zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der nach langjährigem Rauchen bestehenden Bronchitis geführt. Weder ein Metalldampffieber sei unfallnah festgestellt worden noch seien akute pulmonale Reaktionen oder gar eine chronische Lungengewebsschädigung oder ein Lungenödem dokumentiert. Ein Zusammenhang des damaligen Intoxikationstraumas mit dem 1999 aufgetretenen Bronchialkrebs bestehe nicht.
Mit Urteil vom 31. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Klägerin weder Entschädigungsleistungen als Hinterbliebene noch als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes zustünden. Die BK-Ziffern 1103, 4104 sowie 4109 hat das Sozialgericht gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. C. verneint. Es ist dem Sachverständigen auch insofern gefolgt, als es die Voraussetzungen für eine Quasi-BK abgelehnt hat. Denn eine erhebliche Risikoerhöhung sei zu verneinen und auch eine Kausalität unter Beachtung des Unfallereignisses vom 17. Mai 1995 nicht begründbar. Da beim Versicherten ein Versicherungsfall nicht anerkannt werden könne, scheide auch die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin aus.
Gegen das ihr am 5. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. August 2005 Berufung eingelegt und ihr Begehren weiter verfolgt.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Arbeitsmediziners und Internisten Prof. B. vom 24. April 2006 eingeholt. Prof. B. geht davon aus, dass es zu einem ausgedehnten kleinzelligen zentralen Bronchialkarzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten gekommen sei mit Metastasen der lokalen Lymphknoten und unterhalb des Zwerchfells bei Verdacht auf Hirnbeteiligung nach sechsmaliger Chemo- und mediastinaler Strahlentherapie. Zusätzlich seien arbeitsbedingt Zustände nach Unterlappenpneumonie links im Januar 1999 sowie nach Zinkfieber am 17. Mai 1995 festzustellen. Eine chronische Atemwegserkrankung mit Lungenemphysem, ein metabolisches Syndrom, ein Bluthochdruckleiden, ein Verdacht auf coronare Herzkrankheit, ein Syndrom der Wirbelsäule und beider Kniegelenke, eine Akromegalie sowie ein Zustand nach Tonsillektomie 1985 seien vom Arbeitsleben unabhängig zu sehen. Todesursächlich sei nicht die Zinkfiebererkrankung vom Mai 1995 sondern die Bronchialkrebserkrankung gewesen. Zinkoxid sei nicht gesichert (lungen)krebs erzeugend. Insgesamt bestünden für den Nachweis der beruflichen Verursachung des Lungenkrebsleidens acht Beweislücken im Expositionsszenario, die aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes nur teilweise abgemildert werden könnten, so dass letztlich ein Beweisnotstand verbleibe. Der Versicherte habe zusammengerechnet etwa 30 Jahre als Schlosser gearbeitet, wobei er 30 % der täglichen Arbeitszeit geschweißt habe. Bei einer Gesamtbelastung von gut 30 Jahren errechne sich ein achtstündiger Gebrauch der Schweißgeräte für ca. zehn Jahre. Es sei von einer dreijährigen Einwirkung von Chrom VI- und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen auszugehen, sofern man die Gesamtbetriebszugehörigkeit von 1966 bis 1996 und damit 30 Jahre zugrunde lege und während dessen einen Anteil für das besonders lungenbelastende Edelstahlschweißen von 10 % der Arbeitszeit. Nehme man eine entsprechende Belastung nur ab 1980 an, reduziere sich die Einwirkungszeit auf 1,6 Jahre. Eine Bystander-Exposition durch 14 weitere Arbeitskollegen, die auch teilweise zusammen mit dem Versicherten geschweißt hätten, sei nicht ermittelt. Insgesamt hätten sechs bk-relevante synkanzerogene Lungenkrebs verursachende Berufsschadstoffe auf den Versicherten eingewirkt: Chrom VI-haltige Schweißrauche (Nr. 1103), nickeloxidhaltige Schweißrauche (4109), zinkchromathaltige Tröpfchenaerosole (1103), Asbestfaserstaub (4104), ionisierende Thorium-Zerfallsprodukt (2402) sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe vom Typ des Benzo(a)pyrens (jetzt BK 4113, 4114). Das Kardinalproblem liege in der mangelhaften dosimetrischen Abschätzbarkeit der vorgenannten Noxen. Die Chromat- und die Nickel-Belastung der Schweißrauche stamme zu 90 % aus der Zusammensetzung der Schweißelektroden, deren Qualität der TAD im Bericht vom 22. Juni 2001 nicht ermittelt habe. Die Schweißrauchkonzentration im Atembereich hänge ab von der individuellen Arbeitsweise und den betrieblichen Verhältnissen einschließlich der Bystander-Exposition. Der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr bis 1995 erheblich geraucht, wobei ausgehend von 26,25 Packungsjahren ein durch Nikotinmissbrauch zehnfach erhöhtes Bronchialkrebsrisiko anzunehmen sei. Prof. B. hat Vorschläge zur Überwindung des Beweisnotstandes gemacht ausgehend davon, dass in der Zeit von Juni 1966 bis 1979/1980 unzureichende Arbeitsschutzvorrichtungen bei geringer Raumgröße der alten Werkstatt und fehlenden Absaugvorrichtungen für Schweißgase und Schweißrauche bestanden hätten. Die TRK-Richtkonzentration für Chromat von 0,1 mg/m³ sei beim LBH-Schweißen unter Verwendung basisch ummantelter Schweißelektroden überschritten worden. Unter Berücksichtigung der bestverfügbaren Abschätzung des BIA für die Gesamtheit der Schweißerarbeitsplätze in der BRD vor 1984 betrügen die 90-Perzentile der Lungenkrebs erzeugenden chromat- und nickeloxidhaltigen Schweißrauche 0,4 mg Chromat/m³ und 0,24 mg Nickel/m³ beim LBH-Schweißen und diese Werte sollten auf die persönlichen Arbeitsplatzverhältnisse des Versicherten übertragen werden. Ausgehend von einer 3jährigen ganztägigen Schweißarbeit ergebe dies 1.200 µg Chromat/m³ x 1 Jahr zzgl. 720 µg Nickel/m³ x 1 Jahr. Bei 1,5jährig ganztägigen Schweißarbeiten an Edelstählen reduzierten sich die vorgenannten Schätzwerte auf 600 µg für Chromat und 360 µg für Nickel. Die Mittelwertbildung ergebe 900 µg für Chromat und 540 µg für Nickel. Die Latenzzeit zwischen Beginn der Schweißertätigkeit 1966 und dem Auftreten der Lungenkrebserkrankung betrage etwa 33 Jahre und stimme mit den Latenzzeiten für anerkannte Lungenkrebs-BKen überein, bei denen eine mittlere Latenzzeit von 29 Jahren habe ermittelt werden können. Die zusätzliche Chromat-Einwirkung beim Auftragen von zinkchromathaltigen Grundierungen mittels Pinsel und Rolle und zum Teil auch Spritzpistole, die mit einem 5 %igen Zeitanteil an den Schlossertätigkeiten eingeschätzt worden sei, entspreche einem 1 ½ jährigen täglich achtstündigen Auftrag von Chromaten, wobei eine auch nur annähernd vertretbare Abschätzung der Inkorporation des krebserzeugenden Arbeitsstoffes Chromat nicht möglich sei. Daraus ergebe sich der Hinweis, dass in erheblichem Umfang auch normaler Baustahl durch Zinkchromat gegen Rost geschützt worden sei, sodass sich beim Schweißen derart mit Zinkchromat rostgeschützter Bauteile eine inhalative Gefährdung durch zinkchromathaltige Schweißrauche zusätzlich zur Gefährdung beim Schweißen von Edelstahl ergebe. Prof. B. gelangte danach zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung neben dem hohen Lungenkrebsrisiko durch Nikotin sechs berufliche Kausalfaktoren auf den Versicherten am Arbeitsplatz eingewirkt hätten, die nur mehr oder weniger abschätzbar seien, deren Relevanz als wesentliche Teilursache aber anzuerkennen sei. Zur weiteren Begründung hat er auf die Anerkennungskriterien hingewiesen, die Prof. M. und Dr. HQ. in einem Gutachten vom 10. März 1994 für die berufsgenossenschaftliche Praxis erarbeitet hätten. Danach sei die Chrom VI-Belastung beim LBH-Schweißen höher, dagegen die Nickelbelastung beim MAG-Schweißen. Die Rauche wirkten nicht synkanzerogen im Sinne einer Potenzierung. Zu einem verdoppelten Krebsrisiko infolge toxischer Schäden bei Chrom VI-Exposition könne es auch kommen, wenn die TRK-Werte für Schweißen nicht überschritten worden seien und Expositionszeiten ab fünf Jahren aufgetreten seien. Empfohlen werde eine kumulative Dosis von 2000 µg pro Jahr für Chrom VI und/oder 5000 µg für Nickel, wobei jeweils die TRK-Werte für zehn Jahre als Grundlage herangezogen worden seien. Der Versicherte erfülle diese Vorgaben im Hinblick auf die Latenzzeit von im Allgemeinen mehr als 20 Jahren und eine Expositionszeit im Allgemeinen von mehr als zehn Jahren. Das Gutachten schlage die BK-Anerkennung unabhängig von Rauchgewohnheiten vor. Prof. B. schließt sein Gutachten ab mit einer Abschätzung der Verursachungswahrscheinlichkeit der auf den Versicherten additiv einwirkenden Synkanzerogenese anhand der sog. Wichmann-Formel, wonach ein deutliches Überwiegen beruflicher Einflüsse bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) von mehr als 0,5 bestehe. Er errechnete Werte für das relative Risiko (RR) bzw. die VW für Asbest von 1,13 bzw. 0,12, für Chromat von 1,45 bzw. 0,31 und für Nickel von 1,11 bzw. 0,10 - insgesamt von 1,69 bzw. 0,41. Dabei seien das Verstreichen zinkchromathaltiger Grundierungen, die Exposition beim Schweißen derart behandelter Bauteile, die BaP-Exposition beim Schweißen verölter Bleche sowie bei Verwendung von Teer- bzw. Bitumenfarbe sowie die Thorium-Belastung beim WIG-Schweißen mit thoriumhaltigen Elektroden – relevant für BK-Ziffer 2402 – noch unberücksichtigt. Inwieweit dadurch die fehlende VW von 0,09 kompensiert werde, sei der Kompetenz des Senats zu überlassen. Er bejahte dies im Ergebnis unter Hinweis auf die mangelhaften Arbeitsschutzanstrengungen der Firma F ... Danach seien die arbeitsbedingten Einflüsse neben dem Rauchen nicht nur als Gelegenheitsursache aufzufassen und könnten nicht hinweggedacht werden, ohne dass das klinisch bereits fortgeschrittene Stadium eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms bereits im Alter von 60 Jahren entfiele. Vielmehr sei die BK-Ziffer 1103 zu bejahen, ausgehend von der synkanzerogenen Kombinationswirkung der aufgezeigten sechs Lungenschadstoffe, wodurch eine BK beim Versicherten ab Januar 1999 mit einer MdE von 100 v.H. anzunehmen sei. Die Unterlappenpneumonie links sei als Hinweis auf den Beginn der Erkrankung beim Versicherten für diesen Zeitpunkt bestätigt worden und damit an derselben Stelle, wo drei Monate später ein sehr weit fortgeschrittener Lungentumor festgestellt worden sei.
Der TAD hat nach ergänzenden Ermittlungen – unter anderem nach telefonischer Befragung des Unternehmers F. sowie der Mitarbeiter G. und EC. – die Stellungnahme vom 27. Februar 2007 übermittelt. Er hat seiner Stellungnahme die BIA-Information Nr. 2/87 – Nickel- und Chromat-Exposition an Schweißarbeitsplätzen – beigefügt. Danach sei davon auszugehen, dass mit der Edelstahlverarbeitung bei der Firma F. ab etwa Anfang der 80er Jahre begonnen worden sei, so dass von einer Exposition gegenüber chromat- und nickelhaltigen Schweißrauchen für die Dauer von maximal 16 Jahren ausgegangen werden könne. Die Befragten hätten keine Angaben mehr zu den verwendeten Elektroden machen können. Recherchen bei einem Schweißfachingenieur des Deutschen Verbandes für Schweißen hätten ergeben, dass erfahrungsgemäß für LBH-Schweißarbeiten an Edelstählen basische Elektroden mit Durchmessern von 2,5 mm beim Heften und 3,25 mm beim Lagenschweißen eingesetzt worden seien. Die vom Versicherten zu bearbeitenden Stahlteile hätten auf Böcken oder einem Tisch gelegen. Große Konstruktionen aus Edelstahl seien üblicherweise nicht hergestellt und Arbeiten in engen Räumen nicht durchgeführt worden. Die Schweißrauchkonzentration hänge entscheidend vom eingesetzten Verfahren ab. LBH-Schweißarbeiten an Edelstahlteilen hätten viel höhere Emissionen als MAG- oder WIG-Schweißarbeiten. Absaugungen beeinflussten die Konzentration von Schweißrauchen am Arbeitsplatz. Zunächst sei bei der Firma F. mit Elektroden geschweißt worden und ab Mitte der 80er Jahre sei das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) eingesetzt worden. Konkrete Belastungssituationen seien nicht mehr nachvollziehbar und Messungen bei der Firma F. nie erfolgt. Personenbezogene Vergleichswerte für das jeweilige Schweißverfahren wurden mitgeteilt. Die Belastung durch Chromat- und Nickeloxid habe beim Schweißen von Edelstahl bestanden und zwar im Umfang eines Zehntels bzw. eines Zwanzigstels der Gesamtarbeitszeit. Die Grenzwerte für Chromat und Nickel seien somit unterschritten worden, zumal seit 1990 in der neuen Halle auch eine Absaugung an den Schweißarbeitsplätzen vorhanden gewesen sei. Je nach Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Absaugung seien Spitzenwerte oberhalb des Grenzwertes beim LBH-Schweißen dann nicht auszuschließen, wenn mehr als zwei Stunden bzw. vier Stunden pro Schicht im LBH-Verfahren geschweißt worden sei. Beim WIG-Schweißen seien thoriumhaltige Elektroden verwendet worden, wobei es zu einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der Elektroden komme. Die relevante Jahresdosis von 6 Millisievert (mSV) sei vom Versicherten weit verfehlt worden mit erreichten Dosen von 0,084 bzw. 0,168 mSV ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil an der Gesamtarbeitszeit. Die Belastung durch Bystander-Exposition sei nicht mehr quantifizierbar. Eine BIA-Clearingstelle für Chromat-Belastungen existiere nicht. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzw. ein Biomonitoring seien nie erfolgt. Der Versicherte sei auch nicht bei ODIN (berufsgenossenschaftlicher Organisationsdienst wegen Krebsgefährdung am Arbeitsplatz) gemeldet gewesen.
Prof. B. hat sodann die weitere Stellungnahme vom 3. Juli 2008 erstattet, wonach hinsichtlich der Synkanzerogenese von Chromat/Zinkchromat, Nickeloxid, Asbestfaserstaub, Thorium-Zerfallprodukten und Benzoapyren als gentoxischen, d.h. Tumoren initiierenden Arbeitsstoffen von einem mindestens additiven Wirkungsprinzip auszugehen sei. Die Frage einer Antikanzerogenese stelle sich im Hinblick auf die fraglichen Stoffe nicht, da alle als lungenschädlich im BK-System anerkannt seien. Aufgrund der BIA-Information und der konkreten Arbeitsweise des Versicherten sei eine vierfache Überschreitung der damaligen Grenzwerte als TRK-Richtkonzentration während 5 bis 10 % der Arbeitszeit im Atembereich des Versicherten anzunehmen. Für den 16jährigen Zeitraum des Lichtbogenhandschweißens seien basisch ummantelte Elektroden verwendet worden. Der Gebrauch basischer Elektroden beim LBH-Schweißen sei Hauptursache für die relativ hohen Konzentrationen des Lungenkrebs erzeugenden chromathaltigen Schweißrauches. Der Versicherte habe die übliche Arbeitshaltung beim Schweißen der auf Böcken oder Tischen abgelegten Werkstücke eingenommen, wobei der über der Schweißstelle entstehende Thermikstrom bewirke, dass der Schweißrauch nach oben steige. Dieser könne am Schweißer-Schutzschild vorbei in den Atembereich des Schweißers gelangen. Ab Mitte der 80er Jahre seien die Schutzgasschweißverfahren MAG und WIG verwendet worden. Für das MAG-Schweißen sei mit 41 mg/m³ das sechs- bis siebenfache Überschreiten des damaligen noch sehr hohen Grenzwertes für Schweißrauche von 6 mg/m³ hervorzuheben. Für das WIG-Schweißen lägen die Chromat- und Nickeloxid-Anteile mit 6 bzw. 14 % der Grenzwerte relativ niedrig. Die Belastung durch ionisierende Strahlung bestehe in Höhe von 0,084 bzw. 0,168 mSV jährlich bei einem 5- bzw. 10-prozentigen Anteil der Schweißertätigkeit. Im Ergebnis sei die haftungsauslösende Kausalität für die BK-Ziffer 1103 zu bejahen, ausgehend von einem Additionsprinzip von jeweils 1 für Chromat, Zinkchromat, Nickeloxyd, Asbestfaserstaub, ionisierende Thorium-Zerfallsprodukte und PAK. Im Zusammenwirken der zumindest kurzfristigen Grenzwertüberschreitungen für Chrom VI sowie der additiv wirksamen weiteren fünf lungenschädlichen Berufsstoffen liege keine bloße Gelegenheitsursache im Verhältnis zum konkurrierenden Zigarettenkonsum. Dieser sei nicht als allein wesentlich für das spätere Auftreten der Bronchialkrebserkrankung anzusehen. Daher sei im Ergebnis die BK 1103 mit einer MdE von 100 v.H. ab Januar 1999 wegen Erkrankung an Lungenkrebs durch sechswertige Chromverbindungen in synkanzerogener Kombinationswirkung zu bejahen.
Der Senat hat die Betriebsakte der ehemaligen Firma F. beigezogen hat sodann Prof. B. erneut befragt, wozu es ihn nach einvernehmlicher Absprache mit den Beteiligten im Schreiben vom 25. September 2008 vorgegeben hat, von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Im ersten TAD-Bericht werde davon ausgegangen, dass der Versicherte ab Beginn der 80er Jahre während 5 bis 10 % seiner Arbeitszeit Edelstahl verschweißt habe und dass dabei überwiegend das LBH-Verfahren mit Elektrode zur Anwendung gekommen sei. Im zweiten Bericht werde bestätigt, dass von einer dabei auftretenden Exposition gegenüber chromat- und nickelhaltigen Schweißrauchen von maximal 16 Jahren ausgegangen werden könne. Etwa ab Mitte der 80er Jahre sei das LBH-Verfahren nach und nach durch Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) ersetzt worden.
Prof. B. führte in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2009 aus, die Betriebsakte der Firma F. ergebe, dass der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Erfassung krebserzeugender Arbeitsstoffe, zur Erstellung eines Betriebs-Arbeitsstoffkatasters bzw. Gefahrstoffverzeichnisses bis zur Schließung der Firma 1996 nicht nachgekommen und eine Absauganlage erst 1990 installiert worden sei. Beim Unternehmer F. selbst sei eine BK 1315 (Einwirkung von Isocyanaten) anerkannt worden. Die früheren Belastungen im Betrieb ergäben sich aus dem im Rahmen dieses BK-Verfahrens erstatteten TAD-Bericht vom 25. Oktober 1991, wonach in der kleinen und niedrigen alten Halle bis 1980 überwiegend E-Schweißarbeiten mit einer sehr hohen Feinstaubbelastung infolge geringer Raumhöhe und Fehlens jeglicher Absauganlagen bei zusätzlicher Grob- und Feinstaubbelastung durch Schleifarbeiten sowie zusätzlicher Rauch- und Feinstaubentwicklung durch das Schmiedefeuer durchgeführt worden seien. Aufgrund der Raumverhältnisse sei von einer Konzentration der Feinstaubbelastung oberhalb des MAK-Wertes auszugehen. Erst 1991 sei festgestellt worden, dass sich durch die nach dem Umzug in die neuen Räume zwischenzeitlich installierte Absauganlage die Raumluftverhältnisse wesentlich gebessert hätten. Unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse der WHO sei davon auszugehen, dass der Lebensstilfaktor Rauchen offensichtlich keine synkanzerogene Wirkung im Sinne einer Potenzierung mit Schweißrauchen zeige, wovon auch das Gutachten Prof. M ausgehe. Die von ihm im Erstgutachten auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. M. und Dr. HQ. verwendeten Risikomodelle seien bisher dosimetrisch nicht vom Verordnungsgeber legalisiert worden und eine analoge Anwendung käme einem Schritt zur diesbezüglichen Fortentwicklung des BK-Rechts gleich. Im Ergebnis halte er an seiner Beurteilung in der vorhergehenden Stellungnahme fest.
Der Senat hat abschließend die gutachterliche Stellungnahme des Prof. C. vom 16. Februar 2010 und hierzu nochmals eine Stellungnahme des Prof. B. vom 29. März 2010 eingeholt. Prof. C. hat einen Zusammenhang des Arbeitsunfalles vom 17. Mai 1995 mit der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten erneut verneint. Verneint hat er auch die Voraussetzungen der BK-Ziffern 1103, 4104 sowie 4109 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen zur Anerkennung des Bronchialkrebses des Versicherten als Quasi-BK. Die berufliche Mitverursachung des kleinzelligen Bronchialkrebsleidens hält er nicht mit Wahrscheinlichkeit für erwiesen. Prof. C. ist Prof. B. gefolgt bezüglich der von ihm erhobenen Beanstandungen und Versäumnisse des Unternehmers F., die im Falle des Versicherten die Abschätzung des beruflich bedingten Lungenkrebsrisikos erschwerten. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen fehlten ebenso wie das Einhalten von Arbeitsschutzvorschriften. Danach verblieben Beweislücken bezüglich des Umfanges der Schweißarbeiten an Edelstählen vor 1980, zur Frage der Bystander-Exposition, der Gefährdung aufgrund der in einem maximal 5 %igen Zeitanteil anzunehmenden Arbeiten mit zinkchromathaltigen Grundierungen bzw. Schweißarbeiten an solchen mit Zinkchromat grundierten Metallteilen. Der zeitliche Anteil der in geringem Umfange getätigten Schweißarbeiten an verölten Blechen sowie des Umganges mit Teerfarben – jeweils unter Freisetzung von PAK – bleibe ebenfalls offen. Betriebsärztliche Untersuchungen fehlten ebenso wie ein Biomonitoring von Chrom- und Nickelverbindungen im Harn sowie die Meldung des Unternehmens an ODIN. Die Annahme der Schadstoff-Exposition gegenüber den verschiedenen synkanzerogenen lungenkrebsrelevanten Noxen sei Prof. B. folgend zu bestätigen. Auch die Annahme einer additiven Synkanzerogenese der genannten Arbeitsstoffe erscheine gerechtfertigt, zumal das Konzept der Verursachungswahrscheinlichkeit mit Einführung der neuen BK 4114 vom Verordnungsgeber umgesetzt worden sei. Soweit Prof. B. von Dosisgrenzwerten für Chrom von 2000 und für Nickel von 5000 µg pro m3 Luft ausgehe, sei dem zuzustimmen. Pesch und Mitarbeiter hätten in einer Literaturstudie 2009 die Ableitung eines wissenschaftlich belastbaren Dosismaßes für eine Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos als unsicher bezeichnet. Eine sozialpolitische Konvention im Sinne eines vereinfachten BK-Anerkennungsverfahrens könne Pesch zufolge an Werte im Bereich des Vorschlages von M. und HQ. anknüpfen. Abweichend von Prof. B. sei von einem Zigarettenkonsum des Versicherten bis zum Tode und damit von bis zu 30 Packungsjahren auszugehen. Nach den LSG-Vorgaben sei nicht von einer 1,5 bis dreijährigen ganztägigen Schweißtätigkeit auszugehen, sondern nur von einer 0,8 bis 1,6-jährigen, so dass die Gesamtverursachungswahrscheinlichkeit für Chrom VI, Nickel und Asbest in Höhe von nur 0,30 statt 0,41 bei Prof. B. einzuschätzen sei. Somit ergebe sich gegenüber Prof. B. ein deutlich geringeres relatives Risiko von 1,43. Um auf ein relatives Risiko von mindestens 2 entsprechend der Risikoverdoppelung zu kommen, müssten die von Prof. B. genannten aber nicht quantifizierbaren Risiken ein zusätzliches relatives Risiko von 1,57 und damit mehr als durch die Schweißrauchbelastung mit Chrom und Nickel sowie die Asbestbelastung zusammen bzw. eine zusätzliche Verursachungswahrscheinlichkeit von 0,20 verursacht haben. Dies sei nicht wahrscheinlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach Vorgaben des Berufungsgerichts etwa ab Mitte der 80er Jahre das LBH-Verfahren nach und nach durch Schutzgasschweißverfahren ersetzt worden sei, aber über den gesamten Zeitraum mit einer hohen Chromatkonzentration von 400 µg/m³ gerechnet worden sei, obwohl diese bei der alternativen Anwendung der Schutzgasschweißverfahren erheblich geringer gewesen sei. Dem erhöhten kanzerogenen Risiko durch die Belastung mit Thorium bei Anwendung des WIG-Verfahrens habe damit ein geringeres Krebsrisiko durch die wesentlich geringere Chromatbelastung gegenüber gestanden. Im Ergebnis gehe er danach davon aus, dass der Einfluss von Nikotin allein zur Entstehung der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten geführt habe. Das relative Risiko von 1,43 nach seiner Berechnung liege deutlich unterhalb der Werte, die einem Verdoppelungsrisiko durch die arbeitsbedingten Lungenkrebsrisiken entsprächen. Dem gegenüber ergebe der nicht versicherte Zigarettenkonsum ein relatives Risiko von 10 und damit eine überragende Teilursache.
Prof. B. hat mit seiner abschließenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass trotz der Vorgaben des Berufungsgerichts 14 Berufsjahre als Schlosser und Schweißer vor 1980 mit ihren sonstigen lungenkrebserzeugenden, selbst sicherheitstechnisch anerkannt besonders gesundheitsgefährdenden Expositionsszenarien kausal-analytisch keinesfalls ungeschehen seien und damit nicht hinweggedacht werden dürften, ohne dass der Erfolg entfiele. Denn die Lungenkrebserkrankung des Versicherten wäre in derselben Ausprägung und Schwere nicht zu demselben Zeitpunkt allein durch den Zigarettenkonsum verursacht worden. Letztlich müsse immer von einer individualisierenden Kausalitätsbetrachtung ausgegangen werden. Danach sei der Versicherte mit seinen Rauchgewohnheiten und Anlagen, den daraus resultierenden individuellen Belastungen und Krankheitsdispositionen in demjenigen Gesundheitszustand geschützt gewesen, in dem er seine versicherte Tätigkeit als Schlosser und Schweißer etwa 30 ½ Jahre lang verrichtet habe. Zur Bedeutung der Risikoverdoppelung für den ärztlichen Sachverständigenbeirat hat er ausgeführt, seit 1991/1992 habe der Beirat dem Verordnungsgeber lediglich dreimal empfohlen, neue BKen an Dosis-Grenzwerte auf der Grundlage einer Risikoverdoppelung zu binden. Dies aber dann auch stets nur unter den strengen, einschränkenden Grundvoraussetzungen des Bestehens einer Volkskrankheit sowie des Vorhandenseins epidemiologisch belastbarer Dosis-Wirkungs-Beziehungen und weit zurückreichender belastbarer Expositionskatasterdaten. Der Versicherte habe zwar an einer Volkskrankheit in Form des Lungenkrebses gelitten. Für die Kombination der ihn fünf- bis sechsfach synkanzerogen belastenden Stoffe seien aber mit Sicherheit weltweit keine epidemiologisch belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht. Die Rechtstheorie der wesentlichen Bedingung erfordere nicht stets eine Risikoverdoppelung, weshalb Prof. C. nicht zu folgen sei in der Feststellung, dass lediglich eine VW von 0,50 die Qualität einer bk-rechtlich relevanten Ursache erreiche. Die Krasney’sche Prozentrelation gehe von einer nicht wesentlichen Ursache bei einem Verursachungsanteil von unter 10 % aus und einer rechtlich wesentlichen Verursachung bei mindestens 33,3 %. Für die dazwischen liegende Zone sei eine sorgsame Prüfung erforderlich. Prof. C. errechne eine VW für Chrom, Nickel und Asbest von 0,30 und halte die fehlende WV von 0,20 durch die nicht quantifizierbaren Risiken Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte für nicht erreicht. Diese Lücke sollte geschlossen werden. Als bestverfügbare Schätzungen für jede der drei dosimetrisch nicht ermittelbaren, aber ebenfalls Lungenkrebs verursachenden Expositionen für Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte lasse sich jeweils mindestens eine VW von ca. 1 % annehmen, bei additiver Synkanzerogenese eine VW von 0,03. Unter Einbeziehung der Schätzung des Prof. C. ergebe sich daraus eine VW von 0,30 plus 0,03 = 0,33. Danach sei im Hinblick auf die Krasney’sche Formel der beruflichen Verursachungsanteile insgesamt wesentlich. Der für die todbringende Erkrankung an Lungenkrebs teilursächlich unstreitig sehr wesentliche Zigarettenkonsum von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren sei sozialmedizinisch im Rahmen der Unternehmerhaftpflichtversicherung nicht als Lebensführungsschuld zu beurteilen, die trotz gleichfalls bestehender teilursächlich wesentlicher, arbeitsbedingt versicherter, synkanzerogener, lungenkrebsverursachender Exposition zwangsläufig zum Haftungsausschluss führe. Auf telefonische Rückfrage hat Prof. B. am 23. August 2010 klargestellt, dass im Verhältnis von Zigarettenrauch zu den im Schweißrauch enthaltenen lungenkrebsfördernden Schadstoffen (Chromat, Nickel, Asbest) am ehesten von einer additiven Kanzerogenese auszugehen sei.
Die Klägerin folgt der Beurteilung des Prof. B. und sieht den beruflichen Zusammenhang der Bronchial Krebserkrankung des Versicherten mit Wahrscheinlichkeit als erwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 zu verurteilen, das Bronchialkarzinom des Versicherten E. D. als Berufskrankheit nach Nrn. 1103, 4104, 4109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung,
hilfsweise
als Wie-BK anzuerkennen und der Klägerin aus Anlass des Todes des Versicherten Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Listen-BK und einer Wie-BK für nicht erfüllt. Sie hat insbesondere die BK-Ziffer 1103 weiter verneint. Eine langjährige intensive und damit hinreichende Einwirkung von sechswertigen Chromaten von 1980 bis 1996 sei ausgehend von einer Exposition in höchstens 10 % der Arbeitszeit nicht belegt. Nur bis Mitte der 80er Jahre sei lichtbogenhandgeschweißt worden. Danach seien bei Schweißverfahren die TRK-Richtwerte nicht überschritten worden. Ab 1990 habe eine Absaugung für Schweißrauche bestanden. Auch Prof. B. habe eine ausreichende Belastung nicht feststellen können. Seine Berechnungen ergäben einen Wert unterhalb der Verdoppelungsdosis von 2000 µg/m3, so dass eine monokausal schädigende Einwirkung nicht nachgewiesen sei. Die Exposition gegenüber den übrigen Lungenschadstoffen sei nur gering gewesen, so dass eine Addition der Prozentanteile der quantifizierbaren Noxen keine ausreichende Exposition ergebe. Soweit Prof. B. über den Weg der Synkanzerogenese eine BK vorschlage, stehe dem das Nichterreichen der Verdoppelungsdosis entgegen. Das Krasney’sche Drittel habe bislang in der Rechtsprechung keine Bestätigung gefunden. Dem gegenüber sei die Tabakrauchbelastung des Versicherten qualitativ und quantitativ gesichert, die zweifelsfrei allein ausreiche, um eine Bronchialkrebserkrankung zu verursachen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Betriebsakte der Firma F. Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Streitgegenstand ist ausschließlich die Bewilligung von Hinterbliebenenleistungen (§ 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII) – insbesondere Witwenrente nach § 65 SGB VII. Lebzeitenleistungen macht die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten im Hinblick auf § 59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – SGB I auf gerichtlichen Hinweis im Senatstermin vom 31. August 2010 nicht mehr geltend.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenleistungen, insbesondere Witwenrente, nach den §§ 63 Abs. 1, 65 SGB VII.
Nach § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII setzt der Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen voraus, dass der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist, was der Senat nicht feststellen konnte. Denn die zum Tode führende Bronchialkrebserkrankung des Versicherten erfüllt weder den Tatbestand einer Listen-BK nach § 9 Abs. 1 SGBB VII i.V.m. einer oder mehreren Ziffern der Anlage 1 zur BKV noch den Tatbestand einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII. Anders als bei an Berufserkrankte zu erbringenden Lebzeitenleistungen, die die Beklagte für jeder BK-Ziffer in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren zu prüfen und durch Verwaltungsakt zu bescheiden hat, ist für den Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen die Feststellung eines Versicherungsfalls nur ein Tatbestandsmerkmal, d.h. ein unselbständiges Begründungselement (BSG, Urteil vom 12. Januar 2010, Az.: B 2 U 5/98 R). Das Begehren der Klägerin war daher einer umfassenden Prüfung unter Beachtung aller in Betracht kommenden BK-Ziffern zu unterziehen.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 2, 3 und 6 SGB VII) erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Beim Versicherten kommen zur Anerkennung als sog. Listen-BK die Ziffern 1103 (Erkrankung durch Chrom oder seine Verbindungen), 2402 (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen), 4104 (Lungen- oder Kehlkopfkrebs durch Asbesteinwirkung), 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel oder seine Verbindungen) und 4113 (Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) in Betracht. Eine Listen-BK beinhaltet im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale: Die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o.ä. auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen weiterer Krankheitsfolgen ist sodann im Rahmen der sog. haftungsausfüllenden Kausalität zu überprüfen. Während für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, genügt, sind die übrigen Tatbestandsmerkmale im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen (BSGE 103, 59, 60). Eine Tatsache ist im Vollbeweis bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 1, 9; 19, 52, 53; 7, 103, 106). Die für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge geforderte hinreichende Wahrscheinlichkeit wird erreicht, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (s. BSG vom 2. Juni 1959, SozR § 542 Reichsversicherungsordnung –RVO– a.F. Nr. 20). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59; 96, 196; 103, 59). Für die Einwirkungskausalität, die haftungsbegründende Kausalität wie auch die haftungsausfüllende Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung, die als Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie hat, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (sog. conditio sine qua non, s. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 = BSGE 96, 196 ff.). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach einem Arbeitsunfall, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen bzw. Einwirkungen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Letzterer bestimmt sich unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde (s. BSGE 96, 196, 297; BSGE 103, 59, 63).
Bei Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Frage kommenden BK-Ziffern geht der Senat nach den Ermittlungen des TAD in Jahren 1991 (Bericht vom 25. Oktober 1991), 2001 (Bericht vom 22. Juni 2001) und 2007 (Bericht vom 27. Februar 2007) hinsichtlich der Tätigkeit und der Arbeitsbedingungen des Versicherten von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:
Der Versicherte war von Juni 1966 bis November 1996 als Schlosser bei der Firma F. in D. beschäftigt, die mit dem Ausscheiden des Versicherten ihren Betrieb eingestellt hat. Die Firma stellte Stahlkonstruktionen für das Baunebengewerbe her. Bis 1979 war die Firma in der N. in D. in einer Werkstatt untergebracht, mit einer Größe von 7x4 m und einer Höhe von 2,5 m. Da alle in der Werkstatt tätigen Mitarbeiter als Schlosser mit Schweiß- und Schleifarbeiten beschäftigt waren, herrschte in der lediglich über ein Hallentor belüfteten, niedrigen Werkstatt eine hohe Feinstaubkonzentration. Soweit die Schweißarbeiten nicht an einem überdachten Arbeitsplatz im Freien durchgeführt wurden, wurde in der Werkstatt ohne Absaugung geschweißt. In der Werkstatt war zudem ein Schmiedefeuer vorhanden, an dem damals noch vermehrt Schmiedearbeiten verrichtet wurden mit weiterer Rauch- und Feinstaubentwicklung, so dass davon auszugehen ist, dass in der Werkstatt ständig eine hohe Belastung durch Feinstäube und Rauche oberhalb des MAK-Wertes herrschte.
Seit 1980 war die Firma F. in eine neue Halle nach D-X. umgezogen, deren Größe 36x16 m bei einer Höhe von 5 m betrug. Die Belüftung der Halle erfolgte durch ein Hallentor, eine Tür und acht Kippfenster. Sie war ab 1990 mit einer nachzuführenden alle Schweißarbeitsplätze erreichenden Schweißrauchabsaugung ausgerüstet, die bei größeren Schweißarbeiten regelmäßig, bei kleineren kurzzeitigen Schweißarbeiten eher selten benutzt wurde. Der Betrieb hatte nach den Angaben des Unternehmers F. aus dem Jahr 1991 in der alten Halle sechs bis acht Mitarbeiter, mit denen zunächst auch in der neuen Halle gearbeitet wurde. Soweit der Unternehmer F. dem TAD gegenüber 2001 von 10 bis 15 Mitarbeitern sprach, kann sich dies nur auf die Jahre nach 1991 bezogen haben. Von 1966 an waren drei Viertel der Mitarbeiter in der Regel in der Werkstatt tätig und ein Viertel auf Baustellen. In der neuen Halle kamen Aluarbeiten hinzu, da Alufensterkonstruktionen hergestellt wurden unter Verwendung isocyanatehaltiger Zweikomponentenkleber. Spritzlackier- und Streicharbeiten mit Universalverdünner fielen wöchentlich in einem Umfang von ein bis zwei Stunden an sowie Spachtelarbeiten zum Glätten metallischer Oberflächen mit Polyesterspachtelmasse im Umfang von zwei bis drei Stunden wöchentlich. Die Arbeiten wurden teils außerhalb der Halle verrichtet. Da meist verschiedene Werkstücke in der Werkstatt erstellt wurden, wurden die unterschiedlichen Arbeiten häufig nebeneinander ausgeführt. Der Zuschnitt der zu verarbeitenden Metallteile erfolgte mittels Kreissäge mit Kühlschmierstoff oder durch Brennschneiden – früher autogen, später mit dem Plasmabrenner, einem Handgerät.
Nach Angaben des Unternehmers F. vom 14. März 2001 gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten verrichtete der Versicherte in etwa 30 % der Arbeitszeit Schweißerarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren – MAG). Edelstahl wurde ab Anfang der 80er Jahre verschweißt, dies allerdings nur gelegentlich in maximal 5 % (so Angabe des Unternehmers F.) bzw. 10 % (so Angabe des Arbeitskollegen G.) der Tätigkeit. Dabei kamen nach TAD-Recherchen basische Elektroden mit einem Durchmesser von 2,5 mm beim Heften bzw. 3,25 mm beim Lagenschweißen zum Einsatz. Edelstahl wurde überwiegend im LBH-Verfahren mit Elektrode, in geringem Umfang im MAG-Verfahren eventuell auch im WIG-Verfahren (WIG = Wolfram-Inertgas-Verfahren) verschweißt. Nach ergänzenden Ermittlungen des TAD ist ab Mitte der 80er Jahre das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) vermehrt eingesetzt worden, das nach und nach an die Stelle des LBH Verfahrens trat, wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG-Schweißen verwandt wurden. Von einer Thorium-Belastung war insbesondere beim Anschleifen der Elektroden auszugehen. In geringem Umfang wurde auch öliges Material verschweißt, wobei dasselbe normalerweise zunächst entfettet und dann geschweißt wurde. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Der Versicherte nahm die bei der Herstellung/Bearbeitung kleinerer Stahlkonstruktionen übliche Arbeitshaltung ein, wobei die zu bearbeitenden Stahlteile auf Böcken oder einem Tisch lagen. Große Konstruktionen aus Edelstahl wurden üblicherweise nicht hergestellt und Arbeiten in engen Räumen nicht durchgeführt. Schleifarbeiten an Stahl im Rohzustand erfolgten mit einem Einhandwinkelschleifer, wobei deren zeitlicher Anteil etwa 10 % der Gesamtarbeitszeit betrug. Seit 1979 standen bei Schleifarbeiten Papiermasken zur Verfügung. Gelegentlich wurden Bohr- und Fräsarbeiten unter Zufuhr eines Kühlschmierstoffes durchgeführt, in der alten Halle wurden Lackierarbeiten mit Rolle und Pinsel ausgeführt. Im neuen Betrieb stand ein Kompressor zur Verfügung und es wurde gelegentlich auch mit Spritzpistole lackiert. Zunächst wurde Bleimenninge verarbeitet, später auch Zinkchromatgrund. Zinkchromatgrund wurde vom Versicherten mit der Rolle verarbeitet. Ab Mitte der 70er Jahre wurde der Stahl in zunehmendem Maße nach der Bearbeitung feuerverzinkt. Umgang mit teer- oder bitumenhaltigen Materialien bestand in geringem Maße beim Streichen von Teilen mit Teerfarbe. Für die Dauer von vier Wochen hatte der Versicherte Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten als Balkonverkleidung, die vor der Montage angebohrt und selten nachgeschnitten wurden. Bei der ca. drei Monate andauernden Montage astbesthaltiger Brandschutzplatten am Klinikum D. war der Versicherte aushilfsweise tätig. Am 17. Mai 1995 erlitt der Versicherte einen Arbeitsunfall beim Abscheiden feuerverzinkter Rundrohre und Trägerprofile durch autogenes Schweißen. Er atmete dabei auftretende Zinkdämpfe ein.
Während des gesamten Berufslebens war der Versicherte Raucher. Der behandelnde Internist Dr. I. hat wiederholt berichtet, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht hatte (Berichte vom 24. August 1995 und 8. Dezember 1999) und auch der HNO-Arzt Dr. H. sowie der Internist Dr. O. (Bericht vom 29. November 1995) sowie der Internist Dr. L. (Bericht vom 12. Mai 1999) haben den Nikotinmissbrauch bestätigt. Entgegen der Annahme des Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 hat der Versicherte nicht nur bis 1995 geraucht sondern offenbar noch in seinem letzten Lebensjahr. Denn der Internist Dr. J. schrieb am 28. April 1999, dass der Versicherte "bis jetzt" rauche. Dementsprechend geht der Senat in Übereinstimmung mit Prof. C. in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 16. Februar 2010 und Dr. J. im Bericht vom 24. September 1999 davon aus, dass die Gesamtnikotinbelastung sich von 1960 bis 1999 dem Berechnungsmodus der Sachverständigen Professores B. und C. entsprechend auf 29,25 Packungsjahre beliefen und nicht nur auf 26,25, wie Prof. B. bei einer um vier Jahre kürzeren Raucheranamnese geschätzt hatte. Dr. J. spricht von ca. 30 Packungsjahren, Prof. C. von bis zu 30 und auch Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren.
Der Versicherte ist, worüber Professores B., C. und PS. einig sind und was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, an den Folgen eines im April 1999 erstmals diagnostizierten Bronchialkarzinoms des linken Lungenunterlappens am 18. Dezember 1999 verstorben. Er war von 1966 bis 1996 als Schlosser bei der Firma F. infolge seiner versicherten Tätigkeit der lungenschädlichen Einwirkung Chrom VI- und nickeloxidhaltiger Schweißrauche, zinkchromathaltiger Tröpfchenaerosole, von Asbestfaserstaub, ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit der Leitsubstanz BaP ausgesetzt, so dass insoweit die Einwirkungskausalität zu bejahen ist. Ohne die Einwirkung dieser Berufsschadstoffe wäre es nicht zum Auftreten der Bronchialkrebserkrankung des Schweregrades und im Alter von 60 Jahren bei dem Versicherten gekommen, wobei als weitere naturwissenschaftliche Mitursache seiner Krebserkrankung aus dem privaten unversicherten Umfeld der langjährige Nikotinkonsum hinzutritt. Dies hat Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 ausgeführt und in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 nochmals bestätigt. Auch Prof. C. teilt als weiterer gerichtlicher Sachverständiger diese Auffassung, so dass alle vorgenannten Lungenschadstoffe beruflicher wie privater Herkunft zur Überzeugung des Senats als naturwissenschaftliche Ursachen im Sinne der Conditio-sine-qua-non-Formel feststehen.
Die Asbestbelastung und die PAK-Exposition erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen BK-Ziffern nicht.
Eine nach Ziffer 4104 zur BK-Anerkennung gestellte Lungenkrebserkrankung erfordert den Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von 25 Faserjahren, soweit – wie beim Versicherten – eine Asbestose bzw. eine asbestbedingte Pleuraerkrankung nicht nachgewiesen sind. Der Versicherte war einer Asbesteinwirkung beim Verarbeiten von Asbestzement- und Eternitplatten für die Dauer mehrerer Monate ausgesetzt, wodurch es nach Berechnungen des TAD im Bericht vom 22. Juni 2001 zu einer Asbestfaserstaubbelastung im Umfang von 3,3 Faserjahren gekommen war, die die vom Verordnungsgeber geforderte, an der Verdoppelungsdosis ausgerichtete Belastungsgrenze von 25 Faserjahren deutlich verfehlt.
Dasselbe gilt für die BK-Ziffer 4113 im Hinblick auf die Belastung des Versicherten durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe mit der Leitsubstanz BaP. Der Versicherte unterlag einer BaP-Einwirkung beim Streichen der Stahlkonstruktionen mit teer- bzw. bitumenhaltigen Farben sowie dem beweglichen Schweißen verölter Bleche. Hinzu kam die durch das Schmiedefeuer in der kalten Halle frei werdenden Pyrolysestoffe. Zu Details dieser Arbeiten und der resultierenden Belastungen konnte der TAD durch Befragung des Unternehmers F. lediglich ermitteln, dass vorgenannte Arbeiten nur in geringem Umfange verrichtet wurden. Eine quantifizierbare Dosis – insbesondere die zur Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung unter dem Aspekt der Verdoppelungsdosis geforderte Einwirkung von 100 BaP-Jahren - ist ausweislich der Stellungnahme des Prof. B. vom 20. Juni 2009 auf dieser Grundlage nicht feststellbar.
Ein Versicherungsfall der BK-Ziffer 4114 (Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und PAK) bedurfte keiner näheren Überprüfung, obwohl der Versicherte beiden Noxen bei der Firma F. ausgesetzt war. Denn die durch die 2. Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) eingeführte BK erfasst über die Rückwirkungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV nur Versicherungsfälle ab 1. Oktober 2002 und damit nicht den 1999 aufgetretenen Bronchialkrebs des Versicherten.
Keine der übrigen Berufsnoxen hat nach der Theorie der wesentlichen Bedingung allein das Lungenkrebsleiden des Versicherten bewirkt, so dass für die BK-Ziffern 2402, 4109 und 1103 nicht von einer monokausalen, d.h. nur durch den in der jeweiligen Ziffer genannten Schadstoff hervorgerufenen Entstehungsursache auszugehen und insofern die haftungsbegründende Kausalität nicht zu bejahen war.
Der Versicherte war nach den TAD-Feststellungen einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der beim WIG-Schweißen verwendeten Wolfram-Elektroden ausgesetzt, die zu keiner im Rahmen der BK-Ziffer 2402 wesentlichen, lungenschädlichen (dazu Anhang 2 zum Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-Nr. 2402, veröffentlicht bei Mehrtens-Brandenburger, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar M 2402, wo eine hohe Strahlungsempfindlichkeit der Lunge bestätigt wird) ionisierenden Strahlenbelastung führte. Denn bei der BK 2402 ist wie auch bei den übrigen für den Versicherten relevanten BK-Ziffern zur Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität der berufsbedingten Schadstoffexposition an eine Dosis-Wirkungsbeziehung anzuknüpfen, wobei als Dosis diejenige Menge eines Schadstoffes anzusehen ist, der innerhalb einer bestimmten Zeit zur Einwirkung kommt. Die schädigende Einwirkung muss nicht nur ihrer Art nach, sondern auch nach Dauer und Intensität zur Verursachung der Krankheit konkret geeignet sein (beispielhaft: Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.2 und 27.1 zu E § 9 SGB VII). Die haftungsbegründende Kausalität ist im Allgemeinen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit monokausal zu begründen, wenn Intensität und Dauer der Einwirkung des jeweiligen Listenstoffes zu einer Risikoverdoppelung führen (herrschende Meinung, beispielsweise Mehrtens-Brandenburger, a.a.O. sowie Urteil des LSG Schleswig-Holstein in Breithaupt 2008, 308). Die Verdoppelungsdosis für Lungentumore soll bei Erwachsenen nach Einwirkung ionisierender Strahlung im Bereich von 2 Millionen Mikro-Sievert (= 2 Sievert) liegen (Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Ziffer 3.2 zu M 2402). Der TAD hat hierzu mit Stellungnahme vom 27. Februar 2007 dargelegt, dass über den Abbrand des Wolframanteils in den Elektroden keine Messwerte vorliegen und dass weder über die verwendeten Elektroden noch die Häufigkeit des Anschleifens bei der Firma F. Auskünfte erhoben werden konnten. Von einem Anschleifvorgang pro Schweißstunde ausgehend – was den Erhebungen des Fachausschusses "Schweißen" entspricht – ergibt sich bei Verwendung von WT 40 Elektroden ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil der Schweißarbeiten an der Gesamtarbeitszeit eine Belastung von 0,084 bis 0,168 mSv pro Jahr, womit die in der BG-Information 746 "Umgang mit thoriumhaltigen Wolfram-Elektroden beim WIG-Schweißen" genannte Jahresdosis von 6 mSv deutlich unterschritten wurde. Prof. B. hat diese Schätzung seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 3. Juli 2008 zugrunde gelegt. Mit weiterer Stellungnahme vom 20. Juni 2009 hat er für den Senat überzeugend bestätigt, dass für Thorium damit eine hinreichende und dosimetrisch verwertbare inhalativ aufgenommene Menge nicht erwiesen ist. Auch Prof. C. geht in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2010 von einem nicht quantifizierbaren Risiko für Thorium beim WIG-Schweißen aus. Mit dem Vorschlag des Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010, die Belastung durch Thorium-Zerfallsprodukte mit einer VW von 0,01, d.h. ca. 1 % zu berücksichtigen, wird deutlich, dass eine VW von 0,50 im Sinne einer Risikoverdoppelung für Thorium nicht diskutabel ist.
Dasselbe gilt für die BK 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel oder seine Verbindungen) hinsichtlich der Nickelbelastung. Der Versicherte war einer Nickelexposition in der Firma F. beim Schweißen, beim Plasmaschneiden sowie auch beim Schleifen nickelhaltiger Werkstoffe ausgesetzt (zu diesen Risikotätigkeiten: Ärztliches Merkblatt zur BK 4109 unter Ziffer I, veröffentlicht bei Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., M 4109). Da keine konkreten Belastungswerte am Arbeitsplatz des Versicherten erhoben wurden, folgt der Senat - wie auch die gerichtlichen Sachverständigen Professores B. und C. - dem Vorschlag des TAD in dessen Stellungnahme vom 27. Februar 2007, personenbezogene Vergleichswerte anhand der vom BIA im Rahmen einer Feldstudie "Nickel- und Chromatexposition an Schweißarbeitsplätzen, Empfehlung für die messtechnische Überwachung" in BIA-Information Nr. 2/87 einer Gefährdungsabschätzung zugrunde zu legen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass beim LBH-Schweißen an Edelstahlteilen im Vergleich zu den übrigen Schweißverfahren (MAG, MIG, WIG-Schweißen) die höchsten Konzentrationen von Schweißrauchen am Arbeitsplatz auftreten, hat das BIA dabei resultierende Schweißrauch-, Nickel-, Chrom- und Chromatbelastungen ermittelt, wobei die Nickelbelastung unabhängig vom verwendeten Schweißverfahren durchweg unterhalb des Grenzwertes von 0,5 mg/m3 lag. Ausgehend von einer Nickelbelastung von 0,24 µg Nickel pro m3 beim LBH-Schweißen hat Prof. B. eine kumulative Nickel-Dosis im Mittelwert einer Belastung von 0,8 bzw. 1,6 Jahren von 288 µg/m3 x Jahr und Prof. B. bei einer Belastung von 1,5 bzw. 3 Jahren eine solche von 540 µg/m3 x Jahr errechnet. Soweit Prof. B. die Belastung für eine dreijährige ganztägige Schweißtätigkeit in Höhe von 720 µg Nickel/m3 x 1 Jahr und für beide Zeiträume vermittelnd in Höhe von 540 µg errechnet hat, waren diese Werte nicht relevant. Denn sie beruhen auf der Annahme, dass der Versicherte 30 Jahre lang ab 1966 Edelstahl verschweißt hatte, was bei der Firma F. nicht der Fall war. Denn die Nachfrage nach Edelstahl setzte dort erst in den 80er Jahren ein, wie der TAD 2007 nachermitteln konnte. Die danach allein relevanten Werte von 288 bzw. 540 µg Nickel/m3 x Jahre liegen deutlich unterhalb der Grenze, ab der eine Verdoppelungsdosis für das nickel-induzierte Bronchialkarzinom erreicht wird und die bei einer kumulativen Dosis von 5.000 µg/m3 x Jahre angenommen wird (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1120; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 6 zu M 4109; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007 – L 1 U 44/03 in: Breithaupt 2008, 308; BSG Urteil vom 12. Januar 2010, - B 2 U 5/08 R - juris), was auch Prof. B. und Prof. C. nach Aufarbeitung der arbeitswissenschaftlichen Literatur so bestätigt haben.
Für die Belastung des Versicherten mit Chrom und seinen Verbindungen – wovon in erster Linie sechswertige Chromverbindungen Bedeutung erlangen - gilt im Rahmen der BK-Ziffer 1103 nichts anderes. Die qualitative Zusammensetzung der Schweißrauche hängt wesentlich von den Schweißzusatzstoffen (Elektroden) ab, da Schweißrauch fast ausschließlich aus diesen freigesetzt wird. Eine lungenschädliche Belastung mit sechswertigen Chromverbindungen entsteht dabei vor allem beim LBH-Schweißen mit chromhaltigen Stabelektroden, wobei nach den Feststellungen des TAD - die Prof. B. und Prof. C. in ihren Gutachten und Stellungnahmen zugrunde gelegt haben – auch TRK-Richtwertüberschreitungen beim Schweißvorgang zu verzeichnen sind. Die Verdoppelungsdosis für die vor allem beim LBH-Edelstahlschweißen auftretende Chromat-VI-Belastung wird von den gerichtlichen Sachverständigen bei 2.000 µg/m3 x Jahre gesehen (ebenso BSG, Urteil vom 12. Januar 2010, a.a.O., Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1117). Der Wert entspricht dem Vorschlag von M. und Q. und ist abgeleitet vom früheren TRK-Wert für die Dauer von zehn Jahren. Vereinzelt werden geringere Werte genannt mit Reduktion der Belastung auf 1.100 bzw. 1.000 µg/m3 x Jahre (LSG Schleswig-Holstein, a.a.O. und Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 4 zu M 1103). Der Versicherte erreichte jedoch keinen dieser Werte nach der zutreffenden Berechnung des Prof. C., der bei 0,8 bis 1,6jähriger Belastung eine kumulative Chromat-Dosis von im Mittel 480 µg/m3 Jahre errechnet hat. Der Berechnung des Prof. B. konnte der Senat allenfalls insoweit folgen, als er von einer 1,5jährigen Belastung mit einer kumulativen Chromat-Dosis von 600 µg/m3 x Jahre ausgeht. Denn bei der Firma F. wurde nach den Feststellungen des TAD vom 27. Februar 2007 erst ab 1980 Edelstahl verschweißt. Selbst wenn man die günstigste Einschätzung des Arbeitskollegen G. zugrunde legt, dass der Versicherte 10 % der Arbeitszeit – und nicht nur 5 % laut Angabe des Unternehmers F. - Edelstahl geschweißt hatte, darf für die 16 Jahre von 1980 bis 1996 nicht eine dreijährige, sondern – so Prof. C. zutreffend – eine maximal 1,6jährige Belastung zugrunde gelegt werden. Beide Werte (480 bzw. 600 µg/m3 x Jahre) verfehlen die allgemein für eine Verdoppelungsdosis geforderten Werte – wie auch die vereinzelt vertretenen reduzierten Werte – deutlich, so dass auch im Hinblick auf die BK-Ziffer 1103 eine monokausale Verursachung ausscheidet.
Den Versicherungsfall einer BK 1103 konnte der Senat – entgegen dem Vorschlag des Prof. B. – auch nicht im Wege einer synkanzerogenen Kombinationswirkung unter Mitwirkung von zumindest fünf lungenschädlichen Berufsschadstoffe zugunsten der Klägerin feststellen. Denn auch unter Berücksichtigung der allein quantifizierbaren Lungenschadstoffe Chrom VI, Nickel und Asbest ist eine Risikoverdoppelung bzw. ein RR von mehr als zwei entsprechend einer VW von 0,5 nicht zu begründen, so dass berufliche Kausalfaktoren als wesentliche (Mit)Ursache der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwiesen sind.
Beim Versicherten kam es in 30jähriger Tätigkeit als Schlosser und Schweißer bei der Firma F. zu Expositionen gegenüber fünf Berufsschadstoffen: Chrom VI - und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen, zinkchromathaltigen Tröpfchen-Aerosolen beim Auftragen von Grundierungen, ionisierenden Thorium-Zerfallprodukten beim WIG-Schweißen mit Wolfram-Elektroden, Asbestfaserstaub beim Umgang mit Asbestzement- und Eternitplatten sowie PAK bei Schweißarbeiten an verölten Blechen, bei Anstreicharbeiten mit Teerfarben und infolge der Pyrolyseprodukte des Schmiedefeuers. Für alle vorgenannten Stoffe ist eine lungen- bzw. bronchialkrebsprovozierende Wirkung gesichert. Dabei ist mit Professores B. und C. von einer Verstärkung der krebserzeugenden Wirkung durch gleichzeitige oder aufeinander folgende Gabe mindestens zweier krebserzeugender Stoffe – also von einer Synkanzerogenese (zum Begriff Becker, Synkanzerogenese aus sozialjuristischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2005, 115; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O.) – auszugehen.
Bei Schweißarbeiten – insbesondere an Edelstahl – soll die BK-Bewertung nach der "führenden Schweißrauchkomponente" erfolgen, als die nach Professores B. und C. die Chrom-VI-Belastung des Versicherten anzusehen ist. Folglich hatte der Senat – insoweit Prof. B. folgend - zu prüfen, ob beim Versicherten eine BK 1103 durch chrom-VI-haltige Schweißrauchbestandteile bei synkanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe festzustellen ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt (Urteil des BSG vom 12. Juni 1990 - 2 RU 14/90 - juris, Becker, a.a.O., S. 115), dass dem Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen in einer Gruppe, die als Kollektiv für einen Erfolg wesentlich ist, soviel Eigenbedeutung zukommt, dass damit auch jedem einzelnen Listenstoff des Einwirkungsgemisches wesentliche Bedeutung für den Erfolg im Sinne eines BK-Tatbestandes zukommt (so zuletzt auch Urteil des BSG vom 12. Januar 2010, B 2 U 5/08 R - juris).
Bei derartigen Krebserkrankungen lässt sich infolge der langen Latenzzeit von mehreren Jahrzehnten ein Pathomechanismus nicht nachvollziehen, zumal die Einlagerung der Noxen oder Brückenbefunde nicht feststellbar sind. Wahrscheinliche Ursachenzusammenhänge können daher nur auf der Grundlage allgemein anerkannten Wissens über biologische Wirkungszusammenhänge und einschlägiger epidemiologischer Untersuchungen zu expositionsspezifisch erhöhten Erkrankungsrisiken festgestellt werden, womit in der Einzelfallprüfung letztlich an die Erkenntnisse anzuknüpfen ist, die bei Einführung des BK-Tatbestandes ausschlaggebend waren. Anders als der Verordnungsgeber bei Einführung einer BK, der sich bei Erweiterung/Einführung der BKen 4104 3. Alternative, 4114, 4113 zuletzt zwar wiederholt an einer Risikoverdoppelung orientiert hat, was er indessen nach der Rechtsprechung des BSG nicht tun muss (BSGE 84, 30, 37 zur BK 2108), haben Versicherungsträger und Gerichte bei Prüfung des Einzelfalles kein weit zu fassendes gerichtlich nur beschränkt überprüfbares "Regelungsermessen", sondern müssen die streitigen Kausalzusammenhänge nach umfassender Sachermittlung auf der Grundlage der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Diese wird im Allgemeinen erreicht, wenn in einer beruflich exponierten Personengruppe im Vergleich zur nicht exponierten Bevölkerung mehr als doppelt so viele einschlägige Erkrankungsfälle auftreten. Mit Feststellung der epidemiologisch begründeten Risikoverdoppelung spricht bei vorliegenden definierten Expositionsbedingungen statisch mehr als eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit dafür, dass die berufliche Exposition für die Erkrankung ursächlich ist (Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3 zu § 9; Koch in: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anm. 162 zu § 9 SGB VII; LSG Schleswig-Holstein, a.a.O., Becker, a.a.O., HLSG, Urteil vom 31. Oktober 2003 - L 11/3/U 740/02 ZVW). Eine besondere Herausforderung für das in der Regel monokausal ausgerichtete BK-Listen-System stellen die nicht selten anzutreffenden Fälle dar, in denen nicht eine Noxe allein das epidemiologisch definierte Verdoppelungsrisiko erreicht, sondern nur mehrere Noxen im Zusammenwirken. In derartigen Fällen werden zum Nachweis der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs bei Zusammenwirken verschiedener Noxen nach der sog. Wichmann’schen Formel (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O. sowie HLSG, Urteil vom 31. Oktober 2003, a.a.O.) das relative Risiko (RR) und die resultierende Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) ermittelt (HLSG, a.a.O., ihm folgend Becker, a.a.O., Medizinischer Sachverständiger 2005, 115; 118; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O., ebenso Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3 sowie Koch, a.a.O.). Bei Erreichen eines RR von mehr zwei errechnet sich danach eine VW von mehr als 50 % entsprechend einer Risikoveroppelung. Dieses Berechnungsmodell ist allerdings nur unter eingeschränkten Voraussetzungen anwendbar, die im Falle des Versicherten erfüllt sind (dazu Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3). Die den Versicherten treffenden Schadstoffe wirken auf dasselbe Organ Lunge im Rahmen einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung nach einem additiven Modell, so dass die für jeden Stoff ermittelten Bruchteile der Verdoppelungsdosis zu addieren sind, wovon Professores B. und C. in ihren Berechnungen übereinstimmend ausgehen.
Sowohl Prof. B. wie auch Prof. C. kommen zu RR-Werten von unter 2 und VW-Werten von unter 0,50 unter Berücksichtigung der quantifizierbaren Belastungen des Versicherten durch chromat- und nickelhaltige Schweißrauche sowie Asbeststaub. Hinsichtlich der Asbestbelastung gehen beide auf Basis einer von der BK-Ziffer 4104 vorgegebenen Risikoverdoppelung bei 25 Asbestfaserjahren für die beim Versicherten vom TAD ermittelte Belastung im Umfang von 3,3 Asbestfaserjahren von einer RR von 1,13 und einer VW von 0,12 aus. Im Hinblick auf die Chromat- und Nickelbelastung kommen sie zu differenten Ergebnissen, weil Prof. B. insoweit von eine 1,5 bis 3jährigen ganztägigen Schweißarbeit ausgeht, während Prof. C. diese Werte quasi halbiert auf 0,8 bzw. 1,6jähriges ganztägiges Schweißen. Prof. C. bewegt sich mit seiner Schätzung, die Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 ebenfalls zugrunde legt, auf Basis der berufungsgerichtlichen Vorgaben im Schreiben vom 25. September 2008. Danach sind Schweißarbeiten an Edelstahl bei der Firma F. als Ergebnis ergänzender TAD-Ermittlungen aus 2007 erst ab 1980 erwiesen und der dafür zu berücksichtigende Gesamtzeitraum beträgt nicht 30 Jahre von 1966 bis 1996, sondern nur 16 Jahre von 1980 bis 1996. Bei einem Anteil derartiger Schweißarbeiten von 5 bis 10 % an der Gesamtarbeitszeit ergibt dies nicht 1,5 bis 3 Jahre Vollschweißertätigkeit (so Prof. B.) sondern nur 0,8 bis 1,6 Jahre (so Prof. C.). Beide Sachverständige gehen übereinstimmend vom einer Chromat-Konzentration in der Atemluft als 90 %-Werte nach BIA von 0,4 mg/m3 für Chrom und 0,24 mg/m3 für Nickel aus und legen als kumulierte Verdoppelungsdosis für Chrom 2.000 und für Nickel 5.000 µg/m3 x Jahre zugrunde. Diese Grundannahmen führen mit Prof. C. zu einer kumulativen Chromat-Dosis von 480 µg/m3 x Jahre als Mittelwert einer 0,8 bis 1,6jährigen Belastung und zu einer entsprechend kumulierten Nickeldosis von 288 µg/m3, woraus für Chrom ein RR von 1,24 und für Nickel von 1,06 sowie eine VW von 0,19 für Chrom und 0,06 für Nickel resultiert. Bei Addition beider Werte und der Werte für Asbest ergibt sich eine Gesamt-RR von 1,69 und eine Gesamt-VW von 0,30. Da die für eine wesentliche berufliche Mitverursachung zu fordernde Risikoverdoppelung danach deutlich verfehlt wird, konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die quantifizierbaren Berufsschadstoffe Chrom, Nickel und Asbest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit)ursächlich zur Entstehung der Bronchialkrebserkrakung des Versicherten beigetragen haben. Prof. B. hat mit Stellungnahme vom 29. März 2010 dargelegt, dass der ärztliche Sachverständigenbeirat dem Verordnungsgeber in den letzten 20 Jahren im Hinblick auf die BK-Ziffern 4104, 4113 und 4114 dreimal empfohlen hat, neue BKen an Dosis-Grenzwerte zu binden. Dabei hat er immer auf das Gebot der Risikoverdoppelung abgestellt und als weitere Kriterien gefordert, dass es sich um eine Volkskrankheit handeln muss, dass epidemiologisch belastbare Dosis-Wirkungsbeziehungen vorliegen und dass weit zurück reichende belastbare sicherheitstechnische Kataster mit Expositionsdaten existieren. Der Verordnungsgeber ist dem Vorschlag des ärztlichen Sachverständigenbeirats jeweils gefolgt. Eine Begründung dafür, warum für die Einzelfallentscheidung beim Versicherten davon abzuweichen sein soll, hat Prof. B. nicht geliefert. Die von ihm letztlich empfohlene Anknüpfung an das sog. "Krasney’sche Drittel" mit der Folge, dass eine VW von 0,33 bereits ausreichen soll, den beruflichen Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit zu bejahen, widerspricht allem vorher Gesagten, der auf eine Risikoverdoppelung abstellenden herrschende Lehre in Rechtsprechung und Literatur sowie den bisherigen Vorgaben des Verordnungsgebers selbst, so dass sich der Senat diesem Vorschlag nicht angeschlossen hat.
Prof. B. weist indessen zutreffend darauf hin, dass der Versicherte über die quantifizierbaren und im Rahmen der Wittmann’schen Formel berechenbaren und berechneten Lungenschadstoffe hinaus weiteren lungenschädlichen Noxen exponiert war, woran der erkennende Senat nach den von Prof. B. zugrunde gelegten Ermittlungen des TAD und der beigezogenen Betriebsakte der Firma F. keine Zweifel hegt und was er für bewiesen hält. Auf folgende Umstände ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen:
- Der Versicherte hatte von 1966 bis 1980 in 30 % seiner Arbeitszeit unlegierten Baustahl überwiegend im LBH-Verfahren geschweißt, wobei nicht bekannt ist, welche Schweiß-Elektroden dabei zum Einsatz kamen. Auch in der Zeit nach 1980 hat er insgesamt 30 % seiner Arbeitszeit geschweißt, wobei in 5 bis 10 % der Zeit Edelstahl verschweißt wurde. Die verschweißten Bauteile waren zum Teil mit Zinkchromat gegen Rost geschützt, wodurch zinkchromathaltige Schweißrauche entstanden.
- Die Arbeitsumstände waren von 1966 bis 1979/1980 in der alten Werkstatt mit nur geringem Raumvolumen schlecht und dort herrschte eine hohe Feinstaubkonzentration, die erst besser wurde nach dem Umzug in die neue Halle, wobei eine dem Stand der Technik entsprechende Schweißrauchabsaugung an allen Schweißarbeitsplätzen auch in der neuen Halle erst ab 1990 existierte, die nicht bei allen Schweißarbeiten Verwendung fand.
- Eine sog. "Bystander-Belastung" durch die mit gleichartigen Arbeiten in der Halle beschäftigten fünf bis sechs Arbeitskollegen war vorhanden aber nicht abschätzbar.
- Der Versicherte verwendete bei Anstricharbeiten, die zeitlich nicht mehr abgrenzbar sind, chromhaltige Grundierungen.
- Er verschweißt in geringem Umfang verölte Bleche und hatte Umgang mit teer- bzw. bitumenhaltigen Farben mit daraus resultierender PAK-Belastung. Die Rauchentwicklung durch das in der alten Werkstatt betriebene Schmiedefeuer trug durch freiwerdende Pyrolyseprodukte zur PAK-Belastung bei.
- Beim WIG-Schweißen unter Verwendung von thoriumhaltigen Elektroden resultierte eine Belastung durch ionisierende Strahlung.
Die Tatsache, dass der Versicherte insgesamt 30 Jahre als Schlosser und davon zehn Jahre als Vollschweißer unter überwiegend sehr belastenden Arbeitsumständen tätig war, erlaubt nicht, die nach vorstehender Berechnung verbleibende Lücke zur Risikoverdoppelung zu schließen, die Prof. B. mit Gutachten vom 24. April 2006 mit einer VW von 0,09 zu gering und Prof. C. mit einer VW von 0,20 in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2010 zutreffend ermittelt hat. Die Tatsache, dass Schweißtätigkeiten nach Feststellung des Prof. C. im Gutachten vom 15. Juni 2004 mit einem leicht bis mäßig erhöhten Bronchialkrebsrisiko verbunden sind, ohne dass eine eindeutige Aussage zu Belastungen bei unterschiedlichen Schweißverfahren bzw. den verschweißten Stoffen möglich ist, ermöglichen eine weitergehende Quantifizierung nicht, wozu Prof. B. selbst überzeugende Ausführungen gemacht hat. Danach ist die Dosisabhängigkeit der gesundheitlichen Wirkung von Gefahrstoffen als Naturgesetzmäßigkeit seit Jahrhunderten weitestgehend gesichert ist. Dosimetrie basiert auf dem Produkt der kumulativ aufgenommenen Stoffquantität (k) und der Zeitdauer (t) der Einwirkung (d = k x t). Eine arbeitsmedizinische Zusammenhangsbegutachtung setzt daher stets personenbezogen oder zumindest analog verwertbare Messergebnisse zur Abschätzung der arbeitsbedingt aufgenommenen Gefahrstoffdosis anhand einer qualifizierten sicherheitstechnischen Expertise voraus (dazu: B., Ermittlung der Exposition als Grundlage der Begutachtung – Quantifizierung der Exposition aus arbeitsmedizinischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2002, 86, 91, 92). Um zur von Prof. B. auch in diesem Aufsatz geforderten Risikoverdoppelung zu gelangen, hätten die nicht quantifizierbaren Belastungen beim Schweißen von Baustahl, durch Zinkchromat, PAK und Thorium sowie die Bystander-Belastung zusätzlich ein RR von 1,57 ergeben müssen, was über dem für Chrom, Nickel und Asbest errechneten RR von 1,43 liegen müsste und Prof. C. zufolge nicht begründbar ist. Denn neben der Mehrbelastung durch vorgenannte Einflüsse wäre eine im Verlauf der 80er Jahre durch den Übergang vom LBH- auf die Schutzgasschweißverfahren resultierende geringere Chromatbelastung gegenzurechnen, da sowohl Prof. C. wie auch Prof. B. für die Gesamtzeitdauer von 1980 bis 1996 mit der hohen Konzentration von 400 µg/m3 gerechnet haben, die beim Schutzgasschweißen erheblich reduziert ist.
Vorgenannte wie auch die zusätzlichen Erkenntnisse aus der im Berufungsverfahren beigezogenen Betriebsakte der Firma F., die Prof. B. in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2009 im Detail ausgewertet hat, haben den Senat veranlasst zu prüfen, ob der streitige berufliche Zusammenhang nicht im Wege weitergehender Beweiserleichterungen oder gar einer Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin festzustellen ist, was er im Ergebnis verneint hat.
Mit Prof. B. ist davon auszugehen, dass der Unternehmer F. in Arbeitsschutzfragen erhebliche Versäumnisse begangen hatte, die der Klägerin im Nachhinein die Beweisführung erschweren und die der Beklagten langjährig bekannt waren und von ihr nicht abgestellt wurden. Zu nennen sind insbesondere Umstände:
- Fehlende bzw. bis 1990 unzureichende Atemschutzvorrichtungen, die erst ab 1990 dem Stand der Technik entsprachen.
- Keine arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen mit der Folge, dass ein Biomonitoring nicht möglich war.
- Fehlende Erfassung der im Betrieb verwendeten krebserzeugenden Arbeitsstoffe unter Verletzung der Vorgaben der §§ 16 und 18 Gefahrstoffverordnung (Betriebs- bzw. Arbeitsstoff-Kataster).
Der Streitfall der Klägerin gehört danach zu den Fällen, in denen Arbeitsbedingungen aus langer zurückliegender Zeit heute nicht mehr rekonstruierbar sind, da der Beschäftigungsbetrieb nicht mehr existiert und die früheren Produktionsprozesse nicht mehr reproduzierbar sind. In derartigen Fällen ist eine "lebensnahe Beweiswürdigung" in der Form zu praktizieren, dass aufgetretene Beweisschwierigkeiten im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG), in die auch Billigkeitserwägungen einfließen dürfen (BSG in SozR 2200 § 551 RVO Nr.1), auch für den Vollbeweis keine zu hohen Anforderungen stellen und für den Umfang der Exposition beispielsweise eine Schätzung genügen lassen, wenn ausreichende Grundlagen für eine solche beispielsweise in Form von Gefährdungskatastern vorhanden sind (ebenso Keller, Die Bewältigung des BK-Rechts aus der Sicht der juristischen Praxis, Sozialgerichtsbarkeit 2001, 226; Kranig, Ermittlung der Exposition als Grundlage der Begutachtung – aus juristischer Sicht. Der medizinische Sachverständige 2002, 81, 82, 83; BSG SozR 2200 § 551 Abs. 1 RVO Nr. 1; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.4 zu E § 9 SGB VII). Schwierigkeiten dieser Art können generell auftreten und führen nicht zur regelmäßigen Annahme eines Beweisnotstandes (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 25/03 R), Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung vermag auch typischen Beweisschwierigkeiten gerecht zu werden, die dadurch eintreten, dass ein Versicherungsträger schuldhaft später nicht mehr vorhandene Beweismittel nicht rechtzeitig genutzt hat oder ärztliche bzw. betriebliche Dokumentationspflichten verletzt worden sind. Bei der Beweiswürdigung im Einzelfall kann ein solcher Beweisnotstand zu einer Herabsetzung der Anforderungen an den Beweis der zu würdigenden Tatsachen führen, was nicht zuletzt der aus Art. 6 EMRK abgeleitete Anspruch auf ein faires Verfahren gebietet (so zutreffend Bieresborn, Die Ermittlung der Einwirkungen bei Berufskrankheiten, NZS 2008, 354, 360). Ein Abweichen vom in der gesetzlichen Unfallversicherung generell zu fordernden Beweisgrad und den Beweismaßstäben oder gar eine Umkehr der objektiven Beweislast lässt sich aber hieraus nicht herleiten (BSG in NZS 1988, 41, 42; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.3 zu § 9 SGB VI; Koch, a.a.O., Anm. 169 zu § 9 SGB VI). Eine Umkehr der Beweislast sieht die gesetzliche Unfallversicherung im SGB VII allein im Rahmen des § 9 Abs. 3 SGB VII vor, dessen Voraussetzungen im Falle des Versicherten nicht diskutabel sind, da sein langjähriger Zigarettenkonsum zumindest als wesentliche Mitursache in Betracht zu ziehen ist. Weitergehende Forderungen nach einer Beweislastumkehr (zur Historie Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.5 zu § 9 SGB VII) sind durch die Regelungen des § 9 Abs. 3 SGB VII überholt und heute nicht mehr vertretbar, nachdem der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung getroffen hat.
Dem Berufungsbegehren der Klägerin hätte der Senat danach nur entsprechen können, wenn er infolge der Beweiserleichterung die streitentscheidende, anspruchsbegründende und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellende wesentliche (Mit)Ursächlichkeit lungenbelastender Berufsschadstoffe für das Auftreten des todesursächlichen Bronchialkarzinoms des Versicherten als erwiesen hätte ansehen können, wovon er sich aus mehreren Gründen nicht überzeugen konnte.
Der Grundsatz "Je mehr Ursachen behauptet werden, desto geringer ist unsere Erkenntnis (Karl Jaspers, zitiert nach Koch, a.a.O., Anm. 31 zu § 9 SGB VII) spiegelt sich in der Aussage von Prof. B. wieder, dass zu den den Versicherten belastenden synkanzerogenen fünf bis sechs Lungenschadstoffen weltweit keine belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht sind. Soweit der Senat diesem Erkenntnisdefizit durch Rückgriff auf das von Professores B. und C. verwendete theoretische Berechnungsmodell nach Wittmann zu begegnen versucht, ist die Verdoppelungsdosis mit Prof. C. deutlich verfehlt bei Berücksichtigungen der quantifizierbaren Anteile von Chromat, Nickel und Asbest als Lungengefahrstoffe beim Edelstahlschweißen. Welches Gefährdungspotentials es über die quantifizierbaren Noxen hinaus bedurft hätte, ist weder für den einzelnen synkanzerogen wirkenden Lungenschadstoff bekannt bzw. von den Sachverständigen angegeben noch für die Gesamtheit aller in der Modellrechnung nicht oder nur teilweise berücksichtigten Noxen. Falls ein Gericht in diesen Fällen das Erreichen einer Verdoppelungsdosis unterstellen würde, käme dies einer Umkehr der Beweislast gleich, wobei der Unfallversicherungsträger den Gegenbeweis nur führen könnte, wenn eine allein wesentliche unversicherte Ursache zur Debatte steht. Denn eine mögliche Mitbeteiligung beruflicher Noxen beim Entstehen synkanzerogen bewirkter Krebserkrankungen ist letztlich nie auszuschließen. Damit wäre nicht nur der gesetzgeberische Grundgedanke des § 9 Abs. 3 SGB VII missachtet sondern das Wesen der gesetzlichen Unfallversicherung verändert und dem Unfallversicherungsträger würden im Rahmen der von ihm gewährleisteten Haftungsersetzung für den Arbeitgeber unabsehbare finanzielle Belastungen auferlegt (ebenso BSG in SozR 2200 Nr. 1 zu § 551 RVO).
Im Falle des Versicherten und für die Klägerin würde indessen selbst eine so weitgehende Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr nicht zum Erfolg des Rechtsmittels führen. Selbst wenn der Versicherte eine von beiden Sachverständigen nicht errechnete, die Verdoppelungsdosis ergebende Exposition erreicht hätte, wäre immer noch die Frage zu entscheiden, welche Bedeutung der beruflichen Verdoppelung des Risikos im Verhältnis zum durch privaten Zigarettenkonsum vielfach erhöhten Erkrankungsrisikos zukommt und ob die berufliche Risikoerhöhung angesichts dessen noch als wesentliche Mitursache in Betracht kommt. Diese Frage ist unabhängig von Beweisschwierigkeiten bei Feststellung der beruflichen Exposition zu beantworten insoweit greift eine Beweiserleichterung nicht – und im Ergebnis zu verneinen.
Der Senat durfte die als naturwissenschaftliche wie auch wesentliche Mitursache im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen Professores B. und C. unstreitige unversicherte Nikotinbelastung des Versicherten nicht unberücksichtigt lassen. Diese hält der Senat für die Zeit vom 21. Lebensjahr (1960) bis zum Todesjahr (1999) des Versicherten beim Konsum von zumindest 15 Zigaretten täglich im Umfang von 29,25 Packungsjahren für erwiesen. Nach der von Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 anhand der auf Seite 30 abgebildeten Tabelle vorgenommenen Berechnung ergibt sich für 29,25 Packungsjahre ein zumindest 11fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko, das nach den Ausführungen in seiner letzten gutachterlichen Stellungnahme vom 29. März 2010 mit ergänzender telefonischer Bestätigung vom 23. August 2010 am ehesten additiv neben den beruflichen Belastungen zu berücksichtigen ist, deren Ausmaß eine Risikoverdoppelung nicht erreicht. Dieser Faktor darf entgegen Prof. B. nicht unberücksichtigt bleiben. Denn die Kausalitätsprüfung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist immer am einzelnen Versicherten auszurichten, der mit seinen individuellen Belastungen und Vorerkrankungen in demjenigen Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er die versicherte Tätigkeit verrichtet – der Versicherte also auch mit seiner langjährigen Nikotinbelastung. Der aus einer unversicherten Belastung resultierende Kausalbeitrag darf in der Gesamtabwägung indessen unter den Begriff der "Lebensführungsschuld" nicht ausgeblendet werden, sondern ist in die Gesamtabwägung einzubeziehen (ebenso ausdrücklich: Becker, Die wesentliche Bedingung – aus juristischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2007, 92, 95; im Ergebnis ebenso BSG, Urteile vom 28. Juli 1991 - 2 RU 59/90 - sowie vom 4. Juni 2002 - B 2 U 16/01 R jeweils juris). In diesem Zusammenhang kann ausnahmsweise die von Prof. B. angesprochene "Krasney’sche Formel" Hilfestellung leisten, die in der Rechtsprechung bisher keine allgemeine Verbreitung gefunden hat, da sie eine quantitative Gegenüberstellung versicherter und konkurrierender unversicherter Ursachen voraussetzt, die in aller Regel bei Abwägung verschiedener Kausalfaktoren – anders als im konkreten Fall – nicht möglich ist. Nach der von Krasney vorgeschlagenen Faustregel soll rechtlich nicht wesentlich die Bedingung sein, die neben anderen Bedingungen an dem Gesundheitsschaden nur mit 10 v.H. beteiligt ist. Rechtlich wesentlich soll die Bedingung sein, die mindestens den Wert von einem Drittel aller sonst zu berücksichtigenden Umstände erreicht. Im Grenzbereich zwischen 10 v.H. und einem Drittel soll sorgsam geprüft werden, ob die dem versicherten Bereich zuzurechnende Bedingung noch als wesentliche anzunehmen ist. Im Rahmen der individuellen Beurteilung in dem Grenzbereich zwischen einem Drittel und einem Zehntel sollen besondere Umstände hinzu kommen müssen, um eine quantitativ so untergeordnete Expositionen dennoch als wesentlich ansehen zu können (dazu Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Anm. 314 zu § 8 SGB VII). Für den Fall des Versicherten bedeutet dies, dass bei additiver Gesamtschau einem mehr als elffachen nikotinbedingten Lungenkrebsrisiko ein unter zweifach einzuschätzendes berufliches Risiko gegenüber steht, so dass sich der private, unversicherte Anteil der Kausalbeiträge insgesamt bei ca. 10 bis 15 % und damit im untersten Bereich der von Krasney definierten "Mittelzone" bewegt. Irgendwelche Gründe, einem rechnerisch derart untergeordneten Kausalbeitrag eine wesentliche Mitursächlichkeit beizumessen sind dem Senat nicht erkennbar geworden. Der Versicherte wurde von seiner schweren Erkrankung nicht unvorbereitet getroffen. Er wusste aufgrund langjähriger fachärztlicher Behandlung und Beratung um das hohe Risiko, das aus seinem langjährigen Nikotinkonsum wie auch dem erheblichen Übergewicht von 120 kg für seine Erkrankungen auf internistischem Gebiet einschließlich der Atemwege resultierte und das vor allen Dingen der behandelnde Internist Dr. I. im Bericht vom 8. Dezember 1999 dargestellt und jahrelang vergeblich zu beeinflussen versucht hatte. Der Senat sieht daher mit Prof. C. die allein wesentliche Ursache seiner Bronchialkrebserkrankung im privaten Nikotinkonsum.
Die Bronchialkrebserkrankung des Versicherten konnte der Senat schließlich nicht wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkennen. Nach dieser Bestimmung haben Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als BK nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind. Neue Erkenntnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII müssten zum Todeszeitpunkt des Versicherten am 18. Februar 1999 vorgelegen haben und müssten ergeben, unter welchen Voraussetzungen eine durch die fünf Stoffe verursachte Krebserkrankung als synkanzerogene Erkrankung in die Liste der BKen aufzunehmen ist (dazu Urteil des BSG vom 12. Januar 2010). Für die Kombination der fünffach synkanzerogenen, dosimetrisch unbestimmten lungenkrebsverursachenden arbeitsbedingten Einwirkungen sind indessen weltweit keine epidemiologisch belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht, wie Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 eindeutig erklärt hat und womit auch ein auf § 9 Abs. 2 SGB VII zu stützender Versicherungsfall einer Wie-BK ausscheidet.
Danach war die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits im Sinne des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG sieht im Hinblick auf die Anerkennung synkanzerogener Krebserkrankungen als BK an sich sowie der dabei auftretenden Fragen des Feststellungsverfahrens einschließlich der Zurechnungs- und Beweisproblematik.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen unter Anerkennung einer Bronchialkrebserkrankung des am 19. Dezember 1999 verstorbenen Ehemannes der Klägerin, E. D., als Berufskrankheit (BK).
Der 1939 geborene Ehemann der Klägerin, der Versicherte, war von Juni 1966 bis zur Schließung des Unternehmens im November 1996 als Schlosser bei der Firma F. in D Stadt beschäftigt, die Schlosser- und Schmiedearbeiten für das Baunebengewerbe ausführte und dabei kleinere Stahlkonstruktionen herstellte. Nach Angaben des Unternehmers F. vom 14. März 2001 gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten verrichtete der Versicherte in etwa 30 % der Arbeitszeit Schweißerarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren – MAG). Edelstahl wurde ab Anfang der 80er Jahre verschweißt, dies allerdings nur gelegentlich in maximal 5 % (so Angabe des Unternehmers F.) bzw. 10 % (so Angabe des Arbeitskollegen G.) der Tätigkeit. Für LBH-Schweißarbeiten an Edelstahl kamen nach TAD-Recherchen basische Elektroden mit einem Durchmesser von 2,5 mm beim Heften bzw. 3,25 mm beim Lagenschweißen zum Einsatz. Edelstahl wurde überwiegend im LBH-Verfahren mit Elektrode, in geringem Umfang im MAG-Verfahren eventuell auch im WIG-Verfahren (WIG = Wolfram-Inertgas-Verfahren) verschweißt. Nach ergänzenden Ermittlungen des TAD ist ab Mitte der 80er Jahre das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) vermehrt eingesetzt worden, das nach und nach an die Stelle des LBH-Verfahrens trat, wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG-Schweißen verwandt wurden. Von einer Thorium-Belastung war insbesondere beim Anschleifen der Elektroden auszugehen. In geringem Umfang wurde auch öliges Material verschweißt, wobei dasselbe normalerweise zunächst entfettet und dann geschweißt wurde. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Hinzu kamen Schleifarbeiten, Fräsarbeiten, Lackierarbeiten mit Pinsel und Rolle sowie mit der Spritzpistole, u.a. mit Zinkchromatgrund- und Teerfarbe. Für die Dauer von vier Wochen hatte er Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten als Balkonverkleidung, die vor der Montage angebohrt und selten nachgeschnitten wurden. Bei der ca. drei Monate andauernden Montage astbesthaltiger Brandschutzplatten am Klinikum D. war der Versicherte aushilfsweise tätig. Von 1966 bis 1978 arbeitete die Firma F. in einer alten Halle und nach ihrem Umzug ab 1979 in einer neuen Halle, wobei in der alten Halle keine technische Lüftung vorhanden war. In der neuen Halle war ab 1990 eine Schweißrauchabsaugung installiert. Wegen weiterer Einzelheiten der Arbeitsumstände des Versicherten wird auf die TAD-Berichte vom 25. Oktober 1991, vom 22. Juni 2001 und 27. Februar 2007 Bezug genommen. Nach seinem Ausscheiden aus der Firma F. im November 1996 war der Versicherte nicht mehr berufstätig.
Am 17. Mai 1995 hatte der Versicherte einen Arbeitsunfall erlitten, als er beim Abbrennen feuerverzinkter Teile austretende Dämpfe einatmete. Die Beklagte hatte zur Feststellung ihrer Leistungen hierzu Ermittlungen aufgenommen und die Unfallanzeige der Firma F. vom 11. Januar 1996 mit Ergänzung vom 21. Februar 1999 eingeholt. Darin wird mitgeteilt, bei dem vom Versicherten durch autogenes Schweißen abzuscheidenden Materialien habe es sich um feuerverzinkte Rundrohre und Trägerprofile gehandelt, wobei Zinkdämpfe aufgetreten seien. Der Versicherte stellte sich beim Hals-Nasen-Ohren(HNO)-Arzt Dr. H. vor, der laut Bericht vom 24. Mai 1995 bei ihm neben einem Zustand nach Zinkinhalation ein Asthma bronchiale, ein Übergewicht sowie einen Nikotinmissbrauch diagnostizierte. Röntgenologisch konnte er keine Anzeichen einer toxischen Reaktion feststellen. Die Lungenfunktion habe Veränderungen im Sinne eines Emphysems gezeigt. Die Internistin Dr. BW. fand keinen Hinweis auf eine akute pulmonale Reaktion auf die Zinkinhalationsintoxikation und keinen chronischen Schaden des Lungengewebes (Bericht vom 18. Mai 1995). Der Internist Dr. I. erstattete den Bericht vom 24. August 1995, in dem er darauf hinwies, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht habe. Er berichtete sodann am 8. Dezember 1999 ausführlich über die Folgen der Zinkinhalation vom 17. Mai 1995 und teilte mit, der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr täglich 15 Zigaretten geraucht. Wörtlich heißt es: "Bis dahin (30.08.1995) sollte man dem Patienten raten, das Zigarettenrauchen unverzüglich einzustellen und sich verstärkt um eine Gewichtsreduktion zu bemühen. Letzteres dürfte bei einem Gewicht von 120 kg und einer Änderung der Ernährungsweise eigentlich nicht so schwer fallen. Diese Dinge dürften gegenüber der Frage einer mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht relevanten Zinkinhalation weit im Vordergrund stehen. " Am 29. November 1995 schrieb Dr. I.: "Meinen Ausführungen vom 24.08.95 ist im Prinzip nichts Wesentliches hinzuzufügen. Der Patient ist hinsichtlich seiner Lebensführung vollkommen unbelehrbar. Das Körpergewicht liegt relativ konstant bei 119 kg. In Anbetracht der massiven, hochgefährlichen Rhythmusstörungen wäre bei einer unveränderten Lebens- und Handlungsweise des Patienten die Prognose aus kardiologischer Sicht als miserabel anzusehen." Dr. J., Lungenarzt und Internist, bestätigte sodann mit Bericht vom 28. April 1999 ein erstmals im selben Monat diagnostiziertes kleinzelliges Karzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten neben einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung. Der Versicherte habe von 1964 bis jetzt ca. 15 bis 20 Zigaretten am Tag in einem Umfang von ca. 30 Packungsjahren geraucht. Einen weiteren Bericht erstattete er am 23. August 1999 über die nach der Krebsdiagnose durchgeführt Chemotherapie. Der Hausarzt Dr. K. erstattete den Bericht vom 20. Juli 1999 und der Internist und Onkologe Dr. L. die Berichte vom 12. Mai und 19. August 1999. Er beschreibt den Behandlungsverlauf nach Durchführung der Chemotherapie und anschließender Feststellung eines Lymphknotenbefalls. Das Zentrum für Innere Medizin der Universitätsklinik ZW. berichtete am 2. Februar, 1. März und 9. September 1999. Der Versicherte war dort vom 20. bis 29. Januar 1999 wegen Verdacht auf Herzinfarkt aufgenommen worden unter den Diagnosen: Unterlappenpneumonie links sowie chronisch-obstruktive Atemwegserkrankung bei Nikotinmissbrauch. Eine weitere stationäre Behandlung schloss sich an vom 4. bis 9. September 1999 wegen einer erneuten Herzattacke. Am Entlassungstag wurde mit einer Strahlentherapie wegen der Krebserkrankung begonnen. Schließlich berichtete die Radiologische Universitätsklinik D. am 30. Dezember 1998 über stationäre Aufenthalte des Versicherten vom 18. November bis 1. Dezember sowie vom 9. bis 18. Dezember 1999 und gab an, dass Hirnmetastasen aufgetreten seien und der Versicherte am 18. Dezember 1999 verstorben sei.
Die Beklagte zog des Weiteren das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK Hessen, Geschäftsstelle D., bei sowie den Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt nach dem Schwerbehindertengesetz, wo der Versicherte mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100 anerkannt und als Behinderungen festgestellt wurden: Bronchialveränderungen mit Lungenfunktionsstörungen, degenerative Wirbelsäulenveränderungen mit chronisch rezidivierenden Reizerscheinungen, Gelenkbeschwerden, Herz-Kreislauf-Rhythmus-störungen, Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Sie hörte den Arbeitsmediziner Prof. PS. an, der am 25. April 2000 ausführte, Todesursache beim Versicherten sei das Bronchialkarzinom gewesen, zu dem es infolge langjährigen Nikotinmissbrauchs gekommen sei, wobei ein Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 und der dabei stattgehabten Zinkintoxikation nicht bestehe. Dieser habe lediglich zu vorübergehenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in den Monaten Mai und Juni 1995 geführt. Mit Bescheid vom 23. Mai 2000 stellte die Beklagte daraufhin fest, dass die Bronchialkrebserkrankung nicht Folge des Arbeitsunfalles sondern der Rauchgewohnheit des Versicherten sei und lehnte der Klägerin gegenüber Lebzeiten- wie auch Hinterbliebenenleistungen wegen des Arbeitsunfalles ab. Auf ein Schreiben der Klägerin vom Dezember 2000 hin trat die Beklagte in Ermittlungen zur Frage des Vorliegens einer BK ein. Sie ließ den TAD zu den arbeitstechnischen Voraussetzungen ermitteln, wozu dieser den Bericht vom 22. Juni 2001 erstattete, und bat Prof. PS. um eine weitere gutachterliche Stellungnahme zur Zusammenhangsfrage. In der Stellungnahme vom 4. September 2004 führte dieser aus, der Versicherte sei infolge des Bronchialkarzinoms verstorben, das wesentlich durch seine Rauchgewohnheiten verursacht worden sei. Der Versicherte habe nur 5 bis 10 % der Arbeitszeit Edelstähle geschweißt, so dass nur von einer zeitlich begrenzten Exposition gegenüber chrom- bzw. nickelhaltigen Schweißrauchen ausgegangen werden könne. Rauch von chrom- und/oder nickelhaltigen Schweißzusatzwerkstoffen sei eine kanzerogene Wirkung beizumessen. Dies gelte insbesondere für Rauche aus hochlegierten umhüllten Stabelektroden. Für den Versicherten könne er ein beruflich erhöhtes Bronchialkarzinomrisiko nicht bejahen, da er derartigen Belastungen nur kurzfristig ausgesetzt gewesen sei, so dass die BK-Ziffer 1103 verneint werden müsse. Die BK-Ziffer 4104 sei ebenfalls nicht erfüllt, da die Röntgenbilder und die CT-Bilder keine eindeutigen Anhaltspunkte für asbestassoziierte Lungen- und/oder Pleuraveränderungen ergeben hätten. Die Asbestbelastung des Versicherten habe nach den Feststellungen des TAD nur zu einer Asbestfaserdosis von 3,3 Jahren geführt. Der Landesgewerbearzt nahm am 28. September 2001 Stellung und schloss sich im Hinblick auf die BK 4104 der Stellungnahme des Prof. PS. an. Lungengewebe zur Untersuchung auf Chromatbelastung sei nicht entnommen worden. Auch die BK-Ziffer 1103 sei zu verneinen. Da Grenzwertüberschreitungen nicht mehr nachweisbar seien, müsse Beweislosigkeit angenommen werden. Mit Bescheid vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 lehnte die Beklagte daraufhin die Anerkennung einer BK beim Versicherten nach den Ziffern 4104, 4109 sowie 1103 der Anlage 1 zur BKV gestützt auf die Ausführungen des Prof. PS. und des Landesgewerbearztes ab. Auch die Anerkennung einer Quasi-BK komme nicht in Betracht.
Dagegen hat die Klägerin am 3. Juli 2002 vor dem Sozialgericht Marburg (Sozialgericht) Klage erhoben mit der Begründung, sie halte die Beurteilung des Prof. PS. nicht für überzeugend, soweit dieser nur von einer kurzfristigen Schadstoffexposition des Versicherten ausgehe. Dieser habe regelmäßigen und intensiven Kontakt mit chrom- und nickelhaltigen Schweißrauchen gehabt, wie die Arbeitskollegen gegenüber dem TAD bestätigt hätten und was im Nachhinein noch näher zu ermitteln gewesen wäre. Zudem habe Asbestkontakt des Versicherten bestanden. Hinzu komme die Gefährdung durch sechswertige Chromverbindungen bei der Glanz- und Hartverchromung in der Galvano-Technik, bei Anstreicharbeiten mit chromhaltigen Korrosionsschutzmitteln – auch mit der Spritzpistole, beim Brennschneiden, Schweißen oder Schleifen von Blechen mit chromhaltigen Anstrichstoffen. All diesen Einwirkungen sei der Versicherte ausgesetzt gewesen. Die Klägerin hat das ärztliche Zeugnis des Hausarztes Dr. K. vom 1. September 2004 überreicht, wonach es beim Versicherten zu häufigen pulmonalen Erkrankungen erst nach dem Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 gekommen sei.
Von Amts wegen hat das Sozialgericht sodann das internistisch-pneumologische Gutachten des Prof. C. vom 15. Juni 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 24. Januar 2005 eingeholt. Darin heißt es, beim Versicherten sei ein kleinzelliges Bronchialkarzinom im April 1999 erstmals diagnostiziert worden. Nach Chemotherapie und Bestrahlung habe der Krebs das Hirn befallen und im Dezember 1999 zum Tode geführt. Daneben habe eine chronisch obstruktive Bronchitis bestanden, eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzerkrankung, ein metabolisches Syndrom mit Übergewicht, Diabetes und erhöhten Blutfettwerten, eine Hyperurikämie sowie ein Syndrom der Lendenwirbelsäule (LWS). Im Ergebnis seien die BK-Ziffern 1103, 4104 und 4109 zu verneinen. Im Hinblick auf die Ziffer 1103 habe der Versicherte aufgrund der Arbeitsanamnese keine langjährige hohe Exposition zu sechswertigem Chromat bei den Schweißarbeiten aufgewiesen ausgehend davon, dass er 10 % der Arbeit mit Schweißen von Edelstahl verbracht habe. Eine langjährige hohe Exposition sei zu fordern, um ein erhöhtes berufliches Risiko für das Entstehen eines Bronchialkrebses mit Wahrscheinlichkeit annehmen zu können. Hinsichtlich der Ziffer 4109 sei eine erhebliche Nickelbelastung des Versicherten nicht erkennbar, zumal er nach den TAD-Feststellungen nur selten Arbeiten an legierten Stählen verrichtet habe. Im Hinblick auf die BK-Ziffer 4104 bestünden keine Anhaltspunkte für eine Lungen- oder Pleuraasbestose und es seien auch nur 3,3 Faserjahre vom TAD errechnet worden. Zur Frage der Anerkennung einer Quasi-BK wertete Prof. C. diverse Studien zur Lungenkrebsgefährdung durch Schweißrauche aus. Die Studien hätten ergeben, dass die Schweißtätigkeit insgesamt mit einem leicht bis mäßig erhöhten Risiko für das Auftreten von Bronchialkarzinomen verbunden sei. Es sei nicht eindeutig geklärt, ob es ein unterschiedliches Risiko bei Rohstahl- oder Edelstahlschweißen gebe. Auch bezüglich der verschiedenen Schweißverfahren fänden sich keine eindeutigen Aussagen. Eine Risikoverdoppelung unabhängig von Asbest- und Tabakrauchexposition hätten sämtlichen Studien seit 1977 nicht bestätigt, so dass im Ergebnis nicht anzunehmen sei, dass die Schweißtätigkeit im Ausmaß von 30 % der Arbeitszeit beim Versicherten wesentliche Teilursache für das zum Tode führende Krebsleiden gewesen sei. Der Arbeitsunfall vom 17. Mai 1995 habe eventuell zu einer vorübergehenden Verschlimmerung der nach langjährigem Rauchen bestehenden Bronchitis geführt. Weder ein Metalldampffieber sei unfallnah festgestellt worden noch seien akute pulmonale Reaktionen oder gar eine chronische Lungengewebsschädigung oder ein Lungenödem dokumentiert. Ein Zusammenhang des damaligen Intoxikationstraumas mit dem 1999 aufgetretenen Bronchialkrebs bestehe nicht.
Mit Urteil vom 31. Mai 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Klägerin weder Entschädigungsleistungen als Hinterbliebene noch als Sonderrechtsnachfolgerin ihres Ehemannes zustünden. Die BK-Ziffern 1103, 4104 sowie 4109 hat das Sozialgericht gestützt auf die Ausführungen des Sachverständigen Prof. C. verneint. Es ist dem Sachverständigen auch insofern gefolgt, als es die Voraussetzungen für eine Quasi-BK abgelehnt hat. Denn eine erhebliche Risikoerhöhung sei zu verneinen und auch eine Kausalität unter Beachtung des Unfallereignisses vom 17. Mai 1995 nicht begründbar. Da beim Versicherten ein Versicherungsfall nicht anerkannt werden könne, scheide auch die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen an die Klägerin aus.
Gegen das ihr am 5. Juli 2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 3. August 2005 Berufung eingelegt und ihr Begehren weiter verfolgt.
Auf Antrag der Klägerin hat der Senat nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Arbeitsmediziners und Internisten Prof. B. vom 24. April 2006 eingeholt. Prof. B. geht davon aus, dass es zu einem ausgedehnten kleinzelligen zentralen Bronchialkarzinom des linken Unterlappenbronchus beim Versicherten gekommen sei mit Metastasen der lokalen Lymphknoten und unterhalb des Zwerchfells bei Verdacht auf Hirnbeteiligung nach sechsmaliger Chemo- und mediastinaler Strahlentherapie. Zusätzlich seien arbeitsbedingt Zustände nach Unterlappenpneumonie links im Januar 1999 sowie nach Zinkfieber am 17. Mai 1995 festzustellen. Eine chronische Atemwegserkrankung mit Lungenemphysem, ein metabolisches Syndrom, ein Bluthochdruckleiden, ein Verdacht auf coronare Herzkrankheit, ein Syndrom der Wirbelsäule und beider Kniegelenke, eine Akromegalie sowie ein Zustand nach Tonsillektomie 1985 seien vom Arbeitsleben unabhängig zu sehen. Todesursächlich sei nicht die Zinkfiebererkrankung vom Mai 1995 sondern die Bronchialkrebserkrankung gewesen. Zinkoxid sei nicht gesichert (lungen)krebs erzeugend. Insgesamt bestünden für den Nachweis der beruflichen Verursachung des Lungenkrebsleidens acht Beweislücken im Expositionsszenario, die aufgrund des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes nur teilweise abgemildert werden könnten, so dass letztlich ein Beweisnotstand verbleibe. Der Versicherte habe zusammengerechnet etwa 30 Jahre als Schlosser gearbeitet, wobei er 30 % der täglichen Arbeitszeit geschweißt habe. Bei einer Gesamtbelastung von gut 30 Jahren errechne sich ein achtstündiger Gebrauch der Schweißgeräte für ca. zehn Jahre. Es sei von einer dreijährigen Einwirkung von Chrom VI- und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen auszugehen, sofern man die Gesamtbetriebszugehörigkeit von 1966 bis 1996 und damit 30 Jahre zugrunde lege und während dessen einen Anteil für das besonders lungenbelastende Edelstahlschweißen von 10 % der Arbeitszeit. Nehme man eine entsprechende Belastung nur ab 1980 an, reduziere sich die Einwirkungszeit auf 1,6 Jahre. Eine Bystander-Exposition durch 14 weitere Arbeitskollegen, die auch teilweise zusammen mit dem Versicherten geschweißt hätten, sei nicht ermittelt. Insgesamt hätten sechs bk-relevante synkanzerogene Lungenkrebs verursachende Berufsschadstoffe auf den Versicherten eingewirkt: Chrom VI-haltige Schweißrauche (Nr. 1103), nickeloxidhaltige Schweißrauche (4109), zinkchromathaltige Tröpfchenaerosole (1103), Asbestfaserstaub (4104), ionisierende Thorium-Zerfallsprodukt (2402) sowie polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe vom Typ des Benzo(a)pyrens (jetzt BK 4113, 4114). Das Kardinalproblem liege in der mangelhaften dosimetrischen Abschätzbarkeit der vorgenannten Noxen. Die Chromat- und die Nickel-Belastung der Schweißrauche stamme zu 90 % aus der Zusammensetzung der Schweißelektroden, deren Qualität der TAD im Bericht vom 22. Juni 2001 nicht ermittelt habe. Die Schweißrauchkonzentration im Atembereich hänge ab von der individuellen Arbeitsweise und den betrieblichen Verhältnissen einschließlich der Bystander-Exposition. Der Versicherte habe seit dem 21. Lebensjahr bis 1995 erheblich geraucht, wobei ausgehend von 26,25 Packungsjahren ein durch Nikotinmissbrauch zehnfach erhöhtes Bronchialkrebsrisiko anzunehmen sei. Prof. B. hat Vorschläge zur Überwindung des Beweisnotstandes gemacht ausgehend davon, dass in der Zeit von Juni 1966 bis 1979/1980 unzureichende Arbeitsschutzvorrichtungen bei geringer Raumgröße der alten Werkstatt und fehlenden Absaugvorrichtungen für Schweißgase und Schweißrauche bestanden hätten. Die TRK-Richtkonzentration für Chromat von 0,1 mg/m³ sei beim LBH-Schweißen unter Verwendung basisch ummantelter Schweißelektroden überschritten worden. Unter Berücksichtigung der bestverfügbaren Abschätzung des BIA für die Gesamtheit der Schweißerarbeitsplätze in der BRD vor 1984 betrügen die 90-Perzentile der Lungenkrebs erzeugenden chromat- und nickeloxidhaltigen Schweißrauche 0,4 mg Chromat/m³ und 0,24 mg Nickel/m³ beim LBH-Schweißen und diese Werte sollten auf die persönlichen Arbeitsplatzverhältnisse des Versicherten übertragen werden. Ausgehend von einer 3jährigen ganztägigen Schweißarbeit ergebe dies 1.200 µg Chromat/m³ x 1 Jahr zzgl. 720 µg Nickel/m³ x 1 Jahr. Bei 1,5jährig ganztägigen Schweißarbeiten an Edelstählen reduzierten sich die vorgenannten Schätzwerte auf 600 µg für Chromat und 360 µg für Nickel. Die Mittelwertbildung ergebe 900 µg für Chromat und 540 µg für Nickel. Die Latenzzeit zwischen Beginn der Schweißertätigkeit 1966 und dem Auftreten der Lungenkrebserkrankung betrage etwa 33 Jahre und stimme mit den Latenzzeiten für anerkannte Lungenkrebs-BKen überein, bei denen eine mittlere Latenzzeit von 29 Jahren habe ermittelt werden können. Die zusätzliche Chromat-Einwirkung beim Auftragen von zinkchromathaltigen Grundierungen mittels Pinsel und Rolle und zum Teil auch Spritzpistole, die mit einem 5 %igen Zeitanteil an den Schlossertätigkeiten eingeschätzt worden sei, entspreche einem 1 ½ jährigen täglich achtstündigen Auftrag von Chromaten, wobei eine auch nur annähernd vertretbare Abschätzung der Inkorporation des krebserzeugenden Arbeitsstoffes Chromat nicht möglich sei. Daraus ergebe sich der Hinweis, dass in erheblichem Umfang auch normaler Baustahl durch Zinkchromat gegen Rost geschützt worden sei, sodass sich beim Schweißen derart mit Zinkchromat rostgeschützter Bauteile eine inhalative Gefährdung durch zinkchromathaltige Schweißrauche zusätzlich zur Gefährdung beim Schweißen von Edelstahl ergebe. Prof. B. gelangte danach zu dem Ergebnis, dass im Rahmen der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung neben dem hohen Lungenkrebsrisiko durch Nikotin sechs berufliche Kausalfaktoren auf den Versicherten am Arbeitsplatz eingewirkt hätten, die nur mehr oder weniger abschätzbar seien, deren Relevanz als wesentliche Teilursache aber anzuerkennen sei. Zur weiteren Begründung hat er auf die Anerkennungskriterien hingewiesen, die Prof. M. und Dr. HQ. in einem Gutachten vom 10. März 1994 für die berufsgenossenschaftliche Praxis erarbeitet hätten. Danach sei die Chrom VI-Belastung beim LBH-Schweißen höher, dagegen die Nickelbelastung beim MAG-Schweißen. Die Rauche wirkten nicht synkanzerogen im Sinne einer Potenzierung. Zu einem verdoppelten Krebsrisiko infolge toxischer Schäden bei Chrom VI-Exposition könne es auch kommen, wenn die TRK-Werte für Schweißen nicht überschritten worden seien und Expositionszeiten ab fünf Jahren aufgetreten seien. Empfohlen werde eine kumulative Dosis von 2000 µg pro Jahr für Chrom VI und/oder 5000 µg für Nickel, wobei jeweils die TRK-Werte für zehn Jahre als Grundlage herangezogen worden seien. Der Versicherte erfülle diese Vorgaben im Hinblick auf die Latenzzeit von im Allgemeinen mehr als 20 Jahren und eine Expositionszeit im Allgemeinen von mehr als zehn Jahren. Das Gutachten schlage die BK-Anerkennung unabhängig von Rauchgewohnheiten vor. Prof. B. schließt sein Gutachten ab mit einer Abschätzung der Verursachungswahrscheinlichkeit der auf den Versicherten additiv einwirkenden Synkanzerogenese anhand der sog. Wichmann-Formel, wonach ein deutliches Überwiegen beruflicher Einflüsse bei einer Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) von mehr als 0,5 bestehe. Er errechnete Werte für das relative Risiko (RR) bzw. die VW für Asbest von 1,13 bzw. 0,12, für Chromat von 1,45 bzw. 0,31 und für Nickel von 1,11 bzw. 0,10 - insgesamt von 1,69 bzw. 0,41. Dabei seien das Verstreichen zinkchromathaltiger Grundierungen, die Exposition beim Schweißen derart behandelter Bauteile, die BaP-Exposition beim Schweißen verölter Bleche sowie bei Verwendung von Teer- bzw. Bitumenfarbe sowie die Thorium-Belastung beim WIG-Schweißen mit thoriumhaltigen Elektroden – relevant für BK-Ziffer 2402 – noch unberücksichtigt. Inwieweit dadurch die fehlende VW von 0,09 kompensiert werde, sei der Kompetenz des Senats zu überlassen. Er bejahte dies im Ergebnis unter Hinweis auf die mangelhaften Arbeitsschutzanstrengungen der Firma F ... Danach seien die arbeitsbedingten Einflüsse neben dem Rauchen nicht nur als Gelegenheitsursache aufzufassen und könnten nicht hinweggedacht werden, ohne dass das klinisch bereits fortgeschrittene Stadium eines kleinzelligen Bronchialkarzinoms bereits im Alter von 60 Jahren entfiele. Vielmehr sei die BK-Ziffer 1103 zu bejahen, ausgehend von der synkanzerogenen Kombinationswirkung der aufgezeigten sechs Lungenschadstoffe, wodurch eine BK beim Versicherten ab Januar 1999 mit einer MdE von 100 v.H. anzunehmen sei. Die Unterlappenpneumonie links sei als Hinweis auf den Beginn der Erkrankung beim Versicherten für diesen Zeitpunkt bestätigt worden und damit an derselben Stelle, wo drei Monate später ein sehr weit fortgeschrittener Lungentumor festgestellt worden sei.
Der TAD hat nach ergänzenden Ermittlungen – unter anderem nach telefonischer Befragung des Unternehmers F. sowie der Mitarbeiter G. und EC. – die Stellungnahme vom 27. Februar 2007 übermittelt. Er hat seiner Stellungnahme die BIA-Information Nr. 2/87 – Nickel- und Chromat-Exposition an Schweißarbeitsplätzen – beigefügt. Danach sei davon auszugehen, dass mit der Edelstahlverarbeitung bei der Firma F. ab etwa Anfang der 80er Jahre begonnen worden sei, so dass von einer Exposition gegenüber chromat- und nickelhaltigen Schweißrauchen für die Dauer von maximal 16 Jahren ausgegangen werden könne. Die Befragten hätten keine Angaben mehr zu den verwendeten Elektroden machen können. Recherchen bei einem Schweißfachingenieur des Deutschen Verbandes für Schweißen hätten ergeben, dass erfahrungsgemäß für LBH-Schweißarbeiten an Edelstählen basische Elektroden mit Durchmessern von 2,5 mm beim Heften und 3,25 mm beim Lagenschweißen eingesetzt worden seien. Die vom Versicherten zu bearbeitenden Stahlteile hätten auf Böcken oder einem Tisch gelegen. Große Konstruktionen aus Edelstahl seien üblicherweise nicht hergestellt und Arbeiten in engen Räumen nicht durchgeführt worden. Die Schweißrauchkonzentration hänge entscheidend vom eingesetzten Verfahren ab. LBH-Schweißarbeiten an Edelstahlteilen hätten viel höhere Emissionen als MAG- oder WIG-Schweißarbeiten. Absaugungen beeinflussten die Konzentration von Schweißrauchen am Arbeitsplatz. Zunächst sei bei der Firma F. mit Elektroden geschweißt worden und ab Mitte der 80er Jahre sei das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) eingesetzt worden. Konkrete Belastungssituationen seien nicht mehr nachvollziehbar und Messungen bei der Firma F. nie erfolgt. Personenbezogene Vergleichswerte für das jeweilige Schweißverfahren wurden mitgeteilt. Die Belastung durch Chromat- und Nickeloxid habe beim Schweißen von Edelstahl bestanden und zwar im Umfang eines Zehntels bzw. eines Zwanzigstels der Gesamtarbeitszeit. Die Grenzwerte für Chromat und Nickel seien somit unterschritten worden, zumal seit 1990 in der neuen Halle auch eine Absaugung an den Schweißarbeitsplätzen vorhanden gewesen sei. Je nach Verfügbarkeit und Wirksamkeit der Absaugung seien Spitzenwerte oberhalb des Grenzwertes beim LBH-Schweißen dann nicht auszuschließen, wenn mehr als zwei Stunden bzw. vier Stunden pro Schicht im LBH-Verfahren geschweißt worden sei. Beim WIG-Schweißen seien thoriumhaltige Elektroden verwendet worden, wobei es zu einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der Elektroden komme. Die relevante Jahresdosis von 6 Millisievert (mSV) sei vom Versicherten weit verfehlt worden mit erreichten Dosen von 0,084 bzw. 0,168 mSV ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil an der Gesamtarbeitszeit. Die Belastung durch Bystander-Exposition sei nicht mehr quantifizierbar. Eine BIA-Clearingstelle für Chromat-Belastungen existiere nicht. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen bzw. ein Biomonitoring seien nie erfolgt. Der Versicherte sei auch nicht bei ODIN (berufsgenossenschaftlicher Organisationsdienst wegen Krebsgefährdung am Arbeitsplatz) gemeldet gewesen.
Prof. B. hat sodann die weitere Stellungnahme vom 3. Juli 2008 erstattet, wonach hinsichtlich der Synkanzerogenese von Chromat/Zinkchromat, Nickeloxid, Asbestfaserstaub, Thorium-Zerfallprodukten und Benzoapyren als gentoxischen, d.h. Tumoren initiierenden Arbeitsstoffen von einem mindestens additiven Wirkungsprinzip auszugehen sei. Die Frage einer Antikanzerogenese stelle sich im Hinblick auf die fraglichen Stoffe nicht, da alle als lungenschädlich im BK-System anerkannt seien. Aufgrund der BIA-Information und der konkreten Arbeitsweise des Versicherten sei eine vierfache Überschreitung der damaligen Grenzwerte als TRK-Richtkonzentration während 5 bis 10 % der Arbeitszeit im Atembereich des Versicherten anzunehmen. Für den 16jährigen Zeitraum des Lichtbogenhandschweißens seien basisch ummantelte Elektroden verwendet worden. Der Gebrauch basischer Elektroden beim LBH-Schweißen sei Hauptursache für die relativ hohen Konzentrationen des Lungenkrebs erzeugenden chromathaltigen Schweißrauches. Der Versicherte habe die übliche Arbeitshaltung beim Schweißen der auf Böcken oder Tischen abgelegten Werkstücke eingenommen, wobei der über der Schweißstelle entstehende Thermikstrom bewirke, dass der Schweißrauch nach oben steige. Dieser könne am Schweißer-Schutzschild vorbei in den Atembereich des Schweißers gelangen. Ab Mitte der 80er Jahre seien die Schutzgasschweißverfahren MAG und WIG verwendet worden. Für das MAG-Schweißen sei mit 41 mg/m³ das sechs- bis siebenfache Überschreiten des damaligen noch sehr hohen Grenzwertes für Schweißrauche von 6 mg/m³ hervorzuheben. Für das WIG-Schweißen lägen die Chromat- und Nickeloxid-Anteile mit 6 bzw. 14 % der Grenzwerte relativ niedrig. Die Belastung durch ionisierende Strahlung bestehe in Höhe von 0,084 bzw. 0,168 mSV jährlich bei einem 5- bzw. 10-prozentigen Anteil der Schweißertätigkeit. Im Ergebnis sei die haftungsauslösende Kausalität für die BK-Ziffer 1103 zu bejahen, ausgehend von einem Additionsprinzip von jeweils 1 für Chromat, Zinkchromat, Nickeloxyd, Asbestfaserstaub, ionisierende Thorium-Zerfallsprodukte und PAK. Im Zusammenwirken der zumindest kurzfristigen Grenzwertüberschreitungen für Chrom VI sowie der additiv wirksamen weiteren fünf lungenschädlichen Berufsstoffen liege keine bloße Gelegenheitsursache im Verhältnis zum konkurrierenden Zigarettenkonsum. Dieser sei nicht als allein wesentlich für das spätere Auftreten der Bronchialkrebserkrankung anzusehen. Daher sei im Ergebnis die BK 1103 mit einer MdE von 100 v.H. ab Januar 1999 wegen Erkrankung an Lungenkrebs durch sechswertige Chromverbindungen in synkanzerogener Kombinationswirkung zu bejahen.
Der Senat hat die Betriebsakte der ehemaligen Firma F. beigezogen hat sodann Prof. B. erneut befragt, wozu es ihn nach einvernehmlicher Absprache mit den Beteiligten im Schreiben vom 25. September 2008 vorgegeben hat, von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Im ersten TAD-Bericht werde davon ausgegangen, dass der Versicherte ab Beginn der 80er Jahre während 5 bis 10 % seiner Arbeitszeit Edelstahl verschweißt habe und dass dabei überwiegend das LBH-Verfahren mit Elektrode zur Anwendung gekommen sei. Im zweiten Bericht werde bestätigt, dass von einer dabei auftretenden Exposition gegenüber chromat- und nickelhaltigen Schweißrauchen von maximal 16 Jahren ausgegangen werden könne. Etwa ab Mitte der 80er Jahre sei das LBH-Verfahren nach und nach durch Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) ersetzt worden.
Prof. B. führte in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2009 aus, die Betriebsakte der Firma F. ergebe, dass der Unternehmer seinen Verpflichtungen zur Erfassung krebserzeugender Arbeitsstoffe, zur Erstellung eines Betriebs-Arbeitsstoffkatasters bzw. Gefahrstoffverzeichnisses bis zur Schließung der Firma 1996 nicht nachgekommen und eine Absauganlage erst 1990 installiert worden sei. Beim Unternehmer F. selbst sei eine BK 1315 (Einwirkung von Isocyanaten) anerkannt worden. Die früheren Belastungen im Betrieb ergäben sich aus dem im Rahmen dieses BK-Verfahrens erstatteten TAD-Bericht vom 25. Oktober 1991, wonach in der kleinen und niedrigen alten Halle bis 1980 überwiegend E-Schweißarbeiten mit einer sehr hohen Feinstaubbelastung infolge geringer Raumhöhe und Fehlens jeglicher Absauganlagen bei zusätzlicher Grob- und Feinstaubbelastung durch Schleifarbeiten sowie zusätzlicher Rauch- und Feinstaubentwicklung durch das Schmiedefeuer durchgeführt worden seien. Aufgrund der Raumverhältnisse sei von einer Konzentration der Feinstaubbelastung oberhalb des MAK-Wertes auszugehen. Erst 1991 sei festgestellt worden, dass sich durch die nach dem Umzug in die neuen Räume zwischenzeitlich installierte Absauganlage die Raumluftverhältnisse wesentlich gebessert hätten. Unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse der WHO sei davon auszugehen, dass der Lebensstilfaktor Rauchen offensichtlich keine synkanzerogene Wirkung im Sinne einer Potenzierung mit Schweißrauchen zeige, wovon auch das Gutachten Prof. M ausgehe. Die von ihm im Erstgutachten auf der Grundlage des Gutachtens von Prof. M. und Dr. HQ. verwendeten Risikomodelle seien bisher dosimetrisch nicht vom Verordnungsgeber legalisiert worden und eine analoge Anwendung käme einem Schritt zur diesbezüglichen Fortentwicklung des BK-Rechts gleich. Im Ergebnis halte er an seiner Beurteilung in der vorhergehenden Stellungnahme fest.
Der Senat hat abschließend die gutachterliche Stellungnahme des Prof. C. vom 16. Februar 2010 und hierzu nochmals eine Stellungnahme des Prof. B. vom 29. März 2010 eingeholt. Prof. C. hat einen Zusammenhang des Arbeitsunfalles vom 17. Mai 1995 mit der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten erneut verneint. Verneint hat er auch die Voraussetzungen der BK-Ziffern 1103, 4104 sowie 4109 sowie das Vorliegen der Voraussetzungen zur Anerkennung des Bronchialkrebses des Versicherten als Quasi-BK. Die berufliche Mitverursachung des kleinzelligen Bronchialkrebsleidens hält er nicht mit Wahrscheinlichkeit für erwiesen. Prof. C. ist Prof. B. gefolgt bezüglich der von ihm erhobenen Beanstandungen und Versäumnisse des Unternehmers F., die im Falle des Versicherten die Abschätzung des beruflich bedingten Lungenkrebsrisikos erschwerten. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen fehlten ebenso wie das Einhalten von Arbeitsschutzvorschriften. Danach verblieben Beweislücken bezüglich des Umfanges der Schweißarbeiten an Edelstählen vor 1980, zur Frage der Bystander-Exposition, der Gefährdung aufgrund der in einem maximal 5 %igen Zeitanteil anzunehmenden Arbeiten mit zinkchromathaltigen Grundierungen bzw. Schweißarbeiten an solchen mit Zinkchromat grundierten Metallteilen. Der zeitliche Anteil der in geringem Umfange getätigten Schweißarbeiten an verölten Blechen sowie des Umganges mit Teerfarben – jeweils unter Freisetzung von PAK – bleibe ebenfalls offen. Betriebsärztliche Untersuchungen fehlten ebenso wie ein Biomonitoring von Chrom- und Nickelverbindungen im Harn sowie die Meldung des Unternehmens an ODIN. Die Annahme der Schadstoff-Exposition gegenüber den verschiedenen synkanzerogenen lungenkrebsrelevanten Noxen sei Prof. B. folgend zu bestätigen. Auch die Annahme einer additiven Synkanzerogenese der genannten Arbeitsstoffe erscheine gerechtfertigt, zumal das Konzept der Verursachungswahrscheinlichkeit mit Einführung der neuen BK 4114 vom Verordnungsgeber umgesetzt worden sei. Soweit Prof. B. von Dosisgrenzwerten für Chrom von 2000 und für Nickel von 5000 µg pro m3 Luft ausgehe, sei dem zuzustimmen. Pesch und Mitarbeiter hätten in einer Literaturstudie 2009 die Ableitung eines wissenschaftlich belastbaren Dosismaßes für eine Verdoppelung des Lungenkrebsrisikos als unsicher bezeichnet. Eine sozialpolitische Konvention im Sinne eines vereinfachten BK-Anerkennungsverfahrens könne Pesch zufolge an Werte im Bereich des Vorschlages von M. und HQ. anknüpfen. Abweichend von Prof. B. sei von einem Zigarettenkonsum des Versicherten bis zum Tode und damit von bis zu 30 Packungsjahren auszugehen. Nach den LSG-Vorgaben sei nicht von einer 1,5 bis dreijährigen ganztägigen Schweißtätigkeit auszugehen, sondern nur von einer 0,8 bis 1,6-jährigen, so dass die Gesamtverursachungswahrscheinlichkeit für Chrom VI, Nickel und Asbest in Höhe von nur 0,30 statt 0,41 bei Prof. B. einzuschätzen sei. Somit ergebe sich gegenüber Prof. B. ein deutlich geringeres relatives Risiko von 1,43. Um auf ein relatives Risiko von mindestens 2 entsprechend der Risikoverdoppelung zu kommen, müssten die von Prof. B. genannten aber nicht quantifizierbaren Risiken ein zusätzliches relatives Risiko von 1,57 und damit mehr als durch die Schweißrauchbelastung mit Chrom und Nickel sowie die Asbestbelastung zusammen bzw. eine zusätzliche Verursachungswahrscheinlichkeit von 0,20 verursacht haben. Dies sei nicht wahrscheinlich. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach Vorgaben des Berufungsgerichts etwa ab Mitte der 80er Jahre das LBH-Verfahren nach und nach durch Schutzgasschweißverfahren ersetzt worden sei, aber über den gesamten Zeitraum mit einer hohen Chromatkonzentration von 400 µg/m³ gerechnet worden sei, obwohl diese bei der alternativen Anwendung der Schutzgasschweißverfahren erheblich geringer gewesen sei. Dem erhöhten kanzerogenen Risiko durch die Belastung mit Thorium bei Anwendung des WIG-Verfahrens habe damit ein geringeres Krebsrisiko durch die wesentlich geringere Chromatbelastung gegenüber gestanden. Im Ergebnis gehe er danach davon aus, dass der Einfluss von Nikotin allein zur Entstehung der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten geführt habe. Das relative Risiko von 1,43 nach seiner Berechnung liege deutlich unterhalb der Werte, die einem Verdoppelungsrisiko durch die arbeitsbedingten Lungenkrebsrisiken entsprächen. Dem gegenüber ergebe der nicht versicherte Zigarettenkonsum ein relatives Risiko von 10 und damit eine überragende Teilursache.
Prof. B. hat mit seiner abschließenden Stellungnahme darauf hingewiesen, dass trotz der Vorgaben des Berufungsgerichts 14 Berufsjahre als Schlosser und Schweißer vor 1980 mit ihren sonstigen lungenkrebserzeugenden, selbst sicherheitstechnisch anerkannt besonders gesundheitsgefährdenden Expositionsszenarien kausal-analytisch keinesfalls ungeschehen seien und damit nicht hinweggedacht werden dürften, ohne dass der Erfolg entfiele. Denn die Lungenkrebserkrankung des Versicherten wäre in derselben Ausprägung und Schwere nicht zu demselben Zeitpunkt allein durch den Zigarettenkonsum verursacht worden. Letztlich müsse immer von einer individualisierenden Kausalitätsbetrachtung ausgegangen werden. Danach sei der Versicherte mit seinen Rauchgewohnheiten und Anlagen, den daraus resultierenden individuellen Belastungen und Krankheitsdispositionen in demjenigen Gesundheitszustand geschützt gewesen, in dem er seine versicherte Tätigkeit als Schlosser und Schweißer etwa 30 ½ Jahre lang verrichtet habe. Zur Bedeutung der Risikoverdoppelung für den ärztlichen Sachverständigenbeirat hat er ausgeführt, seit 1991/1992 habe der Beirat dem Verordnungsgeber lediglich dreimal empfohlen, neue BKen an Dosis-Grenzwerte auf der Grundlage einer Risikoverdoppelung zu binden. Dies aber dann auch stets nur unter den strengen, einschränkenden Grundvoraussetzungen des Bestehens einer Volkskrankheit sowie des Vorhandenseins epidemiologisch belastbarer Dosis-Wirkungs-Beziehungen und weit zurückreichender belastbarer Expositionskatasterdaten. Der Versicherte habe zwar an einer Volkskrankheit in Form des Lungenkrebses gelitten. Für die Kombination der ihn fünf- bis sechsfach synkanzerogen belastenden Stoffe seien aber mit Sicherheit weltweit keine epidemiologisch belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht. Die Rechtstheorie der wesentlichen Bedingung erfordere nicht stets eine Risikoverdoppelung, weshalb Prof. C. nicht zu folgen sei in der Feststellung, dass lediglich eine VW von 0,50 die Qualität einer bk-rechtlich relevanten Ursache erreiche. Die Krasney’sche Prozentrelation gehe von einer nicht wesentlichen Ursache bei einem Verursachungsanteil von unter 10 % aus und einer rechtlich wesentlichen Verursachung bei mindestens 33,3 %. Für die dazwischen liegende Zone sei eine sorgsame Prüfung erforderlich. Prof. C. errechne eine VW für Chrom, Nickel und Asbest von 0,30 und halte die fehlende WV von 0,20 durch die nicht quantifizierbaren Risiken Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte für nicht erreicht. Diese Lücke sollte geschlossen werden. Als bestverfügbare Schätzungen für jede der drei dosimetrisch nicht ermittelbaren, aber ebenfalls Lungenkrebs verursachenden Expositionen für Zinkchromat, PAK und Thorium-Zerfallsprodukte lasse sich jeweils mindestens eine VW von ca. 1 % annehmen, bei additiver Synkanzerogenese eine VW von 0,03. Unter Einbeziehung der Schätzung des Prof. C. ergebe sich daraus eine VW von 0,30 plus 0,03 = 0,33. Danach sei im Hinblick auf die Krasney’sche Formel der beruflichen Verursachungsanteile insgesamt wesentlich. Der für die todbringende Erkrankung an Lungenkrebs teilursächlich unstreitig sehr wesentliche Zigarettenkonsum von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren sei sozialmedizinisch im Rahmen der Unternehmerhaftpflichtversicherung nicht als Lebensführungsschuld zu beurteilen, die trotz gleichfalls bestehender teilursächlich wesentlicher, arbeitsbedingt versicherter, synkanzerogener, lungenkrebsverursachender Exposition zwangsläufig zum Haftungsausschluss führe. Auf telefonische Rückfrage hat Prof. B. am 23. August 2010 klargestellt, dass im Verhältnis von Zigarettenrauch zu den im Schweißrauch enthaltenen lungenkrebsfördernden Schadstoffen (Chromat, Nickel, Asbest) am ehesten von einer additiven Kanzerogenese auszugehen sei.
Die Klägerin folgt der Beurteilung des Prof. B. und sieht den beruflichen Zusammenhang der Bronchial Krebserkrankung des Versicherten mit Wahrscheinlichkeit als erwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 31. Mai 2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juni 2002 zu verurteilen, das Bronchialkarzinom des Versicherten E. D. als Berufskrankheit nach Nrn. 1103, 4104, 4109 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung,
hilfsweise
als Wie-BK anzuerkennen und der Klägerin aus Anlass des Todes des Versicherten Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die Voraussetzungen zur Anerkennung einer Listen-BK und einer Wie-BK für nicht erfüllt. Sie hat insbesondere die BK-Ziffer 1103 weiter verneint. Eine langjährige intensive und damit hinreichende Einwirkung von sechswertigen Chromaten von 1980 bis 1996 sei ausgehend von einer Exposition in höchstens 10 % der Arbeitszeit nicht belegt. Nur bis Mitte der 80er Jahre sei lichtbogenhandgeschweißt worden. Danach seien bei Schweißverfahren die TRK-Richtwerte nicht überschritten worden. Ab 1990 habe eine Absaugung für Schweißrauche bestanden. Auch Prof. B. habe eine ausreichende Belastung nicht feststellen können. Seine Berechnungen ergäben einen Wert unterhalb der Verdoppelungsdosis von 2000 µg/m3, so dass eine monokausal schädigende Einwirkung nicht nachgewiesen sei. Die Exposition gegenüber den übrigen Lungenschadstoffen sei nur gering gewesen, so dass eine Addition der Prozentanteile der quantifizierbaren Noxen keine ausreichende Exposition ergebe. Soweit Prof. B. über den Weg der Synkanzerogenese eine BK vorschlage, stehe dem das Nichterreichen der Verdoppelungsdosis entgegen. Das Krasney’sche Drittel habe bislang in der Rechtsprechung keine Bestätigung gefunden. Dem gegenüber sei die Tabakrauchbelastung des Versicherten qualitativ und quantitativ gesichert, die zweifelsfrei allein ausreiche, um eine Bronchialkrebserkrankung zu verursachen.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte, die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Betriebsakte der Firma F. Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht erhobene Berufung der Klägerin ist zulässig (§§ 143, 151 Abs. 1 SGG). Streitgegenstand ist ausschließlich die Bewilligung von Hinterbliebenenleistungen (§ 63 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – SGB VII) – insbesondere Witwenrente nach § 65 SGB VII. Lebzeitenleistungen macht die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des verstorbenen Versicherten im Hinblick auf § 59 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – SGB I auf gerichtlichen Hinweis im Senatstermin vom 31. August 2010 nicht mehr geltend.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Hinterbliebenleistungen, insbesondere Witwenrente, nach den §§ 63 Abs. 1, 65 SGB VII.
Nach § 63 Abs. 1 S. 2 SGB VII setzt der Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen voraus, dass der Tod des Versicherten infolge eines Versicherungsfalls eingetreten ist, was der Senat nicht feststellen konnte. Denn die zum Tode führende Bronchialkrebserkrankung des Versicherten erfüllt weder den Tatbestand einer Listen-BK nach § 9 Abs. 1 SGBB VII i.V.m. einer oder mehreren Ziffern der Anlage 1 zur BKV noch den Tatbestand einer Wie-BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII. Anders als bei an Berufserkrankte zu erbringenden Lebzeitenleistungen, die die Beklagte für jeder BK-Ziffer in einem eigenständigen Verwaltungsverfahren zu prüfen und durch Verwaltungsakt zu bescheiden hat, ist für den Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen die Feststellung eines Versicherungsfalls nur ein Tatbestandsmerkmal, d.h. ein unselbständiges Begründungselement (BSG, Urteil vom 12. Januar 2010, Az.: B 2 U 5/98 R). Das Begehren der Klägerin war daher einer umfassenden Prüfung unter Beachtung aller in Betracht kommenden BK-Ziffern zu unterziehen.
BKen sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als BKen bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz begründenden Tätigkeit (§§ 2, 3 und 6 SGB VII) erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als BKen zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind. Beim Versicherten kommen zur Anerkennung als sog. Listen-BK die Ziffern 1103 (Erkrankung durch Chrom oder seine Verbindungen), 2402 (Erkrankungen durch ionisierende Strahlen), 4104 (Lungen- oder Kehlkopfkrebs durch Asbesteinwirkung), 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel oder seine Verbindungen) und 4113 (Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) in Betracht. Eine Listen-BK beinhaltet im Regelfall folgende Tatbestandsmerkmale: Die Verrichtung einer grundsätzlich versicherten Tätigkeit muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen o.ä. auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Das Entstehen weiterer Krankheitsfolgen ist sodann im Rahmen der sog. haftungsausfüllenden Kausalität zu überprüfen. Während für die nach der Theorie der wesentlichen Bedingung zu beurteilenden Ursachenzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit, genügt, sind die übrigen Tatbestandsmerkmale im Sinne des Vollbeweises, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit festzustellen (BSGE 103, 59, 60). Eine Tatsache ist im Vollbeweis bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 1, 9; 19, 52, 53; 7, 103, 106). Die für den Nachweis der Ursachenzusammenhänge geforderte hinreichende Wahrscheinlichkeit wird erreicht, wenn bei vernünftiger Abwägung aller für und gegen den Zusammenhang sprechenden Umstände die für den Zusammenhang sprechenden Erwägungen so stark überwiegen, dass die dagegen sprechenden billigerweise für die Bildung und Rechtfertigung der richterlichen Überzeugung außer Betracht bleiben können (s. BSG vom 2. Juni 1959, SozR § 542 Reichsversicherungsordnung –RVO– a.F. Nr. 20). Jedoch ist der ursächliche Zusammenhang nicht bereits dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSGE 60, 58, 59; 96, 196; 103, 59). Für die Einwirkungskausalität, die haftungsbegründende Kausalität wie auch die haftungsausfüllende Kausalität gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung, die als Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie hat, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (sog. conditio sine qua non, s. BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 = BSGE 96, 196 ff.). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach einem Arbeitsunfall, Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist bei der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Ereignissen bzw. Einwirkungen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Letzterer bestimmt sich unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde (s. BSGE 96, 196, 297; BSGE 103, 59, 63).
Bei Überprüfung der tatbestandlichen Voraussetzungen der in Frage kommenden BK-Ziffern geht der Senat nach den Ermittlungen des TAD in Jahren 1991 (Bericht vom 25. Oktober 1991), 2001 (Bericht vom 22. Juni 2001) und 2007 (Bericht vom 27. Februar 2007) hinsichtlich der Tätigkeit und der Arbeitsbedingungen des Versicherten von folgendem erwiesenen Sachverhalt aus:
Der Versicherte war von Juni 1966 bis November 1996 als Schlosser bei der Firma F. in D. beschäftigt, die mit dem Ausscheiden des Versicherten ihren Betrieb eingestellt hat. Die Firma stellte Stahlkonstruktionen für das Baunebengewerbe her. Bis 1979 war die Firma in der N. in D. in einer Werkstatt untergebracht, mit einer Größe von 7x4 m und einer Höhe von 2,5 m. Da alle in der Werkstatt tätigen Mitarbeiter als Schlosser mit Schweiß- und Schleifarbeiten beschäftigt waren, herrschte in der lediglich über ein Hallentor belüfteten, niedrigen Werkstatt eine hohe Feinstaubkonzentration. Soweit die Schweißarbeiten nicht an einem überdachten Arbeitsplatz im Freien durchgeführt wurden, wurde in der Werkstatt ohne Absaugung geschweißt. In der Werkstatt war zudem ein Schmiedefeuer vorhanden, an dem damals noch vermehrt Schmiedearbeiten verrichtet wurden mit weiterer Rauch- und Feinstaubentwicklung, so dass davon auszugehen ist, dass in der Werkstatt ständig eine hohe Belastung durch Feinstäube und Rauche oberhalb des MAK-Wertes herrschte.
Seit 1980 war die Firma F. in eine neue Halle nach D-X. umgezogen, deren Größe 36x16 m bei einer Höhe von 5 m betrug. Die Belüftung der Halle erfolgte durch ein Hallentor, eine Tür und acht Kippfenster. Sie war ab 1990 mit einer nachzuführenden alle Schweißarbeitsplätze erreichenden Schweißrauchabsaugung ausgerüstet, die bei größeren Schweißarbeiten regelmäßig, bei kleineren kurzzeitigen Schweißarbeiten eher selten benutzt wurde. Der Betrieb hatte nach den Angaben des Unternehmers F. aus dem Jahr 1991 in der alten Halle sechs bis acht Mitarbeiter, mit denen zunächst auch in der neuen Halle gearbeitet wurde. Soweit der Unternehmer F. dem TAD gegenüber 2001 von 10 bis 15 Mitarbeitern sprach, kann sich dies nur auf die Jahre nach 1991 bezogen haben. Von 1966 an waren drei Viertel der Mitarbeiter in der Regel in der Werkstatt tätig und ein Viertel auf Baustellen. In der neuen Halle kamen Aluarbeiten hinzu, da Alufensterkonstruktionen hergestellt wurden unter Verwendung isocyanatehaltiger Zweikomponentenkleber. Spritzlackier- und Streicharbeiten mit Universalverdünner fielen wöchentlich in einem Umfang von ein bis zwei Stunden an sowie Spachtelarbeiten zum Glätten metallischer Oberflächen mit Polyesterspachtelmasse im Umfang von zwei bis drei Stunden wöchentlich. Die Arbeiten wurden teils außerhalb der Halle verrichtet. Da meist verschiedene Werkstücke in der Werkstatt erstellt wurden, wurden die unterschiedlichen Arbeiten häufig nebeneinander ausgeführt. Der Zuschnitt der zu verarbeitenden Metallteile erfolgte mittels Kreissäge mit Kühlschmierstoff oder durch Brennschneiden – früher autogen, später mit dem Plasmabrenner, einem Handgerät.
Nach Angaben des Unternehmers F. vom 14. März 2001 gegenüber dem Technischen Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten verrichtete der Versicherte in etwa 30 % der Arbeitszeit Schweißerarbeiten. Bis Ende der 70er Jahre wurden meist unlegierte Baustähle überwiegend im Lichtbogenhandverfahren (LBH) mit Elektrode geschweißt, seit Anfang der 80er Jahre überwiegend im Schutzgasschweißverfahren (Metallaktivgasverfahren – MAG). Edelstahl wurde ab Anfang der 80er Jahre verschweißt, dies allerdings nur gelegentlich in maximal 5 % (so Angabe des Unternehmers F.) bzw. 10 % (so Angabe des Arbeitskollegen G.) der Tätigkeit. Dabei kamen nach TAD-Recherchen basische Elektroden mit einem Durchmesser von 2,5 mm beim Heften bzw. 3,25 mm beim Lagenschweißen zum Einsatz. Edelstahl wurde überwiegend im LBH-Verfahren mit Elektrode, in geringem Umfang im MAG-Verfahren eventuell auch im WIG-Verfahren (WIG = Wolfram-Inertgas-Verfahren) verschweißt. Nach ergänzenden Ermittlungen des TAD ist ab Mitte der 80er Jahre das Schutzgasschweißverfahren (MAG oder WIG) vermehrt eingesetzt worden, das nach und nach an die Stelle des LBH Verfahrens trat, wobei thoriumhaltige Schweißelektroden beim WIG-Schweißen verwandt wurden. Von einer Thorium-Belastung war insbesondere beim Anschleifen der Elektroden auszugehen. In geringem Umfang wurde auch öliges Material verschweißt, wobei dasselbe normalerweise zunächst entfettet und dann geschweißt wurde. Der Versicherte führte auch Schweißarbeiten an verzinkten Teilen aus, wobei er Zinkrauchen ausgesetzt war. Der Versicherte nahm die bei der Herstellung/Bearbeitung kleinerer Stahlkonstruktionen übliche Arbeitshaltung ein, wobei die zu bearbeitenden Stahlteile auf Böcken oder einem Tisch lagen. Große Konstruktionen aus Edelstahl wurden üblicherweise nicht hergestellt und Arbeiten in engen Räumen nicht durchgeführt. Schleifarbeiten an Stahl im Rohzustand erfolgten mit einem Einhandwinkelschleifer, wobei deren zeitlicher Anteil etwa 10 % der Gesamtarbeitszeit betrug. Seit 1979 standen bei Schleifarbeiten Papiermasken zur Verfügung. Gelegentlich wurden Bohr- und Fräsarbeiten unter Zufuhr eines Kühlschmierstoffes durchgeführt, in der alten Halle wurden Lackierarbeiten mit Rolle und Pinsel ausgeführt. Im neuen Betrieb stand ein Kompressor zur Verfügung und es wurde gelegentlich auch mit Spritzpistole lackiert. Zunächst wurde Bleimenninge verarbeitet, später auch Zinkchromatgrund. Zinkchromatgrund wurde vom Versicherten mit der Rolle verarbeitet. Ab Mitte der 70er Jahre wurde der Stahl in zunehmendem Maße nach der Bearbeitung feuerverzinkt. Umgang mit teer- oder bitumenhaltigen Materialien bestand in geringem Maße beim Streichen von Teilen mit Teerfarbe. Für die Dauer von vier Wochen hatte der Versicherte Umgang mit Asbestzementplatten. Asbestkontakt bestand auch bei der Montage zugeschnittener Eternitplatten als Balkonverkleidung, die vor der Montage angebohrt und selten nachgeschnitten wurden. Bei der ca. drei Monate andauernden Montage astbesthaltiger Brandschutzplatten am Klinikum D. war der Versicherte aushilfsweise tätig. Am 17. Mai 1995 erlitt der Versicherte einen Arbeitsunfall beim Abscheiden feuerverzinkter Rundrohre und Trägerprofile durch autogenes Schweißen. Er atmete dabei auftretende Zinkdämpfe ein.
Während des gesamten Berufslebens war der Versicherte Raucher. Der behandelnde Internist Dr. I. hat wiederholt berichtet, dass der Versicherte seit dem 21. Lebensjahr 15 Zigaretten täglich geraucht hatte (Berichte vom 24. August 1995 und 8. Dezember 1999) und auch der HNO-Arzt Dr. H. sowie der Internist Dr. O. (Bericht vom 29. November 1995) sowie der Internist Dr. L. (Bericht vom 12. Mai 1999) haben den Nikotinmissbrauch bestätigt. Entgegen der Annahme des Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 hat der Versicherte nicht nur bis 1995 geraucht sondern offenbar noch in seinem letzten Lebensjahr. Denn der Internist Dr. J. schrieb am 28. April 1999, dass der Versicherte "bis jetzt" rauche. Dementsprechend geht der Senat in Übereinstimmung mit Prof. C. in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 16. Februar 2010 und Dr. J. im Bericht vom 24. September 1999 davon aus, dass die Gesamtnikotinbelastung sich von 1960 bis 1999 dem Berechnungsmodus der Sachverständigen Professores B. und C. entsprechend auf 29,25 Packungsjahre beliefen und nicht nur auf 26,25, wie Prof. B. bei einer um vier Jahre kürzeren Raucheranamnese geschätzt hatte. Dr. J. spricht von ca. 30 Packungsjahren, Prof. C. von bis zu 30 und auch Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 von 26 bis 30 Zigarettenpackungsjahren.
Der Versicherte ist, worüber Professores B., C. und PS. einig sind und was zwischen den Beteiligten nicht umstritten ist, an den Folgen eines im April 1999 erstmals diagnostizierten Bronchialkarzinoms des linken Lungenunterlappens am 18. Dezember 1999 verstorben. Er war von 1966 bis 1996 als Schlosser bei der Firma F. infolge seiner versicherten Tätigkeit der lungenschädlichen Einwirkung Chrom VI- und nickeloxidhaltiger Schweißrauche, zinkchromathaltiger Tröpfchenaerosole, von Asbestfaserstaub, ionisierenden Thorium-Verfallsprodukten sowie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen mit der Leitsubstanz BaP ausgesetzt, so dass insoweit die Einwirkungskausalität zu bejahen ist. Ohne die Einwirkung dieser Berufsschadstoffe wäre es nicht zum Auftreten der Bronchialkrebserkrankung des Schweregrades und im Alter von 60 Jahren bei dem Versicherten gekommen, wobei als weitere naturwissenschaftliche Mitursache seiner Krebserkrankung aus dem privaten unversicherten Umfeld der langjährige Nikotinkonsum hinzutritt. Dies hat Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 ausgeführt und in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 nochmals bestätigt. Auch Prof. C. teilt als weiterer gerichtlicher Sachverständiger diese Auffassung, so dass alle vorgenannten Lungenschadstoffe beruflicher wie privater Herkunft zur Überzeugung des Senats als naturwissenschaftliche Ursachen im Sinne der Conditio-sine-qua-non-Formel feststehen.
Die Asbestbelastung und die PAK-Exposition erfüllen die tatbestandlichen Voraussetzungen der einschlägigen BK-Ziffern nicht.
Eine nach Ziffer 4104 zur BK-Anerkennung gestellte Lungenkrebserkrankung erfordert den Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von 25 Faserjahren, soweit – wie beim Versicherten – eine Asbestose bzw. eine asbestbedingte Pleuraerkrankung nicht nachgewiesen sind. Der Versicherte war einer Asbesteinwirkung beim Verarbeiten von Asbestzement- und Eternitplatten für die Dauer mehrerer Monate ausgesetzt, wodurch es nach Berechnungen des TAD im Bericht vom 22. Juni 2001 zu einer Asbestfaserstaubbelastung im Umfang von 3,3 Faserjahren gekommen war, die die vom Verordnungsgeber geforderte, an der Verdoppelungsdosis ausgerichtete Belastungsgrenze von 25 Faserjahren deutlich verfehlt.
Dasselbe gilt für die BK-Ziffer 4113 im Hinblick auf die Belastung des Versicherten durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe mit der Leitsubstanz BaP. Der Versicherte unterlag einer BaP-Einwirkung beim Streichen der Stahlkonstruktionen mit teer- bzw. bitumenhaltigen Farben sowie dem beweglichen Schweißen verölter Bleche. Hinzu kam die durch das Schmiedefeuer in der kalten Halle frei werdenden Pyrolysestoffe. Zu Details dieser Arbeiten und der resultierenden Belastungen konnte der TAD durch Befragung des Unternehmers F. lediglich ermitteln, dass vorgenannte Arbeiten nur in geringem Umfange verrichtet wurden. Eine quantifizierbare Dosis – insbesondere die zur Anerkennung einer Lungenkrebserkrankung unter dem Aspekt der Verdoppelungsdosis geforderte Einwirkung von 100 BaP-Jahren - ist ausweislich der Stellungnahme des Prof. B. vom 20. Juni 2009 auf dieser Grundlage nicht feststellbar.
Ein Versicherungsfall der BK-Ziffer 4114 (Lungenkrebs durch das Zusammenwirken von Asbestfaserstaub und PAK) bedurfte keiner näheren Überprüfung, obwohl der Versicherte beiden Noxen bei der Firma F. ausgesetzt war. Denn die durch die 2. Verordnung zur Änderung der BKV vom 11. Juni 2009 (BGBl. I S. 1273) eingeführte BK erfasst über die Rückwirkungsbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 BKV nur Versicherungsfälle ab 1. Oktober 2002 und damit nicht den 1999 aufgetretenen Bronchialkrebs des Versicherten.
Keine der übrigen Berufsnoxen hat nach der Theorie der wesentlichen Bedingung allein das Lungenkrebsleiden des Versicherten bewirkt, so dass für die BK-Ziffern 2402, 4109 und 1103 nicht von einer monokausalen, d.h. nur durch den in der jeweiligen Ziffer genannten Schadstoff hervorgerufenen Entstehungsursache auszugehen und insofern die haftungsbegründende Kausalität nicht zu bejahen war.
Der Versicherte war nach den TAD-Feststellungen einer Thorium-Belastung insbesondere beim Anschleifen der beim WIG-Schweißen verwendeten Wolfram-Elektroden ausgesetzt, die zu keiner im Rahmen der BK-Ziffer 2402 wesentlichen, lungenschädlichen (dazu Anhang 2 zum Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zur BK-Nr. 2402, veröffentlicht bei Mehrtens-Brandenburger, Die Berufskrankheitenverordnung, Kommentar M 2402, wo eine hohe Strahlungsempfindlichkeit der Lunge bestätigt wird) ionisierenden Strahlenbelastung führte. Denn bei der BK 2402 ist wie auch bei den übrigen für den Versicherten relevanten BK-Ziffern zur Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität der berufsbedingten Schadstoffexposition an eine Dosis-Wirkungsbeziehung anzuknüpfen, wobei als Dosis diejenige Menge eines Schadstoffes anzusehen ist, der innerhalb einer bestimmten Zeit zur Einwirkung kommt. Die schädigende Einwirkung muss nicht nur ihrer Art nach, sondern auch nach Dauer und Intensität zur Verursachung der Krankheit konkret geeignet sein (beispielhaft: Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.2 und 27.1 zu E § 9 SGB VII). Die haftungsbegründende Kausalität ist im Allgemeinen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit monokausal zu begründen, wenn Intensität und Dauer der Einwirkung des jeweiligen Listenstoffes zu einer Risikoverdoppelung führen (herrschende Meinung, beispielsweise Mehrtens-Brandenburger, a.a.O. sowie Urteil des LSG Schleswig-Holstein in Breithaupt 2008, 308). Die Verdoppelungsdosis für Lungentumore soll bei Erwachsenen nach Einwirkung ionisierender Strahlung im Bereich von 2 Millionen Mikro-Sievert (= 2 Sievert) liegen (Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Ziffer 3.2 zu M 2402). Der TAD hat hierzu mit Stellungnahme vom 27. Februar 2007 dargelegt, dass über den Abbrand des Wolframanteils in den Elektroden keine Messwerte vorliegen und dass weder über die verwendeten Elektroden noch die Häufigkeit des Anschleifens bei der Firma F. Auskünfte erhoben werden konnten. Von einem Anschleifvorgang pro Schweißstunde ausgehend – was den Erhebungen des Fachausschusses "Schweißen" entspricht – ergibt sich bei Verwendung von WT 40 Elektroden ausgehend von einem 5 bzw. 10 %igen Anteil der Schweißarbeiten an der Gesamtarbeitszeit eine Belastung von 0,084 bis 0,168 mSv pro Jahr, womit die in der BG-Information 746 "Umgang mit thoriumhaltigen Wolfram-Elektroden beim WIG-Schweißen" genannte Jahresdosis von 6 mSv deutlich unterschritten wurde. Prof. B. hat diese Schätzung seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 3. Juli 2008 zugrunde gelegt. Mit weiterer Stellungnahme vom 20. Juni 2009 hat er für den Senat überzeugend bestätigt, dass für Thorium damit eine hinreichende und dosimetrisch verwertbare inhalativ aufgenommene Menge nicht erwiesen ist. Auch Prof. C. geht in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2010 von einem nicht quantifizierbaren Risiko für Thorium beim WIG-Schweißen aus. Mit dem Vorschlag des Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010, die Belastung durch Thorium-Zerfallsprodukte mit einer VW von 0,01, d.h. ca. 1 % zu berücksichtigen, wird deutlich, dass eine VW von 0,50 im Sinne einer Risikoverdoppelung für Thorium nicht diskutabel ist.
Dasselbe gilt für die BK 4109 (bösartige Neubildungen der Atemwege und der Lunge durch Nickel oder seine Verbindungen) hinsichtlich der Nickelbelastung. Der Versicherte war einer Nickelexposition in der Firma F. beim Schweißen, beim Plasmaschneiden sowie auch beim Schleifen nickelhaltiger Werkstoffe ausgesetzt (zu diesen Risikotätigkeiten: Ärztliches Merkblatt zur BK 4109 unter Ziffer I, veröffentlicht bei Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., M 4109). Da keine konkreten Belastungswerte am Arbeitsplatz des Versicherten erhoben wurden, folgt der Senat - wie auch die gerichtlichen Sachverständigen Professores B. und C. - dem Vorschlag des TAD in dessen Stellungnahme vom 27. Februar 2007, personenbezogene Vergleichswerte anhand der vom BIA im Rahmen einer Feldstudie "Nickel- und Chromatexposition an Schweißarbeitsplätzen, Empfehlung für die messtechnische Überwachung" in BIA-Information Nr. 2/87 einer Gefährdungsabschätzung zugrunde zu legen. Ausgehend von der Erkenntnis, dass beim LBH-Schweißen an Edelstahlteilen im Vergleich zu den übrigen Schweißverfahren (MAG, MIG, WIG-Schweißen) die höchsten Konzentrationen von Schweißrauchen am Arbeitsplatz auftreten, hat das BIA dabei resultierende Schweißrauch-, Nickel-, Chrom- und Chromatbelastungen ermittelt, wobei die Nickelbelastung unabhängig vom verwendeten Schweißverfahren durchweg unterhalb des Grenzwertes von 0,5 mg/m3 lag. Ausgehend von einer Nickelbelastung von 0,24 µg Nickel pro m3 beim LBH-Schweißen hat Prof. B. eine kumulative Nickel-Dosis im Mittelwert einer Belastung von 0,8 bzw. 1,6 Jahren von 288 µg/m3 x Jahr und Prof. B. bei einer Belastung von 1,5 bzw. 3 Jahren eine solche von 540 µg/m3 x Jahr errechnet. Soweit Prof. B. die Belastung für eine dreijährige ganztägige Schweißtätigkeit in Höhe von 720 µg Nickel/m3 x 1 Jahr und für beide Zeiträume vermittelnd in Höhe von 540 µg errechnet hat, waren diese Werte nicht relevant. Denn sie beruhen auf der Annahme, dass der Versicherte 30 Jahre lang ab 1966 Edelstahl verschweißt hatte, was bei der Firma F. nicht der Fall war. Denn die Nachfrage nach Edelstahl setzte dort erst in den 80er Jahren ein, wie der TAD 2007 nachermitteln konnte. Die danach allein relevanten Werte von 288 bzw. 540 µg Nickel/m3 x Jahre liegen deutlich unterhalb der Grenze, ab der eine Verdoppelungsdosis für das nickel-induzierte Bronchialkarzinom erreicht wird und die bei einer kumulativen Dosis von 5.000 µg/m3 x Jahre angenommen wird (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Auflage, S. 1120; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 6 zu M 4109; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007 – L 1 U 44/03 in: Breithaupt 2008, 308; BSG Urteil vom 12. Januar 2010, - B 2 U 5/08 R - juris), was auch Prof. B. und Prof. C. nach Aufarbeitung der arbeitswissenschaftlichen Literatur so bestätigt haben.
Für die Belastung des Versicherten mit Chrom und seinen Verbindungen – wovon in erster Linie sechswertige Chromverbindungen Bedeutung erlangen - gilt im Rahmen der BK-Ziffer 1103 nichts anderes. Die qualitative Zusammensetzung der Schweißrauche hängt wesentlich von den Schweißzusatzstoffen (Elektroden) ab, da Schweißrauch fast ausschließlich aus diesen freigesetzt wird. Eine lungenschädliche Belastung mit sechswertigen Chromverbindungen entsteht dabei vor allem beim LBH-Schweißen mit chromhaltigen Stabelektroden, wobei nach den Feststellungen des TAD - die Prof. B. und Prof. C. in ihren Gutachten und Stellungnahmen zugrunde gelegt haben – auch TRK-Richtwertüberschreitungen beim Schweißvorgang zu verzeichnen sind. Die Verdoppelungsdosis für die vor allem beim LBH-Edelstahlschweißen auftretende Chromat-VI-Belastung wird von den gerichtlichen Sachverständigen bei 2.000 µg/m3 x Jahre gesehen (ebenso BSG, Urteil vom 12. Januar 2010, a.a.O., Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 1117). Der Wert entspricht dem Vorschlag von M. und Q. und ist abgeleitet vom früheren TRK-Wert für die Dauer von zehn Jahren. Vereinzelt werden geringere Werte genannt mit Reduktion der Belastung auf 1.100 bzw. 1.000 µg/m3 x Jahre (LSG Schleswig-Holstein, a.a.O. und Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 4 zu M 1103). Der Versicherte erreichte jedoch keinen dieser Werte nach der zutreffenden Berechnung des Prof. C., der bei 0,8 bis 1,6jähriger Belastung eine kumulative Chromat-Dosis von im Mittel 480 µg/m3 Jahre errechnet hat. Der Berechnung des Prof. B. konnte der Senat allenfalls insoweit folgen, als er von einer 1,5jährigen Belastung mit einer kumulativen Chromat-Dosis von 600 µg/m3 x Jahre ausgeht. Denn bei der Firma F. wurde nach den Feststellungen des TAD vom 27. Februar 2007 erst ab 1980 Edelstahl verschweißt. Selbst wenn man die günstigste Einschätzung des Arbeitskollegen G. zugrunde legt, dass der Versicherte 10 % der Arbeitszeit – und nicht nur 5 % laut Angabe des Unternehmers F. - Edelstahl geschweißt hatte, darf für die 16 Jahre von 1980 bis 1996 nicht eine dreijährige, sondern – so Prof. C. zutreffend – eine maximal 1,6jährige Belastung zugrunde gelegt werden. Beide Werte (480 bzw. 600 µg/m3 x Jahre) verfehlen die allgemein für eine Verdoppelungsdosis geforderten Werte – wie auch die vereinzelt vertretenen reduzierten Werte – deutlich, so dass auch im Hinblick auf die BK-Ziffer 1103 eine monokausale Verursachung ausscheidet.
Den Versicherungsfall einer BK 1103 konnte der Senat – entgegen dem Vorschlag des Prof. B. – auch nicht im Wege einer synkanzerogenen Kombinationswirkung unter Mitwirkung von zumindest fünf lungenschädlichen Berufsschadstoffe zugunsten der Klägerin feststellen. Denn auch unter Berücksichtigung der allein quantifizierbaren Lungenschadstoffe Chrom VI, Nickel und Asbest ist eine Risikoverdoppelung bzw. ein RR von mehr als zwei entsprechend einer VW von 0,5 nicht zu begründen, so dass berufliche Kausalfaktoren als wesentliche (Mit)Ursache der Bronchialkrebserkrankung des Versicherten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erwiesen sind.
Beim Versicherten kam es in 30jähriger Tätigkeit als Schlosser und Schweißer bei der Firma F. zu Expositionen gegenüber fünf Berufsschadstoffen: Chrom VI - und nickeloxidhaltigen Schweißrauchen, zinkchromathaltigen Tröpfchen-Aerosolen beim Auftragen von Grundierungen, ionisierenden Thorium-Zerfallprodukten beim WIG-Schweißen mit Wolfram-Elektroden, Asbestfaserstaub beim Umgang mit Asbestzement- und Eternitplatten sowie PAK bei Schweißarbeiten an verölten Blechen, bei Anstreicharbeiten mit Teerfarben und infolge der Pyrolyseprodukte des Schmiedefeuers. Für alle vorgenannten Stoffe ist eine lungen- bzw. bronchialkrebsprovozierende Wirkung gesichert. Dabei ist mit Professores B. und C. von einer Verstärkung der krebserzeugenden Wirkung durch gleichzeitige oder aufeinander folgende Gabe mindestens zweier krebserzeugender Stoffe – also von einer Synkanzerogenese (zum Begriff Becker, Synkanzerogenese aus sozialjuristischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2005, 115; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O.) – auszugehen.
Bei Schweißarbeiten – insbesondere an Edelstahl – soll die BK-Bewertung nach der "führenden Schweißrauchkomponente" erfolgen, als die nach Professores B. und C. die Chrom-VI-Belastung des Versicherten anzusehen ist. Folglich hatte der Senat – insoweit Prof. B. folgend - zu prüfen, ob beim Versicherten eine BK 1103 durch chrom-VI-haltige Schweißrauchbestandteile bei synkanzerogener Mitbeteiligung der übrigen Lungenschadstoffe festzustellen ist. Denn in der Rechtsprechung ist anerkannt (Urteil des BSG vom 12. Juni 1990 - 2 RU 14/90 - juris, Becker, a.a.O., S. 115), dass dem Zusammenwirken einzelner Mitbedingungen in einer Gruppe, die als Kollektiv für einen Erfolg wesentlich ist, soviel Eigenbedeutung zukommt, dass damit auch jedem einzelnen Listenstoff des Einwirkungsgemisches wesentliche Bedeutung für den Erfolg im Sinne eines BK-Tatbestandes zukommt (so zuletzt auch Urteil des BSG vom 12. Januar 2010, B 2 U 5/08 R - juris).
Bei derartigen Krebserkrankungen lässt sich infolge der langen Latenzzeit von mehreren Jahrzehnten ein Pathomechanismus nicht nachvollziehen, zumal die Einlagerung der Noxen oder Brückenbefunde nicht feststellbar sind. Wahrscheinliche Ursachenzusammenhänge können daher nur auf der Grundlage allgemein anerkannten Wissens über biologische Wirkungszusammenhänge und einschlägiger epidemiologischer Untersuchungen zu expositionsspezifisch erhöhten Erkrankungsrisiken festgestellt werden, womit in der Einzelfallprüfung letztlich an die Erkenntnisse anzuknüpfen ist, die bei Einführung des BK-Tatbestandes ausschlaggebend waren. Anders als der Verordnungsgeber bei Einführung einer BK, der sich bei Erweiterung/Einführung der BKen 4104 3. Alternative, 4114, 4113 zuletzt zwar wiederholt an einer Risikoverdoppelung orientiert hat, was er indessen nach der Rechtsprechung des BSG nicht tun muss (BSGE 84, 30, 37 zur BK 2108), haben Versicherungsträger und Gerichte bei Prüfung des Einzelfalles kein weit zu fassendes gerichtlich nur beschränkt überprüfbares "Regelungsermessen", sondern müssen die streitigen Kausalzusammenhänge nach umfassender Sachermittlung auf der Grundlage der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) mit der geforderten hinreichenden Wahrscheinlichkeit feststellen. Diese wird im Allgemeinen erreicht, wenn in einer beruflich exponierten Personengruppe im Vergleich zur nicht exponierten Bevölkerung mehr als doppelt so viele einschlägige Erkrankungsfälle auftreten. Mit Feststellung der epidemiologisch begründeten Risikoverdoppelung spricht bei vorliegenden definierten Expositionsbedingungen statisch mehr als eine 50 %ige Wahrscheinlichkeit dafür, dass die berufliche Exposition für die Erkrankung ursächlich ist (Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3 zu § 9; Koch in: Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, Kommentar, Anm. 162 zu § 9 SGB VII; LSG Schleswig-Holstein, a.a.O., Becker, a.a.O., HLSG, Urteil vom 31. Oktober 2003 - L 11/3/U 740/02 ZVW). Eine besondere Herausforderung für das in der Regel monokausal ausgerichtete BK-Listen-System stellen die nicht selten anzutreffenden Fälle dar, in denen nicht eine Noxe allein das epidemiologisch definierte Verdoppelungsrisiko erreicht, sondern nur mehrere Noxen im Zusammenwirken. In derartigen Fällen werden zum Nachweis der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs bei Zusammenwirken verschiedener Noxen nach der sog. Wichmann’schen Formel (LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O. sowie HLSG, Urteil vom 31. Oktober 2003, a.a.O.) das relative Risiko (RR) und die resultierende Verursachungswahrscheinlichkeit (VW) ermittelt (HLSG, a.a.O., ihm folgend Becker, a.a.O., Medizinischer Sachverständiger 2005, 115; 118; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 13. September 2007, a.a.O., ebenso Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3 sowie Koch, a.a.O.). Bei Erreichen eines RR von mehr zwei errechnet sich danach eine VW von mehr als 50 % entsprechend einer Risikoveroppelung. Dieses Berechnungsmodell ist allerdings nur unter eingeschränkten Voraussetzungen anwendbar, die im Falle des Versicherten erfüllt sind (dazu Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 27.3). Die den Versicherten treffenden Schadstoffe wirken auf dasselbe Organ Lunge im Rahmen einer linearen Dosis-Wirkungsbeziehung nach einem additiven Modell, so dass die für jeden Stoff ermittelten Bruchteile der Verdoppelungsdosis zu addieren sind, wovon Professores B. und C. in ihren Berechnungen übereinstimmend ausgehen.
Sowohl Prof. B. wie auch Prof. C. kommen zu RR-Werten von unter 2 und VW-Werten von unter 0,50 unter Berücksichtigung der quantifizierbaren Belastungen des Versicherten durch chromat- und nickelhaltige Schweißrauche sowie Asbeststaub. Hinsichtlich der Asbestbelastung gehen beide auf Basis einer von der BK-Ziffer 4104 vorgegebenen Risikoverdoppelung bei 25 Asbestfaserjahren für die beim Versicherten vom TAD ermittelte Belastung im Umfang von 3,3 Asbestfaserjahren von einer RR von 1,13 und einer VW von 0,12 aus. Im Hinblick auf die Chromat- und Nickelbelastung kommen sie zu differenten Ergebnissen, weil Prof. B. insoweit von eine 1,5 bis 3jährigen ganztägigen Schweißarbeit ausgeht, während Prof. C. diese Werte quasi halbiert auf 0,8 bzw. 1,6jähriges ganztägiges Schweißen. Prof. C. bewegt sich mit seiner Schätzung, die Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 ebenfalls zugrunde legt, auf Basis der berufungsgerichtlichen Vorgaben im Schreiben vom 25. September 2008. Danach sind Schweißarbeiten an Edelstahl bei der Firma F. als Ergebnis ergänzender TAD-Ermittlungen aus 2007 erst ab 1980 erwiesen und der dafür zu berücksichtigende Gesamtzeitraum beträgt nicht 30 Jahre von 1966 bis 1996, sondern nur 16 Jahre von 1980 bis 1996. Bei einem Anteil derartiger Schweißarbeiten von 5 bis 10 % an der Gesamtarbeitszeit ergibt dies nicht 1,5 bis 3 Jahre Vollschweißertätigkeit (so Prof. B.) sondern nur 0,8 bis 1,6 Jahre (so Prof. C.). Beide Sachverständige gehen übereinstimmend vom einer Chromat-Konzentration in der Atemluft als 90 %-Werte nach BIA von 0,4 mg/m3 für Chrom und 0,24 mg/m3 für Nickel aus und legen als kumulierte Verdoppelungsdosis für Chrom 2.000 und für Nickel 5.000 µg/m3 x Jahre zugrunde. Diese Grundannahmen führen mit Prof. C. zu einer kumulativen Chromat-Dosis von 480 µg/m3 x Jahre als Mittelwert einer 0,8 bis 1,6jährigen Belastung und zu einer entsprechend kumulierten Nickeldosis von 288 µg/m3, woraus für Chrom ein RR von 1,24 und für Nickel von 1,06 sowie eine VW von 0,19 für Chrom und 0,06 für Nickel resultiert. Bei Addition beider Werte und der Werte für Asbest ergibt sich eine Gesamt-RR von 1,69 und eine Gesamt-VW von 0,30. Da die für eine wesentliche berufliche Mitverursachung zu fordernde Risikoverdoppelung danach deutlich verfehlt wird, konnte der Senat sich nicht davon überzeugen, dass die quantifizierbaren Berufsschadstoffe Chrom, Nickel und Asbest mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich (mit)ursächlich zur Entstehung der Bronchialkrebserkrakung des Versicherten beigetragen haben. Prof. B. hat mit Stellungnahme vom 29. März 2010 dargelegt, dass der ärztliche Sachverständigenbeirat dem Verordnungsgeber in den letzten 20 Jahren im Hinblick auf die BK-Ziffern 4104, 4113 und 4114 dreimal empfohlen hat, neue BKen an Dosis-Grenzwerte zu binden. Dabei hat er immer auf das Gebot der Risikoverdoppelung abgestellt und als weitere Kriterien gefordert, dass es sich um eine Volkskrankheit handeln muss, dass epidemiologisch belastbare Dosis-Wirkungsbeziehungen vorliegen und dass weit zurück reichende belastbare sicherheitstechnische Kataster mit Expositionsdaten existieren. Der Verordnungsgeber ist dem Vorschlag des ärztlichen Sachverständigenbeirats jeweils gefolgt. Eine Begründung dafür, warum für die Einzelfallentscheidung beim Versicherten davon abzuweichen sein soll, hat Prof. B. nicht geliefert. Die von ihm letztlich empfohlene Anknüpfung an das sog. "Krasney’sche Drittel" mit der Folge, dass eine VW von 0,33 bereits ausreichen soll, den beruflichen Zusammenhang mit Wahrscheinlichkeit zu bejahen, widerspricht allem vorher Gesagten, der auf eine Risikoverdoppelung abstellenden herrschende Lehre in Rechtsprechung und Literatur sowie den bisherigen Vorgaben des Verordnungsgebers selbst, so dass sich der Senat diesem Vorschlag nicht angeschlossen hat.
Prof. B. weist indessen zutreffend darauf hin, dass der Versicherte über die quantifizierbaren und im Rahmen der Wittmann’schen Formel berechenbaren und berechneten Lungenschadstoffe hinaus weiteren lungenschädlichen Noxen exponiert war, woran der erkennende Senat nach den von Prof. B. zugrunde gelegten Ermittlungen des TAD und der beigezogenen Betriebsakte der Firma F. keine Zweifel hegt und was er für bewiesen hält. Auf folgende Umstände ist in diesem Zusammenhang hinzuweisen:
- Der Versicherte hatte von 1966 bis 1980 in 30 % seiner Arbeitszeit unlegierten Baustahl überwiegend im LBH-Verfahren geschweißt, wobei nicht bekannt ist, welche Schweiß-Elektroden dabei zum Einsatz kamen. Auch in der Zeit nach 1980 hat er insgesamt 30 % seiner Arbeitszeit geschweißt, wobei in 5 bis 10 % der Zeit Edelstahl verschweißt wurde. Die verschweißten Bauteile waren zum Teil mit Zinkchromat gegen Rost geschützt, wodurch zinkchromathaltige Schweißrauche entstanden.
- Die Arbeitsumstände waren von 1966 bis 1979/1980 in der alten Werkstatt mit nur geringem Raumvolumen schlecht und dort herrschte eine hohe Feinstaubkonzentration, die erst besser wurde nach dem Umzug in die neue Halle, wobei eine dem Stand der Technik entsprechende Schweißrauchabsaugung an allen Schweißarbeitsplätzen auch in der neuen Halle erst ab 1990 existierte, die nicht bei allen Schweißarbeiten Verwendung fand.
- Eine sog. "Bystander-Belastung" durch die mit gleichartigen Arbeiten in der Halle beschäftigten fünf bis sechs Arbeitskollegen war vorhanden aber nicht abschätzbar.
- Der Versicherte verwendete bei Anstricharbeiten, die zeitlich nicht mehr abgrenzbar sind, chromhaltige Grundierungen.
- Er verschweißt in geringem Umfang verölte Bleche und hatte Umgang mit teer- bzw. bitumenhaltigen Farben mit daraus resultierender PAK-Belastung. Die Rauchentwicklung durch das in der alten Werkstatt betriebene Schmiedefeuer trug durch freiwerdende Pyrolyseprodukte zur PAK-Belastung bei.
- Beim WIG-Schweißen unter Verwendung von thoriumhaltigen Elektroden resultierte eine Belastung durch ionisierende Strahlung.
Die Tatsache, dass der Versicherte insgesamt 30 Jahre als Schlosser und davon zehn Jahre als Vollschweißer unter überwiegend sehr belastenden Arbeitsumständen tätig war, erlaubt nicht, die nach vorstehender Berechnung verbleibende Lücke zur Risikoverdoppelung zu schließen, die Prof. B. mit Gutachten vom 24. April 2006 mit einer VW von 0,09 zu gering und Prof. C. mit einer VW von 0,20 in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 16. Februar 2010 zutreffend ermittelt hat. Die Tatsache, dass Schweißtätigkeiten nach Feststellung des Prof. C. im Gutachten vom 15. Juni 2004 mit einem leicht bis mäßig erhöhten Bronchialkrebsrisiko verbunden sind, ohne dass eine eindeutige Aussage zu Belastungen bei unterschiedlichen Schweißverfahren bzw. den verschweißten Stoffen möglich ist, ermöglichen eine weitergehende Quantifizierung nicht, wozu Prof. B. selbst überzeugende Ausführungen gemacht hat. Danach ist die Dosisabhängigkeit der gesundheitlichen Wirkung von Gefahrstoffen als Naturgesetzmäßigkeit seit Jahrhunderten weitestgehend gesichert ist. Dosimetrie basiert auf dem Produkt der kumulativ aufgenommenen Stoffquantität (k) und der Zeitdauer (t) der Einwirkung (d = k x t). Eine arbeitsmedizinische Zusammenhangsbegutachtung setzt daher stets personenbezogen oder zumindest analog verwertbare Messergebnisse zur Abschätzung der arbeitsbedingt aufgenommenen Gefahrstoffdosis anhand einer qualifizierten sicherheitstechnischen Expertise voraus (dazu: B., Ermittlung der Exposition als Grundlage der Begutachtung – Quantifizierung der Exposition aus arbeitsmedizinischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2002, 86, 91, 92). Um zur von Prof. B. auch in diesem Aufsatz geforderten Risikoverdoppelung zu gelangen, hätten die nicht quantifizierbaren Belastungen beim Schweißen von Baustahl, durch Zinkchromat, PAK und Thorium sowie die Bystander-Belastung zusätzlich ein RR von 1,57 ergeben müssen, was über dem für Chrom, Nickel und Asbest errechneten RR von 1,43 liegen müsste und Prof. C. zufolge nicht begründbar ist. Denn neben der Mehrbelastung durch vorgenannte Einflüsse wäre eine im Verlauf der 80er Jahre durch den Übergang vom LBH- auf die Schutzgasschweißverfahren resultierende geringere Chromatbelastung gegenzurechnen, da sowohl Prof. C. wie auch Prof. B. für die Gesamtzeitdauer von 1980 bis 1996 mit der hohen Konzentration von 400 µg/m3 gerechnet haben, die beim Schutzgasschweißen erheblich reduziert ist.
Vorgenannte wie auch die zusätzlichen Erkenntnisse aus der im Berufungsverfahren beigezogenen Betriebsakte der Firma F., die Prof. B. in seiner Stellungnahme vom 20. Juni 2009 im Detail ausgewertet hat, haben den Senat veranlasst zu prüfen, ob der streitige berufliche Zusammenhang nicht im Wege weitergehender Beweiserleichterungen oder gar einer Beweislastumkehr zugunsten der Klägerin festzustellen ist, was er im Ergebnis verneint hat.
Mit Prof. B. ist davon auszugehen, dass der Unternehmer F. in Arbeitsschutzfragen erhebliche Versäumnisse begangen hatte, die der Klägerin im Nachhinein die Beweisführung erschweren und die der Beklagten langjährig bekannt waren und von ihr nicht abgestellt wurden. Zu nennen sind insbesondere Umstände:
- Fehlende bzw. bis 1990 unzureichende Atemschutzvorrichtungen, die erst ab 1990 dem Stand der Technik entsprachen.
- Keine arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen mit der Folge, dass ein Biomonitoring nicht möglich war.
- Fehlende Erfassung der im Betrieb verwendeten krebserzeugenden Arbeitsstoffe unter Verletzung der Vorgaben der §§ 16 und 18 Gefahrstoffverordnung (Betriebs- bzw. Arbeitsstoff-Kataster).
Der Streitfall der Klägerin gehört danach zu den Fällen, in denen Arbeitsbedingungen aus langer zurückliegender Zeit heute nicht mehr rekonstruierbar sind, da der Beschäftigungsbetrieb nicht mehr existiert und die früheren Produktionsprozesse nicht mehr reproduzierbar sind. In derartigen Fällen ist eine "lebensnahe Beweiswürdigung" in der Form zu praktizieren, dass aufgetretene Beweisschwierigkeiten im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG), in die auch Billigkeitserwägungen einfließen dürfen (BSG in SozR 2200 § 551 RVO Nr.1), auch für den Vollbeweis keine zu hohen Anforderungen stellen und für den Umfang der Exposition beispielsweise eine Schätzung genügen lassen, wenn ausreichende Grundlagen für eine solche beispielsweise in Form von Gefährdungskatastern vorhanden sind (ebenso Keller, Die Bewältigung des BK-Rechts aus der Sicht der juristischen Praxis, Sozialgerichtsbarkeit 2001, 226; Kranig, Ermittlung der Exposition als Grundlage der Begutachtung – aus juristischer Sicht. Der medizinische Sachverständige 2002, 81, 82, 83; BSG SozR 2200 § 551 Abs. 1 RVO Nr. 1; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.4 zu E § 9 SGB VII). Schwierigkeiten dieser Art können generell auftreten und führen nicht zur regelmäßigen Annahme eines Beweisnotstandes (BSG, Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 25/03 R), Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung vermag auch typischen Beweisschwierigkeiten gerecht zu werden, die dadurch eintreten, dass ein Versicherungsträger schuldhaft später nicht mehr vorhandene Beweismittel nicht rechtzeitig genutzt hat oder ärztliche bzw. betriebliche Dokumentationspflichten verletzt worden sind. Bei der Beweiswürdigung im Einzelfall kann ein solcher Beweisnotstand zu einer Herabsetzung der Anforderungen an den Beweis der zu würdigenden Tatsachen führen, was nicht zuletzt der aus Art. 6 EMRK abgeleitete Anspruch auf ein faires Verfahren gebietet (so zutreffend Bieresborn, Die Ermittlung der Einwirkungen bei Berufskrankheiten, NZS 2008, 354, 360). Ein Abweichen vom in der gesetzlichen Unfallversicherung generell zu fordernden Beweisgrad und den Beweismaßstäben oder gar eine Umkehr der objektiven Beweislast lässt sich aber hieraus nicht herleiten (BSG in NZS 1988, 41, 42; Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.3 zu § 9 SGB VI; Koch, a.a.O., Anm. 169 zu § 9 SGB VI). Eine Umkehr der Beweislast sieht die gesetzliche Unfallversicherung im SGB VII allein im Rahmen des § 9 Abs. 3 SGB VII vor, dessen Voraussetzungen im Falle des Versicherten nicht diskutabel sind, da sein langjähriger Zigarettenkonsum zumindest als wesentliche Mitursache in Betracht zu ziehen ist. Weitergehende Forderungen nach einer Beweislastumkehr (zur Historie Mehrtens-Brandenburger, a.a.O., Anm. 26.5 zu § 9 SGB VII) sind durch die Regelungen des § 9 Abs. 3 SGB VII überholt und heute nicht mehr vertretbar, nachdem der Gesetzgeber eine eindeutige Regelung getroffen hat.
Dem Berufungsbegehren der Klägerin hätte der Senat danach nur entsprechen können, wenn er infolge der Beweiserleichterung die streitentscheidende, anspruchsbegründende und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festzustellende wesentliche (Mit)Ursächlichkeit lungenbelastender Berufsschadstoffe für das Auftreten des todesursächlichen Bronchialkarzinoms des Versicherten als erwiesen hätte ansehen können, wovon er sich aus mehreren Gründen nicht überzeugen konnte.
Der Grundsatz "Je mehr Ursachen behauptet werden, desto geringer ist unsere Erkenntnis (Karl Jaspers, zitiert nach Koch, a.a.O., Anm. 31 zu § 9 SGB VII) spiegelt sich in der Aussage von Prof. B. wieder, dass zu den den Versicherten belastenden synkanzerogenen fünf bis sechs Lungenschadstoffen weltweit keine belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht sind. Soweit der Senat diesem Erkenntnisdefizit durch Rückgriff auf das von Professores B. und C. verwendete theoretische Berechnungsmodell nach Wittmann zu begegnen versucht, ist die Verdoppelungsdosis mit Prof. C. deutlich verfehlt bei Berücksichtigungen der quantifizierbaren Anteile von Chromat, Nickel und Asbest als Lungengefahrstoffe beim Edelstahlschweißen. Welches Gefährdungspotentials es über die quantifizierbaren Noxen hinaus bedurft hätte, ist weder für den einzelnen synkanzerogen wirkenden Lungenschadstoff bekannt bzw. von den Sachverständigen angegeben noch für die Gesamtheit aller in der Modellrechnung nicht oder nur teilweise berücksichtigten Noxen. Falls ein Gericht in diesen Fällen das Erreichen einer Verdoppelungsdosis unterstellen würde, käme dies einer Umkehr der Beweislast gleich, wobei der Unfallversicherungsträger den Gegenbeweis nur führen könnte, wenn eine allein wesentliche unversicherte Ursache zur Debatte steht. Denn eine mögliche Mitbeteiligung beruflicher Noxen beim Entstehen synkanzerogen bewirkter Krebserkrankungen ist letztlich nie auszuschließen. Damit wäre nicht nur der gesetzgeberische Grundgedanke des § 9 Abs. 3 SGB VII missachtet sondern das Wesen der gesetzlichen Unfallversicherung verändert und dem Unfallversicherungsträger würden im Rahmen der von ihm gewährleisteten Haftungsersetzung für den Arbeitgeber unabsehbare finanzielle Belastungen auferlegt (ebenso BSG in SozR 2200 Nr. 1 zu § 551 RVO).
Im Falle des Versicherten und für die Klägerin würde indessen selbst eine so weitgehende Beweiserleichterung bzw. Beweislastumkehr nicht zum Erfolg des Rechtsmittels führen. Selbst wenn der Versicherte eine von beiden Sachverständigen nicht errechnete, die Verdoppelungsdosis ergebende Exposition erreicht hätte, wäre immer noch die Frage zu entscheiden, welche Bedeutung der beruflichen Verdoppelung des Risikos im Verhältnis zum durch privaten Zigarettenkonsum vielfach erhöhten Erkrankungsrisikos zukommt und ob die berufliche Risikoerhöhung angesichts dessen noch als wesentliche Mitursache in Betracht kommt. Diese Frage ist unabhängig von Beweisschwierigkeiten bei Feststellung der beruflichen Exposition zu beantworten insoweit greift eine Beweiserleichterung nicht – und im Ergebnis zu verneinen.
Der Senat durfte die als naturwissenschaftliche wie auch wesentliche Mitursache im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung zwischen Professores B. und C. unstreitige unversicherte Nikotinbelastung des Versicherten nicht unberücksichtigt lassen. Diese hält der Senat für die Zeit vom 21. Lebensjahr (1960) bis zum Todesjahr (1999) des Versicherten beim Konsum von zumindest 15 Zigaretten täglich im Umfang von 29,25 Packungsjahren für erwiesen. Nach der von Prof. B. im Gutachten vom 24. April 2006 anhand der auf Seite 30 abgebildeten Tabelle vorgenommenen Berechnung ergibt sich für 29,25 Packungsjahre ein zumindest 11fach erhöhtes Lungenkrebsrisiko, das nach den Ausführungen in seiner letzten gutachterlichen Stellungnahme vom 29. März 2010 mit ergänzender telefonischer Bestätigung vom 23. August 2010 am ehesten additiv neben den beruflichen Belastungen zu berücksichtigen ist, deren Ausmaß eine Risikoverdoppelung nicht erreicht. Dieser Faktor darf entgegen Prof. B. nicht unberücksichtigt bleiben. Denn die Kausalitätsprüfung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung ist immer am einzelnen Versicherten auszurichten, der mit seinen individuellen Belastungen und Vorerkrankungen in demjenigen Gesundheitszustand geschützt ist, in dem er die versicherte Tätigkeit verrichtet – der Versicherte also auch mit seiner langjährigen Nikotinbelastung. Der aus einer unversicherten Belastung resultierende Kausalbeitrag darf in der Gesamtabwägung indessen unter den Begriff der "Lebensführungsschuld" nicht ausgeblendet werden, sondern ist in die Gesamtabwägung einzubeziehen (ebenso ausdrücklich: Becker, Die wesentliche Bedingung – aus juristischer Sicht, Medizinischer Sachverständiger 2007, 92, 95; im Ergebnis ebenso BSG, Urteile vom 28. Juli 1991 - 2 RU 59/90 - sowie vom 4. Juni 2002 - B 2 U 16/01 R jeweils juris). In diesem Zusammenhang kann ausnahmsweise die von Prof. B. angesprochene "Krasney’sche Formel" Hilfestellung leisten, die in der Rechtsprechung bisher keine allgemeine Verbreitung gefunden hat, da sie eine quantitative Gegenüberstellung versicherter und konkurrierender unversicherter Ursachen voraussetzt, die in aller Regel bei Abwägung verschiedener Kausalfaktoren – anders als im konkreten Fall – nicht möglich ist. Nach der von Krasney vorgeschlagenen Faustregel soll rechtlich nicht wesentlich die Bedingung sein, die neben anderen Bedingungen an dem Gesundheitsschaden nur mit 10 v.H. beteiligt ist. Rechtlich wesentlich soll die Bedingung sein, die mindestens den Wert von einem Drittel aller sonst zu berücksichtigenden Umstände erreicht. Im Grenzbereich zwischen 10 v.H. und einem Drittel soll sorgsam geprüft werden, ob die dem versicherten Bereich zuzurechnende Bedingung noch als wesentliche anzunehmen ist. Im Rahmen der individuellen Beurteilung in dem Grenzbereich zwischen einem Drittel und einem Zehntel sollen besondere Umstände hinzu kommen müssen, um eine quantitativ so untergeordnete Expositionen dennoch als wesentlich ansehen zu können (dazu Krasney in: Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band 3, Anm. 314 zu § 8 SGB VII). Für den Fall des Versicherten bedeutet dies, dass bei additiver Gesamtschau einem mehr als elffachen nikotinbedingten Lungenkrebsrisiko ein unter zweifach einzuschätzendes berufliches Risiko gegenüber steht, so dass sich der private, unversicherte Anteil der Kausalbeiträge insgesamt bei ca. 10 bis 15 % und damit im untersten Bereich der von Krasney definierten "Mittelzone" bewegt. Irgendwelche Gründe, einem rechnerisch derart untergeordneten Kausalbeitrag eine wesentliche Mitursächlichkeit beizumessen sind dem Senat nicht erkennbar geworden. Der Versicherte wurde von seiner schweren Erkrankung nicht unvorbereitet getroffen. Er wusste aufgrund langjähriger fachärztlicher Behandlung und Beratung um das hohe Risiko, das aus seinem langjährigen Nikotinkonsum wie auch dem erheblichen Übergewicht von 120 kg für seine Erkrankungen auf internistischem Gebiet einschließlich der Atemwege resultierte und das vor allen Dingen der behandelnde Internist Dr. I. im Bericht vom 8. Dezember 1999 dargestellt und jahrelang vergeblich zu beeinflussen versucht hatte. Der Senat sieht daher mit Prof. C. die allein wesentliche Ursache seiner Bronchialkrebserkrankung im privaten Nikotinkonsum.
Die Bronchialkrebserkrankung des Versicherten konnte der Senat schließlich nicht wie eine BK nach § 9 Abs. 2 SGB VII anerkennen. Nach dieser Bestimmung haben Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der BKV bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeitpunkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft die Voraussetzungen für eine Bezeichnung als BK nach § 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII erfüllt sind. Neue Erkenntnisse im Sinne des § 9 Abs. 2 SGB VII müssten zum Todeszeitpunkt des Versicherten am 18. Februar 1999 vorgelegen haben und müssten ergeben, unter welchen Voraussetzungen eine durch die fünf Stoffe verursachte Krebserkrankung als synkanzerogene Erkrankung in die Liste der BKen aufzunehmen ist (dazu Urteil des BSG vom 12. Januar 2010). Für die Kombination der fünffach synkanzerogenen, dosimetrisch unbestimmten lungenkrebsverursachenden arbeitsbedingten Einwirkungen sind indessen weltweit keine epidemiologisch belastbaren Dosis-Wirkungs-Beziehungen veröffentlicht, wie Prof. B. in seiner letzten Stellungnahme vom 29. März 2010 eindeutig erklärt hat und womit auch ein auf § 9 Abs. 2 SGB VII zu stützender Versicherungsfall einer Wie-BK ausscheidet.
Danach war die erstinstanzliche Entscheidung zu bestätigen und die dagegen gerichtete Berufung zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er eine grundsätzliche Bedeutung des Rechtsstreits im Sinne des § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG sieht im Hinblick auf die Anerkennung synkanzerogener Krebserkrankungen als BK an sich sowie der dabei auftretenden Fragen des Feststellungsverfahrens einschließlich der Zurechnungs- und Beweisproblematik.
Rechtskraft
Aus
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