L 7 AL 123/08

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 14 AL 3114/04
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 123/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 4/11 RH
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Februar 2008 wird zurückgewiesen und die weitere Klage abgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten beider Rechtszüge zu 25 % zu erstatten. III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten in der Berufung noch darüber, ob dem Kläger eine Trennungskostenbeihilfe über den 31. Dezember 2003 hinaus zu zahlen ist.

Der Kläger nahm nach vorheriger Arbeitslosigkeit seit dem 1. März 2003 am 1. September 2003 eine auf zwei Jahre befristete Beschäftigung in Hessen auf. Er wohnte zu dieser Zeit zur Miete in A-Stadt. Der Mietvertrag vom 26. August 1974 sah eine Kündigung mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende des Quartals für beide Mietvertragsparteien vor. Ab dem 16. Oktober 2003 mietete er zusätzlich eine Wohnung in der Nähe seines Beschäftigungsortes an.

Auf seinen Antrag vom 8. August 2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine Trennungskostenbeihilfe mit Bescheid vom 19. April 2004 für den Zeitraum vom 1. September 2003 bis 15. Oktober 2003.

Hiergegen legte der Kläger am 18. Mai 2004 schriftlich bei der Beklagten mit der Begründung Widerspruch ein, ihm sei Trennungskostenbeihilfe für sechs Monate zu bewilligen.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. November 2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, auf die gewährte Leistung bestehe kein Rechtsanspruch. Deshalb sei die Beklagte nicht gehalten gewesen, nach pflichtgemäßem Ermessen über den Zeitpunkt des Umzuges hinaus eine Trennungskostenbeihilfe zu gewähren.

Der Kläger hat am 21. Dezember 2004 dagegen bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) Klage erhoben. Der Kläger hat darauf hingewiesen, er habe wegen der Befristung seines Arbeitsverhältnisses in B-Stadt, das zudem mittlerweile aufgehoben sei, seine bisherige Wohnung in A-Stadt behalten müssen. Die Beklagte hat sich auf den angefochtenen Bescheid gestützt.

Das SG hat mit Urteil vom 22. Februar 2008, dem Kläger zugestellt am 23. Juni 2008, die Klage abgewiesen. Es sei dem Kläger zuzumuten gewesen, seine Wohnung in A-Stadt aufzugeben und nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses erneut einen Wohnsitz in A-Stadt zu begründen.

Dagegen hat der Kläger am 22. Juli 2008 bei dem Hessischen Landesozialgericht Berufung eingelegt. Die Beklagte hat die zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids maßgeblichen Durchführungsanweisungen für Mobilitätshilfen (Stand Januar 2003) vorgelegt. Der Berichterstatter hat den Beteiligten zur gütlichen Erledigung des Rechtsstreits mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 einen Vergleich unterbreitet, den allein der Kläger abgelehnt hat. Die Beklagte hat auf weiteren Hinweis des Berichterstatters mit Bescheid vom 25. Januar 2011 dem Vergleichsvorschlag entsprechend über den 31. August 2003 hinaus bis 31. Dezember 2003 Trennungskostenbeihilfe gewährt, da der Kläger laut Mietvertrag vom 26. August 1974 seine A-Stadt-Wohnung nach Abschluss des Arbeitsvertrages erst zum 31. Dezember 2003 habe kündigen können. Die Beteiligten haben sich mit Schreiben vom 1. März 2011 und 3. März 2011 mit einer Entscheidung durch den bestellten Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Der Kläger weist darauf hin, das Projekt seines Arbeitgebers in B-Stadt sei bereits im Mai 2005 vorzeitig fertig gestellt. Die Nebenwohnung in B-Stadt habe er hingegen erst Ende Juli 2005 aufgegeben, weil Sanierungsarbeiten in seiner Hauptwohnung in A-Stadt abzuschließen gewesen seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 22. Februar 2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheides vom 19. April 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2004 sowie in Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2011 zu verurteilen, eine Trennungskostenbeihilfe auch für den Zeitraum vom 1. Januar 2004 bis 29. Februar 2004 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen und die weitere Klage abzuweisen.

Die Beklagte stützt sich auf die Gründe ihrer angefochtenen Bescheide sowie ihres Änderungsbescheids vom 25. Januar 2011.

Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Mobilitätshilfen-Akte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte durch den bestellten Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG und § 155 Abs. 3 und 4 SGG entscheiden, weil sich die Beteiligten hiermit schriftlich einverstanden erklärt haben.

In das Berufungsverfahren ist nach § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 96 Abs. 1 SGG der Änderungsbescheid der Beklagten vom 25. Januar 2011 einbezogen, ohne dass das der Kläger zu beantragen hat. Hinsichtlich dieses Bescheides ist erstmals über eine Klage in zweiter Instanz zu entscheiden (grundlegend: BSG, 30.1.1963 - 2 RU 35/60).

Die so verstandene Berufung und weitere Klage sind zulässig, ohne in der Sache Erfolg zu haben.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten in der Fassung des Änderungsbescheids vom 25. Januar 2011 ist nicht zu beanstanden, weil der Beklagten hinsichtlich des Bewilligungszeitraumes ein Ermessensspielraum zusteht, der vorliegend eingehalten ist.

Gemäß § 53 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 c SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) und § 54 Abs. 5 SGB III idF des Änderungsgesetzes vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) können Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitsuchende, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnehmen, u.a. durch Übernahme der Kosten für eine getrennte Haushaltsführung (Trennungskostenbeihilfe) für die ersten sechs Monate der Beschäftigung in Höhe von bis zu 260,00 EUR monatlich gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist.

Da die Beklagte bereits von sich aus dem Kläger im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung eine Trennungskostenbeihilfe bis 31. Dezember 2003 gewährt hat, braucht nicht geklärt zu werden, ob die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür - insbesondere die erforderliche Notwendigkeit (hierzu: LSG Berlin-Brandenburg, 1.11.2010 - L 18 AL 52/09; wohl anders: Winkler in Gagel SGB III, VI/2006, § 53 Rn. 11) - überhaupt vorgelegen haben. Jedenfalls ist die Beklagte im Rahmen ihrer Ermessensbetätigung nicht verpflichtet, für einen weiteren Zeitraum eine Trennungskostenbeihilfe zu gewähren.

Steht die Dauer der Förderung im Ermessen der Beklagten, hat sie gemäß § 39 SGB I gegenüber dem Kläger ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Förderung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten.

Struktur der Vorschrift und Gesetzesbegründung (BT-Drucks 15/25 S. 28 f.) lassen erkennen, dass bis zu einer zeitlichen (sechs Beschäftigungsmonate) und finanziellen (260,00 EUR mtl.) Kappungsgrenze die Trennungskostenbeihilfe es ermöglichen soll, zur Überwindung oder Vermeidung von Arbeitslosigkeit eine Beschäftigung an einem anderen Ort aufzunehmen. Diesen Zweck hat die Beklagte bereits dadurch gewahrt, dass sie die Trennungskostenbeihilfe mit Änderungsbescheid vom 25. Januar 2011 bis zu dem Zeitpunkt gewährt hat, zu dem der Kläger seinen Wohnsitz am Beschäftigungsort begründen und mietrechtlich seine bisherige A-Stadt-Wohnung aufgeben konnte. Gemessen an der zeitlichen Befristung des Beschäftigungsverhältnisses - zwei Jahre - ist die Beklagte trotz einer Aufhebung des Beschäftigungsverhältnisses bereits ca. ½ Jahr zuvor nicht gehalten gewesen, für den Kläger sicherzustellen, ohne eine Anschlussbeschäftigung seine bisherige A-Stadt-Wohnung wieder beziehen zu können Wohnungserhaltungsbedarf -. Bereits die Befristung der Trennungskostenbeihilfe auf maximal sechs Monate lässt hinreichend erkennen, dass ein Wohnungserhaltungsbedarf über diesen Zeitraum hinaus damit nicht gedeckt werden soll.

Die Kostenentscheidung beruht gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG auf dem Ausgang des Rechtsstreits und dem Umstand, dass allein der Kläger eine unstreitige Erledigung des Rechtsstreits in der zweiten Instanz vereitelt hat.

Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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