Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 25 KR 274/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 KR 95/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 2. März 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Jahr 2005 als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtig ist.
Die 1956 geborene Klägerin ist die Mutter der 1991 geborenen und bei der beigeladenen Pflegekasse versicherten HL. (im Folgenden Pflegebedürftige). Bei dieser besteht eine psychomentale Entwicklungsstörung mit aggressivem Verhaltensmuster unklarer Genese. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Nachteilsausgleichen "G", "B" und "H" anerkannt. Die Pflegebedürftige erhielt seit dem 1. Februar 1999 von der beigeladenen Pflegkasse Pflegegeld der Pflegestufe II nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI). Grundlage hierfür waren die Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 17. März 1999 und 4. April 2003. In dem Gutachten vom 4. April 2003 wurde ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich sowie eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz im Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Die Beigeladene erkannte die Versicherungspflicht der Klägerin, welche ihre Tochter im eigenen Haushalt damals pflegte, als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI an und entrichtete in der Zeit vom 1. Februar 1999 bis 8. Januar 2005 für die Klägerin Pflichtbeiträge an die Beklagte.
Ab dem 9. Januar 2005 bis Juli 2010 wurde die Pflegebedürftige in einer Einrichtung der Lebensgemeinschaft M. (Heim, Schule und Werkstätten für Seelenpflege - bedürftiger Menschen -) stationär betreut. Jetzt lebt sie in der Einrichtung E. der Lebenshilfe A-Stadt. Die Klägerin, die seit dem 1. Juni 2005 als kaufmännische Angestellte mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich beim Deutschen Kinderschutzbund, Bezirksverband A-Stadt, versicherungspflichtig beschäftigt ist, nahm ihre Tochter während der Ferien und den Heimfahrwochenenden der Einrichtung Lebensgemeinschaft M. zu sich und pflegte diese in ihrem Haushalt. Dies entsprach den Vorgaben nach dem mit dieser Einrichtung geschlossenen Heimvertrag. Der Landeswohlfahrtsverband Hessen übernahm die Betreuungskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach der Hilfsbedarfsgruppe vier für den Bereich "Wohnen" nach §§ 75 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Die Beigeladene erbrachte aufgrund der vollstationären Unterbringung in einer Einrichtung für behinderte Menschen seit 1. Februar 2005 Leistungen nach § 43 a SGB XI und zahlte anteiliges Pflegegeld nach der Pflegestufe II für die Tage, an denen die Pflegebedürftige zu Hause von der Klägerin gepflegt wurde. In den Sommerferien 2005 konnte die Klägerin nur am 22. und 23. August die Pflege übernehmen und beschäftigte für die Zeit vom 24. Juli bis 21. August, in der sie sich selbst im Erholungsurlaub befand, eine Ersatzpflegekraft. Diese erhielt 1.432,00 EUR an Entgelt von der Klägerin. Die beigeladene Pflegekasse hatte für den Zeitraum 24. Juli bis 21. August 2005 Leistungen für Verhinderungspflege erbracht.
In einem weiteren Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 22. März 2006, verfasst von dem Arzt Dr. QY., stellte der MDK weiterhin Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II bei einem Hilfebedarf von insgesamt 214 Minuten täglich (154 Minuten Grundpflege, 60 Minuten hauswirtschaftliche Versorgung) und einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz fest.
Den bei der Beigeladenen gestellten Antrag der Klägerin vom 24. April 2005 auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson für die Zeit ab 9. Januar 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 ab, weil Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI während der Ferienzeiten bei internatsmäßiger Unterbringung nicht bestehe. Nach den Feststellungen der Pflegekasse liege der ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche (§ 19 Satz 2 SGB XI). Die Dauer von 12 Wochen (= 84 Tage) werde für das Jahr 2005 nicht überschritten. Die Beigeladene hatte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Juli und 1. November 2005 mitgeteilt, sie lehne für die Klägerin als Pflegeperson eine Beitragszahlung zur Rentenversicherung ab, weil der ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche liege.
Gegen die Entscheidung der Beklagten erhob die Klägerin am 16. März 2006 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main. Sie trug vor, nach dem Heimvertrag sei sie verpflichtet, ihre Tochter, die einen täglichen Pflegebedarf von mehr als 12 Stunden benötige, 60 Tage im Jahr nach Hause zu holen. Maßgeblich seien die häuslichen Pflegetage und nicht eine durch Hochrechnung ermittelte durchschnittliche Pflegetätigkeit. Des Weiteren berief sich die Klägerin darauf, dass andere Pflegekassen in vergleichbaren Fällen die Versicherungspflicht der Pflegepersonen für die ersten zwei Monate im Jahr oder für die Ferienzeiten anerkennen würden. Die Klägerin beantragte, den Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 aufzuheben und festzustellen, dass sie vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterlegen habe. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie führte aus, Versicherungspflicht liege nicht vor, da die Pflegebedürftige nicht an mehr als 60 Tagen im Jahr 2005 von der Klägerin gepflegt worden sei. Gelegentliche oder nur vorübergehende Hilfeleistungen im Bereich der häuslichen Pflege würden nicht zur Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI führen. Pflegepersonen, die in einzelnen Pflegezeiträumen jeweils unter 2 Monaten oder 60 Tagen im Jahr zusammenhängender Dauer pflegen, könnten nur versicherungspflichtig sein, wenn diese Pflegephasen immer wiederkehrten und somit die Pflegetätigkeit auf Dauer angelegt sei. Nach dem Schreiben der Beigeladenen vom 23. Januar 2006 sei eine Pflegetätigkeit von 29 Tagen (17 Tage für die Osterferien, 2 Tage für die Sommerferien sowie 10 Tage für die Weihnachtsferien) festgestellt worden. Aufgrund der Bescheinigungen der Lebensgemeinschaft M. könnten weitere 22 Tage Pflegetätigkeit angesetzt werden, was eine Pflegetätigkeit von insgesamt 51 Tagen ergäbe. Die mit Beschluss vom 2. August 2006 beigeladene Pflegekasse stellte keinen Antrag. Sie trug vor, die Voraussetzungen für eine Rentenversicherungspflicht im Jahr 2005 lägen nicht vor. Nachweislich habe die Klägerin ihre Tochter 51 Tage betreut. Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht während der häuslichen Pflege in den Ferienzeiten sei jedoch, dass die Pflegetätigkeit an mehr als 2 Monaten im Jahr ausgeübt und eine Dauerhaftigkeit erkennbar werde.
Mit Urteil vom 2. März 2009 gab das Sozialgericht der Klage mit folgendem Tenor statt:
"1. Der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterlag.
2. Die Beklagte und die Beigeladene haben die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte zu tragen."
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI für ihre Pflegetätigkeit während der Zeit vom 9. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005. Die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI trete ein, wenn der Umfang der Pflegetätigkeit für einen Pflegebedürftigen regelmäßig mindestens 14 Stunden in der Woche betrage. Eine Regelmäßigkeit könne noch unterstellt werden, wenn die Tätigkeit einer Pflegeperson in einem wöchentlichen oder mehrwöchentlichen Turnus wechsele. Dabei müsse der Mindestaufwand der Pflegetätigkeit im Durchschnitt 14 Stunden pro Woche betragen. Von einer Regelmäßigkeit sei allerdings dann nicht mehr auszugehen, wenn der Zeitraum zwischen den einzelnen Pflegetätigkeiten mindestens einen Kalendermonat umfasse oder überschreite. Versicherungspflicht könne dann nur während der tatsächlichen Pflegetätigkeit bestehen. Bei einer stationären Unterbringung des Pflegebedürftigen in einer Einrichtung für behinderte Menschen liege eine regelmäßige Pflegetätigkeit einer Pflegeperson vor, wenn der Pflegebedürftige an den Wochenenden oder in größeren Intervallen in den häuslichen Bereich zurückkehre und in dieser Zeit der Mindestpflegeaufwand im Durchschnitt 14 Stunden in der Woche betrage. Kehre der Pflegebedürftige lediglich in den Ferienzeiten in die häusliche Umgebung zurück und werde gepflegt, trete Rentenversicherungspflicht für die in den Ferienzeiten tatsächlich ausgeübte Pflege nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI ein, wenn die Pflegetätigkeit während der gesamten Ferienzeit im Jahr in häuslicher Umgebung erbracht werde. Dabei sei von einer regelmäßigen Pflege auszugehen, wenn sie nicht nur gelegentlich ausgeübt werde. Denn eine nur geringfügige nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit sei nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI versicherungsfrei. In Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) liege eine geringfügige Pflegetätigkeit vor, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt sei. Die Zeitgeringfügigkeitsgrenze von 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr finde in den Fällen Anwendung, in denen die Tätigkeit nicht arbeitstäglich, d.h. an mindestens 5 Tagen in der Woche, ausgeübt werde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV allerdings nicht anzuwenden, wenn die Beschäftigung nicht nur gelegentlich ausgeübt werde (Urteil vom 23. Mai 1995 - 12 RK 60/93 - SozR 3-2400 § 8 Nr.4; Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3 2400 § 8 Nr. 3).
Nach diesen Grundsätzen sei die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 als Pflegeperson versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn sie habe regelmäßig, wie es § 3 Absatz 1 Nr. 1 a SGB VI voraussetze, einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig in mehr als geringfügigem Umfang wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt. Die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV finde vorliegend keine Anwendung, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich, sondern in einem von der Lebensgemeinschaft M. festgelegten und am Anfang eines Schuljahres bekanntgegebenen (§ 3 Abs. 1 Satz 4 des Heim- und Schulvertrags vom 6. Januar 2005), sich wiederholenden Turnus und damit regelmäßig und dauerhaft ihre Tochter während der Schulferien und den Heimfahrwochenenden pflege. Dies werde belegt durch die entsprechenden Bestätigungen der Lebensgemeinschaft M. für die Jahre 2005 bis 2008. Die Klägerin sei vorausschauend und in jedem Kalenderjahr verpflichtet, während der "Heimferien" von 60 Kalendertagen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Heim- und Schulvertrag) ihre Tochter zu Hause zu pflegen und zu betreuen. Die ständige Wiederholung - über einen Zeitraum von inzwischen vier Jahren - kennzeichne die Pflegetätigkeit der Klägerin als regelmäßig im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI in Verbindung mit § 8 Abs 1 SGB IV. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Pflegeeinsätze im Rahmen eines Dauerverhältnisses von vornherein festgestanden hätten oder von Mal zu Mal vereinbart worden seien. Denn das Merkmal der Regelmäßigkeit sei auch dann erfüllt, wenn die Pflegeperson zu den sich wiederholenden Pflegeeinsätzen auf Abruf bereitstehe, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Pflegeleistung Folge zu leisten. Ausweislich der Bestätigungen der Lebensgemeinschaft M. vom 17. Mai 2005, 31. Oktober 2005 und 26. Januar 2006 habe die Klägerin im Kalenderjahr 2005 ihre Tochter an folgenden Tagen abgeholt und wieder zurückgebracht und damit in häuslicher Umgebung gepflegt: 11. bis 13. Februar 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 25. März bis 10. April 2005 Osterferien 17 Tage; 13. bis 17. Mai 2005 Heimfahrwochenende 5 Tage; 8. bis 10. Juli 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 22. Juli bis 21. August 2005 Sommerferien 31 Tage; 16. bis 18. September 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 14. bis 18. Oktober 2005 Heimfahrwochenende 4 Tage; 18. bis 20. November 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 22. bis 31. Dezember 2005 Weihnachtsferien 10 Tage. Von diesen insgesamt 79 Tagen können allerdings 29 Tage, nämlich die vom 24. Juli bis 21. August 2005, nicht als Versicherungspflicht begründende Pflegetätigkeit anerkannt werden, weil sich die Klägerin während dieser Zeit im Erholungsurlaub befunden habe und die Pflege ihrer Tochter gemäß der Bestätigung vom 21. August 2005 von Frau EO. durchgeführt worden sei. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 22. März 2001 (B 12 P 3/00 R - SozR 3-2600 § 3 Nr. 5) entschieden, dass während des Urlaubs der Pflegeperson keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI bestehe. Versicherungspflicht bestehe nur in der Zeit, in der die Pflegeperson den Pflegebedürftigen tatsächlich pflege. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen betrage der Mindestpflegeaufwand der Klägerin auch im Durchschnitt 14 Stunden in der Woche. Nach dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des MDK vom 4. April 2003 bestehe ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich.
Darüber hinaus sei bei der Ermittlung der Mindeststundenzahl auch die Zeit mitzurechnen, die für die - die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung – ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI benötigt werde, d.h. auch der zeitliche Aufwand der Pflegeleistungen, die nicht aus Mitteln der Pflegeversicherung finanziert werden (Begründung zu Artikel 1 § 17 E-PflegeVG, Bundestagsdrucksache 12/5261 Seite 101; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 19 SGB XI RdNr. 13; Udsching, SGB XI, 2. Auflage, § 19 RdNr. 14; Wagner in Hauck/Noftz, SGB XI, § 19 RdNr. 31). Dazu zähle beispielsweise die Hilfe zur Erfüllung kommunikativer Bedürfnisse des Pflegebedürftigen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass bei der Ermittlung der Pflegezeit ein Durchschnitt zu bilden sei. Demgemäß müsse das Erfordernis der Mindestpflegezeit nicht jede Woche erfüllt sein, sondern es reiche aus, dass über einen längeren Zeitraum hinweg die durchschnittliche Mindestpflegezeit erreicht werde. Darüber hinaus habe vorliegend der MDK in allen Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Unter Berücksichtigung des hieraus resultierenden erheblichen Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung erfülle die Klägerin die Mindeststundenzeit von 14 Stunden wöchentlich. Dies gelte selbst dann, wenn man - wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung - die Ansicht vertrete, dass die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich auch während der dreitägigen Heimfahrwochenenden vollständig erbracht sein müsse. Denn ausgehend von einem täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung von insgesamt 267 Minuten errechne sich bereits hierfür eine Pflegetätigkeit der Klägerin von mindestens 13 Stunden und 21 Minuten an drei Tagen. Im Hinblick auf die vom MDK festgestellte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI sei es offensichtlich, dass die Pflegetätigkeit der Klägerin die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich überschreite.
Gegen das ihr am 12. März 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. April 2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe verkannt, dass ergänzende Pflege und Betreuung bei der Ermittlung der Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich im Rahmen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI neben der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nicht zu berücksichtigen seien. Dies habe mittlerweile auch das Bundessozialgericht in zwei Urteilen vom 5. Mai 2010 (B 12 R 6/09 R und B 12 R 9/09 R) und der Parallelentscheidung vom 6. Oktober 2010 (B 12 R 21/09 R) so entschieden. Auch habe das Sozialgericht verschwiegen, welche konkreten Verrichtungen es bei der ergänzenden Pflege einbeziehen wolle. Die zu berücksichtigende Pflegezeit betrage für die 3-tägigen Heimaufenthalte und die Zeitphase 22. bis 23. August 2005 aus den Sommerferien nur 13 Stunden und 21 Minuten täglich, bezogen auf eine 7 Tage-Woche. Die Versicherungspflicht setze neben dem Mindestumfang der Pflegetätigkeit auch eine gewisse Dauerhaftigkeit voraus, d.h. sie müsse von vornherein auf 60 Tage angelegt sein. Die 60 Tage seien in 2005 nicht erreicht, weil die Klägerin ihre Tochter in den Sommerferien überwiegend nicht selbst gepflegt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Frankfurt am Main vom 2. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie weist daraufhin, dass in ähnlich gelagerten Fällen die Pflegekassen von Pflegebedürftigen, die in der Lebensgemeinschaft M. untergebracht seien, Pflegezeiten während der Heimwochenenden und Ferien anerkannt hätten und auch die Beklagte so verfahren sei. Versicherungszeiten wegen Pflege habe sie auch für die Jahre nach 2005 bei der Beigeladenen und der Beklagten geltend gemacht. Auch während der Aufenthalte ihrer Tochter bei ihr benötige diese wegen der Schwere der Behinderungen eine Rundumbetreuung. Eine Pflegezeit von unter 14 Stunden pro Woche sei absolut unrealistisch.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat durch den Berichterstatter am 30. September 2010 einen Erörterungstermin durchgeführt. Darin hat die Klägerin im einzelnen beschrieben, wie sich der Lebensalltag gestaltet, wenn ihre Tochter bei ihr zu Hause ist, insbesondere welche Maßnahmen der Pflege, Beaufsichtigung und Anleitung notwendig werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Dementsprechend war das Urteil des Sozialgerichts vom 2. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Streitgegenstand ist dabei nur die Versicherungspflicht der Klägerin im Jahr 2005. Für die Folgejahre liegen noch keine rechtsmittelfähigen Entscheidungen der Beklagten vor, so dass sich die Frage, ob diese gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens sein können, nicht stellt.
Die Beklagte hat rechtsfehlerfrei die Feststellung einer Versicherungspflicht der Klägerin nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI wegen der Pflege von deren Tochter für den hier streitigen Zeitraum 9. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 abgelehnt. Der entsprechende Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Denn die Klägerin war in dem streitigen Zeitraum nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI.
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Die entsprechenden Beiträge zur Rentenversicherung werden für diese versicherungspflichtigen Pflegepersonen nach den beitragspflichtigen Einnahmen erhoben (§ 161 Abs. 1 SGB VI). Die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen wiederum ist in § 166 Abs. 2 SGB II geregelt. Die Versicherungspflicht der Pflegepersonen in der Rentenversicherung konkretisiert die leistungsrechtliche Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB XI, wonach die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson im Sinne von § 19 SGB XI Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichten, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Der Begriff der Pflegeperson im Sinne von § 19 SGB XI ist identisch mit demjenigen in § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI.
Halten Pflegekassen ihre Leistungspflicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für gegeben, haben sie diese ebenso zu erfüllen wie Arbeitgeber, die bei unstreitiger Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für ihre Beschäftigung ohne vorherige Entscheidung der Einzugsstelle zahlen. Besteht aber – wie vorliegend – Streit über die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, hat hierüber bei nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen, bei denen das Einzugsstellenverfahren nicht gilt, zunächst der ständige Träger der Rentenversicherung zu entscheiden und nicht die Pflegekasse (vgl. BSG: Urteil vom 23.09.2003, B 12 P 2/02 R; BSG, Urteil vom 22.03.2001, B 12 P 3/00 R).
Maßgeblich für die Versicherungs- und Beitragspflicht der Pflegeperson in der Rentenversicherung ist, ob die pflegebedürftige Person wenigstens 14 Stunden wöchentlich gepflegt wird (Mindestpflegezeit). Nach Überzeugung des Senats hat die Klägerin in dem nach dem 8. Januar in dem Jahr 2005 liegendem Zeitraum die wöchentliche Mindestpflegezeit nicht erreicht. Dabei sind entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts im Rahmen der Bestimmung der Mindestpflegezeit nur die im Rahmen der Pflegeversicherung gemäß § 14 SGB XI zu berücksichtigenden Hilfeleistungen zu Grunde zu legen, mithin nur Pflegeleistungen im Rahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies bedeutet wiederum, dass die sogenannten ergänzenden Pflegeleistungen, z. B. in Form der nichtverrichtungsbezogenen Anleitung oder Aufsicht, der sozialen Kommunikation oder der nicht verrichtungsbezogenen Mobilitätshilfen nicht in die Berechnung der Mindestpflegezeit einzubeziehen sind. Der teilweise in Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.06.2005, L 4 RJ 58/04; LSG Hamburg, Urteil vom 28.09. 2005, L 3 R 202/05; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.09.2006, L 4 P 17/03; SG Berlin Urteil vom 11.02.2008, S 14 R 5725/05) und Literatur, insbesondere in den Kommentaren zum SGB XI (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 19 SGB XI, 53. EL, Rz. 13; Udsching, SGB XI, Kommentar, 2. Aufl., § 19 Rz. 14; Linke in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 44 Rz. 12, Stand Januar 2008 mit weiteren Nachweisen) vertretenen abweichenden Auffassung folgt der Senat nicht. Er hat dies bereits in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 29. Januar 2009 (L 8 P 13/07, veröffentlicht in juris) ausführlich begründet.
Mittlerweile hat das Bundessozialgericht in zwei Entscheidungen vom 5. Mai 2010 (B 12 R 6/09 R und B 12 9/09 R) und einer Parallelentscheidung vom 6. Oktober 2010 (B 12 R 21/09 R) dieselbe Rechtsauffassung mit weitgehend gleichartiger Begründung vertreten. Es hat hierzu in seinem Urteil vom 6. Oktober 2010 zusammenfassend folgendes ausgeführt: "Wie der Senat mit Urteilen vom 5.5.2010 (B 12 R 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, und B 12 R 9/09 R; jeweils in juris veröffentlicht) bereits entschieden hat, ist bei der Feststellung, ob die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI notwendige Mindeststundenzahl der Pflege erreicht ist, nur der Hilfebedarf zu berücksichtigen, der für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist. (Weitergehende bzw andere) Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI enthalten sind, etwa die Zeit, die für Betreuungsleistungen aufgewendet wird, die in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Ermittlung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit nicht mitzurechnen. Der Senat hat diese Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zunächst auf den Gesetzeszusammenhang gestützt, hier vor allem darauf, dass § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI die soziale Sicherung von Pflegepersonen mit dem Leistungsrecht der Pflegeversicherung und hier insbesondere mit den Leistungen bei häuslicher Pflege verbindet, sowie auf die die Ermittlung der in der Rentenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen betreffende Regelung des § 166 Abs 2 SGB VI (vgl Urteil des Senats vom 5.5.2010 - B 12 R 6/09 R - juris RdNr 15 ff). Das unter Hinweis auf die (Gesetzes)Systematik gefundene Auslegungsergebnis hat der Senat auch im Hinblick auf teleologische Erwägungen als geboten erachtet. So sei der mit der sozialen Sicherung von Pflegepersonen verfolgte Zweck, die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu fördern und den hohen Einsatz der Pflegepersonen anzuerkennen, durch das allgemeine Strukturprinzip der Pflegeversicherung, keine Vollversicherung durch die Leistungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, sondern lediglich eine soziale Grundsicherung, begrenzt. Die Berücksichtigung anderer pflegerischer Leistungen als solcher für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen würde diese (Gesamt)Konzeption ignorieren (vgl Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 22). Der Senat hat in seinen Entscheidungen außerdem darauf hingewiesen, dass es bei einer Ausweitung der im Rahmen von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu berücksichtigenden Pflegetätigkeiten über Hilfeleistungen für die im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI erfassten Verrichtungen hinaus an klaren, nachvollziehbaren Kriterien für eine Abgrenzung pflegerischer Leistungen von sonstigen Betreuungsleistungen und vor allem auch von auf dem schlichten Zusammenleben mit dem Pflegebedürftigen beruhenden Tätigkeiten fehlte (vgl. Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 23). Entgegen der offensichtlich vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung geht der Senat schließlich davon aus, dass jedenfalls dem Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI eine eindeutige Antwort darauf, ob bei der Feststellung der Mindeststundenzahl der Zeitaufwand für Betreuungsleistungen außerhalb der in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen mit zu berücksichtigen ist, nicht zu entnehmen ist (vgl Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 14). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest" (zitiert nach juris, Rz. 11).
Der berücksichtungsfähige Pflegeaufwand im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI und § 19 Satz 2 SGB XI kann damit nicht weitergehen, als der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und ihrer Stufe maßgebliche Bedarf. Es ist damit für die gesetzliche Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson eine durchschnittlich mindestens 14 Stunden wöchentlich umfassende Pflegeleistung im Bezug auf die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erforderlich. Die für die Zuordnung zur Pflegestufe I nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI bereits hinreichende wöchentliche Pflegezeit von 10,5 Stunden reicht nicht aus.
Unter Berücksichtigung des in dem MDK-Pflegegutachten vom 4. April 2003 ermittelten täglichen Pflegebedarfes von 207 Minuten für Grundpflege und 60 Minuten für hauswirtschaftliche Versorgung errechnet sich ein wöchentlicher Hilfebedarf von 31,15 Stunden (267 Minuten x 7 Tage / 60 Minuten). Der Senat sieht keine Veranlassung an der Richtigkeit der in diesem MDK Gutachten getroffenen Feststellungen zum Pflegeaufwand zu zweifeln. Die Gutachtensabfassung zeigt, dass die für den Pflegeaufwand erheblichen Diagnosen und Beeinträchtigungen sorgfältig erhoben und der daraus resultierende Bedarf im Hinblick auf Körperpflege, Ernährung, Mobilität sowie hauswirtschaftliche Versorgung nachvollziehbar abgeleitet wurde. Da die Klägerin in den Wochen mit den dreitätigen Heimfahrwochenenden auch bei Anrechnung der für diese 3 Tage anzusetzenden Pflegezeit von 13,35 Stunden (267 Minuten dividiert durch 60 Minuten mal 3) nicht auf einen Wochenwert von 14 Stunden an Pflegezeit rechnerisch kommt, können die Heimfahrwochenenden nicht berücksichtigt werden. Dies hat wiederum zur Folge, dass die noch verbleibenden Pflegezeiten während der Weihnachts , Oster- und der aber nur mit 2 Tagen berücksichtigungsfähigen Sommerferien nicht als eine regelmäßig anfallende Pflegetätigkeit rechtlich behandelt werden können (§§ 3 Satz 1 Nr. 1 a, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGb VI, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).
Auch allein aus dem Umstand, dass die Klägerin bis zum 8. Januar 2005 im Bezug auf ihre Pflegetätigkeit als versicherungspflichtig angesehen wurde, begründet keine Bindung der Beklagten an ihre bisherige Entscheidung. Die Vorschriften über die Aufhebung oder Abänderung begünstigender Verwaltungsakte der §§ 48, 45 SGB X finden hier keine Anwendung. Es geht hier um die Versicherungspflicht, die jeweils bezogen auf die aktuellen maßgeblichen Tatbestandsmerkmale zu beurteilen ist. Sollte die Beklagte oder sollten andere Rentenversicherungsträger bei völlig gleichgelagerten Sachverhalten – dies ist hier fraglich, da die Klägerin selbst darauf hinweist, Eltern anderer Pflegebedürftiger aus der Einrichtung M. hätten die Pflege auch in den Sommerferien selbst erbracht – gegenüber Eltern Pflichtversicherungszeiten wegen Pflegezeiten festgestellt haben, so erwächst hieraus kein Anspruch der Klägerin auf Fortsetzung einer rechtlich unrichtigen Praxis.
Der Senat verhehlt nicht, dass er die hier aus rein rechtlichen Gründen zu treffende Entscheidung sozialpolitisch und im Hinblick auf den großen Einsatz der Klägerin für die Pflege ihrer schwerstbehinderten Tochter für unbefriedigend erachtet. Zu Recht hat Prof. AR. in seiner Anmerkung zu dem Urteil des BSG vom 5. Mai 2010 – B12 R 6/09 R – darauf hingewiesen, dass das Grundproblem darin liegt, dass nach der derzeitigen Rechtslage von den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Wesentlichen nicht der allgemeine Anleitungs- und Überwachungsbedarf sondern nur der verrichtungsbezogene Bedarf abgedeckt wird. Er hat insoweit von einem Reformstau im System der gesetzlichen Pflegeversicherung gesprochen, der behoben werden sollte (vgl. Marschner, SGb 2011, 166, 168).
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen, da die Rechtssache nach dem Ergehen der BSG-Urteile vom 5. Mai 2010 und 6. Oktober 2010 keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat.
Die Beteiligten haben einander in beiden Instanzen keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin im Jahr 2005 als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) versicherungspflichtig ist.
Die 1956 geborene Klägerin ist die Mutter der 1991 geborenen und bei der beigeladenen Pflegekasse versicherten HL. (im Folgenden Pflegebedürftige). Bei dieser besteht eine psychomentale Entwicklungsstörung mit aggressivem Verhaltensmuster unklarer Genese. Sie ist als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 100 und den Nachteilsausgleichen "G", "B" und "H" anerkannt. Die Pflegebedürftige erhielt seit dem 1. Februar 1999 von der beigeladenen Pflegkasse Pflegegeld der Pflegestufe II nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI). Grundlage hierfür waren die Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in Hessen (MDK) vom 17. März 1999 und 4. April 2003. In dem Gutachten vom 4. April 2003 wurde ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich sowie eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz im Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Die Beigeladene erkannte die Versicherungspflicht der Klägerin, welche ihre Tochter im eigenen Haushalt damals pflegte, als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI an und entrichtete in der Zeit vom 1. Februar 1999 bis 8. Januar 2005 für die Klägerin Pflichtbeiträge an die Beklagte.
Ab dem 9. Januar 2005 bis Juli 2010 wurde die Pflegebedürftige in einer Einrichtung der Lebensgemeinschaft M. (Heim, Schule und Werkstätten für Seelenpflege - bedürftiger Menschen -) stationär betreut. Jetzt lebt sie in der Einrichtung E. der Lebenshilfe A-Stadt. Die Klägerin, die seit dem 1. Juni 2005 als kaufmännische Angestellte mit einer Arbeitszeit von 30 Stunden wöchentlich beim Deutschen Kinderschutzbund, Bezirksverband A-Stadt, versicherungspflichtig beschäftigt ist, nahm ihre Tochter während der Ferien und den Heimfahrwochenenden der Einrichtung Lebensgemeinschaft M. zu sich und pflegte diese in ihrem Haushalt. Dies entsprach den Vorgaben nach dem mit dieser Einrichtung geschlossenen Heimvertrag. Der Landeswohlfahrtsverband Hessen übernahm die Betreuungskosten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach der Hilfsbedarfsgruppe vier für den Bereich "Wohnen" nach §§ 75 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - (SGB XII). Die Beigeladene erbrachte aufgrund der vollstationären Unterbringung in einer Einrichtung für behinderte Menschen seit 1. Februar 2005 Leistungen nach § 43 a SGB XI und zahlte anteiliges Pflegegeld nach der Pflegestufe II für die Tage, an denen die Pflegebedürftige zu Hause von der Klägerin gepflegt wurde. In den Sommerferien 2005 konnte die Klägerin nur am 22. und 23. August die Pflege übernehmen und beschäftigte für die Zeit vom 24. Juli bis 21. August, in der sie sich selbst im Erholungsurlaub befand, eine Ersatzpflegekraft. Diese erhielt 1.432,00 EUR an Entgelt von der Klägerin. Die beigeladene Pflegekasse hatte für den Zeitraum 24. Juli bis 21. August 2005 Leistungen für Verhinderungspflege erbracht.
In einem weiteren Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI vom 22. März 2006, verfasst von dem Arzt Dr. QY., stellte der MDK weiterhin Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe II bei einem Hilfebedarf von insgesamt 214 Minuten täglich (154 Minuten Grundpflege, 60 Minuten hauswirtschaftliche Versorgung) und einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz fest.
Den bei der Beigeladenen gestellten Antrag der Klägerin vom 24. April 2005 auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson für die Zeit ab 9. Januar 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 ab, weil Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI während der Ferienzeiten bei internatsmäßiger Unterbringung nicht bestehe. Nach den Feststellungen der Pflegekasse liege der ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche (§ 19 Satz 2 SGB XI). Die Dauer von 12 Wochen (= 84 Tage) werde für das Jahr 2005 nicht überschritten. Die Beigeladene hatte der Beklagten mit Schreiben vom 12. Juli und 1. November 2005 mitgeteilt, sie lehne für die Klägerin als Pflegeperson eine Beitragszahlung zur Rentenversicherung ab, weil der ausgeübte Umfang der Pflegetätigkeit unter 14 Stunden in der Woche liege.
Gegen die Entscheidung der Beklagten erhob die Klägerin am 16. März 2006 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main. Sie trug vor, nach dem Heimvertrag sei sie verpflichtet, ihre Tochter, die einen täglichen Pflegebedarf von mehr als 12 Stunden benötige, 60 Tage im Jahr nach Hause zu holen. Maßgeblich seien die häuslichen Pflegetage und nicht eine durch Hochrechnung ermittelte durchschnittliche Pflegetätigkeit. Des Weiteren berief sich die Klägerin darauf, dass andere Pflegekassen in vergleichbaren Fällen die Versicherungspflicht der Pflegepersonen für die ersten zwei Monate im Jahr oder für die Ferienzeiten anerkennen würden. Die Klägerin beantragte, den Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 aufzuheben und festzustellen, dass sie vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterlegen habe. Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie führte aus, Versicherungspflicht liege nicht vor, da die Pflegebedürftige nicht an mehr als 60 Tagen im Jahr 2005 von der Klägerin gepflegt worden sei. Gelegentliche oder nur vorübergehende Hilfeleistungen im Bereich der häuslichen Pflege würden nicht zur Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI führen. Pflegepersonen, die in einzelnen Pflegezeiträumen jeweils unter 2 Monaten oder 60 Tagen im Jahr zusammenhängender Dauer pflegen, könnten nur versicherungspflichtig sein, wenn diese Pflegephasen immer wiederkehrten und somit die Pflegetätigkeit auf Dauer angelegt sei. Nach dem Schreiben der Beigeladenen vom 23. Januar 2006 sei eine Pflegetätigkeit von 29 Tagen (17 Tage für die Osterferien, 2 Tage für die Sommerferien sowie 10 Tage für die Weihnachtsferien) festgestellt worden. Aufgrund der Bescheinigungen der Lebensgemeinschaft M. könnten weitere 22 Tage Pflegetätigkeit angesetzt werden, was eine Pflegetätigkeit von insgesamt 51 Tagen ergäbe. Die mit Beschluss vom 2. August 2006 beigeladene Pflegekasse stellte keinen Antrag. Sie trug vor, die Voraussetzungen für eine Rentenversicherungspflicht im Jahr 2005 lägen nicht vor. Nachweislich habe die Klägerin ihre Tochter 51 Tage betreut. Voraussetzung für die Rentenversicherungspflicht während der häuslichen Pflege in den Ferienzeiten sei jedoch, dass die Pflegetätigkeit an mehr als 2 Monaten im Jahr ausgeübt und eine Dauerhaftigkeit erkennbar werde.
Mit Urteil vom 2. März 2009 gab das Sozialgericht der Klage mit folgendem Tenor statt:
"1. Der Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. März 2006 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI der Rentenversicherungspflicht unterlag.
2. Die Beklagte und die Beigeladene haben die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte zu tragen."
Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Sozialgericht aus: Die Klägerin habe einen Anspruch auf Feststellung ihrer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI für ihre Pflegetätigkeit während der Zeit vom 9. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005. Die Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI trete ein, wenn der Umfang der Pflegetätigkeit für einen Pflegebedürftigen regelmäßig mindestens 14 Stunden in der Woche betrage. Eine Regelmäßigkeit könne noch unterstellt werden, wenn die Tätigkeit einer Pflegeperson in einem wöchentlichen oder mehrwöchentlichen Turnus wechsele. Dabei müsse der Mindestaufwand der Pflegetätigkeit im Durchschnitt 14 Stunden pro Woche betragen. Von einer Regelmäßigkeit sei allerdings dann nicht mehr auszugehen, wenn der Zeitraum zwischen den einzelnen Pflegetätigkeiten mindestens einen Kalendermonat umfasse oder überschreite. Versicherungspflicht könne dann nur während der tatsächlichen Pflegetätigkeit bestehen. Bei einer stationären Unterbringung des Pflegebedürftigen in einer Einrichtung für behinderte Menschen liege eine regelmäßige Pflegetätigkeit einer Pflegeperson vor, wenn der Pflegebedürftige an den Wochenenden oder in größeren Intervallen in den häuslichen Bereich zurückkehre und in dieser Zeit der Mindestpflegeaufwand im Durchschnitt 14 Stunden in der Woche betrage. Kehre der Pflegebedürftige lediglich in den Ferienzeiten in die häusliche Umgebung zurück und werde gepflegt, trete Rentenversicherungspflicht für die in den Ferienzeiten tatsächlich ausgeübte Pflege nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI ein, wenn die Pflegetätigkeit während der gesamten Ferienzeit im Jahr in häuslicher Umgebung erbracht werde. Dabei sei von einer regelmäßigen Pflege auszugehen, wenn sie nicht nur gelegentlich ausgeübt werde. Denn eine nur geringfügige nicht erwerbsmäßige Pflegetätigkeit sei nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VI versicherungsfrei. In Anwendung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) liege eine geringfügige Pflegetätigkeit vor, wenn sie innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt sei. Die Zeitgeringfügigkeitsgrenze von 50 Arbeitstagen im Kalenderjahr finde in den Fällen Anwendung, in denen die Tätigkeit nicht arbeitstäglich, d.h. an mindestens 5 Tagen in der Woche, ausgeübt werde. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV allerdings nicht anzuwenden, wenn die Beschäftigung nicht nur gelegentlich ausgeübt werde (Urteil vom 23. Mai 1995 - 12 RK 60/93 - SozR 3-2400 § 8 Nr.4; Urteil vom 11. Mai 1993 - 12 RK 23/91 - SozR 3 2400 § 8 Nr. 3).
Nach diesen Grundsätzen sei die Klägerin vom 11. bis 13. Februar 2005, 25. März bis 10. April 2005, 13. bis 17. Mai 2005, 8. bis 10. Juli 2005, 22. bis 23. August 2005, 16. bis 18. September 2005, 14. bis 18. Oktober 2005, 18. bis 20. November 2005 und 22. bis 31. Dezember 2005 als Pflegeperson versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Denn sie habe regelmäßig, wie es § 3 Absatz 1 Nr. 1 a SGB VI voraussetze, einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 SGB XI nicht erwerbsmäßig in mehr als geringfügigem Umfang wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung gepflegt. Die Zeitgeringfügigkeitsgrenze des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV finde vorliegend keine Anwendung, weil die Klägerin nicht nur gelegentlich, sondern in einem von der Lebensgemeinschaft M. festgelegten und am Anfang eines Schuljahres bekanntgegebenen (§ 3 Abs. 1 Satz 4 des Heim- und Schulvertrags vom 6. Januar 2005), sich wiederholenden Turnus und damit regelmäßig und dauerhaft ihre Tochter während der Schulferien und den Heimfahrwochenenden pflege. Dies werde belegt durch die entsprechenden Bestätigungen der Lebensgemeinschaft M. für die Jahre 2005 bis 2008. Die Klägerin sei vorausschauend und in jedem Kalenderjahr verpflichtet, während der "Heimferien" von 60 Kalendertagen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 Heim- und Schulvertrag) ihre Tochter zu Hause zu pflegen und zu betreuen. Die ständige Wiederholung - über einen Zeitraum von inzwischen vier Jahren - kennzeichne die Pflegetätigkeit der Klägerin als regelmäßig im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI in Verbindung mit § 8 Abs 1 SGB IV. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Pflegeeinsätze im Rahmen eines Dauerverhältnisses von vornherein festgestanden hätten oder von Mal zu Mal vereinbart worden seien. Denn das Merkmal der Regelmäßigkeit sei auch dann erfüllt, wenn die Pflegeperson zu den sich wiederholenden Pflegeeinsätzen auf Abruf bereitstehe, ohne verpflichtet zu sein, jeder Aufforderung zur Pflegeleistung Folge zu leisten. Ausweislich der Bestätigungen der Lebensgemeinschaft M. vom 17. Mai 2005, 31. Oktober 2005 und 26. Januar 2006 habe die Klägerin im Kalenderjahr 2005 ihre Tochter an folgenden Tagen abgeholt und wieder zurückgebracht und damit in häuslicher Umgebung gepflegt: 11. bis 13. Februar 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 25. März bis 10. April 2005 Osterferien 17 Tage; 13. bis 17. Mai 2005 Heimfahrwochenende 5 Tage; 8. bis 10. Juli 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 22. Juli bis 21. August 2005 Sommerferien 31 Tage; 16. bis 18. September 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 14. bis 18. Oktober 2005 Heimfahrwochenende 4 Tage; 18. bis 20. November 2005 Heimfahrwochenende 3 Tage; 22. bis 31. Dezember 2005 Weihnachtsferien 10 Tage. Von diesen insgesamt 79 Tagen können allerdings 29 Tage, nämlich die vom 24. Juli bis 21. August 2005, nicht als Versicherungspflicht begründende Pflegetätigkeit anerkannt werden, weil sich die Klägerin während dieser Zeit im Erholungsurlaub befunden habe und die Pflege ihrer Tochter gemäß der Bestätigung vom 21. August 2005 von Frau EO. durchgeführt worden sei. Das Bundessozialgericht habe mit Urteil vom 22. März 2001 (B 12 P 3/00 R - SozR 3-2600 § 3 Nr. 5) entschieden, dass während des Urlaubs der Pflegeperson keine Versicherungspflicht nach § 3 Satz 1 Nr. 1 a SGB VI bestehe. Versicherungspflicht bestehe nur in der Zeit, in der die Pflegeperson den Pflegebedürftigen tatsächlich pflege. Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen betrage der Mindestpflegeaufwand der Klägerin auch im Durchschnitt 14 Stunden in der Woche. Nach dem Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß SGB XI des MDK vom 4. April 2003 bestehe ein Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 207 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung von 60 Minuten, insgesamt also von 267 Minuten täglich.
Darüber hinaus sei bei der Ermittlung der Mindeststundenzahl auch die Zeit mitzurechnen, die für die - die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung – ergänzende Pflege und Betreuung im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 1 SGB XI benötigt werde, d.h. auch der zeitliche Aufwand der Pflegeleistungen, die nicht aus Mitteln der Pflegeversicherung finanziert werden (Begründung zu Artikel 1 § 17 E-PflegeVG, Bundestagsdrucksache 12/5261 Seite 101; Gürtner in Kasseler Kommentar, § 19 SGB XI RdNr. 13; Udsching, SGB XI, 2. Auflage, § 19 RdNr. 14; Wagner in Hauck/Noftz, SGB XI, § 19 RdNr. 31). Dazu zähle beispielsweise die Hilfe zur Erfüllung kommunikativer Bedürfnisse des Pflegebedürftigen. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass bei der Ermittlung der Pflegezeit ein Durchschnitt zu bilden sei. Demgemäß müsse das Erfordernis der Mindestpflegezeit nicht jede Woche erfüllt sein, sondern es reiche aus, dass über einen längeren Zeitraum hinweg die durchschnittliche Mindestpflegezeit erreicht werde. Darüber hinaus habe vorliegend der MDK in allen Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI festgestellt. Unter Berücksichtigung des hieraus resultierenden erheblichen Bedarfs an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung erfülle die Klägerin die Mindeststundenzeit von 14 Stunden wöchentlich. Dies gelte selbst dann, wenn man - wie die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung - die Ansicht vertrete, dass die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich auch während der dreitägigen Heimfahrwochenenden vollständig erbracht sein müsse. Denn ausgehend von einem täglichen Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung von insgesamt 267 Minuten errechne sich bereits hierfür eine Pflegetätigkeit der Klägerin von mindestens 13 Stunden und 21 Minuten an drei Tagen. Im Hinblick auf die vom MDK festgestellte erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz der Pflegebedürftigen im Sinne des § 45 a SGB XI sei es offensichtlich, dass die Pflegetätigkeit der Klägerin die Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich überschreite.
Gegen das ihr am 12. März 2009 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 9. April 2009 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, das Sozialgericht habe verkannt, dass ergänzende Pflege und Betreuung bei der Ermittlung der Mindestpflegezeit von 14 Stunden wöchentlich im Rahmen des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI neben der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nicht zu berücksichtigen seien. Dies habe mittlerweile auch das Bundessozialgericht in zwei Urteilen vom 5. Mai 2010 (B 12 R 6/09 R und B 12 R 9/09 R) und der Parallelentscheidung vom 6. Oktober 2010 (B 12 R 21/09 R) so entschieden. Auch habe das Sozialgericht verschwiegen, welche konkreten Verrichtungen es bei der ergänzenden Pflege einbeziehen wolle. Die zu berücksichtigende Pflegezeit betrage für die 3-tägigen Heimaufenthalte und die Zeitphase 22. bis 23. August 2005 aus den Sommerferien nur 13 Stunden und 21 Minuten täglich, bezogen auf eine 7 Tage-Woche. Die Versicherungspflicht setze neben dem Mindestumfang der Pflegetätigkeit auch eine gewisse Dauerhaftigkeit voraus, d.h. sie müsse von vornherein auf 60 Tage angelegt sein. Die 60 Tage seien in 2005 nicht erreicht, weil die Klägerin ihre Tochter in den Sommerferien überwiegend nicht selbst gepflegt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgericht Frankfurt am Main vom 2. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Sie weist daraufhin, dass in ähnlich gelagerten Fällen die Pflegekassen von Pflegebedürftigen, die in der Lebensgemeinschaft M. untergebracht seien, Pflegezeiten während der Heimwochenenden und Ferien anerkannt hätten und auch die Beklagte so verfahren sei. Versicherungszeiten wegen Pflege habe sie auch für die Jahre nach 2005 bei der Beigeladenen und der Beklagten geltend gemacht. Auch während der Aufenthalte ihrer Tochter bei ihr benötige diese wegen der Schwere der Behinderungen eine Rundumbetreuung. Eine Pflegezeit von unter 14 Stunden pro Woche sei absolut unrealistisch.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag. Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat durch den Berichterstatter am 30. September 2010 einen Erörterungstermin durchgeführt. Darin hat die Klägerin im einzelnen beschrieben, wie sich der Lebensalltag gestaltet, wenn ihre Tochter bei ihr zu Hause ist, insbesondere welche Maßnahmen der Pflege, Beaufsichtigung und Anleitung notwendig werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie gemäß § 151 Abs. 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist begründet. Dementsprechend war das Urteil des Sozialgerichts vom 2. März 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Streitgegenstand ist dabei nur die Versicherungspflicht der Klägerin im Jahr 2005. Für die Folgejahre liegen noch keine rechtsmittelfähigen Entscheidungen der Beklagten vor, so dass sich die Frage, ob diese gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klageverfahrens sein können, nicht stellt.
Die Beklagte hat rechtsfehlerfrei die Feststellung einer Versicherungspflicht der Klägerin nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI wegen der Pflege von deren Tochter für den hier streitigen Zeitraum 9. Januar 2005 bis 31. Dezember 2005 abgelehnt. Der entsprechende Bescheid der Beklagten vom 14. November 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006 ist rechtmäßig und war nicht aufzuheben. Denn die Klägerin war in dem streitigen Zeitraum nicht versicherungspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung gemäß § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI.
Nach § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI sind Personen in der Zeit versicherungspflichtig, in der sie einen Pflegebedürftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches nicht erwerbsmäßig wenigstens 14 Stunden wöchentlich in seiner häuslichen Umgebung pflegen (nicht erwerbsmäßig tätige Pflegepersonen), wenn der Pflegebedürftige Anspruch auf Leistungen aus der sozialen oder einer privaten Pflegeversicherung hat. Die entsprechenden Beiträge zur Rentenversicherung werden für diese versicherungspflichtigen Pflegepersonen nach den beitragspflichtigen Einnahmen erhoben (§ 161 Abs. 1 SGB VI). Die Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen wiederum ist in § 166 Abs. 2 SGB II geregelt. Die Versicherungspflicht der Pflegepersonen in der Rentenversicherung konkretisiert die leistungsrechtliche Vorschrift des § 44 Abs. 1 SGB XI, wonach die Pflegekassen und die privaten Versicherungsunternehmen, bei denen eine private Pflege-Pflichtversicherung durchgeführt wird, sowie die sonstigen in § 170 Abs. 1 Nr. 6 SGB VI genannten Stellen zur Verbesserung der sozialen Sicherung einer Pflegeperson im Sinne von § 19 SGB XI Beiträge an den zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung entrichten, wenn die Pflegeperson regelmäßig nicht mehr als 30 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist. Der Begriff der Pflegeperson im Sinne von § 19 SGB XI ist identisch mit demjenigen in § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI.
Halten Pflegekassen ihre Leistungspflicht nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB XI für gegeben, haben sie diese ebenso zu erfüllen wie Arbeitgeber, die bei unstreitiger Versicherungspflicht, Beitragspflicht und Beitragshöhe den Gesamtsozialversicherungsbeitrag für ihre Beschäftigung ohne vorherige Entscheidung der Einzugsstelle zahlen. Besteht aber – wie vorliegend – Streit über die Versicherungspflicht in der Rentenversicherung, hat hierüber bei nicht erwerbsmäßigen Pflegepersonen, bei denen das Einzugsstellenverfahren nicht gilt, zunächst der ständige Träger der Rentenversicherung zu entscheiden und nicht die Pflegekasse (vgl. BSG: Urteil vom 23.09.2003, B 12 P 2/02 R; BSG, Urteil vom 22.03.2001, B 12 P 3/00 R).
Maßgeblich für die Versicherungs- und Beitragspflicht der Pflegeperson in der Rentenversicherung ist, ob die pflegebedürftige Person wenigstens 14 Stunden wöchentlich gepflegt wird (Mindestpflegezeit). Nach Überzeugung des Senats hat die Klägerin in dem nach dem 8. Januar in dem Jahr 2005 liegendem Zeitraum die wöchentliche Mindestpflegezeit nicht erreicht. Dabei sind entgegen der Auffassung der Klägerin und des Sozialgerichts im Rahmen der Bestimmung der Mindestpflegezeit nur die im Rahmen der Pflegeversicherung gemäß § 14 SGB XI zu berücksichtigenden Hilfeleistungen zu Grunde zu legen, mithin nur Pflegeleistungen im Rahmen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung. Dies bedeutet wiederum, dass die sogenannten ergänzenden Pflegeleistungen, z. B. in Form der nichtverrichtungsbezogenen Anleitung oder Aufsicht, der sozialen Kommunikation oder der nicht verrichtungsbezogenen Mobilitätshilfen nicht in die Berechnung der Mindestpflegezeit einzubeziehen sind. Der teilweise in Rechtsprechung (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 03.06.2005, L 4 RJ 58/04; LSG Hamburg, Urteil vom 28.09. 2005, L 3 R 202/05; Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.09.2006, L 4 P 17/03; SG Berlin Urteil vom 11.02.2008, S 14 R 5725/05) und Literatur, insbesondere in den Kommentaren zum SGB XI (vgl. Gürtner in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, § 19 SGB XI, 53. EL, Rz. 13; Udsching, SGB XI, Kommentar, 2. Aufl., § 19 Rz. 14; Linke in Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Pflegeversicherung, § 44 Rz. 12, Stand Januar 2008 mit weiteren Nachweisen) vertretenen abweichenden Auffassung folgt der Senat nicht. Er hat dies bereits in seinem den Beteiligten bekannten Urteil vom 29. Januar 2009 (L 8 P 13/07, veröffentlicht in juris) ausführlich begründet.
Mittlerweile hat das Bundessozialgericht in zwei Entscheidungen vom 5. Mai 2010 (B 12 R 6/09 R und B 12 9/09 R) und einer Parallelentscheidung vom 6. Oktober 2010 (B 12 R 21/09 R) dieselbe Rechtsauffassung mit weitgehend gleichartiger Begründung vertreten. Es hat hierzu in seinem Urteil vom 6. Oktober 2010 zusammenfassend folgendes ausgeführt: "Wie der Senat mit Urteilen vom 5.5.2010 (B 12 R 6/09 R, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen, und B 12 R 9/09 R; jeweils in juris veröffentlicht) bereits entschieden hat, ist bei der Feststellung, ob die nach § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI notwendige Mindeststundenzahl der Pflege erreicht ist, nur der Hilfebedarf zu berücksichtigen, der für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Bereich der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung erforderlich ist. (Weitergehende bzw andere) Pflegeleistungen bei Tätigkeiten im Ablauf des täglichen Lebens, die nicht im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI enthalten sind, etwa die Zeit, die für Betreuungsleistungen aufgewendet wird, die in § 4 Abs 2 Satz 1 SGB XI als ergänzende Pflege und Betreuung bezeichnet werden, sind bei der Ermittlung des Umfangs der (Mindest)Pflegezeit nicht mitzurechnen. Der Senat hat diese Auslegung des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zunächst auf den Gesetzeszusammenhang gestützt, hier vor allem darauf, dass § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI die soziale Sicherung von Pflegepersonen mit dem Leistungsrecht der Pflegeversicherung und hier insbesondere mit den Leistungen bei häuslicher Pflege verbindet, sowie auf die die Ermittlung der in der Rentenversicherung beitragspflichtigen Einnahmen nicht erwerbsmäßig tätiger Pflegepersonen betreffende Regelung des § 166 Abs 2 SGB VI (vgl Urteil des Senats vom 5.5.2010 - B 12 R 6/09 R - juris RdNr 15 ff). Das unter Hinweis auf die (Gesetzes)Systematik gefundene Auslegungsergebnis hat der Senat auch im Hinblick auf teleologische Erwägungen als geboten erachtet. So sei der mit der sozialen Sicherung von Pflegepersonen verfolgte Zweck, die Pflegebereitschaft im häuslichen Bereich zu fördern und den hohen Einsatz der Pflegepersonen anzuerkennen, durch das allgemeine Strukturprinzip der Pflegeversicherung, keine Vollversicherung durch die Leistungen der Pflegeversicherung zu gewährleisten, sondern lediglich eine soziale Grundsicherung, begrenzt. Die Berücksichtigung anderer pflegerischer Leistungen als solcher für die in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen würde diese (Gesamt)Konzeption ignorieren (vgl Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 22). Der Senat hat in seinen Entscheidungen außerdem darauf hingewiesen, dass es bei einer Ausweitung der im Rahmen von § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI zu berücksichtigenden Pflegetätigkeiten über Hilfeleistungen für die im Katalog des § 14 Abs 4 SGB XI erfassten Verrichtungen hinaus an klaren, nachvollziehbaren Kriterien für eine Abgrenzung pflegerischer Leistungen von sonstigen Betreuungsleistungen und vor allem auch von auf dem schlichten Zusammenleben mit dem Pflegebedürftigen beruhenden Tätigkeiten fehlte (vgl. Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 23). Entgegen der offensichtlich vom Berufungsgericht vertretenen Auffassung geht der Senat schließlich davon aus, dass jedenfalls dem Wortlaut des § 3 Satz 1 Nr 1a SGB VI eine eindeutige Antwort darauf, ob bei der Feststellung der Mindeststundenzahl der Zeitaufwand für Betreuungsleistungen außerhalb der in § 14 Abs 4 SGB XI genannten Verrichtungen mit zu berücksichtigen ist, nicht zu entnehmen ist (vgl Urteil vom 5.5.2010, aaO, juris RdNr 14). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest" (zitiert nach juris, Rz. 11).
Der berücksichtungsfähige Pflegeaufwand im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 1a SGB VI und § 19 Satz 2 SGB XI kann damit nicht weitergehen, als der für die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und ihrer Stufe maßgebliche Bedarf. Es ist damit für die gesetzliche Rentenversicherungspflicht der Pflegeperson eine durchschnittlich mindestens 14 Stunden wöchentlich umfassende Pflegeleistung im Bezug auf die Grundpflege und hauswirtschaftliche Versorgung erforderlich. Die für die Zuordnung zur Pflegestufe I nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI bereits hinreichende wöchentliche Pflegezeit von 10,5 Stunden reicht nicht aus.
Unter Berücksichtigung des in dem MDK-Pflegegutachten vom 4. April 2003 ermittelten täglichen Pflegebedarfes von 207 Minuten für Grundpflege und 60 Minuten für hauswirtschaftliche Versorgung errechnet sich ein wöchentlicher Hilfebedarf von 31,15 Stunden (267 Minuten x 7 Tage / 60 Minuten). Der Senat sieht keine Veranlassung an der Richtigkeit der in diesem MDK Gutachten getroffenen Feststellungen zum Pflegeaufwand zu zweifeln. Die Gutachtensabfassung zeigt, dass die für den Pflegeaufwand erheblichen Diagnosen und Beeinträchtigungen sorgfältig erhoben und der daraus resultierende Bedarf im Hinblick auf Körperpflege, Ernährung, Mobilität sowie hauswirtschaftliche Versorgung nachvollziehbar abgeleitet wurde. Da die Klägerin in den Wochen mit den dreitätigen Heimfahrwochenenden auch bei Anrechnung der für diese 3 Tage anzusetzenden Pflegezeit von 13,35 Stunden (267 Minuten dividiert durch 60 Minuten mal 3) nicht auf einen Wochenwert von 14 Stunden an Pflegezeit rechnerisch kommt, können die Heimfahrwochenenden nicht berücksichtigt werden. Dies hat wiederum zur Folge, dass die noch verbleibenden Pflegezeiten während der Weihnachts , Oster- und der aber nur mit 2 Tagen berücksichtigungsfähigen Sommerferien nicht als eine regelmäßig anfallende Pflegetätigkeit rechtlich behandelt werden können (§§ 3 Satz 1 Nr. 1 a, 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGb VI, § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV).
Auch allein aus dem Umstand, dass die Klägerin bis zum 8. Januar 2005 im Bezug auf ihre Pflegetätigkeit als versicherungspflichtig angesehen wurde, begründet keine Bindung der Beklagten an ihre bisherige Entscheidung. Die Vorschriften über die Aufhebung oder Abänderung begünstigender Verwaltungsakte der §§ 48, 45 SGB X finden hier keine Anwendung. Es geht hier um die Versicherungspflicht, die jeweils bezogen auf die aktuellen maßgeblichen Tatbestandsmerkmale zu beurteilen ist. Sollte die Beklagte oder sollten andere Rentenversicherungsträger bei völlig gleichgelagerten Sachverhalten – dies ist hier fraglich, da die Klägerin selbst darauf hinweist, Eltern anderer Pflegebedürftiger aus der Einrichtung M. hätten die Pflege auch in den Sommerferien selbst erbracht – gegenüber Eltern Pflichtversicherungszeiten wegen Pflegezeiten festgestellt haben, so erwächst hieraus kein Anspruch der Klägerin auf Fortsetzung einer rechtlich unrichtigen Praxis.
Der Senat verhehlt nicht, dass er die hier aus rein rechtlichen Gründen zu treffende Entscheidung sozialpolitisch und im Hinblick auf den großen Einsatz der Klägerin für die Pflege ihrer schwerstbehinderten Tochter für unbefriedigend erachtet. Zu Recht hat Prof. AR. in seiner Anmerkung zu dem Urteil des BSG vom 5. Mai 2010 – B12 R 6/09 R – darauf hingewiesen, dass das Grundproblem darin liegt, dass nach der derzeitigen Rechtslage von den Leistungen der sozialen Pflegeversicherung im Wesentlichen nicht der allgemeine Anleitungs- und Überwachungsbedarf sondern nur der verrichtungsbezogene Bedarf abgedeckt wird. Er hat insoweit von einem Reformstau im System der gesetzlichen Pflegeversicherung gesprochen, der behoben werden sollte (vgl. Marschner, SGb 2011, 166, 168).
Es war daher zu entscheiden, wie geschehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht zuzulassen, da die Rechtssache nach dem Ergehen der BSG-Urteile vom 5. Mai 2010 und 6. Oktober 2010 keine grundsätzliche Bedeutung mehr hat.
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