L 5 R 42/10

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 6 R 439/06
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 42/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 163/11 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. September 2009 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander in beiden Rechtszügen keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die rentensteigernde Berücksichtigung einer Beschäftigungszeit vom 15. Januar 1964 bis 31. August 1969 nach dem deutsch-polnischen Sozialversicherungsabkommen (DPSVA), in der der Kläger als Geistlicher bei der Glaubensgemeinschaft der XY. tätig war.

Der 1941 in Polen geborene Kläger ist Inhaber eines Ausweises für Vertriebene und Flüchtlinge "A" und hält sich seit dem 16. Juni 1989 ständig in Deutschland auf. Nachdem er am 23. Juni 1960 im Herkunftsgebiet eine Ausbildung zum Uhrmacher abgeschlossen hatte, war er in verschiedenen staatlichen Betrieben des Verkehrs, der Metallurgie und für Landwirtschaftsmaschinen bis zum 11. Januar 1964 beschäftigt. Nach der Bescheinigung des Vorstandes des Vereins der Bibel- und Verlagsgesellschaft der XY. in D. (Polen) vom 14. September 1998 war er dort im streitigen Zeitraum als "Vollzeitprediger in der Konfession der XY." tätig. Am 15. Juni 1969 schloss er nach einer Ausbildung an der Korrespondenzoberschule die Mittelschulbildung ab und war danach ab 1. September 1969 bis zu seiner Ausreise bei einem Installations- und Montagebetrieb für das landwirtschaftliche Bauwesen als Gerätepark- und Transportleiter beschäftigt.

Im Verfahren zur Vormerkung rentenrechtlicher Zeiten ist sein Begehren auf Vormerkung der hier streitigen Zeit als Beschäftigungszeit erfolglos geblieben. Seine hierauf gerichtete Klage beim Sozialgericht Darmstadt (S 14 RJ 177/03) nahm er im Rahmen eines Vergleichs zurück, nachdem sich die Beklagte zur Entscheidung über die Anerkennung und Bewertung der streitigen Zeit im Leistungsfall verpflichtet hatte.

Mit Bescheid vom 18. Mai 2006 bewilligte die Beklagte dem Kläger antragsgemäß Altersrente für langjährig Versicherte ab 1. August 2006 mit einem anfänglichen monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 975,91 EUR. Die hier streitige Zeit blieb bei der Rentenberechnung unberücksichtigt, ihre Anerkennung lehnte die Beklagte ausdrücklich ab. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2006 zurück. Die Zeit könne nicht als Abkommenszeit nach dem DPSVA vom 9. Oktober 1975 anerkannt werden, weil in Polen die Versicherungspflicht für Geistliche erst durch das Gesetz vom 17. Mai 1989 eingeführt worden sei. Der Kläger habe seine Tätigkeit im streitigen Zeitraum ohne Arbeitsvertrag und ohne Entgelt aus inneren, religiösen Beweggründen ausgeübt. Es handle sich demgemäß auch weder um eine Beitrags- noch um eine Beschäftigungszeit i.S. der §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG).

Mit der hiergegen am 5. September 2006 erhobenen Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt hat der Kläger u.a. vorgetragen, es habe im streitigen Zeitraum ein Beschäftigungsverhältnis mit den XY. bestanden. Einen schriftlichen Arbeitsvertrag habe er nicht erhalten, weil zum damaligen Zeitpunkt die Ausübung der religiösen Tätigkeit in Polen verboten gewesen sei. Er sei für etwa 16 Gemeinden verantwortlich gewesen und habe im Monat ca. 250 bis 300 Stunden gearbeitet. Davon seien etwa 70 Stunden auf Predigertätigkeit und der Rest auf Gemeindearbeit entfallen. Er habe eine Stelle als Kreisaufseher innegehabt. Neben freiem Unterhalt und Verpflegung habe er monatlich 150 Zl. und für den Familienunterhalt 400 Zl. erhalten. Außerdem seien ihm die Fahrtkosten erstattet worden und er habe zweimal jährlich ca. 1000 Zl. für Bekleidung erhalten. Mit Urteil vom 7. September 2009 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 18. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2006 dazu verurteilt, "die Zeit vom 15.01.1964 bis 31.08.1969 als Beschäftigungszeit anzuerkennen". Unzweifelhaft lägen die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung als Beitragszeit i.S. des § 10 FRG nicht vor, der Kläger könne aber als anerkannter Vertriebener eine Berücksichtigung der streitigen Zeit nach § 16 FRG als Beschäftigungszeit verlangen. Insoweit sei auf die in der Bundesrepublik Deutschland am 1. März 1957 geltenden Bestimmungen über die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung abzustellen. Nach § 2 S. 1 Nr. 7 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Angestellten (Angestellten-Neuregelungsgesetz - AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl. I, S. 88 ff.) seien mit Wirkung ab 1. März 1957 in der Rentenversicherung der Angestellten versichert "Mitglieder geistlicher Genossenschaften, Diakone, Schwestern vom Roten Kreuz und Angehörige ähnlicher Gemeinschaften, die sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigten, nur
a) während der Zeit ihrer Ausbildung zu einer solchen Tätigkeit,
b) wenn sie persönlich nach der Ausbildung neben dem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als 75 Deutsche Mark monatlich erhalten". Die Verbreitung der christlichen Lehre, so wie sie von Mitgliedern der XY. verstanden werde, sei nach der Rechtsprechung des Hessischen Landessozialgerichts (Urteil vom 11. Dezember 1963, L 3(6)Kr 18/61, in Breithaupt 1964, S. 830 ff.) gemeinnützig. Ob der Kläger neben seinem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als 75 Deutsche Mark bekommen habe, könne dahingestellt bleiben, denn nach § 16 Abs. 1 S. 2 FRG seien Vorschriften über die Beschränkung der Versicherungspflicht nach der Höhe des Arbeitsverdienstes nicht anzuwenden.

Gegen das ihr am 8. Januar 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 28. Januar 2010 Berufung zum Hessischen Landessozialgericht in Darmstadt eingelegt. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe es sich bei der Tätigkeit des Klägers um keine gemeinnützige gehandelt, weil er im streitigen Zeitraum in Polen nur einen festen Kreis Gleichgläubiger betreut habe und somit seiner Tätigkeit die notwendige "Außenwirkung" gefehlt habe. In den sechziger Jahren seien die XY. in Polen verboten gewesen. Dies habe auch für Hauszeremonien gegolten. Eine Außenwirkung, wie sie für eine gemeinnützige Tätigkeit kennzeichnend sei, habe der Kläger nicht erzielen können. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 22. April 1970, 12 RJ 362/69) sei der Begriff der "Gemeinnützigkeit" mit "zum Nutzen der Allgemeinheit" zu definieren, im Gegensatz zum eigenen Nutzen oder dem einer kleinen, von vornherein bestimmten und fest begrenzten Gruppe. Gemeinnützig seien Tätigkeiten im sozialen, mitmenschlichen Bereich, die unmittelbar der Befriedigung von Bedürfnissen der Allgemeinheit dienten, also nicht ordensintern blieben. Unabhängig hiervon habe die Tätigkeit des Klägers aber auch deshalb nach dem am 1. März 1957 in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Recht nicht zur Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung geführt, weil nicht nachgewiesen sei, dass er neben dem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als 75 Deutsche Mark monatlich (und damit mehr als 10 % der Beitragsbemessungsgrenze) erhalten habe. Vom 1. April 1963 bis zum 31. Juli 1966 habe der Mindestlohn in Polen im Monat 750 Zl. betragen. Eine Sachbearbeiterin in einem Hilfsproduktions- und Montagebetrieb für landwirtschaftliches Bauwesen in L. habe bereits im Jahr 1965 über 1.660 Zl. im Monat verdient. Das vom Kläger angegebene Entgelt könne daher allenfalls als geringfügig angesehen werden. Damit habe auch keine wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers vorliegen können, weshalb auch deshalb keine Beschäftigungszeit gemäß § 16 FRG anerkannt werden könne.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. September 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Er stützt sich auf die Begründung des angegriffenen Urteils und trägt vor, dass es auf das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ankommen könne, weil der Gesetzgeber mit der Begründung der Versicherungspflicht für gemeinnützig tätige Angehörige einer geistlichen Genossenschaft gerade eine Ausnahme habe begründen wollen. Hinsichtlich der Frage der Gemeinnützigkeit sei dem Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 1963 zu folgen. Danach seien alle Tätigkeiten gemeinnützig, die dem Ziel auf Ausbreitung der Religionsanschauung der XY. untergeordnet seien, auch wenn sie keine unmittelbare Außenwirkung im Einzelfall entfalten würden. Als Kreisaufseher habe der Kläger die seiner Gemeindemitglieder bei anderen Personen geplant und kontrolliert, bei denen trotz Verbots versucht wurde, Angehörige für die XY. zu werben. Nach Öffnen der Tür habe man versucht, durch Fragen nach dem christlichen Glauben Zugang in die jeweilige Wohnung zu erhalten und bei Interesse habe alsbald jede Woche ein ca. einstündiges Bibelstudium stattgefunden, das nach längerer Dauer auch zur Aufnahme bei den XY. geführt habe. Der Kläger habe neben Planung und Kontrolle dieser Hausbesuche auch selbst im Umfang von etwa 30 bis 70 Stunden monatlich an solchen Hausbesuchen und wöchentlichen Bibelstunden teilgenommen und auch Taufen durchgeführt. Mit Personen, die in den wöchentlichen Bibelstunden "problematischer" reagiert hätten, habe er selbst gesprochen. Auf die Höhe des Entgelts komme es nach der zutreffenden Rechtsauffassung des Sozialgerichts nicht an. Nach seiner Heirat am 25. März 1965 habe der Kläger zusätzlich zu den bisherigen 150 Zl. weitere 400 Zl. monatlich erhalten.

Wegen weiterer Einzelheiten und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichts- und Rentenakten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist auch sachlich begründet.

Das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 7. September 2009 war aufzuheben und die Klage abzuweisen, denn der Bescheid der Beklagten vom 18. Mai 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2006 ist rechtmäßig, auch soweit die Beklagte die Anerkennung und Berücksichtigung der Zeit vom 15. Januar 1964 bis 31. August 1969 als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG abgelehnt hat. Zutreffend ist das Sozialgericht in Übereinstimmung mit den Beteiligten davon ausgegangen, dass die streitige Zeit nicht nach dem DPSVA bzw. § 15 FRG als Beitragszeit anerkannt werden kann, weil seinerzeit in Polen für Geistliche keine Versicherungspflicht in der Rentenversicherung bestand. Insoweit wird ergänzend auch auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 24. August 2006 Bezug genommen.

Aber auch als Beschäftigungszeit nach § 16 FRG kann der streitige Zeitraum keine Anerkennung finden. Das FRG findet auf den Kläger gemäß § 1 Buchst. a) FRG Anwendung, weil er anerkannter Vertriebener gemäß § 1 Bundesvertriebenengesetz (BVG) ist. Gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 FRG steht eine nach vollendetem 17. Lebensjahr vor der Vertreibung u. a. in Polen verrichtete Beschäftigung, soweit sie nicht in Gebieten zurückgelegt wurde, in denen zu dieser Zeit die Sozialversicherung nach den Vorschriften der Reichsversicherungsgesetze durchgeführt wurde, einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung in der Bundesrepublik Deutschland, für die Beiträge entrichtet sind, gleich, wenn sie nicht mit einer Beitragszeit zusammenfällt. Dies gilt nur, wenn die Beschäftigung nach dem am 1. März 1957 geltenden Bundesrecht Versicherungspflicht in den gesetzlichen Rentenversicherungen begründet hätte, wenn sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wäre; dabei sind Vorschriften über die Beschränkung der Versicherungspflicht nach der Stellung des Beschäftigten im knappschaftlichen Betrieb, nach der Höhe des Arbeitsverdienstes, wegen der Gewährleistung von Versorgungsanwartschaften oder wegen der Eigenschaft als Beamter oder Soldat nicht anzuwenden. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG in der ab 1. März 1957 geltenden Fassung des AnVNG vom 23. Februar 1957 (BGBl. I, Seite 45 ff.) wurde der Kreis der pflichtversicherten Personen ausgeweitet u. a. auf Mitglieder geistlicher Genossenschaften, die sich aus überwiegend religiösen oder sittlichen Beweggründen mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnützigen Tätigkeiten beschäftigen, jedoch nur
a) während der Zeit ihrer Ausbildung zu einer solchen Tätigkeit,
b) wenn sie persönlich nach der Ausbildung neben dem freien Unterhalt Barbezüge von mehr als 75 Deutsche Mark monatlich erhalten.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Tätigkeiten des Klägers im streitigen Zeitraum schon deshalb nicht als Beschäftigungszeit anerkannt werden kann, weil er neben freiem Unterhalt Barbezüge nur in geringfügiger Höhe erhalten hat, wobei der Senat insoweit von den Angaben des für die Höhe der Bezüge beweispflichtigen Klägers ausgeht. Insoweit wird jedoch von der Klägerseite zutreffend geltend gemacht, dass alles auf die von der Beklagten angewandten Kriterien zur Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht ankommen kann, weil der Gesetzgeber mit der Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG die Versicherungspflicht in diesen Fällen gerade deshalb begründen wollte, weil die Voraussetzungen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht vorliegen. Soweit aber das Bestehen der Versicherungspflicht von der Höhe des Arbeitsverdienstes abhängig gemacht wird, findet sie diese Beschränkung gemäß § 16 Abs. 1 S. 1 FRG keine Anwendung. Indessen bedarf dies keiner weiteren Vertiefung, weil die Tätigkeit des Klägers nicht "gemeinnützig" i.S. des § 2 S. 1 Nr. 7 AVG war. Der erkennende Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG Urteil vom 22. April 1970, 12 RJ 362/69), die der zitierten Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Dezember 1963 zeitlich nachfolgt und das Kriterium der "gemeinnützigen Tätigkeit" näher präzisiert hat. "Gemeinnützigkeit" bedeutet "zum Nutzen der Allgemeinheit" im Gegensatz zum eigenen Nutzen oder dem einer kleinen, von vornherein bestimmten und fest begrenzten Gruppe. Wie die Anführung gemeinnütziger Tätigkeiten zusammen mit Unterricht und Krankenpflege zeigt, ist nicht an Tätigkeiten gedacht, die nur im weitesten Sinne dem Nutzen der Allgemeinheit dienen, etwa insofern sie wirtschaftliche Werte schaffen und dadurch irgendwie zur Vermehrung des Volksvermögens beitragen. Es muss sich vielmehr um Tätigkeiten im sozialen mitmenschlichen Bereich handeln, durch die bestimmte Lebensbedürfnisse von Personen gedeckt werden; dabei muss die Befriedigung dieser Bedürfnisse im allgemeinen Interesse liegen. Im Sozialversicherungsrecht ist die Gemeinnützigkeit einer Tätigkeit von der Person des Tätigen her zu beurteilen, nicht von der wirtschaftlichen Zielsetzung der geistlichen Genossenschaft; denn die Versicherung des Tätigen steht in Frage. Die Gewährung eines entsprechend hohen Barentgeltes nimmt einer Tätigkeit eines Mitgliedes einer geistlichen Genossenschaft nicht den Charakter der Gemeinnützigkeit, wie bei eigenwirtschaftlicher Zielsetzung der Organisation ihre "Gemeinnützigkeit" entfällt. Die Aufzählung "anderer gemeinnütziger Tätigkeiten" zusammen mit Krankenpflege und Unterricht in § 2 Abs. 1 Nr. 7 AVG zeigt, dass die Tätigkeit des Mitglieds der geistlichen Genossenschaft unmittelbar dem Nutzen der Allgemeinheit dienen und von dem betreuten Personenkreis unmittelbar entgegengenommen werden muss. Es genügt nicht, dass die Tätigkeit erst auf dem Umweg über Tätigkeiten anderer Mitglieder der Genossenschaft zum Nutzen der Allgemeinheit dient. Im vorliegenden Fall braucht nicht abschließend entschieden zu werden, wieweit eine notwendige und übliche Arbeitsteilung unter mehreren Mitgliedern einer Genossenschaft, die der rationellen Verrichtung gemeinnütziger Tätigkeiten dient, zu berücksichtigen ist. Auf jeden Fall ist erforderlich, dass sich eine solche Gemeinschaftsarbeit von Mitgliedern der Genossenschaft in einem festumrissenen Tätigkeitsbereich (Betrieb) abspielt, in dem unmittelbar gemeinnützige Tätigkeiten verrichtet werden, und dass die Tätigkeit jedes der an der Arbeitsteilung beteiligten Mitglieder für die Verrichtung der gemeinnützigen Tätigkeiten unmittelbar und fortlaufend notwendig ist; die Tätigkeit des einzelnen Mitgliedes muss ständig in naher Beziehung zu den Empfängern der gemeinnützigen Tätigkeit stehen. Es genügt nicht, wenn die Tätigkeit eines Mitgliedes nur dazu dient, allgemeine, stets vorhandene Lebensbedürfnisse anderer Mitglieder der geistlichen Genossenschaft zu decken, die ihrerseits gemeinnützige Tätigkeiten verrichten. Die Tätigkeit des einzelnen Mitgliedes muss vielmehr unmittelbar mit der nach außen gegenüber den Betreuten wirkenden gemeinnützigen Tätigkeit der anderen Mitglieder der Genossenschaft zusammenhängen (so BSG, Urteil vom 22. April 1970, 12 RJ 362/69, Juris, Rdnrn. 16 und 17). Dem schließt sich der erkennende Senat an. Dementsprechend kann eine überwiegend missionierende Tätigkeit mit dem Ziel der Gewinnung neuer Mitglieder für eine ganz bestimmte Glaubensrichtung nicht als gemeinnützig anerkannt werden, weil sie eben nicht zum Nutzen der Allgemeinheit sondern zum Nutzen einer fest begrenzten Gruppe ausgeübt wird. Etwas anderes mag für eine mehr seelsorgerische Tätigkeit an Personen gelten, die nach eigener Einschätzung entsprechender Zuwendung bedürfen und die ihnen nicht mit dem vorrangigen Ziel ihrer Gewinnung für eine ganz bestimmte Glaubensgemeinschaft zu Teil wird. Insoweit kann es sich neben der Pflege erkrankter Menschen oder der Unterrichtung zur Vermehrung ihres Wissens durchaus um Lebensbedürfnisse von Personen handeln, deren Befriedigung im allgemeinen Interesse liegt. Nicht im allgemeinen Interesse sondern nur im Interesse der jeweiligen Glaubensgemeinschaft liegt jedoch die vorwiegend missionarische Tätigkeit zur Gewinnung neuer Mitglieder der Glaubensgemeinschaft. Nach der Einlassung des Klägers stand jedoch die missionierende Tätigkeit zur Gewinnung neuer Mitglieder der Glaubensgemeinschaft ganz im Vordergrund, wenn er als Kreisaufseher vorwiegend die Aufgabe hatte, die Missionierung anderer Personen durch Hausbesuche seitens der Mitglieder der Glaubensgemeinden zu planen und zu koordinieren und in "problematischen Fällen" selbst die Gespräche zu führen. Hierbei stand nach seinen Ausführungen stets die Gewinnung für die Glaubensgemeinschaft der XY. im Vordergrund, was mit dem Selbstbildnis und der religiösen Überzeugung dieser Glaubensgemeinschaft übereinstimmt. Demgegenüber ist aus seiner Einlassung nicht zu erkennen, dass er für seine damalige Glaubensgemeinschaft vorwiegend Tätigkeiten im sozialen mitmenschlichen Bereich ausgeübt hat, wie dies z.B. in besonderen sozialen Einrichtungen verschiedener Glaubensgemeinschaften oder auch unterschiedlichen geistlichen Orden, zu deren wesentlichen Zielen die Hinwendung zum bedürftigen Menschen - unabhängig von deren Gewinnung für die Glaubensgemeinschaft - gehört, der Fall sein mag.

Nach allem konnte das angegriffene Urteil keinen Bestand haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Eine grundsätzliche Bedeutung ist der Rechtssache nicht beizumessen, denn die hier zu erörternden Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits geklärt.
Rechtskraft
Aus
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