Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 639/09
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 14/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Februar 2010 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.627,28 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berichtigung des Honorarbescheids für das Quartal III/06 und hierbei um die Rückforderung des Auffüllbetrages aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrags (HVV).
Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 17. März 2007 setzte die Beklagte für das Quartal III/06 das Nettohonorar des Klägers auf 34.842,36 EUR fest. Auf den Primär- und Ersatzkassenbereich entfielen bei 896 Behandlungsfällen brutto 34.984,60 EUR. Im Rahmen der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV betrug der Referenzfallwert 40,6976 EUR, der aktuelle Fallwert 31, 2.115,00 EUR und der Auffüllbetrag pro Fall 7, 3.971,00 EUR. Dies führte bei 896 Fällen zu einem Ausgleichsbetrag in Höhe von 6.627,78 EUR.
Mit Bescheid vom 17. März 2008 nahm die Beklagte eine Rückforderung des Auffüllbetrages in Höhe von 6.627,78 EUR abzüglich Verwaltungskosten vor. Zur Begründung führte sie aus, bei einer Fallwertminderung von mehr als 15 % sei eine Überprüfung der Ursachen nach dem Honorarverteilungsvertrag im Einzelfall vorgeschrieben. Sie habe bereits in den jeweiligen Begleitschreiben zu den Honorarunterlagen der Quartale II/05 bis II/06 beziehungsweise in der Anmerkung auf dem Nachweisbogen zur Ausgleichsregelung in den Quartalen ab III/06 darauf hingewiesen, dass bei Fallwertminderungen von mehr als 15% im aktuellen Quartal gegenüber dem Ausgangsquartal III/05 die geleisteten Zahlungen im Rahmen der so genannten Ausgleichsregelung unter dem Vorbehalt einer einzelfallbezogenen Prüfung stünden. In Bezug auf den Kläger habe sie festgestellt, dass im aktuellen Quartal gegenüber dem Ausgangsquartal im Bereich der diagnostischen und therapeutischen orthopädischen Leistungen keine Zusatzpauschalen für die Behandlung/Diagnostik für Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates beziehungsweise von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule (Nr. 18311, 18331 EBM 2005) mehr abgerechnet worden seien. Eine Vergleichbarkeit der Leistungsspektren der genannten Quartale sei aufgrund dieses Sachverhalts nicht mehr gegeben.
Hiergegen legte der Kläger am 12. April 2008 Widerspruch ein und machte geltend, der HVV entspreche weder den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V noch den Vorgaben des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004. Der HVV sehe nicht die von § 85 Abs. 4 S. 7 SGB V geforderten arztgruppenspezifischen Grenzwerte vor. Es fehle auch an einer Restleistungsvergütungsregelung für von verschiedenen Töpfen nicht umfasste sonstige Leistungen. Da somit der Honorarverteilungsvertrag der Beklagten, der dem Rückforderungsverlangen zu Grunde liege, rechtswidrig sei, könne der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht auf dessen Ziffer 7.5 gestützt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie darin aus, sie habe die Vorgaben des Bewertungsausschusses in dem Honorarverteilungsvertrag umgesetzt. Gemäß Ziffer 7.5.1 Honorarverteilungsvertrag könne zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen die im HVV vorgesehene Regelung zur Vermeidung von Fallwertverlusten zur Anwendung kommen. Insoweit werde nach Vorlage des Abrechnungsergebnisses im aktuellen Quartal eine fallbezogene Überprüfung, soweit es sich um Leistungen nach dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung handele, im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal vorgenommen. Weiche der Fallwert dabei um mehr als 5 % nach oben oder nach unten ab, könne ein Ausgleich im Sinne der Auffüllung bei Abweichungen von mehr als 5 % nach unten (bis zu einer Differenz von 5 %) bzw. alternativ einer Kappung des Fallwertzuwachses bei einem Wachstum von mehr als 5 % nach oben erfolgen. Ein Ausgleich von Fallwertminderungen erfolge grundsätzlich nur auf Basis vergleichbarer Praxisstrukturen. Ein Ausgleich sei auch dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht würden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis u. a. aufgrund Änderung einer personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert habe. Er sei des Weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert habe. Betrage die Fallwertminderung mehr als 15 %, sei eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf diese Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % müssten vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Bei dem Kläger liege eine Änderung des Leistungsspektrums vor, da die Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr erbracht worden seien. Dies entspreche einem Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen von 14,6 %. Daneben sei der Fallwertverlust auch auf die Reduzierung von diversen anderen Leistungen zurückzuführen. So seien Briefe (Nr. 01601 EBM 2005) im Ausgangsquartal III/05 709 mal, im aktuellen Quartal III/06 nur noch 214-mal abgerechnet worden. Dies stelle einen Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen von 5,8 % dar. Des Weiteren sei ein Rückgang im Leistungsbereich der konventionellen Radiologie zu verzeichnen. So habe der Kläger im Quartal III/05 82-mal Leistungen der konventionellen Radiologie abgerechnet, im Quartal III/06 dagegen lediglich 15-mal. Aufgrund dieses Sachverhalts seien die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Ausgleichsregelung nicht erfüllt.
Hiergegen hat der Kläger am 3. September 2009 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. April 2009 (L 4 KA 80/08) vorgetragen, die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Befugnis zur Honorarkürzung verstoße gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses. Im Übrigen verhalte sich die Beklagte widersprüchlich. Sie hätte vor der Vornahme einer Ausgleichszahlung eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung vornehmen müssen. Die Beklagte habe diese Überprüfung augenscheinlich unterlassen und ungeprüft eine Zahlung an ihn veranlasst. Diese Umstände könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Er habe darauf vertrauen dürfen, den nunmehr zurückgeforderten Betrag behalten zu dürfen.
Mit Urteil vom 10. Februar 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es obliege nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften berechtigten die KV generell zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide und differenzierten nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit falle. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheides und damit seine Unrichtigkeit sei daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruhe, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen seien (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11). Der ursprüngliche Honorarbescheid für das Quartal III/06 sei rechtswidrig gewesen, soweit die Beklagte die sog. Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005 (HVV), die insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt worden sei, angewandt habe. Im Einzelnen habe Ziffer 7.5 HVV bestimmt:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt.
Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5 % (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 %. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5 % resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5 % steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5 % erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert hat. Er ist des Weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2 Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr als 15 %, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen Honorar(unter)gruppe belassen.
Ziffer 7.5 HVV sei grundsätzlich rechtmäßig, soweit sie im Sinne einer Härtefallregelung zur Begünstigung eines Vertragsarztes führe (Hinweis auf LSG Hessen, Urt. v. 4. November 2009 – L 4 KA 99/08 –, und vom 11. Februar 2009 – L 4 KA 82/07 –). Die Beklagte habe allerdings, was gerichtsbekannt sei, nicht nur im Falle des Klägers bei Erlass des Honorarbescheids Ziffer 7.5 HVV lediglich schematisch angewandt, ohne in die von Ziffer 7.5 HVV gebotene Einzelfallprüfung bei Überschreiten der 15 %-Grenze einzutreten. Nach Ziffer 7.5.2 Satz 4 und 5 HVV sei, wenn die Fallwertminderung mehr als 15 % betrage, eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Dabei müssten ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Als maßgebliche Kriterien nenne Ziffer 7.5.2 Satz 1 bis 3 HVV vergleichbare Praxisstrukturen; ausgeschlossen sei ein Ausgleich bei Nichterbringung (ausgewählter) Leistungsbereiche oder Veränderung des Leistungsspektrums der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis sowie der Kooperationsform der Praxis. Die Kammer halte diese Regelung für zulässig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen trügen dafür Sorge, dass nur EBM-bedingte, nicht aber solche Honorarverluste, für die der Vertragsarzt die Verantwortung selbst zu tragen habe, ausgeglichen würden. Der aktuelle Fallwert und der Fallwert des Vorjahresquartals müssten miteinander vergleichbar sein. Bei verändertem Leistungsspektrum der Praxis sei dies nicht mehr der Fall. Ebenso könnten veränderte Kooperationsformen eine Vergleichbarkeit ausschließen. Gleiches gelte für eine veränderte Berechnung des Honorars durch Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen, insbesondere sog. extrabudgetärer Leistungen. Im Gegensatz zu den von den Sozialgerichten beanstandeten Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5.1 Satz 3 HVV werde nicht das regulär nach dem HVV zustehende Honorar gekürzt, sondern es erfolge lediglich eine genauere Ursachenforschung und Berechnung der den Vertragsarzt begünstigenden Ausgleichsregelung. Die Regelung zur Beschränkung der Ausgleichsregelung sei damit selbst unmittelbarer Teil der Ausgleichsregelung im Sinne einer Härteregelung und vom Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien des HVV gedeckt. Von daher sei der Auffassung des Klägers nicht zu folgen, die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Befugnis zur Honorarkürzung verstoße gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses. Die Beklagte habe mit dem angefochtenen Berichtigungsbescheid die ursprünglich fehlerhafte Festsetzung des Ausgleichsbetrags zutreffend korrigiert. Sie habe im Einzelnen dargelegt, dass bei dem Kläger eine Änderung des Leistungsspektrums eingetreten sei, da Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr erbracht und diverse andere Leistungen (Briefe, Nr. 01601 EBM 2005 und konventionelle Radiologie) wesentlich weniger abgerechnet worden seien. Dieser Feststellung und der Berechnung des Berichtigungsbetrags sei der Kläger weder im Widerspruchs- noch Gerichtsverfahren entgegengetreten. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Berichtigung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trage, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gelte sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes hätten, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhten. Insbesondere im letztgenannten Fall müssten die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens seien aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i. V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 R -). Ein Vertrauen auf den Bestand des Honorarbescheids könne aber jedenfalls dann nicht bestehen, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen worden sei. Eine schnelle und möglichst umfassende Auskehrung der für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge entspreche vor allem auch der Interessenlage der Vertragsärzte; denn sie seien insbesondere wegen der Bestreitung der Praxiskosten regelmäßig auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Auch widerspreche die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Quartalshonorar über einen längeren Zeitraum hinweg dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (Hinweis auf BSG, Urt. v. 31. Oktober 2001 - B 6 KA 16/00 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Im Hinblick auf den Aufwand der Einzelfallprüfung zahlreicher Bescheide, die wegen des Rückkoppelungseffekts auf den Punktwert dann vor Erlass sämtlicher Honorarbescheide hätte durchgeführt werden müssen, hätte dies zu einer weiteren erheblichen Verzögerung der Honorarbescheide geführt. Auch begrenzt auf die lediglich betroffenen Ärzte hätte dies bei diesen zu einer erheblichen Verzögerung geführt. Insofern sei die Ausgangslage hier, da sie die gesamte Honorarbescheidung betroffen habe, vergleichbar mit Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung gewesen. Die Beklagte habe aber von Anfang an, also seit Geltung der Regelung der Ziffer 7.5 HVV, die Vertragsärzte ausdrücklich auf die nachträgliche Überprüfung hingewiesen. In den Quartalen II/05 bis II/06 habe sie in Begleitschreiben zu den Honorarbescheiden jeweils darauf hingewiesen, dass sie die Überprüfung aufgrund der 15 %-Regelung erst nachträglich vornehmen werde. Ab dem Quartal III/06 hat sie an den mit "Nachweis zur Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrages" überschriebenen Teil des Honorarbescheids den "Hinweis" angefügt: "Honorarzahlungen aus der sog. "Ausgleichsregelung" stehen ausschließlich bei den Praxen bzw. MVZ unter einem Vorbehalt, bei denen (vor Durchführung der sog. "Ausgleichsregelung") die Fallwertminderung mehr als 15 % beträgt." Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, die Berichtigung nachträglich vorzunehmen. Insofern stehe der nachträglichen Berichtigung auch Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV nicht entgegen. Zwar solle danach die Prüfung erfolgen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Der Sinn der Regelung liege insbesondere im Rückkoppelungseffekt auf den Punktwert bei einer fehlerhaften Festsetzung, da im Regelfall der Ausgleichsbetrag dem Honorartopf der Fachgruppe zu entnehmen sei und so zu einer Senkung des Punktwertes führe. Nur mittelbar diene diese Vorschrift dem Schutz des einzelnen Vertragsarztes. Im Übrigen könne davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kenne.
Gegen das am 17. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. März 2010 Berufung eingelegt.
Er wiederholt seine Auffassung, die Regelung in Ziffer 7.5 HVV verstoße gegen zwingende Vorgaben des Bewertungsausschusses in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumina und sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt. Es handele sich um eine unzulässige Honorarkürzung. Die Beklagte wende die Regelung auch nicht ordnungsgemäß an, weil sie eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung unterlasse und ungeprüft Zahlungen veranlasse. Im Hinblick auf die von der Beklagten selbst vorgegebene Reihenfolge (erst Prüfung und dann Auszahlung) habe er auf diese Zahlung vertrauen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Beklagte fordert von dem Kläger den Auffüllbetrag nach Ziffer 7.5.1 HVV in Höhe von 6.627,78 EUR zu Recht zurück.
Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass die bundesmantelvertraglichen Vorschriften der §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä die Beklagte zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide unabhängig davon berechtigen, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Vorliegend war der Honorarbescheid für das Quartal III/06 rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV bei dem Kläger nicht vorlagen. Denn bei dem Kläger war im Vergleich zum Referenzquartal eine Änderung des Leistungsspektrums eingetreten, da Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr und diverse andere Leistungen (Briefe, Nr. 01601 EBM 2005 und konventionelle Radiologie) wesentlich weniger erbracht worden waren. Auf die ausführlichen und überzeugenden Darlegungen des Sozialgerichts hierzu nimmt der Senat Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 3 SGG).
Die Auffassung des Klägers, Ziffer 7.5 HVV verstoße gegen zwingendes Recht, teilt der Senat nicht. Die Regelung ist lediglich insoweit unwirksam, als sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt (Urteil des Senats vom 24. Juni 2009, L 4 KA 85/08, bestätigt durch BSG, Urteil vom 18. August 2010, B 6 KA 27/09 R, Juris). Hingegen ist die Regelung nicht zu beanstanden, soweit sie im Sinne einer allgemeinen Härtefallregelung bei Fallwertverlusten von mehr als 5 % eine Begrenzung der Honorarminderung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % vorsieht (Urteil des Senats vom 4. November 2009, L 4 KA 99/08, Juris). Im Übrigen ist Ziffer 7.5 HVV die Rechtsgrundlage für die von der Beklagten nunmehr zurückgeforderte Ausgleichszahlung. Die von dem Kläger behauptete Rechtswidrigkeit der ihn begünstigenden Regelung der Ziffer 7.5 HVV hätte somit zur Folge, dass es bereits anfänglich an einer Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Ausgleichszahlung gefehlt hätte.
Vertrauensschutzgründe stehen der Rückforderung der Beklagten nicht entgegen. Das Sozialgericht hat unter Darlegung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG zutreffend ausgeführt, dass ein Vertrauen auf den Bestand des Honorarbescheids jedenfalls dann nicht bestehen kann, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen worden ist. Das war vorliegend der Fall, denn der Honorarbescheid für das Quartal III/06 enthielt einen Vorbehalt hinsichtlich einer Überprüfung in Bezug auf die Fallwertminderung. Damit konnte ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV nicht entstehen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen in der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kennen und daher in vielen Fällen wissen wird, dass eingetretene Fallwertverluste ihren Grund (auch) in seinem veränderten Leistungsverhalten haben. Gerade im Fall einer wesentlichen Änderung des eigenen Leistungsspektrums muss der Vertragsarzt aber damit rechnen, dass die Voraussetzungen für Ausgleichszahlungen nach Ziffer 7.5.1 HVV, die ausdrücklich der "Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000plus" dienen, nicht erfüllt sind. Eine solche wesentliche Änderung des Leistungsspektrums lag im Fall des Klägers vor, der im Quartal III/05 die Leistungen nach den Ziffern 18311 EBM (Behandlung/Diagnostik Erkrankungen Stütz-/Bewegungsapparat) 279-mal, die Leistung nach Ziffer 18331 EBM (Behandlung/Diagnostik degenerativer Erkrankungen) 188mal erbrachte und diese Leistungen im Quartal III/06 vollständig eingestellt hat.
Aus diesem Grunde ist es auch unbeachtlich, dass die Beklagte die Zahlung nach Ziffer 7.5.1 HVV veranlasst hat, ohne die nach Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV gebotene vorherige Überprüfung hinsichtlich der Gründe für den Fallwertverlust von mehr als 15 % durchzuführen. Das Unterlassen dieser Prüfung stellt zwar einen Verfahrensfehler dar, der aber wegen des ausdrücklichen Hinweises der Beklagten auf den Vorbehalt der nachträglichen Überprüfung bei dem Kläger kein Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung begründen konnte, ganz unabhängig davon, ob er die Verfahrensregelung in Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV überhaupt kannte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 6.627,28 EUR festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Berichtigung des Honorarbescheids für das Quartal III/06 und hierbei um die Rückforderung des Auffüllbetrages aufgrund der Regelung nach Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrags (HVV).
Der Kläger ist als Facharzt für Orthopädie mit Praxissitz in A-Stadt zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit Honorarbescheid vom 17. März 2007 setzte die Beklagte für das Quartal III/06 das Nettohonorar des Klägers auf 34.842,36 EUR fest. Auf den Primär- und Ersatzkassenbereich entfielen bei 896 Behandlungsfällen brutto 34.984,60 EUR. Im Rahmen der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV betrug der Referenzfallwert 40,6976 EUR, der aktuelle Fallwert 31, 2.115,00 EUR und der Auffüllbetrag pro Fall 7, 3.971,00 EUR. Dies führte bei 896 Fällen zu einem Ausgleichsbetrag in Höhe von 6.627,78 EUR.
Mit Bescheid vom 17. März 2008 nahm die Beklagte eine Rückforderung des Auffüllbetrages in Höhe von 6.627,78 EUR abzüglich Verwaltungskosten vor. Zur Begründung führte sie aus, bei einer Fallwertminderung von mehr als 15 % sei eine Überprüfung der Ursachen nach dem Honorarverteilungsvertrag im Einzelfall vorgeschrieben. Sie habe bereits in den jeweiligen Begleitschreiben zu den Honorarunterlagen der Quartale II/05 bis II/06 beziehungsweise in der Anmerkung auf dem Nachweisbogen zur Ausgleichsregelung in den Quartalen ab III/06 darauf hingewiesen, dass bei Fallwertminderungen von mehr als 15% im aktuellen Quartal gegenüber dem Ausgangsquartal III/05 die geleisteten Zahlungen im Rahmen der so genannten Ausgleichsregelung unter dem Vorbehalt einer einzelfallbezogenen Prüfung stünden. In Bezug auf den Kläger habe sie festgestellt, dass im aktuellen Quartal gegenüber dem Ausgangsquartal im Bereich der diagnostischen und therapeutischen orthopädischen Leistungen keine Zusatzpauschalen für die Behandlung/Diagnostik für Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates beziehungsweise von degenerativen Erkrankungen der Wirbelsäule (Nr. 18311, 18331 EBM 2005) mehr abgerechnet worden seien. Eine Vergleichbarkeit der Leistungsspektren der genannten Quartale sei aufgrund dieses Sachverhalts nicht mehr gegeben.
Hiergegen legte der Kläger am 12. April 2008 Widerspruch ein und machte geltend, der HVV entspreche weder den Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V noch den Vorgaben des Beschlusses des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004. Der HVV sehe nicht die von § 85 Abs. 4 S. 7 SGB V geforderten arztgruppenspezifischen Grenzwerte vor. Es fehle auch an einer Restleistungsvergütungsregelung für von verschiedenen Töpfen nicht umfasste sonstige Leistungen. Da somit der Honorarverteilungsvertrag der Beklagten, der dem Rückforderungsverlangen zu Grunde liege, rechtswidrig sei, könne der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht auf dessen Ziffer 7.5 gestützt werden.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 29. Juli 2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie darin aus, sie habe die Vorgaben des Bewertungsausschusses in dem Honorarverteilungsvertrag umgesetzt. Gemäß Ziffer 7.5.1 Honorarverteilungsvertrag könne zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen die im HVV vorgesehene Regelung zur Vermeidung von Fallwertverlusten zur Anwendung kommen. Insoweit werde nach Vorlage des Abrechnungsergebnisses im aktuellen Quartal eine fallbezogene Überprüfung, soweit es sich um Leistungen nach dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung handele, im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal vorgenommen. Weiche der Fallwert dabei um mehr als 5 % nach oben oder nach unten ab, könne ein Ausgleich im Sinne der Auffüllung bei Abweichungen von mehr als 5 % nach unten (bis zu einer Differenz von 5 %) bzw. alternativ einer Kappung des Fallwertzuwachses bei einem Wachstum von mehr als 5 % nach oben erfolgen. Ein Ausgleich von Fallwertminderungen erfolge grundsätzlich nur auf Basis vergleichbarer Praxisstrukturen. Ein Ausgleich sei auch dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht würden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis u. a. aufgrund Änderung einer personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert habe. Er sei des Weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert habe. Betrage die Fallwertminderung mehr als 15 %, sei eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf diese Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % müssten vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Bei dem Kläger liege eine Änderung des Leistungsspektrums vor, da die Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr erbracht worden seien. Dies entspreche einem Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen von 14,6 %. Daneben sei der Fallwertverlust auch auf die Reduzierung von diversen anderen Leistungen zurückzuführen. So seien Briefe (Nr. 01601 EBM 2005) im Ausgangsquartal III/05 709 mal, im aktuellen Quartal III/06 nur noch 214-mal abgerechnet worden. Dies stelle einen Anteil am Gesamtpunktzahlvolumen von 5,8 % dar. Des Weiteren sei ein Rückgang im Leistungsbereich der konventionellen Radiologie zu verzeichnen. So habe der Kläger im Quartal III/05 82-mal Leistungen der konventionellen Radiologie abgerechnet, im Quartal III/06 dagegen lediglich 15-mal. Aufgrund dieses Sachverhalts seien die Voraussetzungen zur Teilnahme an der Ausgleichsregelung nicht erfüllt.
Hiergegen hat der Kläger am 3. September 2009 Klage zum Sozialgericht Marburg erhoben und unter Hinweis auf das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 29. April 2009 (L 4 KA 80/08) vorgetragen, die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Befugnis zur Honorarkürzung verstoße gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses. Im Übrigen verhalte sich die Beklagte widersprüchlich. Sie hätte vor der Vornahme einer Ausgleichszahlung eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung vornehmen müssen. Die Beklagte habe diese Überprüfung augenscheinlich unterlassen und ungeprüft eine Zahlung an ihn veranlasst. Diese Umstände könnten nicht zu seinen Lasten gehen. Er habe darauf vertrauen dürfen, den nunmehr zurückgeforderten Betrag behalten zu dürfen.
Mit Urteil vom 10. Februar 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es obliege nach § 45 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) bzw. § 34 des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ä) der Beklagten, die vom Vertragsarzt eingereichten Honoraranforderungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. zu berichtigen. Die bundesmantelvertraglichen Vorschriften berechtigten die KV generell zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide und differenzierten nicht danach, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit falle. Ein Fehler der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Honorarbescheides und damit seine Unrichtigkeit sei daher auch gegeben, wenn diese auf Gründen beruhe, die nicht dem Verantwortungsbereich des Vertragsarztes zuzurechnen seien (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 R - SozR 4-2500 § 85 Nr. 11). Der ursprüngliche Honorarbescheid für das Quartal III/06 sei rechtswidrig gewesen, soweit die Beklagte die sog. Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 der Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und den Verbänden der Krankenkassen zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005, bekannt gemacht als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 10. November 2005 (HVV), die insoweit bis zum Quartal I/07 fortgeführt worden sei, angewandt habe. Im Einzelnen habe Ziffer 7.5 HVV bestimmt:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt.
Zeigt der Fallwertvergleich eine Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5 % (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004), so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 %. Die für eine Stützung bei Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte auf einen Zuwachs von 5 % resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5 % steigen, führt dies zu keinem weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5 % erfolgt grundsätzlich auf der Basis vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis, verändert hat. Er ist des Weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2 Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr als 15 %, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom 29. Oktober 2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen Honorar(unter)gruppe belassen.
Ziffer 7.5 HVV sei grundsätzlich rechtmäßig, soweit sie im Sinne einer Härtefallregelung zur Begünstigung eines Vertragsarztes führe (Hinweis auf LSG Hessen, Urt. v. 4. November 2009 – L 4 KA 99/08 –, und vom 11. Februar 2009 – L 4 KA 82/07 –). Die Beklagte habe allerdings, was gerichtsbekannt sei, nicht nur im Falle des Klägers bei Erlass des Honorarbescheids Ziffer 7.5 HVV lediglich schematisch angewandt, ohne in die von Ziffer 7.5 HVV gebotene Einzelfallprüfung bei Überschreiten der 15 %-Grenze einzutreten. Nach Ziffer 7.5.2 Satz 4 und 5 HVV sei, wenn die Fallwertminderung mehr als 15 % betrage, eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Dabei müssten ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15 % vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2005 haben. Als maßgebliche Kriterien nenne Ziffer 7.5.2 Satz 1 bis 3 HVV vergleichbare Praxisstrukturen; ausgeschlossen sei ein Ausgleich bei Nichterbringung (ausgewählter) Leistungsbereiche oder Veränderung des Leistungsspektrums der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis sowie der Kooperationsform der Praxis. Die Kammer halte diese Regelung für zulässig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen trügen dafür Sorge, dass nur EBM-bedingte, nicht aber solche Honorarverluste, für die der Vertragsarzt die Verantwortung selbst zu tragen habe, ausgeglichen würden. Der aktuelle Fallwert und der Fallwert des Vorjahresquartals müssten miteinander vergleichbar sein. Bei verändertem Leistungsspektrum der Praxis sei dies nicht mehr der Fall. Ebenso könnten veränderte Kooperationsformen eine Vergleichbarkeit ausschließen. Gleiches gelte für eine veränderte Berechnung des Honorars durch Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen, insbesondere sog. extrabudgetärer Leistungen. Im Gegensatz zu den von den Sozialgerichten beanstandeten Honorarkürzungen nach Ziffer 7.5.1 Satz 3 HVV werde nicht das regulär nach dem HVV zustehende Honorar gekürzt, sondern es erfolge lediglich eine genauere Ursachenforschung und Berechnung der den Vertragsarzt begünstigenden Ausgleichsregelung. Die Regelung zur Beschränkung der Ausgleichsregelung sei damit selbst unmittelbarer Teil der Ausgleichsregelung im Sinne einer Härteregelung und vom Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien des HVV gedeckt. Von daher sei der Auffassung des Klägers nicht zu folgen, die in Ziffer 7.5 HVV geregelte Befugnis zur Honorarkürzung verstoße gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses. Die Beklagte habe mit dem angefochtenen Berichtigungsbescheid die ursprünglich fehlerhafte Festsetzung des Ausgleichsbetrags zutreffend korrigiert. Sie habe im Einzelnen dargelegt, dass bei dem Kläger eine Änderung des Leistungsspektrums eingetreten sei, da Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr erbracht und diverse andere Leistungen (Briefe, Nr. 01601 EBM 2005 und konventionelle Radiologie) wesentlich weniger abgerechnet worden seien. Dieser Feststellung und der Berechnung des Berichtigungsbetrags sei der Kläger weder im Widerspruchs- noch Gerichtsverfahren entgegengetreten. Vertrauensschutzgesichtspunkte stünden der Berichtigung nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei die umfassende Berichtigungsbefugnis der KV, die den Besonderheiten und Erfordernissen der Honorarverteilung Rechnung trage, im Hinblick auf den gebotenen Vertrauensschutz der Vertragsärzte zu begrenzen. Das gelte sowohl für Unrichtigkeiten, die ihre Ursache in der Sphäre des Vertragsarztes hätten, wie auch bei solchen, die auf Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung, insbesondere der Unwirksamkeit der ihr zu Grunde liegenden Vorschriften, beruhten. Insbesondere im letztgenannten Fall müssten die Interessen des einzelnen Arztes an der Kalkulierbarkeit seiner Einnahmen aus vertragsärztlicher Tätigkeit einerseits und die Angewiesenheit der KV auf die Weitergabe nachträglicher Änderungen der rechtlichen Grundlagen der Honorarverteilung an alle Vertragsärzte andererseits zu einem sachgerechten Ausgleich gebracht werden. In der Konstellation einer individuell fehlerhaften Rechtsanwendung der KV bei Erlass des ursprünglichen Honorarbescheides können Honorarberichtigungen nach den einschlägigen bundesmantelvertraglichen Vorschriften über die nachträgliche Korrektur von anfänglich rechtswidrigen Honorarbescheiden durchgeführt werden, im Rahmen des Berichtigungsverfahrens seien aber die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i. V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (Hinweis auf BSG, Urt. v. 30. Juni 2004 - B 6 KA 34/03 R -). Ein Vertrauen auf den Bestand des Honorarbescheids könne aber jedenfalls dann nicht bestehen, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen worden sei. Eine schnelle und möglichst umfassende Auskehrung der für die Honorarverteilung zur Verfügung stehenden Beträge entspreche vor allem auch der Interessenlage der Vertragsärzte; denn sie seien insbesondere wegen der Bestreitung der Praxiskosten regelmäßig auf eine möglichst kurze Zeitspanne zwischen Leistungserbringung und Leistungshonorierung angewiesen. Auch widerspreche die Zahlung lediglich von Abschlägen auf das voraussichtliche Quartalshonorar über einen längeren Zeitraum hinweg dem berechtigten Interesse der Ärzte an einer Kalkulierbarkeit ihrer Einnahmen (Hinweis auf BSG, Urt. v. 31. Oktober 2001 - B 6 KA 16/00 R -, SozR 3-2500 § 85 Nr. 42). Im Hinblick auf den Aufwand der Einzelfallprüfung zahlreicher Bescheide, die wegen des Rückkoppelungseffekts auf den Punktwert dann vor Erlass sämtlicher Honorarbescheide hätte durchgeführt werden müssen, hätte dies zu einer weiteren erheblichen Verzögerung der Honorarbescheide geführt. Auch begrenzt auf die lediglich betroffenen Ärzte hätte dies bei diesen zu einer erheblichen Verzögerung geführt. Insofern sei die Ausgangslage hier, da sie die gesamte Honorarbescheidung betroffen habe, vergleichbar mit Fehlern bei den generellen Grundlagen der Honorarverteilung gewesen. Die Beklagte habe aber von Anfang an, also seit Geltung der Regelung der Ziffer 7.5 HVV, die Vertragsärzte ausdrücklich auf die nachträgliche Überprüfung hingewiesen. In den Quartalen II/05 bis II/06 habe sie in Begleitschreiben zu den Honorarbescheiden jeweils darauf hingewiesen, dass sie die Überprüfung aufgrund der 15 %-Regelung erst nachträglich vornehmen werde. Ab dem Quartal III/06 hat sie an den mit "Nachweis zur Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 des Honorarverteilungsvertrages" überschriebenen Teil des Honorarbescheids den "Hinweis" angefügt: "Honorarzahlungen aus der sog. "Ausgleichsregelung" stehen ausschließlich bei den Praxen bzw. MVZ unter einem Vorbehalt, bei denen (vor Durchführung der sog. "Ausgleichsregelung") die Fallwertminderung mehr als 15 % beträgt." Die Beklagte sei auch berechtigt gewesen, die Berichtigung nachträglich vorzunehmen. Insofern stehe der nachträglichen Berichtigung auch Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV nicht entgegen. Zwar solle danach die Prüfung erfolgen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolge. Der Sinn der Regelung liege insbesondere im Rückkoppelungseffekt auf den Punktwert bei einer fehlerhaften Festsetzung, da im Regelfall der Ausgleichsbetrag dem Honorartopf der Fachgruppe zu entnehmen sei und so zu einer Senkung des Punktwertes führe. Nur mittelbar diene diese Vorschrift dem Schutz des einzelnen Vertragsarztes. Im Übrigen könne davon ausgegangen werden, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kenne.
Gegen das am 17. Februar 2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 8. März 2010 Berufung eingelegt.
Er wiederholt seine Auffassung, die Regelung in Ziffer 7.5 HVV verstoße gegen zwingende Vorgaben des Bewertungsausschusses in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumina und sei nicht von der Ermächtigungsgrundlage in § 85 Abs. 4 SGB V gedeckt. Es handele sich um eine unzulässige Honorarkürzung. Die Beklagte wende die Regelung auch nicht ordnungsgemäß an, weil sie eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung unterlasse und ungeprüft Zahlungen veranlasse. Im Hinblick auf die von der Beklagten selbst vorgegebene Reihenfolge (erst Prüfung und dann Auszahlung) habe er auf diese Zahlung vertrauen können.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 10. Februar 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. März 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juli 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das Urteil des Sozialgerichts.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Das Urteil des Sozialgerichts ist nicht zu beanstanden. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Die Beklagte fordert von dem Kläger den Auffüllbetrag nach Ziffer 7.5.1 HVV in Höhe von 6.627,78 EUR zu Recht zurück.
Das Sozialgericht hat zutreffend dargelegt, dass die bundesmantelvertraglichen Vorschriften der §§ 45 BMV-Ä, 34 EKV-Ä die Beklagte zur Rücknahme rechtswidriger Honorarbescheide unabhängig davon berechtigen, in wessen Verantwortungsbereich die sachlich-rechnerische Unrichtigkeit fällt. Vorliegend war der Honorarbescheid für das Quartal III/06 rechtswidrig, weil die Voraussetzungen der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV bei dem Kläger nicht vorlagen. Denn bei dem Kläger war im Vergleich zum Referenzquartal eine Änderung des Leistungsspektrums eingetreten, da Leistungen nach Nr. 18311 und 18331 EBM 2005 im Quartal III/06 von ihm nicht mehr und diverse andere Leistungen (Briefe, Nr. 01601 EBM 2005 und konventionelle Radiologie) wesentlich weniger erbracht worden waren. Auf die ausführlichen und überzeugenden Darlegungen des Sozialgerichts hierzu nimmt der Senat Bezug und sieht von einer weiteren Begründung ab (§ 153 Abs. 3 SGG).
Die Auffassung des Klägers, Ziffer 7.5 HVV verstoße gegen zwingendes Recht, teilt der Senat nicht. Die Regelung ist lediglich insoweit unwirksam, als sie eine Honorarkürzung bei einer Fallwerterhöhung im Vergleich zum Referenzquartal um mehr als 5 % bestimmt (Urteil des Senats vom 24. Juni 2009, L 4 KA 85/08, bestätigt durch BSG, Urteil vom 18. August 2010, B 6 KA 27/09 R, Juris). Hingegen ist die Regelung nicht zu beanstanden, soweit sie im Sinne einer allgemeinen Härtefallregelung bei Fallwertverlusten von mehr als 5 % eine Begrenzung der Honorarminderung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5 % vorsieht (Urteil des Senats vom 4. November 2009, L 4 KA 99/08, Juris). Im Übrigen ist Ziffer 7.5 HVV die Rechtsgrundlage für die von der Beklagten nunmehr zurückgeforderte Ausgleichszahlung. Die von dem Kläger behauptete Rechtswidrigkeit der ihn begünstigenden Regelung der Ziffer 7.5 HVV hätte somit zur Folge, dass es bereits anfänglich an einer Rechtsgrundlage für die von der Beklagten vorgenommene Ausgleichszahlung gefehlt hätte.
Vertrauensschutzgründe stehen der Rückforderung der Beklagten nicht entgegen. Das Sozialgericht hat unter Darlegung der einschlägigen Rechtsprechung des BSG zutreffend ausgeführt, dass ein Vertrauen auf den Bestand des Honorarbescheids jedenfalls dann nicht bestehen kann, wenn der Vertragsarzt ausdrücklich unter Nennung der Gründe auf die Vorläufigkeit der Festsetzung hingewiesen worden ist. Das war vorliegend der Fall, denn der Honorarbescheid für das Quartal III/06 enthielt einen Vorbehalt hinsichtlich einer Überprüfung in Bezug auf die Fallwertminderung. Damit konnte ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Ausgleichszahlung nach Ziffer 7.5 HVV nicht entstehen. Im Übrigen hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vertragsarzt wenigstens im Ansatz die Veränderungen in der Leistungsstruktur oder die Einschließung oder Ausschließung von Vergütungsanteilen bei der Berechnung der zu vergleichenden Fallwerte kennen und daher in vielen Fällen wissen wird, dass eingetretene Fallwertverluste ihren Grund (auch) in seinem veränderten Leistungsverhalten haben. Gerade im Fall einer wesentlichen Änderung des eigenen Leistungsspektrums muss der Vertragsarzt aber damit rechnen, dass die Voraussetzungen für Ausgleichszahlungen nach Ziffer 7.5.1 HVV, die ausdrücklich der "Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen im Zusammenhang mit der Einführung des EBM 2000plus" dienen, nicht erfüllt sind. Eine solche wesentliche Änderung des Leistungsspektrums lag im Fall des Klägers vor, der im Quartal III/05 die Leistungen nach den Ziffern 18311 EBM (Behandlung/Diagnostik Erkrankungen Stütz-/Bewegungsapparat) 279-mal, die Leistung nach Ziffer 18331 EBM (Behandlung/Diagnostik degenerativer Erkrankungen) 188mal erbrachte und diese Leistungen im Quartal III/06 vollständig eingestellt hat.
Aus diesem Grunde ist es auch unbeachtlich, dass die Beklagte die Zahlung nach Ziffer 7.5.1 HVV veranlasst hat, ohne die nach Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV gebotene vorherige Überprüfung hinsichtlich der Gründe für den Fallwertverlust von mehr als 15 % durchzuführen. Das Unterlassen dieser Prüfung stellt zwar einen Verfahrensfehler dar, der aber wegen des ausdrücklichen Hinweises der Beklagten auf den Vorbehalt der nachträglichen Überprüfung bei dem Kläger kein Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung begründen konnte, ganz unabhängig davon, ob er die Verfahrensregelung in Ziffer 7.5.2 Satz 4 HVV überhaupt kannte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.
Gründe für die Zulassung der Revision lagen nicht vor.
Rechtskraft
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