Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 5 AS 1619/11 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 638/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird – unter Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 28. November 2011 – die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 20. Oktober 2011 (in Verbindung mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011, soweit dieser für die Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Januar 2012 die Bewilligung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 0,00 Euro vorsieht) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 angeordnet; der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in gesetzlicher Höhe – für die Zeit vom 1. November 2011 bis 30. November 2011 beschränkt auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung, für die Zeit ab 1. Dezember 2011 bis zu einer Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache, längstens bis 31. Januar 2012 in vollem Umfang – zu gewähren.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
IV. Der Antragstellerin wird für den Beschwerderechtszug Prozesskostenhilfe ohne Pflicht zur Ratenzahlung unter Beiordnung von RA B., A-Stadt, bewilligt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – im Hinblick auf eine mögliche Pflichtverletzung der Antragstellerin nach § 31 SGB II.
Die 1988 geborene Antragstellerin schloss eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten im Jahre 2008 erfolgreich ab und arbeitete anschließend in ihrem Ausbildungsberuf. Nachdem sie arbeitslos geworden war, bewilligte ihr die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) –Arbeitsförderung – für 360 Kalendertage ab dem 16. Juni 2010. Unter dem 12. Juli 2010 beantragte sie ergänzend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Antragsgegner gewährte ihr daraufhin Wohnungsbeschaffungskosten, Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung und zunächst ohne, später mit Bescheid – laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Auf Grund einer zwischen den Beteiligten geschlossenen Eingliederungsvereinbarung wies der Antragsgegner die Antragstellerin für die Zeit vom 14. Januar 2011 bis 13. April 2011 einem Vermittlungscoaching bei der Fa. C. zu. Die Maßnahme wurde, nachdem die Antragstellerin nach ihren Angaben an Grippe erkrankte und mehrere Maßnahmetermine versäumt hatte, im März 2011 beendet. Im Rahmen der Maßnahme wurde u.a. von der Antragstellerin eine Musterbewerbung erstellt.
Am 2. Mai 2011 stellte die Antragstellerin (erneut) einen Fortzahlungsantrag. Am gleichen Tage schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung für die Zeit bis 1. November 2011. Diese sah u.a. vor, dass die Antragstellerin monatlich mindestens zehn ‚Bewerbungsbemühungen unternehme’. Sie habe monatlich (auch ohne Einladung) bis zum letzten Tag eines Monats Nachweise über ihre Eigenbemühungen vorzulegen. Außerdem habe sie sich zeitnah, spätestens am dritten Tage nach Erhalt eines Stellangebots, auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners bzw. der Agentur für Arbeit zu bewerben. Wegen weiterer Einzelheiten und der in die Eingliederungsvereinbarung einbezogenen Rechtsfolgenbelehrung wird auf Bl. 29 f. der Vermittlungsakte des Antragsgegners (im Folgenden: VA) verwiesen.
Ebenfalls am 2. Mai 2011 schlug der Antragsgegner der Antragstellerin (u.a.) eine Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte bei der Praxis für Zahnheilkunde D. vor. Die Antragstellerin bewarb sich mit handgeschriebenem Schreiben vom 3. Mai 2011; insoweit wird auf das Schreiben Bl. 37 f. VA Bezug genommen. Der potentielle Arbeitgeber hielt die Antragstellerin auf Grund des Bewerbungsschreibens für ungeeignet; ein Beschäftigungsverhältnis kam nicht zustande.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 kündigte die Antragstellerin die Eingliederungsvereinbarung, u.a. weil sie sich durch diese einseitig benachteiligt sah. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 32 VA Bezug genommen. Der Antragsgegner wies die Kündigung durch Schreiben vom 8. Juni 2011 zurück. Weder liege eine wesentliche Veränderung der beim Vertragsschluss maßgeblichen Verhältnisse vor, so dass ein Kündigungsrecht aus § 59 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht bestehe, noch seien rechtswidrige Vertragsbestandteile vorhanden. Mit Schreiben vom gleichen Tage hörte er die Antragstellerin zudem wegen einer Absenkung bzw. des Wegfalls des Arbeitslosengeldes II im Hinblick auf das nicht zustande gekommene Beschäftigungsverhältnis mit der Praxis für Zahnheilkunde D. an.
Bereits mit Bescheid vom 13. Mai 2011 hatte der Antragsgegner Arbeitslosengeld II in Höhe von 260,74 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. Oktober 2011 bewilligt und diese Bewilligung durch Bescheid vom 24. Mai 2011 im Hinblick auf das Auslaufen des Arbeitslosengeldes nach dem SGB III für Juni 2011 auf 576,49 Euro und für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Oktober 2011 auf 892,24 Euro monatlich erhöht.
Mit Schreiben vom 10. August 2011 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin erneut wegen einer Absenkung bzw. des Wegfalls des Arbeitslosengeldes II an, nunmehr da die Antragstellerin entgegen ihrer Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 ihre Eigenbemühungen im Monat Juli 2011 nicht nachgewiesen habe. Die Antragstellerin machte daraufhin geltend, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, die "geforderten Auflagen" zu erfüllen. Dazu legte sie ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. E. vom 25. August 2011 über rezidivierende Gastroenterokolitiden vor. Danach sei sie "zur Zeit" nicht vermittlungsfähig. Außerdem reichte sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin F. für die Zeit vom 21. Juli 2011 bis 5. August 2011 zu den Akten.
Durch Bescheid vom 12. August 2011 beschränkte der Antragsgegner sodann das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Antragstellerin habe auf Grund der von ihr gewählten Form der Bewerbung (handschriftlich und unleserlich) bei der Zahnarztpraxis D. bewusst einer Einstellung entgegengewirkt. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 18. August 2011 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. September 2011). Einen ersten diesbezüglich gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wies das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) durch Beschluss vom 7. September 2011 zurück; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 17 ff. der beigezogenen Gerichtsakte S 5 AS 1141/11 ER verwiesen. Parallel zu der mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28. September 2011 erhobenen Klage stellte die Antragstellerin erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auch diesen lehnte das SG ab; auf den Beschluss vom 2. November 2011 (Bl. 58 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren des SG zum Az. S 5 AS 1378/11 ER bzw. des Senats zum Verfahren L 7 AS 606/11 B ER) wird Bezug genommen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat die Antragstellerin am 30. November 2011 für erledigt erklärt, nachdem der dem hiesigen Verfahren zugrunde liegende weitere Bescheid vom 20. Oktober 2011 ergangen war.
Mit diesem Bescheid stellte der Antragsgegner fest, dass der Anspruch der Antragstellerin auf Arbeitslosengeld II vollständig entfallen sei, da sie für den Monat Juli 2011 keine Bewerbungsbemühungen nachgewiesen habe. Bereits mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 hatte er in Übereinstimmung hiermit für die Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Januar 2012 Leistungen in Höhe von 0,00 Euro "bewilligt", für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 30. April 2012 in Höhe von 901,24 Euro.
Der Antragsgegner ließ die Antragstellerin zudem durch Dr. G. vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit A-Stadt untersuchen; im daraufhin erstellten Gutachten vom 25. Oktober 2011 kam Dr. G. zu dem Ergebnis, die Antragstellerin könne – bei bestimmten qualitativen Einschränkungen – vollschichtig beruflich tätig sein. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 158 ff. VA verwiesen.
Die Antragstellerin legte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. Oktober 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 ein. Zur Begründung machte sie geltend, der Bescheid sei willkürlich und diene dazu, sie gefügig zu machen. Zudem sei die Form der Bewerbungsbemühungen, die von ihr verlangt würden, nicht hinreichend bestimmt. Weiter verwies sie insbesondere auf ihre multiplen Erkrankungen. So habe sie sich wegen eines depressiven Schubs im Juli nicht bewerben können. Auch habe der Antragsgegner nicht – wie dies im Rahmen eines Profilings seine Pflicht sei – vor Abschluss der Eingliederungsvereinbarung zunächst abgeklärt, für welche Beschäftigungen sie überhaupt noch in Frage komme. Dementsprechend habe er nicht geprüft, welche Maßnahmen überhaupt notwendig und geeignet seien, um eine Vermittlung der Antragstellerin zu erreichen. Zudem liege keine zweite Pflichtverletzung vor, da der Bescheid wegen der angeblichen Pflichtverletzung vom 3. Mai 2011 noch nicht rechtskräftig sei. Im Übrigen fehle es an einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung. Schließlich verletze die Sanktion ihre Grundrechte. Ihr drohe wegen der ausgesprochenen Sanktion Obdachlosigkeit; der Vermieter habe den Ausspruch einer fristlosen Kündigung bereits angekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 38 ff. der Gerichtsakte (im Folgenden: GA) zum hiesigen Verfahren verwiesen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er insbesondere aus, Nachweise für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin lägen nicht vor. Vielmehr habe der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit attestiert, dass sie vollschichtig erwerbsfähig sei. Entgegen der Ausführungen der Antragstellerin handele es sich vorliegend um eine wiederholte Pflichtverletzung, die entsprechend § 31a Abs. 2 S. 2 SGB II zu sanktionieren sei. Eine wiederholte Pflichtverletzung gemäß § 31a Abs. 1 S. 4 und 5 SGB II liege vor, wenn zuvor bereits eine Minderung festgestellt worden sei und der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliege. Mit Bescheid vom 12. August 2001 sei bereits ein erstes Sanktionsereignis festgestellt worden. Die Bestandskraft dieses Bescheides, der vorläufig vollziehbar sei, sei nicht notwendig, um eine wiederholte Pflichtverletzung festzustellen.
Die Antragstellerin hat daraufhin unter dem 16. November 2011 Klage erhoben – beim SG anhängig unter dem Aktenzeichen S 5 AS 1626/11 – und mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage, gestützt auf die bereits im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Gründe, einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ergänzend hat sie ein Attest von Dr. E. vom 21. Oktober 2011 über die bei ihr vorliegenden Erkrankungen zu den Akten gereicht. Diesbezüglich wird auf Bl. 49 GA verwiesen.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss vom 28. November 2011 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Falle gehe die im Rahmen von § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Es seien keine durchgreifenden Gründe dafür erkennbar, dass die gegen den Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 gerichtete Klage Aussicht auf Erfolg haben könnte. Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II verletzten erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigerten, in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Nach Satz 2 der Vorschrift gelte dies nicht, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlege und nachweise. Gemäß § 31a Abs. 2 S. 2 SGB II entfalle bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, das Arbeitslosengeld II bei wiederholter Pflichtverletzung nach § 31 SGB II vollständig. Im vorliegenden Falle habe die Antragstellerin ihre in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 übernommene Verpflichtung, monatlich bis Monatsende Nachweise über ihre Eigenbemühungen vorzulegen, jedenfalls für den Monat Juli 2011 nicht erfüllt. Die Rechtsfolgen seien ihr jedenfalls aus der in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 enthaltenen schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung bekannt gewesen. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II sei von ihr nicht nachgewiesen worden. Sie berufe sich dazu auf gesundheitliche Gründe. Aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und dem Gutachten des Amtsärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit A-Stadt vom 25. Oktober 2011 werde jedoch nur erkennbar, dass sie gesundheitlich beeinträchtigt sei; die medizinischen Unterlagen seien jedoch nicht geeignet, einen wichtigen Grund für das Verhalten der Antragstellerin zu belegen. Die Auffassung, dem Antragsgegner sei die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung bekannt gewesen und er habe daher die Pflicht gehabt, vor deren Abschluss zunächst festzustellen, inwieweit und für welche Tätigkeiten die Antragstellerin überhaupt noch geeignet sei, teile die Kammer nicht. Die dem Antragsgegner zum damaligen Zeitpunkt bekannten Umstände seien nicht so schwerwiegend gewesen, dass er sich hätte veranlasst sehen müssen, entsprechende Feststellungen zu treffen. Der Sanktionsbescheid sei weiter nicht deswegen rechtswidrig, weil die in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 festgelegte Form der Bewerbung unbestimmt und unerfüllbar gewesen oder der Antragstellerin keine Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden wäre. Das Gericht teile auch nicht die Auffassung der Antragstellerin, es liege keine zweite Pflichtverletzung vor, weil gegen den Sanktionsbescheid vom 12. August 2011 Widerspruch und Klage erhoben worden und dieser daher nicht bestandskräftig sei. Zwar setze eine wiederholte Pflichtverletzung voraus, dass eine erste Sanktion bereits festgestellt sei. Dies sei hier durch den Bescheid vom 12. August 2011 geschehen. Das Vorliegen eines bereits bestandskräftigen Absenkungsbescheides sei dagegen keine Voraussetzung für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung. Die Kammer gehe schließlich auch nicht von der Verfassungswidrigkeit von §§ 31 ff. SGB II aus. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 52 ff. GA Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat daraufhin am 29. November 2011 Beschwerde eingelegt, wobei sie an den bereits im Widerspruchs- und im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Gründen festhält. Diesbezüglich wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 75 ff. GA verwiesen. Dabei hat sie ein weiteres ärztliches Attest, nämlich des Arztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie H. vom 24. Oktober 2011 eingereicht. Danach sei sie dort seit dem 2. September 2011 wegen einer Dysmorphie bei Zustand nach traumatischen Belastungen in psychotherapeutischer Behandlung; auf Bl. 153 GA wird Bezug genommen.
Unter dem 7. Dezember 2011 hat die Antragstellerin antragserweiternd geltend gemacht, der Antragsgegner möge verpflichtet werden, alle Kosten, die auf Grund der durch die Sanktion vom 20. Oktober 2011 ausgelösten Mietrückstände für die Wohnung der Antragstellerin entstanden seien oder zukünftig entstehen würden, vollumfänglich zu zahlen. Diesen Antrag hat sie mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2011 wieder zurückgenommen.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Verbindung mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 anzuordnen und
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 31. Januar 2012 in vollem Umfang zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Beschluss.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren wie auch zu den Verfahren des Senats zum Aktenzeichen L 7 AS 606/11 B ER (erstinstanzlich S 5 AS 1378/11 ER) und des SG Frankfurt am Main zum Aktenzeichen S 5 AS 1141/11 ER sowie der Leistungs- wie auch der Vermittlungsakte des Antragsgegners, die dem Senat vorlagen, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und überwiegend begründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Verbindung mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 (soweit darin die Minderung durch die Bewilligung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 0,00 Euro berücksichtigt ist) und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 ist anzuordnen; ergänzend ist der Antragsgegner durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Leistungen (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vorläufig zu erbringen.
1. Die Antragstellerin verfolgt mit dem von ihr gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz das Ziel, entgegen des von dem Antragsgegner angenommenen Wegfalls ihres Leistungsanspruchs wegen der umstrittenen Pflichtverletzung Leistungen zum Lebensunterhalt (auch) für die Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Januar 2012 zu erhalten. Das setzt im konkreten Fall zum einen voraus, dass der Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 – und mit ihm der Leistungsbescheid vom 18. Oktober 2011, soweit er der Antragstellerin nachteilig ist – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 nicht vollzogen werden darf; zum anderen bedarf sie einer einstweiligen Anordnung, da bisher eine Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum nicht vorliegt.
Der Bescheid über die vom Antragsgegner angenommene Pflichtverletzung und deren Folgen nach §§ 31 ff. SGB II ist nach § 39 Nr. 1 SGB II ist von Gesetzes wegen sofort vollziehbar. Gerichtlicher Rechtsschutz ist dementsprechend ggf. durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den entsprechenden Bescheid gerichteten Rechtsbehelfs, hier der Klage vom 16. November 2011, zu gewähren (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG). Dabei ist im konkreten Fall nicht nur der Bescheid nach §§ 31 ff. SGB II vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 einzubeziehen, sondern darüber hinaus der Leistungsbescheid vom 18. Oktober 2011, mit dem der Antragsgegner – korrespondierend zu dem Bescheid vom 20. Oktober 2011 – für den streitigen Zeitraum Leistungen in Höhe von 0,00 Euro "bewilligt" hat. Beide bilden – ähnlich wie ein Sperrzeitbescheid nach § 144 SGB III und ein diesen umsetzender Leistungsbescheid – eine rechtliche Einheit; sie werden deshalb gemeinsam zum Gegenstand des Widerspruchs- und des Klage-, damit aber auch des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz.
Ergänzend bedarf die Antragstellerin, um ihr Rechtsschutzziel zu erreichen, des Erlasses einer einstweiligen Anordnung. Da die Leistungsbewilligung durch die Bescheide vom 13. Mai 2011 und 24. Mai 2011 mit dem 31. Oktober 2011 endete und der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 Leistungen für den streitigen Zeitraum gerade nicht bewilligt hat, ergibt sich allein aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ein Anspruch auf vorläufige Leistungen noch nicht. Im Hauptsacheverfahren müsste die Antragstellerin vielmehr ergänzend die Leistungsbewilligung im Wege einer (Anfechtungs- und) Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG verfolgen; dem entspricht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ließ sich von Anfang an entsprechend auslegen, auch wenn sie es erst nach Hinweis des Senats ausdrücklich so formuliert hat. Schon im Rahmen der erstinstanzlichen Antragstellung hat sie beantragt, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Damit und durch ihr Vorbringen in der Sache wird hinreichend deutlich, dass es ihr nicht nur um einen Aufschub der Vollziehbarkeit des Sanktionsbescheides, sondern (selbstverständlich) auch um den Erhalt der verweigerten Zahlungen geht.
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. Dezember 2011 zu erkennen gegeben hat, dass sie eine Minderung der Leistungen auf den Regelbedarf um 30% u.U. hinzunehmen bereit wäre und die dort formulierten Anträge daran angepasst hat, ist dies nicht als teilweise Beschwerderücknahme zu werten. Die Antragstellerin ist daher nicht gehindert, ihr Begehren – wie im Schreiben vom 15. Dezember 2011 formuliert – in vollem Umfang zur Entscheidung des Senats zu stellen. Zum einen sind nach dem Antrag zu Ziffer 1 im Schriftsatz vom 2. Dezember 2011 die Leistungen auf den Regelbedarf maximal um 30% zu senken; zum anderen macht die Antragstellerin in Ziffer 3 ergänzende Sach- bzw. geldwerte Leistungen geltend, so dass im Ergebnis eine Beschränkung, die zur Erledigung der Beschwerde insoweit führen würde, nicht hinreichend eindeutig erklärt ist.
Den Antrag wegen des Schadensersatzanspruchs hinsichtlich der auf Grund ihrer Mietrückstände entstehenden Folgekosten, den die Antragstellerin mit der Antragserweiterung vom 7. Dezember 2011 geltend gemacht hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2011 wieder zurückgenommen. Eine Verweisung an das zuständige Landgericht, – da der Anspruch nur auf § 839 BGB, Art. 34 GG gestützt werden könnte – erübrigt sich damit.
2. Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der gegen den Sanktionsbescheid wegen der Bewerbungsbemühungen im Juli 2011 gerichteten Klage ist anzuordnen (dazu a). Dementsprechend hat auch der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung Erfolg, allerdings nur insoweit als ihm der vollziehbare Sanktionsbescheid wegen der Bewerbung bei der Praxis D. nicht entgegensteht (dazu b).
a) Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 (in Zusammenhang mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 und) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 liegen vor.
aa) Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sieht § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Entscheidungserheblich ist, ob im Rahmen einer offenen Abwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang gegenüber den schützenswerten Interessen des Adressaten einzuräumen ist (vgl. Krodel NZS 2001, S. 449 ff. m.w.N.). Sind Widerspruch oder Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne weitere Interessenabwägung grundsätzlich abzulehnen, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes kein schützenswertes Interesse des Bescheidadressaten entgegenstehen kann. Sind dagegen Widerspruch oder Klage in der Hauptsache offensichtlich zulässig und begründet, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, weil dann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Interesse bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Vorrang einzuräumen ist. Dabei darf einerseits in die Abwägung einfließen, dass der Gesetzgeber für den Regelfall die sofortige Vollziehung vorgesehen hat, solange das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers unter Beachtung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 Grundgesetz (GG) berücksichtigt bleibt, insbesondere mit einer sofortigen Vollziehung keine schwere, unzumutbare Härte für ihn verbunden ist. Andererseits ist dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers je eher der Vorrang einzuräumen, desto wahrscheinlicher sein Erfolg in der Hauptsache ist (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 12c m.w.N.). Die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind bei der Abwägung umfassend zu berücksichtigen. Greift der Verwaltungsakt, dem gegenüber ein Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, in Ansprüche ein, die dazu dienen, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip), kommt den Interessen des Antragstellers bei offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache regelmäßig höheres Gewicht zu, wenn der Verwaltungsakt die Leistungen für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum so beschränkt, dass sie die für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe unterschreiten (vgl. für Vornahmesachen BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der Abwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. – wiederum für Vornahmesachen – Senat, 27.07.2005 – L 7 AS 18/05 ER).
Der Maßstab des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG, nach dem der Sozialleistungsträger von sich aus die Vollziehung (nur) aussetzen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 86a Abs. 3 S. 2 SGG), ist zwar im Rahmen des gerichtlichen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG zu beachten. Er gilt aber als spezialgesetzliche Regelung nur für die ausdrücklich in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG genannten Bescheide, insbesondere Versicherungs-, Beitrags- und Umlagebescheide (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 12b m.w.N. auch zur Gegenansicht). Im Übrigen würde hier auch die Anwendung dieses Maßstabs nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
bb) Im konkreten Fall ist die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die wegen der zweiten Pflichtverletzung ergangenen Bescheide anzuordnen, da sie mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg verspricht. Entscheidend ist insofern, dass angesichts des zeitlichen Ablaufs hier aller Voraussicht nach die Voraussetzungen für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung nicht vorgelegen haben. Die vom Antragsgegner verfügten Rechtsfolgen werden sich wahrscheinlich auch nicht auf Grund der Annahme einer "zweiten ersten Pflichtverletzung" aufrecht erhalten lassen.
Der Senat hat zu dieser Problematik in einer Entscheidung vom 20. Juni 2011 allerdings zu der ab 1. Juni 2007 geltenden, früheren Fassung von § 31 SGB II und zu mehrfachen Meldeversäumnissen – ausgeführt:
"Vor Bekanntgabe des ersten Minderungsbescheids ist eine weitere Sanktionierung, jedenfalls wenn es sich um eine wiederholte oder fortgesetzte Obliegenheitsverletzung handelt, aus systematischen Gründen und im Hinblick auf den Zweck der stufenweisen Sanktionierung nicht möglich, und zwar weder als wiederholte Pflichtverletzung, wie die Beklagte zunächst angenommen hatte, noch als "zweite erste Pflichtverletzung", wie die Beklagte sie dem Änderungsbescheid vom 21. Juli 2009 zu Grunde gelegt hat (vgl. ebs. BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rdnr. 86; wohl auch Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdnr. 99 und 103).
Nach der Systematik des § 31 Abs. 3 SGB II in der ab 1. Januar 2007 und auch im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung von § 31 Abs. 3 SGB II (im Folgenden: a.F.; ebs. heute § 31 a SGB II) differenzierte dieser hinsichtlich des Umfangs der Sanktionierung strikt danach, ob es sich um eine erstmalige, eine erste wiederholte Obliegenheitsverletzung oder eine weitere wiederholte Obliegenheitsverletzung handelt (vgl. hierzu und zum Folgenden auch BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R; außerdem Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rdnr. 86; ders., Das Sanktionensystem des SGB II, ZFSH/SGB 2008, 3, 14). Daher bedarf es bei wiederholten Meldeversäumnissen der vorangegangenen Feststellung eines anderen (ggf. bereits wiederholten) Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe. Aus dieser Systematik wird auch die Funktion der Regelung, nämlich den Betroffenen vor einer wiederholten Pflichtverletzung zu warnen, deutlich (vgl. auch Sächs. LSG, 01.11.2007 – L 3 B 292/07 AS-ER, das von einem appellativen und edukatorischen Zweck der Vorschrift spricht).
Liegt ein wiederholtes Meldeversäumnis nicht vor, scheidet auch eine Erhöhung des Minderungsbetrags durch eine zeitgleiche Absenkung mittels zweier (oder mehrerer) gesonderter Minderungsbescheide mit gleichem Absenkungsbetrag aus, die im Ergebnis zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II im gleichen oder ggf. sogar höheren Umfang führen können; andernfalls würde das gesetzgeberische Konzept der gestuften Absenkung umgangen. Ein Bescheid, der ein weiteres Meldeversäumnis vor Erlass eines Bescheides wegen des vorangegangenen zum Gegenstand hat, kann daher auch nicht teilweise, also mit einer Minderung in gleicher Höhe wie bei dem vorangegangenen Bescheid, als rechtmäßig angesehen werden (vgl. nochmals BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R).
Das gilt jedenfalls, wenn – wie im hier zu entscheidenden Fall – die beiden sanktionierten Meldeversäumnisse in engem Zusammenhang stehen. So erscheint bereits fraglich, ob überhaupt von einer wiederholten Pflichtverletzung gesprochen werden kann, wenn der Leistungsempfänger bloß eine bereits dokumentierte Haltung bekräftigt, also z.B. das gleiche Arbeitsangebot wiederholt ablehnt oder – wie hier – zu einem Meldetermin mit identischem Meldezweck und in engem zeitlichem Zusammenhang wiederholt nicht erscheint (ablehnend etwa LPK-Berlit, a.a.O., § 31 Rdnr. 85; ders., ZFSH/SGB 2008, 3, 14; Valgolio, a.a.O., § 31 Rdnr. 103; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II – Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 50c). Jedenfalls ist eine erneute Sanktionierung vor Erlass des ersten Bescheides nicht möglich. Die Behörde hätte es sonst in der Hand, die einheitliche Entscheidung des Leistungsbeziehers zu einem identischen Lebenssachverhalt durch schnelles Handeln – also ein in rascher Folge wiederholtes Vermittlungsangebot oder eine mit kurzer Frist wiederholte Einladung – in nahezu beliebiger Höhe zu sanktionieren.
In einer derartigen Fallkonstellation sind zudem die Warnfunktion des ersten Sanktionsbescheides und damit der Zweck der stufenweisen Absenkung von augenfälliger Bedeutung. Gerade im Falle der Sanktionierung (nahezu) identischer bzw. fortgeführter Obliegenheitsverletzungen – und ein solcher wird hier aus dem Vorbringen des Antragstellers erkennbar – ist die mit dem System der gestuften Absenkung offenbar verbundene Erwartung des Gesetzgebers, die erste Sanktion möge den Leistungsbezieher warnen und zu einer Änderung seines Verhaltens veranlassen, plausibel. Diese kann sich aber nur erfüllen, wenn die Beklagte das Verhalten zunächst sanktioniert, dem Betroffenen dadurch in einem Bescheid und also nach abschließender Prüfung zu erkennen gibt, dass sein Verhalten sich aus ihrer Sicht als obliegenheitswidrig darstellt und mit Konsequenzen verbunden ist, und ihm auf diese Weise einen Anlass und Möglichkeit dafür gibt, eine weitere Obliegenheitsverletzung zu vermeiden.
Gegen diese Auffassung, also die Ablehnung zweier (oder mehrerer) "erster Sanktionen", hat z.B. das SG Reutlingen (30.09.2008 – S 2 AS 4133/07) eingewandt, auf diese Weise würde die Funktion des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. in ihr Gegenteil verkehrt: § 31 Abs. 3 SGB II a.F. solle den Hilfebedürftigen nicht schützen, sondern eine Härtesanktion [richtig: härtere Sanktion] ermöglichen. Würde man § 31 Abs. 3 SGB II a.F. aber eine generelle Sperrwirkung für alle mehrfachen Pflichtenverstöße zubilligen, käme dies einer zeitweisen "Immunität" gleich, die nicht Intention des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. sei. Diese Auffassung verfehlt jedoch den Zweck des § 31 SGB II, wonach es – jedenfalls bei einem verfassungsgemäßen Verständnis der Vorschrift – nicht in erster Linie um eine Sanktionierung, vulgo Bestrafung, des Betroffenen geht, sondern eben darum, eine Verhaltensänderung zu befördern. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Betroffene aber im Zeitraum zwischen der Obliegenheitsverletzung und der behördlichen Reaktion darauf nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie "immun" gegen weitere Sanktionen, sondern es ist noch nicht erkennbar, ob die erste Minderung ihren Zweck erreichen kann oder nicht, so dass eine weitere Sanktion noch nicht geboten ist.
Für ein entsprechendes Verständnis der Vorschrift spricht schließlich, dass bei deren Auslegung wegen des mit der Absenkung verbundenen Eingriffs in das sozio-kulturelle Existenzminimum Verschuldens- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte von erheblicher Bedeutung sind (vgl. pointiert in diesem Sinne Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II – Kommentar, § 31 Rdnr. 10). Eine "vervielfachte" Sanktionierung für eine jedenfalls im Wesentlichen einheitliche bzw. fortgesetzte Obliegenheitsverletzung ist danach nur zu rechtfertigen, wenn zuvor durch den Absenkungsbescheid und die mit ihm verbundene Warnung eine Zäsur eingetreten ist."
An dieser Rechtsprechung dürfte auch für die ab 1. April 2011 geltende Fassung von § 31 ff. SGB II festzuhalten sein. So hat der Gesetzgeber nunmehr in § 31a Abs. 1 S. 4 SGB II sogar ausdrücklich festgeschrieben, eine wiederholte Pflichtverletzung liege nur vor, wenn zuvor eine Minderung festgestellt worden sei, während eine entsprechende ausdrückliche Regelung in der alten Fassung fehlte. Insofern haben das SG und der Antragsgegner zwar zu Recht geltend gemacht, es komme nicht darauf an, dass der vorangegangene Bescheid bestandskräftig sei. Sie haben allerdings übersehen, dass der Bescheid wegen der ersten der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzung erst im August 2011 und damit nach Ablauf des Zeitraums, für den die Antragstellerin Bewerbungsbemühungen nicht nachgewiesen hat, ergangen ist. Allein das tatbestandliche Vorliegen einer ersten Pflichtverletzung – hier ggf. im Mai 2011 – genügt aber nicht, um die Voraussetzungen für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung zu schaffen; diese muss bereits festgestellt, der entsprechende Bescheid also erlassen sein.
Es spricht weiter eine zumindest erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter diesen Umständen auch nicht vom Eintritt einer weiteren ersten Pflichtverletzung ausgegangen werden kann. Zunächst hätte angesichts der Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage, die zum Zeitpunkt der Rechtsänderung zum 1. April 2011 bereits vorlag, eine ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers zumindest sehr nahegelegen, wenn zukünftig und entgegen dieser Rechtsprechung eine "zweite erste Pflichtverletzung" eine Sanktion hätte zur Folge haben sollen. Zudem sprechen die Erwägungen zum Zweck der Stufenfolge, nämlich der dadurch betonten Warnfunktion der vorangegangenen Pflichtverletzung, in – wenn auch abgeschwächter Form – auch gegen den Eintritt einer weiteren, wenn auch nicht verschärften Sanktion vor Feststellung der ersten. Dieser Zweck ist vielmehr nur gewahrt, wenn der Betroffene durch die behördliche Feststellung der Rechtsfolgen der ersten Pflichtverletzung bereits gewarnt ist, bevor er es zu einer weiteren Pflichtverletzung kommen lässt.
Auch der Umstand, dass es sich hier nicht – wie bei der zitierten Entscheidung des Senats – um weitestgehend identische Pflichtverletzungen handelt, steht zumindest nicht unerheblichen Erfolgsaussichten der Antragstellerin in der Hauptsache nicht entgegen. Zum einen verbindet auch der Gesetzgeber in der in § 31a SGB II vorgesehenen Stufenfolge unterschiedliche Pflichtverletzungen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 31a Rdnr. 14). Damit zeigt er aber, dass er – ungeachtet des konkreten Pflichtverletzungstatbestandes und dessen Wiederholung – der Feststellung jeder Pflichtverletzung nach § 31 SGB II und ihrer Rechtsfolgen Warnfunktion auch hinsichtlich der anderen Tatbestandsalternativen beimisst. Dies hat zur Folge, dass ohne diese Warnfunktion eine weitere Sanktion ausgeschlossen sein dürfte, auch wenn es sich nicht um weitgehend identische Vorgänge handelt. Zum anderen stehen die im konkreten Falle der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzungen durchaus in inhaltlichem Zusammenhang, handelt es sich doch um zwei Fälle aus Sicht des Antragsgegners unzureichender Bemühungen um einen Arbeitsplatz ohne wichtigen Grund.
cc) Im Ergebnis dürfte die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung nahezu sicher nicht aufrecht zu erhalten sein. Für die Annahme, die der Antragstellerin vorgeworfene Pflichtverletzung könne auch nicht als "zweite erste Pflichtverletzung" sanktioniert werden, gilt dies zwar nicht in gleicher Weise. Angesichts der bereits in diesem Fall aus § 31a Abs. 2 S. 1 SGB II folgenden, die Interessen der Antragstellerin in ganz erheblichem Umfang betreffenden Rechtsfolgen geht jedoch die Folgenabwägung auch insoweit zu ihren Gunsten aus. Sie müsste auch in diesem Falle im streitigen Zeitraum und wie auf Grund des ersten Sanktionsbescheides bereits seit dem 1. September 2011 – nur mit Leistungen für Unterkunft und Heizung und ergänzenden Sach- oder geldwerten Leistungen nach § 31a Abs. 3 S. 1 SGB II auskommen. Berücksichtigt man, wie bereits dargelegt, dass die Sozialgerichte bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gehalten sind, eine mögliche Grundrechtsverletzung zu verhindern, dann muss diesem Aspekt erhebliches Gewicht zukommen. Das Interesse des Leistungsträgers tritt daher im konkreten Fall gegenüber der Sicherstellung des Existenzminimums der Antragstellerin zurück.
b) Vor diesem Hintergrund war auch die beantragte einstweilige Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu erlassen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag bei Leistungsbegehren durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung treffen, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Ein solcher Nachteil ist anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache – möglicherweise – zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund) (zum Maßstab im Einzelnen: Senat, 14.07.2011 – L 7 AS 107/11 B ER st.Rspr.).
Das ist hier der Fall, nachdem die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch der Antragstellerin auf Arbeitslosengeld II nach §§ 7 ff. SGB II zwischen den Beteiligten nicht streitig sind; auch der Senat vermag andere Gründe als den Bescheid vom 20. Oktober 2011, die einer Leistungsgewährung entgegenstehen könnten, nicht zu erkennen.
Hinsichtlich der Zeit vom 1. November 2011 bis 30. November 2011 gilt dies allerdings nur für die Leistungen für die Bedarfe nach § 22 SGB II, also für Unterkunft und Heizung. Dabei kann offenbleiben, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass möglicherweise nach der Beschwerderücknahme im Verfahren L 7 AS 606/11 B ER zwischen den Beteiligten von der vorläufigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 12. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2011 auszugehen sein könnte. Mit diesem hat der Antragsgegner die Leistungen auf den Regelbedarf für den November (auch) wegen der ersten der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzung zum Wegfall bringen wollen. Nachdem der Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 wegen der zweiten Pflichtverletzung auf Grund der hier angeordneten aufschiebenden Wirkung nicht vollzogen werden darf, könnten die Wirkungen des ersten Bescheides für den November 2011 wieder zum Tragen kommen.
Letztlich kann das offenbleiben. Angesichts des zeitlichen Ablaufs ist jedenfalls ein Anordnungsgrund hinsichtlich der Leistungen auf den Regelbedarf für die – inzwischen – zurückliegende Leistungszeit im November 2011 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Senat hat bereits im vorangegangenen Verfahren auf Bedenken hingewiesen, dass angesichts des beschränkten Minderungszeitraums, der zudem bereits bei Beschwerdeeinlegung im vorangegangen Verfahren überwiegend abgelaufen war, und der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, für den Regelbedarf Sach- bzw. geldwerte Leistungen zu beantragen, ein Anordnungsgrund nicht selbstverständlich und möglicherweise nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei. Dazu ist weder im vorangegangenen noch im hiesigen Verfahren weiter – über den jedoch auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bezogenen Ausführungen hinaus, ein Verlust der Wohnung drohe – vorgetragen, noch ist eine Glaubhaftmachung nachgeholt worden. Angesichts der Zweifel, die in Bezug auf die erste Pflichtverletzung am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs bestehen müssen – insoweit kann auf den PKH-Beschluss vom 8. Dezember 2011 im vorangegangen Verfahren Bezug genommen werden –, und des
zwischenzeitlich vollständig abgelaufenen Minderungszeitraums liegen hinsichtlich der Leistungen auf den Regelbedarf für den Monat November 2011 die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war einzubeziehen, dass die Antragstellerin ihren Antrag teilweise – nämlich hinsichtlich der Antragserweiterung vom 7. Dezember 2011 – wieder zurückgenommen hat.
4. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeben sich aus § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
II. Im Übrigen wird die Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
III. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin zwei Drittel der zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten zu erstatten.
IV. Der Antragstellerin wird für den Beschwerderechtszug Prozesskostenhilfe ohne Pflicht zur Ratenzahlung unter Beiordnung von RA B., A-Stadt, bewilligt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes um laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) – Grundsicherung für Arbeitsuchende – im Hinblick auf eine mögliche Pflichtverletzung der Antragstellerin nach § 31 SGB II.
Die 1988 geborene Antragstellerin schloss eine Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten im Jahre 2008 erfolgreich ab und arbeitete anschließend in ihrem Ausbildungsberuf. Nachdem sie arbeitslos geworden war, bewilligte ihr die Bundesagentur für Arbeit Arbeitslosengeld nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) –Arbeitsförderung – für 360 Kalendertage ab dem 16. Juni 2010. Unter dem 12. Juli 2010 beantragte sie ergänzend Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Der Antragsgegner gewährte ihr daraufhin Wohnungsbeschaffungskosten, Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung und zunächst ohne, später mit Bescheid – laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
Auf Grund einer zwischen den Beteiligten geschlossenen Eingliederungsvereinbarung wies der Antragsgegner die Antragstellerin für die Zeit vom 14. Januar 2011 bis 13. April 2011 einem Vermittlungscoaching bei der Fa. C. zu. Die Maßnahme wurde, nachdem die Antragstellerin nach ihren Angaben an Grippe erkrankte und mehrere Maßnahmetermine versäumt hatte, im März 2011 beendet. Im Rahmen der Maßnahme wurde u.a. von der Antragstellerin eine Musterbewerbung erstellt.
Am 2. Mai 2011 stellte die Antragstellerin (erneut) einen Fortzahlungsantrag. Am gleichen Tage schlossen die Beteiligten eine Eingliederungsvereinbarung für die Zeit bis 1. November 2011. Diese sah u.a. vor, dass die Antragstellerin monatlich mindestens zehn ‚Bewerbungsbemühungen unternehme’. Sie habe monatlich (auch ohne Einladung) bis zum letzten Tag eines Monats Nachweise über ihre Eigenbemühungen vorzulegen. Außerdem habe sie sich zeitnah, spätestens am dritten Tage nach Erhalt eines Stellangebots, auf Vermittlungsvorschläge des Antragsgegners bzw. der Agentur für Arbeit zu bewerben. Wegen weiterer Einzelheiten und der in die Eingliederungsvereinbarung einbezogenen Rechtsfolgenbelehrung wird auf Bl. 29 f. der Vermittlungsakte des Antragsgegners (im Folgenden: VA) verwiesen.
Ebenfalls am 2. Mai 2011 schlug der Antragsgegner der Antragstellerin (u.a.) eine Tätigkeit als zahnmedizinische Fachangestellte bei der Praxis für Zahnheilkunde D. vor. Die Antragstellerin bewarb sich mit handgeschriebenem Schreiben vom 3. Mai 2011; insoweit wird auf das Schreiben Bl. 37 f. VA Bezug genommen. Der potentielle Arbeitgeber hielt die Antragstellerin auf Grund des Bewerbungsschreibens für ungeeignet; ein Beschäftigungsverhältnis kam nicht zustande.
Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 kündigte die Antragstellerin die Eingliederungsvereinbarung, u.a. weil sie sich durch diese einseitig benachteiligt sah. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 32 VA Bezug genommen. Der Antragsgegner wies die Kündigung durch Schreiben vom 8. Juni 2011 zurück. Weder liege eine wesentliche Veränderung der beim Vertragsschluss maßgeblichen Verhältnisse vor, so dass ein Kündigungsrecht aus § 59 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht bestehe, noch seien rechtswidrige Vertragsbestandteile vorhanden. Mit Schreiben vom gleichen Tage hörte er die Antragstellerin zudem wegen einer Absenkung bzw. des Wegfalls des Arbeitslosengeldes II im Hinblick auf das nicht zustande gekommene Beschäftigungsverhältnis mit der Praxis für Zahnheilkunde D. an.
Bereits mit Bescheid vom 13. Mai 2011 hatte der Antragsgegner Arbeitslosengeld II in Höhe von 260,74 Euro monatlich für die Zeit vom 1. Mai 2011 bis 31. Oktober 2011 bewilligt und diese Bewilligung durch Bescheid vom 24. Mai 2011 im Hinblick auf das Auslaufen des Arbeitslosengeldes nach dem SGB III für Juni 2011 auf 576,49 Euro und für die Zeit vom 1. Juli 2011 bis 31. Oktober 2011 auf 892,24 Euro monatlich erhöht.
Mit Schreiben vom 10. August 2011 hörte der Antragsgegner die Antragstellerin erneut wegen einer Absenkung bzw. des Wegfalls des Arbeitslosengeldes II an, nunmehr da die Antragstellerin entgegen ihrer Verpflichtung aus der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 ihre Eigenbemühungen im Monat Juli 2011 nicht nachgewiesen habe. Die Antragstellerin machte daraufhin geltend, sie sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, die "geforderten Auflagen" zu erfüllen. Dazu legte sie ein Attest des Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. E. vom 25. August 2011 über rezidivierende Gastroenterokolitiden vor. Danach sei sie "zur Zeit" nicht vermittlungsfähig. Außerdem reichte sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Arztes für Allgemeinmedizin F. für die Zeit vom 21. Juli 2011 bis 5. August 2011 zu den Akten.
Durch Bescheid vom 12. August 2011 beschränkte der Antragsgegner sodann das Arbeitslosengeld II der Antragstellerin auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung. Die Antragstellerin habe auf Grund der von ihr gewählten Form der Bewerbung (handschriftlich und unleserlich) bei der Zahnarztpraxis D. bewusst einer Einstellung entgegengewirkt. Der Widerspruch der Antragstellerin vom 18. August 2011 blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. September 2011). Einen ersten diesbezüglich gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wies das Sozialgericht Frankfurt am Main (SG) durch Beschluss vom 7. September 2011 zurück; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 17 ff. der beigezogenen Gerichtsakte S 5 AS 1141/11 ER verwiesen. Parallel zu der mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 28. September 2011 erhobenen Klage stellte die Antragstellerin erneut einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz. Auch diesen lehnte das SG ab; auf den Beschluss vom 2. November 2011 (Bl. 58 ff. der Gerichtsakte zum Verfahren des SG zum Az. S 5 AS 1378/11 ER bzw. des Senats zum Verfahren L 7 AS 606/11 B ER) wird Bezug genommen. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat die Antragstellerin am 30. November 2011 für erledigt erklärt, nachdem der dem hiesigen Verfahren zugrunde liegende weitere Bescheid vom 20. Oktober 2011 ergangen war.
Mit diesem Bescheid stellte der Antragsgegner fest, dass der Anspruch der Antragstellerin auf Arbeitslosengeld II vollständig entfallen sei, da sie für den Monat Juli 2011 keine Bewerbungsbemühungen nachgewiesen habe. Bereits mit Bescheid vom 18. Oktober 2011 hatte er in Übereinstimmung hiermit für die Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Januar 2012 Leistungen in Höhe von 0,00 Euro "bewilligt", für die Zeit vom 1. Februar 2012 bis 30. April 2012 in Höhe von 901,24 Euro.
Der Antragsgegner ließ die Antragstellerin zudem durch Dr. G. vom Ärztlichen Dienst der Agentur für Arbeit A-Stadt untersuchen; im daraufhin erstellten Gutachten vom 25. Oktober 2011 kam Dr. G. zu dem Ergebnis, die Antragstellerin könne – bei bestimmten qualitativen Einschränkungen – vollschichtig beruflich tätig sein. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 158 ff. VA verwiesen.
Die Antragstellerin legte mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. Oktober 2011 Widerspruch gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 ein. Zur Begründung machte sie geltend, der Bescheid sei willkürlich und diene dazu, sie gefügig zu machen. Zudem sei die Form der Bewerbungsbemühungen, die von ihr verlangt würden, nicht hinreichend bestimmt. Weiter verwies sie insbesondere auf ihre multiplen Erkrankungen. So habe sie sich wegen eines depressiven Schubs im Juli nicht bewerben können. Auch habe der Antragsgegner nicht – wie dies im Rahmen eines Profilings seine Pflicht sei – vor Abschluss der Eingliederungsvereinbarung zunächst abgeklärt, für welche Beschäftigungen sie überhaupt noch in Frage komme. Dementsprechend habe er nicht geprüft, welche Maßnahmen überhaupt notwendig und geeignet seien, um eine Vermittlung der Antragstellerin zu erreichen. Zudem liege keine zweite Pflichtverletzung vor, da der Bescheid wegen der angeblichen Pflichtverletzung vom 3. Mai 2011 noch nicht rechtskräftig sei. Im Übrigen fehle es an einer ordnungsgemäßen Rechtsfolgenbelehrung. Schließlich verletze die Sanktion ihre Grundrechte. Ihr drohe wegen der ausgesprochenen Sanktion Obdachlosigkeit; der Vermieter habe den Ausspruch einer fristlosen Kündigung bereits angekündigt. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 38 ff. der Gerichtsakte (im Folgenden: GA) zum hiesigen Verfahren verwiesen.
Der Antragsgegner wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 14. November 2011 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er insbesondere aus, Nachweise für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Antragstellerin lägen nicht vor. Vielmehr habe der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit attestiert, dass sie vollschichtig erwerbsfähig sei. Entgegen der Ausführungen der Antragstellerin handele es sich vorliegend um eine wiederholte Pflichtverletzung, die entsprechend § 31a Abs. 2 S. 2 SGB II zu sanktionieren sei. Eine wiederholte Pflichtverletzung gemäß § 31a Abs. 1 S. 4 und 5 SGB II liege vor, wenn zuvor bereits eine Minderung festgestellt worden sei und der Beginn des vorangegangenen Minderungszeitraums nicht länger als ein Jahr zurückliege. Mit Bescheid vom 12. August 2001 sei bereits ein erstes Sanktionsereignis festgestellt worden. Die Bestandskraft dieses Bescheides, der vorläufig vollziehbar sei, sei nicht notwendig, um eine wiederholte Pflichtverletzung festzustellen.
Die Antragstellerin hat daraufhin unter dem 16. November 2011 Klage erhoben – beim SG anhängig unter dem Aktenzeichen S 5 AS 1626/11 – und mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom gleichen Tage, gestützt auf die bereits im Widerspruchsverfahren vorgebrachten Gründe, einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ergänzend hat sie ein Attest von Dr. E. vom 21. Oktober 2011 über die bei ihr vorliegenden Erkrankungen zu den Akten gereicht. Diesbezüglich wird auf Bl. 49 GA verwiesen.
Das SG hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz durch Beschluss vom 28. November 2011 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, im vorliegenden Falle gehe die im Rahmen von § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) anzustellende Interessenabwägung zu Lasten der Antragstellerin aus. Es seien keine durchgreifenden Gründe dafür erkennbar, dass die gegen den Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 gerichtete Klage Aussicht auf Erfolg haben könnte. Gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II verletzten erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten, wenn sie trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen oder deren Kenntnis sich weigerten, in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten zu erfüllen, insbesondere in ausreichendem Umfang Eigenbemühungen nachzuweisen. Nach Satz 2 der Vorschrift gelte dies nicht, wenn der erwerbsfähige Leistungsberechtigte einen wichtigen Grund für sein Verhalten darlege und nachweise. Gemäß § 31a Abs. 2 S. 2 SGB II entfalle bei erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, das Arbeitslosengeld II bei wiederholter Pflichtverletzung nach § 31 SGB II vollständig. Im vorliegenden Falle habe die Antragstellerin ihre in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 übernommene Verpflichtung, monatlich bis Monatsende Nachweise über ihre Eigenbemühungen vorzulegen, jedenfalls für den Monat Juli 2011 nicht erfüllt. Die Rechtsfolgen seien ihr jedenfalls aus der in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 enthaltenen schriftlichen Rechtsfolgenbelehrung bekannt gewesen. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 31 Abs. 1 S. 2 SGB II sei von ihr nicht nachgewiesen worden. Sie berufe sich dazu auf gesundheitliche Gründe. Aus den von ihr vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und dem Gutachten des Amtsärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit A-Stadt vom 25. Oktober 2011 werde jedoch nur erkennbar, dass sie gesundheitlich beeinträchtigt sei; die medizinischen Unterlagen seien jedoch nicht geeignet, einen wichtigen Grund für das Verhalten der Antragstellerin zu belegen. Die Auffassung, dem Antragsgegner sei die Erkrankung bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Eingliederungsvereinbarung bekannt gewesen und er habe daher die Pflicht gehabt, vor deren Abschluss zunächst festzustellen, inwieweit und für welche Tätigkeiten die Antragstellerin überhaupt noch geeignet sei, teile die Kammer nicht. Die dem Antragsgegner zum damaligen Zeitpunkt bekannten Umstände seien nicht so schwerwiegend gewesen, dass er sich hätte veranlasst sehen müssen, entsprechende Feststellungen zu treffen. Der Sanktionsbescheid sei weiter nicht deswegen rechtswidrig, weil die in der Eingliederungsvereinbarung vom 2. Mai 2011 festgelegte Form der Bewerbung unbestimmt und unerfüllbar gewesen oder der Antragstellerin keine Rechtsfolgenbelehrung erteilt worden wäre. Das Gericht teile auch nicht die Auffassung der Antragstellerin, es liege keine zweite Pflichtverletzung vor, weil gegen den Sanktionsbescheid vom 12. August 2011 Widerspruch und Klage erhoben worden und dieser daher nicht bestandskräftig sei. Zwar setze eine wiederholte Pflichtverletzung voraus, dass eine erste Sanktion bereits festgestellt sei. Dies sei hier durch den Bescheid vom 12. August 2011 geschehen. Das Vorliegen eines bereits bestandskräftigen Absenkungsbescheides sei dagegen keine Voraussetzung für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung. Die Kammer gehe schließlich auch nicht von der Verfassungswidrigkeit von §§ 31 ff. SGB II aus. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl. 52 ff. GA Bezug genommen.
Die Antragstellerin hat daraufhin am 29. November 2011 Beschwerde eingelegt, wobei sie an den bereits im Widerspruchs- und im erstinstanzlichen Verfahren vorgebrachten Gründen festhält. Diesbezüglich wird wegen der Einzelheiten auf Bl. 75 ff. GA verwiesen. Dabei hat sie ein weiteres ärztliches Attest, nämlich des Arztes für Allgemeinmedizin/Psychotherapie H. vom 24. Oktober 2011 eingereicht. Danach sei sie dort seit dem 2. September 2011 wegen einer Dysmorphie bei Zustand nach traumatischen Belastungen in psychotherapeutischer Behandlung; auf Bl. 153 GA wird Bezug genommen.
Unter dem 7. Dezember 2011 hat die Antragstellerin antragserweiternd geltend gemacht, der Antragsgegner möge verpflichtet werden, alle Kosten, die auf Grund der durch die Sanktion vom 20. Oktober 2011 ausgelösten Mietrückstände für die Wohnung der Antragstellerin entstanden seien oder zukünftig entstehen würden, vollumfänglich zu zahlen. Diesen Antrag hat sie mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2011 wieder zurückgenommen.
Die Antragstellerin beantragt,
1. die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Verbindung mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 anzuordnen und
2. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit vom 1. Dezember 2011 bis 31. Januar 2012 in vollem Umfang zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Beschluss.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten zum hiesigen Verfahren wie auch zu den Verfahren des Senats zum Aktenzeichen L 7 AS 606/11 B ER (erstinstanzlich S 5 AS 1378/11 ER) und des SG Frankfurt am Main zum Aktenzeichen S 5 AS 1141/11 ER sowie der Leistungs- wie auch der Vermittlungsakte des Antragsgegners, die dem Senat vorlagen, Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig und überwiegend begründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Verbindung mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 (soweit darin die Minderung durch die Bewilligung von Arbeitslosengeld II in Höhe von 0,00 Euro berücksichtigt ist) und in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 ist anzuordnen; ergänzend ist der Antragsgegner durch Erlass einer entsprechenden einstweiligen Anordnung zu verpflichten, Leistungen (nur) in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vorläufig zu erbringen.
1. Die Antragstellerin verfolgt mit dem von ihr gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz das Ziel, entgegen des von dem Antragsgegner angenommenen Wegfalls ihres Leistungsanspruchs wegen der umstrittenen Pflichtverletzung Leistungen zum Lebensunterhalt (auch) für die Zeit vom 1. November 2011 bis 31. Januar 2012 zu erhalten. Das setzt im konkreten Fall zum einen voraus, dass der Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 – und mit ihm der Leistungsbescheid vom 18. Oktober 2011, soweit er der Antragstellerin nachteilig ist – in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 nicht vollzogen werden darf; zum anderen bedarf sie einer einstweiligen Anordnung, da bisher eine Leistungsbewilligung für den streitigen Zeitraum nicht vorliegt.
Der Bescheid über die vom Antragsgegner angenommene Pflichtverletzung und deren Folgen nach §§ 31 ff. SGB II ist nach § 39 Nr. 1 SGB II ist von Gesetzes wegen sofort vollziehbar. Gerichtlicher Rechtsschutz ist dementsprechend ggf. durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines gegen den entsprechenden Bescheid gerichteten Rechtsbehelfs, hier der Klage vom 16. November 2011, zu gewähren (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG). Dabei ist im konkreten Fall nicht nur der Bescheid nach §§ 31 ff. SGB II vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 einzubeziehen, sondern darüber hinaus der Leistungsbescheid vom 18. Oktober 2011, mit dem der Antragsgegner – korrespondierend zu dem Bescheid vom 20. Oktober 2011 – für den streitigen Zeitraum Leistungen in Höhe von 0,00 Euro "bewilligt" hat. Beide bilden – ähnlich wie ein Sperrzeitbescheid nach § 144 SGB III und ein diesen umsetzender Leistungsbescheid – eine rechtliche Einheit; sie werden deshalb gemeinsam zum Gegenstand des Widerspruchs- und des Klage-, damit aber auch des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz.
Ergänzend bedarf die Antragstellerin, um ihr Rechtsschutzziel zu erreichen, des Erlasses einer einstweiligen Anordnung. Da die Leistungsbewilligung durch die Bescheide vom 13. Mai 2011 und 24. Mai 2011 mit dem 31. Oktober 2011 endete und der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 Leistungen für den streitigen Zeitraum gerade nicht bewilligt hat, ergibt sich allein aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ein Anspruch auf vorläufige Leistungen noch nicht. Im Hauptsacheverfahren müsste die Antragstellerin vielmehr ergänzend die Leistungsbewilligung im Wege einer (Anfechtungs- und) Leistungsklage nach § 54 Abs. 4 SGG verfolgen; dem entspricht im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ein Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG.
Das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin ließ sich von Anfang an entsprechend auslegen, auch wenn sie es erst nach Hinweis des Senats ausdrücklich so formuliert hat. Schon im Rahmen der erstinstanzlichen Antragstellung hat sie beantragt, die Aufhebung der Vollziehung anzuordnen. Damit und durch ihr Vorbringen in der Sache wird hinreichend deutlich, dass es ihr nicht nur um einen Aufschub der Vollziehbarkeit des Sanktionsbescheides, sondern (selbstverständlich) auch um den Erhalt der verweigerten Zahlungen geht.
Soweit die Antragstellerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. Dezember 2011 zu erkennen gegeben hat, dass sie eine Minderung der Leistungen auf den Regelbedarf um 30% u.U. hinzunehmen bereit wäre und die dort formulierten Anträge daran angepasst hat, ist dies nicht als teilweise Beschwerderücknahme zu werten. Die Antragstellerin ist daher nicht gehindert, ihr Begehren – wie im Schreiben vom 15. Dezember 2011 formuliert – in vollem Umfang zur Entscheidung des Senats zu stellen. Zum einen sind nach dem Antrag zu Ziffer 1 im Schriftsatz vom 2. Dezember 2011 die Leistungen auf den Regelbedarf maximal um 30% zu senken; zum anderen macht die Antragstellerin in Ziffer 3 ergänzende Sach- bzw. geldwerte Leistungen geltend, so dass im Ergebnis eine Beschränkung, die zur Erledigung der Beschwerde insoweit führen würde, nicht hinreichend eindeutig erklärt ist.
Den Antrag wegen des Schadensersatzanspruchs hinsichtlich der auf Grund ihrer Mietrückstände entstehenden Folgekosten, den die Antragstellerin mit der Antragserweiterung vom 7. Dezember 2011 geltend gemacht hatte, hat sie mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2011 wieder zurückgenommen. Eine Verweisung an das zuständige Landgericht, – da der Anspruch nur auf § 839 BGB, Art. 34 GG gestützt werden könnte – erübrigt sich damit.
2. Der Antrag hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die aufschiebende Wirkung der gegen den Sanktionsbescheid wegen der Bewerbungsbemühungen im Juli 2011 gerichteten Klage ist anzuordnen (dazu a). Dementsprechend hat auch der Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung Erfolg, allerdings nur insoweit als ihm der vollziehbare Sanktionsbescheid wegen der Bewerbung bei der Praxis D. nicht entgegensteht (dazu b).
a) Die Voraussetzungen für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Sanktionsbescheid vom 20. Oktober 2011 (in Zusammenhang mit dem Bescheid vom 18. Oktober 2011 und) in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 liegen vor.
aa) Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch und Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sieht § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG nicht vor. Entscheidungserheblich ist, ob im Rahmen einer offenen Abwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang gegenüber den schützenswerten Interessen des Adressaten einzuräumen ist (vgl. Krodel NZS 2001, S. 449 ff. m.w.N.). Sind Widerspruch oder Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne weitere Interessenabwägung grundsätzlich abzulehnen, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes kein schützenswertes Interesse des Bescheidadressaten entgegenstehen kann. Sind dagegen Widerspruch oder Klage in der Hauptsache offensichtlich zulässig und begründet, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, weil dann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- oder Rechtslage im einstweiligen Rechtsschutz nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden, welchem Interesse bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache Vorrang einzuräumen ist. Dabei darf einerseits in die Abwägung einfließen, dass der Gesetzgeber für den Regelfall die sofortige Vollziehung vorgesehen hat, solange das Rechtsschutzinteresse des Antragstellers unter Beachtung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 Grundgesetz (GG) berücksichtigt bleibt, insbesondere mit einer sofortigen Vollziehung keine schwere, unzumutbare Härte für ihn verbunden ist. Andererseits ist dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers je eher der Vorrang einzuräumen, desto wahrscheinlicher sein Erfolg in der Hauptsache ist (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 12c m.w.N.). Die grundrechtlichen Belange des Antragstellers sind bei der Abwägung umfassend zu berücksichtigen. Greift der Verwaltungsakt, dem gegenüber ein Antragsteller vorläufigen Rechtsschutz sucht, in Ansprüche ein, die dazu dienen, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip), kommt den Interessen des Antragstellers bei offenen Erfolgsaussichten in der Hauptsache regelmäßig höheres Gewicht zu, wenn der Verwaltungsakt die Leistungen für einen nicht nur kurzfristigen Zeitraum so beschränkt, dass sie die für die soziokulturelle Teilhabe unverzichtbare Leistungshöhe unterschreiten (vgl. für Vornahmesachen BVerfG, 3. Kammer des Ersten Senats, 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – info also 2005, 166 unter Hinweis auf BVerfGE 82, 60 (80)). Denn im Rahmen der Abwägung hat dann regelmäßig das Interesse des Leistungsträgers, ungerechtfertigte Leistungen zu vermeiden, gegenüber der Sicherstellung des ausschließlich gegenwärtig für den Antragsteller verwirklichbaren soziokulturellen Existenzminimums zurückzutreten (vgl. – wiederum für Vornahmesachen – Senat, 27.07.2005 – L 7 AS 18/05 ER).
Der Maßstab des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG, nach dem der Sozialleistungsträger von sich aus die Vollziehung (nur) aussetzen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 86a Abs. 3 S. 2 SGG), ist zwar im Rahmen des gerichtlichen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG zu beachten. Er gilt aber als spezialgesetzliche Regelung nur für die ausdrücklich in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG genannten Bescheide, insbesondere Versicherungs-, Beitrags- und Umlagebescheide (Keller in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Aufl., § 86b Rn. 12b m.w.N. auch zur Gegenansicht). Im Übrigen würde hier auch die Anwendung dieses Maßstabs nicht zu einem anderen Ergebnis führen.
bb) Im konkreten Fall ist die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die wegen der zweiten Pflichtverletzung ergangenen Bescheide anzuordnen, da sie mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg verspricht. Entscheidend ist insofern, dass angesichts des zeitlichen Ablaufs hier aller Voraussicht nach die Voraussetzungen für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung nicht vorgelegen haben. Die vom Antragsgegner verfügten Rechtsfolgen werden sich wahrscheinlich auch nicht auf Grund der Annahme einer "zweiten ersten Pflichtverletzung" aufrecht erhalten lassen.
Der Senat hat zu dieser Problematik in einer Entscheidung vom 20. Juni 2011 allerdings zu der ab 1. Juni 2007 geltenden, früheren Fassung von § 31 SGB II und zu mehrfachen Meldeversäumnissen – ausgeführt:
"Vor Bekanntgabe des ersten Minderungsbescheids ist eine weitere Sanktionierung, jedenfalls wenn es sich um eine wiederholte oder fortgesetzte Obliegenheitsverletzung handelt, aus systematischen Gründen und im Hinblick auf den Zweck der stufenweisen Sanktionierung nicht möglich, und zwar weder als wiederholte Pflichtverletzung, wie die Beklagte zunächst angenommen hatte, noch als "zweite erste Pflichtverletzung", wie die Beklagte sie dem Änderungsbescheid vom 21. Juli 2009 zu Grunde gelegt hat (vgl. ebs. BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rdnr. 86; wohl auch Valgolio in Hauck/Noftz, SGB II, § 31 Rdnr. 99 und 103).
Nach der Systematik des § 31 Abs. 3 SGB II in der ab 1. Januar 2007 und auch im maßgeblichen Zeitpunkt geltenden Fassung von § 31 Abs. 3 SGB II (im Folgenden: a.F.; ebs. heute § 31 a SGB II) differenzierte dieser hinsichtlich des Umfangs der Sanktionierung strikt danach, ob es sich um eine erstmalige, eine erste wiederholte Obliegenheitsverletzung oder eine weitere wiederholte Obliegenheitsverletzung handelt (vgl. hierzu und zum Folgenden auch BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R; außerdem Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl. 2009, § 31 Rdnr. 86; ders., Das Sanktionensystem des SGB II, ZFSH/SGB 2008, 3, 14). Daher bedarf es bei wiederholten Meldeversäumnissen der vorangegangenen Feststellung eines anderen (ggf. bereits wiederholten) Meldeversäumnisses mit einem Absenkungsbetrag der niedrigeren Stufe. Aus dieser Systematik wird auch die Funktion der Regelung, nämlich den Betroffenen vor einer wiederholten Pflichtverletzung zu warnen, deutlich (vgl. auch Sächs. LSG, 01.11.2007 – L 3 B 292/07 AS-ER, das von einem appellativen und edukatorischen Zweck der Vorschrift spricht).
Liegt ein wiederholtes Meldeversäumnis nicht vor, scheidet auch eine Erhöhung des Minderungsbetrags durch eine zeitgleiche Absenkung mittels zweier (oder mehrerer) gesonderter Minderungsbescheide mit gleichem Absenkungsbetrag aus, die im Ergebnis zu einer Minderung des Arbeitslosengeldes II im gleichen oder ggf. sogar höheren Umfang führen können; andernfalls würde das gesetzgeberische Konzept der gestuften Absenkung umgangen. Ein Bescheid, der ein weiteres Meldeversäumnis vor Erlass eines Bescheides wegen des vorangegangenen zum Gegenstand hat, kann daher auch nicht teilweise, also mit einer Minderung in gleicher Höhe wie bei dem vorangegangenen Bescheid, als rechtmäßig angesehen werden (vgl. nochmals BSG, 09.11.2010 – B 4 AS 27/10 R).
Das gilt jedenfalls, wenn – wie im hier zu entscheidenden Fall – die beiden sanktionierten Meldeversäumnisse in engem Zusammenhang stehen. So erscheint bereits fraglich, ob überhaupt von einer wiederholten Pflichtverletzung gesprochen werden kann, wenn der Leistungsempfänger bloß eine bereits dokumentierte Haltung bekräftigt, also z.B. das gleiche Arbeitsangebot wiederholt ablehnt oder – wie hier – zu einem Meldetermin mit identischem Meldezweck und in engem zeitlichem Zusammenhang wiederholt nicht erscheint (ablehnend etwa LPK-Berlit, a.a.O., § 31 Rdnr. 85; ders., ZFSH/SGB 2008, 3, 14; Valgolio, a.a.O., § 31 Rdnr. 103; Rixen, in: Eicher/Spellbrink, SGB II – Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 31 Rdnr. 50c). Jedenfalls ist eine erneute Sanktionierung vor Erlass des ersten Bescheides nicht möglich. Die Behörde hätte es sonst in der Hand, die einheitliche Entscheidung des Leistungsbeziehers zu einem identischen Lebenssachverhalt durch schnelles Handeln – also ein in rascher Folge wiederholtes Vermittlungsangebot oder eine mit kurzer Frist wiederholte Einladung – in nahezu beliebiger Höhe zu sanktionieren.
In einer derartigen Fallkonstellation sind zudem die Warnfunktion des ersten Sanktionsbescheides und damit der Zweck der stufenweisen Absenkung von augenfälliger Bedeutung. Gerade im Falle der Sanktionierung (nahezu) identischer bzw. fortgeführter Obliegenheitsverletzungen – und ein solcher wird hier aus dem Vorbringen des Antragstellers erkennbar – ist die mit dem System der gestuften Absenkung offenbar verbundene Erwartung des Gesetzgebers, die erste Sanktion möge den Leistungsbezieher warnen und zu einer Änderung seines Verhaltens veranlassen, plausibel. Diese kann sich aber nur erfüllen, wenn die Beklagte das Verhalten zunächst sanktioniert, dem Betroffenen dadurch in einem Bescheid und also nach abschließender Prüfung zu erkennen gibt, dass sein Verhalten sich aus ihrer Sicht als obliegenheitswidrig darstellt und mit Konsequenzen verbunden ist, und ihm auf diese Weise einen Anlass und Möglichkeit dafür gibt, eine weitere Obliegenheitsverletzung zu vermeiden.
Gegen diese Auffassung, also die Ablehnung zweier (oder mehrerer) "erster Sanktionen", hat z.B. das SG Reutlingen (30.09.2008 – S 2 AS 4133/07) eingewandt, auf diese Weise würde die Funktion des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. in ihr Gegenteil verkehrt: § 31 Abs. 3 SGB II a.F. solle den Hilfebedürftigen nicht schützen, sondern eine Härtesanktion [richtig: härtere Sanktion] ermöglichen. Würde man § 31 Abs. 3 SGB II a.F. aber eine generelle Sperrwirkung für alle mehrfachen Pflichtenverstöße zubilligen, käme dies einer zeitweisen "Immunität" gleich, die nicht Intention des § 31 Abs. 3 SGB II a.F. sei. Diese Auffassung verfehlt jedoch den Zweck des § 31 SGB II, wonach es – jedenfalls bei einem verfassungsgemäßen Verständnis der Vorschrift – nicht in erster Linie um eine Sanktionierung, vulgo Bestrafung, des Betroffenen geht, sondern eben darum, eine Verhaltensänderung zu befördern. Unter diesem Gesichtspunkt ist der Betroffene aber im Zeitraum zwischen der Obliegenheitsverletzung und der behördlichen Reaktion darauf nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie "immun" gegen weitere Sanktionen, sondern es ist noch nicht erkennbar, ob die erste Minderung ihren Zweck erreichen kann oder nicht, so dass eine weitere Sanktion noch nicht geboten ist.
Für ein entsprechendes Verständnis der Vorschrift spricht schließlich, dass bei deren Auslegung wegen des mit der Absenkung verbundenen Eingriffs in das sozio-kulturelle Existenzminimum Verschuldens- und Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte von erheblicher Bedeutung sind (vgl. pointiert in diesem Sinne Schmidt-De Caluwe in Estelmann, SGB II – Kommentar, § 31 Rdnr. 10). Eine "vervielfachte" Sanktionierung für eine jedenfalls im Wesentlichen einheitliche bzw. fortgesetzte Obliegenheitsverletzung ist danach nur zu rechtfertigen, wenn zuvor durch den Absenkungsbescheid und die mit ihm verbundene Warnung eine Zäsur eingetreten ist."
An dieser Rechtsprechung dürfte auch für die ab 1. April 2011 geltende Fassung von § 31 ff. SGB II festzuhalten sein. So hat der Gesetzgeber nunmehr in § 31a Abs. 1 S. 4 SGB II sogar ausdrücklich festgeschrieben, eine wiederholte Pflichtverletzung liege nur vor, wenn zuvor eine Minderung festgestellt worden sei, während eine entsprechende ausdrückliche Regelung in der alten Fassung fehlte. Insofern haben das SG und der Antragsgegner zwar zu Recht geltend gemacht, es komme nicht darauf an, dass der vorangegangene Bescheid bestandskräftig sei. Sie haben allerdings übersehen, dass der Bescheid wegen der ersten der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzung erst im August 2011 und damit nach Ablauf des Zeitraums, für den die Antragstellerin Bewerbungsbemühungen nicht nachgewiesen hat, ergangen ist. Allein das tatbestandliche Vorliegen einer ersten Pflichtverletzung – hier ggf. im Mai 2011 – genügt aber nicht, um die Voraussetzungen für die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung zu schaffen; diese muss bereits festgestellt, der entsprechende Bescheid also erlassen sein.
Es spricht weiter eine zumindest erhebliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass unter diesen Umständen auch nicht vom Eintritt einer weiteren ersten Pflichtverletzung ausgegangen werden kann. Zunächst hätte angesichts der Rechtsprechung des BSG zu dieser Frage, die zum Zeitpunkt der Rechtsänderung zum 1. April 2011 bereits vorlag, eine ausdrückliche Regelung des Gesetzgebers zumindest sehr nahegelegen, wenn zukünftig und entgegen dieser Rechtsprechung eine "zweite erste Pflichtverletzung" eine Sanktion hätte zur Folge haben sollen. Zudem sprechen die Erwägungen zum Zweck der Stufenfolge, nämlich der dadurch betonten Warnfunktion der vorangegangenen Pflichtverletzung, in – wenn auch abgeschwächter Form – auch gegen den Eintritt einer weiteren, wenn auch nicht verschärften Sanktion vor Feststellung der ersten. Dieser Zweck ist vielmehr nur gewahrt, wenn der Betroffene durch die behördliche Feststellung der Rechtsfolgen der ersten Pflichtverletzung bereits gewarnt ist, bevor er es zu einer weiteren Pflichtverletzung kommen lässt.
Auch der Umstand, dass es sich hier nicht – wie bei der zitierten Entscheidung des Senats – um weitestgehend identische Pflichtverletzungen handelt, steht zumindest nicht unerheblichen Erfolgsaussichten der Antragstellerin in der Hauptsache nicht entgegen. Zum einen verbindet auch der Gesetzgeber in der in § 31a SGB II vorgesehenen Stufenfolge unterschiedliche Pflichtverletzungen (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 31a Rdnr. 14). Damit zeigt er aber, dass er – ungeachtet des konkreten Pflichtverletzungstatbestandes und dessen Wiederholung – der Feststellung jeder Pflichtverletzung nach § 31 SGB II und ihrer Rechtsfolgen Warnfunktion auch hinsichtlich der anderen Tatbestandsalternativen beimisst. Dies hat zur Folge, dass ohne diese Warnfunktion eine weitere Sanktion ausgeschlossen sein dürfte, auch wenn es sich nicht um weitgehend identische Vorgänge handelt. Zum anderen stehen die im konkreten Falle der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzungen durchaus in inhaltlichem Zusammenhang, handelt es sich doch um zwei Fälle aus Sicht des Antragsgegners unzureichender Bemühungen um einen Arbeitsplatz ohne wichtigen Grund.
cc) Im Ergebnis dürfte die Annahme einer wiederholten Pflichtverletzung nahezu sicher nicht aufrecht zu erhalten sein. Für die Annahme, die der Antragstellerin vorgeworfene Pflichtverletzung könne auch nicht als "zweite erste Pflichtverletzung" sanktioniert werden, gilt dies zwar nicht in gleicher Weise. Angesichts der bereits in diesem Fall aus § 31a Abs. 2 S. 1 SGB II folgenden, die Interessen der Antragstellerin in ganz erheblichem Umfang betreffenden Rechtsfolgen geht jedoch die Folgenabwägung auch insoweit zu ihren Gunsten aus. Sie müsste auch in diesem Falle im streitigen Zeitraum und wie auf Grund des ersten Sanktionsbescheides bereits seit dem 1. September 2011 – nur mit Leistungen für Unterkunft und Heizung und ergänzenden Sach- oder geldwerten Leistungen nach § 31a Abs. 3 S. 1 SGB II auskommen. Berücksichtigt man, wie bereits dargelegt, dass die Sozialgerichte bei Ansprüchen, die darauf gerichtet sind, als Ausfluss der grundrechtlich geschützten Menschenwürde das soziokulturelle Existenzminimum zu sichern, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gehalten sind, eine mögliche Grundrechtsverletzung zu verhindern, dann muss diesem Aspekt erhebliches Gewicht zukommen. Das Interesse des Leistungsträgers tritt daher im konkreten Fall gegenüber der Sicherstellung des Existenzminimums der Antragstellerin zurück.
b) Vor diesem Hintergrund war auch die beantragte einstweilige Anordnung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu erlassen.
Nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag bei Leistungsbegehren durch einstweilige Anordnung eine vorläufige Regelung treffen, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Ein solcher Nachteil ist anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache – möglicherweise – zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund) (zum Maßstab im Einzelnen: Senat, 14.07.2011 – L 7 AS 107/11 B ER st.Rspr.).
Das ist hier der Fall, nachdem die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch der Antragstellerin auf Arbeitslosengeld II nach §§ 7 ff. SGB II zwischen den Beteiligten nicht streitig sind; auch der Senat vermag andere Gründe als den Bescheid vom 20. Oktober 2011, die einer Leistungsgewährung entgegenstehen könnten, nicht zu erkennen.
Hinsichtlich der Zeit vom 1. November 2011 bis 30. November 2011 gilt dies allerdings nur für die Leistungen für die Bedarfe nach § 22 SGB II, also für Unterkunft und Heizung. Dabei kann offenbleiben, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass möglicherweise nach der Beschwerderücknahme im Verfahren L 7 AS 606/11 B ER zwischen den Beteiligten von der vorläufigen Vollziehbarkeit des Bescheides vom 12. August 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. September 2011 auszugehen sein könnte. Mit diesem hat der Antragsgegner die Leistungen auf den Regelbedarf für den November (auch) wegen der ersten der Antragstellerin vorgeworfenen Pflichtverletzung zum Wegfall bringen wollen. Nachdem der Bescheid vom 20. Oktober 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2011 wegen der zweiten Pflichtverletzung auf Grund der hier angeordneten aufschiebenden Wirkung nicht vollzogen werden darf, könnten die Wirkungen des ersten Bescheides für den November 2011 wieder zum Tragen kommen.
Letztlich kann das offenbleiben. Angesichts des zeitlichen Ablaufs ist jedenfalls ein Anordnungsgrund hinsichtlich der Leistungen auf den Regelbedarf für die – inzwischen – zurückliegende Leistungszeit im November 2011 nicht hinreichend glaubhaft gemacht. Der Senat hat bereits im vorangegangenen Verfahren auf Bedenken hingewiesen, dass angesichts des beschränkten Minderungszeitraums, der zudem bereits bei Beschwerdeeinlegung im vorangegangen Verfahren überwiegend abgelaufen war, und der grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, für den Regelbedarf Sach- bzw. geldwerte Leistungen zu beantragen, ein Anordnungsgrund nicht selbstverständlich und möglicherweise nicht hinreichend glaubhaft gemacht sei. Dazu ist weder im vorangegangenen noch im hiesigen Verfahren weiter – über den jedoch auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bezogenen Ausführungen hinaus, ein Verlust der Wohnung drohe – vorgetragen, noch ist eine Glaubhaftmachung nachgeholt worden. Angesichts der Zweifel, die in Bezug auf die erste Pflichtverletzung am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs bestehen müssen – insoweit kann auf den PKH-Beschluss vom 8. Dezember 2011 im vorangegangen Verfahren Bezug genommen werden –, und des
zwischenzeitlich vollständig abgelaufenen Minderungszeitraums liegen hinsichtlich der Leistungen auf den Regelbedarf für den Monat November 2011 die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei war einzubeziehen, dass die Antragstellerin ihren Antrag teilweise – nämlich hinsichtlich der Antragserweiterung vom 7. Dezember 2011 – wieder zurückgenommen hat.
4. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ergeben sich aus § 73a SGG i.V.m. §§ 114 ff. der Zivilprozessordnung.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.
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