Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 165/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 141/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Mai 2009 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. November 2007 verpflichtet, die Klägerin nach der Gefahrtarifstelle 13 des Gefahrtarifs 2007 mit der Gefahrklasse 1,09 zu veranlagen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2007 der Beklagten.
Die Klägerin, eine Versicherungsmaklerin in der Rechtsform einer GmbH, war unter Geltung des Gefahrtarifs 1998 mit Bescheid vom 1. August 2000 in die Gefahrtarifstelle 27, Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Versicherungsfachmann, Versicherungsmakler" veranlagt worden. Dieselbe Veranlagung zum Gefahrtarif 2001 erfolgte mit Bescheid vom 28. Februar 2002. Nachdem der neue ab 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2008 geltende Gefahrtarif 2007 in Kraft getreten war, veranlagte die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 27. Juni 2007 zur Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler", Gefahrtarifstelle 19, Gefahrklasse 1,53.
Mit Widerspruch vom 11. Juli 2007 machte die Klägerin geltend, sie sei weder Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter noch Finanzmakler sondern Versicherungsmakler im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB). Folglich sei sie in die Gefahrtarifstelle 13 – "Makelndes und vermittelndes Unternehmen", Gefahrklasse 1,09 – einzustufen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2007 zurück, denn die Zuordnung der Klägerin zur Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparvertreter, Finanzmakler" sei zutreffend und die Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 13 "Makelndes und vermittelndes Unternehmen" wäre nicht sachgerecht. Dieser Unternehmensart gehörten Unternehmen an, die für einen Dritten als Geschäftspartner aufträten, entsprechende Konditionen aushandelten, den Vertragsabschluss tätigten bzw. vorbereiteten und von dem Vertragspartner eine Gebühr bzw. eine Provision erhielten, soweit sie nicht bereits einer spezielleren Unternehmensart zuzuordnen seien. Die namentliche Nennung von Versicherungsmaklern im Gefahrtarif 2007 sei zwar entfallen. Die Zugehörigkeit zur Gefahrtarifstelle 19 ergebe sich jedoch aus der Anlage "Hinweise zur Branchenzuordnung - Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften", welche der Klägerin mit dem Sicherheitsreport 1/2007 zugegangen sei. Die spezielle Unternehmensart für Versicherungsmakler sei "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler", da bereits seit 1998 Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter unter einer speziellen Unternehmensart getrennt von der allgemeinen Unternehmensart "Makelndes und vermittelndes Unternehmen" zusammengefasst worden seien.
Mit Klage vom 10. Dezember 2007 wandte die Klägerin sich vor dem Sozialgericht Darmstadt (Sozialgericht) gegen die Veranlagung zum Gefahrtarif 2007. Zur Begründung ihrer Klage führte sie aus, sie unterfalle als Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) nach den eigenen Ausführungen der Beklagten im Sicherheitsreport 1/2007 der Gefahrtarifstelle 13. Diese spreche von makelnden und vermittelnden Unternehmen, während die Gefahrtarifstelle 19 von Einzelpersonen ausgehe. Sie sei eine GmbH und damit ein Unternehmen.
Die Beklagte hat im Klageverfahren die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt und ergänzend vorgetragen, Versicherungsmakler ordne sie generell der Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler" zu. Darunter verstehe sie Unternehmen, die gegen eine Provision Versicherungs- oder Bausparverträge, Finanzierungen und Geldanlagen für ein Unternehmen vermitteln bzw. abschließen würden. Versicherungs- und Bausparkassenvertreter seien Handelsvertreter nach § 92 HGB, Finanzmakler seien Handelsmakler nach § 93 HGB. Dazu gehörten Finanz- und Anlagevermittler, Versicherungsfachleute und Versicherungsmakler. Die Veranlagung der Klägerin sei daher zutreffend erfolgt.
Mit Urteil vom 12. Mai 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 15.000,00 EUR festgesetzt. Die Beklagte habe die Klägerin auf der Grundlage des § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII zutreffend zur Gefahrtarifstelle 19 des Gefahrtarifs 2007 und zur Gefahrklasse 1,53 veranlagt. Der Gefahrtarif 2007 sei wirksam und verstoße weder gegen gesetzliche Vorschriften noch gegen die übrigen Satzungsbestimmungen der Beklagten. Die sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Gewerbezweig und damit zu einer bestimmten Gefahrengemeinschaft ergebenden finanziellen Folgen erforderten eine möglichst klare Definition der einzelnen Gewerbezweige bzw. Gefahrengemeinschaften. Die Gefahrtarifstelle 13 bilde lediglich einen Auffangtatbestand, der nur dann zum Zuge komme, wenn eine speziellere Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle scheitere, wie Teil II des Gefahrtarifs 2007 in Abs. 3 Satz 3 bestimme. Die Ausgliederungen von Unternehmensarten, die in bestimmten Bereichen vermittelnd und makelnd tätig seien, aus der Gefahrtarifstelle 13 und deren Zuordnung zu einer speziellen Gefahrtarifstelle sei von dem der Beklagten bei der Aufstellung von Gefahrtarifen eingeräumten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum gedeckt. Die Begriffe "Makler" und "Vermittler" seien hinreichend definiert und geeignet, den Gegenstand eines Unternehmens näher zu bestimmen. Makler kauften, verkauften und vermittelten Waren und Dienstleistungen aller Art, wobei sie Vertragsabschlüsse zwischen Dritten zustande brächten und dafür eine prozentual bemessene Provision erhielten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Vermittlers sei es, Beziehungen privater oder geschäftlicher Art herzustellen und damit andere Personen oder Unternehmen zu unterstützen. Die Beklagte habe die Klägerin somit zutreffend in die speziellere Gefahrtarifstelle 19 eingeordnet. Auch die Tatsache, dass sich der Versicherungsvertreter, der Bausparkassenvertreter, der Finanzmakler und der Versicherungsmakler in ihrem Berufsbild und den rechtlichen Grundlagen unterschieden, führe nicht dazu, aufgrund der tatsächlichen Risikosituation auch von einer derart unterschiedlichen gewerbetypischen Unfallgefahr auszugehen, die zwingend eine andere Zuordnung erforderlich machen würde.
Gegen das ihr am 22. Mai 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Juni 2009 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt mit der Begründung, die erstinstanzliche Entscheidung beinhalte im Wesentlichen allgemeine Ausführungen bezüglich ihrer Einstufung. Letztlich werde aber nicht nachvollziehbar begründet, warum sie als "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter oder Finanzmakler" gelten solle, obwohl sie Versicherungsmaklerin sei. Versicherungsmakler vermittelten Verträge zwischen Versicherungsgesellschaften und Versicherungsnehmern und seien Kaufleute nach dem Handelsrecht. Vertraglich seien sie nicht an eine Versicherungsgesellschaft gebunden – anders als Versicherungsvertreter, die ihren Beruf für einen Versicherer ausübten und im Lager des Versicherungsunternehmens stünden. Der Versicherungsnehmer zahle für die Dienstleistung des Versicherungsmaklers eine Courtage, die höher als die Provision sei, da der selbständige Versicherungsmakler umfangreichere Leistungen zu erbringen habe als der gebundene Versicherungsvermittler. Es handele sich bei beiden Gruppen mithin um unterschiedliche Berufsbilder. Dies differenziere auch der Katalog der Beklagten, der zwischen dem Versicherungsvertreter in Gefahrtarifstelle 19 und dem Makler in Gefahrtarifstelle 13 unterscheide. Der Versicherungsmakler unterfalle als Handelsmakler nach den eigenen Ausführungen der Beklagten im Sicherheitsreport 1/2007 (Seite 28) der Gefahrtarifstelle 13, wobei diese Gefahrtarifstelle auch besser zur Klägerin als Unternehmen passe. Die Klägerin hat zum Berufungsverfahren den Gesellschaftsvertrag vom 18. Januar 2007, ihren Internetauftritt in Papierform sowie den Sicherheitsreport der Beklagten Nr. 1/2007 überreicht und ausgeführt, die Beklagte dürfe sie nicht am Wortlaut des Gefahrtarifs 2007 vorbei in eine ungünstigere Gefahrtarifstelle einstufen unter Hinweis auf Ausführungen im Sicherheitsreport. Dies wäre so, als würde ein formelles Gesetz seinem Wortlaut widersprechend angewandt mit dem Hinweis auf Bundestagsdrucksachen, Plenarprotokolle oder Ähnlichem.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. November 2007 zu verurteilen, sie in die Gefahrtarifstelle 13 mit der Gefahrklasse 1,09 des Gefahrtarifs 2007 einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat entgegnet, sie habe die Klägerin zu Recht in die Gefahrtarifstelle 19 eingeordnet, wobei es sich um eine lex specialis gegenüber der Gefahrtarifstelle 13 als lex generalis handele. Unerheblich bleibe, ob die Klägerin Einzelunternehmen oder eine GmbH sei, da für die Einordnung der Unternehmensgegenstand entscheidend sei. Beide – Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler – vermittelten letztlich Versicherungen. Zur Erläuterung der Gefahrtarifstellen seien für den Gefahrtarif 2007 im Sicherheitsreport 1/2007 die "Hinweise zur Brachenzuordnung" ergänzend erstellt worden, die klarstellten, dass Versicherungsmakler eindeutig weiterhin gemeinsam mit den Versicherungsvertretern von der Gefahrtarifstelle 19 erfasst würden. Der Vertreterversammlung hätten diese Hinweise bei der Beschlussfassung zum Gefahrtarif vorgelegen und sie seien anschließend gleichzeitig mit dem Gefahrtarif 2007 im Sicherheitsreport veröffentlicht worden. Die Hinweise zur Brachenzuordnung seien daher zumindest eine authentische Auslegung des Willens des Satzungsgebers, so dass die Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 19 korrekt bleibe. Die Beklagte hat die Gefahrtarife 2001, 2009 und 2011 sowie die zum Veranlagungszeitpunkt im Juni 2007 gültige Satzung zur Gerichtsakte überreicht.
Der Berichterstatter hat den Diplom Kaufmann bei der Industrie- und Handelskammer A Stadt C. als sachverständigen Zeugen zur Erläuterung der Begriffe "Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler, Finanzmakler" gehört. Auf seine Ausführungen im Protokoll des Erörterungstermins vom 18. August 2010 wird Bezug genommen.
Im Übrigen haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die Einstufung der Klägerin auf der Basis des Gefahrtarifs 2011 sowie deren Beitragsveranlagung ab 1. Januar 2011 nicht streitig sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Denn die zwischen den Beteiligten streitige Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2007 der Beklagten war rechtswidrig und dem Antrag der Klägerin entsprechend zu korrigieren. Die Klägerin war als Versicherungsmaklerin nicht zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 1,53 sondern zur Gefahrtarifstelle 13 mit Gefahrklasse 1,09 für die Beitragsjahre 2007 und 2008 zu veranlagen.
Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist ab 1. Januar 1997 (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des Bundesversicherungsamtes als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII).
Den Gefahrtarif 2007, den das Bundesversicherungsamt am 18. Dezember 2006 genehmigt hat, hat die Beklagte zwecks Zuteilung der Unternehmensarten zu den Gefahrklassen in 33 Gefahrtarifstellen untergliedert, wobei er folgende in dem Streitverfahren relevante Gefahrtarifstellen vorsieht:
Gefahrtarifstelle Unternehmensart Gefahrklasse
13 Makelndes und vermittelndes Unternehmen 1,09
19 Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler 1,53
Teil II Nr. 1 Abs. 1 des Gefahrtarifs 2007 regelt: Die Veranlagung eines Unternehmens zur Gefahrklasse wird durch seine Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart bestimmt. Die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart richtet sich ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart geht der Zuordnung zu einer allgemeinen Unternehmensart vor.
Nach dem Rechtsstaatsprinzip bedürfen förmliche Gesetze als Rechtsnormen der Verkündung. Diese ist wesentlicher Bestandteil des Rechtssetzungsvorganges und Voraussetzung für die rechtliche Verbindlichkeit gegenüber den Normadressaten. Die Veröffentlichung kann insbesondere in der Tagespresse, Mitgliederzeitschriften der Versicherungsträger oder in öffentlichen Verkündungsblättern erfolgen (Schneider-Danwitz in: Schlegel-Voelzke, juris Praxis-Kommentar SGB IV, Anmerkung 74 zu § 34), wobei sich die Beklagte zur Veröffentlichung des Sicherheitsreports 1/2007 bedient hat. Dieser ist das amtliche Mitteilungsblatt der Beklagten mit vierteljährlicher Erscheinungsweise. Der Sicherheitsreport 1/2007 enthält auf Seiten 25 ff. den Gefahrtarif 2007 sowie auf Seiten 27 bis 30 die "Hinweise zu Branchenzuordnung – Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften". Zur Gefahrtarifstelle 13 "makelndes und vermittelndes Unternehmen" sollen nach den "Hinweisen" u.a. Handelsagenturen, Handelsmakler, Handelsvertreter, Immobilienmakler gehören, zur Gefahrtarifstelle 19 "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler" Finanz- und Anlagenvermittler, Versicherungsfachleute und Versicherungsmakler.
Der Gefahrtarif 2007 der Beklagten unterliegt – unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 158 Abs. 1 SGB VII – gerichtlicher Kontrolle. Der als Satzung erlassene Gefahrtarif (Beschluss des Bundessozialgerichts vom 30. November 2006 B 2 U 410/05 - juris) ist als autonomes Recht allerdings von den Gerichten nur daraufhin überprüfbar, ob er mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn dem Unfallversicherungsträger ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen ein gerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSGE 91, 128), innerhalb dessen er sich für die seines Erachtens zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste gefahrtarifliche Regelung entscheiden darf. Im Rahmen ihrer Satzungsautonomie und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben hat sich die Beklagte – wie die gewerblichen Unfallversicherungsträger allgemein – in nicht zu beanstandender Weise entschlossen, den Gefahrtarif nach Gewerbezweigen zu gliedern, da dieser Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen der Gesetze und der Verfassung vereinbar ist (ständige Rechtsprechung: bspw. Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05). Denn ein Gewerbezweigtarif rechtfertigt sich aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben. Für deren Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle kommt es neben Art und Gegenstand des Unternehmens entscheidend auf die im Unternehmen anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, wobei alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einzubeziehen sind (BSGE 27, 237, 241; 91, 128).
Wie das Sozialgericht in Übereinstimmung mit dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 18. Januar 2010 - L 1/4 2197/09) zu Recht festgestellt hat, begegnet der Gefahrtarif 2007 weder im Hinblick auf das Gewerbezweigprinzip noch hinsichtlich der Aufgliederung in 33 Gefahrtarifstellen noch bezüglich der Zusammenfassung einzelner Risikogemeinschaften in der jeweiligen Gefahrtarifstelle oder der jeweils errechneten Gefahrklasse rechtlichen Bedenken. Auch das in Teil II Nr. 1 Absatz 1 vorgesehene Regel-Ausnahme-Prinzip ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen ist insofern auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug zu nehmen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte hat indessen den formell und materiell rechtmäßigen Gefahrtarif 2007 bei Veranlagung der Klägerin fehlerhaft angewendet, indem sie die Klägerin als Versicherungsmaklerin in Gefahrtarifstelle 19 veranlagt hat, obwohl dort lediglich Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter und Finanzmakler genannt sind – nicht aber Versicherungsmakler, die noch in den vorhergehenden Gefahrtarifen 1998 und 2002 in der Gefahrtarifstelle 27 neben Versicherungsvertretern und Versicherungsfachmann ausdrücklich aufgeführt waren.
Veranlagungs- wie auch Beitragsbescheide müssen als eingreifende Verwaltungsakte im Hinblick auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden (BSGE 91, 128, 132; BSG in Sozialgerichtsbarkeit 1995, Seite 253; Urteil des BSG vom 28. November 2006 - B 2 U 10/05 R). Der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Vorbehalt des materiellen Gesetzes sowie das Gebot der ausreichenden Bestimmtheit von Gesetzen gelten auch für das Beitragsrecht der Sozialversicherung. Eingriffsakte der Verwaltung bedürfen danach einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind. Die Risikogruppen selbst sollen im Gefahrtarif nach äußerlich erkennbaren Merkmalen möglichst scharf gegeneinander abgegrenzt sein. Der Gefahrtarif soll nur solche Unterscheidungen treffen, die in der Praxis nicht allein durchführbar sondern auch zuverlässig kontrollierbar sind. Die Abgrenzung muss klar und praktikabel sein, was die Rechtsprechung nicht zuletzt unter Hinweis auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung fordert. (dazu: Schulz, Äquivalenzprinz und Berufsgenossenschaftsbeitrag, Die Berufsgenossenschaft 1991, 331; Schulz, Grundfrage des berufsgenossenschaftlichen Gefahrtarifs, Seiten 14 und 15 unter 1.1.2.2.2.; BSGE 91, 128, 133).
Auch wenn der Beklagten bezüglich der Aufstellung eines Gefahrtarifs ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht, ist ihr für die konkrete und korrekte Veranlagung eines Unternehmens für die Tarifzeit auf der Grundlage des Gefahrtarifs als Satzung der Beklagten kein Ermessen eingeräumt und ihre Entscheidung insoweit in vollem Umfange gerichtlich überprüfbar (BSG in SozR 2200 § 730 RVO Nr. 2; BSG in Breithaupt 1981, 1962, 1966). Wie jede andere Rechtsnorm ist auch der als Satzung erlassene Gefahrtarif eines Unfallversicherungsträgers bei der gerichtlichen Überprüfung der Veranlagung eines Unternehmens nach den allgemein bekannten juristischen Methoden auszulegen, wobei zunächst auf den Wortlaut abzustellen ist. Bei nicht eindeutigem und daher auslegungsbedürftigem Wortlaut sind allerdings auch der systematische Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte der Norm zu beachten (Beschluss des BSG vom 30. November 2006 - B 2 U 410/05 - sowie Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Februar 2006 - L 3 U 7/04 - juris; Urteil des Landessozialgerichts Sachsen vom 3. Februar 2005 - L 2 U 89/03).
Der Senat hat sich zur Definition und Erläuterung der in der Gefahrtarifstelle 19 verwendeten Begriffe "Versicherungsvertreter" und "Finanzmakler" sowie des dort nicht genannten Begriffes "Versicherungsmakler" der Mithilfe des sachverständigen Zeugen C. bedient, der als Diplom-Kaufmann bei der IHK A-Stadt auch für das Versicherungswesen zuständig und sachkundig ist und nach dessen Ausführungen im Erörterungstermin vom 18. August 2010 Versicherungsvertreter typischerweise als Selbstständige für ein oder mehrere Unternehmen Versicherungsverträge abschließen. In Einzelfällen kann der Versicherungsvertreter auch Angestellter des Versicherungsunternehmens sein. Nach Vertragsabschluss endet seine Tätigkeit und er übernimmt keine dauerhafte Betreuung des Kunden. Der Versicherungsvertreter wird vom vertretenden Unternehmen in Form einer Provision bezahlt. Anders als der Versicherungsvertreter, der als Angestellter oder Selbstständiger auf Seiten der Versicherungsgesellschaft steht, ist der Versicherungsmakler Sachwalter des Kunden, von dem er mit einer Courtage dafür bezahlt wird, dass er für den Kunden das beste Angebot aussucht und abschließt. Nach Vertragsabschluss und Zahlung der Courtage hat der Versicherungsmakler dem Kunden gegenüber eine intensive Betreuungsverpflichtung. Beide – Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler – vermitteln Versicherungen. Demgegenüber vermittelt ein Finanzmakler Finanzbeteiligungen und keine Versicherungen. Nur vereinzelt kann zur Absicherung eines Finanzproduktes auch einmal die Vermittlung einer Lebensversicherung in Betracht kommen.
Diesen Begrifflichkeiten entsprechend handelt es sich bei der Klägerin um eine Versicherungsmaklerin im Sinne des § 93 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Denn die Klägerin existiert seit 28. November 1983 und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Sie vermittelt gewerbsmäßig für andere Personen Verträge über Versicherungen, ohne von diesen aufgrund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein. Ihrem Vortrag entsprechend, der mit dem in Schriftform zur Gerichtsakte gereichten Internetauftritt übereinstimmt, hat sie sich auf die Vermittlung und Betreuung von Versicherungsverträgen für Gewerbe- und Industriebetriebe spezialisiert. Sie ist bei der IHK D. in GF. als Versicherungsmaklerin gemeldet und als solche im dortigen Vermittlerregister eingetragen. § 2 der Satzung der Beklagten bezeichnet als Gegenstand des Unternehmens der Klägerin zwar ganz allgemein die Übernahme von Dienstleistungen und Vermittlungen auf verschiedenen Gebieten, wobei neben Versicherungen beispielhaft auch Immobilien, Wertpapiere, Kapitalanlagen, Bausparen oder Finanzierungen genannt sind. Von diesen satzungsrechtlich zulässigen Geschäftsbereichen hat sie sich indessen auf das Geschäft des Versicherungsmaklers konzentriert, wie ihrem Vortrag und gleichlautenden Internetauftritt zu entnehmen ist und von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen wurde. Im Hinblick auf das für die gefahrtarifliche Veranlagung maßgebliche Unfallrisiko hat die Beklagte danach zutreffend auf die von der Klägerin faktisch ausgeübte Geschäftstätigkeit abgestellt und nicht auf andere satzungsrechtlich zulässige aber offensichtlich nicht praktizierte weitere Geschäftsfelder.
Indem die Beklagte in den "Hinweisen zur Branchenzuordnung" zum Gefahrtarif 2007 zur "Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften" neben Finanz- und Anlagenvermittler auch Versicherungsfachleute und "Versicherungsmakler" als zur Gefahrtarifstelle 19 gehörig bezeichnet, geht sie über den nach vorstehenden Ausführungen eindeutigen Wortlaut des Gefahrtarifs 2007 hinaus, da danach der Begriff "Versicherungsvertreter" nicht den des "Versicherungsmaklers" beinhaltet, als Oberbegriff vielmehr der "Versicherungsvermittler" anzusehen ist, dessen die Beklagte sich im Gefahrtarif 2011 bedient mit dem Ergebnis, dass seitdem kein Streit mehr zwischen den Beteiligten über die gefahrtarifliche Veranlagung der Klägerin besteht. Ein Gefahrtarif muss als Rechtsgrundlage für eingreifende Verwaltungsakte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Mitglieder des Unfallversicherungsträgers aus sich heraus verständlich sein, sodass dessen Regelungen vom Empfängerhorizont des Versicherten aus nachvollziehbar sind. Die vom Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde nach § 158 Abs. 1 SGB VII genehmigte Fassung des Gefahrtarifs darf der Unfallversicherungsträger durch "Hinweise zur Branchenzuordnung" erläutern, aber nicht im Wortlaut verändern, zumal anderenfalls die Gefahr bestünde, dass das Genehmigungserfordernis aus § 158 Abs. 1 SGB VII umgangen wird (ebenso: Wannagat, Sozialversicherungsrecht, Eichenhofer, Wenner, SGB VII, Anm. 28 zu § 157). Die Beklagte praktiziert damit eine vom Wortlaut nicht mehr gedeckte Auslegung, indem sie – entgegen der noch bis 1998 und 2001 in den Gefahrtarifstellen 29 praktizierten Regelung – in der Gefahrtarifstelle 19 des Gefahrtarifs 2007 die Berufsgruppe der Versicherungsmakler nicht mehr aufführt, dieselbe aber durch die erläuternden Hinweise wieder hinzufügen will.
Diese Vorgehensweise widerspricht nicht nur dem Wortlaut, sie ist auch mit der dem Gefahrtarif 2007 von der Beklagten zu Grunde gelegten Systematik nicht vereinbar. Denn der Gefahrtarif 2007 sieht in Gefahrtarifstelle 13 entsprechend Teil II Nr. 1 Abs. 1 für "makelnde und vermittelnde Unternehmen" eine "Auffanggefahrklasse" als lex generalis vor, die eingreift, wenn eine Unternehmensart keiner spezielleren Unternehmensart zuzurechnen ist. Anders als die Versicherungsvertreter, die im Gefahrtarif 2007 als spezielle Unternehmensart weiter der Gefahrtarifstelle 19 zugeordnet werden, erfolgte eine solche Zuordnung – anders als 1998 und 2001 – für Versicherungsmakler nicht mehr, wurde vielmehr mit Verwendungen des sowohl Versicherungsvertreter als auch Versicherungsmakler umfassenden Begriffes "Versicherungsvermittler" erst in dem Gefahrtarif 2011 wieder aufgenommen.
Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (a.a.O.) nicht, das davon ausgeht, dass die Beklagte mit der Gefahrtarifstelle 19 "für die Versicherungsbranche eine spezielle Gefahrtarifstelle vorsieht". Denn diese Rechtsauffassung überzeugt aus zwei Gründen nicht: Zum einen ist sie nicht am Wortlaut der Ermächtigungsnorm orientiert, stellt insbesondere nicht klar, inwiefern der Begriff des "Versicherungsvermittlers" den des "Versicherungsmaklers" mit umfassen soll. Zum anderen verkennt die Entscheidung, dass die Beklagte keine spezielle, die "Versicherungsbranche" erfassende Gefahrtarifstelle 19 geschaffen hat. Denn der Gefahrtarif 2007 ordnet den vermutlich größten Bereich der Versicherungsbranche der Gefahrtarifstelle 2 "Versicherungsunternehmen, Sozialversicherungsträger" mit der Gefahrklasse 0,45 zu, hat sodann Versicherungsvertreter der speziellen Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 1,53 zugewiesen und hat in der Gefahrklasse 13 als "lex generalis" die übrigen makelnden und vermittelnden Unternehmen mit der Gefahrklasse 1,09 eingestuft. Dabei handelt es sich um eine abgestufte und vom Wortlaut her differenzierte Regelung, sodass von einer die gesamte Versicherungsbranche erfassende Gefahrtarifstelle 19 keine Rede sein kann.
Der Beklagten mag zuzugeben sein, dass sie beabsichtigt haben mag, Versicherungsmakler ebenso wie noch im Gefahrtarif 2001 und wieder ab dem Gefahrtarif 2011 auch im Gefahrtarif 2007 derselben Gefahrtarifstelle wie Versicherungsvertreter zuzuordnen. Indessen entbindet eine ständige Übung und ein interner Vorbehalt des Satzungsgebers, selbst wenn dieser schon von der Vertretersammlung abgesegnet worden ist (dazu BSG in Breithaupt 1981, 962), nicht von dem Gebot, am Wortlaut des vom Bundesversicherungsamt genehmigten Gefahrtarifs festzuhalten, der im Falle der Abgrenzung der Versicherungsvertreter von den Versicherungsmaklern zu einer eindeutigen Differenzierung und im Wege der systematischen Anwendung des Gefahrtarifs 2007 zu einer von der früheren Praxis der Beklagten, die sie 2011 wieder aufgenommen hat, abweichenden Veranlagung der Versicherungsmakler führt.
Der Senat hatte danach die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben. Er hat dies auch im Hinblick auf die Festsetzung des Streitwertes getan, die nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zu erfolgen hatte. Der Senat hatte den Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 GKG). Unter Berücksichtigung des aktuellen Streitwertkataloges für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 (NZS 2007, 472 VIII 2.1) und im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Beschlüsse vom 3. Mai 2009 - B 2 U 415/05 B - und vom 30. November 2006 - B 2 U 410/05 B), beträgt der Streitwert in einem Rechtstreit über einen Veranlagungsbescheid bei einer Tarifzeit von maximal sechs Jahren und damit einem erheblichen Gewicht grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Das Sozialgericht hatte sich insoweit am Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert. Der Senat hält indessen an seiner Rechtsprechung fest, dass bei einer die Maximaldauer von sechs Jahren (§ 157 Abs. 5 SGB VII) deutlich unterschreitenden Laufzeit eines Gefahrtarifs sowie nur geringer wirtschaftlicher Bedeutung im konkreten Einzelfall auch ein geringerer Streitwert der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache gerecht wird (Beschluss vom 14. März 2011 - L 3 B 65/06 U). Da der Gefahrtarif 2007 der Beklagten nur eine Laufzeit von zwei Jahren hatte und die Beitragsdifferenz für die Jahre 2007 und 2008 nach Mitteilung der Beklagten im Schriftsatz vom 3. Januar 2008 pro Jahr nur im niedrigen dreistelligen Eurobereich liegt, hält der Senat den einfachen Regelstreitwert für beide Instanzen gemäß § 52 Abs. 2 GKG für ausreichend und der wirtschaftlichen Bedeutung angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2007 der Beklagten.
Die Klägerin, eine Versicherungsmaklerin in der Rechtsform einer GmbH, war unter Geltung des Gefahrtarifs 1998 mit Bescheid vom 1. August 2000 in die Gefahrtarifstelle 27, Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Versicherungsfachmann, Versicherungsmakler" veranlagt worden. Dieselbe Veranlagung zum Gefahrtarif 2001 erfolgte mit Bescheid vom 28. Februar 2002. Nachdem der neue ab 1. Januar 2007 bis zum 31. Dezember 2008 geltende Gefahrtarif 2007 in Kraft getreten war, veranlagte die Beklagte die Klägerin mit Bescheid vom 27. Juni 2007 zur Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler", Gefahrtarifstelle 19, Gefahrklasse 1,53.
Mit Widerspruch vom 11. Juli 2007 machte die Klägerin geltend, sie sei weder Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter noch Finanzmakler sondern Versicherungsmakler im Sinne des Handelsgesetzbuches (HGB). Folglich sei sie in die Gefahrtarifstelle 13 – "Makelndes und vermittelndes Unternehmen", Gefahrklasse 1,09 – einzustufen. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 8. November 2007 zurück, denn die Zuordnung der Klägerin zur Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparvertreter, Finanzmakler" sei zutreffend und die Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 13 "Makelndes und vermittelndes Unternehmen" wäre nicht sachgerecht. Dieser Unternehmensart gehörten Unternehmen an, die für einen Dritten als Geschäftspartner aufträten, entsprechende Konditionen aushandelten, den Vertragsabschluss tätigten bzw. vorbereiteten und von dem Vertragspartner eine Gebühr bzw. eine Provision erhielten, soweit sie nicht bereits einer spezielleren Unternehmensart zuzuordnen seien. Die namentliche Nennung von Versicherungsmaklern im Gefahrtarif 2007 sei zwar entfallen. Die Zugehörigkeit zur Gefahrtarifstelle 19 ergebe sich jedoch aus der Anlage "Hinweise zur Branchenzuordnung - Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften", welche der Klägerin mit dem Sicherheitsreport 1/2007 zugegangen sei. Die spezielle Unternehmensart für Versicherungsmakler sei "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler", da bereits seit 1998 Versicherungsmakler und Versicherungsvertreter unter einer speziellen Unternehmensart getrennt von der allgemeinen Unternehmensart "Makelndes und vermittelndes Unternehmen" zusammengefasst worden seien.
Mit Klage vom 10. Dezember 2007 wandte die Klägerin sich vor dem Sozialgericht Darmstadt (Sozialgericht) gegen die Veranlagung zum Gefahrtarif 2007. Zur Begründung ihrer Klage führte sie aus, sie unterfalle als Handelsmakler im Sinne der §§ 93 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) nach den eigenen Ausführungen der Beklagten im Sicherheitsreport 1/2007 der Gefahrtarifstelle 13. Diese spreche von makelnden und vermittelnden Unternehmen, während die Gefahrtarifstelle 19 von Einzelpersonen ausgehe. Sie sei eine GmbH und damit ein Unternehmen.
Die Beklagte hat im Klageverfahren die Ausführungen aus dem Widerspruchsbescheid wiederholt und ergänzend vorgetragen, Versicherungsmakler ordne sie generell der Unternehmensart "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler" zu. Darunter verstehe sie Unternehmen, die gegen eine Provision Versicherungs- oder Bausparverträge, Finanzierungen und Geldanlagen für ein Unternehmen vermitteln bzw. abschließen würden. Versicherungs- und Bausparkassenvertreter seien Handelsvertreter nach § 92 HGB, Finanzmakler seien Handelsmakler nach § 93 HGB. Dazu gehörten Finanz- und Anlagevermittler, Versicherungsfachleute und Versicherungsmakler. Die Veranlagung der Klägerin sei daher zutreffend erfolgt.
Mit Urteil vom 12. Mai 2009 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und den Streitwert auf 15.000,00 EUR festgesetzt. Die Beklagte habe die Klägerin auf der Grundlage des § 159 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - SGB VII zutreffend zur Gefahrtarifstelle 19 des Gefahrtarifs 2007 und zur Gefahrklasse 1,53 veranlagt. Der Gefahrtarif 2007 sei wirksam und verstoße weder gegen gesetzliche Vorschriften noch gegen die übrigen Satzungsbestimmungen der Beklagten. Die sich aus der Zuordnung zu einem bestimmten Gewerbezweig und damit zu einer bestimmten Gefahrengemeinschaft ergebenden finanziellen Folgen erforderten eine möglichst klare Definition der einzelnen Gewerbezweige bzw. Gefahrengemeinschaften. Die Gefahrtarifstelle 13 bilde lediglich einen Auffangtatbestand, der nur dann zum Zuge komme, wenn eine speziellere Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle scheitere, wie Teil II des Gefahrtarifs 2007 in Abs. 3 Satz 3 bestimme. Die Ausgliederungen von Unternehmensarten, die in bestimmten Bereichen vermittelnd und makelnd tätig seien, aus der Gefahrtarifstelle 13 und deren Zuordnung zu einer speziellen Gefahrtarifstelle sei von dem der Beklagten bei der Aufstellung von Gefahrtarifen eingeräumten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum gedeckt. Die Begriffe "Makler" und "Vermittler" seien hinreichend definiert und geeignet, den Gegenstand eines Unternehmens näher zu bestimmen. Makler kauften, verkauften und vermittelten Waren und Dienstleistungen aller Art, wobei sie Vertragsabschlüsse zwischen Dritten zustande brächten und dafür eine prozentual bemessene Provision erhielten. Der Schwerpunkt der Tätigkeit eines Vermittlers sei es, Beziehungen privater oder geschäftlicher Art herzustellen und damit andere Personen oder Unternehmen zu unterstützen. Die Beklagte habe die Klägerin somit zutreffend in die speziellere Gefahrtarifstelle 19 eingeordnet. Auch die Tatsache, dass sich der Versicherungsvertreter, der Bausparkassenvertreter, der Finanzmakler und der Versicherungsmakler in ihrem Berufsbild und den rechtlichen Grundlagen unterschieden, führe nicht dazu, aufgrund der tatsächlichen Risikosituation auch von einer derart unterschiedlichen gewerbetypischen Unfallgefahr auszugehen, die zwingend eine andere Zuordnung erforderlich machen würde.
Gegen das ihr am 22. Mai 2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Juni 2009 beim Hessischen Landessozialgericht Berufung eingelegt mit der Begründung, die erstinstanzliche Entscheidung beinhalte im Wesentlichen allgemeine Ausführungen bezüglich ihrer Einstufung. Letztlich werde aber nicht nachvollziehbar begründet, warum sie als "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter oder Finanzmakler" gelten solle, obwohl sie Versicherungsmaklerin sei. Versicherungsmakler vermittelten Verträge zwischen Versicherungsgesellschaften und Versicherungsnehmern und seien Kaufleute nach dem Handelsrecht. Vertraglich seien sie nicht an eine Versicherungsgesellschaft gebunden – anders als Versicherungsvertreter, die ihren Beruf für einen Versicherer ausübten und im Lager des Versicherungsunternehmens stünden. Der Versicherungsnehmer zahle für die Dienstleistung des Versicherungsmaklers eine Courtage, die höher als die Provision sei, da der selbständige Versicherungsmakler umfangreichere Leistungen zu erbringen habe als der gebundene Versicherungsvermittler. Es handele sich bei beiden Gruppen mithin um unterschiedliche Berufsbilder. Dies differenziere auch der Katalog der Beklagten, der zwischen dem Versicherungsvertreter in Gefahrtarifstelle 19 und dem Makler in Gefahrtarifstelle 13 unterscheide. Der Versicherungsmakler unterfalle als Handelsmakler nach den eigenen Ausführungen der Beklagten im Sicherheitsreport 1/2007 (Seite 28) der Gefahrtarifstelle 13, wobei diese Gefahrtarifstelle auch besser zur Klägerin als Unternehmen passe. Die Klägerin hat zum Berufungsverfahren den Gesellschaftsvertrag vom 18. Januar 2007, ihren Internetauftritt in Papierform sowie den Sicherheitsreport der Beklagten Nr. 1/2007 überreicht und ausgeführt, die Beklagte dürfe sie nicht am Wortlaut des Gefahrtarifs 2007 vorbei in eine ungünstigere Gefahrtarifstelle einstufen unter Hinweis auf Ausführungen im Sicherheitsreport. Dies wäre so, als würde ein formelles Gesetz seinem Wortlaut widersprechend angewandt mit dem Hinweis auf Bundestagsdrucksachen, Plenarprotokolle oder Ähnlichem.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 12. Mai 2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. November 2007 zu verurteilen, sie in die Gefahrtarifstelle 13 mit der Gefahrklasse 1,09 des Gefahrtarifs 2007 einzustufen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat entgegnet, sie habe die Klägerin zu Recht in die Gefahrtarifstelle 19 eingeordnet, wobei es sich um eine lex specialis gegenüber der Gefahrtarifstelle 13 als lex generalis handele. Unerheblich bleibe, ob die Klägerin Einzelunternehmen oder eine GmbH sei, da für die Einordnung der Unternehmensgegenstand entscheidend sei. Beide – Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler – vermittelten letztlich Versicherungen. Zur Erläuterung der Gefahrtarifstellen seien für den Gefahrtarif 2007 im Sicherheitsreport 1/2007 die "Hinweise zur Brachenzuordnung" ergänzend erstellt worden, die klarstellten, dass Versicherungsmakler eindeutig weiterhin gemeinsam mit den Versicherungsvertretern von der Gefahrtarifstelle 19 erfasst würden. Der Vertreterversammlung hätten diese Hinweise bei der Beschlussfassung zum Gefahrtarif vorgelegen und sie seien anschließend gleichzeitig mit dem Gefahrtarif 2007 im Sicherheitsreport veröffentlicht worden. Die Hinweise zur Brachenzuordnung seien daher zumindest eine authentische Auslegung des Willens des Satzungsgebers, so dass die Zuordnung der Klägerin zur Gefahrtarifstelle 19 korrekt bleibe. Die Beklagte hat die Gefahrtarife 2001, 2009 und 2011 sowie die zum Veranlagungszeitpunkt im Juni 2007 gültige Satzung zur Gerichtsakte überreicht.
Der Berichterstatter hat den Diplom Kaufmann bei der Industrie- und Handelskammer A Stadt C. als sachverständigen Zeugen zur Erläuterung der Begriffe "Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler, Finanzmakler" gehört. Auf seine Ausführungen im Protokoll des Erörterungstermins vom 18. August 2010 wird Bezug genommen.
Im Übrigen haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass die Einstufung der Klägerin auf der Basis des Gefahrtarifs 2011 sowie deren Beitragsveranlagung ab 1. Januar 2011 nicht streitig sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand des Verfahrens gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht erhobene (§ 151 Abs. 1 SGG) zulässige Berufung der Klägerin ist begründet. Denn die zwischen den Beteiligten streitige Veranlagung der Klägerin zum Gefahrtarif 2007 der Beklagten war rechtswidrig und dem Antrag der Klägerin entsprechend zu korrigieren. Die Klägerin war als Versicherungsmaklerin nicht zur Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 1,53 sondern zur Gefahrtarifstelle 13 mit Gefahrklasse 1,09 für die Beitragsjahre 2007 und 2008 zu veranlagen.
Rechtsgrundlage für die Veranlagung eines Unternehmens ist ab 1. Januar 1997 (§ 219 Abs. 1 Satz 1 SGB VII) § 159 Abs. 1 Satz 1 SGB VII, wonach der Unfallversicherungsträger die Unternehmen für die Tarifzeit nach dem Gefahrtarif zu den Gefahrklassen veranlagt. Der Unfallversicherungsträger erstellt einen Gefahrtarif als autonomes Recht, in dem zur Abstufung der Beiträge nach dem Grad der Unfallgefahr Gefahrklassen festzustellen sind (§ 157 Abs. 1 Sätze 1 und 2 SGB VII). Der Gefahrtarif wird nach Tarifstellen gegliedert, in denen Gefahrgemeinschaften nach Gefährdungsrisiken unter Berücksichtigung eines versicherungsmäßigen Risikoausgleiches gebildet werden (§ 157 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind der Finanzbedarf, die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen (§ 153 Abs. 1 SGB VII). Die Gefahrklassen werden aus dem Verhältnis der gezahlten Leistungen zu den Arbeitsentgelten berechnet (§ 157 Abs. 3 SGB VII). Der Gefahrtarif und jede seiner Änderungen bedürfen der Genehmigung des Bundesversicherungsamtes als Aufsichtsbehörde (§ 158 Abs. 1 SGB VII).
Den Gefahrtarif 2007, den das Bundesversicherungsamt am 18. Dezember 2006 genehmigt hat, hat die Beklagte zwecks Zuteilung der Unternehmensarten zu den Gefahrklassen in 33 Gefahrtarifstellen untergliedert, wobei er folgende in dem Streitverfahren relevante Gefahrtarifstellen vorsieht:
Gefahrtarifstelle Unternehmensart Gefahrklasse
13 Makelndes und vermittelndes Unternehmen 1,09
19 Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler 1,53
Teil II Nr. 1 Abs. 1 des Gefahrtarifs 2007 regelt: Die Veranlagung eines Unternehmens zur Gefahrklasse wird durch seine Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart bestimmt. Die Zugehörigkeit zu einer Unternehmensart richtet sich ausschließlich nach Art und Gegenstand des Unternehmens. Die Zuordnung zu einer spezielleren Unternehmensart geht der Zuordnung zu einer allgemeinen Unternehmensart vor.
Nach dem Rechtsstaatsprinzip bedürfen förmliche Gesetze als Rechtsnormen der Verkündung. Diese ist wesentlicher Bestandteil des Rechtssetzungsvorganges und Voraussetzung für die rechtliche Verbindlichkeit gegenüber den Normadressaten. Die Veröffentlichung kann insbesondere in der Tagespresse, Mitgliederzeitschriften der Versicherungsträger oder in öffentlichen Verkündungsblättern erfolgen (Schneider-Danwitz in: Schlegel-Voelzke, juris Praxis-Kommentar SGB IV, Anmerkung 74 zu § 34), wobei sich die Beklagte zur Veröffentlichung des Sicherheitsreports 1/2007 bedient hat. Dieser ist das amtliche Mitteilungsblatt der Beklagten mit vierteljährlicher Erscheinungsweise. Der Sicherheitsreport 1/2007 enthält auf Seiten 25 ff. den Gefahrtarif 2007 sowie auf Seiten 27 bis 30 die "Hinweise zu Branchenzuordnung – Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften". Zur Gefahrtarifstelle 13 "makelndes und vermittelndes Unternehmen" sollen nach den "Hinweisen" u.a. Handelsagenturen, Handelsmakler, Handelsvertreter, Immobilienmakler gehören, zur Gefahrtarifstelle 19 "Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter, Finanzmakler" Finanz- und Anlagenvermittler, Versicherungsfachleute und Versicherungsmakler.
Der Gefahrtarif 2007 der Beklagten unterliegt – unbeschadet der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde gemäß § 158 Abs. 1 SGB VII – gerichtlicher Kontrolle. Der als Satzung erlassene Gefahrtarif (Beschluss des Bundessozialgerichts vom 30. November 2006 B 2 U 410/05 - juris) ist als autonomes Recht allerdings von den Gerichten nur daraufhin überprüfbar, ob er mit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage und mit sonstigem höherrangigem Recht vereinbar ist. Denn dem Unfallversicherungsträger ist innerhalb der gesetzlichen Grenzen ein gerichtlich nicht überprüfbarer Gestaltungsspielraum eingeräumt (BSGE 91, 128), innerhalb dessen er sich für die seines Erachtens zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste gefahrtarifliche Regelung entscheiden darf. Im Rahmen ihrer Satzungsautonomie und in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben hat sich die Beklagte – wie die gewerblichen Unfallversicherungsträger allgemein – in nicht zu beanstandender Weise entschlossen, den Gefahrtarif nach Gewerbezweigen zu gliedern, da dieser Grundsatz mit den Zielvorstellungen und Wertentscheidungen der Gesetze und der Verfassung vereinbar ist (ständige Rechtsprechung: bspw. Urteil des Bundessozialgerichts vom 21. März 2006 - B 2 U 2/05). Denn ein Gewerbezweigtarif rechtfertigt sich aus der Gleichartigkeit der Unfallrisiken und Präventionserfordernisse bei technologisch verwandten Betrieben. Für deren Zuordnung zu einer Gefahrtarifstelle kommt es neben Art und Gegenstand des Unternehmens entscheidend auf die im Unternehmen anzutreffenden Arbeitsbedingungen an, wobei alle das Gefährdungsrisiko beeinflussenden Faktoren einzubeziehen sind (BSGE 27, 237, 241; 91, 128).
Wie das Sozialgericht in Übereinstimmung mit dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 18. Januar 2010 - L 1/4 2197/09) zu Recht festgestellt hat, begegnet der Gefahrtarif 2007 weder im Hinblick auf das Gewerbezweigprinzip noch hinsichtlich der Aufgliederung in 33 Gefahrtarifstellen noch bezüglich der Zusammenfassung einzelner Risikogemeinschaften in der jeweiligen Gefahrtarifstelle oder der jeweils errechneten Gefahrklasse rechtlichen Bedenken. Auch das in Teil II Nr. 1 Absatz 1 vorgesehene Regel-Ausnahme-Prinzip ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen ist insofern auf die erstinstanzliche Entscheidung Bezug zu nehmen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte hat indessen den formell und materiell rechtmäßigen Gefahrtarif 2007 bei Veranlagung der Klägerin fehlerhaft angewendet, indem sie die Klägerin als Versicherungsmaklerin in Gefahrtarifstelle 19 veranlagt hat, obwohl dort lediglich Versicherungsvertreter, Bausparkassenvertreter und Finanzmakler genannt sind – nicht aber Versicherungsmakler, die noch in den vorhergehenden Gefahrtarifen 1998 und 2002 in der Gefahrtarifstelle 27 neben Versicherungsvertretern und Versicherungsfachmann ausdrücklich aufgeführt waren.
Veranlagungs- wie auch Beitragsbescheide müssen als eingreifende Verwaltungsakte im Hinblick auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung auf einer klaren rechtlichen und tatsächlichen Grundlage erlassen werden (BSGE 91, 128, 132; BSG in Sozialgerichtsbarkeit 1995, Seite 253; Urteil des BSG vom 28. November 2006 - B 2 U 10/05 R). Der aus dem Rechtsstaatsprinzip resultierende Vorbehalt des materiellen Gesetzes sowie das Gebot der ausreichenden Bestimmtheit von Gesetzen gelten auch für das Beitragsrecht der Sozialversicherung. Eingriffsakte der Verwaltung bedürfen danach einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind. Die Risikogruppen selbst sollen im Gefahrtarif nach äußerlich erkennbaren Merkmalen möglichst scharf gegeneinander abgegrenzt sein. Der Gefahrtarif soll nur solche Unterscheidungen treffen, die in der Praxis nicht allein durchführbar sondern auch zuverlässig kontrollierbar sind. Die Abgrenzung muss klar und praktikabel sein, was die Rechtsprechung nicht zuletzt unter Hinweis auf die finanziellen Folgen der Tarifstellenzuordnung fordert. (dazu: Schulz, Äquivalenzprinz und Berufsgenossenschaftsbeitrag, Die Berufsgenossenschaft 1991, 331; Schulz, Grundfrage des berufsgenossenschaftlichen Gefahrtarifs, Seiten 14 und 15 unter 1.1.2.2.2.; BSGE 91, 128, 133).
Auch wenn der Beklagten bezüglich der Aufstellung eines Gefahrtarifs ein erheblicher Beurteilungsspielraum zusteht, ist ihr für die konkrete und korrekte Veranlagung eines Unternehmens für die Tarifzeit auf der Grundlage des Gefahrtarifs als Satzung der Beklagten kein Ermessen eingeräumt und ihre Entscheidung insoweit in vollem Umfange gerichtlich überprüfbar (BSG in SozR 2200 § 730 RVO Nr. 2; BSG in Breithaupt 1981, 1962, 1966). Wie jede andere Rechtsnorm ist auch der als Satzung erlassene Gefahrtarif eines Unfallversicherungsträgers bei der gerichtlichen Überprüfung der Veranlagung eines Unternehmens nach den allgemein bekannten juristischen Methoden auszulegen, wobei zunächst auf den Wortlaut abzustellen ist. Bei nicht eindeutigem und daher auslegungsbedürftigem Wortlaut sind allerdings auch der systematische Zusammenhang, Sinn und Zweck sowie die Entstehungsgeschichte der Norm zu beachten (Beschluss des BSG vom 30. November 2006 - B 2 U 410/05 - sowie Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 2. Februar 2006 - L 3 U 7/04 - juris; Urteil des Landessozialgerichts Sachsen vom 3. Februar 2005 - L 2 U 89/03).
Der Senat hat sich zur Definition und Erläuterung der in der Gefahrtarifstelle 19 verwendeten Begriffe "Versicherungsvertreter" und "Finanzmakler" sowie des dort nicht genannten Begriffes "Versicherungsmakler" der Mithilfe des sachverständigen Zeugen C. bedient, der als Diplom-Kaufmann bei der IHK A-Stadt auch für das Versicherungswesen zuständig und sachkundig ist und nach dessen Ausführungen im Erörterungstermin vom 18. August 2010 Versicherungsvertreter typischerweise als Selbstständige für ein oder mehrere Unternehmen Versicherungsverträge abschließen. In Einzelfällen kann der Versicherungsvertreter auch Angestellter des Versicherungsunternehmens sein. Nach Vertragsabschluss endet seine Tätigkeit und er übernimmt keine dauerhafte Betreuung des Kunden. Der Versicherungsvertreter wird vom vertretenden Unternehmen in Form einer Provision bezahlt. Anders als der Versicherungsvertreter, der als Angestellter oder Selbstständiger auf Seiten der Versicherungsgesellschaft steht, ist der Versicherungsmakler Sachwalter des Kunden, von dem er mit einer Courtage dafür bezahlt wird, dass er für den Kunden das beste Angebot aussucht und abschließt. Nach Vertragsabschluss und Zahlung der Courtage hat der Versicherungsmakler dem Kunden gegenüber eine intensive Betreuungsverpflichtung. Beide – Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler – vermitteln Versicherungen. Demgegenüber vermittelt ein Finanzmakler Finanzbeteiligungen und keine Versicherungen. Nur vereinzelt kann zur Absicherung eines Finanzproduktes auch einmal die Vermittlung einer Lebensversicherung in Betracht kommen.
Diesen Begrifflichkeiten entsprechend handelt es sich bei der Klägerin um eine Versicherungsmaklerin im Sinne des § 93 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB). Denn die Klägerin existiert seit 28. November 1983 und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Sie vermittelt gewerbsmäßig für andere Personen Verträge über Versicherungen, ohne von diesen aufgrund eines Vertragsverhältnisses ständig damit betraut zu sein. Ihrem Vortrag entsprechend, der mit dem in Schriftform zur Gerichtsakte gereichten Internetauftritt übereinstimmt, hat sie sich auf die Vermittlung und Betreuung von Versicherungsverträgen für Gewerbe- und Industriebetriebe spezialisiert. Sie ist bei der IHK D. in GF. als Versicherungsmaklerin gemeldet und als solche im dortigen Vermittlerregister eingetragen. § 2 der Satzung der Beklagten bezeichnet als Gegenstand des Unternehmens der Klägerin zwar ganz allgemein die Übernahme von Dienstleistungen und Vermittlungen auf verschiedenen Gebieten, wobei neben Versicherungen beispielhaft auch Immobilien, Wertpapiere, Kapitalanlagen, Bausparen oder Finanzierungen genannt sind. Von diesen satzungsrechtlich zulässigen Geschäftsbereichen hat sie sich indessen auf das Geschäft des Versicherungsmaklers konzentriert, wie ihrem Vortrag und gleichlautenden Internetauftritt zu entnehmen ist und von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen wurde. Im Hinblick auf das für die gefahrtarifliche Veranlagung maßgebliche Unfallrisiko hat die Beklagte danach zutreffend auf die von der Klägerin faktisch ausgeübte Geschäftstätigkeit abgestellt und nicht auf andere satzungsrechtlich zulässige aber offensichtlich nicht praktizierte weitere Geschäftsfelder.
Indem die Beklagte in den "Hinweisen zur Branchenzuordnung" zum Gefahrtarif 2007 zur "Abgrenzung der Gefahrengemeinschaften" neben Finanz- und Anlagenvermittler auch Versicherungsfachleute und "Versicherungsmakler" als zur Gefahrtarifstelle 19 gehörig bezeichnet, geht sie über den nach vorstehenden Ausführungen eindeutigen Wortlaut des Gefahrtarifs 2007 hinaus, da danach der Begriff "Versicherungsvertreter" nicht den des "Versicherungsmaklers" beinhaltet, als Oberbegriff vielmehr der "Versicherungsvermittler" anzusehen ist, dessen die Beklagte sich im Gefahrtarif 2011 bedient mit dem Ergebnis, dass seitdem kein Streit mehr zwischen den Beteiligten über die gefahrtarifliche Veranlagung der Klägerin besteht. Ein Gefahrtarif muss als Rechtsgrundlage für eingreifende Verwaltungsakte mit erheblichen finanziellen Folgen für die Mitglieder des Unfallversicherungsträgers aus sich heraus verständlich sein, sodass dessen Regelungen vom Empfängerhorizont des Versicherten aus nachvollziehbar sind. Die vom Bundesversicherungsamt als Aufsichtsbehörde nach § 158 Abs. 1 SGB VII genehmigte Fassung des Gefahrtarifs darf der Unfallversicherungsträger durch "Hinweise zur Branchenzuordnung" erläutern, aber nicht im Wortlaut verändern, zumal anderenfalls die Gefahr bestünde, dass das Genehmigungserfordernis aus § 158 Abs. 1 SGB VII umgangen wird (ebenso: Wannagat, Sozialversicherungsrecht, Eichenhofer, Wenner, SGB VII, Anm. 28 zu § 157). Die Beklagte praktiziert damit eine vom Wortlaut nicht mehr gedeckte Auslegung, indem sie – entgegen der noch bis 1998 und 2001 in den Gefahrtarifstellen 29 praktizierten Regelung – in der Gefahrtarifstelle 19 des Gefahrtarifs 2007 die Berufsgruppe der Versicherungsmakler nicht mehr aufführt, dieselbe aber durch die erläuternden Hinweise wieder hinzufügen will.
Diese Vorgehensweise widerspricht nicht nur dem Wortlaut, sie ist auch mit der dem Gefahrtarif 2007 von der Beklagten zu Grunde gelegten Systematik nicht vereinbar. Denn der Gefahrtarif 2007 sieht in Gefahrtarifstelle 13 entsprechend Teil II Nr. 1 Abs. 1 für "makelnde und vermittelnde Unternehmen" eine "Auffanggefahrklasse" als lex generalis vor, die eingreift, wenn eine Unternehmensart keiner spezielleren Unternehmensart zuzurechnen ist. Anders als die Versicherungsvertreter, die im Gefahrtarif 2007 als spezielle Unternehmensart weiter der Gefahrtarifstelle 19 zugeordnet werden, erfolgte eine solche Zuordnung – anders als 1998 und 2001 – für Versicherungsmakler nicht mehr, wurde vielmehr mit Verwendungen des sowohl Versicherungsvertreter als auch Versicherungsmakler umfassenden Begriffes "Versicherungsvermittler" erst in dem Gefahrtarif 2011 wieder aufgenommen.
Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (a.a.O.) nicht, das davon ausgeht, dass die Beklagte mit der Gefahrtarifstelle 19 "für die Versicherungsbranche eine spezielle Gefahrtarifstelle vorsieht". Denn diese Rechtsauffassung überzeugt aus zwei Gründen nicht: Zum einen ist sie nicht am Wortlaut der Ermächtigungsnorm orientiert, stellt insbesondere nicht klar, inwiefern der Begriff des "Versicherungsvermittlers" den des "Versicherungsmaklers" mit umfassen soll. Zum anderen verkennt die Entscheidung, dass die Beklagte keine spezielle, die "Versicherungsbranche" erfassende Gefahrtarifstelle 19 geschaffen hat. Denn der Gefahrtarif 2007 ordnet den vermutlich größten Bereich der Versicherungsbranche der Gefahrtarifstelle 2 "Versicherungsunternehmen, Sozialversicherungsträger" mit der Gefahrklasse 0,45 zu, hat sodann Versicherungsvertreter der speziellen Gefahrtarifstelle 19 mit der Gefahrklasse 1,53 zugewiesen und hat in der Gefahrklasse 13 als "lex generalis" die übrigen makelnden und vermittelnden Unternehmen mit der Gefahrklasse 1,09 eingestuft. Dabei handelt es sich um eine abgestufte und vom Wortlaut her differenzierte Regelung, sodass von einer die gesamte Versicherungsbranche erfassende Gefahrtarifstelle 19 keine Rede sein kann.
Der Beklagten mag zuzugeben sein, dass sie beabsichtigt haben mag, Versicherungsmakler ebenso wie noch im Gefahrtarif 2001 und wieder ab dem Gefahrtarif 2011 auch im Gefahrtarif 2007 derselben Gefahrtarifstelle wie Versicherungsvertreter zuzuordnen. Indessen entbindet eine ständige Übung und ein interner Vorbehalt des Satzungsgebers, selbst wenn dieser schon von der Vertretersammlung abgesegnet worden ist (dazu BSG in Breithaupt 1981, 962), nicht von dem Gebot, am Wortlaut des vom Bundesversicherungsamt genehmigten Gefahrtarifs festzuhalten, der im Falle der Abgrenzung der Versicherungsvertreter von den Versicherungsmaklern zu einer eindeutigen Differenzierung und im Wege der systematischen Anwendung des Gefahrtarifs 2007 zu einer von der früheren Praxis der Beklagten, die sie 2011 wieder aufgenommen hat, abweichenden Veranlagung der Versicherungsmakler führt.
Der Senat hatte danach die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben. Er hat dies auch im Hinblick auf die Festsetzung des Streitwertes getan, die nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zu erfolgen hatte. Der Senat hatte den Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag ergebenen Bedeutung der Sache nach Ermessen festzusetzen (§§ 47, 52 GKG). Unter Berücksichtigung des aktuellen Streitwertkataloges für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 (NZS 2007, 472 VIII 2.1) und im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG, Beschlüsse vom 3. Mai 2009 - B 2 U 415/05 B - und vom 30. November 2006 - B 2 U 410/05 B), beträgt der Streitwert in einem Rechtstreit über einen Veranlagungsbescheid bei einer Tarifzeit von maximal sechs Jahren und damit einem erheblichen Gewicht grundsätzlich das Zweifache des Differenzbetrages zwischen dem geforderten und dem bei einem Erfolg der Klage zu erwartenden Jahresbeitrag, mindestens aber den dreifachen Auffangstreitwert. Das Sozialgericht hatte sich insoweit am Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit 2007 und der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts orientiert. Der Senat hält indessen an seiner Rechtsprechung fest, dass bei einer die Maximaldauer von sechs Jahren (§ 157 Abs. 5 SGB VII) deutlich unterschreitenden Laufzeit eines Gefahrtarifs sowie nur geringer wirtschaftlicher Bedeutung im konkreten Einzelfall auch ein geringerer Streitwert der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache gerecht wird (Beschluss vom 14. März 2011 - L 3 B 65/06 U). Da der Gefahrtarif 2007 der Beklagten nur eine Laufzeit von zwei Jahren hatte und die Beitragsdifferenz für die Jahre 2007 und 2008 nach Mitteilung der Beklagten im Schriftsatz vom 3. Januar 2008 pro Jahr nur im niedrigen dreistelligen Eurobereich liegt, hält der Senat den einfachen Regelstreitwert für beide Instanzen gemäß § 52 Abs. 2 GKG für ausreichend und der wirtschaftlichen Bedeutung angemessen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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